Friedrich Bergius
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Friedrich Bergius
Friedrich Carl Rudolf Bergius (* 11. Oktober 1884 in Goldschmieden bei Breslau, heute Teil des Breslauer Stadtbezirks Fabryczna; † 31. März 1949 in Buenos Aires) war ein deutscher Chemiker und Nobelpreisträger. Bergius entwickelte ein Verfahren zur Herstellung von Dieselöl aus Kohle und Wasserstoff unter hohem Druck sowie ein verbessertes Verfahren zur Umwandlung von Holz in Zucker.[1]
Stationen des Lebens
Als Sohn des Fabrikbesitzers Heinrich Bergius, der die Chemische Fabrik Goldschmieden führte und aus einer alten deutschen Familie stammte, die sich schon Verdienste auf dem Gebiet der Wissenschaften erworben hatte, besuchte er ein Realgymnasium. Seine Mutter ist Marie Haase, die Tochter des Altphilologen Friedrich Haase. Zu seinen Vorfahren gehört Professor Johannes Bergius (* 1587) in Frankfurt (Oder), der als Hofprediger am Brandenburger Hof wirkte, und Carl Julius Bergius (* 1804), Professor der Nationalökonomie in Breslau.
Nach dem Schulbesuch erwarb er sich die ersten praktischen Kenntnisse in einem Labor eines Hüttenwerkes. Danach nahm er das Studium im Jahre 1903 an der Universität Breslau in den Fächern Chemie und chemische Technologie auf. Die herausragenden Dozenten, bei denen er studierte, waren Walter Herz (1875–1930), Albert Ladenburg (1842–1911) und Richard Abegg (1869–1910). Im Jahre 1907 erlangte er in Leipzig die Promotion bei Arthur Hantzsch (1857–1935) mit dem Thema Über absolute Schwefelsäure als Lösungsmittel zum Dr. phil.
Darauf wechselte er für zwei Semester nach Berlin zu Walter Nernst (1864–1941) und befasste sich am Institut für Physikalische Chemie mit chemischen Gleichgewichten von Gasreaktionen; dort lernte er den Chemiker Matthias Pier kennen. Er baute sein Wissen 1909 bei Fritz Haber (1868–1934) in Karlsruhe durch zusätzliche Kenntnisse auf dem Gebiet der Hochdruckreaktionen aus.
1909 wechselte er zum Physikalischen Institut nach Hannover, an dem Max Bodenstein lehrte. Aufgrund der wenig zureichenden Sicherheitsausstattung am Institut richtete sich Bergius in unmittelbarer Nähe des Instituts ein Privatlabor ein. Dort beschäftigte er sich sogleich mit heterogenen Hochdruckreaktionen bei Temperaturen von 500 °C und Drücken von 200 at. Zunächst befasste er sich mit der Herstellung von Wasserstoffgas durch die Einwirkung von Wasser und Kohle bei hohen Drücken (200 at) und hohen Temperaturen. Er konnte durch chemische Analysen feststellen, dass unter diesen Bedingungen Torf im Reaktor durch den Inkohlungsprozess, einen Prozess der in der Natur mehrere Millionen Jahre benötigt, in wenigen Minuten in eine steinkohleartige Substanz überging. Auch Cellulose, Lignin oder Holz konnten in eine steinkohleartige Verbindung überführt werden.[2]
1912 wurde Bergius mit seiner Habilitationsschrift Anwendung hoher Drucke bei chemischen Vorgängen und die Nachbildung des Entstehungsprozesses der Steinkohle bei den Gutachtern Bodenstein und Hermann Ost zum Dozenten für reine und angewandte physikalische Chemie an der TH Hannover.
Kohleverflüssigung
Im Sommer 1913 wandelte ein Mitarbeiter von Bergius, H. Specht, das entstandene Inkohlungsprodukt des Torfs bei 450 °C und einem Wasserstoffdruck von 150 atm in eine benzolähnliche organische Flüssigkeit um. Der Versuch wurde mit Braun- und Steinkohle wiederholt und es bildete sich ebenfalls eine benzolähnliche organische Flüssigkeit.
Im Jahre 1913 meldete er ein Verfahren zur „Kohleverflüssigung“ zum Patent[3] an. Durch dieses Verfahren über die Hydrierung von Kohle hatte er den Grundstein für das spätere Bergius-Pier-Verfahren gelegt, das die Produktion synthetischer Kraftstoffe unabhängig von Erdöl ermöglichte.
Am 1. Januar 1914 trat er in die Theodor Goldschmidt AG in Essen ein und übernahm die Leitung des wissenschaftlichen Labors. Er gehörte auch dem Vorstand der Firma an. Im Jahre 1916 wurde das Labor nach Mannheim-Rheinau verlegt, um dort eine halbtechnische Versuchsanlage aufzubauen, um die bisherigen Erkenntnisse der Kohleforschung zu überprüfen. Das Ziel, seine Ergebnisse industriell zu nutzen, erforderte erhebliche Investitionsmittel, so dass im Jahre 1918 ein Konsortium für Kohlechemie gegründet wurde. Die Inflation führte jedoch schon bald zu Finanzierungsproblemen des Projektes. Bergius konnte das nötige Beteiligungskapital in Rheinau durch andere Firmen wie Shell und ICI gewinnen. Im Jahre 1924 hatte sich die Goldschmidt AG aus dem Konsortium zurückgezogen, Bergius arbeitete dort weiter.
Größere Projekte waren ohne ausreichendes Kapital jedoch nicht möglich. Daher überließ Bergius 1925 sämtliche Patentrechte der BASF, die im selben Jahr mit den anderen Großfirmen (Bayer, Hoechst) zur IG Farben AG fusionierte. Es war für Bergius eine zehnjährige Beratertätigkeit vorgesehen - von dieser wurde aber kein Gebrauch gemacht, daher schied Bergius bei der weiteren Verfahrensentwicklung aus.[4]
Holzverzuckerung
Nach Verkauf der Patentrechte wohnte Bergius in Heidelberg, und er pflegte dort Kontakte mit Künstlern, Politikern, Schriftstellern. Seine liberalen politischen Anschauungen verbanden ihn mit Gustav Stresemann. Im Jahr 1916 hatte er sich bereits bei der Firma Thomas Goldschmidt mit der chemischen Umwandlung von Holz in Zucker auseinandergesetzt und wandte sich dieser Holzchemie ab 1925 zu. In Mannheim-Rheinau wurde die erste Anlage zur Holzverzuckerung unter Leitung von Bergius entwickelt. Die verfahrenstechnische Umsetzung in eine kontinuierlich laufende Großanlage war jedoch sehr schwierig, weiterhin kam es zu finanziellen Nöten der Firma, und so musste Bergius sein gesamtes privates Vermögen einsetzen und schließlich auch sein Haus in Heidelberg verkaufen. Es half jedoch nichts, er war kurze Zeit später ein mittelloser Erfinder. Inflation und Bankenkrisen fielen in ungünstiger Weise mit seinen unternehmerischen Projekten zusammen.[5] Im Werk in Mannheim-Rheinau konnte später aus 100 kg Holz ca. 66 kg Zucker gewonnen werden.
Ehrungen
Bergius erhielt 1931 zusammen mit Carl Bosch den Nobelpreis für Chemie „für ihre Verdienste um die Entdeckung und Entwicklung der chemischen Hochdruckverfahren“. Ungetrübt war die Freude jedoch nicht, da ein Gerichtsvollzieher mitgereist war, der das Preisgeld von Bergius einbehielt. 1936 erhielt Bergius die Ehrendoktorwürde der Harvard University. 1941 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gewählt, seit 1942 änderte sich der Status zum korrespondierenden Mitglied.
Nach ihm ist die Friedrich-Bergius-Oberschule in Berlin-Friedenau benannt.
Letzte Lebensjahre
Bergius lebte nach Verkauf seines Hauses in Heidelberg in Berlin. Dort wurde ihm ein privates Labor für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam er Aufträge zum Bau von Chemieanlagen in Spanien und später (1947) in Argentinien. Dabei verstarb Bergius (1949).
Weiterentwicklungen der Verfahren von Bergius
Im Zweiten Weltkrieg nutzten die I.G. Farben AG das Bergius-Pier-Verfahren, um aus Braunkohle Otto-Kraftstoffe und Dieselöle herzustellen insbesondere das Flugbenzin entstammt dem Bergius Pier Verfahren. Zwischen 1936 und 1943 wurden zwölf Anlagen zur Kohleverflüssigung mit einer Produktionsmenge von 4 Millionen Tonnen errichtet. Sowohl die Kohleverflüssigung als auch Verfahren zur Holzverzuckerung wurden in vielen Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg zwar fortentwickelt, jedoch aufgrund des preiswerten Rohöls nicht großtechnisch weiterentwickelt.
In den USA wurden in den 1980er Jahren drei Pilotanlagen zur Kohlevergasung, und zwar in Baytown (Texas), in Catlettsburg (Kentucky) und Fort Lewis (Washington) gebaut. In Deutschland wurden Pilotanlagen in Bottrop (1981, Herstellung von 200 Tonnen Kohleöl/Tag) und im Saarland (Völklingen-Fürstenhausen) gebaut.[6] Auch die Verfahren zur Holzverzuckerung wurden in Pilotprojekten zwar nach dem Krieg weiterentwickelt jedoch nicht mehr ökonomisch – außer in der Sowjetunion z.B. im Chalov- oder im Riga-Verfahren und in Japan durch das Noguchi-Chisso-Verfahren (dieses jedoch nur zwischen 1953 und 1959) – genutzt.[7]
Bergius hat bei seiner Nobelpreisverleihung folgende Worte gesagt: „Das Haus, in dem ich meine erste Ausbildung erhielt, das Laboratorium der Universität in Breslau, trug in seiner Eingangshalle den Wahlspruch 'Suche die Wahrheit und frage nicht was sie nützt'. Ich bin der Lehre nur wenige Jahre gefolgt und habe mir dann das Ziel gesetzt, Erkenntnisse zu suchen, die der Menschheit nutzen sollten.“[8] Seine chemisch-industriellen Entwicklungsarbeiten fielen in eine Zeit der großen politischen Katastrophen: der zwei Weltkriege, der Hyperinflation, der Bankenkrise, so dass beim Lesen seiner Worte ein trauriges Gefühl mitschwingt.
NSDAP
In der Literatur wurde noch 60 Jahre nach seinem Ableben sein Verhalten in der Zeit des Nationalsozialismus beschönigt: Obwohl die Nationalsozialisten sich um Kontakte um ihn bemühten, hielt er sich von ihnen distanziert.
Dagegen stellten 2005 die Badische Biographien fest: Bergiuss Einstellung gegenüber dem Dritten Reich war sehr positiv. Dazu trugen seine nationalistisch-konservativen Anschauungen bei, aber auch das Interesse des NS-Staats an der weiteren Entwicklung der Bergius-Verfahren im Rahmen der Autarkiepolitik, so dass er Staatsgelder für sein Unternehmen bekommen konnte. Bergius wurde Mitglied der NSDAP und lernte deren führende Repräsentanten persönlich kennen.[1]
Familie
In erster Ehe war er mit Margarethe Sachs verheiratet, aus der die Tochter Renate Bergius und der Sohn Johannes Bergius stammte. In zweiter Ehe heiratete er Ottilie Krazert (Sohn: Wolfgang Bergius) und wohnte 1935 in Heidelberg in der Albert-Ueberle-Straße 5. 1938 bemühte er sich zur Einrichtung eines chemischen Laboratoriums um Anmietung oder Ankauf des Rhenanenhauses in der Heidelberger Altstadt.
Er beherrschte die englische, französische und italienische Sprache.
Schriften (Auswahl)
Anwendung hoher Drucke bei chemischen Vorgängen und die Nachbildung des Entstehungsprozesses der Steinkohle. 1913
Verfahren zur Herstellung von flüssigen oder löslich organischen Verbindungen aus Steinkohle und dergleichen. 1913
Die Verflüssigung der Kohle. 1925
Beiträge zur Theorie der Kohleentstehung. In: Die Naturwissenschaften. 1928
Die Herstellung von Zucker aus Holz und anderen Naturstoffen. 1931
Chemische Reaktionen auf hohen Druck. Nobelpreisvortrag, 1932
Nährstoffe aus deutschem Holz. 1933
Ein deutscher Erfinder kämpft gegen die englische Blockade von Edar von Schmidt-Pauli. Berlin 1943
Mitgliedschaften
Gesellschaft der Freunde der Universität Heidelberg
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften
Vorstand des Rates des Deutschen Museums in München
Aufsichtsratsvorsitzender der Hydrolyse AG in Heidelberg
Deutscher Herrenklub in Berlin
Auszeichnungen
Ehrensenator der Universität Heidelberg
Liebig-Denkmünze des Vereins Deutscher Chemiker 1928
Ehrendoktorwürde zum Dr. phil. nat. der Universität Heidelberg
Ehrenmitglied des Institute of Petroleum Technology in London
Ehrendoktorwürde der Universität Hannover
Wilhelm-Exner-Medaille
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Stationen des Lebens
Als Sohn des Fabrikbesitzers Heinrich Bergius, der die Chemische Fabrik Goldschmieden führte und aus einer alten deutschen Familie stammte, die sich schon Verdienste auf dem Gebiet der Wissenschaften erworben hatte, besuchte er ein Realgymnasium. Seine Mutter ist Marie Haase, die Tochter des Altphilologen Friedrich Haase. Zu seinen Vorfahren gehört Professor Johannes Bergius (* 1587) in Frankfurt (Oder), der als Hofprediger am Brandenburger Hof wirkte, und Carl Julius Bergius (* 1804), Professor der Nationalökonomie in Breslau.
Nach dem Schulbesuch erwarb er sich die ersten praktischen Kenntnisse in einem Labor eines Hüttenwerkes. Danach nahm er das Studium im Jahre 1903 an der Universität Breslau in den Fächern Chemie und chemische Technologie auf. Die herausragenden Dozenten, bei denen er studierte, waren Walter Herz (1875–1930), Albert Ladenburg (1842–1911) und Richard Abegg (1869–1910). Im Jahre 1907 erlangte er in Leipzig die Promotion bei Arthur Hantzsch (1857–1935) mit dem Thema Über absolute Schwefelsäure als Lösungsmittel zum Dr. phil.
Darauf wechselte er für zwei Semester nach Berlin zu Walter Nernst (1864–1941) und befasste sich am Institut für Physikalische Chemie mit chemischen Gleichgewichten von Gasreaktionen; dort lernte er den Chemiker Matthias Pier kennen. Er baute sein Wissen 1909 bei Fritz Haber (1868–1934) in Karlsruhe durch zusätzliche Kenntnisse auf dem Gebiet der Hochdruckreaktionen aus.
1909 wechselte er zum Physikalischen Institut nach Hannover, an dem Max Bodenstein lehrte. Aufgrund der wenig zureichenden Sicherheitsausstattung am Institut richtete sich Bergius in unmittelbarer Nähe des Instituts ein Privatlabor ein. Dort beschäftigte er sich sogleich mit heterogenen Hochdruckreaktionen bei Temperaturen von 500 °C und Drücken von 200 at. Zunächst befasste er sich mit der Herstellung von Wasserstoffgas durch die Einwirkung von Wasser und Kohle bei hohen Drücken (200 at) und hohen Temperaturen. Er konnte durch chemische Analysen feststellen, dass unter diesen Bedingungen Torf im Reaktor durch den Inkohlungsprozess, einen Prozess der in der Natur mehrere Millionen Jahre benötigt, in wenigen Minuten in eine steinkohleartige Substanz überging. Auch Cellulose, Lignin oder Holz konnten in eine steinkohleartige Verbindung überführt werden.[2]
1912 wurde Bergius mit seiner Habilitationsschrift Anwendung hoher Drucke bei chemischen Vorgängen und die Nachbildung des Entstehungsprozesses der Steinkohle bei den Gutachtern Bodenstein und Hermann Ost zum Dozenten für reine und angewandte physikalische Chemie an der TH Hannover.
Kohleverflüssigung
Im Sommer 1913 wandelte ein Mitarbeiter von Bergius, H. Specht, das entstandene Inkohlungsprodukt des Torfs bei 450 °C und einem Wasserstoffdruck von 150 atm in eine benzolähnliche organische Flüssigkeit um. Der Versuch wurde mit Braun- und Steinkohle wiederholt und es bildete sich ebenfalls eine benzolähnliche organische Flüssigkeit.
Im Jahre 1913 meldete er ein Verfahren zur „Kohleverflüssigung“ zum Patent[3] an. Durch dieses Verfahren über die Hydrierung von Kohle hatte er den Grundstein für das spätere Bergius-Pier-Verfahren gelegt, das die Produktion synthetischer Kraftstoffe unabhängig von Erdöl ermöglichte.
Am 1. Januar 1914 trat er in die Theodor Goldschmidt AG in Essen ein und übernahm die Leitung des wissenschaftlichen Labors. Er gehörte auch dem Vorstand der Firma an. Im Jahre 1916 wurde das Labor nach Mannheim-Rheinau verlegt, um dort eine halbtechnische Versuchsanlage aufzubauen, um die bisherigen Erkenntnisse der Kohleforschung zu überprüfen. Das Ziel, seine Ergebnisse industriell zu nutzen, erforderte erhebliche Investitionsmittel, so dass im Jahre 1918 ein Konsortium für Kohlechemie gegründet wurde. Die Inflation führte jedoch schon bald zu Finanzierungsproblemen des Projektes. Bergius konnte das nötige Beteiligungskapital in Rheinau durch andere Firmen wie Shell und ICI gewinnen. Im Jahre 1924 hatte sich die Goldschmidt AG aus dem Konsortium zurückgezogen, Bergius arbeitete dort weiter.
Größere Projekte waren ohne ausreichendes Kapital jedoch nicht möglich. Daher überließ Bergius 1925 sämtliche Patentrechte der BASF, die im selben Jahr mit den anderen Großfirmen (Bayer, Hoechst) zur IG Farben AG fusionierte. Es war für Bergius eine zehnjährige Beratertätigkeit vorgesehen - von dieser wurde aber kein Gebrauch gemacht, daher schied Bergius bei der weiteren Verfahrensentwicklung aus.[4]
Holzverzuckerung
Nach Verkauf der Patentrechte wohnte Bergius in Heidelberg, und er pflegte dort Kontakte mit Künstlern, Politikern, Schriftstellern. Seine liberalen politischen Anschauungen verbanden ihn mit Gustav Stresemann. Im Jahr 1916 hatte er sich bereits bei der Firma Thomas Goldschmidt mit der chemischen Umwandlung von Holz in Zucker auseinandergesetzt und wandte sich dieser Holzchemie ab 1925 zu. In Mannheim-Rheinau wurde die erste Anlage zur Holzverzuckerung unter Leitung von Bergius entwickelt. Die verfahrenstechnische Umsetzung in eine kontinuierlich laufende Großanlage war jedoch sehr schwierig, weiterhin kam es zu finanziellen Nöten der Firma, und so musste Bergius sein gesamtes privates Vermögen einsetzen und schließlich auch sein Haus in Heidelberg verkaufen. Es half jedoch nichts, er war kurze Zeit später ein mittelloser Erfinder. Inflation und Bankenkrisen fielen in ungünstiger Weise mit seinen unternehmerischen Projekten zusammen.[5] Im Werk in Mannheim-Rheinau konnte später aus 100 kg Holz ca. 66 kg Zucker gewonnen werden.
Ehrungen
Bergius erhielt 1931 zusammen mit Carl Bosch den Nobelpreis für Chemie „für ihre Verdienste um die Entdeckung und Entwicklung der chemischen Hochdruckverfahren“. Ungetrübt war die Freude jedoch nicht, da ein Gerichtsvollzieher mitgereist war, der das Preisgeld von Bergius einbehielt. 1936 erhielt Bergius die Ehrendoktorwürde der Harvard University. 1941 wurde er zum ordentlichen Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften gewählt, seit 1942 änderte sich der Status zum korrespondierenden Mitglied.
Nach ihm ist die Friedrich-Bergius-Oberschule in Berlin-Friedenau benannt.
Letzte Lebensjahre
Bergius lebte nach Verkauf seines Hauses in Heidelberg in Berlin. Dort wurde ihm ein privates Labor für Forschungszwecke zur Verfügung gestellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bekam er Aufträge zum Bau von Chemieanlagen in Spanien und später (1947) in Argentinien. Dabei verstarb Bergius (1949).
Weiterentwicklungen der Verfahren von Bergius
Im Zweiten Weltkrieg nutzten die I.G. Farben AG das Bergius-Pier-Verfahren, um aus Braunkohle Otto-Kraftstoffe und Dieselöle herzustellen insbesondere das Flugbenzin entstammt dem Bergius Pier Verfahren. Zwischen 1936 und 1943 wurden zwölf Anlagen zur Kohleverflüssigung mit einer Produktionsmenge von 4 Millionen Tonnen errichtet. Sowohl die Kohleverflüssigung als auch Verfahren zur Holzverzuckerung wurden in vielen Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg zwar fortentwickelt, jedoch aufgrund des preiswerten Rohöls nicht großtechnisch weiterentwickelt.
In den USA wurden in den 1980er Jahren drei Pilotanlagen zur Kohlevergasung, und zwar in Baytown (Texas), in Catlettsburg (Kentucky) und Fort Lewis (Washington) gebaut. In Deutschland wurden Pilotanlagen in Bottrop (1981, Herstellung von 200 Tonnen Kohleöl/Tag) und im Saarland (Völklingen-Fürstenhausen) gebaut.[6] Auch die Verfahren zur Holzverzuckerung wurden in Pilotprojekten zwar nach dem Krieg weiterentwickelt jedoch nicht mehr ökonomisch – außer in der Sowjetunion z.B. im Chalov- oder im Riga-Verfahren und in Japan durch das Noguchi-Chisso-Verfahren (dieses jedoch nur zwischen 1953 und 1959) – genutzt.[7]
Bergius hat bei seiner Nobelpreisverleihung folgende Worte gesagt: „Das Haus, in dem ich meine erste Ausbildung erhielt, das Laboratorium der Universität in Breslau, trug in seiner Eingangshalle den Wahlspruch 'Suche die Wahrheit und frage nicht was sie nützt'. Ich bin der Lehre nur wenige Jahre gefolgt und habe mir dann das Ziel gesetzt, Erkenntnisse zu suchen, die der Menschheit nutzen sollten.“[8] Seine chemisch-industriellen Entwicklungsarbeiten fielen in eine Zeit der großen politischen Katastrophen: der zwei Weltkriege, der Hyperinflation, der Bankenkrise, so dass beim Lesen seiner Worte ein trauriges Gefühl mitschwingt.
NSDAP
In der Literatur wurde noch 60 Jahre nach seinem Ableben sein Verhalten in der Zeit des Nationalsozialismus beschönigt: Obwohl die Nationalsozialisten sich um Kontakte um ihn bemühten, hielt er sich von ihnen distanziert.
Dagegen stellten 2005 die Badische Biographien fest: Bergiuss Einstellung gegenüber dem Dritten Reich war sehr positiv. Dazu trugen seine nationalistisch-konservativen Anschauungen bei, aber auch das Interesse des NS-Staats an der weiteren Entwicklung der Bergius-Verfahren im Rahmen der Autarkiepolitik, so dass er Staatsgelder für sein Unternehmen bekommen konnte. Bergius wurde Mitglied der NSDAP und lernte deren führende Repräsentanten persönlich kennen.[1]
Familie
In erster Ehe war er mit Margarethe Sachs verheiratet, aus der die Tochter Renate Bergius und der Sohn Johannes Bergius stammte. In zweiter Ehe heiratete er Ottilie Krazert (Sohn: Wolfgang Bergius) und wohnte 1935 in Heidelberg in der Albert-Ueberle-Straße 5. 1938 bemühte er sich zur Einrichtung eines chemischen Laboratoriums um Anmietung oder Ankauf des Rhenanenhauses in der Heidelberger Altstadt.
Er beherrschte die englische, französische und italienische Sprache.
Schriften (Auswahl)
Anwendung hoher Drucke bei chemischen Vorgängen und die Nachbildung des Entstehungsprozesses der Steinkohle. 1913
Verfahren zur Herstellung von flüssigen oder löslich organischen Verbindungen aus Steinkohle und dergleichen. 1913
Die Verflüssigung der Kohle. 1925
Beiträge zur Theorie der Kohleentstehung. In: Die Naturwissenschaften. 1928
Die Herstellung von Zucker aus Holz und anderen Naturstoffen. 1931
Chemische Reaktionen auf hohen Druck. Nobelpreisvortrag, 1932
Nährstoffe aus deutschem Holz. 1933
Ein deutscher Erfinder kämpft gegen die englische Blockade von Edar von Schmidt-Pauli. Berlin 1943
Mitgliedschaften
Gesellschaft der Freunde der Universität Heidelberg
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften
Vorstand des Rates des Deutschen Museums in München
Aufsichtsratsvorsitzender der Hydrolyse AG in Heidelberg
Deutscher Herrenklub in Berlin
Auszeichnungen
Ehrensenator der Universität Heidelberg
Liebig-Denkmünze des Vereins Deutscher Chemiker 1928
Ehrendoktorwürde zum Dr. phil. nat. der Universität Heidelberg
Ehrenmitglied des Institute of Petroleum Technology in London
Ehrendoktorwürde der Universität Hannover
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