Friedlieb Ferdinand Runge
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Friedlieb Ferdinand Runge
Friedlieb Ferdinand Runge (* 8. Februar 1794[Anm 1] in Hamburg-Billwerder; † 25. März 1867 in Oranienburg) war ein deutscher Chemiker.
Friedlieb Ferdinand Runge
Leben
Runge wurde als drittes Kind des Pastors Johann Gerhardt Runge geboren. Runge konnte aus finanziellen Gründen zunächst nur die Elementarschule besuchen und war von 1810 bis 1816 Apothekerlehrling in der Ratsapotheke und der Löwen-Apotheke in Lübeck. Er studierte von 1816 bis 1822 an den Universitäten Berlin, Göttingen und Jena zuerst Medizin, dann an der Universität Jena Chemie. Er promovierte 1819 zum Dr. med. und 1822 in Berlin zum Doktor der Philosophie mit einer Arbeit über das wirtschaftlich bedeutende Indigo. 1826 wurde Runge Privatdozent und 1828 außerordentlicher Professor für Technologie an der Universität Breslau. 1832 beendete er seine Universitätslaufbahn und zog nach Oranienburg, wo er bis zu seinem Tode lebte, um im Chemischen Etablissement Dr. Hempel, später Chemische Produkten-Fabrik Oranienburg, als Industriechemiker zu arbeiten.
Wirken
Denkmal in Oranienburg
Runge war schon zu seiner Zeit bekannt für seine Arbeiten zur technischen Auswertung des Steinkohlenteers, der damals in großen Mengen bei der Leuchtgas- und Koksherstellung aus Steinkohle als Abfall anfiel und oft ins Meer verklappt wurde, was zu einem ernsten ökologischen Problem zu werden drohte. Er isolierte, charakterisierte und benannte Substanzen aus dem Steinkohlenteer, die wichtigsten darunter Kyanol (Anilin), Pyrrol, Leukol (Chinolin), Carbolsäure (Phenol), Rosolsäure (Aurin) – Grundbausteine für chemische Stoffe der späteren, 1865 gegründeten Badischen Anilin- und Soda-Fabrik (BASF). Erst 1843 wurden jedoch von August Wilhelm von Hofmann eine Elementaranalyse und genauere Untersuchungen von Kyanol und Leukol durchgeführt, Auguste Laurent machte eine Elementaranalyse von Carbolsäure. Die stoffliche Identität des Kyanols war identisch mit dem Produkt aus Erhitzung der Anthranilsäure, dem Anilin, nach Fritzsche.[1] Runge führte unterschiedliche Versuche mit Anilin durch. Mit Chlorkalklösung versetzt nahm dieses eine violette Farbe an. Diese Reaktion wird heute noch als Rungesche Chlorkalkreaktion zum Nachweis von Anilin verwendet. Mit Sauerstoff, Säuren oder Basen versetzt bildete Anilin rote Farbstoffe. Hiermit hatte Runge erstmals Teerfarbstoffe hergestellt, die zur damaligen Zeit aber noch auf kein wirtschaftliches Interesse stießen.
Das schlagende Quecksilberherz in der heute bekannten Form wurde zuerst von Runge im Jahr 1829 beschrieben.[2]
Andere wichtige Substanzen, die er erstmals beschrieb, sind Thymol und die Alkaloide Hyoscyamin und Koffein (auf Anraten von Johann Wolfgang von Goethe, der in Kaffeebohnen ein Gegengift zu Atropin vermutete). Die Urform der Papierchromatographie wurde von ihm entdeckt.[3]
In Schulen werden im Chemieunterricht „Bilder, die sich selber malen“ hergestellt, die auf seinen Erkenntnissen beruhen. Diese auch „Runge-Bilder“ genannten Musterbilder gelten als Vorläufer der Papierchromatographie.
Gedenktafel in Oranienburg
Nachwirkung
Populär wurde Runges Arbeit durch Anilin, einen 1936 erschienenen biographischen Roman des nationalsozialistischen Autors Karl Aloys Schenzinger, der während der Zeit des Nationalsozialismus eine Auflage von 920.000 Exemplaren erreichte und auch noch in der Nachkriegszeit erfolgreich war.[4]
Seit 1994 gibt es den Friedlieb-Ferdinand-Runge-Preis für unkonventionelle Kunstvermittlung.
Anmerkungen
Das Geburtsjahr Runges wird in der Literatur unterschiedlich mit 1794 oder 1795 angeben.
Allerdings ist es im Taufregister der Hamburgischen Landgemeinde St. Nikolai zu Billwerder dokumentiert. Dort fand sich zum Jahr 1794 folgender Eintrag:
„Februar, den 8. ist des hiesigen Herrn Pastoris Herrn Johann Gerhard Runge, gebürt. aus Hamburg und seiner Ehefrau Catharina Eliesabeth geb. Heins gebürt. aus St. Georg bey Hamburg ihr Sohn gebohren und am 16. getauft. Nahmen: Friedlieb Ferdinand: Gevattern: Frau Catharina Maria Dorothea Lagan geb. Kern, Jgfr. Johanna Helena Kern, Herr Christian Friedlieb Raupach.“
– zitiert nach Berthold Anft: Friedlieb Ferdinand Runge sein Leben und sein Werk. Dr. Emil Ebering, Berlin 1937 (Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften, Heft 23), S. 8, Fußnote 1.
Runge selbst nannte 1821 in einem Lebenslauf das Geburtsdatum 8. Februar 1795, offenbar unterlag er einem Irrtum. Eine Übersetzung dieses Lebenslaufes ist bei Berthold Anft: Friedlieb Ferdinand Runge sein Leben und sein Werk. Dr. Emil Ebering, Berlin 1937 (Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften, Heft 23), S. 154–155 zu finden und von dort übernommen durch Katrin Cura: Professorenklekse – Friedlieb Ferdinand Runge (1794–1867): Entdecker der Teerfarbstoffe und Begründer der Papier-Chromatographie. In: Gudrun Wolfschmidt (Hrsg.): Farben in Kulturgeschichte und Naturwissenschaft. tredition, 2011, ISBN 384242200-8, S. 268–293, hier S. 272–273 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Werke
Der Bildungstrieb der Stoffe: veranschaulicht in selbstständig gewachsenen Bildern, 1855 Digitalisat
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Friedlieb Ferdinand Runge
Leben
Runge wurde als drittes Kind des Pastors Johann Gerhardt Runge geboren. Runge konnte aus finanziellen Gründen zunächst nur die Elementarschule besuchen und war von 1810 bis 1816 Apothekerlehrling in der Ratsapotheke und der Löwen-Apotheke in Lübeck. Er studierte von 1816 bis 1822 an den Universitäten Berlin, Göttingen und Jena zuerst Medizin, dann an der Universität Jena Chemie. Er promovierte 1819 zum Dr. med. und 1822 in Berlin zum Doktor der Philosophie mit einer Arbeit über das wirtschaftlich bedeutende Indigo. 1826 wurde Runge Privatdozent und 1828 außerordentlicher Professor für Technologie an der Universität Breslau. 1832 beendete er seine Universitätslaufbahn und zog nach Oranienburg, wo er bis zu seinem Tode lebte, um im Chemischen Etablissement Dr. Hempel, später Chemische Produkten-Fabrik Oranienburg, als Industriechemiker zu arbeiten.
Wirken
Denkmal in Oranienburg
Runge war schon zu seiner Zeit bekannt für seine Arbeiten zur technischen Auswertung des Steinkohlenteers, der damals in großen Mengen bei der Leuchtgas- und Koksherstellung aus Steinkohle als Abfall anfiel und oft ins Meer verklappt wurde, was zu einem ernsten ökologischen Problem zu werden drohte. Er isolierte, charakterisierte und benannte Substanzen aus dem Steinkohlenteer, die wichtigsten darunter Kyanol (Anilin), Pyrrol, Leukol (Chinolin), Carbolsäure (Phenol), Rosolsäure (Aurin) – Grundbausteine für chemische Stoffe der späteren, 1865 gegründeten Badischen Anilin- und Soda-Fabrik (BASF). Erst 1843 wurden jedoch von August Wilhelm von Hofmann eine Elementaranalyse und genauere Untersuchungen von Kyanol und Leukol durchgeführt, Auguste Laurent machte eine Elementaranalyse von Carbolsäure. Die stoffliche Identität des Kyanols war identisch mit dem Produkt aus Erhitzung der Anthranilsäure, dem Anilin, nach Fritzsche.[1] Runge führte unterschiedliche Versuche mit Anilin durch. Mit Chlorkalklösung versetzt nahm dieses eine violette Farbe an. Diese Reaktion wird heute noch als Rungesche Chlorkalkreaktion zum Nachweis von Anilin verwendet. Mit Sauerstoff, Säuren oder Basen versetzt bildete Anilin rote Farbstoffe. Hiermit hatte Runge erstmals Teerfarbstoffe hergestellt, die zur damaligen Zeit aber noch auf kein wirtschaftliches Interesse stießen.
Das schlagende Quecksilberherz in der heute bekannten Form wurde zuerst von Runge im Jahr 1829 beschrieben.[2]
Andere wichtige Substanzen, die er erstmals beschrieb, sind Thymol und die Alkaloide Hyoscyamin und Koffein (auf Anraten von Johann Wolfgang von Goethe, der in Kaffeebohnen ein Gegengift zu Atropin vermutete). Die Urform der Papierchromatographie wurde von ihm entdeckt.[3]
In Schulen werden im Chemieunterricht „Bilder, die sich selber malen“ hergestellt, die auf seinen Erkenntnissen beruhen. Diese auch „Runge-Bilder“ genannten Musterbilder gelten als Vorläufer der Papierchromatographie.
Gedenktafel in Oranienburg
Nachwirkung
Populär wurde Runges Arbeit durch Anilin, einen 1936 erschienenen biographischen Roman des nationalsozialistischen Autors Karl Aloys Schenzinger, der während der Zeit des Nationalsozialismus eine Auflage von 920.000 Exemplaren erreichte und auch noch in der Nachkriegszeit erfolgreich war.[4]
Seit 1994 gibt es den Friedlieb-Ferdinand-Runge-Preis für unkonventionelle Kunstvermittlung.
Anmerkungen
Das Geburtsjahr Runges wird in der Literatur unterschiedlich mit 1794 oder 1795 angeben.
Allerdings ist es im Taufregister der Hamburgischen Landgemeinde St. Nikolai zu Billwerder dokumentiert. Dort fand sich zum Jahr 1794 folgender Eintrag:
„Februar, den 8. ist des hiesigen Herrn Pastoris Herrn Johann Gerhard Runge, gebürt. aus Hamburg und seiner Ehefrau Catharina Eliesabeth geb. Heins gebürt. aus St. Georg bey Hamburg ihr Sohn gebohren und am 16. getauft. Nahmen: Friedlieb Ferdinand: Gevattern: Frau Catharina Maria Dorothea Lagan geb. Kern, Jgfr. Johanna Helena Kern, Herr Christian Friedlieb Raupach.“
– zitiert nach Berthold Anft: Friedlieb Ferdinand Runge sein Leben und sein Werk. Dr. Emil Ebering, Berlin 1937 (Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften, Heft 23), S. 8, Fußnote 1.
Runge selbst nannte 1821 in einem Lebenslauf das Geburtsdatum 8. Februar 1795, offenbar unterlag er einem Irrtum. Eine Übersetzung dieses Lebenslaufes ist bei Berthold Anft: Friedlieb Ferdinand Runge sein Leben und sein Werk. Dr. Emil Ebering, Berlin 1937 (Abhandlungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften, Heft 23), S. 154–155 zu finden und von dort übernommen durch Katrin Cura: Professorenklekse – Friedlieb Ferdinand Runge (1794–1867): Entdecker der Teerfarbstoffe und Begründer der Papier-Chromatographie. In: Gudrun Wolfschmidt (Hrsg.): Farben in Kulturgeschichte und Naturwissenschaft. tredition, 2011, ISBN 384242200-8, S. 268–293, hier S. 272–273 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
Werke
Der Bildungstrieb der Stoffe: veranschaulicht in selbstständig gewachsenen Bildern, 1855 Digitalisat
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