Das Lokomobile
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Das Lokomobile
Eine Lokomobile (sing./fem., vgl. Lokomotive, von lateinisch locus: Ort und mobilis: beweglich), heute manchmal auch als Lokomobil (neutr.) bezeichnet, ist eine Dampfmaschinenanlage in geschlossener Bauform, bei der alle zum Betrieb der Anlage erforderlichen Baugruppen (Feuerung, Dampfkessel, Steuerung sowie die gesamte Antriebseinheit, bestehend aus Zylinder(n), Kolben, Kurbelwelle und Schwungrad mit Riemenscheibe) auf einer gemeinsamen Plattform montiert sind.
Eine Lokomobile als Antrieb einer Dreschmaschine in Groß-Gerau am Ende des 19. Jahrhunderts
1900–1913, Einsatz in einem Kieselgurbetrieb
Selbstfahrende Lokomobile, eine Pfluglokomotive
Lokomobilen konnten ortsbeweglich und ortsfest montiert werden. Im Gegensatz zum Automobil waren Lokomobilen in ihrer Grundform nicht „auto-mobil“, also selbstfahrend – der Begriff „mobil“ bedeutet nur, dass die Anlage Räder hat und somit zumindest passiv bewegt werden kann. Das bedeutete, dass sie mit Pferden oder Ochsen zu den jeweiligen Einsatzstellen gezogen wurden.
Später gab es jedoch auch eine ganze Reihe verschiedener selbstfahrender Lokomobilen, beispielsweise Dampfstraßenwalzen, Dampfpflüge, Dampftraktoren sowie kleinere Dampfboote.
Weltweit kamen Lokomobilen vor allem in der Landwirtschaft und bei großen Tiefbauvorhaben zum Einsatz. Stationär eingesetzt im Bergbau erzeugten sie Druckluft für die Bohrhämmer und Strom zur Grubenbeleuchtung. Die seitlichen Schwungräder trieben Förderseile oder Pumpengestänge an, mit denen die Gruben gesümpft wurden.
Geschichte
Dampflokomobile
Fowlers „Monarch of the Road“, eine selbstfahrende Lokomobile mit Generator zur Stromversorgung z. B. für das Schaustellergewerbe
Mit Lokomobilen wurden in der beginnenden Industrialisierung landwirtschaftliche Betriebe (zum Antrieb der Dreschmaschine), sowie Kleingewerbebetriebe mechanisiert. Im Zuge der Elektrifizierung wurden auch kleine Kraftwerke mit Lokomobilen betrieben (siehe z.B.: Kraftwerk Forach). Im Gegensatz zu großen Anlagen in aufgelöster Bauweise, also mit separatem Kesselhaus und getrennt aufgestellten Maschinen, konnten die kompakten Lokomobilen verhältnismäßig leicht transportiert werden.
Nach einigen verschiedenen Anläufen, die bestmögliche Bauform zu finden, wurden schließlich die meisten Maschinen mit oberhalb des horizontal liegenden Kessels angebrachtem Antrieb gefertigt. Diese Bauform war auch der Durchbruch für die selbstfahrenden Lokomobilen, da der Kessel in verstärkter Bauweise eine separate Plattform erübrigte und alle Komponenten der Maschine auf ihm Platz fanden.
Auch in der beginnenden Industrialisierung ab 1850, wo oft die Kraft aus den Wasserrädern für die neuen Maschinen nicht mehr ausreichte, wurden von Kraftverleihern Lokomobilen ausgeliehen. Sie übertrugen die Kraft über Flachriemen auf die vorhandene Transmission in die Fabrikshallen hinein.
Auch in der Landwirtschaft wurden Lokomobilen von etwa 1810 bis in die 1970er Jahre eingesetzt, auf abgelegenen Höfen sind bis heute einzelne Anlagen noch in Betrieb.
Herausragende Lokomobile
1910 baute die Firma Lanz ihre 25.000. Lokomobile mit der damals sensationellen Leistung von 1.000 PS netto. Sie war die bis dahin größte Lokomobile der Welt. Sie wurde anlässlich der Weltausstellung in Brüssel gebaut und sorgte als Antrieb eines Generators während der 6 Monate (tagsüber) für den erforderlichen Strom und erhielt für diese Leistung drei Grand-Prix Goldmedaillen. Nachts arbeitete eine 800 PS Lokomobile der Firma Wolf Buckau.
Bewegliche Dampfmaschine (1908) auf einer historischen Ausstellung
Name: Lanz’sche 1000-pferdige Heißdampf-Ventil-Lokomobile mit Dynamomaschine direkt gekuppelt
Arbeitsweise: Heißdampf-Verbundlokomobile (Compoundlokomobile) mit Ventilsteuerung, System Lentz
Dauerleistung: 1000 PS, Höchstleistung über 1 Stunde: 1150 PS
Durchmesser Hochdruckzylinder: 560 mm
Durchmesser Niederdruckzylinder: 970 mm
Kolbenhub beide Zylinder: 550 mm
Nenndrehzahl: 215/min
Heizrohrkessel mit zwei Feuerbüchsen und je einem ausziehbaren Röhrenkessel, ein zusätzlicher nicht ausziehbarer Röhrenkessel
Rostfläche: 3,7 m², wasserberührte Siederohrfläche: 214 m²
Überhitzerfläche: 73 m² über Flachrohre
durchschn. Heißdampftemperatur: 350 Grad Celsius
eingebaute Kondensation zur Minimierung des Wasserverbrauchs
mittlerer Kohleverbrauch: 0,5 kg pro PS und Stunde
Die Lokomobile trieb einen Generator des Unternehmens AEG.
Gewicht des Ankers: 7500 kg (direkt auf der Kurbelwelle der Lokomobile montiert)
Spannung: 230 V, Umschalten auf 460 V möglich
Leistung: 735 kW bei 215/min
Hilfspole zur Leistungsregelung von 0 bis 100 % Leistung
Die Lanz-Lokomobile bei der Moorseer Mühle im Einsatz an einer Dreschmaschine
Beim Museum Moorseer Mühle in Nordenham-Moorsee ist in jedem Jahr am „Dampftag“ und beim „Mühlenfest“ eine Lanz-Lokomobile aus dem Jahr 1911 in Betrieb zu sehen. Sie wiegt gut fünfeinhalb Tonnen und leistet 26 PS. Diese restaurierte „Kolonialausführung“ wurde 1989 aus Guatemala reimportiert, wo sie ein Sägewerk betrieben hatte. Eine ähnliche Lokomobile benutzte der Müllermeister der Moorseer Mühle, um Getreide zu mahlen. 1908 wurde sie aber durch eine stationäre Dampfmaschine ersetzt.
Ein weiterer bedeutender Lokomobilhersteller war die 1866 im ostwestfälischen Wellentrup gegründete Firma Ottomeyer. Ihre Spezialität war der Bau von Pfluglokomotiven auf Basis anderer Hersteller (Fowler, Henschel, Heucke, Rheinmetall, ASTO, Kemna), die durch konstruktive Verbesserungen zu den leistungsfähigsten Lokomobilen aller Zeiten wurden.
Siehe auch
Dampfwagen
Zugmaschine
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Eine Lokomobile als Antrieb einer Dreschmaschine in Groß-Gerau am Ende des 19. Jahrhunderts
1900–1913, Einsatz in einem Kieselgurbetrieb
Selbstfahrende Lokomobile, eine Pfluglokomotive
Lokomobilen konnten ortsbeweglich und ortsfest montiert werden. Im Gegensatz zum Automobil waren Lokomobilen in ihrer Grundform nicht „auto-mobil“, also selbstfahrend – der Begriff „mobil“ bedeutet nur, dass die Anlage Räder hat und somit zumindest passiv bewegt werden kann. Das bedeutete, dass sie mit Pferden oder Ochsen zu den jeweiligen Einsatzstellen gezogen wurden.
Später gab es jedoch auch eine ganze Reihe verschiedener selbstfahrender Lokomobilen, beispielsweise Dampfstraßenwalzen, Dampfpflüge, Dampftraktoren sowie kleinere Dampfboote.
Weltweit kamen Lokomobilen vor allem in der Landwirtschaft und bei großen Tiefbauvorhaben zum Einsatz. Stationär eingesetzt im Bergbau erzeugten sie Druckluft für die Bohrhämmer und Strom zur Grubenbeleuchtung. Die seitlichen Schwungräder trieben Förderseile oder Pumpengestänge an, mit denen die Gruben gesümpft wurden.
Geschichte
Dampflokomobile
Fowlers „Monarch of the Road“, eine selbstfahrende Lokomobile mit Generator zur Stromversorgung z. B. für das Schaustellergewerbe
Mit Lokomobilen wurden in der beginnenden Industrialisierung landwirtschaftliche Betriebe (zum Antrieb der Dreschmaschine), sowie Kleingewerbebetriebe mechanisiert. Im Zuge der Elektrifizierung wurden auch kleine Kraftwerke mit Lokomobilen betrieben (siehe z.B.: Kraftwerk Forach). Im Gegensatz zu großen Anlagen in aufgelöster Bauweise, also mit separatem Kesselhaus und getrennt aufgestellten Maschinen, konnten die kompakten Lokomobilen verhältnismäßig leicht transportiert werden.
Nach einigen verschiedenen Anläufen, die bestmögliche Bauform zu finden, wurden schließlich die meisten Maschinen mit oberhalb des horizontal liegenden Kessels angebrachtem Antrieb gefertigt. Diese Bauform war auch der Durchbruch für die selbstfahrenden Lokomobilen, da der Kessel in verstärkter Bauweise eine separate Plattform erübrigte und alle Komponenten der Maschine auf ihm Platz fanden.
Auch in der beginnenden Industrialisierung ab 1850, wo oft die Kraft aus den Wasserrädern für die neuen Maschinen nicht mehr ausreichte, wurden von Kraftverleihern Lokomobilen ausgeliehen. Sie übertrugen die Kraft über Flachriemen auf die vorhandene Transmission in die Fabrikshallen hinein.
Auch in der Landwirtschaft wurden Lokomobilen von etwa 1810 bis in die 1970er Jahre eingesetzt, auf abgelegenen Höfen sind bis heute einzelne Anlagen noch in Betrieb.
Herausragende Lokomobile
1910 baute die Firma Lanz ihre 25.000. Lokomobile mit der damals sensationellen Leistung von 1.000 PS netto. Sie war die bis dahin größte Lokomobile der Welt. Sie wurde anlässlich der Weltausstellung in Brüssel gebaut und sorgte als Antrieb eines Generators während der 6 Monate (tagsüber) für den erforderlichen Strom und erhielt für diese Leistung drei Grand-Prix Goldmedaillen. Nachts arbeitete eine 800 PS Lokomobile der Firma Wolf Buckau.
Bewegliche Dampfmaschine (1908) auf einer historischen Ausstellung
Name: Lanz’sche 1000-pferdige Heißdampf-Ventil-Lokomobile mit Dynamomaschine direkt gekuppelt
Arbeitsweise: Heißdampf-Verbundlokomobile (Compoundlokomobile) mit Ventilsteuerung, System Lentz
Dauerleistung: 1000 PS, Höchstleistung über 1 Stunde: 1150 PS
Durchmesser Hochdruckzylinder: 560 mm
Durchmesser Niederdruckzylinder: 970 mm
Kolbenhub beide Zylinder: 550 mm
Nenndrehzahl: 215/min
Heizrohrkessel mit zwei Feuerbüchsen und je einem ausziehbaren Röhrenkessel, ein zusätzlicher nicht ausziehbarer Röhrenkessel
Rostfläche: 3,7 m², wasserberührte Siederohrfläche: 214 m²
Überhitzerfläche: 73 m² über Flachrohre
durchschn. Heißdampftemperatur: 350 Grad Celsius
eingebaute Kondensation zur Minimierung des Wasserverbrauchs
mittlerer Kohleverbrauch: 0,5 kg pro PS und Stunde
Die Lokomobile trieb einen Generator des Unternehmens AEG.
Gewicht des Ankers: 7500 kg (direkt auf der Kurbelwelle der Lokomobile montiert)
Spannung: 230 V, Umschalten auf 460 V möglich
Leistung: 735 kW bei 215/min
Hilfspole zur Leistungsregelung von 0 bis 100 % Leistung
Die Lanz-Lokomobile bei der Moorseer Mühle im Einsatz an einer Dreschmaschine
Beim Museum Moorseer Mühle in Nordenham-Moorsee ist in jedem Jahr am „Dampftag“ und beim „Mühlenfest“ eine Lanz-Lokomobile aus dem Jahr 1911 in Betrieb zu sehen. Sie wiegt gut fünfeinhalb Tonnen und leistet 26 PS. Diese restaurierte „Kolonialausführung“ wurde 1989 aus Guatemala reimportiert, wo sie ein Sägewerk betrieben hatte. Eine ähnliche Lokomobile benutzte der Müllermeister der Moorseer Mühle, um Getreide zu mahlen. 1908 wurde sie aber durch eine stationäre Dampfmaschine ersetzt.
Ein weiterer bedeutender Lokomobilhersteller war die 1866 im ostwestfälischen Wellentrup gegründete Firma Ottomeyer. Ihre Spezialität war der Bau von Pfluglokomotiven auf Basis anderer Hersteller (Fowler, Henschel, Heucke, Rheinmetall, ASTO, Kemna), die durch konstruktive Verbesserungen zu den leistungsfähigsten Lokomobilen aller Zeiten wurden.
Siehe auch
Dampfwagen
Zugmaschine
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