*** Packard ***
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Packard war ein US-amerikanischer Autohersteller, der von den Brüdern James Ward Packard und William Doud Packard sowie George L. Weiss 1899 als Ohio Automobile Company mit Sitz in Warren (Ohio) gegründet und 1903 in Packard Motor Car Company umbenannt wurde.[1] Das Unternehmen, ab 1904 in Detroit (Michigan) ansässig, war ein Hersteller großer, luxuriöser, hochwertiger, aber konservativer Wagen, die sich großer Beliebtheit sowohl unter wohlhabenden Kunden, Staatsoberhäuptern, aber auch Gangsterbossen erfreuten. Mit dem Packard Modell A (1899) fand die H-Kulissenschaltung Eingang in den Automobilbau.[2]
Rechtsform Kapitalgesellschaft
Gründung 1899 als Ohio Automobile Company
Auflösung 1954
Auflösungsgrund Fusion
Sitz Warren (Ohio) und Detroit (Michigan)
Leitung James Ward Packard (1899–1909), Henry Bourne Joy (1909–1916), James Alvan Macauley senior (1916–1939), Max Gilman (1939–1941), George T. Christopher (1941–1950), Hugh Ferry (1950–1952), James J. Nance ( 1952–1954)
Branche Automobil-, Nutzfahrzeug- und Motorenhersteller
Packard Custom Eight (Modell 740) Coupé-Roadster (1930)
Das Modell C (1901) war eines der ersten Automobile überhaupt mit einem Lenkrad anstelle eines Lenkhebels. 1903 gründete Packard als erster Hersteller eine Schule für Mechaniker, die später um eine Fachbibliothek erweitert wurde.[3] Von 1915 bis 1923 produzierte Packard mit dem Twin Six den ersten Serienwagen der Welt mit einem V12-Motor. Eine spätere Variante, produziert von 1932 bis 1939, gehörte zu den besten Automobilen der USA. Im Jahr 1940 brachte Packard erstmals in einem Serienwagen eine Klimaanlage auf den Markt. Der Clipper war die Design-Sensation im folgenden Jahr. 1950 lancierte Packard als einziger von den Großkonzernen GM, Ford und Chrysler unabhängiger Hersteller ein eigenes Automatikgetriebe. 1954 fusionierte das Unternehmen mit Studebaker zur Studebaker-Packard Corporation. Die letzte von Packard selbst gebaute PKW-Generation erschien 1955 mit modernen V8-Motoren und einer innovativen Drehstabfederung. 1956 folgten die Automatikbedienung per Knopfdruck, eine eigene Servolenkung, das erste Sperrdifferential in einem Serienwagen und einem der stärksten Serienmotoren der Welt. Mit dem Clipper wurde für kurze Zeit eine neue Marke lanciert. Im gleichen Jahr ging Studebaker-Packard in den Besitz des Curtiss-Wright-Rüstungskonzerns über, der die Produktion in Detroit schloss und die Modelle der Marke zu Varianten des Studebaker President und Hawk machte. Diese Modelle waren die ersten Packards mit Karosseriekomponenten und Armaturenbrettern aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Aufgrund des rückläufigen Absatzes wurde die Produktion 1958 eingestellt. 1962 wurde der Namensteil „Packard“ aus dem Firmennamen entfernt. Außer Automobilen stellte Packard auch Nutzfahrzeuge (1904–1923) sowie Motoren für Flugzeuge und Boote (1916–1956) her und entwickelte Düsentriebwerke für Kampfflugzeuge (1948–1952).
Mehrere Versuche, die Marke wieder zu beleben, sind bislang gescheitert.
Geschichte
Packard Model A Runabout, Wagen Nr. 1 (Werkbild, Anfang November 1899)
Die Brüder James Ward Packard und William Doud Packard stammten aus einer angesehenen Unternehmerfamilie, die seit 1825 in der Region von Warren ansässig war. 1890 hatten sie mit Partnern die Packard Electric Company gegründet, welche Dynamos, Lampen, Kabel und elektrische Geräte herstellte und als erste elektrische Straßenbeleuchtungen anbot. Am 27. Januar 1891 gründeten sie die New York & Ohio Company zur Herstellung von Glühbirnen. Der Name ergab sich, weil die Packards Geschäftspartner und Verwandte aus New York am Unternehmen beteiligten.[4]
Einzylinder und Ohio Automobile Company
Packard Modell F, Einzylinder von 1903
Einzylinder und Ohio Automobile Company
Leidvolle Erfahrungen mit einem Winton-Automobil motivierten J. W. Packard, Absolvent einer technischen Hochschule, ein eigenes Automobil zu bauen. Mit Hilfe des von der Winton Motor Carriage Company abgeworbenen Werksleiters William Albert Hatcher stellten sie 1899 innerhalb weniger Monate ein Auto mit Einzylindermotor auf die Räder. Von diesem Packard Modell A gab es eine Vorserie von fünf Exemplaren; nur eines wurde tatsächlich verkauft. Zur weiteren Vermarktung begründeten die Brüder eine Partnerschaft mit dem Investor George L. Weiss, an der sie sich mit je US$ 3.000 beteiligten. Packard and Weiss war organisatorisch ihrem Glühlampenhersteller New York & Ohio Company angegliedert.
Hier entstanden die ersten Fahrzeuge, ehe eigene Räume zur Verfügung standen. Bereits am 3. Juli 1899 erfolgte die Gründung der Ohio Automobile Company, deren Mehrheitseigentümer und Präsident J. W. Packard wurde; dieser brachte auch fünf Patente ein. Als Chefingenieur fungierte William Albert Hatcher.[1]
Die Fahrzeuge wurden von Anfang an als "Packard" verkauft. William D. Rockefeller gehörte zu den ersten Kunden von Packard. Bereits 1901 machte Packard mit dem Werbespruch Ask the man who owns one auf sich aufmerksam.[5]
Das Unternehmen war mit den folgenden Einzylindermodellen, vor allem dem Modell F, recht erfolgreich. 1903 gelang mit einem Old Pacific genannten, weitgehend der Serienversion entsprechenden Modell F die erst zweite Durchquerung des amerikanischen Kontinents von San Francisco nach New York City. Dabei bewältigte ein Dreierteam um Werksfahrer Tom Fetch in 62 Tagen eine Distanz von über 4.000 Meilen (ca. 6.500 km) auf unbefestigten Wegen.[6][7]
Mit dem Modell G erschien 1902 ein Zweizylindermodell das aber nicht weiterverfolgt wurde. Sein Motor bestand aus zwei Einzylindern mit je einem eigenen Vergaser. Packard verwendete Motor und Teile des Antriebsstrangs für seine ersten Nutzfahrzeuge. Das Modell G wurde nur vier Mal gebaut, ein Exemplar ist erhalten. 1903 wurde der letzte Einzylinder gebaut und der erste Vierzylinder erschien.
Zusammenstellung der Ein- und Zweizylindermodelle
Modell Baujahr Zyl./Hubraum Leistung
N.A.C.C.[Anm. 1] Radstand Karosserie Einheiten Preis US$ Bemerkungen
A 1899 1 / 2337 cm³ 7–9 HP 1816 mm Roadster
2/4 Pl. 5 1.200 H-Schaltung[2]
B 1900 1 / 2337 cm³ 9 HP 1930 mm Roadster
2/4 Pl. 49 1.200 Gaspedal
C 1901 1 / 3012 cm³ 12 HP 1930 mm Roadster
2/4 Pl. 81 1.500 Schneckenlenkung mit Lenkrad
1905 mm Surrey
6 Pl.
E 1901 1 / 3012 cm³ 12 HP 2134 mm Surrey
4 Pl. 1 1.500 Prototyp
F 1902 1 / 3012 cm³ 12 HP 2134 mm Roadster
2/4 Pl. 179 2.250 Kühler vorn
Tonneau
5 Pl. 2.500
F 1903 1 / 3012 cm³ 12 HP 2235 mm Runabout
2/4 Pl. 2.000 Stauraum und Kühler vorn
Touring
5 Pl. 2.300
M 1902 1 14 HP 1 Prototyp; Sprühschmierung für Kurbelwelle
G 1902 2 / 6030 cm³ 24 HP 2311 mm Surrey
4 Pl. 4
Tonneau
8 Pl.
Eine rückwärts gerichtete Sitzbank für zwei Personen kostete für die Roadster der Baureihen A, B und C 50 US$ Aufpreis.[8]
Der um 1901 vorgestellte und sehr populäre Oldsmobile Curved Dash Modell R mit ähnlichem Konzept und 4 ½ PS kostete dank Serienfertigung ab US$ 650.
Über ein Modell D ist nichts bekannt, wahrscheinlich wurde die Bezeichnung in Reserve gehalten.
Packard Motor Car Company und Detroit
Anzeige für den Packard Dominant Six Serie -48 (1912)
1903 erfolgte eine Reorganisation mit dem Zweck, zusätzliche Mittel zu beschaffen. Eine Investorengruppe um Henry Bourne Joy und seinen Schwager Truman Handy Newberry stieg ein. W. D. Packard hatte sich bereits zuvor zurückgezogen; auch Weiss und Hatcher verließen nun das Unternehmen, das am 13. Oktober 1903 in Packard Motor Car Company umbenannt wurde. Joy wurde am 11. September 1903 als Geschäftsführer eingesetzt. Zuvor waren Russell Alger, jr. als Vizepräsident und Phillip H. McMillan als Finanzchef gewählt worden. J. W. Packard wurde als Präsident bestätigt und blieb bis 1909 in diesem Amt.[9]
Neuer Chefingenieur wurde der Franzose Charles Schmidt. Auf die Einzylindermodelle folgte zunächst der Zweizylinder Modell G, der zeitweilig parallel zum F angeboten wurde. Ein Modell M wird verschiedentlich erwähnt. Das Fahrzeug wurde 1902 gebaut und bis mindestens Mai 1903 erprobt. Es gibt keine Zeichnungen oder eindeutigen Abbildungen. Klar ist, dass der Einzylinder eine Sprühschmierung des Kurbelwelle hatte und mit 14 bhp nur 2 bhp mehr leistete, als das Modell F. Weil es J. W. Packard Mitte 1903 als "nicht viel versprechend" beurteilte und das Werk ohnehin vier weitere Modelle auf dem Markt oder in Erprobung hatte, wurde M letztlich als überflüssig gestrichen. Möglicherweise endeten einige Vorserien-Fahrgestelle als leichte Nutzfahrzeuge.[10]
1903–1904 erstellte das Unternehmen ein neues Werk am East Grand Boulevard in Detroit. Architekt Albert Kahn führte den Bau mit einer Nutzfläche von 9290 m² in Eisenbeton aus; er gilt als weltweit erste Fabrik in dieser Bauweise.
Nach ersten Versuchen 1903 begann im folgenden Jahr die Produktion von Nutzfahrzeugen. Bis 1906 wurde das Werk um mehr als das dreifache auf 30.193 m² vergrößert. Das Werk blieb, mit zahlreichen Erweiterungen, bis zur Aufgabe des Standorts Detroit Ende Juni 1956 ununterbrochen in Betrieb. Danach verfiel es zunehmend und wird heute gerne als Beispiel für den Niedergang der Autostadt Detroit gezeigt, obwohl es mit dessen Ursachen eigentlich nichts zu tun hat.
Vierzylinder
Packard Eighteen Touring Serie NB (1910)
Im Automobilbereich folgten kurz nacheinander die Vierzylindermodelle K, L, N und S (Modell 24), welche die Entwicklung zum Luxusfahrzeug endgültig vollzogen. Modell K war der erste Packard mit Frontmotor und der einzige mit einer "Schaufelnase" wie sie typisch war für Renault, C.G.V. oder Mors dieser Epoche. Außerdem sprengte er mit einem Preis ab US$ 7.300 oder 7.500[11] (je nach Quelle) den üblichen Rahmen für ein offenes Oberklassefahrzeug bei weitem. Modell L war der erste Packard mit der markanten Form des Kühlers, welche ein Markenzeichen bis 1957 bleiben sollte. Angeblich wurde sie von Schmidt vorgeschlagen, der sich vom de Dion-Bouton inspirieren ließ. Ab dem Modell S verwendete Packard T-Kopf-Motoren für alle folgenden Vierzylinder (bis 1912). Mit den Nachfolgern Modell Thirty (Serie U, 1907–1912) und Eighteen (Serien NA bis NE, 1909–1912) etablierte sich Packard als Hersteller von großen, luxuriösen und hochwertigen Wagen.
Dominant Six
Packard Dominant Six 4-48 Runabout (1914)
Das darauf folgende Sechszylindermodell Packard (Dominant) Six gehörte zu den exklusivsten Fahrzeugen und half, den Begriff der „drei großen P“ zu prägen. Gemeint waren damit die damals in den USA führenden Hersteller Pierce-Arrow, Peerless und eben Packard. Den Dominant Six gab es als 38 HP und 48 HP, wobei die tatsächliche Leistung deutlich höher war, als in der Modellbezeichnung angegeben. Faktisch handelte es sich um zwei Baureihen mit unterschiedlichem Radstand. Die Motoren waren unterschiedlich konstruiert. Mit dem Ende des Dominant Six endete vorübergehend die Zweimodell-Politik der Marke.
Zu dieser Zeit zog sich auch J.W. Packard aus der Firma zurück; er hatte das Amt des Firmenpräsidenten eher aus formalen Gründen behalten und war gar nicht erst nach Detroit umgezogen. Henry B. Joy übernahm seine Nachfolge.
Twin Six
1917 Packard Twin Six 2-25 Convertible Coupe von Holbrook
Unter dem neuen Chefingenieur Col. Jesse G. Vincent entwickelte Packard mit dem im Mai 1915 eingeführten Twin Six den ersten Serienwagen mit V12-Motor. Dabei griff Vincent auch auf Erfahrungen zurück, die er bei der Entwicklung des Liberty-Flugmotors für die Aviation Section des U.S. Signal Corps, Vorläuferin der United States Air Force, gesammelt hatte. Vincent war neben Henry M. Leland und Elbert J. Hall maßgeblich an diesem Projekt beteiligt. Er etablierte auch eine Flugmotorenabteilung im Unternehmen. Später folgten Bootsmotoren. Der Twin Six hatte einen Hubraum von 6.821 cm³ (424 c.i.) und eine Leistung von 88 hp (64,7 kW) bei 2.600/min. Bis 1923 wurden 30.941 Twin Six in drei Serien und einer Vielzahl von Varianten gebaut.
1916 übernahm Alvan Macauley das Amt des Firmenpräsidenten und behielt es bis 1939.
In Daytona Beach stellte Ralph DePalma am 12. Februar 1919 mit einem von Vincent vorbereiteten Spezialfahrzeug, dem Packard 905, den Geschwindigkeitsweltrekord über eine Meile bei 149,875 MPH (241,2 km/h) ein. Das Fahrzeug hatte einen Packard V12 Flugmotor mit 905 c.i. (14.830 cm³).
Das US-Präsident Warren G. Harding einen Twin Six von Packard zu seiner Amtseinführung nutzte – erstmals ließ sich ein Präsident in einem Auto zum Weißen Haus vorfahren – trug sicher zum Ruf der Marke bei.[12] Auch US-Präsident Franklin Delano Roosevelt gehörte, wie die Könige von Norwegen und Jugoslawien, Zar Nikolaus II. oder der chinesische General und Warlord Chang-Tso-Lin zum Kundenkreis.[13]
(Single) Six und (Single) Eight
1922 Packard Single Six 126 Sportmodell, vierplätzig
Packard Eight Modell 343 Convertible Sedan von Murphy (1927)
1920 wurde dem Twin Six ein leichterer siebenfach gelagerter Sechszylinder zur Seite gestellt.[14] Der neue Single Six sollte in der Oberklasse mit Cadillac oder Lincoln konkurrenzieren. Erst der später daraus entwickelte Six erreichte aber befriedigende Verkaufszahlen. Die Konstruktionsprinzipien des Single Six beeinflussten alle späteren Reihenmotoren der Firma. 1923 gab man die Nutzfahrzeugproduktion auf. Im Kalenderjahr 1927 wurden 31.211 Packard verkauft; rund 90 % davon waren Six[15] Packard-Personwagenfahrgestelle wurden aber weiterhin gerne als Basis für Ambulanzen und Bestattungsfahrzeuge genutzt. Eine besonders enge Zusammenarbeit bestand bis 1954 mit Henney, einem führenden Anbieter solcher Aufbauten.
Als Ersatz für den Twin Six führte Packard mit dem Single Eight ein weiteres, sehr erfolgreiches Modell ein, das Packards lange Tradition großvolumiger und kraftvoller, mit tiefen Drehzahlen arbeitenden Reihenachtzylinder begründete. Über 5,8 Liter Hubraum verfügte der seidenweich laufende, neunfach gelagerte [16] seitengesteuerte Reihenachtzylinder.[17] Das Fahrzeug hatte von Anfang an mechanische Vierradbremsen und entwickelte sich zum am weitesten verbreiteten Luxuswagen der USA in den 1920er Jahren. Die Bezeichnung hielt sich nur ein Jahr, danach wurde das Modell schlicht Eight genannt. 1928 wurde die Reihe aufgeteilt; der Eight wurde als Custom Eight weiter gebaut. Ihm wurde ein technisch identisches, aber einfacher ausgestattetes Standard Model 443 zur Seite gestellt. Selbst nach der Einführung des neuen V12 1932 blieb er noch mehrere Jahre im Programm.
Am 20. März 1928 verstarb J. W. Packard nach langer Krankheit. Das Unternehmen ehrte ihn auf seine Weise: Im Oktober 1928 wurde im Einverständnis mit seiner Witwe eine leicht angepasste Version des Familienwappens als neues Markenlogo eingeführt – eines der wenigen in der Automobilindustrie, das einen realen Hintergrund hatte und nicht der Fantasie eines Designers entsprungen war. Packard verwendete es bis zur Produktionseinstellung 1958[18] Mittlerweile hatte Packard den Ruf erworben, konservative Wagen zu bauen, die sich unter der wohlhabenden Kundschaft sowie unter Staatsoberhäuptern auf der ganzen Welt großer Beliebtheit erfreuten. Gelobt wurde vor allem die große Zuverlässigkeit der Autos. Zu dieser Zeit produzierte Packard etwa die Hälfte aller weltweit verkauften Luxusfahrzeuge und hatte in den USA die unbestrittene Dominanz in diesem Marktsegment.
1928 ist das letzte Jahr, in dem Packard mit trommelförmigen Scheinwerfern ausgestattet wurden.
Ab 9. Juli 1928 senkte Packard die Preise für den Six um ca. US$ 300, um Lagerbestände abzubauen.[19] Seit 1926 war es immer wieder zu Gerüchten betreffend eine Fusion von Packard mit Nash, Hudson oder Chrysler gekommen. Macauley sah sich schließlich veranlasst, eine Zeitungsanzeige zu schalten, in welcher er unmissverständlich festhielt, dass die Packard Motor Car Company auch künftig unabhängig bleiben wolle.[20] 1928 war ein Boomjahr für die gesamte US-Autoindustrie mit einem Wachstum von rund 30 % gegenüber dem Vorjahr; im Luxusbereich war das Ergebnis allerdings durchwachsen. Lincoln büßte 5,8 % ein, Pierce-Arrow 1,7 %, Peerless 20,6 % und Cadillac kompensierte seinen Rückgang um 1,4 % mit dem LaSalle, der in seinem zweiten Jahr 68,7 % zulegte – wohl auch auf Kosten von Buick, bei der ein Minus von 15,7 % zu verkraften war. Packard legte in dieser Zeit 37,4 % zu.[21]
“Custom Body by Packard”
Bis dahin hatte Packard auf externe Designberater gesetzt. Traditionell wurde mit den führenden Karosseriebauunternehmen zusammengearbeitet. Das Management wählte jedes Jahr eine Reihe von Sonderaufbauten aus, welche in einem Sonderkatalog zusammenfasst wurden. Praktisch immer waren Varianten von LeBaron (später Dietrich), Rollston, Judkins und Holbrook vertreten.[19]
Was intern entworfen wurde, lag in der Verantwortung von Chief body engineer Archer L. Knapp. Ab 1927 begann Packard damit, eine eigene Abteilung für Sonderkarosserien aufzubauen. Sie unterstand administrativ Raymond B. Birge, zuvor General Manager bei LeBaron. Als Designer verpflichtete Birge Werner Gubitz, ebenfalls von LeBaron. Zweck der Abteilung war es, einen Teil des lukrativen Geschäfts mit Sonderaufbauten zu Packard zu ziehen. Die Custom Body Abteilung ergänzte die Zusammenarbeit mit den Karossiers, ersetzte sie aber nicht. Die Qualität ihrer Aufbauten war ebenbürtig mit jener der führenden Karossiers, erreichte aber nicht deren Prestige.[19]
Neue Serienbezeichnungen
1929 änderte Packard sein Modellbezeichnungssystem. Dieses bestand aus drei Ziffern, von denen sich die erste auf die Serie des Modells bezog und zweite Rückschlüsse auf den Radstand erlaubte. 1922 gab es zum Beispiel den Single Six 126 und 133 (1. Serie, Radstand annähernd 126 resp. 133 Zoll). Sobald mehrere Baureihen gleichzeitig liefen (was mit dem Single Eight ab 1924 wieder der Fall war), wurde das sehr verwirrend. So standen 1928 bei den Händlern gleichzeitig Six 526 und 533 sowie Custom Eight 443 und Standard Eight Model 443. Fortan erhielten alle Baureihen eines Modelljahres die gleiche Serienbezeichnung, beginnend mit der 6. Serie. Demnach existiert kein Eight der 5. Serie.[22]
Serienbezeichnungen verloren ihren Sinn erst, als Packard 1951 auf jährliche Modellwechsel umschwenkte. Bis zum Zweiten Weltkrieg flossen Verbesserungen laufend in die Produkte, ohne dass deswegen ein höherer Preis verlangt worden wäre.[23]
6. Serie
1929 Packard Custom Eight 640 4-door Convertible Sedan, Karosserie von Larkins, San Francisco
Bauzeit: 1. August 1928 bis 20. August 1929
Mit der 6. Serie führte Packard weitere Neuerungen ein. Erstmals bestand die Modellpalette ausschließlich aus Achtzylinder-Modellen (bis 1931; 8. Serie). Den Sechszylinder ersetzte ein neuer Standard Eight (Modelle 626 und 633) mit einer kleineren Ausgabe des bekannten Packard-Achtzylinders. Standard Eight haben als einzige Modelle serienmäßig an der Motorhaube Kühlschlitze; größere Modelle wurden mit einer Reihe von Klappen ausgeliefert.
Die Preise lagen anfangs etwa US$ 200 über jenen des Six des Vorjahres; eine Preissenkung Mitte des Jahres brachte sie auf gleiches Niveau und teilweise sogar leicht darunter.[24]
Der „große“ Packard blieb weiterhin erhältlich; als Custom Eight 640 entsprach er der einfacheren Version des Vorjahres mit Serienkarosserien und Preisen, die bis zu 700 US$ unter dem Niveau des Eight Standard Model 443 von 1928 lagen. Allerdings wurde der Radstand auf 140,5 Zoll (3569 mm) verkürzt. Die Bezeichnung Custom ("auf Wunsch") ist irreführend; zwar waren Fahrgestelle für Sonderaufbauten erhältlich, aber die Baureihe bestand aus Serienversionen. Eigens für Sonderaufbauten vorgesehen war der neue Eight Deluxe 645, welcher einen Monat nach Einführung der anderen Modelle nachgeschoben wurde. Er war technisch identisch mit dem Custom Eight, hatte aber einen längeren Radstand von 145 Zoll (3696 mm).
Eine besondere Rolle nahm der Speedster 626 ein. Er teilte das Chassis mit der Kurzversion des Standard Eight. Der Motor war aber eine überarbeitete Version des Custom-Eight-Triebwerks. Achsen und Bremsen wurden an die höhere Leistung angepasst. Der Speedster kostete mit US$ 5.000 ziemlich genau doppelt so viel wie ein Standard-Eight-Roadster. Die Leistung betrug 90 hp für den Standard Eight, 105 für den Custom Eight und 130 für den Speedster. Als Designberater für die Serienversionen wurde Raymond Dietrich herangezogen. Packard der 6. Serie sind die ersten Modelle der Marke mit gerundeten Scheinwerfergehäusen. Dietrich hatte außerdem bei den Serienkarosserien die doppelte Gürtellinie im Passagierbereich durch eine einzeln geführte ersetzt. Diese war im Bereich der Motorhaube schmal und verbreiterte sich ab der A-Säule.[24]
43.149 Standard Eight, 9.801 Custom Eight, 2.061 Deluxe Eight und 70 Speedster wurden gebaut.
Weiteres zu dieser Geschichte im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Packard_%28Automobilhersteller%29
Rechtsform Kapitalgesellschaft
Gründung 1899 als Ohio Automobile Company
Auflösung 1954
Auflösungsgrund Fusion
Sitz Warren (Ohio) und Detroit (Michigan)
Leitung James Ward Packard (1899–1909), Henry Bourne Joy (1909–1916), James Alvan Macauley senior (1916–1939), Max Gilman (1939–1941), George T. Christopher (1941–1950), Hugh Ferry (1950–1952), James J. Nance ( 1952–1954)
Branche Automobil-, Nutzfahrzeug- und Motorenhersteller
Packard Custom Eight (Modell 740) Coupé-Roadster (1930)
Das Modell C (1901) war eines der ersten Automobile überhaupt mit einem Lenkrad anstelle eines Lenkhebels. 1903 gründete Packard als erster Hersteller eine Schule für Mechaniker, die später um eine Fachbibliothek erweitert wurde.[3] Von 1915 bis 1923 produzierte Packard mit dem Twin Six den ersten Serienwagen der Welt mit einem V12-Motor. Eine spätere Variante, produziert von 1932 bis 1939, gehörte zu den besten Automobilen der USA. Im Jahr 1940 brachte Packard erstmals in einem Serienwagen eine Klimaanlage auf den Markt. Der Clipper war die Design-Sensation im folgenden Jahr. 1950 lancierte Packard als einziger von den Großkonzernen GM, Ford und Chrysler unabhängiger Hersteller ein eigenes Automatikgetriebe. 1954 fusionierte das Unternehmen mit Studebaker zur Studebaker-Packard Corporation. Die letzte von Packard selbst gebaute PKW-Generation erschien 1955 mit modernen V8-Motoren und einer innovativen Drehstabfederung. 1956 folgten die Automatikbedienung per Knopfdruck, eine eigene Servolenkung, das erste Sperrdifferential in einem Serienwagen und einem der stärksten Serienmotoren der Welt. Mit dem Clipper wurde für kurze Zeit eine neue Marke lanciert. Im gleichen Jahr ging Studebaker-Packard in den Besitz des Curtiss-Wright-Rüstungskonzerns über, der die Produktion in Detroit schloss und die Modelle der Marke zu Varianten des Studebaker President und Hawk machte. Diese Modelle waren die ersten Packards mit Karosseriekomponenten und Armaturenbrettern aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Aufgrund des rückläufigen Absatzes wurde die Produktion 1958 eingestellt. 1962 wurde der Namensteil „Packard“ aus dem Firmennamen entfernt. Außer Automobilen stellte Packard auch Nutzfahrzeuge (1904–1923) sowie Motoren für Flugzeuge und Boote (1916–1956) her und entwickelte Düsentriebwerke für Kampfflugzeuge (1948–1952).
Mehrere Versuche, die Marke wieder zu beleben, sind bislang gescheitert.
Geschichte
Packard Model A Runabout, Wagen Nr. 1 (Werkbild, Anfang November 1899)
Die Brüder James Ward Packard und William Doud Packard stammten aus einer angesehenen Unternehmerfamilie, die seit 1825 in der Region von Warren ansässig war. 1890 hatten sie mit Partnern die Packard Electric Company gegründet, welche Dynamos, Lampen, Kabel und elektrische Geräte herstellte und als erste elektrische Straßenbeleuchtungen anbot. Am 27. Januar 1891 gründeten sie die New York & Ohio Company zur Herstellung von Glühbirnen. Der Name ergab sich, weil die Packards Geschäftspartner und Verwandte aus New York am Unternehmen beteiligten.[4]
Einzylinder und Ohio Automobile Company
Packard Modell F, Einzylinder von 1903
Einzylinder und Ohio Automobile Company
Leidvolle Erfahrungen mit einem Winton-Automobil motivierten J. W. Packard, Absolvent einer technischen Hochschule, ein eigenes Automobil zu bauen. Mit Hilfe des von der Winton Motor Carriage Company abgeworbenen Werksleiters William Albert Hatcher stellten sie 1899 innerhalb weniger Monate ein Auto mit Einzylindermotor auf die Räder. Von diesem Packard Modell A gab es eine Vorserie von fünf Exemplaren; nur eines wurde tatsächlich verkauft. Zur weiteren Vermarktung begründeten die Brüder eine Partnerschaft mit dem Investor George L. Weiss, an der sie sich mit je US$ 3.000 beteiligten. Packard and Weiss war organisatorisch ihrem Glühlampenhersteller New York & Ohio Company angegliedert.
Hier entstanden die ersten Fahrzeuge, ehe eigene Räume zur Verfügung standen. Bereits am 3. Juli 1899 erfolgte die Gründung der Ohio Automobile Company, deren Mehrheitseigentümer und Präsident J. W. Packard wurde; dieser brachte auch fünf Patente ein. Als Chefingenieur fungierte William Albert Hatcher.[1]
Die Fahrzeuge wurden von Anfang an als "Packard" verkauft. William D. Rockefeller gehörte zu den ersten Kunden von Packard. Bereits 1901 machte Packard mit dem Werbespruch Ask the man who owns one auf sich aufmerksam.[5]
Das Unternehmen war mit den folgenden Einzylindermodellen, vor allem dem Modell F, recht erfolgreich. 1903 gelang mit einem Old Pacific genannten, weitgehend der Serienversion entsprechenden Modell F die erst zweite Durchquerung des amerikanischen Kontinents von San Francisco nach New York City. Dabei bewältigte ein Dreierteam um Werksfahrer Tom Fetch in 62 Tagen eine Distanz von über 4.000 Meilen (ca. 6.500 km) auf unbefestigten Wegen.[6][7]
Mit dem Modell G erschien 1902 ein Zweizylindermodell das aber nicht weiterverfolgt wurde. Sein Motor bestand aus zwei Einzylindern mit je einem eigenen Vergaser. Packard verwendete Motor und Teile des Antriebsstrangs für seine ersten Nutzfahrzeuge. Das Modell G wurde nur vier Mal gebaut, ein Exemplar ist erhalten. 1903 wurde der letzte Einzylinder gebaut und der erste Vierzylinder erschien.
Zusammenstellung der Ein- und Zweizylindermodelle
Modell Baujahr Zyl./Hubraum Leistung
N.A.C.C.[Anm. 1] Radstand Karosserie Einheiten Preis US$ Bemerkungen
A 1899 1 / 2337 cm³ 7–9 HP 1816 mm Roadster
2/4 Pl. 5 1.200 H-Schaltung[2]
B 1900 1 / 2337 cm³ 9 HP 1930 mm Roadster
2/4 Pl. 49 1.200 Gaspedal
C 1901 1 / 3012 cm³ 12 HP 1930 mm Roadster
2/4 Pl. 81 1.500 Schneckenlenkung mit Lenkrad
1905 mm Surrey
6 Pl.
E 1901 1 / 3012 cm³ 12 HP 2134 mm Surrey
4 Pl. 1 1.500 Prototyp
F 1902 1 / 3012 cm³ 12 HP 2134 mm Roadster
2/4 Pl. 179 2.250 Kühler vorn
Tonneau
5 Pl. 2.500
F 1903 1 / 3012 cm³ 12 HP 2235 mm Runabout
2/4 Pl. 2.000 Stauraum und Kühler vorn
Touring
5 Pl. 2.300
M 1902 1 14 HP 1 Prototyp; Sprühschmierung für Kurbelwelle
G 1902 2 / 6030 cm³ 24 HP 2311 mm Surrey
4 Pl. 4
Tonneau
8 Pl.
Eine rückwärts gerichtete Sitzbank für zwei Personen kostete für die Roadster der Baureihen A, B und C 50 US$ Aufpreis.[8]
Der um 1901 vorgestellte und sehr populäre Oldsmobile Curved Dash Modell R mit ähnlichem Konzept und 4 ½ PS kostete dank Serienfertigung ab US$ 650.
Über ein Modell D ist nichts bekannt, wahrscheinlich wurde die Bezeichnung in Reserve gehalten.
Packard Motor Car Company und Detroit
Anzeige für den Packard Dominant Six Serie -48 (1912)
1903 erfolgte eine Reorganisation mit dem Zweck, zusätzliche Mittel zu beschaffen. Eine Investorengruppe um Henry Bourne Joy und seinen Schwager Truman Handy Newberry stieg ein. W. D. Packard hatte sich bereits zuvor zurückgezogen; auch Weiss und Hatcher verließen nun das Unternehmen, das am 13. Oktober 1903 in Packard Motor Car Company umbenannt wurde. Joy wurde am 11. September 1903 als Geschäftsführer eingesetzt. Zuvor waren Russell Alger, jr. als Vizepräsident und Phillip H. McMillan als Finanzchef gewählt worden. J. W. Packard wurde als Präsident bestätigt und blieb bis 1909 in diesem Amt.[9]
Neuer Chefingenieur wurde der Franzose Charles Schmidt. Auf die Einzylindermodelle folgte zunächst der Zweizylinder Modell G, der zeitweilig parallel zum F angeboten wurde. Ein Modell M wird verschiedentlich erwähnt. Das Fahrzeug wurde 1902 gebaut und bis mindestens Mai 1903 erprobt. Es gibt keine Zeichnungen oder eindeutigen Abbildungen. Klar ist, dass der Einzylinder eine Sprühschmierung des Kurbelwelle hatte und mit 14 bhp nur 2 bhp mehr leistete, als das Modell F. Weil es J. W. Packard Mitte 1903 als "nicht viel versprechend" beurteilte und das Werk ohnehin vier weitere Modelle auf dem Markt oder in Erprobung hatte, wurde M letztlich als überflüssig gestrichen. Möglicherweise endeten einige Vorserien-Fahrgestelle als leichte Nutzfahrzeuge.[10]
1903–1904 erstellte das Unternehmen ein neues Werk am East Grand Boulevard in Detroit. Architekt Albert Kahn führte den Bau mit einer Nutzfläche von 9290 m² in Eisenbeton aus; er gilt als weltweit erste Fabrik in dieser Bauweise.
Nach ersten Versuchen 1903 begann im folgenden Jahr die Produktion von Nutzfahrzeugen. Bis 1906 wurde das Werk um mehr als das dreifache auf 30.193 m² vergrößert. Das Werk blieb, mit zahlreichen Erweiterungen, bis zur Aufgabe des Standorts Detroit Ende Juni 1956 ununterbrochen in Betrieb. Danach verfiel es zunehmend und wird heute gerne als Beispiel für den Niedergang der Autostadt Detroit gezeigt, obwohl es mit dessen Ursachen eigentlich nichts zu tun hat.
Vierzylinder
Packard Eighteen Touring Serie NB (1910)
Im Automobilbereich folgten kurz nacheinander die Vierzylindermodelle K, L, N und S (Modell 24), welche die Entwicklung zum Luxusfahrzeug endgültig vollzogen. Modell K war der erste Packard mit Frontmotor und der einzige mit einer "Schaufelnase" wie sie typisch war für Renault, C.G.V. oder Mors dieser Epoche. Außerdem sprengte er mit einem Preis ab US$ 7.300 oder 7.500[11] (je nach Quelle) den üblichen Rahmen für ein offenes Oberklassefahrzeug bei weitem. Modell L war der erste Packard mit der markanten Form des Kühlers, welche ein Markenzeichen bis 1957 bleiben sollte. Angeblich wurde sie von Schmidt vorgeschlagen, der sich vom de Dion-Bouton inspirieren ließ. Ab dem Modell S verwendete Packard T-Kopf-Motoren für alle folgenden Vierzylinder (bis 1912). Mit den Nachfolgern Modell Thirty (Serie U, 1907–1912) und Eighteen (Serien NA bis NE, 1909–1912) etablierte sich Packard als Hersteller von großen, luxuriösen und hochwertigen Wagen.
Dominant Six
Packard Dominant Six 4-48 Runabout (1914)
Das darauf folgende Sechszylindermodell Packard (Dominant) Six gehörte zu den exklusivsten Fahrzeugen und half, den Begriff der „drei großen P“ zu prägen. Gemeint waren damit die damals in den USA führenden Hersteller Pierce-Arrow, Peerless und eben Packard. Den Dominant Six gab es als 38 HP und 48 HP, wobei die tatsächliche Leistung deutlich höher war, als in der Modellbezeichnung angegeben. Faktisch handelte es sich um zwei Baureihen mit unterschiedlichem Radstand. Die Motoren waren unterschiedlich konstruiert. Mit dem Ende des Dominant Six endete vorübergehend die Zweimodell-Politik der Marke.
Zu dieser Zeit zog sich auch J.W. Packard aus der Firma zurück; er hatte das Amt des Firmenpräsidenten eher aus formalen Gründen behalten und war gar nicht erst nach Detroit umgezogen. Henry B. Joy übernahm seine Nachfolge.
Twin Six
1917 Packard Twin Six 2-25 Convertible Coupe von Holbrook
Unter dem neuen Chefingenieur Col. Jesse G. Vincent entwickelte Packard mit dem im Mai 1915 eingeführten Twin Six den ersten Serienwagen mit V12-Motor. Dabei griff Vincent auch auf Erfahrungen zurück, die er bei der Entwicklung des Liberty-Flugmotors für die Aviation Section des U.S. Signal Corps, Vorläuferin der United States Air Force, gesammelt hatte. Vincent war neben Henry M. Leland und Elbert J. Hall maßgeblich an diesem Projekt beteiligt. Er etablierte auch eine Flugmotorenabteilung im Unternehmen. Später folgten Bootsmotoren. Der Twin Six hatte einen Hubraum von 6.821 cm³ (424 c.i.) und eine Leistung von 88 hp (64,7 kW) bei 2.600/min. Bis 1923 wurden 30.941 Twin Six in drei Serien und einer Vielzahl von Varianten gebaut.
1916 übernahm Alvan Macauley das Amt des Firmenpräsidenten und behielt es bis 1939.
In Daytona Beach stellte Ralph DePalma am 12. Februar 1919 mit einem von Vincent vorbereiteten Spezialfahrzeug, dem Packard 905, den Geschwindigkeitsweltrekord über eine Meile bei 149,875 MPH (241,2 km/h) ein. Das Fahrzeug hatte einen Packard V12 Flugmotor mit 905 c.i. (14.830 cm³).
Das US-Präsident Warren G. Harding einen Twin Six von Packard zu seiner Amtseinführung nutzte – erstmals ließ sich ein Präsident in einem Auto zum Weißen Haus vorfahren – trug sicher zum Ruf der Marke bei.[12] Auch US-Präsident Franklin Delano Roosevelt gehörte, wie die Könige von Norwegen und Jugoslawien, Zar Nikolaus II. oder der chinesische General und Warlord Chang-Tso-Lin zum Kundenkreis.[13]
(Single) Six und (Single) Eight
1922 Packard Single Six 126 Sportmodell, vierplätzig
Packard Eight Modell 343 Convertible Sedan von Murphy (1927)
1920 wurde dem Twin Six ein leichterer siebenfach gelagerter Sechszylinder zur Seite gestellt.[14] Der neue Single Six sollte in der Oberklasse mit Cadillac oder Lincoln konkurrenzieren. Erst der später daraus entwickelte Six erreichte aber befriedigende Verkaufszahlen. Die Konstruktionsprinzipien des Single Six beeinflussten alle späteren Reihenmotoren der Firma. 1923 gab man die Nutzfahrzeugproduktion auf. Im Kalenderjahr 1927 wurden 31.211 Packard verkauft; rund 90 % davon waren Six[15] Packard-Personwagenfahrgestelle wurden aber weiterhin gerne als Basis für Ambulanzen und Bestattungsfahrzeuge genutzt. Eine besonders enge Zusammenarbeit bestand bis 1954 mit Henney, einem führenden Anbieter solcher Aufbauten.
Als Ersatz für den Twin Six führte Packard mit dem Single Eight ein weiteres, sehr erfolgreiches Modell ein, das Packards lange Tradition großvolumiger und kraftvoller, mit tiefen Drehzahlen arbeitenden Reihenachtzylinder begründete. Über 5,8 Liter Hubraum verfügte der seidenweich laufende, neunfach gelagerte [16] seitengesteuerte Reihenachtzylinder.[17] Das Fahrzeug hatte von Anfang an mechanische Vierradbremsen und entwickelte sich zum am weitesten verbreiteten Luxuswagen der USA in den 1920er Jahren. Die Bezeichnung hielt sich nur ein Jahr, danach wurde das Modell schlicht Eight genannt. 1928 wurde die Reihe aufgeteilt; der Eight wurde als Custom Eight weiter gebaut. Ihm wurde ein technisch identisches, aber einfacher ausgestattetes Standard Model 443 zur Seite gestellt. Selbst nach der Einführung des neuen V12 1932 blieb er noch mehrere Jahre im Programm.
Am 20. März 1928 verstarb J. W. Packard nach langer Krankheit. Das Unternehmen ehrte ihn auf seine Weise: Im Oktober 1928 wurde im Einverständnis mit seiner Witwe eine leicht angepasste Version des Familienwappens als neues Markenlogo eingeführt – eines der wenigen in der Automobilindustrie, das einen realen Hintergrund hatte und nicht der Fantasie eines Designers entsprungen war. Packard verwendete es bis zur Produktionseinstellung 1958[18] Mittlerweile hatte Packard den Ruf erworben, konservative Wagen zu bauen, die sich unter der wohlhabenden Kundschaft sowie unter Staatsoberhäuptern auf der ganzen Welt großer Beliebtheit erfreuten. Gelobt wurde vor allem die große Zuverlässigkeit der Autos. Zu dieser Zeit produzierte Packard etwa die Hälfte aller weltweit verkauften Luxusfahrzeuge und hatte in den USA die unbestrittene Dominanz in diesem Marktsegment.
1928 ist das letzte Jahr, in dem Packard mit trommelförmigen Scheinwerfern ausgestattet wurden.
Ab 9. Juli 1928 senkte Packard die Preise für den Six um ca. US$ 300, um Lagerbestände abzubauen.[19] Seit 1926 war es immer wieder zu Gerüchten betreffend eine Fusion von Packard mit Nash, Hudson oder Chrysler gekommen. Macauley sah sich schließlich veranlasst, eine Zeitungsanzeige zu schalten, in welcher er unmissverständlich festhielt, dass die Packard Motor Car Company auch künftig unabhängig bleiben wolle.[20] 1928 war ein Boomjahr für die gesamte US-Autoindustrie mit einem Wachstum von rund 30 % gegenüber dem Vorjahr; im Luxusbereich war das Ergebnis allerdings durchwachsen. Lincoln büßte 5,8 % ein, Pierce-Arrow 1,7 %, Peerless 20,6 % und Cadillac kompensierte seinen Rückgang um 1,4 % mit dem LaSalle, der in seinem zweiten Jahr 68,7 % zulegte – wohl auch auf Kosten von Buick, bei der ein Minus von 15,7 % zu verkraften war. Packard legte in dieser Zeit 37,4 % zu.[21]
“Custom Body by Packard”
Bis dahin hatte Packard auf externe Designberater gesetzt. Traditionell wurde mit den führenden Karosseriebauunternehmen zusammengearbeitet. Das Management wählte jedes Jahr eine Reihe von Sonderaufbauten aus, welche in einem Sonderkatalog zusammenfasst wurden. Praktisch immer waren Varianten von LeBaron (später Dietrich), Rollston, Judkins und Holbrook vertreten.[19]
Was intern entworfen wurde, lag in der Verantwortung von Chief body engineer Archer L. Knapp. Ab 1927 begann Packard damit, eine eigene Abteilung für Sonderkarosserien aufzubauen. Sie unterstand administrativ Raymond B. Birge, zuvor General Manager bei LeBaron. Als Designer verpflichtete Birge Werner Gubitz, ebenfalls von LeBaron. Zweck der Abteilung war es, einen Teil des lukrativen Geschäfts mit Sonderaufbauten zu Packard zu ziehen. Die Custom Body Abteilung ergänzte die Zusammenarbeit mit den Karossiers, ersetzte sie aber nicht. Die Qualität ihrer Aufbauten war ebenbürtig mit jener der führenden Karossiers, erreichte aber nicht deren Prestige.[19]
Neue Serienbezeichnungen
1929 änderte Packard sein Modellbezeichnungssystem. Dieses bestand aus drei Ziffern, von denen sich die erste auf die Serie des Modells bezog und zweite Rückschlüsse auf den Radstand erlaubte. 1922 gab es zum Beispiel den Single Six 126 und 133 (1. Serie, Radstand annähernd 126 resp. 133 Zoll). Sobald mehrere Baureihen gleichzeitig liefen (was mit dem Single Eight ab 1924 wieder der Fall war), wurde das sehr verwirrend. So standen 1928 bei den Händlern gleichzeitig Six 526 und 533 sowie Custom Eight 443 und Standard Eight Model 443. Fortan erhielten alle Baureihen eines Modelljahres die gleiche Serienbezeichnung, beginnend mit der 6. Serie. Demnach existiert kein Eight der 5. Serie.[22]
Serienbezeichnungen verloren ihren Sinn erst, als Packard 1951 auf jährliche Modellwechsel umschwenkte. Bis zum Zweiten Weltkrieg flossen Verbesserungen laufend in die Produkte, ohne dass deswegen ein höherer Preis verlangt worden wäre.[23]
6. Serie
1929 Packard Custom Eight 640 4-door Convertible Sedan, Karosserie von Larkins, San Francisco
Bauzeit: 1. August 1928 bis 20. August 1929
Mit der 6. Serie führte Packard weitere Neuerungen ein. Erstmals bestand die Modellpalette ausschließlich aus Achtzylinder-Modellen (bis 1931; 8. Serie). Den Sechszylinder ersetzte ein neuer Standard Eight (Modelle 626 und 633) mit einer kleineren Ausgabe des bekannten Packard-Achtzylinders. Standard Eight haben als einzige Modelle serienmäßig an der Motorhaube Kühlschlitze; größere Modelle wurden mit einer Reihe von Klappen ausgeliefert.
Die Preise lagen anfangs etwa US$ 200 über jenen des Six des Vorjahres; eine Preissenkung Mitte des Jahres brachte sie auf gleiches Niveau und teilweise sogar leicht darunter.[24]
Der „große“ Packard blieb weiterhin erhältlich; als Custom Eight 640 entsprach er der einfacheren Version des Vorjahres mit Serienkarosserien und Preisen, die bis zu 700 US$ unter dem Niveau des Eight Standard Model 443 von 1928 lagen. Allerdings wurde der Radstand auf 140,5 Zoll (3569 mm) verkürzt. Die Bezeichnung Custom ("auf Wunsch") ist irreführend; zwar waren Fahrgestelle für Sonderaufbauten erhältlich, aber die Baureihe bestand aus Serienversionen. Eigens für Sonderaufbauten vorgesehen war der neue Eight Deluxe 645, welcher einen Monat nach Einführung der anderen Modelle nachgeschoben wurde. Er war technisch identisch mit dem Custom Eight, hatte aber einen längeren Radstand von 145 Zoll (3696 mm).
Eine besondere Rolle nahm der Speedster 626 ein. Er teilte das Chassis mit der Kurzversion des Standard Eight. Der Motor war aber eine überarbeitete Version des Custom-Eight-Triebwerks. Achsen und Bremsen wurden an die höhere Leistung angepasst. Der Speedster kostete mit US$ 5.000 ziemlich genau doppelt so viel wie ein Standard-Eight-Roadster. Die Leistung betrug 90 hp für den Standard Eight, 105 für den Custom Eight und 130 für den Speedster. Als Designberater für die Serienversionen wurde Raymond Dietrich herangezogen. Packard der 6. Serie sind die ersten Modelle der Marke mit gerundeten Scheinwerfergehäusen. Dietrich hatte außerdem bei den Serienkarosserien die doppelte Gürtellinie im Passagierbereich durch eine einzeln geführte ersetzt. Diese war im Bereich der Motorhaube schmal und verbreiterte sich ab der A-Säule.[24]
43.149 Standard Eight, 9.801 Custom Eight, 2.061 Deluxe Eight und 70 Speedster wurden gebaut.
Weiteres zu dieser Geschichte im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Packard_%28Automobilhersteller%29
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