Die Fritz Fleischer KG Gera
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Die Fritz Fleischer KG Gera
Die Fritz Fleischer KG Gera (Geraer Karosserie- und Fahrzeugfabrik Fritz Fleischer) war der einzige private Hersteller von Omnibussen in der DDR, der in nennenswerten Stückzahlen Reisebusse und Linienbusse herstellte. Der Eigentümer der Firma war bis zur Verstaatlichung im Jahre 1972 Fritz Fleischer.
Fleischer S2 RU II (BJ 1968)
Montagearbeiten 1966
Fleischer S2 im Linienverkehr Schleiz – Jena am Bahnhof Jena West im Januar 1976
Hintergrund
Ab den 1960er Jahren wurden die neugebauten Fahrzeuge als Reparaturumbauten (RU) alter Busse deklariert, da entsprechend der Festlegung innerhalb des RGW Omnibusse nur aus Ungarn bezogen werden durften. Die IKARUS Karosserie- und Fahrzeugwerke (Budapest) lieferten jedoch ca. 700 Reisebusse pro Jahr weniger als in der DDR benötigt wurden und ca. 1000 Fahrzeuge pro Jahr weniger als bestellt.
Privaten Fuhrunternehmern und Betrieben war der Bezug von neuen Omnibussen aus dem Import unmöglich, Fritz Fleischer bot oftmals die einzige Möglichkeit, überhaupt an Busse zu gelangen.
Bis zum Ende der 1960er Jahre konnten die Neuentwicklungen von Fritz Fleischer durchaus mit Produkten westlicher Herkunft verglichen werden. Komfort, wie Schlafsitze, Toiletten und Fernsehgeräte, war schon damals lieferbar.
Die Entwicklungsarbeiten und die Produktion fanden oft unter äußerst schwierigen Bedingungen statt. Die Firma Fleischer wurde von der Materialversorgung abgeschnitten, Fritz Fleischer selbst wurde gar für einige Monate inhaftiert. Sein Chefkonstrukteur Seipolt flüchtete 1960 aus der DDR in die BRD und arbeitete fortan bei Kässbohrer.
Fleischer-Busse wurden auch im öffentlichen Nahverkehr in Ost-Berlin (nur Fleischer S3) und im Bezirk Gera eingesetzt.
Neben Bussen fertigte die Fritz Fleischer KG auch:
Spezialaufbauten, wie Röntgenzüge für die UdSSR
Wohnwagen
Servicefahrzeuge für Rennteams der DDR
Konsumgüter, wie z.B. anspruchsvolle Gartenmöbel
Geschichte
1927 wurde die Geraer Karosserie- und Fahrzeugfabrik Fritz Fleischer als Unternehmen für Karosseriereparatur und den Bau von Aufbauten und Anhängern gegründet. Sein Werk wurde in den letzten Kriegstagen im Frühling 1945 von Bomben und Flammen zerstört, wobei Fritz Fleischer selbst schwer verletzt wurde. Da Fritz Fleischer keine NSDAP-Vergangenheit hatte und auch nicht direkt in die Rüstungsproduktion involviert war, wurde er in der SBZ zunächst nicht politisch stigmatisiert. Er baute sein Geschäft erneut auf, neben Omnibusaufbauten fertigte er auch diverse PKW-Einzelstücke mit Coupé- oder Cabrioletaufbau für die wenigen damals infragekommenden Kunden. Nach Gründung der DDR verschlechterte sich das politische Klima für Privatunternehmer zusehends. Im Zuge stalinistischer Praktiken wurde im Mai 1953 aus fadenscheinigen Gründen überraschend Haftbefehl gegen ihn erlassen und sein Vermögen beschlagnahmt. In diese Zeit fiel der Aufstand des 17. Juni, in dessen Folge die Schärfe von Diskreditierungen wie in Fleischers Fall etwas zurückgenommen wurde. Nach zweimonatiger Untersuchungshaft wurde er freigesprochen und erhielt sein Vermögen zurück.[1] Im Gegensatz zu vielen anderen Privatunternehmern, die sich aufgrund derartiger Entwicklungen auf in den Westen machten, war dies für Fritz Fleischer keine Option. Er trat stattdessen der NDPD bei und versuchte, in der DDR-Wirtschaft eine Nische zu finden, was ihm mit dem Bau von modernen Omnibussen zunächst auch gelang. Dazu ging er ab 1958 auch staatliche Beteiligungen ein, um die für den Omnibusbau nötige Kapitalakkumulation auf legalem Wege zu erreichen.
Die Entwicklung von Omnibussen mit selbsttragender Karosserie begann 1958 mit den Typen S1 und S2. Ein Jahr später begann die Serienfertigung dieser Typen. Gegen Ende des Jahres 1959 wurden Baugruppen und Aggregate des Busses H6B der VEB Kraftfahrzeugwerke „Ernst Grube“ Werdau übernommen, nachdem die Busproduktion dort eingestellt worden war. Um die Bestimmungen des RGW zu umgehen, wurden alle gebauten Busse als Reparaturumbau (zum Beispiel S2 RU) deklariert.
Für die (Ost-)Berliner Verkehrsbetriebe (BVG bzw. BVB) wurde ab 1962 der Linienbus vom Typ S3 gebaut. Diese Busreihe war vor allem zur Anbindung der Randgebiete Berlins vorgesehen. Schon zuvor wurden Fleischer-Busse für Berliner Stadtrundfahrten geliefert. 1970 begann mit dem S4 die Fertigung des Nachfolgers des nur bis 1962 produzierten Typs S1. Der seit 1972 gefertigte S5 war die letzte Neuentwicklung auf Basis des S2 unter Verwendung von in der DDR produzierten Ikarus-Fahrwerkskomponenten. Er wurde bis 1990 unverändert produziert. Ende der 1980er Jahre wurden einige ältere Linienbusse des Typs Ikarus 260 (bekannt sind 3 Fahrzeuge für den Stadtverkehr Gera sowie die Regionalverkehrsbetriebe Jena und Saalfeld-Rudolstadt) im „Fleischer-Design“ mit teilweise geänderter Türanordnung umgebaut, behielten aber die Falttüren. Inoffiziell erhielten sie die Typenbezeichnung S6.[2][3]
In der letzten großen Verstaatlichungswelle wurde das Unternehmen 1972 enteignet, Fritz Fleischer fungierte nun vorwiegend als Zulieferer für Automobilteile, Omnibusse wurden nur noch in geringem Umfang hergestellt. Nach der Wende in der DDR wurde es durch die Treuhandanstalt abgewickelt und verkauft. Die Produktion von Fleischer-Bussen wurde eingestellt und das Unternehmen geschlossen.
Insgesamt stellte die Firma zwischen 500 und 1000 Fahrzeuge her.
Technik
Eine Besonderheit der Fleischer-Omnibusse war deren selbsttragende Karosserie. Der Motor war im Heck angeordnet. Als Triebwerk kam anfangs wie im IFA H6B der wassergekühlte Sechszylinder-Dieselmotor vom Typ Horch EM 6-20 mit 120 PS zum Einsatz, wurde später die Nachfolgemodelle EM 6-22 und 6VD14,5/12-1SRW vom VEB Motorenwerk Schönebeck mit 150 PS Leistung verwendet. Auch die Fahrwerksteile wurden anfangs vom H6B übernommen, nach dessen Produktionseinstellung wurden die Achsen vom S4000 T verwendet. In späteren Jahren war auch dies nicht weiter möglich, nun wurden Teile von Ikarus Bussen verbaut.
Quelle
Fleischer S2 RU II (BJ 1968)
Montagearbeiten 1966
Fleischer S2 im Linienverkehr Schleiz – Jena am Bahnhof Jena West im Januar 1976
Hintergrund
Ab den 1960er Jahren wurden die neugebauten Fahrzeuge als Reparaturumbauten (RU) alter Busse deklariert, da entsprechend der Festlegung innerhalb des RGW Omnibusse nur aus Ungarn bezogen werden durften. Die IKARUS Karosserie- und Fahrzeugwerke (Budapest) lieferten jedoch ca. 700 Reisebusse pro Jahr weniger als in der DDR benötigt wurden und ca. 1000 Fahrzeuge pro Jahr weniger als bestellt.
Privaten Fuhrunternehmern und Betrieben war der Bezug von neuen Omnibussen aus dem Import unmöglich, Fritz Fleischer bot oftmals die einzige Möglichkeit, überhaupt an Busse zu gelangen.
Bis zum Ende der 1960er Jahre konnten die Neuentwicklungen von Fritz Fleischer durchaus mit Produkten westlicher Herkunft verglichen werden. Komfort, wie Schlafsitze, Toiletten und Fernsehgeräte, war schon damals lieferbar.
Die Entwicklungsarbeiten und die Produktion fanden oft unter äußerst schwierigen Bedingungen statt. Die Firma Fleischer wurde von der Materialversorgung abgeschnitten, Fritz Fleischer selbst wurde gar für einige Monate inhaftiert. Sein Chefkonstrukteur Seipolt flüchtete 1960 aus der DDR in die BRD und arbeitete fortan bei Kässbohrer.
Fleischer-Busse wurden auch im öffentlichen Nahverkehr in Ost-Berlin (nur Fleischer S3) und im Bezirk Gera eingesetzt.
Neben Bussen fertigte die Fritz Fleischer KG auch:
Spezialaufbauten, wie Röntgenzüge für die UdSSR
Wohnwagen
Servicefahrzeuge für Rennteams der DDR
Konsumgüter, wie z.B. anspruchsvolle Gartenmöbel
Geschichte
1927 wurde die Geraer Karosserie- und Fahrzeugfabrik Fritz Fleischer als Unternehmen für Karosseriereparatur und den Bau von Aufbauten und Anhängern gegründet. Sein Werk wurde in den letzten Kriegstagen im Frühling 1945 von Bomben und Flammen zerstört, wobei Fritz Fleischer selbst schwer verletzt wurde. Da Fritz Fleischer keine NSDAP-Vergangenheit hatte und auch nicht direkt in die Rüstungsproduktion involviert war, wurde er in der SBZ zunächst nicht politisch stigmatisiert. Er baute sein Geschäft erneut auf, neben Omnibusaufbauten fertigte er auch diverse PKW-Einzelstücke mit Coupé- oder Cabrioletaufbau für die wenigen damals infragekommenden Kunden. Nach Gründung der DDR verschlechterte sich das politische Klima für Privatunternehmer zusehends. Im Zuge stalinistischer Praktiken wurde im Mai 1953 aus fadenscheinigen Gründen überraschend Haftbefehl gegen ihn erlassen und sein Vermögen beschlagnahmt. In diese Zeit fiel der Aufstand des 17. Juni, in dessen Folge die Schärfe von Diskreditierungen wie in Fleischers Fall etwas zurückgenommen wurde. Nach zweimonatiger Untersuchungshaft wurde er freigesprochen und erhielt sein Vermögen zurück.[1] Im Gegensatz zu vielen anderen Privatunternehmern, die sich aufgrund derartiger Entwicklungen auf in den Westen machten, war dies für Fritz Fleischer keine Option. Er trat stattdessen der NDPD bei und versuchte, in der DDR-Wirtschaft eine Nische zu finden, was ihm mit dem Bau von modernen Omnibussen zunächst auch gelang. Dazu ging er ab 1958 auch staatliche Beteiligungen ein, um die für den Omnibusbau nötige Kapitalakkumulation auf legalem Wege zu erreichen.
Die Entwicklung von Omnibussen mit selbsttragender Karosserie begann 1958 mit den Typen S1 und S2. Ein Jahr später begann die Serienfertigung dieser Typen. Gegen Ende des Jahres 1959 wurden Baugruppen und Aggregate des Busses H6B der VEB Kraftfahrzeugwerke „Ernst Grube“ Werdau übernommen, nachdem die Busproduktion dort eingestellt worden war. Um die Bestimmungen des RGW zu umgehen, wurden alle gebauten Busse als Reparaturumbau (zum Beispiel S2 RU) deklariert.
Für die (Ost-)Berliner Verkehrsbetriebe (BVG bzw. BVB) wurde ab 1962 der Linienbus vom Typ S3 gebaut. Diese Busreihe war vor allem zur Anbindung der Randgebiete Berlins vorgesehen. Schon zuvor wurden Fleischer-Busse für Berliner Stadtrundfahrten geliefert. 1970 begann mit dem S4 die Fertigung des Nachfolgers des nur bis 1962 produzierten Typs S1. Der seit 1972 gefertigte S5 war die letzte Neuentwicklung auf Basis des S2 unter Verwendung von in der DDR produzierten Ikarus-Fahrwerkskomponenten. Er wurde bis 1990 unverändert produziert. Ende der 1980er Jahre wurden einige ältere Linienbusse des Typs Ikarus 260 (bekannt sind 3 Fahrzeuge für den Stadtverkehr Gera sowie die Regionalverkehrsbetriebe Jena und Saalfeld-Rudolstadt) im „Fleischer-Design“ mit teilweise geänderter Türanordnung umgebaut, behielten aber die Falttüren. Inoffiziell erhielten sie die Typenbezeichnung S6.[2][3]
In der letzten großen Verstaatlichungswelle wurde das Unternehmen 1972 enteignet, Fritz Fleischer fungierte nun vorwiegend als Zulieferer für Automobilteile, Omnibusse wurden nur noch in geringem Umfang hergestellt. Nach der Wende in der DDR wurde es durch die Treuhandanstalt abgewickelt und verkauft. Die Produktion von Fleischer-Bussen wurde eingestellt und das Unternehmen geschlossen.
Insgesamt stellte die Firma zwischen 500 und 1000 Fahrzeuge her.
Technik
Eine Besonderheit der Fleischer-Omnibusse war deren selbsttragende Karosserie. Der Motor war im Heck angeordnet. Als Triebwerk kam anfangs wie im IFA H6B der wassergekühlte Sechszylinder-Dieselmotor vom Typ Horch EM 6-20 mit 120 PS zum Einsatz, wurde später die Nachfolgemodelle EM 6-22 und 6VD14,5/12-1SRW vom VEB Motorenwerk Schönebeck mit 150 PS Leistung verwendet. Auch die Fahrwerksteile wurden anfangs vom H6B übernommen, nach dessen Produktionseinstellung wurden die Achsen vom S4000 T verwendet. In späteren Jahren war auch dies nicht weiter möglich, nun wurden Teile von Ikarus Bussen verbaut.
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