Die Kettenrüstung oder Kettenpanzer (auch: Ringelpanzer oder Panzerhemd; lateinisch lorica hamata genannt)
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Die Kettenrüstung oder Kettenpanzer (auch: Ringelpanzer oder Panzerhemd; lateinisch lorica hamata genannt)
Als Kettenrüstung oder Kettenpanzer (auch: Ringelpanzer oder Panzerhemd; lateinisch lorica hamata) bezeichnet man eine Rüstung, die aus zahlreichen – feuergeschweißten bzw. vernieteten – ineinander verflochtenen kleinen Metallringen besteht.
Kettenrüstung, Oberhausmuseum, Passau 15.-16. Jahrhundert
Früheste Nachweise sind bisher aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. aus keltischen Gräbern bezeugt.
Die vielen kleinen Bestandteile der Kettenrüstung absorbieren die meisten Schläge und Stöße durch Waffen wie beispielsweise das Schwert, und wurden im Hochmittelalter dadurch zur gängigsten Körperpanzerung.
Ritter in Rüstung und Waffen
Begriff
Der Begriff „Kettenhemd“ ist modernen Ursprungs und wird heute meist nur noch von populärwissenschaftlichen Autoren und umgangssprachlich verwendet. Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch bevorzugt man die historisch korrekte Bezeichnung „Ringpanzerhemd“.
Sind die Metallringe auf einem Stoff- oder Lederuntergewand befestigt, verwendet man die allgemeinere Bezeichnung Brünne.[1] Diese Sonderformen der Körperpanzerung beruhen auf Interpretationen der Waffenforscher des 19. und frühen 20. Jahrhunderts und werden von der modernen Fachwissenschaft teilweise abgelehnt.
Im 19. Jahrhundert unterschied man zwischen Ringpanzer- und Kettenhemd. Als Kettenhemden wurden besondere Panzerungen definiert, bei denen schmale Eisenketten direkt auf ein ledernes oder textiles Untergewand aufgenäht wurden. Die Existenz dieser Sonderform gilt nach dem heutigen Stand der Forschung als unwahrscheinlich, da sie bisher – wahrscheinlich aufgrund des vergänglichen Untermaterials – selten durch archäologische Artefakte gesichert sind.
Antike
Antike Darstellung eines keltischen Ringpanzerhemdes. Ungewöhnlich ist die unübliche vertikale Bänderung des Ringgeflechtes
Der genaue Ursprung des Ringpanzers ist nicht bekannt. Aufgrund der archäologischen Fundlage wird dieser aber in Mittel- oder Nordeuropa vermutet. Einen der frühesten Funde von Ringpanzern stellt der Moorfund des Hjortspringboots aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. im heutigen Dänemark dar. Nach Allan Williams stammt der bislang älteste Nachweis eines Ringpanzerhemdes aus einem keltischen Grab im heutigen Rumänien, welches in etwa in den gleichen Zeitraum datiert wird. Als möglichen Vorläufer für diese Rüstungsform nennt dieser Fachautor ein Fragment einer Panzerung aus einem keltischen Grab in Böhmen (wohl 8. Jahrhundert v. Chr.), bei dem die Eisenringe netzartig auf Schnüre aufgefädelt waren.
Die Römer übernahmen diese Rüstungsart wahrscheinlich im 3. Jahrhundert v. Chr. von ihren nördlichen Nachbarn und verwendeten sie unter der Bezeichnung Lorica Hamata. Mit ihren Schulterstücken waren die Loricae Hamatae optisch an den griechischen Linothorax angelehnt. Neben zahlreichen anderen Rüstungsarten wurde die Kettenrüstung in der Spätantike bis zum Untergang des Weströmischen Reichs im 5. Jahrhundert verwendet. Im Oströmischen Reich blieb sie auch weiterhin in Gebrauch. Bei der römischen Kettenrüstung handelte es sich um ein weites Kettenhemd, das bis zur Mitte der Oberschenkel reichen konnte und mit einem verdoppelten Schulterteil versehen war.
Auch im Sassanidenreich wurde das Kettenhemd übernommen.
Die Kettenrüstungen wurden meistens aus Ringen aus Eisendraht gefertigt. Funde legen aber nahe, dass die Römer mitunter auch Bronzeringe verwendeten. Die Ringe wurden dabei oft miteinander vernietet oder verschweißt. Die Römer verwendeten als spezielle Technik ein Geflecht aus abwechselnd verflochtenen und gestanzten Ringen.
Mittelalter
Hochmittelalterliche Ringpanzerungen (David schlägt die Philister, Maciejowski Bibel, um 1240/50)
Turnierszene aus dem Codex Manesse. Der Herzog von Anhalt und seine Gegner in der hochmittelalterlichen Primärrüstung
Nach dem Zusammenbruch des Weströmischen Reichs gab es lange Zeit keine nennenswerte Rüstungsindustrie auf europäischem Boden (außer in Byzanz), was den Wert einer Kettenrüstung noch erhöhte. Die Kettenrüstung war im Frühmittelalter im Großteil Europas deshalb weniger verbreitet. Man kennt sie zur Zeit der Völkerwanderungen vor allem aus den Gräbern hochrangiger Fürsten, etwa aus Planig und Gammertingen. Darüber hinaus waren die Spangenhelme dieser Zeit zum Teil mit einem Nackenschutz aus Kettengeflecht versehen.[2] Neben Kettenrüstungen existierten im Frühmittelalter diverse Arten von günstigeren Textil- und Lederrüstungen, Lamellenrüstungen zudem Schuppenpanzer. Letzterer bot außerdem besseren Schutz gegen Wuchtattacken, da er etwas starrer war, insgesamt war er jedoch dem Kettenhemd unterlegen. Im Gegensatz zur römischen Kettenrüstung bedeckte die Kettenrüstung des Mittelalters immer größere Teile des Körpers. Im 12. und 13. Jahrhundert wurde das Kettenhemd zu einer wichtigen Rüstungsform der Ritter. Neben dem Kettenpanzer trug man Kettenhandschuhe, den Topfhelm und die Helmbrünne.
Eine komplette mittelalterliche Kettenrüstung, die einen Großteil des Körpers schützte, bestand aus mehreren zehntausend Stahlringen, die miteinander vernietet wurden, um ein Aufplatzen der Ringe – etwa durch Pfeilschüsse – zu erschweren. Deshalb war es äußerst aufwändig, eine solche Rüstung herzustellen, was sich auch im Preis widerspiegelte. Eine Kettenrüstung konnte so viel kosten wie mehrere Dutzend Rinder, weshalb es sich zunächst nur wohlhabende Adlige – und manchmal auch Geistliche – leisten konnten, eine solche Rüstung zu erwerben. Die Hersteller von Kettenrüstungen wurden in Deutschland Panzermacher oder Sarwürker genannt. Die Panzermacher waren zunftgebunden. Vor allem das Deutsche Reich galt als Hochburg dieses Handwerks in Europa.
Ablegen eines Ringpanzerhemdes (Maciejowski-Bibel)
Schädel gefallener Krieger mit Kettenhauben aus einem Massengrab, die bei Waldemar Atterdags Invasion in Visby von 1361 gestorben sind, Fornsalen Museum, Visby (Gotland)
Eine Kettenrüstung bot einen sehr guten Schutz vor Schnittverletzungen, aber gegen wuchtige Hiebe und kraftvolle Stiche half sie wenig. Deshalb gibt es erstmals für das Hochmittelalter sichere Belege dafür, dass unter oder über der Kettenrüstung eine Textilrüstung getragen wurde, die man als Gambeson bezeichnete. Dadurch erhöhte sich der Schutz, den eine Kettenrüstung vor Hieb- und Stichwaffen bot. Die Kombination von Gambeson und Kettenhemd schützte historischen Quellen nach sogar vor Langbögen, Stichattacken und Lanzenangriffen anstürmender Kavalleristen.
Nachteilig an einer Kettenrüstung war die Tatsache, dass ein Großteil ihres Gewichts auf den Schultern des Trägers lastete. Diese Tatsache wurde dadurch ausgeglichen, dass man einen Gürtel um die Hüfte schlang, so dass einiges Gewicht auf den Beckenbereich abgeleitet wurde. Außerdem bot sie auch in Verbindung mit einem Gambeson nur wenig Schutz gegen Streitaxthiebe, Streitkolben und Armbrustbolzen.
Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts ging man dazu über, die Kettenrüstung nach und nach durch Metallplatten zu verstärken oder zu ersetzen. Diese Entwicklung war um das Jahr 1400 abgeschlossen und resultierte in dem Plattenpanzer. Sie lässt sich durch vielfältige soziologische, ökonomische und wissenschaftliche Veränderungen erklären. Die Vorstellung, Plattenpanzer seien in einem „Waffenrennen“ entstanden, ist von einem modernen Blickpunkt beeinflusst, durch Erfahrungen in der Kriegsführung im 20. Jahrhundert. Tatsächlich waren durch neue Entwicklungen (Hochöfen und die Nutzung von Wasserkraft beim Schmieden) und die Vergrößerung der Städte die Bildung spezialisierter Plattnereien überhaupt erst möglich geworden. Die neuen Rüstungen waren wesentlich preiswerter: Ein Plattenpanzer war im 15. Jahrhundert günstiger als ein Kettenhemd, denn ein Kettenhemd herzustellen dauert mehrere Monate, eine Brustplatte hingegen brauchte nur zwei Tage. Hinzu kommt, dass in der Kriegsführung die Infanterie immer wichtiger wurde, genau wie Berufssoldaten und Söldner (Zum Beispiel die Landsknechte und Schweizer Pikeniere). Selbst schwere Kavalleristen wie die französischen Gendarmen waren nicht mehr exklusiv Adlige. Man war also auf der Suche nach Möglichkeiten, viele Menschen günstig zu rüsten.
Da ein Plattenpanzer aber möglichst flexibel sein musste, blieben bestimmte Körperteile wie die Achseln und der Genitalbereich ungeschützt. Deshalb trug man noch längere Zeit nach Aufkommen des Plattenpanzers ein Kettenhemd unter dem Harnisch, oder man schützte zumindest die Lücken, die der Plattenpanzer ließ, durch Kettengeflecht. Bei einfachem Fußvolk war es z.B. während des 16. Jahrhunderts üblich, einen Hals- und Nackenschutz aus Kettengeflecht – den so genannten Bischofskragen – zu verwenden. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts kam zwar ein Genitalschutz für Plattenpanzer – die so genannte Brayette – auf, diese konnte aber auf dem Rücken eines Pferdes nicht getragen werden, weshalb auch in diesem empfindlichen Bereich manchmal noch Ketten verwendet wurden. Auch in Fechtkämpfen kam es noch längere Zeit vor, dass man unter der Kleidung ein Kettenhemd trug. Nahezu vollständig erhaltene früh- und hochmittelalterliche Kettenhemden sind nur in sehr geringer Stückzahl bis in die Gegenwart erhalten (Panzerhemd des Hl. Wenzel, Prag, Veitsdom, um 900/10). Die meisten Exemplare in den Museen und Sammlungen stammen aus dem Spätmittelalter oder der frühen Neuzeit oder entstanden gar erst im 19. Jahrhundert in oft hervorragender handwerklicher Qualität.
Herstellung
Ausgangsmaterial eines Kettenhemds ist der Draht, meist 1–2 mm, der zuvor aufwändig nach der Verhüttung aus dem Luppen (Eisenschwamm) ausgeschmiedet wurde.
Dieser wird auf einen Stab aufgewickelt, wodurch der sogenannte „Wurm“ entsteht.
Dieser wird von der Stange abgezogen und längsseits auseinandergeschnitten. Dabei entstehen einzelne offene Ringe.
Die Ringe werden zum Vernieten vorbereitet bzw. die Hälfte der Ringe feuergeschweißt.
Die entstandenen Ringe werden miteinander verknüpft.
Die Ringenden werden nun miteinander vernietet. Unvernietete Kettenhemden sind im Fundgut bisher nicht aufgetaucht.
Ein einziges Kettenhemd konnte mehrere Rinder kosten und war dementsprechend wertvoll. An einem Hemd wurde mitunter bis zu einem Jahr gearbeitet.
Das durchschnittliche Gewicht eines einfachen Kettenhemds mit kurzen Armen beträgt etwa 15 Kilogramm.
Neuzeit
Mit dem Verschwinden des Plattenpanzers in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam auch das Ende für die Kettenrüstung. In anderen Kulturkreisen fand die Kettenrüstung aber teilweise noch bis weit in das 19. Jahrhundert hinein Verwendung, vor allem im Orient. Während des Ersten Weltkriegs wurde wieder mit verschiedenen Formen von Rüstungen experimentiert, darunter auch Kettenrüstungsteile. So trugen britische Panzer-Besatzungen einen Gesichtsschutz aus Ketten zum Schutz vor Metallsplittern vom Beschuss. Auch während des Zweiten Weltkriegs kam Kettengeflecht als Schutz vor Splittern der Flakgranaten bei amerikanischen Bomberbesatzungen wieder zum Einsatz. Auf der Suche nach besseren Schutzausrüstungen für Polizei und Armee experimentieren verschiedene Hersteller gegenwärtig wieder mit Abarten von Kettenpanzern in Kombination mit modernen Kunstfasern. Einige Polizeieinheiten wie das SEK München nutzen Kettenhemden, um Messerstecher mit geringerem Risiko überwältigen zu können.
Heute finden Kettenrüstungen im nicht-militärischen Bereich häufig Verwendung im Live Action Role Playing oder bei Reenactment. Die Szene ist in manchen westlichen Ländern groß und brachte zahlreiche Knüpftechniken hervor (wie Dragonscale oder japanische und persische Muster), darunter auch einige speziell für Schmuck aus Kettenringen – etwa Halsketten, Krawatten oder BHs.
Kettenpanzer aus rostfreiem Stahl werden von Aqualungentauchern eingesetzt, die in Gewässern arbeiten, in denen Haie vorkommen. Diese Kettenanzüge - im Englischen unter anderem "shark suit" genannt - werden über dem Tauchanzug getragen.
Auch bei bestimmten Arbeiten, z. B. im Fleischer- oder Metzgerhandwerk, werden z. B. Kettenhandschuhe und -schürzen zum Schutz vor Schnitten mit dem Messer getragen. Diese sind jedoch oft in einem grundsätzlich anderen Verfahren hergestellt.
Akademisches Fechten
Eine Wiederbelebung erfuhr das „Kettenhemd“ in den 1980er Jahren in Mainz als Schutzausrüstung für den Oberkörper beim akademischen Fechten mit scharfen Waffen, der so genannten Mensur. Bis dahin wurde der Oberkörper durch eine Schutzausrüstung aus verstärktem Leder, dem Plastron, vor zu tief angesetzten Hieben geschützt. Diese Plastrons waren sehr dick und steif. Bei einer Bewegung des Fechtarms auf die andere Körperseite („Vorsetzen“) staute sich das Material und behinderte so die Bewegung. Da die neue Lösung die Bewegungsfreiheit des Fechters erhöht, fand sie im studentischen Fechten schnell weite Verbreitung und ist heute allgemein überall üblich. Zum Schutz vor versehentlichem Stechen wird in der Regel eine Kevlarweste unter dem Kettenschutz getragen.
Rost
Entgegen landläufigen Vorstellungen ist Rost für Kettenrüstungen kaum ein Problem, vorausgesetzt, sie werden regelmäßig getragen. Nach Auskunft des Experimentalarchäologen Marcus Junkelmann, der viele Erfahrungen mit Nachbauten römischer Kettenpanzer sammelte, reiben sich die Ringe bei Bewegungen des Trägers unablässig aneinander und scheuern so jeglichen Rost noch im Entstehen ab, nicht einmal Einölen ist erforderlich, selbst bei nassem Wetter oder sogar Einsatz im Wasser. Lediglich ein intensiver schwarzer Eisenabrieb ist festzustellen. Bei unsachgemäßer Lagerung kann ein unbenutzter Panzer aber schnell zu einem einzigen Klumpen zusammenrosten, verschiedene Beispiele sind aus archäologischen Funden erhalten.
Siehe auch
Commons: Kusari (Japanese mail armour) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Tatamidō – japanische Nachahmung europäischer Kettenrüstungen aus der Sengoku-Zeit
Kusari-Katabira - japanische Kettenrüstung
Quelle
Kettenrüstung, Oberhausmuseum, Passau 15.-16. Jahrhundert
Früheste Nachweise sind bisher aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. aus keltischen Gräbern bezeugt.
Die vielen kleinen Bestandteile der Kettenrüstung absorbieren die meisten Schläge und Stöße durch Waffen wie beispielsweise das Schwert, und wurden im Hochmittelalter dadurch zur gängigsten Körperpanzerung.
Ritter in Rüstung und Waffen
Begriff
Der Begriff „Kettenhemd“ ist modernen Ursprungs und wird heute meist nur noch von populärwissenschaftlichen Autoren und umgangssprachlich verwendet. Im wissenschaftlichen Sprachgebrauch bevorzugt man die historisch korrekte Bezeichnung „Ringpanzerhemd“.
Sind die Metallringe auf einem Stoff- oder Lederuntergewand befestigt, verwendet man die allgemeinere Bezeichnung Brünne.[1] Diese Sonderformen der Körperpanzerung beruhen auf Interpretationen der Waffenforscher des 19. und frühen 20. Jahrhunderts und werden von der modernen Fachwissenschaft teilweise abgelehnt.
Im 19. Jahrhundert unterschied man zwischen Ringpanzer- und Kettenhemd. Als Kettenhemden wurden besondere Panzerungen definiert, bei denen schmale Eisenketten direkt auf ein ledernes oder textiles Untergewand aufgenäht wurden. Die Existenz dieser Sonderform gilt nach dem heutigen Stand der Forschung als unwahrscheinlich, da sie bisher – wahrscheinlich aufgrund des vergänglichen Untermaterials – selten durch archäologische Artefakte gesichert sind.
Antike
Antike Darstellung eines keltischen Ringpanzerhemdes. Ungewöhnlich ist die unübliche vertikale Bänderung des Ringgeflechtes
Der genaue Ursprung des Ringpanzers ist nicht bekannt. Aufgrund der archäologischen Fundlage wird dieser aber in Mittel- oder Nordeuropa vermutet. Einen der frühesten Funde von Ringpanzern stellt der Moorfund des Hjortspringboots aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. im heutigen Dänemark dar. Nach Allan Williams stammt der bislang älteste Nachweis eines Ringpanzerhemdes aus einem keltischen Grab im heutigen Rumänien, welches in etwa in den gleichen Zeitraum datiert wird. Als möglichen Vorläufer für diese Rüstungsform nennt dieser Fachautor ein Fragment einer Panzerung aus einem keltischen Grab in Böhmen (wohl 8. Jahrhundert v. Chr.), bei dem die Eisenringe netzartig auf Schnüre aufgefädelt waren.
Die Römer übernahmen diese Rüstungsart wahrscheinlich im 3. Jahrhundert v. Chr. von ihren nördlichen Nachbarn und verwendeten sie unter der Bezeichnung Lorica Hamata. Mit ihren Schulterstücken waren die Loricae Hamatae optisch an den griechischen Linothorax angelehnt. Neben zahlreichen anderen Rüstungsarten wurde die Kettenrüstung in der Spätantike bis zum Untergang des Weströmischen Reichs im 5. Jahrhundert verwendet. Im Oströmischen Reich blieb sie auch weiterhin in Gebrauch. Bei der römischen Kettenrüstung handelte es sich um ein weites Kettenhemd, das bis zur Mitte der Oberschenkel reichen konnte und mit einem verdoppelten Schulterteil versehen war.
Auch im Sassanidenreich wurde das Kettenhemd übernommen.
Die Kettenrüstungen wurden meistens aus Ringen aus Eisendraht gefertigt. Funde legen aber nahe, dass die Römer mitunter auch Bronzeringe verwendeten. Die Ringe wurden dabei oft miteinander vernietet oder verschweißt. Die Römer verwendeten als spezielle Technik ein Geflecht aus abwechselnd verflochtenen und gestanzten Ringen.
Mittelalter
Hochmittelalterliche Ringpanzerungen (David schlägt die Philister, Maciejowski Bibel, um 1240/50)
Turnierszene aus dem Codex Manesse. Der Herzog von Anhalt und seine Gegner in der hochmittelalterlichen Primärrüstung
Nach dem Zusammenbruch des Weströmischen Reichs gab es lange Zeit keine nennenswerte Rüstungsindustrie auf europäischem Boden (außer in Byzanz), was den Wert einer Kettenrüstung noch erhöhte. Die Kettenrüstung war im Frühmittelalter im Großteil Europas deshalb weniger verbreitet. Man kennt sie zur Zeit der Völkerwanderungen vor allem aus den Gräbern hochrangiger Fürsten, etwa aus Planig und Gammertingen. Darüber hinaus waren die Spangenhelme dieser Zeit zum Teil mit einem Nackenschutz aus Kettengeflecht versehen.[2] Neben Kettenrüstungen existierten im Frühmittelalter diverse Arten von günstigeren Textil- und Lederrüstungen, Lamellenrüstungen zudem Schuppenpanzer. Letzterer bot außerdem besseren Schutz gegen Wuchtattacken, da er etwas starrer war, insgesamt war er jedoch dem Kettenhemd unterlegen. Im Gegensatz zur römischen Kettenrüstung bedeckte die Kettenrüstung des Mittelalters immer größere Teile des Körpers. Im 12. und 13. Jahrhundert wurde das Kettenhemd zu einer wichtigen Rüstungsform der Ritter. Neben dem Kettenpanzer trug man Kettenhandschuhe, den Topfhelm und die Helmbrünne.
Eine komplette mittelalterliche Kettenrüstung, die einen Großteil des Körpers schützte, bestand aus mehreren zehntausend Stahlringen, die miteinander vernietet wurden, um ein Aufplatzen der Ringe – etwa durch Pfeilschüsse – zu erschweren. Deshalb war es äußerst aufwändig, eine solche Rüstung herzustellen, was sich auch im Preis widerspiegelte. Eine Kettenrüstung konnte so viel kosten wie mehrere Dutzend Rinder, weshalb es sich zunächst nur wohlhabende Adlige – und manchmal auch Geistliche – leisten konnten, eine solche Rüstung zu erwerben. Die Hersteller von Kettenrüstungen wurden in Deutschland Panzermacher oder Sarwürker genannt. Die Panzermacher waren zunftgebunden. Vor allem das Deutsche Reich galt als Hochburg dieses Handwerks in Europa.
Ablegen eines Ringpanzerhemdes (Maciejowski-Bibel)
Schädel gefallener Krieger mit Kettenhauben aus einem Massengrab, die bei Waldemar Atterdags Invasion in Visby von 1361 gestorben sind, Fornsalen Museum, Visby (Gotland)
Eine Kettenrüstung bot einen sehr guten Schutz vor Schnittverletzungen, aber gegen wuchtige Hiebe und kraftvolle Stiche half sie wenig. Deshalb gibt es erstmals für das Hochmittelalter sichere Belege dafür, dass unter oder über der Kettenrüstung eine Textilrüstung getragen wurde, die man als Gambeson bezeichnete. Dadurch erhöhte sich der Schutz, den eine Kettenrüstung vor Hieb- und Stichwaffen bot. Die Kombination von Gambeson und Kettenhemd schützte historischen Quellen nach sogar vor Langbögen, Stichattacken und Lanzenangriffen anstürmender Kavalleristen.
Nachteilig an einer Kettenrüstung war die Tatsache, dass ein Großteil ihres Gewichts auf den Schultern des Trägers lastete. Diese Tatsache wurde dadurch ausgeglichen, dass man einen Gürtel um die Hüfte schlang, so dass einiges Gewicht auf den Beckenbereich abgeleitet wurde. Außerdem bot sie auch in Verbindung mit einem Gambeson nur wenig Schutz gegen Streitaxthiebe, Streitkolben und Armbrustbolzen.
Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts ging man dazu über, die Kettenrüstung nach und nach durch Metallplatten zu verstärken oder zu ersetzen. Diese Entwicklung war um das Jahr 1400 abgeschlossen und resultierte in dem Plattenpanzer. Sie lässt sich durch vielfältige soziologische, ökonomische und wissenschaftliche Veränderungen erklären. Die Vorstellung, Plattenpanzer seien in einem „Waffenrennen“ entstanden, ist von einem modernen Blickpunkt beeinflusst, durch Erfahrungen in der Kriegsführung im 20. Jahrhundert. Tatsächlich waren durch neue Entwicklungen (Hochöfen und die Nutzung von Wasserkraft beim Schmieden) und die Vergrößerung der Städte die Bildung spezialisierter Plattnereien überhaupt erst möglich geworden. Die neuen Rüstungen waren wesentlich preiswerter: Ein Plattenpanzer war im 15. Jahrhundert günstiger als ein Kettenhemd, denn ein Kettenhemd herzustellen dauert mehrere Monate, eine Brustplatte hingegen brauchte nur zwei Tage. Hinzu kommt, dass in der Kriegsführung die Infanterie immer wichtiger wurde, genau wie Berufssoldaten und Söldner (Zum Beispiel die Landsknechte und Schweizer Pikeniere). Selbst schwere Kavalleristen wie die französischen Gendarmen waren nicht mehr exklusiv Adlige. Man war also auf der Suche nach Möglichkeiten, viele Menschen günstig zu rüsten.
Da ein Plattenpanzer aber möglichst flexibel sein musste, blieben bestimmte Körperteile wie die Achseln und der Genitalbereich ungeschützt. Deshalb trug man noch längere Zeit nach Aufkommen des Plattenpanzers ein Kettenhemd unter dem Harnisch, oder man schützte zumindest die Lücken, die der Plattenpanzer ließ, durch Kettengeflecht. Bei einfachem Fußvolk war es z.B. während des 16. Jahrhunderts üblich, einen Hals- und Nackenschutz aus Kettengeflecht – den so genannten Bischofskragen – zu verwenden. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts kam zwar ein Genitalschutz für Plattenpanzer – die so genannte Brayette – auf, diese konnte aber auf dem Rücken eines Pferdes nicht getragen werden, weshalb auch in diesem empfindlichen Bereich manchmal noch Ketten verwendet wurden. Auch in Fechtkämpfen kam es noch längere Zeit vor, dass man unter der Kleidung ein Kettenhemd trug. Nahezu vollständig erhaltene früh- und hochmittelalterliche Kettenhemden sind nur in sehr geringer Stückzahl bis in die Gegenwart erhalten (Panzerhemd des Hl. Wenzel, Prag, Veitsdom, um 900/10). Die meisten Exemplare in den Museen und Sammlungen stammen aus dem Spätmittelalter oder der frühen Neuzeit oder entstanden gar erst im 19. Jahrhundert in oft hervorragender handwerklicher Qualität.
Herstellung
Ausgangsmaterial eines Kettenhemds ist der Draht, meist 1–2 mm, der zuvor aufwändig nach der Verhüttung aus dem Luppen (Eisenschwamm) ausgeschmiedet wurde.
Dieser wird auf einen Stab aufgewickelt, wodurch der sogenannte „Wurm“ entsteht.
Dieser wird von der Stange abgezogen und längsseits auseinandergeschnitten. Dabei entstehen einzelne offene Ringe.
Die Ringe werden zum Vernieten vorbereitet bzw. die Hälfte der Ringe feuergeschweißt.
Die entstandenen Ringe werden miteinander verknüpft.
Die Ringenden werden nun miteinander vernietet. Unvernietete Kettenhemden sind im Fundgut bisher nicht aufgetaucht.
Ein einziges Kettenhemd konnte mehrere Rinder kosten und war dementsprechend wertvoll. An einem Hemd wurde mitunter bis zu einem Jahr gearbeitet.
Das durchschnittliche Gewicht eines einfachen Kettenhemds mit kurzen Armen beträgt etwa 15 Kilogramm.
Neuzeit
Mit dem Verschwinden des Plattenpanzers in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam auch das Ende für die Kettenrüstung. In anderen Kulturkreisen fand die Kettenrüstung aber teilweise noch bis weit in das 19. Jahrhundert hinein Verwendung, vor allem im Orient. Während des Ersten Weltkriegs wurde wieder mit verschiedenen Formen von Rüstungen experimentiert, darunter auch Kettenrüstungsteile. So trugen britische Panzer-Besatzungen einen Gesichtsschutz aus Ketten zum Schutz vor Metallsplittern vom Beschuss. Auch während des Zweiten Weltkriegs kam Kettengeflecht als Schutz vor Splittern der Flakgranaten bei amerikanischen Bomberbesatzungen wieder zum Einsatz. Auf der Suche nach besseren Schutzausrüstungen für Polizei und Armee experimentieren verschiedene Hersteller gegenwärtig wieder mit Abarten von Kettenpanzern in Kombination mit modernen Kunstfasern. Einige Polizeieinheiten wie das SEK München nutzen Kettenhemden, um Messerstecher mit geringerem Risiko überwältigen zu können.
Heute finden Kettenrüstungen im nicht-militärischen Bereich häufig Verwendung im Live Action Role Playing oder bei Reenactment. Die Szene ist in manchen westlichen Ländern groß und brachte zahlreiche Knüpftechniken hervor (wie Dragonscale oder japanische und persische Muster), darunter auch einige speziell für Schmuck aus Kettenringen – etwa Halsketten, Krawatten oder BHs.
Kettenpanzer aus rostfreiem Stahl werden von Aqualungentauchern eingesetzt, die in Gewässern arbeiten, in denen Haie vorkommen. Diese Kettenanzüge - im Englischen unter anderem "shark suit" genannt - werden über dem Tauchanzug getragen.
Auch bei bestimmten Arbeiten, z. B. im Fleischer- oder Metzgerhandwerk, werden z. B. Kettenhandschuhe und -schürzen zum Schutz vor Schnitten mit dem Messer getragen. Diese sind jedoch oft in einem grundsätzlich anderen Verfahren hergestellt.
Akademisches Fechten
Eine Wiederbelebung erfuhr das „Kettenhemd“ in den 1980er Jahren in Mainz als Schutzausrüstung für den Oberkörper beim akademischen Fechten mit scharfen Waffen, der so genannten Mensur. Bis dahin wurde der Oberkörper durch eine Schutzausrüstung aus verstärktem Leder, dem Plastron, vor zu tief angesetzten Hieben geschützt. Diese Plastrons waren sehr dick und steif. Bei einer Bewegung des Fechtarms auf die andere Körperseite („Vorsetzen“) staute sich das Material und behinderte so die Bewegung. Da die neue Lösung die Bewegungsfreiheit des Fechters erhöht, fand sie im studentischen Fechten schnell weite Verbreitung und ist heute allgemein überall üblich. Zum Schutz vor versehentlichem Stechen wird in der Regel eine Kevlarweste unter dem Kettenschutz getragen.
Rost
Entgegen landläufigen Vorstellungen ist Rost für Kettenrüstungen kaum ein Problem, vorausgesetzt, sie werden regelmäßig getragen. Nach Auskunft des Experimentalarchäologen Marcus Junkelmann, der viele Erfahrungen mit Nachbauten römischer Kettenpanzer sammelte, reiben sich die Ringe bei Bewegungen des Trägers unablässig aneinander und scheuern so jeglichen Rost noch im Entstehen ab, nicht einmal Einölen ist erforderlich, selbst bei nassem Wetter oder sogar Einsatz im Wasser. Lediglich ein intensiver schwarzer Eisenabrieb ist festzustellen. Bei unsachgemäßer Lagerung kann ein unbenutzter Panzer aber schnell zu einem einzigen Klumpen zusammenrosten, verschiedene Beispiele sind aus archäologischen Funden erhalten.
Siehe auch
Commons: Kusari (Japanese mail armour) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Tatamidō – japanische Nachahmung europäischer Kettenrüstungen aus der Sengoku-Zeit
Kusari-Katabira - japanische Kettenrüstung
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