Rüstungsdeal in Afrika: Merkel versorgt Angola mit Patrouillenschiffen
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Rüstungsdeal in Afrika: Merkel versorgt Angola mit Patrouillenschiffen
Zuerst der Deal mit Saudi-Arabien, jetzt Angola: Deutschland plant das nächste Rüstungsgeschäft. Kanzlerin Merkel sagte dem afrikanischen Staat die Lieferung von Patrouillenschiffen zu. In Berlin reagiert die Opposition empört.
Luanda - Angela Merkel ist die Erste. Noch nie zuvor hat ein deutscher Kanzler nach Angola gefunden. "In goldenen Lettern" werde Merkels Besuch ins Buch der deutsch-angolanischen Beziehungen eingeschrieben, freut sich José dos Santos. Er ist der Präsident dieses an Öl reichen und ansonsten armen Landes, das von seiner Unabhängigkeit 1975 bis zum Jahr 2002 einen blutigen Bürgerkrieg ausgefochten hat.
Der 68-jährige dos Santos, den man getrost einen Autokraten nennen kann, ist schon ein Weilchen im Amt: seit 1979. Er hat sich als wendig erwiesen. Erst war er Partner der Sowjets, seit dem Zusammenbruch der UdSSR orientiert er sich auf dem freien Markt.
Auch deshalb ist die Kanzlerin da. Angola ist wie Kenia und Nigeria - die beiden anderen Stationen von Merkels Afrika-Reise - ein Land mit überdurchschnittlichem Wachstum. Die Hoffnung: Stabilisieren sich diese Länder politisch, bekämpfen sie die Korruption und etablieren den Rechtsstaat, dann strahlt das aus auf den geschundenen Kontinent.
Für Merkel ist Angola keine Terra incognita. Das afrikanische Land war einst sozialistisches Bruderland der DDR, Tausende sogenannte Vertragsarbeiter wurden bis 1989 als Gastarbeiter nach Ostdeutschland geschickt. Daran dürfte Merkel sich gut erinnern. Meist arbeiteten sie in Textilbetrieben, fristeten ansonsten ein karges Leben: Kontakte zu Deutschen unerwünscht, ein Leben in Wohnheimen.
Mancher in der angolanischen Führungsebene scheint die beiden deutschen Staaten von einst noch immer zu vermischen. So betont der angolanische Vizepräsident bei der Begrüßung Merkels das "starke Band der Freundschaft und Solidarität", das das Verhältnis beider Staaten seit den Tagen des Kampfes um die Befreiung Angolas "immer gekennzeichnet" habe.
Angola will neue Waffen
Nun aber soll das Verhältnis auf neue Füße gestellt werden. Angola wächst, dos Santos hat viele Aufträge zu vergeben, unter anderem braucht er Baumaschinen. "Wir würden gern deutsche Maschinen kaufen", sagt er. Und Kriegsgerät, nun ja, braucht das neue Angola auch. Man arbeite seit dem Ende des Bürgerkriegs daran, das Militär "zu modernisieren und umzustrukturieren", sagt der Präsident: "Es laufen Ausschreibungen, wir haben jetzt ein deutsches Angebot für die Kriegsmarine erhalten."
Kriegsmarine? Deutsches Angebot? Daheim kann Merkel damit zurzeit wirklich nicht punkten, hat sie doch wegen des umstrittenen Panzer-Deals mit Saudi-Arabien sogar Kritik aus den eigenen Reihen auf sich gezogen. Und jetzt also Angola, mit dem einst die sozialistischen Brüder aus der DDR am liebsten Waffen gegen Kaffee getauscht hätten?
Damals kam der Deal nicht zustande, ein paar Jahrzehnte später sieht es offenbar besser aus: "Es handelt sich um Patrouillenschiffe für die Grenzsicherung", erläutert die Kanzlerin leicht genervt auf Nachfrage. "Da gibt es ein deutsches Angebot." Dabei handele es sich aber nicht um Aufrüstung. Jedes Land müsse eben seine Grenzen schützen.
Mitten hinein ins sich anbahnende Sommerloch platziert Merkel damit erneut eine Rüstungsgeschichte. Dabei war es nicht einmal dos Santos, der die Sprache darauf brachte. Es war Merkel selbst, als sie am Mittwochmorgen vor angolanischen Wirtschaftsvertretern etwas kryptisch bemerkte, Deutschland wolle den Angolanern auch "bei der Ertüchtigung" ihrer Marine helfen.
Opposition empört
In der Heimat sorgte der Rüstungsdeal denn auch umgehend für Empörung bei der Opposition: Das Angebot von Merkel widerspreche den deutschen Rüstungsexportrichtlinien, wetterte der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich im "Kölner Stadt-Anzeiger". Er verwies auf die Einschätzung des Auswärtigen Amtes, wonach die Menschenrechtslage in dem afrikanischen Land schlecht sei. Grünen-Chefin Claudia Roth schimpfte, Merkel wolle "nach dem Panzerdeal offenbar erneut eiskalt die bindenden Regelungen zum Rüstungsexport verletzen".
Dass Merkel den gewünschten Marine-Deal von sich aus öffentlich zur Sprache gebracht hat, dürfte auch Friedrich Lürßen überrascht haben. Lürßen ist der Chef der Bremer Lürssen Werft. Er ist in Merkels Wirtschaftsdelegation mitgereist. Jetzt steht er im Garten des Präsidentenpalasts unter Palmen, nebenan der Tennisplatz des Herrschers mit angeschlossenem Pool und einer als Drache stilisierten Kinderrutsche.
Es wirkt alles reichlich skurril. Ja, sagt Lürßen, schon zu Zeiten der Großen Koalition habe der Bundessicherheitsrat die grundsätzliche Genehmigung für den Handel mit Angola gegeben. Es geht um sechs bis acht Patrouillenboote, entweder 28 oder 41 Meter lang. Kostenpunkt: Zehn bis 25 Millionen Euro pro Boot. Merkel sagt später sogar noch, dass man an diesem Mittwoch eigentlich ein Memorandum of Understanding habe unterzeichnen wollen - "jetzt dauert es noch ein bisschen".
Die Kanzlerin sucht das Angebot in den Kontext einzuordnen: Angola gehöre zu jenen Ländern in Afrika, die sich für Stabilität einsetzten. So habe Deutschland ein Interesse daran, dass Afrika über Streitkräfte verfüge, die die Konflikte des Kontinents auch selbst befrieden könnten. Deutschland sei auch bereit, wenn gewünscht, bei der Ausbildung von Soldaten zu helfen.
Dass sich Merkel so offensiv bei einem Rüstungsgeschäft gibt, ist nicht die erste Überraschung an diesem Tag in Angola. Auch ihr Umgang mit dos Santos ist freundlicher als im Vorfeld anzunehmen war. Natürlich trifft sie sich auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft, sogar mit dem Vorsitzenden der Oppositionspartei.
Doch gegenüber dos Santos spricht sie dezidiert von "politischer Partnerschaft". "Bei allen Defiziten strengt sich Angola an", sagt sie. Dos Santos erachte es als legitim, berichtet sie aus ihrem Gespräch mit dem Präsidenten, "dass die Opposition auch mal an die Macht kommen möchte". Merkel ist bereit, dem Mann die Hand zu reichen. In der Hoffnung auf Gegenleistungen: mehr Demokratie, mehr Rechtsstaat, wirtschaftliche Kooperation.
Für Merkel ist das Glas nicht halbleer, sondern halbvoll. Geht sie damit zu weit? Die Wahlen von 2008, bei denen dos Santos knapp 82 Prozent holte, nennt sie "frei und demokratisch".
Dabei heißt es selbst im Länderbericht der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung zu Angola, man könne den Urnengang von 2008 "insgesamt als nur teilweise frei, keinesfalls aber als fair bezeichnen".
Quelle
Luanda - Angela Merkel ist die Erste. Noch nie zuvor hat ein deutscher Kanzler nach Angola gefunden. "In goldenen Lettern" werde Merkels Besuch ins Buch der deutsch-angolanischen Beziehungen eingeschrieben, freut sich José dos Santos. Er ist der Präsident dieses an Öl reichen und ansonsten armen Landes, das von seiner Unabhängigkeit 1975 bis zum Jahr 2002 einen blutigen Bürgerkrieg ausgefochten hat.
Der 68-jährige dos Santos, den man getrost einen Autokraten nennen kann, ist schon ein Weilchen im Amt: seit 1979. Er hat sich als wendig erwiesen. Erst war er Partner der Sowjets, seit dem Zusammenbruch der UdSSR orientiert er sich auf dem freien Markt.
Auch deshalb ist die Kanzlerin da. Angola ist wie Kenia und Nigeria - die beiden anderen Stationen von Merkels Afrika-Reise - ein Land mit überdurchschnittlichem Wachstum. Die Hoffnung: Stabilisieren sich diese Länder politisch, bekämpfen sie die Korruption und etablieren den Rechtsstaat, dann strahlt das aus auf den geschundenen Kontinent.
Für Merkel ist Angola keine Terra incognita. Das afrikanische Land war einst sozialistisches Bruderland der DDR, Tausende sogenannte Vertragsarbeiter wurden bis 1989 als Gastarbeiter nach Ostdeutschland geschickt. Daran dürfte Merkel sich gut erinnern. Meist arbeiteten sie in Textilbetrieben, fristeten ansonsten ein karges Leben: Kontakte zu Deutschen unerwünscht, ein Leben in Wohnheimen.
Mancher in der angolanischen Führungsebene scheint die beiden deutschen Staaten von einst noch immer zu vermischen. So betont der angolanische Vizepräsident bei der Begrüßung Merkels das "starke Band der Freundschaft und Solidarität", das das Verhältnis beider Staaten seit den Tagen des Kampfes um die Befreiung Angolas "immer gekennzeichnet" habe.
Angola will neue Waffen
Nun aber soll das Verhältnis auf neue Füße gestellt werden. Angola wächst, dos Santos hat viele Aufträge zu vergeben, unter anderem braucht er Baumaschinen. "Wir würden gern deutsche Maschinen kaufen", sagt er. Und Kriegsgerät, nun ja, braucht das neue Angola auch. Man arbeite seit dem Ende des Bürgerkriegs daran, das Militär "zu modernisieren und umzustrukturieren", sagt der Präsident: "Es laufen Ausschreibungen, wir haben jetzt ein deutsches Angebot für die Kriegsmarine erhalten."
Kriegsmarine? Deutsches Angebot? Daheim kann Merkel damit zurzeit wirklich nicht punkten, hat sie doch wegen des umstrittenen Panzer-Deals mit Saudi-Arabien sogar Kritik aus den eigenen Reihen auf sich gezogen. Und jetzt also Angola, mit dem einst die sozialistischen Brüder aus der DDR am liebsten Waffen gegen Kaffee getauscht hätten?
Damals kam der Deal nicht zustande, ein paar Jahrzehnte später sieht es offenbar besser aus: "Es handelt sich um Patrouillenschiffe für die Grenzsicherung", erläutert die Kanzlerin leicht genervt auf Nachfrage. "Da gibt es ein deutsches Angebot." Dabei handele es sich aber nicht um Aufrüstung. Jedes Land müsse eben seine Grenzen schützen.
Mitten hinein ins sich anbahnende Sommerloch platziert Merkel damit erneut eine Rüstungsgeschichte. Dabei war es nicht einmal dos Santos, der die Sprache darauf brachte. Es war Merkel selbst, als sie am Mittwochmorgen vor angolanischen Wirtschaftsvertretern etwas kryptisch bemerkte, Deutschland wolle den Angolanern auch "bei der Ertüchtigung" ihrer Marine helfen.
Opposition empört
In der Heimat sorgte der Rüstungsdeal denn auch umgehend für Empörung bei der Opposition: Das Angebot von Merkel widerspreche den deutschen Rüstungsexportrichtlinien, wetterte der SPD-Außenexperte Rolf Mützenich im "Kölner Stadt-Anzeiger". Er verwies auf die Einschätzung des Auswärtigen Amtes, wonach die Menschenrechtslage in dem afrikanischen Land schlecht sei. Grünen-Chefin Claudia Roth schimpfte, Merkel wolle "nach dem Panzerdeal offenbar erneut eiskalt die bindenden Regelungen zum Rüstungsexport verletzen".
Dass Merkel den gewünschten Marine-Deal von sich aus öffentlich zur Sprache gebracht hat, dürfte auch Friedrich Lürßen überrascht haben. Lürßen ist der Chef der Bremer Lürssen Werft. Er ist in Merkels Wirtschaftsdelegation mitgereist. Jetzt steht er im Garten des Präsidentenpalasts unter Palmen, nebenan der Tennisplatz des Herrschers mit angeschlossenem Pool und einer als Drache stilisierten Kinderrutsche.
Es wirkt alles reichlich skurril. Ja, sagt Lürßen, schon zu Zeiten der Großen Koalition habe der Bundessicherheitsrat die grundsätzliche Genehmigung für den Handel mit Angola gegeben. Es geht um sechs bis acht Patrouillenboote, entweder 28 oder 41 Meter lang. Kostenpunkt: Zehn bis 25 Millionen Euro pro Boot. Merkel sagt später sogar noch, dass man an diesem Mittwoch eigentlich ein Memorandum of Understanding habe unterzeichnen wollen - "jetzt dauert es noch ein bisschen".
Die Kanzlerin sucht das Angebot in den Kontext einzuordnen: Angola gehöre zu jenen Ländern in Afrika, die sich für Stabilität einsetzten. So habe Deutschland ein Interesse daran, dass Afrika über Streitkräfte verfüge, die die Konflikte des Kontinents auch selbst befrieden könnten. Deutschland sei auch bereit, wenn gewünscht, bei der Ausbildung von Soldaten zu helfen.
Dass sich Merkel so offensiv bei einem Rüstungsgeschäft gibt, ist nicht die erste Überraschung an diesem Tag in Angola. Auch ihr Umgang mit dos Santos ist freundlicher als im Vorfeld anzunehmen war. Natürlich trifft sie sich auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft, sogar mit dem Vorsitzenden der Oppositionspartei.
Doch gegenüber dos Santos spricht sie dezidiert von "politischer Partnerschaft". "Bei allen Defiziten strengt sich Angola an", sagt sie. Dos Santos erachte es als legitim, berichtet sie aus ihrem Gespräch mit dem Präsidenten, "dass die Opposition auch mal an die Macht kommen möchte". Merkel ist bereit, dem Mann die Hand zu reichen. In der Hoffnung auf Gegenleistungen: mehr Demokratie, mehr Rechtsstaat, wirtschaftliche Kooperation.
Für Merkel ist das Glas nicht halbleer, sondern halbvoll. Geht sie damit zu weit? Die Wahlen von 2008, bei denen dos Santos knapp 82 Prozent holte, nennt sie "frei und demokratisch".
Dabei heißt es selbst im Länderbericht der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung zu Angola, man könne den Urnengang von 2008 "insgesamt als nur teilweise frei, keinesfalls aber als fair bezeichnen".
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