Die SAG (Sowjetische Aktiengesellschaft) oder ab 1954 SDAG Wismut (Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft)
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Die SAG (Sowjetische Aktiengesellschaft) oder ab 1954 SDAG Wismut (Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft)
Die SAG (Sowjetische Aktiengesellschaft) oder ab 1954 SDAG Wismut (Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft) war ein Bergbauunternehmen, das sich zwischen 1946 und 1990 zum weltweit viertgrößten Produzenten von Uran nach der UdSSR, den USA und Kanada entwickelte.[1] Das auf dem Territorium der Sowjetischen Besatzungszone und DDR an Standorten in Sachsen und Thüringen geförderte und aufbereitete Uran war die Rohstoffbasis der sowjetischen Atomindustrie. Das Nachfolgeunternehmen Wismut GmbH ist als Bundesunternehmen mit der Sanierung und Rekultivierung der Hinterlassenschaften des Wismut-Bergbaus betraut.
Bergarbeiter SDAG Wismut, 1957
Standorte der Wismut
Geschichte im Überblick
Beginn von Erkundung und Abbau
typisches kobalt- und uranführendes Erz aus dem Erzgebirge
Die Geschichte des Urans ist mit keiner anderen Region der Welt so eng verknüpft wie mit dem sächsisch-böhmischen Erzgebirge. Der Bergbau im Erzgebirge setzte ab dem 12. Jahrhundert mit Silber und Zinn ein; es folgte die Gewinnung weiterer Mineralien. Vor allem in den Silber-Kobalt-Bergwerken im Westerzgebirge war schon seit dem 16. Jahrhundert ein schwarzes, schweres, nutzloses Mineral bekannt, das verschiedentlich dem Eisen oder Zink zugeordnet wurde. Es entstand der Name „Pechblende“ für dieses Mineral. Als Typlokalität für die Pechblende (bzw. Uraninit) wird Joachimsthal (heute: Jáchymov) im böhmischen Teil des Erzgebirges angegeben.[2]
Der Berliner Chemiker Martin Heinrich Klaproth bearbeitete 1789 Material aus der Johanngeorgenstädter Grube Georg Wagsfort und entdeckte darin das Element Uran. Im 19. Jahrhundert wurde Uran in einigen erzgebirgischen Gruben als Nebenprodukt für die Farbenherstellung gewonnen. In Joachimsthal erreichte dies industrielle Ausmaße; es handelt sich dort um den ersten Uranbergbau (Uran als Hauptprodukt) weltweit. Bis 1898 waren wissenschaftlich 21 Uranminerale bekannt, davon wurden 14 im Erzgebirge zum ersten Mal beschrieben.[3]
Das Erzgebirge war fast monopolartig Quelle für Uran in der wissenschaftlichen Forschung jener Zeit: Marie und Pierre Curie nutzten große Mengen von Aufbereitungsrückständen aus Joachimsthal für ihre Entdeckung des Poloniums und des Radiums.[4] Dies hatte große Auswirkungen: Zum einen begann man in Joachimsthal mit der Gewinnung von Radium parallel zur Farbenproduktion, zum zweiten nutzte man stark radioaktive Wässer aus den Gruben zum Aufbau eines bis heute andauernden Kurbetriebes. Vor allem Letzteres weckte Begehrlichkeiten in Sachsen, und der Freiberger Professor Carl Schiffner startete Anfang des 20. Jahrhunderts ein intensives Erkundungsprogramm auf radioaktive Quellen und Mineralvorkommen im Erzgebirge. Die stärkste Quelle fand er in Oberschlema im Marx-Semler-Stolln, was zum Aufbau des dortigen Kurzentrums führte.
Die detaillierten Untersuchungen von Schiffner waren hochwertiges Ausgangsmaterial für die sowjetischen Experten in der Sowjetischen Besatzungszone nach dem Zweiten Weltkrieg. Einen direkten Uranbergbau gab es in Sachsen vor dem Zweiten Weltkrieg nicht; die Produktion war auf eine geringe Beigewinnung von Uran aus den westerzgebirgischen Kobalt-Wismut-Nickel-Gruben beschränkt. Versuche, eine Urangrube z. B. in Niederschlag zu eröffnen, blieben in den 1920er und 1930er Jahren erfolglos.
Mit Ende des Zweiten Weltkriegs kamen unverzüglich sowjetische Experten ins Land. Diese sollten zuerst den Stand der deutschen Atomforschung untersuchen. Das Auffinden von mehr als 100 t Uranoxid in Neustadt-Glewe war ein großer Sprung für das sowjetische Nuklearprogramm.[4] Gleichzeitig nahmen Untersuchungen im Erzgebirge ihren Anfang, um natürliche Uranvorkommen zu finden. Im wieder tschechoslowakischen Joachimsthal lief die Produktion, nun für die Sowjetunion, ohne Unterbrechung weiter. Anlaufstelle in Sachsen war zuerst Freiberg mit dem Bergarchiv und der Bergakademie. Obwohl viele Uranvorkommen in Sachsen bekannt waren, gab es keine entsprechenden wirtschaftlichen Betrachtungen zur Größe der Vorkommen. Die Professoren Dr. Schumacher und Gustav Aeckerlein[5] an der Bergakademie erstellten im Auftrag der Sowjetunion eine Analyse zu den Uranressourcen des Erzgebirges und kamen zu einem ernüchternden Ergebnis von gerade einmal achtzig bis neunzig Tonnen Uran für Johanngeorgenstadt als Ort mit dem höchsten zu erwartenden Potential.
Am 14. September 1945 wurde durch die 9. Verwaltung des Ministeriums des Innern der UdSSR die „Sächsische Erkundungsexpedition (Sächsische Erzsuchabteilung)“ gegründet, die Uranlagerstätten im Erzgebirge suchen sollte. Diese Abteilung stand unter militärischer Leitung und wurde unter der Feldpostnummer 27304 der Roten Armee geführt. Bergbauanlagen wurden dazu teilweise von der 1937 gegründeten Sachsenerz Bergwerks GmbH übernommen. Im Abschlussgutachten vom 16. März 1946 wurde für Johanngeorgenstadt 22,2 t und für Schneeberg 10 t Uran ausgewiesen und die unverzügliche Aufnahme der Uranförderung in beiden Revieren empfohlen. Die im April 1946 gegründete „Gewinnungs- und Erkundungsexpedition“ (Sächsische Gewinnungs- und Erkundungsgruppe) setzte die begonnenen Arbeiten fort und erweiterte sie auf die Standorte Annaberg und Marienberg. Am 29. Juli 1946 wurde auf Beschluss des Ministerrates der UdSSR die Gewinnung- und Erkundungsexpedition in die „Sächsische Bergbauverwaltung“, dem Vorläufer der späteren Generaldirektion der Wismut AG, umgebildet. Während 1946 schon 15,7 t Uran gefördert wurden, stieg das Ausbringen 1947 bereits auf 145 t Uran an, und die Wismut wurde damit zum wichtigsten Uranproduzenten im Machtbereich der UdSSR.
Die Uranproduktion im sowjetischen Einflussbereich zwischen 1945 und 1950 in Tonnen[6] Jahr UdSSR SBZ/DDR ČSR Bulgarien Polen
1945 14,6
1946 50,0 15,0 18,0 26,6
1947 129,3 150,0 49,1 7,6 2,3
1948 182,5 321,2 103,2 18,2 9,3
1949 278,6 767,8 147,3 30,3 43,3
1950 416,9 1224,0 281,4 70,9 63,6
Wismut AG (1947–53)
Die Unternehmenszentrale in Chemnitz
Im Mai 1947 erteilte die SMAD den Befehl Nr. 128, der die Überführung mehrerer sächsischer Bergbauanlagen in sowjetisches Eigentum und die Anrechnung auf das Reparationskonto der UdSSR enthielt. Die Wismut AG (mit Sitz in Moskau) erhielt die im Befehl Nr. 131 der SMA Sachsen (Sowjetische Militäradministration Sachsen) vom 30. Mai 1947 bezeichneten Bergbauverwaltungen Schneeberg, Johanngeorgenstadt, Annaberg-Buchholz, Marienberg, Lauter und das Aufbereitungswerk Pechtelsgrün als Grundausstattung. Die am 4. Juni in Moskau gegründete deutsche Zweiggesellschaft hatte ihren Sitz in Aue, wo sie am 2. Juli 1947 im Handelsregister eingetragen wurde. Der Eintrag lautete: Staatliche Aktiengesellschaft der Buntmetallindustrie „Wismut“, Aue, Zweiggesellschaft der unter der gleichen Firma in Moskau bestehenden Hauptgesellschaft. Gegenstand des Unternehmens: Die Gewinnung, das Schürfen und der Absatz bunter Metalle, wie innerhalb des Gebietes der UdSSR, so auch im Ausland. Grundkapital: 50.000.000 Rubel. Aktiengesellschaft. (Auszug).[6] Ihr erster Generaldirektor wurde Generalmajor Michail Mitrofanowitsch Malzew. Dieser hatte schon im September 1946 die Leitung der Sächsischen Bergbauverwaltung übernommen. Im Jahr 1948 wurde der Sitz der Gesellschaft nach Chemnitz-Siegmar in das Rathaus in der Rathausstraße 5 verlegt.[7] Im Jahr 1952 wurde der Firmensitz in das an der Jagdschänkenstraße 29 neuerbaute Verwaltungsgebäude verlegt. Auch die Nachfolgegesellschaften SDAG Wismut und Wismut GmbH behielten diesen Sitz bei. Die Wismut AG unterstand zuerst direkt der sowjetischen Verteidigungsindustrie, später dem sowjetischen Ministerium für mittleren Maschinenbau.
Auf die positiven Resultate der Erkundung im Jahr 1946 und die darauf einsetzenden Gewinnungsarbeiten folgte ein hoher Bedarf an deutschen Arbeitskräften, die – nach der zu dieser Zeit gängigen Praxis – durch Arbeitsverpflichtungen (Alliierter Kontrollratsbefehl Nr. 3 vom 17. Januar 1946) sowie intensive Werbemaßnahmen dem Bergbau zugeführt wurden. So wurden von Oktober 1946 bis Dezember 1947 43.590 Arbeitskräfte zur Arbeit für die Wismut AG gezwungen, davon 31.626 aus dem Land Sachsen.[6] Politische oder Kriegsgefangene waren von dieser Maßnahme – anders als im frühen tschechoslowakischen Uranbergbau – nicht betroffen. Heftige Auseinandersetzungen zwischen der sächsischen Bergverwaltung, dem MWD, der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) und der für das sowjetische Atombombenprojekt zuständigen Hauptverwaltung beim Ministerrat der UdSSR führten sehr zeitig zu Korrekturen der Zwangspraktiken, die daraufhin eingeschränkt und bald darauf ganz abgeschafft wurden. Auf der anderen Seite erfolgte Anfang der 1950er eine Verschärfung der Objektbewachung sowie der Überwachung der Belegschaft, in deren Folge hunderte Bergleute wegen kleinerer Vergehen mit drakonischen Strafen belegt wurden. Darüber hinaus wurden mindestens 70 Wismut-Mitarbeiter allein in den Jahren 1951 bis 1953 als vermeintliche Spione in die Sowjetunion verschleppt und dort hingerichtet.[8]
Abgesichert von Truppen des sowjetischen MWD kam die Produktion gut voran und erreichte 1950 erstmals mehr als eintausend Tonnen Uran pro Jahr. Bis zum Ende dieses Jahres hat die Wismut und der ihr vorangegangene Bergbau rund 2500 t Uran an die Sowjetunion geliefert, gegenüber einer sowjetischen Eigenproduktion von etwa 1000 t Uran sowie weiteren rund 850 t aus der Tschechoslowakei, Bulgarien und Polen.[6] Etwa ab Mitte 1949 dehnte sich das Arbeitsgebiet der Wismut auch nach Thüringen aus, in dessen südlichen und östlichen Teilen man auf Uran stieß. Neben den eigentlichen Bergbau- und Aufbereitungsanlagen übernahm oder gründete die Wismut auch Maschinenbau-, Instandhaltungs- und Versorgungsbetriebe. Einzelne Schächte und Betriebe wurden zu sogenannten „Objekten“ zusammengefasst, von denen 1953 22 im Süden der DDR bestanden. Am 22. August 1953 unterzeichneten die Regierungen der UdSSR und der DDR ein Abkommen, in dem die beiden Regierungen die Liquidierung des deutschen Zweiges der Wismut AG und die Neugründung der „Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft Wismut“ beschlossen. Die Gesamtproduktion der Wismut AG bis zu ihrer Liquidierung am 31. Dezember 1953 lag bei rund 10.000 t Uran.[6]
SDAG Wismut (1954–1991)
Nachdem bis 1953 alle SAG vornehmlich in Volkseigene Betriebe überführt wurden, wurde die Wismut AG liquidiert und als Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG) neu gegründet, die bis 1991 existierte. Die SDAG übernahm alle Anlagen der Wismut AG, wurde aber nicht deren Rechtsnachfolger. Das Aktienkapital wurde zur Gründung auf zwei Milliarden Mark festgesetzt, wobei die DDR und die UdSSR einen Anteil von je einer Milliarde Mark besaßen. Die DDR musste ihren Aktienanteil allerdings in Raten von jeweils 200 Mio. Mark pro Jahr von der UdSSR kaufen.[6] Der Hauptsitz der Gesellschaft wurde von der Wismut AG in Karl-Marx-Stadt/Siegmar übernommen (Chemnitz). Die SDAG nahm ihre wirtschaftliche Tätigkeit am 1. Januar 1954 auf. Zu diesem Tag standen 32.632 t Uran in der Vorratsbilanz der Wismut. In den Jahren 1962, 1968 und 1975 wurden zwischen der DDR und der UdSSR mehrere Abkommen zur Verlängerung der Tätigkeit der SDAG Wismut getroffen – das Abkommen von 1975 galt bis zum Jahr 2000.
Die Beschäftigtenzahl, die 1953 mit 132.800 ihren Höhepunkt erreichte, sank bis 1962 auf etwa 45.000 und blieb bis Ende der 1980er Jahre fast unverändert. In den 1950er Jahren wurden auch intensive Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen, was zu einer Verbesserung der Arbeitssituation der Beschäftigten sowie zur Erhöhung der Produktivität führte. So wurden moderne leistungsfähige Schachtanlagen auf den Lagerstätten Ronneburg und Niederschlema geteuft und zwei große zentrale Aufbereitungsbetriebe in Crossen und Seelingstädt eröffnet, die über die Jahre durch Hilfsbetriebe in Aue, Zwickau, Grüna und Karl-Marx-Stadt erweitert wurden. Außerdem wurden die Bergleute untertage mit modernerer Technik ausgestattet. In den 1960er Jahren verfügte die Wismut über einen technischen Stand, der dem weltweiten Niveau gleichartiger Bergbauunternehmen entsprach. In diesen Zeitraum fielen auch die Entdeckungen der letzten beiden bedeutenden Uranlagerstätten in Königstein (Sächsische Schweiz) und Pöhla.
Anfang der 1970er Jahre hatte sich die SDAG das Ziel gesetzt, Uran zu Weltmarktpreisen zu produzieren. Allerdings verschlechterte sich die Vorratssituation ab Mitte der 1970er Jahre. Bis 1976 konnte durch stete Erkundung der Vorratsstand ständig erhöht werden, in den nachfolgenden Jahren hingegen überstieg die Vorratslöschung die Menge der neu erkundeten Vorräte. Da darüber hinaus auch die Weltmarktpreise sanken, konnte dieses Ziel letztendlich niemals erreicht werden.
1989 stellten der Bergbaubetrieb „Willy Agatz“ in Freital sowie die Aufbereitungsanlage Crossen ihren Betrieb ein. Im gleichen Jahr wurde beschlossen, auch die Uranförderung des Bergbaubetriebes Beerwalde auf der Ronneburger Lagerstätte einzustellen. Die politischen Geschehnisse überholten allerdings die Planung für die SDAG Wismut. Im Jahr 1990 einigten sich die DDR und die UdSSR darauf, die Tätigkeit der SDAG Wismut zum 1. Januar 1991 einzustellen, was die meisten der zehntausend Beschäftigten ihren Arbeitsplatz kostete. Da sich die UdSSR bereits 1990 weigerte, vereinbarte Uranlieferungen abzunehmen und zu bezahlen, geriet die SDAG in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten. Die drohende Zahlungsunfähigkeit konnte nur unter Aufnahme von Krediten, die durch Bundesbürgschaften ermöglicht wurden, abgewendet werden.
Mit der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 ging der DDR-Anteil der SDAG auf die Bundesrepublik Deutschland über, wodurch ab diesem Zeitpunkt die Verantwortlichkeit beim Bundesministerium für Wirtschaft lag. Am 16. Mai 1991 wurde zwischen der Bundesrepublik und der UdSSR ein Abkommen getroffen, mit dem die sowjetischen Anteile des Unternehmens unentgeltlich an die Bundesrepublik übergingen. Das Abkommen trat am 20. Dezember 1991 in Kraft, am darauffolgenden Tag löste sich die Sowjetunion auf. Um langwierige Verhandlungen zu vermeiden, hatte die Bundesrepublik darauf verzichtet, auf eine Beteiligung der UdSSR an den Sanierungsmaßnahmen zur Wiedernutzbarmachung der ehemaligen Betriebsflächen zu bestehen.
Am 18. Dezember 1991 trat das durch den Bundestag beschlossene „Wismut-Gesetz“[9] in Kraft, das die Umwandlung der SDAG in eine bundeseigene GmbH regelte. Bereits zwei Tage zuvor trat der Vorstand der SDAG Wismut zum letzten Mal zusammen und entband die Generaldirektion sowie sich selbst von seinen Aufgaben.
Gesamtproduktion
Zwischen 1946 und Ende 1990 lieferten die Aufbereitungsbetriebe der SDAG Wismut und ihrer Vorläufer 216.300t Uran.[10] Die Bergbaubetriebe selbst hatten im gleichen Zeitraum Gewinnungsumfänge von 231.300t Uran bei einer Ressourcenlöschung von 251.510t.[10][6] Die Differenzen stellen Gewinnungsverluste während des Abbaus, Transport und der Aufbereitung der Erze dar. Damit lieferte die DDR etwa ein Drittel des im sowjetischen Einflussbereich geförderten Urans bis 1990.[11]
Die letzte Vorratsbilanz der SDAG Wismut lag zum 1. Januar 1991 vor. Diese nannte gelöschte Vorräte in Höhe von 251.510 t Uran, Bilanzvorräte von 57.922 t Uran sowie prognostische Ressourcen von 74.079 t Uran.[6]
Nach 1990 fand in Ronneburg, Niederschlema-Alberoda und Pöhla ein geringer „Entsorgungsbergbau“ statt, um die Kontaktfläche zwischen anstehendem Uranerz und dem späteren Flutungswasser zu minimieren. In Königstein fällt bei der Grubenwasseraufbereitung bis heute Uran an, das durch Verkauf „entsorgt“ wird. Im Rahmen des Sanierungsbergbaus wurden zwischen 1991 und 2011 an allen Standorten insgesamt 3.089 t Uran gewonnen und durch Verkauf Erlöse in Höhe von ca. 67 Millionen Euro erzielt.[12]
Wismut GmbH (ab 1991)
Durch den Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR vom 16. Mai 1991 ging auch der bis dahin sowjetische Anteil der SDAG Wismut auf Deutschland über. Die Aktiengesellschaft wurde in das Sanierungsunternehmen Wismut GmbH umgewandelt, von dem Anfang 1992 die umfangreichen Neben- und Hilfsbetriebe als Deutsche Fertigungs- und Anlagenbaugesellschaft mbH (DFA) abgespalten wurden. Einzelne Teile der DFA wurden bis 1995 privatisiert, die Restgesellschaft ging danach in Liquidation.
Gesellschafter der Wismut GmbH ist die Bundesrepublik Deutschland, welche durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vertreten wird. Seit der Gründung 1991 befindet sich der Sitz des Unternehmens in Chemnitz/Sachsen. Die ca. 1.100 Beschäftigten der Wismut stellen sich mit der Sanierung der Uranbergbauhinterlassenschaften einer der größten ökologischen und technischen Herausforderungen.
Das grundlegende Ziel der Wismut GmbH besteht bis heute darin, im Interesse der in den betroffenen Gebieten lebenden Menschen eine ökologisch sinnvolle Sanierung der Wismut-Standorte durchzuführen und akzeptable Umweltverhältnisse zu schaffen. Für dieses weltweit einmalige Großprojekt stellte die Bundesregierung Haushaltsmittel in Höhe von ca. 13 Milliarden DM über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren zu Verfügung. Etwa 1,5 Milliarden DM entfielen davon auf die Standorte Schlema-Alberoda(Schacht 371) und Pöhla. Die Sanierungsziele wurden von den geltenden gesetzlichen Vorschriften und nationalen und internationalen Empfehlungen abgeleitet. Vordringlich nach Einstellung der Uranproduktion war zunächst:
die Abwehr der unmittelbaren Gefährdung der Bevölkerung und Schutzgüter Luft, Wasser und Boden
eine Bestandsaufnahme der durch den Bergbau eingetretenen Schädigungen der Umwelt
die Entwicklung eines tragfähigen Konzeptes für eine systematische Langzeitsanierung
Bis Ende 2011 wurden Sanierungsmaßnahmen für rund 5,5 Milliarden Euro aus Bundesmitteln umgesetzt.[13] Zur Wismut GmbH gehörte das 2002 gegründete Tochterunternehmen Wisutec GmbH (Wismut Umwelttechnik GmbH), das für die Vermarktung von Sanierungstechnologien verantwortlich war. Am 17. Mai 2010 wurde die Wisutec von der G.E.O.S. Ingenieurgesellschaft mbH übernommen.[14]
Weiteres zu diersen Thema im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wismut_%28Unternehmen%29
Bergarbeiter SDAG Wismut, 1957
Standorte der Wismut
Geschichte im Überblick
Beginn von Erkundung und Abbau
typisches kobalt- und uranführendes Erz aus dem Erzgebirge
Die Geschichte des Urans ist mit keiner anderen Region der Welt so eng verknüpft wie mit dem sächsisch-böhmischen Erzgebirge. Der Bergbau im Erzgebirge setzte ab dem 12. Jahrhundert mit Silber und Zinn ein; es folgte die Gewinnung weiterer Mineralien. Vor allem in den Silber-Kobalt-Bergwerken im Westerzgebirge war schon seit dem 16. Jahrhundert ein schwarzes, schweres, nutzloses Mineral bekannt, das verschiedentlich dem Eisen oder Zink zugeordnet wurde. Es entstand der Name „Pechblende“ für dieses Mineral. Als Typlokalität für die Pechblende (bzw. Uraninit) wird Joachimsthal (heute: Jáchymov) im böhmischen Teil des Erzgebirges angegeben.[2]
Der Berliner Chemiker Martin Heinrich Klaproth bearbeitete 1789 Material aus der Johanngeorgenstädter Grube Georg Wagsfort und entdeckte darin das Element Uran. Im 19. Jahrhundert wurde Uran in einigen erzgebirgischen Gruben als Nebenprodukt für die Farbenherstellung gewonnen. In Joachimsthal erreichte dies industrielle Ausmaße; es handelt sich dort um den ersten Uranbergbau (Uran als Hauptprodukt) weltweit. Bis 1898 waren wissenschaftlich 21 Uranminerale bekannt, davon wurden 14 im Erzgebirge zum ersten Mal beschrieben.[3]
Das Erzgebirge war fast monopolartig Quelle für Uran in der wissenschaftlichen Forschung jener Zeit: Marie und Pierre Curie nutzten große Mengen von Aufbereitungsrückständen aus Joachimsthal für ihre Entdeckung des Poloniums und des Radiums.[4] Dies hatte große Auswirkungen: Zum einen begann man in Joachimsthal mit der Gewinnung von Radium parallel zur Farbenproduktion, zum zweiten nutzte man stark radioaktive Wässer aus den Gruben zum Aufbau eines bis heute andauernden Kurbetriebes. Vor allem Letzteres weckte Begehrlichkeiten in Sachsen, und der Freiberger Professor Carl Schiffner startete Anfang des 20. Jahrhunderts ein intensives Erkundungsprogramm auf radioaktive Quellen und Mineralvorkommen im Erzgebirge. Die stärkste Quelle fand er in Oberschlema im Marx-Semler-Stolln, was zum Aufbau des dortigen Kurzentrums führte.
Die detaillierten Untersuchungen von Schiffner waren hochwertiges Ausgangsmaterial für die sowjetischen Experten in der Sowjetischen Besatzungszone nach dem Zweiten Weltkrieg. Einen direkten Uranbergbau gab es in Sachsen vor dem Zweiten Weltkrieg nicht; die Produktion war auf eine geringe Beigewinnung von Uran aus den westerzgebirgischen Kobalt-Wismut-Nickel-Gruben beschränkt. Versuche, eine Urangrube z. B. in Niederschlag zu eröffnen, blieben in den 1920er und 1930er Jahren erfolglos.
Mit Ende des Zweiten Weltkriegs kamen unverzüglich sowjetische Experten ins Land. Diese sollten zuerst den Stand der deutschen Atomforschung untersuchen. Das Auffinden von mehr als 100 t Uranoxid in Neustadt-Glewe war ein großer Sprung für das sowjetische Nuklearprogramm.[4] Gleichzeitig nahmen Untersuchungen im Erzgebirge ihren Anfang, um natürliche Uranvorkommen zu finden. Im wieder tschechoslowakischen Joachimsthal lief die Produktion, nun für die Sowjetunion, ohne Unterbrechung weiter. Anlaufstelle in Sachsen war zuerst Freiberg mit dem Bergarchiv und der Bergakademie. Obwohl viele Uranvorkommen in Sachsen bekannt waren, gab es keine entsprechenden wirtschaftlichen Betrachtungen zur Größe der Vorkommen. Die Professoren Dr. Schumacher und Gustav Aeckerlein[5] an der Bergakademie erstellten im Auftrag der Sowjetunion eine Analyse zu den Uranressourcen des Erzgebirges und kamen zu einem ernüchternden Ergebnis von gerade einmal achtzig bis neunzig Tonnen Uran für Johanngeorgenstadt als Ort mit dem höchsten zu erwartenden Potential.
Am 14. September 1945 wurde durch die 9. Verwaltung des Ministeriums des Innern der UdSSR die „Sächsische Erkundungsexpedition (Sächsische Erzsuchabteilung)“ gegründet, die Uranlagerstätten im Erzgebirge suchen sollte. Diese Abteilung stand unter militärischer Leitung und wurde unter der Feldpostnummer 27304 der Roten Armee geführt. Bergbauanlagen wurden dazu teilweise von der 1937 gegründeten Sachsenerz Bergwerks GmbH übernommen. Im Abschlussgutachten vom 16. März 1946 wurde für Johanngeorgenstadt 22,2 t und für Schneeberg 10 t Uran ausgewiesen und die unverzügliche Aufnahme der Uranförderung in beiden Revieren empfohlen. Die im April 1946 gegründete „Gewinnungs- und Erkundungsexpedition“ (Sächsische Gewinnungs- und Erkundungsgruppe) setzte die begonnenen Arbeiten fort und erweiterte sie auf die Standorte Annaberg und Marienberg. Am 29. Juli 1946 wurde auf Beschluss des Ministerrates der UdSSR die Gewinnung- und Erkundungsexpedition in die „Sächsische Bergbauverwaltung“, dem Vorläufer der späteren Generaldirektion der Wismut AG, umgebildet. Während 1946 schon 15,7 t Uran gefördert wurden, stieg das Ausbringen 1947 bereits auf 145 t Uran an, und die Wismut wurde damit zum wichtigsten Uranproduzenten im Machtbereich der UdSSR.
Die Uranproduktion im sowjetischen Einflussbereich zwischen 1945 und 1950 in Tonnen[6] Jahr UdSSR SBZ/DDR ČSR Bulgarien Polen
1945 14,6
1946 50,0 15,0 18,0 26,6
1947 129,3 150,0 49,1 7,6 2,3
1948 182,5 321,2 103,2 18,2 9,3
1949 278,6 767,8 147,3 30,3 43,3
1950 416,9 1224,0 281,4 70,9 63,6
Wismut AG (1947–53)
Die Unternehmenszentrale in Chemnitz
Im Mai 1947 erteilte die SMAD den Befehl Nr. 128, der die Überführung mehrerer sächsischer Bergbauanlagen in sowjetisches Eigentum und die Anrechnung auf das Reparationskonto der UdSSR enthielt. Die Wismut AG (mit Sitz in Moskau) erhielt die im Befehl Nr. 131 der SMA Sachsen (Sowjetische Militäradministration Sachsen) vom 30. Mai 1947 bezeichneten Bergbauverwaltungen Schneeberg, Johanngeorgenstadt, Annaberg-Buchholz, Marienberg, Lauter und das Aufbereitungswerk Pechtelsgrün als Grundausstattung. Die am 4. Juni in Moskau gegründete deutsche Zweiggesellschaft hatte ihren Sitz in Aue, wo sie am 2. Juli 1947 im Handelsregister eingetragen wurde. Der Eintrag lautete: Staatliche Aktiengesellschaft der Buntmetallindustrie „Wismut“, Aue, Zweiggesellschaft der unter der gleichen Firma in Moskau bestehenden Hauptgesellschaft. Gegenstand des Unternehmens: Die Gewinnung, das Schürfen und der Absatz bunter Metalle, wie innerhalb des Gebietes der UdSSR, so auch im Ausland. Grundkapital: 50.000.000 Rubel. Aktiengesellschaft. (Auszug).[6] Ihr erster Generaldirektor wurde Generalmajor Michail Mitrofanowitsch Malzew. Dieser hatte schon im September 1946 die Leitung der Sächsischen Bergbauverwaltung übernommen. Im Jahr 1948 wurde der Sitz der Gesellschaft nach Chemnitz-Siegmar in das Rathaus in der Rathausstraße 5 verlegt.[7] Im Jahr 1952 wurde der Firmensitz in das an der Jagdschänkenstraße 29 neuerbaute Verwaltungsgebäude verlegt. Auch die Nachfolgegesellschaften SDAG Wismut und Wismut GmbH behielten diesen Sitz bei. Die Wismut AG unterstand zuerst direkt der sowjetischen Verteidigungsindustrie, später dem sowjetischen Ministerium für mittleren Maschinenbau.
Auf die positiven Resultate der Erkundung im Jahr 1946 und die darauf einsetzenden Gewinnungsarbeiten folgte ein hoher Bedarf an deutschen Arbeitskräften, die – nach der zu dieser Zeit gängigen Praxis – durch Arbeitsverpflichtungen (Alliierter Kontrollratsbefehl Nr. 3 vom 17. Januar 1946) sowie intensive Werbemaßnahmen dem Bergbau zugeführt wurden. So wurden von Oktober 1946 bis Dezember 1947 43.590 Arbeitskräfte zur Arbeit für die Wismut AG gezwungen, davon 31.626 aus dem Land Sachsen.[6] Politische oder Kriegsgefangene waren von dieser Maßnahme – anders als im frühen tschechoslowakischen Uranbergbau – nicht betroffen. Heftige Auseinandersetzungen zwischen der sächsischen Bergverwaltung, dem MWD, der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) und der für das sowjetische Atombombenprojekt zuständigen Hauptverwaltung beim Ministerrat der UdSSR führten sehr zeitig zu Korrekturen der Zwangspraktiken, die daraufhin eingeschränkt und bald darauf ganz abgeschafft wurden. Auf der anderen Seite erfolgte Anfang der 1950er eine Verschärfung der Objektbewachung sowie der Überwachung der Belegschaft, in deren Folge hunderte Bergleute wegen kleinerer Vergehen mit drakonischen Strafen belegt wurden. Darüber hinaus wurden mindestens 70 Wismut-Mitarbeiter allein in den Jahren 1951 bis 1953 als vermeintliche Spione in die Sowjetunion verschleppt und dort hingerichtet.[8]
Abgesichert von Truppen des sowjetischen MWD kam die Produktion gut voran und erreichte 1950 erstmals mehr als eintausend Tonnen Uran pro Jahr. Bis zum Ende dieses Jahres hat die Wismut und der ihr vorangegangene Bergbau rund 2500 t Uran an die Sowjetunion geliefert, gegenüber einer sowjetischen Eigenproduktion von etwa 1000 t Uran sowie weiteren rund 850 t aus der Tschechoslowakei, Bulgarien und Polen.[6] Etwa ab Mitte 1949 dehnte sich das Arbeitsgebiet der Wismut auch nach Thüringen aus, in dessen südlichen und östlichen Teilen man auf Uran stieß. Neben den eigentlichen Bergbau- und Aufbereitungsanlagen übernahm oder gründete die Wismut auch Maschinenbau-, Instandhaltungs- und Versorgungsbetriebe. Einzelne Schächte und Betriebe wurden zu sogenannten „Objekten“ zusammengefasst, von denen 1953 22 im Süden der DDR bestanden. Am 22. August 1953 unterzeichneten die Regierungen der UdSSR und der DDR ein Abkommen, in dem die beiden Regierungen die Liquidierung des deutschen Zweiges der Wismut AG und die Neugründung der „Sowjetisch-Deutschen Aktiengesellschaft Wismut“ beschlossen. Die Gesamtproduktion der Wismut AG bis zu ihrer Liquidierung am 31. Dezember 1953 lag bei rund 10.000 t Uran.[6]
SDAG Wismut (1954–1991)
Nachdem bis 1953 alle SAG vornehmlich in Volkseigene Betriebe überführt wurden, wurde die Wismut AG liquidiert und als Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG) neu gegründet, die bis 1991 existierte. Die SDAG übernahm alle Anlagen der Wismut AG, wurde aber nicht deren Rechtsnachfolger. Das Aktienkapital wurde zur Gründung auf zwei Milliarden Mark festgesetzt, wobei die DDR und die UdSSR einen Anteil von je einer Milliarde Mark besaßen. Die DDR musste ihren Aktienanteil allerdings in Raten von jeweils 200 Mio. Mark pro Jahr von der UdSSR kaufen.[6] Der Hauptsitz der Gesellschaft wurde von der Wismut AG in Karl-Marx-Stadt/Siegmar übernommen (Chemnitz). Die SDAG nahm ihre wirtschaftliche Tätigkeit am 1. Januar 1954 auf. Zu diesem Tag standen 32.632 t Uran in der Vorratsbilanz der Wismut. In den Jahren 1962, 1968 und 1975 wurden zwischen der DDR und der UdSSR mehrere Abkommen zur Verlängerung der Tätigkeit der SDAG Wismut getroffen – das Abkommen von 1975 galt bis zum Jahr 2000.
Die Beschäftigtenzahl, die 1953 mit 132.800 ihren Höhepunkt erreichte, sank bis 1962 auf etwa 45.000 und blieb bis Ende der 1980er Jahre fast unverändert. In den 1950er Jahren wurden auch intensive Modernisierungsmaßnahmen vorgenommen, was zu einer Verbesserung der Arbeitssituation der Beschäftigten sowie zur Erhöhung der Produktivität führte. So wurden moderne leistungsfähige Schachtanlagen auf den Lagerstätten Ronneburg und Niederschlema geteuft und zwei große zentrale Aufbereitungsbetriebe in Crossen und Seelingstädt eröffnet, die über die Jahre durch Hilfsbetriebe in Aue, Zwickau, Grüna und Karl-Marx-Stadt erweitert wurden. Außerdem wurden die Bergleute untertage mit modernerer Technik ausgestattet. In den 1960er Jahren verfügte die Wismut über einen technischen Stand, der dem weltweiten Niveau gleichartiger Bergbauunternehmen entsprach. In diesen Zeitraum fielen auch die Entdeckungen der letzten beiden bedeutenden Uranlagerstätten in Königstein (Sächsische Schweiz) und Pöhla.
Anfang der 1970er Jahre hatte sich die SDAG das Ziel gesetzt, Uran zu Weltmarktpreisen zu produzieren. Allerdings verschlechterte sich die Vorratssituation ab Mitte der 1970er Jahre. Bis 1976 konnte durch stete Erkundung der Vorratsstand ständig erhöht werden, in den nachfolgenden Jahren hingegen überstieg die Vorratslöschung die Menge der neu erkundeten Vorräte. Da darüber hinaus auch die Weltmarktpreise sanken, konnte dieses Ziel letztendlich niemals erreicht werden.
1989 stellten der Bergbaubetrieb „Willy Agatz“ in Freital sowie die Aufbereitungsanlage Crossen ihren Betrieb ein. Im gleichen Jahr wurde beschlossen, auch die Uranförderung des Bergbaubetriebes Beerwalde auf der Ronneburger Lagerstätte einzustellen. Die politischen Geschehnisse überholten allerdings die Planung für die SDAG Wismut. Im Jahr 1990 einigten sich die DDR und die UdSSR darauf, die Tätigkeit der SDAG Wismut zum 1. Januar 1991 einzustellen, was die meisten der zehntausend Beschäftigten ihren Arbeitsplatz kostete. Da sich die UdSSR bereits 1990 weigerte, vereinbarte Uranlieferungen abzunehmen und zu bezahlen, geriet die SDAG in ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten. Die drohende Zahlungsunfähigkeit konnte nur unter Aufnahme von Krediten, die durch Bundesbürgschaften ermöglicht wurden, abgewendet werden.
Mit der deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 ging der DDR-Anteil der SDAG auf die Bundesrepublik Deutschland über, wodurch ab diesem Zeitpunkt die Verantwortlichkeit beim Bundesministerium für Wirtschaft lag. Am 16. Mai 1991 wurde zwischen der Bundesrepublik und der UdSSR ein Abkommen getroffen, mit dem die sowjetischen Anteile des Unternehmens unentgeltlich an die Bundesrepublik übergingen. Das Abkommen trat am 20. Dezember 1991 in Kraft, am darauffolgenden Tag löste sich die Sowjetunion auf. Um langwierige Verhandlungen zu vermeiden, hatte die Bundesrepublik darauf verzichtet, auf eine Beteiligung der UdSSR an den Sanierungsmaßnahmen zur Wiedernutzbarmachung der ehemaligen Betriebsflächen zu bestehen.
Am 18. Dezember 1991 trat das durch den Bundestag beschlossene „Wismut-Gesetz“[9] in Kraft, das die Umwandlung der SDAG in eine bundeseigene GmbH regelte. Bereits zwei Tage zuvor trat der Vorstand der SDAG Wismut zum letzten Mal zusammen und entband die Generaldirektion sowie sich selbst von seinen Aufgaben.
Gesamtproduktion
Zwischen 1946 und Ende 1990 lieferten die Aufbereitungsbetriebe der SDAG Wismut und ihrer Vorläufer 216.300t Uran.[10] Die Bergbaubetriebe selbst hatten im gleichen Zeitraum Gewinnungsumfänge von 231.300t Uran bei einer Ressourcenlöschung von 251.510t.[10][6] Die Differenzen stellen Gewinnungsverluste während des Abbaus, Transport und der Aufbereitung der Erze dar. Damit lieferte die DDR etwa ein Drittel des im sowjetischen Einflussbereich geförderten Urans bis 1990.[11]
Die letzte Vorratsbilanz der SDAG Wismut lag zum 1. Januar 1991 vor. Diese nannte gelöschte Vorräte in Höhe von 251.510 t Uran, Bilanzvorräte von 57.922 t Uran sowie prognostische Ressourcen von 74.079 t Uran.[6]
Nach 1990 fand in Ronneburg, Niederschlema-Alberoda und Pöhla ein geringer „Entsorgungsbergbau“ statt, um die Kontaktfläche zwischen anstehendem Uranerz und dem späteren Flutungswasser zu minimieren. In Königstein fällt bei der Grubenwasseraufbereitung bis heute Uran an, das durch Verkauf „entsorgt“ wird. Im Rahmen des Sanierungsbergbaus wurden zwischen 1991 und 2011 an allen Standorten insgesamt 3.089 t Uran gewonnen und durch Verkauf Erlöse in Höhe von ca. 67 Millionen Euro erzielt.[12]
Wismut GmbH (ab 1991)
Durch den Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der UdSSR vom 16. Mai 1991 ging auch der bis dahin sowjetische Anteil der SDAG Wismut auf Deutschland über. Die Aktiengesellschaft wurde in das Sanierungsunternehmen Wismut GmbH umgewandelt, von dem Anfang 1992 die umfangreichen Neben- und Hilfsbetriebe als Deutsche Fertigungs- und Anlagenbaugesellschaft mbH (DFA) abgespalten wurden. Einzelne Teile der DFA wurden bis 1995 privatisiert, die Restgesellschaft ging danach in Liquidation.
Gesellschafter der Wismut GmbH ist die Bundesrepublik Deutschland, welche durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie vertreten wird. Seit der Gründung 1991 befindet sich der Sitz des Unternehmens in Chemnitz/Sachsen. Die ca. 1.100 Beschäftigten der Wismut stellen sich mit der Sanierung der Uranbergbauhinterlassenschaften einer der größten ökologischen und technischen Herausforderungen.
Das grundlegende Ziel der Wismut GmbH besteht bis heute darin, im Interesse der in den betroffenen Gebieten lebenden Menschen eine ökologisch sinnvolle Sanierung der Wismut-Standorte durchzuführen und akzeptable Umweltverhältnisse zu schaffen. Für dieses weltweit einmalige Großprojekt stellte die Bundesregierung Haushaltsmittel in Höhe von ca. 13 Milliarden DM über einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren zu Verfügung. Etwa 1,5 Milliarden DM entfielen davon auf die Standorte Schlema-Alberoda(Schacht 371) und Pöhla. Die Sanierungsziele wurden von den geltenden gesetzlichen Vorschriften und nationalen und internationalen Empfehlungen abgeleitet. Vordringlich nach Einstellung der Uranproduktion war zunächst:
die Abwehr der unmittelbaren Gefährdung der Bevölkerung und Schutzgüter Luft, Wasser und Boden
eine Bestandsaufnahme der durch den Bergbau eingetretenen Schädigungen der Umwelt
die Entwicklung eines tragfähigen Konzeptes für eine systematische Langzeitsanierung
Bis Ende 2011 wurden Sanierungsmaßnahmen für rund 5,5 Milliarden Euro aus Bundesmitteln umgesetzt.[13] Zur Wismut GmbH gehörte das 2002 gegründete Tochterunternehmen Wisutec GmbH (Wismut Umwelttechnik GmbH), das für die Vermarktung von Sanierungstechnologien verantwortlich war. Am 17. Mai 2010 wurde die Wisutec von der G.E.O.S. Ingenieurgesellschaft mbH übernommen.[14]
Weiteres zu diersen Thema im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wismut_%28Unternehmen%29
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