Gerson Bleichröder - „Hilfsarbeiter“ des Auswärtigen Amtes & Wegbereiter der Einigungskriege
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Gerson Bleichröder - „Hilfsarbeiter“ des Auswärtigen Amtes & Wegbereiter der Einigungskriege
Gerson von Bleichröder (* 22. Dezember 1822 in Berlin; † 18. Februar 1893 ebenda) war ein deutscher Bankier. Indem er preußischen Staatsbesitz verkaufte, ermöglichte er die Einigungskriege.[1]
Herkunft
Als Sohn von Samuel Bleichröder (1779–1855), der 1803 das gleichnamige Bankhaus gründete, entstammte Bleichröder einer angesehenen jüdischen Familie. Er war den Zeitgenossen als Bankier Bismarcks bekannt und war als solcher, vor allem in einer politischen Funktion als „Hilfsarbeiter“ des Auswärtigen Amtes, Objekt historischer Forschungen. Schon Samuel Bleichröder war Korrespondent des Hauses Rothschild am Bankplatz Berlin.
Leben
Gerson Bleichröder baute diese Beziehung erfolgreich weiter aus. 1855 trat er an die Spitze der Bank. Um 1860 war das Bankhaus S. Bleichröder eine der ersten Adressen am Markt für Staatsanleihen und, zusammen mit dem Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim, führend bei der frühen Eisenbahn- und Industriefinanzierung. Seine Weltstellung begründete Bleichröder mit der Finanzierung russischer Unternehmen und des russischen Staatshaushalts. Als prominentes Mitglied des sogenannten Preußen-Konsortiums, eines Zusammenschlusses führender deutscher Banken, war Bleichröder maßgeblich an der Finanzierung der Monarchie und des Reiches beteiligt.
Zeitgenossen galt er als der reichste Mann Preußens und einer der reichsten Männer der Welt. Sein internationales Auftreten als Emissär Bismarcks muss wohl vor dem Hintergrund seiner erfolgreichen Bankierstätigkeit gesehen werden. Bismarck nutzte die Geschäftsbeziehungen Bleichröders vor allem zu den Rothschilds und anderen bedeutenden Privatbankiers in allen europäischen Hauptstädten, um Informationen über die wirtschaftliche und politische Lage dieser Länder zu erhalten. Gleichzeitig profitierte er davon, dass Bleichröder gesellschaftlich mit den wirtschaftlichen und teilweise den politischen Eliten dieser Länder verkehrte. Da Bismarck und Bleichröder einen vertrauensvollen bis freundschaftlichen Umgang miteinander pflegten (Bleichröder gilt als einer der „engsten Berater“[2] Bismarcks), konnte der Bankier und Privatmann Bleichröder zum Träger heikler Botschaften werden, die Bismarck auf offiziellem, diplomatischem Parkett nicht formulieren wollte.
Bankhaus Bleichröder (Behrenstraße 63–65, Berlin)
Bleichröder und mit ihm befreundete Bankiers organisierten die Finanzierung des Preußisch-Österreichischen Kriegs von 1866 durch eine Staatsanleihe. Der von Bismarck befürwortete, „revolutionäre“ Plan von Abraham Oppenheim und Bleichröder, die im Staatsbesitz befindlichen Bergwerke im Saargebiet zu privatisieren und so den Krieg zu finanzieren, setzte sich beim preußischen König nicht durch. Bleichröder war an den Verhandlungen und der Abwicklung der französischen Reparationszahlungen im Anschluss an den Deutsch-Französischen Krieg 1870-71 maßgeblich beteiligt.
Gerson Bleichröder zählte zu den assimilierten Juden und galt Bismarck als „konservativ und loyal“. Trotz seines geschäftlichen Erfolgs und seiner Verdienste um die Regierung gelang es ihm aber nicht, sich unangefeindet an der Spitze der wilhelminischen Gesellschaft zu etablieren (siehe auch Antisemitismus (bis 1945)).
Große Halle im Bankhaus Bleichröder
Bis in die 1880er Jahre war Gerson Bleichröder zusammen mit dem aus Bayern stammenden belgischen Bankier Maurice de Hirsch der wichtigste deutsche Investor im damaligen Osmanischen Reich. Die beiden jüdischen Bankiers wurden dann aber im Zuge der beginnenden staatlichen imperialistischen Politik des Deutschen Reiches von Siemens und der Deutschen Bank aus dem Orientgeschäft verdrängt, speziell im Zusammenhang mit dem Projekt Bagdadbahn, bei dem Hirsch keine Rolle mehr und das Bankhaus Bleichröder nur noch eine untergeordnete Rolle spielte.[3] Ab 1908 war das Bankhaus Bleichröder einer der wichtigsten Finanziers der neu gegründeten Istanbuler Tageszeitung Osmanischer Lloyd, die bis zum November 1918 erschien.
Villa Bleichröder in Charlottenburg
Bleichröder wurde - als zweiter ungetaufter Jude in Preußen (nach Abraham Oppenheim) - 1872 in den Adelsstand erhoben und besaß eine Anzahl weiterer Auszeichnungen. (In Bayern wurde bereits 1818 Jakob von Hirsch geadelt). Aber die latente und seit den 1880er Jahren zunehmende antisemitische Tendenz in der deutschen Öffentlichkeit des Kaiserreichs hielt den jüdischen Bankier auf Distanz zu den Personen, die am meisten von ihm profitierten und deren Wertschätzung er am stärksten herbeiwünschte - den nichtjüdischen Mitgliedern seiner eigenen Gesellschaftsschicht, des Großbürgertums, und dem übrigen Adel.
Gerson von Bleichröder war, wie sein Vater Samuel und sein Bruder Julius, Mitglied der Gesellschaft der Freunde. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee beigesetzt.
Gerson von Bleichröder, auf dem Totenbett, 1893
Grabmal auf dem Jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee
Gersons Kinder ließen sich (zu Lebzeiten des Vaters) taufen.[4] Der Bankier James von Bleichröder (1859–1937) wurde auch als Kunstsammler bekannt. Georg verzog nach Köln. Der älteste Sohn, Hans von Bleichröder[5] (1853–1917), ließ 1913 auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde ein mit Skulpturen des Berliner Bildhauers Hans Latt geschmücktes Mausoleum errichten, in dem einige Mitglieder seiner Familie beigesetzt wurden. Das Mausoleum wurde 1950 zerstört. Der erste Präsident der DDR Wilhelm Pieck ließ es abtragen, weil es die nach seinen Plänen neugeschaffene Gedenkstätte der Sozialisten überragte, was man als den Gesamteindruck störend empfand. Eine kleine Informationstafel an der verwaisten Stelle erinnert heute an die Bankiersfamilie.
Die Bank wurde 1931 von dem Dresdner Bankhaus Gebrüder Arnhold übernommen, das die Geschäfte sechs Jahre später nach New York (USA) verlegte. Nach der Umbenennung von Arnhold and S. Bleichroeder Advisers, LLC existiert es bis heute (Anfang 2015) als Investmentgesellschaft unter dem Namen 'First Eagle Investment Management'.[6]
Quelle
Herkunft
Als Sohn von Samuel Bleichröder (1779–1855), der 1803 das gleichnamige Bankhaus gründete, entstammte Bleichröder einer angesehenen jüdischen Familie. Er war den Zeitgenossen als Bankier Bismarcks bekannt und war als solcher, vor allem in einer politischen Funktion als „Hilfsarbeiter“ des Auswärtigen Amtes, Objekt historischer Forschungen. Schon Samuel Bleichröder war Korrespondent des Hauses Rothschild am Bankplatz Berlin.
Leben
Gerson Bleichröder baute diese Beziehung erfolgreich weiter aus. 1855 trat er an die Spitze der Bank. Um 1860 war das Bankhaus S. Bleichröder eine der ersten Adressen am Markt für Staatsanleihen und, zusammen mit dem Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim, führend bei der frühen Eisenbahn- und Industriefinanzierung. Seine Weltstellung begründete Bleichröder mit der Finanzierung russischer Unternehmen und des russischen Staatshaushalts. Als prominentes Mitglied des sogenannten Preußen-Konsortiums, eines Zusammenschlusses führender deutscher Banken, war Bleichröder maßgeblich an der Finanzierung der Monarchie und des Reiches beteiligt.
Zeitgenossen galt er als der reichste Mann Preußens und einer der reichsten Männer der Welt. Sein internationales Auftreten als Emissär Bismarcks muss wohl vor dem Hintergrund seiner erfolgreichen Bankierstätigkeit gesehen werden. Bismarck nutzte die Geschäftsbeziehungen Bleichröders vor allem zu den Rothschilds und anderen bedeutenden Privatbankiers in allen europäischen Hauptstädten, um Informationen über die wirtschaftliche und politische Lage dieser Länder zu erhalten. Gleichzeitig profitierte er davon, dass Bleichröder gesellschaftlich mit den wirtschaftlichen und teilweise den politischen Eliten dieser Länder verkehrte. Da Bismarck und Bleichröder einen vertrauensvollen bis freundschaftlichen Umgang miteinander pflegten (Bleichröder gilt als einer der „engsten Berater“[2] Bismarcks), konnte der Bankier und Privatmann Bleichröder zum Träger heikler Botschaften werden, die Bismarck auf offiziellem, diplomatischem Parkett nicht formulieren wollte.
Bankhaus Bleichröder (Behrenstraße 63–65, Berlin)
Bleichröder und mit ihm befreundete Bankiers organisierten die Finanzierung des Preußisch-Österreichischen Kriegs von 1866 durch eine Staatsanleihe. Der von Bismarck befürwortete, „revolutionäre“ Plan von Abraham Oppenheim und Bleichröder, die im Staatsbesitz befindlichen Bergwerke im Saargebiet zu privatisieren und so den Krieg zu finanzieren, setzte sich beim preußischen König nicht durch. Bleichröder war an den Verhandlungen und der Abwicklung der französischen Reparationszahlungen im Anschluss an den Deutsch-Französischen Krieg 1870-71 maßgeblich beteiligt.
Gerson Bleichröder zählte zu den assimilierten Juden und galt Bismarck als „konservativ und loyal“. Trotz seines geschäftlichen Erfolgs und seiner Verdienste um die Regierung gelang es ihm aber nicht, sich unangefeindet an der Spitze der wilhelminischen Gesellschaft zu etablieren (siehe auch Antisemitismus (bis 1945)).
Große Halle im Bankhaus Bleichröder
Bis in die 1880er Jahre war Gerson Bleichröder zusammen mit dem aus Bayern stammenden belgischen Bankier Maurice de Hirsch der wichtigste deutsche Investor im damaligen Osmanischen Reich. Die beiden jüdischen Bankiers wurden dann aber im Zuge der beginnenden staatlichen imperialistischen Politik des Deutschen Reiches von Siemens und der Deutschen Bank aus dem Orientgeschäft verdrängt, speziell im Zusammenhang mit dem Projekt Bagdadbahn, bei dem Hirsch keine Rolle mehr und das Bankhaus Bleichröder nur noch eine untergeordnete Rolle spielte.[3] Ab 1908 war das Bankhaus Bleichröder einer der wichtigsten Finanziers der neu gegründeten Istanbuler Tageszeitung Osmanischer Lloyd, die bis zum November 1918 erschien.
Villa Bleichröder in Charlottenburg
Bleichröder wurde - als zweiter ungetaufter Jude in Preußen (nach Abraham Oppenheim) - 1872 in den Adelsstand erhoben und besaß eine Anzahl weiterer Auszeichnungen. (In Bayern wurde bereits 1818 Jakob von Hirsch geadelt). Aber die latente und seit den 1880er Jahren zunehmende antisemitische Tendenz in der deutschen Öffentlichkeit des Kaiserreichs hielt den jüdischen Bankier auf Distanz zu den Personen, die am meisten von ihm profitierten und deren Wertschätzung er am stärksten herbeiwünschte - den nichtjüdischen Mitgliedern seiner eigenen Gesellschaftsschicht, des Großbürgertums, und dem übrigen Adel.
Gerson von Bleichröder war, wie sein Vater Samuel und sein Bruder Julius, Mitglied der Gesellschaft der Freunde. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee beigesetzt.
Gerson von Bleichröder, auf dem Totenbett, 1893
Grabmal auf dem Jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee
Gersons Kinder ließen sich (zu Lebzeiten des Vaters) taufen.[4] Der Bankier James von Bleichröder (1859–1937) wurde auch als Kunstsammler bekannt. Georg verzog nach Köln. Der älteste Sohn, Hans von Bleichröder[5] (1853–1917), ließ 1913 auf dem Zentralfriedhof Friedrichsfelde ein mit Skulpturen des Berliner Bildhauers Hans Latt geschmücktes Mausoleum errichten, in dem einige Mitglieder seiner Familie beigesetzt wurden. Das Mausoleum wurde 1950 zerstört. Der erste Präsident der DDR Wilhelm Pieck ließ es abtragen, weil es die nach seinen Plänen neugeschaffene Gedenkstätte der Sozialisten überragte, was man als den Gesamteindruck störend empfand. Eine kleine Informationstafel an der verwaisten Stelle erinnert heute an die Bankiersfamilie.
Die Bank wurde 1931 von dem Dresdner Bankhaus Gebrüder Arnhold übernommen, das die Geschäfte sechs Jahre später nach New York (USA) verlegte. Nach der Umbenennung von Arnhold and S. Bleichroeder Advisers, LLC existiert es bis heute (Anfang 2015) als Investmentgesellschaft unter dem Namen 'First Eagle Investment Management'.[6]
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