Der Flugplatz Johannisthal
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Der Flugplatz Johannisthal
Der Flugplatz Johannisthal wurde – nach dem August-Euler-Flugplatz in Darmstadt[1] – als zweiter Flugplatz Deutschlands im September 1909 eröffnet. Er wurde damals wegen seiner Lage zwischen den Berliner Vororten Johannisthal und Adlershof noch Motorflugplatz Johannisthal-Adlershof genannt. Nachdem die zivile Nutzung mit der Eröffnung des Zentralflughafens Tempelhof 1923 endete und er seit 1952 nicht mehr genutzt worden war, wurde er 1995 offiziell geschlossen und anschließend umgenutzt (Gewerbe- und Wohnbebauung, Landschaftspark).
Karte des Flugplatzbereichs von 1913 mit dem heutigen – farbig fehlerhaft markierten – Landschaftspark
Geschichte
Nutzung als Flugplatz
Lage Johannisthals in Berlin
Direktor des Flugplatzes war Major Georg von Tschudi
Der Begriff Flugplatz geht auf Otto Lilienthal zurück, der auf einem künstlichen Hügel in Lichterfelde seine ersten Gleitversuche unternahm. Die deutsche Generalität wollte am Exerzierplatz Tempelhof (dem späteren Flughafen) keine Hallen für den Motorflug zulassen, da es dort schon Hallen für Luftschiffe gab. So musste man auf ein Waldstück zwischen Johannisthal und Adlershof ausweichen. Initiiert wurde die Anlage des Platzes von der privaten Deutschen Luftfahrtgesellschaft des Unternehmers Arthur Müller und des Majors Georg von Tschudi, die später in die Flug- und Sportplatz GmbH Berlin-Johannisthal aufging. Deren Geschäftsführer wurde von Tschudi, selbst Flugpionier, der 1909 als Geschäftsführer der Internationalen Luftschiffahrt-Ausstellung in Frankfurt gewirkt hatte.[2]
Das Gelände umfasste rund zwei Quadratkilometer. Auf ihm befanden sich u. a. das Gebäude des Kaiserlichen Aero-Clubs, das zuvor rund 1000 Meter entfernt stand und im April 1911 „nach amerikanischer Art“ auf Schienen versetzt wurde, sowie zwei Hallen für Luftschiffe. Allein auf der überdachten Haupttribüne war Platz für rund 2300 Besucher, auf einer weiteren, offenen Tribüne für weitere 1750. Das Gelände war von einem drei bis vier Meter hohen Zaun umgeben, der durch elf Tore unterbrochen war. Trotz ständiger finanzieller Schwierigkeiten wurde der Flugplatz eine internationale Attraktion. Allein zwischen 1911 und 1913 verzehnfachten sich die vom Flugplatz Johannisthal ausgehenden Flugzeiten von 20 auf über 200 Stunden.
Zur Finanzierung des Flugplatzes war man von Anfang an auf die Einnahmen aus dem Besucherbetrieb angewiesen. Ein großes Problem waren daher die vielen Zuschauer, die den Zaun überkletterten, dabei sich und die Flieger in Gefahr brachten, sowie keinen Eintritt bezahlten. Von Tschudi: „In der ersten Zeit trug ich […] einen Browning in der Tasche, später genügte ein Spazierstock als Drohmittel.“[3] Besonders bedauerte er, dass die meisten Zuschauer kamen, um sich die – oftmals tödlichen – Unfälle anzuschauen und viele von ihnen nach Abstürzen Teile der Flugzeuge als „Souvenir“ mitnahmen.
Gesellschaftlicher Treffpunkt. Flugplatz Johannisthal in einer Werbung (Grafik, 1913)
Flugplatz Berlin-Johannisthal, 1910
Beförderung von Flugpost, 1919
Im Jahr 1910 wurde eine Pferdebahnstrecke vom rund einen Kilometer entfernten Bahnhof Niederschöneweide-Johannisthal zum Haupteingang gebaut. Der Betrieb bestand nur an Flugtagen und lohnte sich offensichtlich nicht, denn nur zwei Monate später wurde sie wieder stillgelegt.[4] Dies war die letzte Pferdebahn auf dem heutigen Berliner Stadtgebiet.
Auf dem Flugplatz waren unter anderem folgende Unternehmen ansässig:
Johannisthaler Filmgesellschaft AG
Rumpler Luftfahrzeugbau – Flugzeugbau und Fliegerschule
Fokker Aeroplanbau Flugzeugbau
Ago Fluggesellschaft – Flugzeugbau und Fliegerschule
Allgemeine Fliegerschule – Fliegerschule
E. Jeannin Flugzeugbau – Flugzeugbau und Fliegerschule
Luft-Verkehrsgesellschaft – Flugzeugbau und Fliegerschule
Albatros-Werke – Flugzeugbau und Fliegerschule
Bruno Hanuschke – Fliegerschule
Harlan-Werke – Flugzeugbau und Fliegerschule
Sport-Flieger GmbH – Flugzeugbau und Fliegerschule
Paul Schwandt – Fliegerschule
Flugmaschine Wright – Flugzeugbau und Fliegerschule
Luftfahrerschule Berlin-Adlershof des Deutschen Luftflottenvereins – Lehrräume, Montage und meteorologische Beobachtungen[5]
Chronik der Firmen am Segelfliegerdamm 1–45:
Rumpler-Luftfahrzeugbau GmbH (1909)
Argus-Motorenwerke Berlin (1910)
Preußische Motoren-Werke (um 1929)
VEB Motorenwerk Johannisthal (um 1960)
VEB Kühlautomat Berlin-Johannisthal (1950–1991)
Kühlautomat Berlin GmbH (1991–1996)
GEA (1996–2004)
Werkhallen ungenutzt (seit 2004)[6]
Der Flugplatz war 1909 Austragungsort des 1908 von Karl Lanz gestifteten Wettbewerbes Lanz-Preis der Lüfte, der von dem Magdeburger Hans Grade mit seiner Grade II Libelle gewonnen wurde. In Johannisthal sammelte sich später eine bunte Mischung von Flugpionieren, um die skurrilsten Konstruktionen ihrer Flugzeuge zu versuchen. Bekannt geworden ist beispielsweise Melli Beese, nach der heute in der Nähe des Flughafens eine Grundschule und eine Straße benannt sind. Der erste Deutschlandflug wurde am 11. Juni 1911 vom Flugplatz Johannisthal aus gestartet. Am 29. September 1911 verunglückte hier der Luftfahrtpionier Paul Engelhard tödlich.
Durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 kam es zur Militarisierung der Flugwirtschaft. Der Flugplatz diente während des Kriegs als Flugzeug-Erprobungsstelle der Fliegertruppe. Allerdings begann in Berlin-Johannisthal am 5. Februar 1919 auch die Geschichte der zivilen Luftpost in Deutschland. Von diesem Tag an starteten dort zweimal täglich Flugzeuge der Deutschen Luft-Reederei, um Postsendungen – vor allem Zeitungen – nach Weimar, dem Tagungsort der verfassunggebenden Nationalversammlung zu transportieren. In den ersten Monaten ihres Bestehens durften nur die Abgeordneten der Nationalversammlung diese Flugpostverbindung in Anspruch nehmen.
Als 1923 der Flughafen Tempelhof eröffnete, sank die zivile Bedeutung des Flugplatzes stark ab. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde Johannisthal als Versuchsfeld für die geheime Aufrüstung der Wehrmacht genutzt; u. a. von der dort ansässigen Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL). Nach dem Krieg betrieben ihn ein Jahr lang sowjetische Fliegerkräfte der GSSD, bis zu deren Umzug auf den Flughafen Berlin-Schönefeld. Je weiter Schönefeld ausgebaut wurde, umso weniger Nutzen gab es für den alten Flugplatz. Nachdem er schon lange verwaist war, wurde er 1995 nach einer Flugveranstaltung offiziell geschlossen. Auf dieser Veranstaltung am 9. September 1995 verunglückte der deutsche Astronaut Reinhard Furrer tödlich.
Umnutzung
Aerodynamischer Park, 2012
Panorama Landschaftspark Johannisthal/Adlershof, 2013
Heute befindet sich auf dem südlichen Geländeteil unter anderem der Aerodynamische Park als Teil des Campus der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Name des Platzes weist auf den besonderen Charakter und die historische wie architektonische Bedeutung durch die prägnanten und dominierenden Baudenkmale der ehemaligen Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt e. V. hin.
Das mittlerweile entstandene grüne Biotop auf der Fläche der ehemaligen Start- und Landebahn ist in eine Parklandschaft integriert worden, die nach einem Wettbewerb seit den späten 1990er Jahren entstand. Die rund 65 Hektar große Fläche des Landschaftsparks Johannisthal/Adlershof ist als Landschaftsschutzgebiet (LSG 48) sowie im zentralen Bereich als Naturschutzgebiet (NSG 35) ausgewiesen, jeweils unter der Bezeichnung „Ehemaliges Flugfeld Johannisthal“.
Quelle
Karte des Flugplatzbereichs von 1913 mit dem heutigen – farbig fehlerhaft markierten – Landschaftspark
Geschichte
Nutzung als Flugplatz
Lage Johannisthals in Berlin
Direktor des Flugplatzes war Major Georg von Tschudi
Der Begriff Flugplatz geht auf Otto Lilienthal zurück, der auf einem künstlichen Hügel in Lichterfelde seine ersten Gleitversuche unternahm. Die deutsche Generalität wollte am Exerzierplatz Tempelhof (dem späteren Flughafen) keine Hallen für den Motorflug zulassen, da es dort schon Hallen für Luftschiffe gab. So musste man auf ein Waldstück zwischen Johannisthal und Adlershof ausweichen. Initiiert wurde die Anlage des Platzes von der privaten Deutschen Luftfahrtgesellschaft des Unternehmers Arthur Müller und des Majors Georg von Tschudi, die später in die Flug- und Sportplatz GmbH Berlin-Johannisthal aufging. Deren Geschäftsführer wurde von Tschudi, selbst Flugpionier, der 1909 als Geschäftsführer der Internationalen Luftschiffahrt-Ausstellung in Frankfurt gewirkt hatte.[2]
Das Gelände umfasste rund zwei Quadratkilometer. Auf ihm befanden sich u. a. das Gebäude des Kaiserlichen Aero-Clubs, das zuvor rund 1000 Meter entfernt stand und im April 1911 „nach amerikanischer Art“ auf Schienen versetzt wurde, sowie zwei Hallen für Luftschiffe. Allein auf der überdachten Haupttribüne war Platz für rund 2300 Besucher, auf einer weiteren, offenen Tribüne für weitere 1750. Das Gelände war von einem drei bis vier Meter hohen Zaun umgeben, der durch elf Tore unterbrochen war. Trotz ständiger finanzieller Schwierigkeiten wurde der Flugplatz eine internationale Attraktion. Allein zwischen 1911 und 1913 verzehnfachten sich die vom Flugplatz Johannisthal ausgehenden Flugzeiten von 20 auf über 200 Stunden.
Zur Finanzierung des Flugplatzes war man von Anfang an auf die Einnahmen aus dem Besucherbetrieb angewiesen. Ein großes Problem waren daher die vielen Zuschauer, die den Zaun überkletterten, dabei sich und die Flieger in Gefahr brachten, sowie keinen Eintritt bezahlten. Von Tschudi: „In der ersten Zeit trug ich […] einen Browning in der Tasche, später genügte ein Spazierstock als Drohmittel.“[3] Besonders bedauerte er, dass die meisten Zuschauer kamen, um sich die – oftmals tödlichen – Unfälle anzuschauen und viele von ihnen nach Abstürzen Teile der Flugzeuge als „Souvenir“ mitnahmen.
Gesellschaftlicher Treffpunkt. Flugplatz Johannisthal in einer Werbung (Grafik, 1913)
Flugplatz Berlin-Johannisthal, 1910
Beförderung von Flugpost, 1919
Im Jahr 1910 wurde eine Pferdebahnstrecke vom rund einen Kilometer entfernten Bahnhof Niederschöneweide-Johannisthal zum Haupteingang gebaut. Der Betrieb bestand nur an Flugtagen und lohnte sich offensichtlich nicht, denn nur zwei Monate später wurde sie wieder stillgelegt.[4] Dies war die letzte Pferdebahn auf dem heutigen Berliner Stadtgebiet.
Auf dem Flugplatz waren unter anderem folgende Unternehmen ansässig:
Johannisthaler Filmgesellschaft AG
Rumpler Luftfahrzeugbau – Flugzeugbau und Fliegerschule
Fokker Aeroplanbau Flugzeugbau
Ago Fluggesellschaft – Flugzeugbau und Fliegerschule
Allgemeine Fliegerschule – Fliegerschule
E. Jeannin Flugzeugbau – Flugzeugbau und Fliegerschule
Luft-Verkehrsgesellschaft – Flugzeugbau und Fliegerschule
Albatros-Werke – Flugzeugbau und Fliegerschule
Bruno Hanuschke – Fliegerschule
Harlan-Werke – Flugzeugbau und Fliegerschule
Sport-Flieger GmbH – Flugzeugbau und Fliegerschule
Paul Schwandt – Fliegerschule
Flugmaschine Wright – Flugzeugbau und Fliegerschule
Luftfahrerschule Berlin-Adlershof des Deutschen Luftflottenvereins – Lehrräume, Montage und meteorologische Beobachtungen[5]
Chronik der Firmen am Segelfliegerdamm 1–45:
Rumpler-Luftfahrzeugbau GmbH (1909)
Argus-Motorenwerke Berlin (1910)
Preußische Motoren-Werke (um 1929)
VEB Motorenwerk Johannisthal (um 1960)
VEB Kühlautomat Berlin-Johannisthal (1950–1991)
Kühlautomat Berlin GmbH (1991–1996)
GEA (1996–2004)
Werkhallen ungenutzt (seit 2004)[6]
Der Flugplatz war 1909 Austragungsort des 1908 von Karl Lanz gestifteten Wettbewerbes Lanz-Preis der Lüfte, der von dem Magdeburger Hans Grade mit seiner Grade II Libelle gewonnen wurde. In Johannisthal sammelte sich später eine bunte Mischung von Flugpionieren, um die skurrilsten Konstruktionen ihrer Flugzeuge zu versuchen. Bekannt geworden ist beispielsweise Melli Beese, nach der heute in der Nähe des Flughafens eine Grundschule und eine Straße benannt sind. Der erste Deutschlandflug wurde am 11. Juni 1911 vom Flugplatz Johannisthal aus gestartet. Am 29. September 1911 verunglückte hier der Luftfahrtpionier Paul Engelhard tödlich.
Durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 kam es zur Militarisierung der Flugwirtschaft. Der Flugplatz diente während des Kriegs als Flugzeug-Erprobungsstelle der Fliegertruppe. Allerdings begann in Berlin-Johannisthal am 5. Februar 1919 auch die Geschichte der zivilen Luftpost in Deutschland. Von diesem Tag an starteten dort zweimal täglich Flugzeuge der Deutschen Luft-Reederei, um Postsendungen – vor allem Zeitungen – nach Weimar, dem Tagungsort der verfassunggebenden Nationalversammlung zu transportieren. In den ersten Monaten ihres Bestehens durften nur die Abgeordneten der Nationalversammlung diese Flugpostverbindung in Anspruch nehmen.
Als 1923 der Flughafen Tempelhof eröffnete, sank die zivile Bedeutung des Flugplatzes stark ab. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde Johannisthal als Versuchsfeld für die geheime Aufrüstung der Wehrmacht genutzt; u. a. von der dort ansässigen Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL). Nach dem Krieg betrieben ihn ein Jahr lang sowjetische Fliegerkräfte der GSSD, bis zu deren Umzug auf den Flughafen Berlin-Schönefeld. Je weiter Schönefeld ausgebaut wurde, umso weniger Nutzen gab es für den alten Flugplatz. Nachdem er schon lange verwaist war, wurde er 1995 nach einer Flugveranstaltung offiziell geschlossen. Auf dieser Veranstaltung am 9. September 1995 verunglückte der deutsche Astronaut Reinhard Furrer tödlich.
Umnutzung
Aerodynamischer Park, 2012
Panorama Landschaftspark Johannisthal/Adlershof, 2013
Heute befindet sich auf dem südlichen Geländeteil unter anderem der Aerodynamische Park als Teil des Campus der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Name des Platzes weist auf den besonderen Charakter und die historische wie architektonische Bedeutung durch die prägnanten und dominierenden Baudenkmale der ehemaligen Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt e. V. hin.
Das mittlerweile entstandene grüne Biotop auf der Fläche der ehemaligen Start- und Landebahn ist in eine Parklandschaft integriert worden, die nach einem Wettbewerb seit den späten 1990er Jahren entstand. Die rund 65 Hektar große Fläche des Landschaftsparks Johannisthal/Adlershof ist als Landschaftsschutzgebiet (LSG 48) sowie im zentralen Bereich als Naturschutzgebiet (NSG 35) ausgewiesen, jeweils unter der Bezeichnung „Ehemaliges Flugfeld Johannisthal“.
Quelle
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