Der Gyrobus
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Der Gyrobus
Ein Gyrobus ist ein Omnibus mit Elektroantrieb, dessen Energie aus einer Schwungradspeicherung in einem mitgeführten Schwungrad stammt. Der Wortteil Gyro kommt vom griechisch γύρος für Kreisel, Runde. In den 1950er-Jahren wurden Insgesamt nur 19 Fahrzeuge gebaut, das Prinzip bewährte sich mit der damaligen Technik nicht, obwohl bereits eine Nutzbremse integriert war. In den 1990er-Jahren wurden in München und Bremen erneut Hybrid-Omnibusse mit Schwungradspeichern eingesetzt, analog dazu beim Trolleybus Basel Oberleitungsbusse mit einem Schwungradspeicher-Hilfsantrieb.[1]
Ein Gyrobus von 1955, das einzig erhaltene Fahrzeug seiner Art
Prinzip
Vor Betriebsbeginn, an bestimmten Zwischenhaltestellen und vor allem während des längeren Aufenthalts an den Endstationen wird mittels eines dreiarmigen Stromabnehmers eine Verbindung mit dem Stromnetz hergestellt. Dabei wird dem Fahrzeug Dreiphasenwechselstrom mit einer Spannung von 500 Volt zugeführt, mit dessen Hilfe das Schwungrad beschleunigt wird. Auch die Bremsenergie kann wie bei Batteriebussen oder Hybridbussen zurückgewonnen und auf das Schwungrad übertragen werden. Ein besetzter Gyrobus konnte mit einem Ladevorgang sechs Kilometer zurücklegen, in der Regel wurde jedoch alle vier Kilometer eine Ladestation eingerichtet.
Vor- und Nachteile
Der Gyrobus ist leiser als ein Dieselfahrzeug und erzeugt keine Abgase entlang der Fahrstrecke. Im Gegensatz zu Oberleitungsbussen benötigt er keine Fahrleitung. Damit kann er flexibel auf wechselnden Strecken eingesetzt werden. Für die Betreiber entfallen Investitionskosten für den Leitungsbau, das Stadtbild bleibt durch den Verzicht auf Oberleitungen erhalten.
Ein Nachteil ist das Gewicht: Ein Gyrobus für circa 20 Personen und einen Aktionsradius von 20 Kilometern benötigt bei herkömmlichen Schwungrädern aus Stahl etwa 1,5 Tonnen Schwungradmasse, um die nötigen etwa 18 MJ (5 kWh) zu speichern. Außerdem erfordert die rotierende Scheibe besondere Sicherheitsmaßnahmen. So beträgt die Umfangsgeschwindigkeit einer Scheibe mit 1,6 Meter Durchmesser bei 3000 Umdrehungen pro Minute etwa 900 km/h. Zusätzlich muss das Schwungradgehäuse evakuiert werden, um die Luftreibung und den damit einhergehenden Energieverlust zu verringern. Diese Maßnahmen erhöhen das Gesamtgewicht um etwa drei Tonnen gegenüber einem vergleichbaren Dieselfahrzeug. Moderne Schwungräder aus aufgewickeltem kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff können mit höheren Drehzahlen arbeiten. Sie sind leichter und würden das Eigengewicht des Gyrobusses senken.
Ein weiterer Nachteil ist das Fahrverhalten eines Gyrofahrzeugs. Das um eine senkrechte Achse rotierende Schwungrad bewirkt bei Änderungen der Steigung der Straße Kippkräfte auf das Fahrzeug. Durch Verwendung zweier gegenläufiger Schwungräder lässt sich dieser Effekt jedoch aufheben.
Auch aufgrund dieser Nachteile setzte sich das Konzept des Busses mit Schwungrad-Antrieb nicht durch. Außerdem gab es immer leistungsfähigere Busse mit Verbrennungsmotoren mit größeren Reichweiten, die im Einsatz flexibler waren. Die Idee, elektrische Energie an der Haltestelle in den Bus zu laden, ist aufgrund der ökologischen Probleme des Verbrennungsmotor wieder aktuell. Der „Capabus“, der auf der Expo 2010 in Schanghai unterwegs war, funktionierte wieder nach diesem Prinzip, nutzte aber aufgrund der geschilderten Nachteile Kondensatoren zur Energiespeicherung. Auch die in Dresden entwickelte „AutoTram“ nutzt seit 2005 wieder ein Schwungrad als Energiespeicher; allerdings ist es nur ein kleineres Schwungrad, das auch nicht der einzige Antrieb ist, sondern lediglich eine Brennstoffzelle unterstützt und zur Zwischenspeicherung von Bremsenergie dient. Auch in Rennwagen wurden schon moderne Schwungradspeicher zum Puffern von Bremsenergie eingesetzt[1] beispielsweise beim Porsche 911 GT3 R Hybrid.
Planmäßige Einsätze
Der Gyrobus aus Gent von hinten
In der Schweiz setzte die Verkehrsgesellschaft Société anonyme des Transport Publics Yverdon–Grandson (TPYG) zwischen September 1953 und Oktober 1960 zwei Gyrobusse auf der acht Kilometer langen Strecke Tuileries de Grandson–Condémines ein. Sie verkehrten im Stundentakt, in den Hauptverkehrszeiten im Halbstundentakt.
Vom 6. August 1955 an verkehrten auch in Léopoldville – der Hauptstadt des damaligen Belgisch-Kongo – Gyrobusse auf vier Linien. Die Gewalttätigkeiten zwischen einem Gyrobusfahrer und Demonstranten vom 4. Januar 1959 gelten als einer der Anlässe im kongolesischen Unabhängigkeitskampf.[2] Noch in den 1950er-Jahren stellte man den Betrieb wegen technischer Probleme einerseits und den beginnenden „Kongo-Wirren“ andererseits wieder ein.
Außerdem wurden die bei der Schweizer Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) hergestellten Gyrobusse auch im belgischen Gent eingesetzt. Dorthin lieferte man drei Wagen an die Société Nationale des Chemins de Fer Vicinaux, sie verkehrten auf einer 9,6 Kilometer langen Linie von Gent nach Merelbeke. Im Einsatz waren sie von September 1956 bis November 1959.
Für die Anwohner einer Gyrobuslinie verliefen die Versuche positiv, ihnen blieben Abgase und der Anblick von Oberleitungen erspart. Allerdings endete die Forschung vorzeitig durch die fortschreitende Motorisierung und den Wunsch der Betreiber nach höherer Flexibilität. Die zusammen 19 Fahrzeuge verteilten sich wie folgt:
Anzahl Baujahre Fahrgestellnummern Betriebsnummern Einsatzbetrieb/Beschreibung
1 1950 812 keine,
ab 1954: 3 Versuchsfahrzeug, aufgebaut auf einem Lkw-Fahrgestell von 1932,
1954 nach Yverdon abgegeben
2 1953 3495 und 3496 1 und 2 Yverdon-les-Bains
1 ? 3497 keine Chassis geliefert an MFO, wurde Vorführfahrzeug der MFO
12 1954 3644 bis 3655 101 bis 112 Léopoldville
3 1955/56 3898 bis 3900 G1, G2 und G3 Gent
In den 1970er Jahren wurden bei Volvo und M.A.N. Gyro-Bus-Versuchsfahrzeuge mit Diesel-Hybridantrieb erprobt (vgl. Literatur). Einige der in den 1990er-Jahren wieder als Stadtbusse in München und Bremen betriebenen Gyrobusse gelangten später in Museen, die in Basel eingesetzten Trolleybusse wurden nach Bulgarien weiterverkauft.[1]
Gyrolokomotive
1954 baute MFO in der gleichen Technologie eine Gyrolokomotive für die lothringische Eisenerzmine Mines de St-Pierremont. Die Lok bewährte sich dort nicht (keine genügende Aufladung infolge ungenügender Stromversorgung) und kam danach ins Eisenbergwerk Gonzen nach Sargans, wo sie bis zur Einstellung der Erzförderung 1966 im Einsatz war. Nach langer Abstellzeit wurde die Lok revidiert und kommt seit 1994 gelegentlich für die Führung der Besucherzüge ins stillgelegte Bergwerk zum Einsatz.
Der Hydrobus
Auf einem dem Gyro-Antrieb ähnlichen Prinzip beruht der Hydro-Antrieb, der jedoch nur in kleinem Umfang erprobt wurde. Die von einem Dieselmotor erzeugte oder von einer Ladestation eingespeiste Energie wird dabei in einem Blasenspeicher konserviert. Die Entnahme und Speicherung der Energie erfolgt durch Druck- und Volumenänderung. Anders als vom Namen her zu erwarten, wurde dafür als Flüssigkeit nicht Wasser, sondern Öl verwendet. Bei MAN wurde zu Versuchszwecken ein Doppelstockbus mit einem solchen Antrieb ausgestattet, gekoppelt mit einem Dieselmotor. Im Vergleich zum Gyro-Antrieb bot sich der Vorteil, dass im Leerlaufzustand kein Energieverlust eintrat. Die enorme Masse der Hydrospeicher sowie ein großer Herstellungsaufwand waren Gründe dafür, weshalb der Entwicklung wenig Perspektive eingeräumt wurde. [3]
Quelle
Ein Gyrobus von 1955, das einzig erhaltene Fahrzeug seiner Art
Prinzip
Vor Betriebsbeginn, an bestimmten Zwischenhaltestellen und vor allem während des längeren Aufenthalts an den Endstationen wird mittels eines dreiarmigen Stromabnehmers eine Verbindung mit dem Stromnetz hergestellt. Dabei wird dem Fahrzeug Dreiphasenwechselstrom mit einer Spannung von 500 Volt zugeführt, mit dessen Hilfe das Schwungrad beschleunigt wird. Auch die Bremsenergie kann wie bei Batteriebussen oder Hybridbussen zurückgewonnen und auf das Schwungrad übertragen werden. Ein besetzter Gyrobus konnte mit einem Ladevorgang sechs Kilometer zurücklegen, in der Regel wurde jedoch alle vier Kilometer eine Ladestation eingerichtet.
Vor- und Nachteile
Der Gyrobus ist leiser als ein Dieselfahrzeug und erzeugt keine Abgase entlang der Fahrstrecke. Im Gegensatz zu Oberleitungsbussen benötigt er keine Fahrleitung. Damit kann er flexibel auf wechselnden Strecken eingesetzt werden. Für die Betreiber entfallen Investitionskosten für den Leitungsbau, das Stadtbild bleibt durch den Verzicht auf Oberleitungen erhalten.
Ein Nachteil ist das Gewicht: Ein Gyrobus für circa 20 Personen und einen Aktionsradius von 20 Kilometern benötigt bei herkömmlichen Schwungrädern aus Stahl etwa 1,5 Tonnen Schwungradmasse, um die nötigen etwa 18 MJ (5 kWh) zu speichern. Außerdem erfordert die rotierende Scheibe besondere Sicherheitsmaßnahmen. So beträgt die Umfangsgeschwindigkeit einer Scheibe mit 1,6 Meter Durchmesser bei 3000 Umdrehungen pro Minute etwa 900 km/h. Zusätzlich muss das Schwungradgehäuse evakuiert werden, um die Luftreibung und den damit einhergehenden Energieverlust zu verringern. Diese Maßnahmen erhöhen das Gesamtgewicht um etwa drei Tonnen gegenüber einem vergleichbaren Dieselfahrzeug. Moderne Schwungräder aus aufgewickeltem kohlenstofffaserverstärkten Kunststoff können mit höheren Drehzahlen arbeiten. Sie sind leichter und würden das Eigengewicht des Gyrobusses senken.
Ein weiterer Nachteil ist das Fahrverhalten eines Gyrofahrzeugs. Das um eine senkrechte Achse rotierende Schwungrad bewirkt bei Änderungen der Steigung der Straße Kippkräfte auf das Fahrzeug. Durch Verwendung zweier gegenläufiger Schwungräder lässt sich dieser Effekt jedoch aufheben.
Auch aufgrund dieser Nachteile setzte sich das Konzept des Busses mit Schwungrad-Antrieb nicht durch. Außerdem gab es immer leistungsfähigere Busse mit Verbrennungsmotoren mit größeren Reichweiten, die im Einsatz flexibler waren. Die Idee, elektrische Energie an der Haltestelle in den Bus zu laden, ist aufgrund der ökologischen Probleme des Verbrennungsmotor wieder aktuell. Der „Capabus“, der auf der Expo 2010 in Schanghai unterwegs war, funktionierte wieder nach diesem Prinzip, nutzte aber aufgrund der geschilderten Nachteile Kondensatoren zur Energiespeicherung. Auch die in Dresden entwickelte „AutoTram“ nutzt seit 2005 wieder ein Schwungrad als Energiespeicher; allerdings ist es nur ein kleineres Schwungrad, das auch nicht der einzige Antrieb ist, sondern lediglich eine Brennstoffzelle unterstützt und zur Zwischenspeicherung von Bremsenergie dient. Auch in Rennwagen wurden schon moderne Schwungradspeicher zum Puffern von Bremsenergie eingesetzt[1] beispielsweise beim Porsche 911 GT3 R Hybrid.
Planmäßige Einsätze
Der Gyrobus aus Gent von hinten
In der Schweiz setzte die Verkehrsgesellschaft Société anonyme des Transport Publics Yverdon–Grandson (TPYG) zwischen September 1953 und Oktober 1960 zwei Gyrobusse auf der acht Kilometer langen Strecke Tuileries de Grandson–Condémines ein. Sie verkehrten im Stundentakt, in den Hauptverkehrszeiten im Halbstundentakt.
Vom 6. August 1955 an verkehrten auch in Léopoldville – der Hauptstadt des damaligen Belgisch-Kongo – Gyrobusse auf vier Linien. Die Gewalttätigkeiten zwischen einem Gyrobusfahrer und Demonstranten vom 4. Januar 1959 gelten als einer der Anlässe im kongolesischen Unabhängigkeitskampf.[2] Noch in den 1950er-Jahren stellte man den Betrieb wegen technischer Probleme einerseits und den beginnenden „Kongo-Wirren“ andererseits wieder ein.
Außerdem wurden die bei der Schweizer Maschinenfabrik Oerlikon (MFO) hergestellten Gyrobusse auch im belgischen Gent eingesetzt. Dorthin lieferte man drei Wagen an die Société Nationale des Chemins de Fer Vicinaux, sie verkehrten auf einer 9,6 Kilometer langen Linie von Gent nach Merelbeke. Im Einsatz waren sie von September 1956 bis November 1959.
Für die Anwohner einer Gyrobuslinie verliefen die Versuche positiv, ihnen blieben Abgase und der Anblick von Oberleitungen erspart. Allerdings endete die Forschung vorzeitig durch die fortschreitende Motorisierung und den Wunsch der Betreiber nach höherer Flexibilität. Die zusammen 19 Fahrzeuge verteilten sich wie folgt:
Anzahl Baujahre Fahrgestellnummern Betriebsnummern Einsatzbetrieb/Beschreibung
1 1950 812 keine,
ab 1954: 3 Versuchsfahrzeug, aufgebaut auf einem Lkw-Fahrgestell von 1932,
1954 nach Yverdon abgegeben
2 1953 3495 und 3496 1 und 2 Yverdon-les-Bains
1 ? 3497 keine Chassis geliefert an MFO, wurde Vorführfahrzeug der MFO
12 1954 3644 bis 3655 101 bis 112 Léopoldville
3 1955/56 3898 bis 3900 G1, G2 und G3 Gent
In den 1970er Jahren wurden bei Volvo und M.A.N. Gyro-Bus-Versuchsfahrzeuge mit Diesel-Hybridantrieb erprobt (vgl. Literatur). Einige der in den 1990er-Jahren wieder als Stadtbusse in München und Bremen betriebenen Gyrobusse gelangten später in Museen, die in Basel eingesetzten Trolleybusse wurden nach Bulgarien weiterverkauft.[1]
Gyrolokomotive
1954 baute MFO in der gleichen Technologie eine Gyrolokomotive für die lothringische Eisenerzmine Mines de St-Pierremont. Die Lok bewährte sich dort nicht (keine genügende Aufladung infolge ungenügender Stromversorgung) und kam danach ins Eisenbergwerk Gonzen nach Sargans, wo sie bis zur Einstellung der Erzförderung 1966 im Einsatz war. Nach langer Abstellzeit wurde die Lok revidiert und kommt seit 1994 gelegentlich für die Führung der Besucherzüge ins stillgelegte Bergwerk zum Einsatz.
Der Hydrobus
Auf einem dem Gyro-Antrieb ähnlichen Prinzip beruht der Hydro-Antrieb, der jedoch nur in kleinem Umfang erprobt wurde. Die von einem Dieselmotor erzeugte oder von einer Ladestation eingespeiste Energie wird dabei in einem Blasenspeicher konserviert. Die Entnahme und Speicherung der Energie erfolgt durch Druck- und Volumenänderung. Anders als vom Namen her zu erwarten, wurde dafür als Flüssigkeit nicht Wasser, sondern Öl verwendet. Bei MAN wurde zu Versuchszwecken ein Doppelstockbus mit einem solchen Antrieb ausgestattet, gekoppelt mit einem Dieselmotor. Im Vergleich zum Gyro-Antrieb bot sich der Vorteil, dass im Leerlaufzustand kein Energieverlust eintrat. Die enorme Masse der Hydrospeicher sowie ein großer Herstellungsaufwand waren Gründe dafür, weshalb der Entwicklung wenig Perspektive eingeräumt wurde. [3]
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