Mary Shelley
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Mary Shelley
Nun dieser Name dürften den meisten Bildungsbürgern auch wenig geläufig sein und trotzdem dürften sie zumindest von dessen Werke schon einmal gehört haben. Es sei den man lebt in seiner eigenen Kleinen Krankenwelt unfd glaubt an Wunder.
Zu Mary steht folgendes geschrieben:
Mary Shelley (* 30. August 1797 in London, England; † 1. Februar 1851 ebenda), geborene Mary Godwin, häufig auch als Mary Wollstonecraft Shelley bezeichnet, war eine britische Schriftstellerin des frühen 19. Jahrhunderts. Sie ist als Autorin von Frankenstein oder Der moderne Prometheus (1818), einem der bekanntesten Werke der fantastischen Literatur,[1] in die Literaturgeschichte eingegangen. Zu ihrem Gesamtwerk zählen mehrere Romane, Kurzgeschichten, Theaterstücke, Essays, Gedichte, Rezensionen, Biografien und Reiseerzählungen. Sie gab außerdem das Werk ihres früh verstorbenen Ehemanns Percy Bysshe Shelley heraus. Ihr Vater war der Sozialphilosoph und Begründer des politischen Anarchismus William Godwin. Ihre Mutter war die Schriftstellerin und Feministin Mary Wollstonecraft, die mit Verteidigung der Rechte der Frau (1792) eine der grundlegenden Arbeiten der Frauenrechtsbewegung verfasste.
Mary Shelley, 1840 gemalt von Richard Rothwell
Mary Godwins Mutter starb kurz nach der Geburt ihrer Tochter. William Godwin zog seine Tochter gemeinsam mit ihrer älteren Halbschwester Fanny Imlay selbst auf. Sie erhielten durch ihn und seine zweite Ehefrau Mary Jane Clairmont eine zwar informelle, aber durchaus umfassende Erziehung, während dieser William Godwin seine Töchter ermutigte, seinen liberalen politischen Theorien zu folgen. 1814 verliebte sich Mary Godwin in den verheirateten Percy Bysshe Shelley, einen Bewunderer der Werke ihrer Mutter und Anhänger der politischen Ideen ihres Vaters. Gemeinsam mit ihrer Stiefschwester Claire Clairmont folgte die erst 16-jährige Mary Godwin Percy B. Shelley auf eine Reise durch Europa. Bei ihrer Rückkehr war Mary Godwin schwanger. Während der nächsten zwei Jahre war das unverheiratete Paar wegen seiner offen unkonventionellen Lebensweise einer gesellschaftlichen Ächtung ausgesetzt.
Den Sommer 1816 verbrachte das Paar gemeinsam mit Lord Byron, John William Polidori und Claire Clairmont am Genfersee. In einer der am häufigsten beschriebenen Episoden der Literaturgeschichte entwarf Mary Godwin dort ihre Idee für ihren Roman Frankenstein. Erst gegen Ende des Jahres 1816, wenige Wochen nach dem Selbstmord von Percy Shelleys erster Ehefrau Harriet, heiratete das Paar. 1818 ließen sich die beiden für längere Zeit in Italien nieder. 1822 ertrank Percy B. Shelley während einer Segeltour im Golf von La Spezia. Ein Jahr später kehrte Mary Shelley mit ihrem letztgeborenen und einzigen überlebenden Kind nach England zurück, wo sie erfolgreich ihre Karriere als Schriftstellerin fortsetzte. Ihr letztes Lebensjahrzehnt war von Krankheiten gezeichnet. Sie starb im Alter von 53 Jahren vermutlich an einem Gehirntumor.
Bis in die 1970er Jahre wurde Mary Shelley vor allem als Nachlassverwalterin ihres Ehemanns sowie als Verfasserin des Romans Frankenstein wahrgenommen. Ihr bekanntestes Werk wird auch knapp zweihundert Jahre nach seiner Erstveröffentlichung noch gelesen und wurde mehrfach für Bühne und Film adaptiert. Die Literaturwissenschaft ist seit den 1970er Jahren zu einer umfassenderen Wertung ihres vielseitigen Werkes gelangt und würdigt heute auch ihre späteren Romane wie den historischen Roman Valperga (1823), Perkin Warbeck (1830), den apokalyptischen Roman The Last Man (1826) und ihre zwei letzten Erzählungen Lodore (1835) und Falkner (1837). Eine genauere Auseinandersetzung mit ihren weniger bekannten Arbeiten wie dem Reisebericht Rambles in Germany and Italy (1844) und den biografischen Aufsätzen für Dionysius Lardners Cabinet Cyclopaedia (1829–46) zeigt, dass Mary Shelley bis an ihr Lebensende radikale politische Ideen vertrat. In ihren Arbeiten findet sich häufig die Ansicht, dass eine gesellschaftliche Reform durch ein kooperatives und verständnisvolles Verhalten seitens der Frauen angestoßen werden könne. Mit dieser Überzeugung stand sie im Gegensatz zu der individualistischen Romantik, wie sie Percy Shelley vertrat, und den politischen Theorien ihres Vaters, William Godwin.
Leben
Kindheit
Mary Wollstonecraft, Gemälde von John Opie, 1797
Mary Shelley wurde als Mary Godwin in Somers Town, London im Jahre 1797 geboren. Sie war das zweite Kind der Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Mary Wollstonecraft und das erste des Sozialphilosophen William Godwin. Zehn Tage nach der Geburt starb Mary Wollstonecraft am Kindbettfieber. Mit Hilfe von Haushälterinnen zog William Godwin seine Tochter Mary Godwin sowie ihre ältere Halbschwester Fanny Imlay, die Tochter von Mary Wollstonecraft aus einer unehelichen Verbindung mit dem amerikanischen Spekulanten Gilbert Imlay, alleine auf.[2] Ein Jahr nach Mary Wollstonecrafts Tod publizierte William Godwin seine Memoirs of the Author of A Vindication of the Rights of Woman (1798), die er als Tribut an seine verstorbene Frau verstand. In seinem Bemühen, sie als freie, selbständige und unkonventionelle Frau zu schildern, nannte er in dem Buch offenherzig zahlreiche Details aus dem Leben seiner verstorbenen Frau.[3] Nicht nur ihre obsessive Leidenschaft für den verheirateten Maler Johann Heinrich Füssli war darin beschrieben, sondern auch, dass Fanny Imlay ein außereheliches Kind war, dass Mary Wollstonecraft zweimal versuchte, sich das Leben zu nehmen, dass sie mit Mary Godwin schwanger war, bevor sie William Godwin heiratete und dass sie noch auf dem Totenbett jeglichen religiösen Beistand ablehnte.[4] Die Publikation dieser Erinnerungen sorgte bei seinem Erscheinen für großes Aufsehen und schädigte für Generationen den Ruf von Mary Wollstonecraft.[5] Den Kindern, die im Godwin-Haushalt aufwuchsen, waren die Werke von Mary Wollstonecraft sowie diese aufsehenerregenden „Memoirs“ zugänglich. Beide Mädchen verehrten ihre Mutter; Mary Godwin berief sich später auf den unkonventionellen Lebensweg ihrer Mutter, als sie gegen den Willen ihres Vaters eine Liaison mit Percy B. Shelley einging.[6]
Nach den Briefen von William Godwin und der Haushälterin Louisa Jones zu urteilen, war die frühe Kindheit von Mary Godwin glücklich.[7] William Godwin war jedoch häufig hoch verschuldet und stand unter dem Eindruck, dass er die Mädchen nicht alleine großziehen sollte.[8] Am 21. Dezember 1801 heiratete William Godwin Mary Jane Clairmont, die in der Nachbarschaft lebte und von ihm schwanger war. Sie hatte unter ihren Nachbarn den Anschein erweckt, sie sei Witwe. Die beiden Kinder, die sie mit in die Ehe brachte, waren jedoch außerehelich geboren und stammten von zwei verschiedenen Vätern ab. William Godwin war zumindest ersteres zum Zeitpunkt der Eheschließung bekannt. Die neuen Stiefgeschwister von Fanny Imlay und Mary Godwin waren die dreijährige Claire[9] und der sechsjährige Charles Clairmont.[10] Während William Godwin seiner zweiten Ehefrau bis ans Ende seines Lebens sehr zugetan war, lehnte Mary Godwin ihre Stiefmutter in den kommenden Jahren mit zunehmender Heftigkeit ab.[11]
Seite aus William Godwins Tagebuch, in der die Geburt von Mary Godwin festgehalten ist. (linke Spalte, vierte Reihe von oben)
Gemeinsam mit seiner Frau gründete William Godwin 1805 eine Verlagsbuchhandlung, für die er auch selber Kinderbücher schrieb.[12] 1807 zog die Familie in die Nähe von Clerkenwell, dem Stadtteil, in dem traditionell die Londoner Buchhändler angesiedelt waren. Die Godwin-Familie hatte ihre neue Wohnung oberhalb des Ladens, in der sie ihre Bücher, Schreibpapier, Karten und Spiele anboten. Meist war es Mrs. Godwin sowie später Fanny Imlay und Mary Godwin, die unten im Laden arbeiteten.[13] William Godwins kleines Unternehmen war anfänglich durchaus profitabel, ein kommerzieller Erfolg blieb mittelfristig jedoch aus. William Godwin borgte weit mehr Geld von wohlhabenden Bekannten wie dem Verleger Joseph Johnson und Verehrern wie Francis Place, als die Familie zurückzahlen konnte.[14]
Wie für Mädchen der Mittelschicht zu dieser Zeit üblich, erhielt Mary Godwin wenig formale Schulerziehung. William Godwin war zwar der Ansicht, dass er die Mädchen nicht nach den Prinzipien erzog, die Mary Wollstonecraft in ihrer Verteidigung der Rechte der Frau gefordert hatte. Er unterrichtete die Kinder jedoch in einem weiten Spektrum an Themen. Alle Kinder hatten Zugang zu seiner umfangreichen Bibliothek und Umgang mit den zahlreichen Intellektuellen, Dichtern, Journalisten, Philosophen, Politikern und Literaten, die William Godwin aufsuchten.[15] Verglichen mit ihren Zeitgenossinnen erhielt Mary Godwin dadurch eine ungewöhnlich umfassende Ausbildung. Miranda Seymour argumentiert in ihrer Biografie über Mary Shelley, dass „…alles, was wir über die frühen Jahre seiner Töchter wissen, nahelegt, dass sie in einer Weise erzogen wurden, der ihre Mutter zugestimmt hätte.“[16] Die Mädchen hatten eine Gouvernante, einen Tutor, eine französisch sprechende Stiefmutter und einen (Stief-)vater, der Kinderbücher schrieb und gewöhnlich die ersten Entwürfe seinem eigenen Nachwuchs als erstes vorlas. Von den Kindern wurde erwartet, Gedichte zu verfassen oder Geschichten zu schreiben. Claire Clairmont klagte Jahre später über dieses intellektuell fordernde Umfeld: Wenn du in unserer Familie nicht ein episches Gedicht oder einen Roman schreiben kannst, der durch seine Originalität alle anderen Romane in den Schatten stellst, bist du eine verächtliche Kreatur, die es nicht wert ist, anerkannt zu werden.[17] 1811 besuchte Mary Godwin für kurze Zeit ein Mädchenpensionat in Ramsgate.[18] Die fünfzehnjährige Mary Godwin wurde von ihrem Vater als ungewöhnlich kühn, ein wenig herrschsüchtig und von wachem Verstand beschrieben.[19]
Ab Juni 1812 lebte Mary Godwin für einige Monate in der Nähe von Dundee bei der Familie von William Baxter, die zu den sogenannten Dissentern gehörten.[20] Der Anlass für die Reise ist unsicher. Mary Godwins angeschlagene Gesundheit kann dazu ebenso der Grund gewesen sein wie William Godwins Wunsch, dass seine Tochter eine Familie erlebe, die sich einem radikal anderem Leben verschrieben hatte. Mary Godwin fühlte sich bei der Baxter-Familie, zu der unter anderem vier Töchter gehörten, sehr wohl. Sie kehrte im Sommer 1813 erneut nach Schottland zurück, um dort weitere 10 Monate zu verbringen. Im Vorwort zu der 1831 erschienenen Auflage von Frankenstein hat Mary Godwin die Zeit dort als für sie prägend beschrieben. Erst in der weiten offenen Landschaft habe sich ihre Phantasie entwickeln können.[21]
Percy Bysshe Shelley
Ab 1814 verband Mary Godwin eine Liebesbeziehung mit Percy Bysshe Shelley. Percy Shelley war ein Bewunderer von William Godwins Hauptwerk An Enquiry Concerning Political Justice. Allerdings hatte er sich nur mit der ersten Fassung aus dem Jahre 1793 auseinandergesetzt, in der William Godwin die französische Revolution feierte, die Ehe ablehnte und sich für freie Liebe auf Basis gleicher Rechte einsetzte. In späteren Auflagen hatte William Godwin seine Ansichten deutlich gemäßigt. Unverändert blieb lediglich sein Standpunkt, dass große Denker und Künstler ein Anrecht auf die Unterstützung von wohlhabenden Förderern hätten.[22][23]
William Godwin
Am 3. Januar 1812 schrieb Percy Shelley das erste Mal an William Godwin. William Godwin, der Verehrerbriefe von jungen, enthusiastischen Männern gewöhnt war, antwortete zunächst zurückhaltend. Erst als ihm bewusst wurde, dass er möglicherweise in dem Baronet-Erben Shelley einen wohlhabenden Gönner finden würde, wurde der Briefverkehr intensiver. Percy Shelley sagte William Godwin schließlich eine lebenslange finanzielle Förderung zu, obwohl Shelleys eigene finanzielle Lage angespannt war.[24] Sein Vater, der angesehene Friedensrichter Sir Timothy Shelley, behandelte seinen Sohn zwar verständnisvoller als Shelley dies in den Briefen an William Godwin schilderte. Er zahlte ihm jedoch keinen beziehungsweise nur wenig Unterhalt. Stattdessen besorgte sich Percy Shelley Geld, indem er Schuldscheine auf sein zukünftiges Erbe ausstellte.
Miranda Seymour weist in ihrer Mary Shelley-Biografie darauf hin, wie exzentrisch, sprunghaft und unberechenbar das Verhalten von Percy Shelley in den Jahren zwischen 1811 und 1815 war. Sie deutet sogar Zweifel an seiner Zurechnungsfähigkeit an und begründet dies mit einer Fülle an Beispielen.[25] Percy Shelley hatte 1811 spontan die sechzehnjährige Harriet Westbrook geheiratet. Diese war eine Internatsfreundin seiner jüngeren Schwestern, die er zum Zeitpunkt der Eheschließung kaum kannte. In der Heirat sah der damals 19-jährige die einzige Möglichkeit, das junge Mädchen aus der Tyrannei ihrer Schule und ihres Vaters zu befreien. Sein Versuch, zwei junge Mädchen zu adoptieren, die er persönlich erziehen wollte, scheiterte dagegen.[26]
In Irland, wo sich das junge Ehepaar zeitweilig niederließ, erregte Shelley die Aufmerksamkeit der Regierungsbehörden, weil er Pamphlete über die Menschenrechte verteilte und Aufrufe zur Revolution als Flaschenpost ins Meer warf. In seinen Schriften forderte er die Iren auf, umstürzlerische Geheimbünde wie den der Illuminaten zu gründen. Elizabeth Hitchener, eine Schullehrerin, die ihre gesicherte Existenz aufgab, um mit dem Ehepaar zu leben, wurde von Percy Shelley zunächst als neue republikanische „Portia“ verehrt. Wenige Monate später trennte sich das Ehepaar von der Lehrerin, weil Percy Shelley nach plötzlichem Meinungsumschwung in ihr einen „braunen Dämon“ zu erkennen meinte.[27] Ähnlich abrupt wendete er sich von seiner jungen Ehefrau Harriet ab und zeitweilig der verheirateten Cornelia Turner zu, die mehr seinem Bild einer Idealgefährtin entsprach: „Ich hatte das Gefühl, als ob man einen toten und einen lebendigen Körper in einer widerlichen Gemeinschaft verbunden hätte. Länger konnte man sich nicht mehr der Selbsttäuschung hingeben ….“[28] beschrieb er später seinem Freund Thomas Jefferson Hogg den Zustand seiner Ehe zu Beginn des Jahres 1814.
Es ist möglich, dass Mary Godwin und Percy Shelley sich bereits 1813 begegneten. Eindeutig belegt ist eine Begegnung für den 5. Mai 1814. Shelleys Freund Thomas Jefferson Hogg hat in seinen Aufzeichnungen festgehalten, wie fasziniert Percy Shelley davon war, dass Mary Godwin die Tochter von William Godwin und Mary Wollstonecraft war.[29] Großes Interesse hatte er zuvor Fanny Imlay, Mary Wollstonecrafts ältester Tochter, entgegengebracht. Ihre aufmerksame Stiefmutter sendete Fanny Imlay jedoch auf einen längeren Urlaub nach Wales und entzog sie so dem Einfluss von Percy Shelley. Stattdessen entwickelte sich zwischen der 16-jährigen Mary Godwin und Percy Shelley eine Liebesbeziehung.[30] Am 26. Juni erklärten sich die beiden am Grabe von Mary Wollstonecraft gegenseitig ihre Liebe. Der nach wie vor mit Harriet Westbrook verheiratete Percy Shelley informierte William Godwin sehr schnell über die Liebesbeziehung, weil er meinte, bei dem Verfasser von „An Enquiry Concerning Political Justice“ dafür Verständnis zu finden. Von den 2500 Pfund Sterling, die Percy Shelley gegen ein Rückzahlungsversprechen von 8.000 Pfund aufgenommen und in voller Höhe dem hoch verschuldeten William Godwin zugesichert hatte, sollte dieser lediglich 1.200 Pfund Sterling erhalten. Das übrige Geld sollte der Finanzierung einer gemeinsamen Europareise von Mary Godwin und Percy Shelley dienen. William Godwin fühlte sich doppelt betrogen: Er meinte nicht nur einen Anspruch auf den vollen Betrag zu haben, sondern sah auch seine Gastfreundschaft von einer Person missbraucht, die seine längst revidierten politischen Theorien zur Rechtfertigung hedonistisch getriebener Handlungen umdeutete.[31]
Der vom Schuldgefängnis bedrohte William Godwin verhandelte mit Percy Shelley zwar weiter, um den zugesicherten Geldbetrag in voller Höhe zu erhalten. Er war jedoch davon überzeugt, weitere Treffen zwischen Shelley und Mary Godwin unterbunden zu haben. Mary Godwin, die ihre Verehrung für ihren Vater später als „romantisch und exzessiv“ bezeichnete[32], fand das Verhalten ihres Vaters widersprüchlich. Sie sah in Percy Shelley die Verkörperung der liberalen Ideen, die ihre Eltern in den 1790er Jahren vertreten hatten. Ohne sein Wissen stand sie nach wie vor in Briefkontakt mit Percy Shelley. Als Zuträgerin diente zuerst Claire Clairmont, später ein Buchhändler. Am 28. Juli brach das Paar gemeinsam mit Claire Clairmont heimlich nach Frankreich auf.[33]
Die erste Reise in die Schweiz und die Rückkehr nach England
Das Trio reiste zunächst nach Paris. Percy Shelley hatte damit gerechnet, dass ihn dort eine Geldanweisung seines Verlegers Thomas Hookham erwarten würde. Dieser hatte ihn jedoch nur einen Brief geschrieben, in dem er ihn für sein unverantwortliches Verhalten tadelte. Damit die 60 Pfund, die das Trio noch hatte, bis zu ihrem Reiseziel Schweiz reichen würden, reisten sie zu Fuß weiter. Ein Esel und später ein Maultier trugen ihr Gepäck.[34] „Es war wie in einem Roman, wie eine gelebte Romanze“[35], erinnerte sich Mary Shelley im Jahre 1826 an ihre Reise durch das kriegsgezeichnete Frankreich. Unterwegs lasen sie einander Mary Wollstonecrafts Schriften vor und führten gemeinsam Tagebuch.[36] In Luzern zwang sie schließlich Geldmangel, ihre Reise abzubrechen. Am 13. September 1814 trafen sie wieder in England ein.
Die Situation, die Mary Godwin in England erwartete, war komplizierter, als sie vorausahnen konnte. Sie war schwanger, das Paar verfügte über keinerlei finanzielle Mittel und zu Mary Godwins Überraschung lehnte ihr Vater es ab, sie zu treffen.[37] In London kursierte das Gerücht, William Godwin habe seine Töchter für ein paar hundert Pfund an Percy Shelley verkauft. Dies ist ein möglicher Grund, warum William Godwin bis zur Heirat von Percy Shelley und Mary Godwin hartnäckig Distanz zu dem Paar hielt.[38]
Gemeinsam mit Claire Clairmont ließ sich das Paar in einer Mietwohnung in London nieder. Percy Shelley musste bis zum 9. November für Wochen der Wohnung fernbleiben, weil ihm wegen unbezahlter Rechnungen eine Verhaftung durch den Gerichtsvollzieher drohte. Erst dann hatte er ausreichend Geld aufgetrieben, um seine Gläubiger zu befriedigen.[39] Bis dahin traf Mary Shelley ihren Liebhaber nur gelegentlich in Hotels, Kirchen oder Kaffeehäusern. Zwei Jahrzehnte später verarbeitete sie diese heimlichen Zusammenkünfte im Roman „Lodore“.[40] Mary Shelley litt unter starken Schwangerschaftsbeschwerden und unter der komplizierten Beziehung zu Percy B. Shelley. In ihrem Tagebuch vom 6. Dezember 1814 schrieb sie:
„Sehr unwohl. Shelley und Clary [Claire Clairmont] gehen wie gewöhnlich aus und suchen alle möglichen Lokalitäten auf. (…) Harriet [Shelleys Ehefrau] [ist] von einem Sohn und Erben entbunden worden (…). Shelley schreibt eine Reihe von Briefen über dieses Ereignis, das mit Glockengeläut angekündigt werden sollte, denn es handelt sich ja um den Sohn seiner Ehefrau.“
– Zitiert nach Spark, dt. Übersetzung von Angelika Beck, S. 59.[41]
Thomas Jefferson Hogg, den sie zu Beginn ihrer Bekanntschaft nur wenig geschätzt hatte, wurde für sie zunehmend zu einem engen Freund.[42] Percy Shelley, der sich nach wie vor dem Ideal der freien Liebe verpflichtet fühlte, hätte es vermutlich gerne gesehen, wenn die zwei eine engere Beziehung eingegangen wären.[43] Mary Godwin lehnte dies nicht rundheraus ab, weil sie prinzipiell ebenfalls an die freie Liebe glaubte. Ihre Beziehung zu Thomas Jefferson Hogg scheint aber nicht über einen Flirt hinausgegangen zu sein.[44] Emily Sunstein, eine der Biografinnen von Mary Godwin und Percy B. Shelley, zählt zu den wenigen, die es für möglich halten, dass es 1815 zu einer kurzen Liebesaffäre zwischen den beiden kam.[45] Am 22. Februar 1815 gebar Mary Godwin eine Tochter, die zwei Monate zu früh auf die Welt kam. Sie starb wenige Tage später. Der Tod ihrer Tochter löste bei Mary Godwin eine depressive Phase aus, in der sie immer wieder davon träumte, die kleine Clara würde wieder lebendig.[46] Erst im Sommer ging es ihr besser und wenig später war sie erneut schwanger.[47] Die finanzielle Situation des Paares verbesserte sich, nachdem Percy Shelley aus dem Erbe seines am 5. Januar 1815 verstorbenen Großvaters eine Leibrente von jährlich 1.000 Pfund Sterling sowie einen Betrag erhielt, mit dem er seine Schulden begleichen sollte.[48] Das Paar machte zunächst Urlaub in Torquay und mietete sich später ein kleines Cottage am Stadtrand von London.[49] Am 24. Januar 1816 brachte Mary Godwin einen Sohn zur Welt. Er wurde nach seinem Großvater William genannt und von seinen Eltern zärtlich „Willmouse“ gerufen.
Der Genfersee und Frankenstein
Tafel an der „Byron-Wiese“ in Genf zur Erinnerung an die Entstehung des Frankenstein
Im Mai 1816 reisten Mary Godwin und Percy Shelley gemeinsam mit ihrem kleinen Sohn und Claire Clairmont erneut in die Schweiz, um den Sommer am Genfersee zu verbringen. Das Reiseziel war von Claire Clairmont vorgeschlagen worden, die hoffte, dort Lord Byron wieder zu treffen. Die beiden hatten in London eine kurze Liebesaffäre gehabt und Claire Clairmont war von dem berühmt-berüchtigten Dichter schwanger.[50] Der von seinem Leibarzt John Polidori begleitete Lord Byron war zwar überrascht, am Genfersee auf Claire Clairmont zu treffen, freundete sich aber rasch mit Percy Shelley an. Percy Shelley hatte das kleine „Maison Chapuis“ (gelegentlich auch „Chappuis“ geschrieben) in Cologny gemietet. Lord Byron bezog wenige Tage später die große und elegante Villa Diodati in der Nachbarschaft.[51] Während sich ein Schweizer Kindermädchen um den kleinen William kümmerte, verbrachten die fünf Erwachsenen einen großen Teil ihrer Zeit mit gemeinsamen Lesen, Schreiben und Bootsausflügen. Ihre wechselseitigen Besuche blieben der englischen Öffentlichkeit nicht verborgen. Der Genfersee war ein beliebtes Reiseziel vermögender Engländer und die fünf Personen wurden von neugierigen Sommergästen sogar mit Teleskopen beobachtet. Der englischen Presse war der Sommeraufenthalt der fünf willkommener Anlass, sich erneut über den gotteslästerlichen William Godwin und seine unmoralisch lebenden Töchter zu äußern.[52]
Mary Shelley erinnerte sich in einem fünfzehn Jahre später verfassten Vorwort zu Frankenstein, dass der Sommer am Genfersee nass, stürmisch und gewitterreich war.[53] Nicht enden wollender Regen zwang die Gruppe für Tage im Haus zu bleiben. Um sich die Zeit zu vertreiben, unterhielten sich die fünf über den Naturphilosophen und Dichter Erasmus Darwin, der angeblich in Experimenten tote Materie belebt hatte, über Galvanismus und über die Möglichkeit, künstliches Leben zu schaffen.[54] Vor dem Kaminfeuer in Lord Byrons Villa lasen sie sich nachts Schauergeschichten vor. Lord Byron schlug schließlich vor, dass jeder eine eigene Schauergeschichte zur Unterhaltung beisteuern solle. Mary Godwin hat in ihrem Vorwort von 1831 behauptet, ihr sei anders als den übrigen über Tage nichts eingefallen, bis sie schließlich einen Wachtraum gehabt habe:
„(…) ich sah den bleichen Schüler unheiliger Künste neben dem Ding knien, das er zusammengesetzt hatte. Ich sah das bösartige Phantom eines hingestreckten Mannes und dann, wie sich durch das Werk einer mächtigen Maschine Lebenszeichen zeigten und er sich mit schwerfälligen, halblebendigen Bewegungen rührte (…). Sein Erfolg würde dem Künstler Angst einjagen; er würde voll Grauen vor dem abscheulichen Werk fliehen. Er würde hoffen, dass der schwache Lebensfunke, den er übertragen hatte, verblassen würde, wenn er ihn sich selbst überließe (…) und er könnte in dem Glauben schlafen, dass die Stille des Grabes die flüchtige Existenz dieses bösartigen Leichnams, den er als Quelle des Lebens betrachtet hatte, für immer ersticken würde. Er schläft; doch er wird geweckt; er öffnet die Augen; sieht das grässliche Ding an der Seite seines Bettes stehen, die Vorhänge öffnen und ihn mit gelben, wässrigen, doch forschenden Augen anstarren.“
– zitiert nach Pechstein, S. 76 bis S. 77
Mary Godwins Biografin Miranda Seymour äußert Skepsis an dieser Version der Entstehungsgeschichte. Mary Godwin schrieb dies zu einem Zeitpunkt nieder, als sie sicher sein konnte, dass niemand ihr widersprechen werde, sie sich gleichzeitig aber bewusst war, dass eine gute Geschichte helfen werde, das Buch zu verkaufen. John Polidoris detailliertes Tagebuch berichtet dagegen, dass bis auf ihn jeder sofort an einer Erzählung zu arbeiten begann. Nach Ansicht von Miranda Seymour ist es möglich, dass Mary Godwin ihre Version der Entstehungsgeschichte bei Samuel Coleridge entlehnte, der 1816 in ähnlicher Weise die Entstehung seiner Ballade „Christabel“ beschrieben hatte. Mary Godwins Tagebuch aus dieser Zeit ist verloren gegangen; das erhalten gebliebene beginnt am 22. Juli 1816 und in diesem hält Mary Godwin mit den kurzen Notiz „write“ und „write my story“ fest, dass sie an einer Geschichte arbeitete.[55]
Am 29. August reisten Percy Shelley, Mary Godwin und Claire Clairmont gemeinsam mit dem kleinen William und seinem Schweizer Kindermädchen wieder nach London ab. Zuvor hatte Percy Shelley Vereinbarungen mit Lord Byron getroffen, was mit dem Kind geschehen solle, welches Claire Clairmont von ihm erwartete. Im Gepäck hatten sie zahlreiche Manuskripte, die im Laufe dieses Sommers entstanden waren.
Weiteres dazu im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mary_Shelley
Zu Mary steht folgendes geschrieben:
Mary Shelley (* 30. August 1797 in London, England; † 1. Februar 1851 ebenda), geborene Mary Godwin, häufig auch als Mary Wollstonecraft Shelley bezeichnet, war eine britische Schriftstellerin des frühen 19. Jahrhunderts. Sie ist als Autorin von Frankenstein oder Der moderne Prometheus (1818), einem der bekanntesten Werke der fantastischen Literatur,[1] in die Literaturgeschichte eingegangen. Zu ihrem Gesamtwerk zählen mehrere Romane, Kurzgeschichten, Theaterstücke, Essays, Gedichte, Rezensionen, Biografien und Reiseerzählungen. Sie gab außerdem das Werk ihres früh verstorbenen Ehemanns Percy Bysshe Shelley heraus. Ihr Vater war der Sozialphilosoph und Begründer des politischen Anarchismus William Godwin. Ihre Mutter war die Schriftstellerin und Feministin Mary Wollstonecraft, die mit Verteidigung der Rechte der Frau (1792) eine der grundlegenden Arbeiten der Frauenrechtsbewegung verfasste.
Mary Shelley, 1840 gemalt von Richard Rothwell
Mary Godwins Mutter starb kurz nach der Geburt ihrer Tochter. William Godwin zog seine Tochter gemeinsam mit ihrer älteren Halbschwester Fanny Imlay selbst auf. Sie erhielten durch ihn und seine zweite Ehefrau Mary Jane Clairmont eine zwar informelle, aber durchaus umfassende Erziehung, während dieser William Godwin seine Töchter ermutigte, seinen liberalen politischen Theorien zu folgen. 1814 verliebte sich Mary Godwin in den verheirateten Percy Bysshe Shelley, einen Bewunderer der Werke ihrer Mutter und Anhänger der politischen Ideen ihres Vaters. Gemeinsam mit ihrer Stiefschwester Claire Clairmont folgte die erst 16-jährige Mary Godwin Percy B. Shelley auf eine Reise durch Europa. Bei ihrer Rückkehr war Mary Godwin schwanger. Während der nächsten zwei Jahre war das unverheiratete Paar wegen seiner offen unkonventionellen Lebensweise einer gesellschaftlichen Ächtung ausgesetzt.
Den Sommer 1816 verbrachte das Paar gemeinsam mit Lord Byron, John William Polidori und Claire Clairmont am Genfersee. In einer der am häufigsten beschriebenen Episoden der Literaturgeschichte entwarf Mary Godwin dort ihre Idee für ihren Roman Frankenstein. Erst gegen Ende des Jahres 1816, wenige Wochen nach dem Selbstmord von Percy Shelleys erster Ehefrau Harriet, heiratete das Paar. 1818 ließen sich die beiden für längere Zeit in Italien nieder. 1822 ertrank Percy B. Shelley während einer Segeltour im Golf von La Spezia. Ein Jahr später kehrte Mary Shelley mit ihrem letztgeborenen und einzigen überlebenden Kind nach England zurück, wo sie erfolgreich ihre Karriere als Schriftstellerin fortsetzte. Ihr letztes Lebensjahrzehnt war von Krankheiten gezeichnet. Sie starb im Alter von 53 Jahren vermutlich an einem Gehirntumor.
Bis in die 1970er Jahre wurde Mary Shelley vor allem als Nachlassverwalterin ihres Ehemanns sowie als Verfasserin des Romans Frankenstein wahrgenommen. Ihr bekanntestes Werk wird auch knapp zweihundert Jahre nach seiner Erstveröffentlichung noch gelesen und wurde mehrfach für Bühne und Film adaptiert. Die Literaturwissenschaft ist seit den 1970er Jahren zu einer umfassenderen Wertung ihres vielseitigen Werkes gelangt und würdigt heute auch ihre späteren Romane wie den historischen Roman Valperga (1823), Perkin Warbeck (1830), den apokalyptischen Roman The Last Man (1826) und ihre zwei letzten Erzählungen Lodore (1835) und Falkner (1837). Eine genauere Auseinandersetzung mit ihren weniger bekannten Arbeiten wie dem Reisebericht Rambles in Germany and Italy (1844) und den biografischen Aufsätzen für Dionysius Lardners Cabinet Cyclopaedia (1829–46) zeigt, dass Mary Shelley bis an ihr Lebensende radikale politische Ideen vertrat. In ihren Arbeiten findet sich häufig die Ansicht, dass eine gesellschaftliche Reform durch ein kooperatives und verständnisvolles Verhalten seitens der Frauen angestoßen werden könne. Mit dieser Überzeugung stand sie im Gegensatz zu der individualistischen Romantik, wie sie Percy Shelley vertrat, und den politischen Theorien ihres Vaters, William Godwin.
Leben
Kindheit
Mary Wollstonecraft, Gemälde von John Opie, 1797
Mary Shelley wurde als Mary Godwin in Somers Town, London im Jahre 1797 geboren. Sie war das zweite Kind der Frauenrechtlerin und Schriftstellerin Mary Wollstonecraft und das erste des Sozialphilosophen William Godwin. Zehn Tage nach der Geburt starb Mary Wollstonecraft am Kindbettfieber. Mit Hilfe von Haushälterinnen zog William Godwin seine Tochter Mary Godwin sowie ihre ältere Halbschwester Fanny Imlay, die Tochter von Mary Wollstonecraft aus einer unehelichen Verbindung mit dem amerikanischen Spekulanten Gilbert Imlay, alleine auf.[2] Ein Jahr nach Mary Wollstonecrafts Tod publizierte William Godwin seine Memoirs of the Author of A Vindication of the Rights of Woman (1798), die er als Tribut an seine verstorbene Frau verstand. In seinem Bemühen, sie als freie, selbständige und unkonventionelle Frau zu schildern, nannte er in dem Buch offenherzig zahlreiche Details aus dem Leben seiner verstorbenen Frau.[3] Nicht nur ihre obsessive Leidenschaft für den verheirateten Maler Johann Heinrich Füssli war darin beschrieben, sondern auch, dass Fanny Imlay ein außereheliches Kind war, dass Mary Wollstonecraft zweimal versuchte, sich das Leben zu nehmen, dass sie mit Mary Godwin schwanger war, bevor sie William Godwin heiratete und dass sie noch auf dem Totenbett jeglichen religiösen Beistand ablehnte.[4] Die Publikation dieser Erinnerungen sorgte bei seinem Erscheinen für großes Aufsehen und schädigte für Generationen den Ruf von Mary Wollstonecraft.[5] Den Kindern, die im Godwin-Haushalt aufwuchsen, waren die Werke von Mary Wollstonecraft sowie diese aufsehenerregenden „Memoirs“ zugänglich. Beide Mädchen verehrten ihre Mutter; Mary Godwin berief sich später auf den unkonventionellen Lebensweg ihrer Mutter, als sie gegen den Willen ihres Vaters eine Liaison mit Percy B. Shelley einging.[6]
Nach den Briefen von William Godwin und der Haushälterin Louisa Jones zu urteilen, war die frühe Kindheit von Mary Godwin glücklich.[7] William Godwin war jedoch häufig hoch verschuldet und stand unter dem Eindruck, dass er die Mädchen nicht alleine großziehen sollte.[8] Am 21. Dezember 1801 heiratete William Godwin Mary Jane Clairmont, die in der Nachbarschaft lebte und von ihm schwanger war. Sie hatte unter ihren Nachbarn den Anschein erweckt, sie sei Witwe. Die beiden Kinder, die sie mit in die Ehe brachte, waren jedoch außerehelich geboren und stammten von zwei verschiedenen Vätern ab. William Godwin war zumindest ersteres zum Zeitpunkt der Eheschließung bekannt. Die neuen Stiefgeschwister von Fanny Imlay und Mary Godwin waren die dreijährige Claire[9] und der sechsjährige Charles Clairmont.[10] Während William Godwin seiner zweiten Ehefrau bis ans Ende seines Lebens sehr zugetan war, lehnte Mary Godwin ihre Stiefmutter in den kommenden Jahren mit zunehmender Heftigkeit ab.[11]
Seite aus William Godwins Tagebuch, in der die Geburt von Mary Godwin festgehalten ist. (linke Spalte, vierte Reihe von oben)
Gemeinsam mit seiner Frau gründete William Godwin 1805 eine Verlagsbuchhandlung, für die er auch selber Kinderbücher schrieb.[12] 1807 zog die Familie in die Nähe von Clerkenwell, dem Stadtteil, in dem traditionell die Londoner Buchhändler angesiedelt waren. Die Godwin-Familie hatte ihre neue Wohnung oberhalb des Ladens, in der sie ihre Bücher, Schreibpapier, Karten und Spiele anboten. Meist war es Mrs. Godwin sowie später Fanny Imlay und Mary Godwin, die unten im Laden arbeiteten.[13] William Godwins kleines Unternehmen war anfänglich durchaus profitabel, ein kommerzieller Erfolg blieb mittelfristig jedoch aus. William Godwin borgte weit mehr Geld von wohlhabenden Bekannten wie dem Verleger Joseph Johnson und Verehrern wie Francis Place, als die Familie zurückzahlen konnte.[14]
Wie für Mädchen der Mittelschicht zu dieser Zeit üblich, erhielt Mary Godwin wenig formale Schulerziehung. William Godwin war zwar der Ansicht, dass er die Mädchen nicht nach den Prinzipien erzog, die Mary Wollstonecraft in ihrer Verteidigung der Rechte der Frau gefordert hatte. Er unterrichtete die Kinder jedoch in einem weiten Spektrum an Themen. Alle Kinder hatten Zugang zu seiner umfangreichen Bibliothek und Umgang mit den zahlreichen Intellektuellen, Dichtern, Journalisten, Philosophen, Politikern und Literaten, die William Godwin aufsuchten.[15] Verglichen mit ihren Zeitgenossinnen erhielt Mary Godwin dadurch eine ungewöhnlich umfassende Ausbildung. Miranda Seymour argumentiert in ihrer Biografie über Mary Shelley, dass „…alles, was wir über die frühen Jahre seiner Töchter wissen, nahelegt, dass sie in einer Weise erzogen wurden, der ihre Mutter zugestimmt hätte.“[16] Die Mädchen hatten eine Gouvernante, einen Tutor, eine französisch sprechende Stiefmutter und einen (Stief-)vater, der Kinderbücher schrieb und gewöhnlich die ersten Entwürfe seinem eigenen Nachwuchs als erstes vorlas. Von den Kindern wurde erwartet, Gedichte zu verfassen oder Geschichten zu schreiben. Claire Clairmont klagte Jahre später über dieses intellektuell fordernde Umfeld: Wenn du in unserer Familie nicht ein episches Gedicht oder einen Roman schreiben kannst, der durch seine Originalität alle anderen Romane in den Schatten stellst, bist du eine verächtliche Kreatur, die es nicht wert ist, anerkannt zu werden.[17] 1811 besuchte Mary Godwin für kurze Zeit ein Mädchenpensionat in Ramsgate.[18] Die fünfzehnjährige Mary Godwin wurde von ihrem Vater als ungewöhnlich kühn, ein wenig herrschsüchtig und von wachem Verstand beschrieben.[19]
Ab Juni 1812 lebte Mary Godwin für einige Monate in der Nähe von Dundee bei der Familie von William Baxter, die zu den sogenannten Dissentern gehörten.[20] Der Anlass für die Reise ist unsicher. Mary Godwins angeschlagene Gesundheit kann dazu ebenso der Grund gewesen sein wie William Godwins Wunsch, dass seine Tochter eine Familie erlebe, die sich einem radikal anderem Leben verschrieben hatte. Mary Godwin fühlte sich bei der Baxter-Familie, zu der unter anderem vier Töchter gehörten, sehr wohl. Sie kehrte im Sommer 1813 erneut nach Schottland zurück, um dort weitere 10 Monate zu verbringen. Im Vorwort zu der 1831 erschienenen Auflage von Frankenstein hat Mary Godwin die Zeit dort als für sie prägend beschrieben. Erst in der weiten offenen Landschaft habe sich ihre Phantasie entwickeln können.[21]
Percy Bysshe Shelley
Ab 1814 verband Mary Godwin eine Liebesbeziehung mit Percy Bysshe Shelley. Percy Shelley war ein Bewunderer von William Godwins Hauptwerk An Enquiry Concerning Political Justice. Allerdings hatte er sich nur mit der ersten Fassung aus dem Jahre 1793 auseinandergesetzt, in der William Godwin die französische Revolution feierte, die Ehe ablehnte und sich für freie Liebe auf Basis gleicher Rechte einsetzte. In späteren Auflagen hatte William Godwin seine Ansichten deutlich gemäßigt. Unverändert blieb lediglich sein Standpunkt, dass große Denker und Künstler ein Anrecht auf die Unterstützung von wohlhabenden Förderern hätten.[22][23]
William Godwin
Am 3. Januar 1812 schrieb Percy Shelley das erste Mal an William Godwin. William Godwin, der Verehrerbriefe von jungen, enthusiastischen Männern gewöhnt war, antwortete zunächst zurückhaltend. Erst als ihm bewusst wurde, dass er möglicherweise in dem Baronet-Erben Shelley einen wohlhabenden Gönner finden würde, wurde der Briefverkehr intensiver. Percy Shelley sagte William Godwin schließlich eine lebenslange finanzielle Förderung zu, obwohl Shelleys eigene finanzielle Lage angespannt war.[24] Sein Vater, der angesehene Friedensrichter Sir Timothy Shelley, behandelte seinen Sohn zwar verständnisvoller als Shelley dies in den Briefen an William Godwin schilderte. Er zahlte ihm jedoch keinen beziehungsweise nur wenig Unterhalt. Stattdessen besorgte sich Percy Shelley Geld, indem er Schuldscheine auf sein zukünftiges Erbe ausstellte.
Miranda Seymour weist in ihrer Mary Shelley-Biografie darauf hin, wie exzentrisch, sprunghaft und unberechenbar das Verhalten von Percy Shelley in den Jahren zwischen 1811 und 1815 war. Sie deutet sogar Zweifel an seiner Zurechnungsfähigkeit an und begründet dies mit einer Fülle an Beispielen.[25] Percy Shelley hatte 1811 spontan die sechzehnjährige Harriet Westbrook geheiratet. Diese war eine Internatsfreundin seiner jüngeren Schwestern, die er zum Zeitpunkt der Eheschließung kaum kannte. In der Heirat sah der damals 19-jährige die einzige Möglichkeit, das junge Mädchen aus der Tyrannei ihrer Schule und ihres Vaters zu befreien. Sein Versuch, zwei junge Mädchen zu adoptieren, die er persönlich erziehen wollte, scheiterte dagegen.[26]
In Irland, wo sich das junge Ehepaar zeitweilig niederließ, erregte Shelley die Aufmerksamkeit der Regierungsbehörden, weil er Pamphlete über die Menschenrechte verteilte und Aufrufe zur Revolution als Flaschenpost ins Meer warf. In seinen Schriften forderte er die Iren auf, umstürzlerische Geheimbünde wie den der Illuminaten zu gründen. Elizabeth Hitchener, eine Schullehrerin, die ihre gesicherte Existenz aufgab, um mit dem Ehepaar zu leben, wurde von Percy Shelley zunächst als neue republikanische „Portia“ verehrt. Wenige Monate später trennte sich das Ehepaar von der Lehrerin, weil Percy Shelley nach plötzlichem Meinungsumschwung in ihr einen „braunen Dämon“ zu erkennen meinte.[27] Ähnlich abrupt wendete er sich von seiner jungen Ehefrau Harriet ab und zeitweilig der verheirateten Cornelia Turner zu, die mehr seinem Bild einer Idealgefährtin entsprach: „Ich hatte das Gefühl, als ob man einen toten und einen lebendigen Körper in einer widerlichen Gemeinschaft verbunden hätte. Länger konnte man sich nicht mehr der Selbsttäuschung hingeben ….“[28] beschrieb er später seinem Freund Thomas Jefferson Hogg den Zustand seiner Ehe zu Beginn des Jahres 1814.
Es ist möglich, dass Mary Godwin und Percy Shelley sich bereits 1813 begegneten. Eindeutig belegt ist eine Begegnung für den 5. Mai 1814. Shelleys Freund Thomas Jefferson Hogg hat in seinen Aufzeichnungen festgehalten, wie fasziniert Percy Shelley davon war, dass Mary Godwin die Tochter von William Godwin und Mary Wollstonecraft war.[29] Großes Interesse hatte er zuvor Fanny Imlay, Mary Wollstonecrafts ältester Tochter, entgegengebracht. Ihre aufmerksame Stiefmutter sendete Fanny Imlay jedoch auf einen längeren Urlaub nach Wales und entzog sie so dem Einfluss von Percy Shelley. Stattdessen entwickelte sich zwischen der 16-jährigen Mary Godwin und Percy Shelley eine Liebesbeziehung.[30] Am 26. Juni erklärten sich die beiden am Grabe von Mary Wollstonecraft gegenseitig ihre Liebe. Der nach wie vor mit Harriet Westbrook verheiratete Percy Shelley informierte William Godwin sehr schnell über die Liebesbeziehung, weil er meinte, bei dem Verfasser von „An Enquiry Concerning Political Justice“ dafür Verständnis zu finden. Von den 2500 Pfund Sterling, die Percy Shelley gegen ein Rückzahlungsversprechen von 8.000 Pfund aufgenommen und in voller Höhe dem hoch verschuldeten William Godwin zugesichert hatte, sollte dieser lediglich 1.200 Pfund Sterling erhalten. Das übrige Geld sollte der Finanzierung einer gemeinsamen Europareise von Mary Godwin und Percy Shelley dienen. William Godwin fühlte sich doppelt betrogen: Er meinte nicht nur einen Anspruch auf den vollen Betrag zu haben, sondern sah auch seine Gastfreundschaft von einer Person missbraucht, die seine längst revidierten politischen Theorien zur Rechtfertigung hedonistisch getriebener Handlungen umdeutete.[31]
Der vom Schuldgefängnis bedrohte William Godwin verhandelte mit Percy Shelley zwar weiter, um den zugesicherten Geldbetrag in voller Höhe zu erhalten. Er war jedoch davon überzeugt, weitere Treffen zwischen Shelley und Mary Godwin unterbunden zu haben. Mary Godwin, die ihre Verehrung für ihren Vater später als „romantisch und exzessiv“ bezeichnete[32], fand das Verhalten ihres Vaters widersprüchlich. Sie sah in Percy Shelley die Verkörperung der liberalen Ideen, die ihre Eltern in den 1790er Jahren vertreten hatten. Ohne sein Wissen stand sie nach wie vor in Briefkontakt mit Percy Shelley. Als Zuträgerin diente zuerst Claire Clairmont, später ein Buchhändler. Am 28. Juli brach das Paar gemeinsam mit Claire Clairmont heimlich nach Frankreich auf.[33]
Die erste Reise in die Schweiz und die Rückkehr nach England
Das Trio reiste zunächst nach Paris. Percy Shelley hatte damit gerechnet, dass ihn dort eine Geldanweisung seines Verlegers Thomas Hookham erwarten würde. Dieser hatte ihn jedoch nur einen Brief geschrieben, in dem er ihn für sein unverantwortliches Verhalten tadelte. Damit die 60 Pfund, die das Trio noch hatte, bis zu ihrem Reiseziel Schweiz reichen würden, reisten sie zu Fuß weiter. Ein Esel und später ein Maultier trugen ihr Gepäck.[34] „Es war wie in einem Roman, wie eine gelebte Romanze“[35], erinnerte sich Mary Shelley im Jahre 1826 an ihre Reise durch das kriegsgezeichnete Frankreich. Unterwegs lasen sie einander Mary Wollstonecrafts Schriften vor und führten gemeinsam Tagebuch.[36] In Luzern zwang sie schließlich Geldmangel, ihre Reise abzubrechen. Am 13. September 1814 trafen sie wieder in England ein.
Die Situation, die Mary Godwin in England erwartete, war komplizierter, als sie vorausahnen konnte. Sie war schwanger, das Paar verfügte über keinerlei finanzielle Mittel und zu Mary Godwins Überraschung lehnte ihr Vater es ab, sie zu treffen.[37] In London kursierte das Gerücht, William Godwin habe seine Töchter für ein paar hundert Pfund an Percy Shelley verkauft. Dies ist ein möglicher Grund, warum William Godwin bis zur Heirat von Percy Shelley und Mary Godwin hartnäckig Distanz zu dem Paar hielt.[38]
Gemeinsam mit Claire Clairmont ließ sich das Paar in einer Mietwohnung in London nieder. Percy Shelley musste bis zum 9. November für Wochen der Wohnung fernbleiben, weil ihm wegen unbezahlter Rechnungen eine Verhaftung durch den Gerichtsvollzieher drohte. Erst dann hatte er ausreichend Geld aufgetrieben, um seine Gläubiger zu befriedigen.[39] Bis dahin traf Mary Shelley ihren Liebhaber nur gelegentlich in Hotels, Kirchen oder Kaffeehäusern. Zwei Jahrzehnte später verarbeitete sie diese heimlichen Zusammenkünfte im Roman „Lodore“.[40] Mary Shelley litt unter starken Schwangerschaftsbeschwerden und unter der komplizierten Beziehung zu Percy B. Shelley. In ihrem Tagebuch vom 6. Dezember 1814 schrieb sie:
„Sehr unwohl. Shelley und Clary [Claire Clairmont] gehen wie gewöhnlich aus und suchen alle möglichen Lokalitäten auf. (…) Harriet [Shelleys Ehefrau] [ist] von einem Sohn und Erben entbunden worden (…). Shelley schreibt eine Reihe von Briefen über dieses Ereignis, das mit Glockengeläut angekündigt werden sollte, denn es handelt sich ja um den Sohn seiner Ehefrau.“
– Zitiert nach Spark, dt. Übersetzung von Angelika Beck, S. 59.[41]
Thomas Jefferson Hogg, den sie zu Beginn ihrer Bekanntschaft nur wenig geschätzt hatte, wurde für sie zunehmend zu einem engen Freund.[42] Percy Shelley, der sich nach wie vor dem Ideal der freien Liebe verpflichtet fühlte, hätte es vermutlich gerne gesehen, wenn die zwei eine engere Beziehung eingegangen wären.[43] Mary Godwin lehnte dies nicht rundheraus ab, weil sie prinzipiell ebenfalls an die freie Liebe glaubte. Ihre Beziehung zu Thomas Jefferson Hogg scheint aber nicht über einen Flirt hinausgegangen zu sein.[44] Emily Sunstein, eine der Biografinnen von Mary Godwin und Percy B. Shelley, zählt zu den wenigen, die es für möglich halten, dass es 1815 zu einer kurzen Liebesaffäre zwischen den beiden kam.[45] Am 22. Februar 1815 gebar Mary Godwin eine Tochter, die zwei Monate zu früh auf die Welt kam. Sie starb wenige Tage später. Der Tod ihrer Tochter löste bei Mary Godwin eine depressive Phase aus, in der sie immer wieder davon träumte, die kleine Clara würde wieder lebendig.[46] Erst im Sommer ging es ihr besser und wenig später war sie erneut schwanger.[47] Die finanzielle Situation des Paares verbesserte sich, nachdem Percy Shelley aus dem Erbe seines am 5. Januar 1815 verstorbenen Großvaters eine Leibrente von jährlich 1.000 Pfund Sterling sowie einen Betrag erhielt, mit dem er seine Schulden begleichen sollte.[48] Das Paar machte zunächst Urlaub in Torquay und mietete sich später ein kleines Cottage am Stadtrand von London.[49] Am 24. Januar 1816 brachte Mary Godwin einen Sohn zur Welt. Er wurde nach seinem Großvater William genannt und von seinen Eltern zärtlich „Willmouse“ gerufen.
Der Genfersee und Frankenstein
Tafel an der „Byron-Wiese“ in Genf zur Erinnerung an die Entstehung des Frankenstein
Im Mai 1816 reisten Mary Godwin und Percy Shelley gemeinsam mit ihrem kleinen Sohn und Claire Clairmont erneut in die Schweiz, um den Sommer am Genfersee zu verbringen. Das Reiseziel war von Claire Clairmont vorgeschlagen worden, die hoffte, dort Lord Byron wieder zu treffen. Die beiden hatten in London eine kurze Liebesaffäre gehabt und Claire Clairmont war von dem berühmt-berüchtigten Dichter schwanger.[50] Der von seinem Leibarzt John Polidori begleitete Lord Byron war zwar überrascht, am Genfersee auf Claire Clairmont zu treffen, freundete sich aber rasch mit Percy Shelley an. Percy Shelley hatte das kleine „Maison Chapuis“ (gelegentlich auch „Chappuis“ geschrieben) in Cologny gemietet. Lord Byron bezog wenige Tage später die große und elegante Villa Diodati in der Nachbarschaft.[51] Während sich ein Schweizer Kindermädchen um den kleinen William kümmerte, verbrachten die fünf Erwachsenen einen großen Teil ihrer Zeit mit gemeinsamen Lesen, Schreiben und Bootsausflügen. Ihre wechselseitigen Besuche blieben der englischen Öffentlichkeit nicht verborgen. Der Genfersee war ein beliebtes Reiseziel vermögender Engländer und die fünf Personen wurden von neugierigen Sommergästen sogar mit Teleskopen beobachtet. Der englischen Presse war der Sommeraufenthalt der fünf willkommener Anlass, sich erneut über den gotteslästerlichen William Godwin und seine unmoralisch lebenden Töchter zu äußern.[52]
Mary Shelley erinnerte sich in einem fünfzehn Jahre später verfassten Vorwort zu Frankenstein, dass der Sommer am Genfersee nass, stürmisch und gewitterreich war.[53] Nicht enden wollender Regen zwang die Gruppe für Tage im Haus zu bleiben. Um sich die Zeit zu vertreiben, unterhielten sich die fünf über den Naturphilosophen und Dichter Erasmus Darwin, der angeblich in Experimenten tote Materie belebt hatte, über Galvanismus und über die Möglichkeit, künstliches Leben zu schaffen.[54] Vor dem Kaminfeuer in Lord Byrons Villa lasen sie sich nachts Schauergeschichten vor. Lord Byron schlug schließlich vor, dass jeder eine eigene Schauergeschichte zur Unterhaltung beisteuern solle. Mary Godwin hat in ihrem Vorwort von 1831 behauptet, ihr sei anders als den übrigen über Tage nichts eingefallen, bis sie schließlich einen Wachtraum gehabt habe:
„(…) ich sah den bleichen Schüler unheiliger Künste neben dem Ding knien, das er zusammengesetzt hatte. Ich sah das bösartige Phantom eines hingestreckten Mannes und dann, wie sich durch das Werk einer mächtigen Maschine Lebenszeichen zeigten und er sich mit schwerfälligen, halblebendigen Bewegungen rührte (…). Sein Erfolg würde dem Künstler Angst einjagen; er würde voll Grauen vor dem abscheulichen Werk fliehen. Er würde hoffen, dass der schwache Lebensfunke, den er übertragen hatte, verblassen würde, wenn er ihn sich selbst überließe (…) und er könnte in dem Glauben schlafen, dass die Stille des Grabes die flüchtige Existenz dieses bösartigen Leichnams, den er als Quelle des Lebens betrachtet hatte, für immer ersticken würde. Er schläft; doch er wird geweckt; er öffnet die Augen; sieht das grässliche Ding an der Seite seines Bettes stehen, die Vorhänge öffnen und ihn mit gelben, wässrigen, doch forschenden Augen anstarren.“
– zitiert nach Pechstein, S. 76 bis S. 77
Mary Godwins Biografin Miranda Seymour äußert Skepsis an dieser Version der Entstehungsgeschichte. Mary Godwin schrieb dies zu einem Zeitpunkt nieder, als sie sicher sein konnte, dass niemand ihr widersprechen werde, sie sich gleichzeitig aber bewusst war, dass eine gute Geschichte helfen werde, das Buch zu verkaufen. John Polidoris detailliertes Tagebuch berichtet dagegen, dass bis auf ihn jeder sofort an einer Erzählung zu arbeiten begann. Nach Ansicht von Miranda Seymour ist es möglich, dass Mary Godwin ihre Version der Entstehungsgeschichte bei Samuel Coleridge entlehnte, der 1816 in ähnlicher Weise die Entstehung seiner Ballade „Christabel“ beschrieben hatte. Mary Godwins Tagebuch aus dieser Zeit ist verloren gegangen; das erhalten gebliebene beginnt am 22. Juli 1816 und in diesem hält Mary Godwin mit den kurzen Notiz „write“ und „write my story“ fest, dass sie an einer Geschichte arbeitete.[55]
Am 29. August reisten Percy Shelley, Mary Godwin und Claire Clairmont gemeinsam mit dem kleinen William und seinem Schweizer Kindermädchen wieder nach London ab. Zuvor hatte Percy Shelley Vereinbarungen mit Lord Byron getroffen, was mit dem Kind geschehen solle, welches Claire Clairmont von ihm erwartete. Im Gepäck hatten sie zahlreiche Manuskripte, die im Laufe dieses Sommers entstanden waren.
Weiteres dazu im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Mary_Shelley
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