Das Tragflügelboot
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Das Tragflügelboot
Ein Tragflügelboot oder Tragflächenboot ist ein Hochgeschwindigkeitswasserfahrzeug, das bei steigender Geschwindigkeit mittels unter Wasser liegender Tragflügel während der Fahrt angehoben wird. Dadurch berührt der Rumpf nicht mehr das Wasser, das Fahrzeug „fliegt“ über die Wasseroberfläche. Da sich dann nur ein kleiner Teil des Fahrzeugs (Tragflügel und Propeller) unterhalb der Wasseroberfläche befindet, werden Verdrängung und Reibungswiderstand deutlich reduziert. Tragflügelboote erreichen dadurch Geschwindigkeiten von bis zu 60 Knoten (ca. 110 km/h).[1]
Im deutschen Sprachgebrauch wird unter dem Begriff Hydrofoil auch eine vergrößerte Antikavitationsplatte bei Außenbordmotoren und Z-Antrieben von Sportbooten verstanden. Die Wirkungsweise ist dabei genauso wie bei den hier geschilderten Tragflügelbooten, ist jedoch aufgrund der wesentlich kleineren Flügelgröße entsprechend geringer.
Geschichte (1900–1934)
Eines der ersten Tragflügelboote (Ing. Enrico Forlanini, 1910)
Die Entwicklung der Tragflügelboote begann um 1900, obwohl es bereits vorher dazu Ideen gab. Kurz nach 1900 beschäftigte sich der italienischen Luftschiffkonstrukteur Enrico Forlanini (1848–1930) mit der Entwicklung von Flugbooten. Daraus entstand das erste einsatzfähige Tragflügelboot, gebaut 1906, als dessen Erfinder er allgemein gilt. Er überquerte damit den Lago Maggiore und erreichte mit seinem propellergetrieben Tragflügelboot eine Geschwindigkeit von 38 Knoten (rund 70 km/h). Aufgrund seiner Verdienste wurde der Flughafen Mailand-Linate nach ihm benannt.
Zu dieser Zeit, im März 1906, beschrieb der amerikanischen Tragflügelbootpionier William E. Meacham in einem wissenschaftlichen Beitrag das Grundprinzip der Tragflügelboote. Daraufhin beschäftigte sich der amerikanische Erfinder A. G. Bell ab 1908 ebenfalls mit dieser Technologie und stellte 1919 nach mehreren Versuchsbooten ein erstes verwendbares Tragflügelboot (Bell HD-4) vor.
In England beschäftigte sich der englische Schiffbauer John Isaac Thornycroft im Rahmen von militärischen Anwendungen ebenfalls mit dieser Technologie. Er hatte an der University von Glasgow bei Lord Kelvin und Professor William John Macquorn Rankine studiert und war sehr erfolgreich in der Konstruktion und Antrieb von Torpedobooten der Royal Navy. Er experimentierte mit den Elementen der Tragflügelboote, um die Geschwindigkeit seiner Torpedoboote zu erhöhen.
In Deutschland beschäftigte sich Hanns von Schertel seit 1919 mit Tragflächenbooten, sein Ziel war der schnelle Personentransport auf dem Wasser. Sein größter Erfolg war eine Demonstration für die Köln-Düsseldorfer Deutsche Rheinschiffahrt AG mit seinem achten Versuchsboot Silbervogel. Mit diesem Boot und sieben Passagieren führte er im April 1934 eine erfolgreiche Demonstrationsfahrt von Mainz nach Köln und zurück durch. Das Boot hatte eine Leistung von 50 PS und erreichte eine Geschwindigkeit von 55 km/h.
Weitere Entwicklung und heutige Verwendung
Die Gebrüder Sachsenberg übernahmen 1940 ein Gelände mit Werftanlagen in Harburg und bauten hier die mit Schertel neu entwickelten Tragflügelboote unterschiedlicher Größe von 5 bis 100 Tonnen für die Kriegsmarine und das Heer. Die Gruppe um Schertel und seinen Partner, Chefkonstrukteur Karl Johann Büller, führte diese Entwicklungen nach dem Krieg in der Schweiz als Supramar AG weiter, was zur Entwicklung des ersten kommerziellen Tragflügelbootes PT-10 führte, das 1953 auf dem Lago Maggiore in Dienst gestellt wurde. Sie vergaben die Lizenz für den Bau von Booten nach ihrer Konstruktion dann an die Cantieri Navali Rodriquez in Messina (Italien)[2][3]. Etwas später entstanden ähnliche Konstruktionen auch in der Sowjetunion und den USA.
Tragflügelboote werden heute hauptsächlich für die Personenbeförderung auf Flüssen, z.B. in Russland, zum Transfer zwischen dem Festland und Inseln und zwischen Inselgruppen eingesetzt. Auch militärisch nutzbare Projekte wurden erfolgreich in mehreren Staaten umgesetzt; inzwischen sind sie weitgehend ausgemustert und gegen einfacher konstruierte Fahrzeuge mit größerer Tragfähigkeit ersetzt worden. Wegen der Empfindlichkeit der Tragflächensysteme gegen hohe Wellen und die Unfähigkeit, mit niedrigen Geschwindigkeiten operieren zu können, haben sich Tragflächenboote als für die militärische Nutzung weniger brauchbar erwiesen.
Es existieren auch Tragflügelboote mit Segelantrieb (z. B. Hydroptère oder Boote der International Moth Class). Das Verhalten ist prinzipiell vergleichbar zu einer Jolle, die sich bei Gleitfahrt aus dem Wasser hebt.
Bauarten
Man unterscheidet drei Bauweisen von Tragflächenbooten, mit unterschiedlichen Verfahren der Auftriebsregelung:
Leitertyp
eine Reihe von waagerechten Tragflächen sind zwischen senkrechten, am Rumpf befestigten Holmen eingezogen. Bei zunehmender Geschwindigkeit hebt sich eine Fläche nach der anderen aus dem Wasser, der Auftrieb wird sozusagen in Stufen geregelt.
teileingetauchten Typ (auch U-Typ, V-Typ)
einfach oder mehrfach geknickte Tragflächen (also in V- oder U-Form) sind mit senkrechten oder radialen Streben am Rumpf befestigt. Der Auftrieb ändert sich stufenlos mit dem Ein- oder Austauchen der Flächen.
voll eingetauchten Typ (auch T-Typ)
waagerechte Flächen sind mit verstellbarem Anstellwinkel an ein oder mehreren senkrechten Holmen montiert. Die Winkel werden permanent aktiv nachgeregelt, so dass die Flächen immer voll eingetaucht bleiben und eine konstante Tiefe halten.
Der Leitertyp hat sich nie durchgesetzt. Die teileingetauchte Bauweise, nach der auch hunderte sowjetische Fähr- und Militärfahrzeuge gebaut wurden, wird heute zunehmend von der aufwendigeren, aber effizienteren voll eingetauchten Bauweise abgelöst.
Heute werden Tragflächenboote fast ausschließlich zum Transport von Fahrgästen eingesetzt. Dabei kommen häufig amerikanische oder in Lizenz in der VR China gefertigte Boeing Hydrofoils zum Einsatz, die auf dem Prinzip der voll eingetauchten Tragflächen beruhen. Ebenfalls große Verbreitung haben die russischen bzw. ukrainischen Typen „Woschod“ und „Kolchida“ gefunden, die auf dem Prinzip der teileingetauchten Tragflächen beruhen. Sie sind durch eine besonders einfache und robuste Bauweise gekennzeichnet. Die italienische Rodriquez-Werft stellt Passagier-Tragflügelboote vom V-Typ "Foilmaster" her, die hauptsächlich im Küstenverkehr des Mittelmeers Verwendung finden.
Inzwischen sind verschiedene Designer mit hybriden Konzepten, bei denen konventionelle Rümpfe zur Erhöhung der Fahrtgeschwindigkeit mit Tragflächen ausgestattet wurden, aufgetreten. Das bekannteste Konzept dieser Art ist Hysucat aus Südafrika, bei dem am Vorschiff zwischen den Rümpfen eines Katamarans eine starre ungeregelte Tragfläche montiert wird. Es wird zurzeit bei mehr als zwanzig Neubauten erfolgreich angewandt, die bei gleichbleibender Motorleistung ihre Reisegeschwindigkeit um mehr als 15 % steigern konnten. Bei einigen T-Typen erfolgt die Anstellung direkt mechanisch, wobei der Rumpf ähnlich einem Stufenrumpf zweigeteilt ist und mit einem Knickscharnier ausgestattet ist. Wenn der vordere Teil bei steigender Geschwindigkeit aufgleitet, zieht er den hinteren Rumpf vorne hoch und stellt damit die daran befestigte Tragfläche an. Auch das von 2007 bis 2012 schnellste windgetriebene Wasserfahrzeug, die Hydroptère,ist ein Trimaran mit Typ-V-Tragflächen.
Siehe auch
Gleitkufenboot
High Speed Craft
Quelle
Im deutschen Sprachgebrauch wird unter dem Begriff Hydrofoil auch eine vergrößerte Antikavitationsplatte bei Außenbordmotoren und Z-Antrieben von Sportbooten verstanden. Die Wirkungsweise ist dabei genauso wie bei den hier geschilderten Tragflügelbooten, ist jedoch aufgrund der wesentlich kleineren Flügelgröße entsprechend geringer.
Geschichte (1900–1934)
Eines der ersten Tragflügelboote (Ing. Enrico Forlanini, 1910)
Die Entwicklung der Tragflügelboote begann um 1900, obwohl es bereits vorher dazu Ideen gab. Kurz nach 1900 beschäftigte sich der italienischen Luftschiffkonstrukteur Enrico Forlanini (1848–1930) mit der Entwicklung von Flugbooten. Daraus entstand das erste einsatzfähige Tragflügelboot, gebaut 1906, als dessen Erfinder er allgemein gilt. Er überquerte damit den Lago Maggiore und erreichte mit seinem propellergetrieben Tragflügelboot eine Geschwindigkeit von 38 Knoten (rund 70 km/h). Aufgrund seiner Verdienste wurde der Flughafen Mailand-Linate nach ihm benannt.
Zu dieser Zeit, im März 1906, beschrieb der amerikanischen Tragflügelbootpionier William E. Meacham in einem wissenschaftlichen Beitrag das Grundprinzip der Tragflügelboote. Daraufhin beschäftigte sich der amerikanische Erfinder A. G. Bell ab 1908 ebenfalls mit dieser Technologie und stellte 1919 nach mehreren Versuchsbooten ein erstes verwendbares Tragflügelboot (Bell HD-4) vor.
In England beschäftigte sich der englische Schiffbauer John Isaac Thornycroft im Rahmen von militärischen Anwendungen ebenfalls mit dieser Technologie. Er hatte an der University von Glasgow bei Lord Kelvin und Professor William John Macquorn Rankine studiert und war sehr erfolgreich in der Konstruktion und Antrieb von Torpedobooten der Royal Navy. Er experimentierte mit den Elementen der Tragflügelboote, um die Geschwindigkeit seiner Torpedoboote zu erhöhen.
In Deutschland beschäftigte sich Hanns von Schertel seit 1919 mit Tragflächenbooten, sein Ziel war der schnelle Personentransport auf dem Wasser. Sein größter Erfolg war eine Demonstration für die Köln-Düsseldorfer Deutsche Rheinschiffahrt AG mit seinem achten Versuchsboot Silbervogel. Mit diesem Boot und sieben Passagieren führte er im April 1934 eine erfolgreiche Demonstrationsfahrt von Mainz nach Köln und zurück durch. Das Boot hatte eine Leistung von 50 PS und erreichte eine Geschwindigkeit von 55 km/h.
Weitere Entwicklung und heutige Verwendung
Die Gebrüder Sachsenberg übernahmen 1940 ein Gelände mit Werftanlagen in Harburg und bauten hier die mit Schertel neu entwickelten Tragflügelboote unterschiedlicher Größe von 5 bis 100 Tonnen für die Kriegsmarine und das Heer. Die Gruppe um Schertel und seinen Partner, Chefkonstrukteur Karl Johann Büller, führte diese Entwicklungen nach dem Krieg in der Schweiz als Supramar AG weiter, was zur Entwicklung des ersten kommerziellen Tragflügelbootes PT-10 führte, das 1953 auf dem Lago Maggiore in Dienst gestellt wurde. Sie vergaben die Lizenz für den Bau von Booten nach ihrer Konstruktion dann an die Cantieri Navali Rodriquez in Messina (Italien)[2][3]. Etwas später entstanden ähnliche Konstruktionen auch in der Sowjetunion und den USA.
Tragflügelboote werden heute hauptsächlich für die Personenbeförderung auf Flüssen, z.B. in Russland, zum Transfer zwischen dem Festland und Inseln und zwischen Inselgruppen eingesetzt. Auch militärisch nutzbare Projekte wurden erfolgreich in mehreren Staaten umgesetzt; inzwischen sind sie weitgehend ausgemustert und gegen einfacher konstruierte Fahrzeuge mit größerer Tragfähigkeit ersetzt worden. Wegen der Empfindlichkeit der Tragflächensysteme gegen hohe Wellen und die Unfähigkeit, mit niedrigen Geschwindigkeiten operieren zu können, haben sich Tragflächenboote als für die militärische Nutzung weniger brauchbar erwiesen.
Es existieren auch Tragflügelboote mit Segelantrieb (z. B. Hydroptère oder Boote der International Moth Class). Das Verhalten ist prinzipiell vergleichbar zu einer Jolle, die sich bei Gleitfahrt aus dem Wasser hebt.
Bauarten
Man unterscheidet drei Bauweisen von Tragflächenbooten, mit unterschiedlichen Verfahren der Auftriebsregelung:
Leitertyp
eine Reihe von waagerechten Tragflächen sind zwischen senkrechten, am Rumpf befestigten Holmen eingezogen. Bei zunehmender Geschwindigkeit hebt sich eine Fläche nach der anderen aus dem Wasser, der Auftrieb wird sozusagen in Stufen geregelt.
teileingetauchten Typ (auch U-Typ, V-Typ)
einfach oder mehrfach geknickte Tragflächen (also in V- oder U-Form) sind mit senkrechten oder radialen Streben am Rumpf befestigt. Der Auftrieb ändert sich stufenlos mit dem Ein- oder Austauchen der Flächen.
voll eingetauchten Typ (auch T-Typ)
waagerechte Flächen sind mit verstellbarem Anstellwinkel an ein oder mehreren senkrechten Holmen montiert. Die Winkel werden permanent aktiv nachgeregelt, so dass die Flächen immer voll eingetaucht bleiben und eine konstante Tiefe halten.
Der Leitertyp hat sich nie durchgesetzt. Die teileingetauchte Bauweise, nach der auch hunderte sowjetische Fähr- und Militärfahrzeuge gebaut wurden, wird heute zunehmend von der aufwendigeren, aber effizienteren voll eingetauchten Bauweise abgelöst.
Heute werden Tragflächenboote fast ausschließlich zum Transport von Fahrgästen eingesetzt. Dabei kommen häufig amerikanische oder in Lizenz in der VR China gefertigte Boeing Hydrofoils zum Einsatz, die auf dem Prinzip der voll eingetauchten Tragflächen beruhen. Ebenfalls große Verbreitung haben die russischen bzw. ukrainischen Typen „Woschod“ und „Kolchida“ gefunden, die auf dem Prinzip der teileingetauchten Tragflächen beruhen. Sie sind durch eine besonders einfache und robuste Bauweise gekennzeichnet. Die italienische Rodriquez-Werft stellt Passagier-Tragflügelboote vom V-Typ "Foilmaster" her, die hauptsächlich im Küstenverkehr des Mittelmeers Verwendung finden.
Inzwischen sind verschiedene Designer mit hybriden Konzepten, bei denen konventionelle Rümpfe zur Erhöhung der Fahrtgeschwindigkeit mit Tragflächen ausgestattet wurden, aufgetreten. Das bekannteste Konzept dieser Art ist Hysucat aus Südafrika, bei dem am Vorschiff zwischen den Rümpfen eines Katamarans eine starre ungeregelte Tragfläche montiert wird. Es wird zurzeit bei mehr als zwanzig Neubauten erfolgreich angewandt, die bei gleichbleibender Motorleistung ihre Reisegeschwindigkeit um mehr als 15 % steigern konnten. Bei einigen T-Typen erfolgt die Anstellung direkt mechanisch, wobei der Rumpf ähnlich einem Stufenrumpf zweigeteilt ist und mit einem Knickscharnier ausgestattet ist. Wenn der vordere Teil bei steigender Geschwindigkeit aufgleitet, zieht er den hinteren Rumpf vorne hoch und stellt damit die daran befestigte Tragfläche an. Auch das von 2007 bis 2012 schnellste windgetriebene Wasserfahrzeug, die Hydroptère,ist ein Trimaran mit Typ-V-Tragflächen.
Siehe auch
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