Die Evonik Degussa GmbH
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Die Evonik Degussa GmbH
Die Evonik Degussa GmbH (bis Ende 2006 Degussa AG) ist ein in der Spezialchemie tätiger Konzern mit Sitz in Essen und seit 2006 Teilkonzern der ebenfalls in Essen ansässigen Evonik Industries AG. Vorgängergesellschaften waren die Degussa-Hüls AG und SKW Trostberg AG. Zwischen der Evonik Industries AG und der Gesellschaft besteht seit dem 1. August 2011 ein Betriebsführungsvertrag. Durch den Verkauf der anderen Sparten des Mutterkonzerns in den Folgejahren ist dieser heute auf das frühere Degussa-Geschäft fokussiert.
Evonik Degussa GmbH
Rechtsform GmbH
Gründung 28. Januar 1873
Sitz Essen
Branche Spezialchemie
Die Degussa war ein Frankfurter Traditionsunternehmen und vor allem bekannt als Goldscheideanstalt. Der Name des Konzerns Degussa war ursprünglich ein Kurzwort (und „Drahtadresse“) für „Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt“ (bald auch „Deutsche Gold- und Silber-Scheide-Anstalt“).
Kennzahlen
Degussa war ein multinationales Unternehmen mit Ausrichtung auf die Spezialchemie. Im Geschäftsjahr 2006 erwirtschafteten 36.000 Mitarbeiter einen Umsatz von 10,9 Mrd. EUR und ein operatives Ergebnis (EBIT) von 879 Mio. EUR. Damit war Degussa das drittgrößte deutsche Chemieunternehmen und in der Spezialchemie weltweit der führende Anbieter.
Geschichte
Die Degussa wurde am 28. Januar 1873 als Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt vormals Roessler AG in Frankfurt am Main gegründet. Sie ging aus der 30 Jahre zuvor in Betrieb genommenen Frankfurter Scheideanstalt hervor, die vom vormaligen Frankfurter „Münzwardein“ Friedrich Ernst Roessler (1813–1883) zunächst gepachtet und als privates Unternehmen betrieben worden war. Nach der Annexion der Freien Stadt Frankfurt durch Preußen 1866 wurde die Scheiderei von seinen Söhnen Heinrich Roessler und Hector Roessler erworben und fortgeführt.
Goldband-Prägung Feingold Degussa - vorm. Roessler in Frankfurt a. Main - Deutsche Gold und Silber Scheideanstalt (1950er/1960er Jahre)
Direkter Anlass zur Gründung der neuen Aktiengesellschaft war die deutsche Reichsgründung 1871 mit der Einführung der nationalen Währung Mark, durch die die Partikularwährungen der deutschen Länder obsolet wurden (z. B. der süddeutsche Gulden). Dementsprechend wurden große Mengen an Münzen aus dem Verkehr gezogen; für die Rückgewinnung des darin enthaltenen Edelmetalls sollte Scheidekapazität in industriellem Maßstab geschaffen werden. Mit der Gründung erwarb das Unternehmen auch das Recht zu Bankgeschäften mit gemünzten und ungemünzten Edelmetallen. Das Tätigkeitsfeld wurde bald auf weitere Edelmetallprodukte (Glanzgold für die Keramik-Industrie) und Chemikalien ausgedehnt. Hauptgeschäft wurde die Herstellung von Perborat.
Während des Dritten Reichs, zwischen 1933 und 1945 expandierte die Degussa mit Arisierungen (Zukäufen) jüdischer Firmen, Immobilien und Patente[1] und verwickelte sich stark in die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes (siehe dazu den Abschnitt „Die Degussa im Dritten Reich“).
Goldbarren (5 g) mit Prägung der Deutschen Gold- und Silber-Scheideanstalt
Ehemalige Degussa-Zentrale in Frankfurt
1965 erwirtschaftet der Degussa-Konzern einen Umsatz von 1,446 Milliarden DM und beschäftigt 12.400 Mitarbeiter.
1980 wurde das Unternehmen offiziell in „Degussa AG“ umbenannt. Das Bankgeschäft, das die Degussa AG als zugelassene Devisenbank und Außenhandelsbank betrieben hatte, wurde vom Industriegeschäft separiert und auf die neu gegründete „Degussa Bank GmbH“ übertragen.
Ab der Einführung des DAX im Jahre 1988 gehörte die Degussa AG zu den „Blue Chips“-Unternehmen des Dax 30. 1990 beschäftigte Degussa 35.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete einen Jahresumsatz von 13,925 Milliarden DM.
1999 wurden die Degussa und die VEBA-Tochter Hüls AG (Marl) zur Degussa-Hüls AG fusioniert; damit wurde der Energiekonzern VEBA zum Hauptaktionär. Firmensitz blieb Frankfurt am Main.
Nach dem Zusammenschluss von VEBA und VIAG zur E.ON AG wurden die Degussa-Hüls und die VIAG-Tochter SKW Trostberg im Jahr 2001 zu einem neuen Unternehmen zusammengelegt, das den alten Namen Degussa weiterführte. Zugleich wurde der Konzernsitz nach Düsseldorf verlegt. Durch die Fusion wurde die E.ON zum weit überwiegenden Mehrheitsgesellschafter; aufgrund der stark reduzierten Börsenkapitalisierung schied die Degussa 2002 aus dem DAX 30 aus und wurde im M-DAX notiert.
2000 wurden die Edelmetall-Aktivitäten der Degussa in eine eigene Gesellschaft ausgegliedert, die mittlerweile als Umicore AG & Co. KG zum belgischen Umicore-Konzern gehört. Damit hatte sich die Degussa von ihrem ehemaligen Kerngeschäft getrennt, das ihr den Namen gab.
2003 bekannte sich unter Vorstandsvorsitzendem Utz-Hellmuth Felcht die Degussa als ehemaliger Miteigentümer der Degesch dazu, dass die Degesch das Insektizid Zyklon B vertrieb, welches zwischen 1941 und 1944 systematisch für Massenmorde an den Menschen in den Vernichtungslagern missbraucht wurde. An diesem Produkt verdiente die Degesch pro Jahr 200.000 RM.[2]
Am 1. Juni 2004 gehörten 97,5 % der Aktien an der Degussa der RAG. Die Hauptversammlung stimmte am 29. Mai 2006 einem Squeeze-out zu, sodass am 14. September 2006 die Degussa AG eine 100%ige Tochter der RAG war.[3]
Hintergrund war, dass der E.ON-Konzern von der RAG die Mehrheit der Ruhrgas-Anteile übernommen hatte und bis Frühjahr 2006 alle von der E.ON gehaltenen Degussa-Aktien an RAG verkaufte, die das Spezialchemieunternehmen zum Standbein für den für 2007 geplanten RAG-Börsengang machte. Zur Finanzierung der Aktienkäufe wurde die einträgliche Bauchemiesparte der Degussa an die BASF veräußert.
Der Posten des Vorstandsvorsitzenden der Degussa wechselte am 1. Juni 2006 von Utz-Hellmuth Felcht an Klaus Engel.
Degussa wurde von der Börse genommen und mit Wirkung von 2. Januar 2007 in eine GmbH umgewandelt. Am 12. September 2007 wurde die Eingliederung von Degussa in den Evonik Industries Konzern bekanntgegeben.
Degussa ist Gründungsmitglied der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft. Michael Jansen, ehemaliger Degussa-Generalbevollmächtigter, war von 2000 bis Juni 2004 Vorstandsvorsitzender der vom Deutschen Bundestag ins Leben gerufenen Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, die Wiedergutmachungen an ehemalige NS-Zwangs- und Sklavenarbeiter zahlt.
Beteiligungen
Beteiligungen in Deutschland:
AQura GmbH
Creavis Gesellschaft für Technologie und Innovation
Evonik Goldschmidt GmbH
Industriepark Wolfgang GmbH
Infracor GmbH
Joint Solar Silicon JSSi
Evonik Oxeno GmbH
RohMax Additives GmbH
Evonik Röhm GmbH (siehe Otto Röhm)
Evonik Carbon Black GmbH – seit 29. Juli 2011 an die Finanzinvestoren Rhône Capital und Triton Partners. Mit dem Übergang an die Investoren erhält Evonik Carbon Black einen neuen Namen und wird künftig unter Orion Engineered Carbons firmieren.
StoHaas Monomer GmbH & Co. KG
Li-Tec Battery GmbH
Aus der Degussa hervorgegangene Unternehmen
Degudent GmbH, Zahnersatzstoffe und Dentalwerkzeuge
Umicore, Autoabgaskatalysatoren- und Edelmetallgeschäft
Degussa Bank, Frankfurt
United Initiators, Pullach (die Firma gehört nicht mehr zur Evonik)
Industria Immobilieninvestment und Verwaltung
Verkauf der Markenrechte für den Edelmetallhandel
2010 erwarb die Unternehmensgruppe von August von Finck junior die Nutzungsrechte für den Markennamen Degussa im Bereich Edelmetallhandel. Gegründet wurde ein Unternehmen in München mit dem Namen Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH. Zum Sortiment des Edelmetallhandelshauses gehören neben Silber- und Goldmünzen auch im Auftrag angefertigte Motivbarren mit dem Firmenlogo, das in Anlehnung an das ursprüngliche Degussa-Logo gestaltet wurde.[4] Seit 2012 ist Thorsten Polleit Chefökonom des Unternehmens.[5] Das Unternehmen warb bis einschließlich 2013 mit dem Slogan „Degussa – Gold und Silber seit 1843“. Dies wurde dem Unternehmen vom Oberlandesgericht München in zweiter Instanz untersagt mit der Begründung, dass dies eine Unternehmenskontinuität suggeriere, die es überhaupt nicht gibt.[6] Tatsächlich wird die Barrenproduktion der ehemaligen Degussa AG von Umicore weitergeführt.[7]
Die Degussa im Dritten Reich
Degussa beauftragte 1998 den amerikanischen Historiker Peter Hayes zur Aufarbeitung der Firmengeschichte während des Dritten Reiches. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse von Hayes über die Verstrickung der Degussa in den Nationalsozialismus ist auf der Geschichtsseite der Website[8] zu finden. Das Buch „Die Degussa im Dritten Reich. Von der Zusammenarbeit zur Mittäterschaft“ (engl. Originaltitel: „From Cooperation to Complicity: Degussa in the Third Reich“) von Peter Hayes erschien 2004.
Die Degussa war demnach stark in die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes verwickelt, unter anderem in die Verfolgung und Beraubung der Juden, in die Aufrüstung und Kriegsvorbereitung, in die Zwangs- und Sklavenarbeit und in die fabrikmäßige Massenvernichtung der Juden. Eine ihrer Tochterfirmen (Degesch – „Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung mbH“) lieferte Zyklon B, mit dem Gefangene in Auschwitz vergast wurden. In den Schmelzöfen der Degussa wurde auch Zahngold ermordeter Juden verarbeitet. Berichten zufolge soll Degussa spaltbares Material für das deutsche Atomprojekt beschafft haben.[9][10]
Beteiligung an Zyklon B-Herstellung
Degussa war formal gesehen nur indirekt an der Produktion von Zyklon B beteiligt. Das Patent für die hochgiftige Substanz wurde für die „Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung mbH“ („Degesch“) beantragt. Degesch gehörte zu 42,5 % Degussa. Ab 1924 wurde Zyklon B als Schädlingsbekämpfungsmittel im Auftrag und auf Rechnung der Degussa bei der Dessauer Zuckerraffinerie GmbH hergestellt[11] und über die Degesch u. a. an Tesch & Stabenow geliefert. Tesch & Stabenow (Sitz in Hamburg) war von 1941 an für die Lieferungen an das Konzentrationslager Auschwitz zuständig, ab 1943 lieferte auch die Degesch direkt nach Auschwitz.
Der Erlös mit Zyklon B war in Bezug auf das Degussa-Gesamtgeschäft unbedeutend, und da nur etwa ein Prozent der produzierten Menge des Schädlingsbekämpfungsmittels für die Tötung von Menschen missbraucht wurde, wurde mangels eines sicheren Beweises der Mitwisserschaft keiner der Vorstände der Degussa jemals angeklagt. Sie kehrten Ende der 1940er Jahre in ihre Positionen zurück. Degesch-Geschäftsführer Gerhard Peters[12] wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer Zuchthausstrafe verurteilt, während des Revisionsverfahrens von der Degussa unterstützt und 1955 freigesprochen.[13]
Beteiligung am Bau des Holocaust-Mahnmals in Berlin
Degussas Beteiligung an der Zyklon B-Herstellung kam wieder in die öffentliche Diskussion im Zusammenhang mit dem Bau des Denkmals für die ermordeten Juden Europas, als bekannt wurde, dass sowohl der Betonverflüssiger als auch die Anti-Graffiti-Beschichtung (Produktname: Protectosil® aus der Produktreihe Silane) des Mahnmals aus dem Hause Degussa stammen. Die Arbeit am Mahnmal wurde zur Erörterung der Situation vorübergehend unterbrochen. Am 13. November 2003 beschloss jedoch das Kuratorium der Mahnmal-Stiftung den Weiterbau mit weiterer Beteiligung der Degussa: Gerade die Degussa AG habe sich in den letzten Jahren sehr um Vergangenheitsbewältigung und Offenlegung der eigenen Geschichte bemüht.
Siehe auch
Agosi, Allgemeine Gold- und Silber-Scheideanstalt
Ögussa, Österreichische Gold- und Silber-Scheideanstalt
Quelle
Evonik Degussa GmbH
Rechtsform GmbH
Gründung 28. Januar 1873
Sitz Essen
Branche Spezialchemie
Die Degussa war ein Frankfurter Traditionsunternehmen und vor allem bekannt als Goldscheideanstalt. Der Name des Konzerns Degussa war ursprünglich ein Kurzwort (und „Drahtadresse“) für „Deutsche Gold- und Silberscheideanstalt“ (bald auch „Deutsche Gold- und Silber-Scheide-Anstalt“).
Kennzahlen
Degussa war ein multinationales Unternehmen mit Ausrichtung auf die Spezialchemie. Im Geschäftsjahr 2006 erwirtschafteten 36.000 Mitarbeiter einen Umsatz von 10,9 Mrd. EUR und ein operatives Ergebnis (EBIT) von 879 Mio. EUR. Damit war Degussa das drittgrößte deutsche Chemieunternehmen und in der Spezialchemie weltweit der führende Anbieter.
Geschichte
Die Degussa wurde am 28. Januar 1873 als Deutsche Gold- und Silber-Scheideanstalt vormals Roessler AG in Frankfurt am Main gegründet. Sie ging aus der 30 Jahre zuvor in Betrieb genommenen Frankfurter Scheideanstalt hervor, die vom vormaligen Frankfurter „Münzwardein“ Friedrich Ernst Roessler (1813–1883) zunächst gepachtet und als privates Unternehmen betrieben worden war. Nach der Annexion der Freien Stadt Frankfurt durch Preußen 1866 wurde die Scheiderei von seinen Söhnen Heinrich Roessler und Hector Roessler erworben und fortgeführt.
Goldband-Prägung Feingold Degussa - vorm. Roessler in Frankfurt a. Main - Deutsche Gold und Silber Scheideanstalt (1950er/1960er Jahre)
Direkter Anlass zur Gründung der neuen Aktiengesellschaft war die deutsche Reichsgründung 1871 mit der Einführung der nationalen Währung Mark, durch die die Partikularwährungen der deutschen Länder obsolet wurden (z. B. der süddeutsche Gulden). Dementsprechend wurden große Mengen an Münzen aus dem Verkehr gezogen; für die Rückgewinnung des darin enthaltenen Edelmetalls sollte Scheidekapazität in industriellem Maßstab geschaffen werden. Mit der Gründung erwarb das Unternehmen auch das Recht zu Bankgeschäften mit gemünzten und ungemünzten Edelmetallen. Das Tätigkeitsfeld wurde bald auf weitere Edelmetallprodukte (Glanzgold für die Keramik-Industrie) und Chemikalien ausgedehnt. Hauptgeschäft wurde die Herstellung von Perborat.
Während des Dritten Reichs, zwischen 1933 und 1945 expandierte die Degussa mit Arisierungen (Zukäufen) jüdischer Firmen, Immobilien und Patente[1] und verwickelte sich stark in die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes (siehe dazu den Abschnitt „Die Degussa im Dritten Reich“).
Goldbarren (5 g) mit Prägung der Deutschen Gold- und Silber-Scheideanstalt
Ehemalige Degussa-Zentrale in Frankfurt
1965 erwirtschaftet der Degussa-Konzern einen Umsatz von 1,446 Milliarden DM und beschäftigt 12.400 Mitarbeiter.
1980 wurde das Unternehmen offiziell in „Degussa AG“ umbenannt. Das Bankgeschäft, das die Degussa AG als zugelassene Devisenbank und Außenhandelsbank betrieben hatte, wurde vom Industriegeschäft separiert und auf die neu gegründete „Degussa Bank GmbH“ übertragen.
Ab der Einführung des DAX im Jahre 1988 gehörte die Degussa AG zu den „Blue Chips“-Unternehmen des Dax 30. 1990 beschäftigte Degussa 35.000 Mitarbeiter und erwirtschaftete einen Jahresumsatz von 13,925 Milliarden DM.
1999 wurden die Degussa und die VEBA-Tochter Hüls AG (Marl) zur Degussa-Hüls AG fusioniert; damit wurde der Energiekonzern VEBA zum Hauptaktionär. Firmensitz blieb Frankfurt am Main.
Nach dem Zusammenschluss von VEBA und VIAG zur E.ON AG wurden die Degussa-Hüls und die VIAG-Tochter SKW Trostberg im Jahr 2001 zu einem neuen Unternehmen zusammengelegt, das den alten Namen Degussa weiterführte. Zugleich wurde der Konzernsitz nach Düsseldorf verlegt. Durch die Fusion wurde die E.ON zum weit überwiegenden Mehrheitsgesellschafter; aufgrund der stark reduzierten Börsenkapitalisierung schied die Degussa 2002 aus dem DAX 30 aus und wurde im M-DAX notiert.
2000 wurden die Edelmetall-Aktivitäten der Degussa in eine eigene Gesellschaft ausgegliedert, die mittlerweile als Umicore AG & Co. KG zum belgischen Umicore-Konzern gehört. Damit hatte sich die Degussa von ihrem ehemaligen Kerngeschäft getrennt, das ihr den Namen gab.
2003 bekannte sich unter Vorstandsvorsitzendem Utz-Hellmuth Felcht die Degussa als ehemaliger Miteigentümer der Degesch dazu, dass die Degesch das Insektizid Zyklon B vertrieb, welches zwischen 1941 und 1944 systematisch für Massenmorde an den Menschen in den Vernichtungslagern missbraucht wurde. An diesem Produkt verdiente die Degesch pro Jahr 200.000 RM.[2]
Am 1. Juni 2004 gehörten 97,5 % der Aktien an der Degussa der RAG. Die Hauptversammlung stimmte am 29. Mai 2006 einem Squeeze-out zu, sodass am 14. September 2006 die Degussa AG eine 100%ige Tochter der RAG war.[3]
Hintergrund war, dass der E.ON-Konzern von der RAG die Mehrheit der Ruhrgas-Anteile übernommen hatte und bis Frühjahr 2006 alle von der E.ON gehaltenen Degussa-Aktien an RAG verkaufte, die das Spezialchemieunternehmen zum Standbein für den für 2007 geplanten RAG-Börsengang machte. Zur Finanzierung der Aktienkäufe wurde die einträgliche Bauchemiesparte der Degussa an die BASF veräußert.
Der Posten des Vorstandsvorsitzenden der Degussa wechselte am 1. Juni 2006 von Utz-Hellmuth Felcht an Klaus Engel.
Degussa wurde von der Börse genommen und mit Wirkung von 2. Januar 2007 in eine GmbH umgewandelt. Am 12. September 2007 wurde die Eingliederung von Degussa in den Evonik Industries Konzern bekanntgegeben.
Degussa ist Gründungsmitglied der Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft. Michael Jansen, ehemaliger Degussa-Generalbevollmächtigter, war von 2000 bis Juni 2004 Vorstandsvorsitzender der vom Deutschen Bundestag ins Leben gerufenen Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, die Wiedergutmachungen an ehemalige NS-Zwangs- und Sklavenarbeiter zahlt.
Beteiligungen
Beteiligungen in Deutschland:
AQura GmbH
Creavis Gesellschaft für Technologie und Innovation
Evonik Goldschmidt GmbH
Industriepark Wolfgang GmbH
Infracor GmbH
Joint Solar Silicon JSSi
Evonik Oxeno GmbH
RohMax Additives GmbH
Evonik Röhm GmbH (siehe Otto Röhm)
Evonik Carbon Black GmbH – seit 29. Juli 2011 an die Finanzinvestoren Rhône Capital und Triton Partners. Mit dem Übergang an die Investoren erhält Evonik Carbon Black einen neuen Namen und wird künftig unter Orion Engineered Carbons firmieren.
StoHaas Monomer GmbH & Co. KG
Li-Tec Battery GmbH
Aus der Degussa hervorgegangene Unternehmen
Degudent GmbH, Zahnersatzstoffe und Dentalwerkzeuge
Umicore, Autoabgaskatalysatoren- und Edelmetallgeschäft
Degussa Bank, Frankfurt
United Initiators, Pullach (die Firma gehört nicht mehr zur Evonik)
Industria Immobilieninvestment und Verwaltung
Verkauf der Markenrechte für den Edelmetallhandel
2010 erwarb die Unternehmensgruppe von August von Finck junior die Nutzungsrechte für den Markennamen Degussa im Bereich Edelmetallhandel. Gegründet wurde ein Unternehmen in München mit dem Namen Degussa Sonne/Mond Goldhandel GmbH. Zum Sortiment des Edelmetallhandelshauses gehören neben Silber- und Goldmünzen auch im Auftrag angefertigte Motivbarren mit dem Firmenlogo, das in Anlehnung an das ursprüngliche Degussa-Logo gestaltet wurde.[4] Seit 2012 ist Thorsten Polleit Chefökonom des Unternehmens.[5] Das Unternehmen warb bis einschließlich 2013 mit dem Slogan „Degussa – Gold und Silber seit 1843“. Dies wurde dem Unternehmen vom Oberlandesgericht München in zweiter Instanz untersagt mit der Begründung, dass dies eine Unternehmenskontinuität suggeriere, die es überhaupt nicht gibt.[6] Tatsächlich wird die Barrenproduktion der ehemaligen Degussa AG von Umicore weitergeführt.[7]
Die Degussa im Dritten Reich
Degussa beauftragte 1998 den amerikanischen Historiker Peter Hayes zur Aufarbeitung der Firmengeschichte während des Dritten Reiches. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse von Hayes über die Verstrickung der Degussa in den Nationalsozialismus ist auf der Geschichtsseite der Website[8] zu finden. Das Buch „Die Degussa im Dritten Reich. Von der Zusammenarbeit zur Mittäterschaft“ (engl. Originaltitel: „From Cooperation to Complicity: Degussa in the Third Reich“) von Peter Hayes erschien 2004.
Die Degussa war demnach stark in die Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes verwickelt, unter anderem in die Verfolgung und Beraubung der Juden, in die Aufrüstung und Kriegsvorbereitung, in die Zwangs- und Sklavenarbeit und in die fabrikmäßige Massenvernichtung der Juden. Eine ihrer Tochterfirmen (Degesch – „Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung mbH“) lieferte Zyklon B, mit dem Gefangene in Auschwitz vergast wurden. In den Schmelzöfen der Degussa wurde auch Zahngold ermordeter Juden verarbeitet. Berichten zufolge soll Degussa spaltbares Material für das deutsche Atomprojekt beschafft haben.[9][10]
Beteiligung an Zyklon B-Herstellung
Degussa war formal gesehen nur indirekt an der Produktion von Zyklon B beteiligt. Das Patent für die hochgiftige Substanz wurde für die „Deutsche Gesellschaft für Schädlingsbekämpfung mbH“ („Degesch“) beantragt. Degesch gehörte zu 42,5 % Degussa. Ab 1924 wurde Zyklon B als Schädlingsbekämpfungsmittel im Auftrag und auf Rechnung der Degussa bei der Dessauer Zuckerraffinerie GmbH hergestellt[11] und über die Degesch u. a. an Tesch & Stabenow geliefert. Tesch & Stabenow (Sitz in Hamburg) war von 1941 an für die Lieferungen an das Konzentrationslager Auschwitz zuständig, ab 1943 lieferte auch die Degesch direkt nach Auschwitz.
Der Erlös mit Zyklon B war in Bezug auf das Degussa-Gesamtgeschäft unbedeutend, und da nur etwa ein Prozent der produzierten Menge des Schädlingsbekämpfungsmittels für die Tötung von Menschen missbraucht wurde, wurde mangels eines sicheren Beweises der Mitwisserschaft keiner der Vorstände der Degussa jemals angeklagt. Sie kehrten Ende der 1940er Jahre in ihre Positionen zurück. Degesch-Geschäftsführer Gerhard Peters[12] wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zu einer Zuchthausstrafe verurteilt, während des Revisionsverfahrens von der Degussa unterstützt und 1955 freigesprochen.[13]
Beteiligung am Bau des Holocaust-Mahnmals in Berlin
Degussas Beteiligung an der Zyklon B-Herstellung kam wieder in die öffentliche Diskussion im Zusammenhang mit dem Bau des Denkmals für die ermordeten Juden Europas, als bekannt wurde, dass sowohl der Betonverflüssiger als auch die Anti-Graffiti-Beschichtung (Produktname: Protectosil® aus der Produktreihe Silane) des Mahnmals aus dem Hause Degussa stammen. Die Arbeit am Mahnmal wurde zur Erörterung der Situation vorübergehend unterbrochen. Am 13. November 2003 beschloss jedoch das Kuratorium der Mahnmal-Stiftung den Weiterbau mit weiterer Beteiligung der Degussa: Gerade die Degussa AG habe sich in den letzten Jahren sehr um Vergangenheitsbewältigung und Offenlegung der eigenen Geschichte bemüht.
Siehe auch
Agosi, Allgemeine Gold- und Silber-Scheideanstalt
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