Die C. Lorenz AG
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Die C. Lorenz AG
Die C. Lorenz AG war ein deutscher Hersteller von Elektrotechnik. In der Gründerzeit lag der Schwerpunkt zunächst im Bereich Telegrafie und Signalanlagen für die Eisenbahn, bald kamen Fernschreiber und Telefon hinzu. Mit zahlreichen Entwicklungen für die „drahtlose Telegraphie“ entwickelte sich C. Lorenz zum Pionier der Funktechnik. Neben dem Bau der ersten Radiosender für den Rundfunk in Deutschland war C. Lorenz bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs der weltweit führende Lieferant im Bereich funkgestützter Flugnavigations- und Landesysteme für Flughäfen und Flugzeughersteller. Nach Kriegsende war das Unternehmen vor allem für seine Unterhaltungselektronik-Marke „Schaub-Lorenz“ mit Radio- und Fernsehgeräten bekannt – sogenannte „Braune Ware“.
Rechtsform Aktiengesellschaft (ab 1906)
Gründung 1. Juli 1880
Auflösung 31. März 1958
Auflösungsgrund Unternehmensfusion zur Standard Elektrik Lorenz AG
Sitz Berlin-Kreuzberg (1880 bis 1917)
Tempelhof (1917 bis 1920)
Berlin-Tempelhof (1920 bis 1948)
Stuttgart-Zuffenhausen
(1948 bis 1958)
Leitung
Carl Lorenz (1880–1889)
Alfred Lorenz (1889–1890)
Robert Held (1890–1924)
Georg Wolf (1925–1931)
Jens Bache-Wiig (1931–1933)
Walter Max Hahnemann (1934–1944)
Carl Schmid (1944–1949)
Martin Kluge (1950–1958)
Branche Elektrotechnik – Funk, Radio, Telekommunikation
Das 1880 von Carl Lorenz in Berlin-Kreuzberg als Telegraphen-Bauanstalt und mechanische Werkstatt C. Lorenz gegründete Unternehmen wurde 1906 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und verlegte 1917 seinen Hauptsitz in die eigenständige Landgemeinde Tempelhof, die ab 1920 zu Groß-Berlin gehörte. In den 1920er Jahren übernahm der niederländische Philips-Konzern die Aktienmehrheit und verstrickte C. Lorenz in einen Rechststeit mit dem deutschen Marktführer Telefunken, der erst 1930 nach dem Verkauf sämtlicher Anteile an den US-amerikanischen Mischkonzern International Telephone and Telegraph Co. (ITT) endete. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlegte die ITT den Sitz ihrer deutschen Töchter nach Stuttgart-Zuffenhausen und ließ sie nach und nach miteinander verschmelzen. Im letzten Schritt fusionierten im April 1958 die C. Lorenz AG und Standard Elektrik AG zur Standard Elektrik Lorenz AG (SEL), die in den 1960er und 1970er Jahren zu den zehn größten Unternehmen der Bundesrepublik zählte. Ende der 1980er Jahre folgte ein wirtschaftlicher Niedergang mit Abspaltung und Verkauf der meisten Bereiche. Der verbliebene, vor allem auf Forschung und Entwicklung konzentrierte Nachfolgebetrieb, gehört seit 2016 zur finnischen Nokia.
Mit eigenen Entwicklungen feierte C. Lorenz Erfolge, vor allem in der Funktechnik. Wesentlich stärker war sie aber darin, vorhandene Prototypen und Modelle in Lizenz oder durch Zukauf zu übernehmen, in besser ausgereifte Produkte weiterzuentwickeln und sie durch fortschrittlich organisierte Massenproduktion für breite Käuferschichten erschwinglich zu machen. Im Interesse hoher Stückzahlen war das Unternehmen stets um Staatsaufträge bemüht und verwandelte sich in beiden Weltkriegen jeweils schnell zum Rüstungsbetrieb, mit bei Kriegsende großen Schwierigkeiten, kurzfristig wieder auf zivile Produkte umzustellen.
Geschichte
Telegraphen-Bauanstalt
Am 1. Juli 1880 gründete der Ingenieur Carl Lorenz mit seinem Gehilfen Fritz Schlachte in Berlin-Kreuzberg eine mechanische Werkstatt, die Morse-Apparate und elektromechanische Geräte produzierte.[1] Im Berliner Adressbuch 1881 wird er als Inhaber einer Telegraphen-Bauanstalt und mechanischen Werkstatt in der Oranienstraße 50 aufgeführt.[2] Die ersten Aufträge erhielt er von der privaten Berlin-Görlitzer Eisenbahn-Gesellschaft, die ihre Strecke nach Görlitz im Jahr 1867 für den Verkehr eröffnet hatte. Carls jüngerer Bruder Alfred stieß zum frisch gegründeten Unternehmen hinzu und wurde Werkstattmeister, als die Mitarbeiterzahl und Betriebsgröße entsprechend angewachsen war.
C. Lorenz Telegraphenbau-Anstalt, Prinzessinnenstr. 21 (heute Berlin-Kreuzberg), um 1883
Im Oktober 1883 zog das Unternehmen in die Prinzessinnenstraße 21 um, verlor aber in der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember 1883 sowohl das Gebäude als auch die Maschinen bei einem Brand, den die Berliner Feuerwehr wegen eingefrorener Schläuche nicht unter Kontrolle bekommen konnte. Drei Wochen später wurde der Betrieb mit teilweise renovierten und neuen Maschinen in der Prinzenstraße 35 wieder aufgenommen. Im Oktober 1885 zog der Betrieb in die Prinzessinnenstraße 21 zurück. Dort war zwischenzeitlich ein vierstöckiges Quergebäude errichtet worden, dessen 3. und 4. Etage Carl Lorenz vollständig in Anspruch nahm und bei dieser Gelegenheit auch erstmals mit Dampf betriebene Maschinen für die künftige Produktion montieren ließ.
Am 20. Dezember 1889 starb Carl Lorenz und stellvertretend für die Witwe nebst Kindern führte sein Bruder Alfred vorübergehend die Firma. Noch im gleichen Jahr einigte sich der Kaufmann Robert Held mit der Witwe, das Unternehmen mit zuletzt rund 20 Arbeitern, für 50.000 Mark vollständig zu übernehmen. Der in der Eisenbahntelegraphenwerkstatt am Görlitzer Bahnhof beschäftigte Telegrapheninspektor Hermann Hattemer brachte zahlreiche Ideen für die Weiterentwicklung der von C. Lorenz gebauten Streckenläutwerke ein, die in Fachzeitschriften und Fachbüchern bald als fortschrittlich gewürdigt wurden. Auf der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung 1891 in Frankfurt am Main stellte das Unternehmen seine Produkte in großer Öffentlichkeit aus und nach drei Jahren hatte sich der Betrieb auf drei Stockwerke ausgedehnt sowie die Zahl seiner Arbeiter verfünffacht.
1893 übernahm Held von Carl Friedrich Lewert (* 1808) oder dessen Erben die Telegraphen-Bauanstalt C. F. Lewert am Luisenufer 11.[3] Deren Vorläufer war schon im Jahr 1800 vom Mechaniker David Friedrich Lewert (1779–1863) gegründet worden und hatte ab 1851 die ersten deutschen Morse-Telegraphen in Preußen verbreitet.[4] Der Betrieb mit etwa 30 Arbeitern war Auftragnehmer der Reichspost für den Bau von Telefonapparaten.[5]
Als Robert Held davon hörte, der russische Finanzminister Sergei Juljewitsch Witte habe seinen Behörden nahegelegt, ihre Aufträge an Unternehmen im eigenen Land zu erteilen, richtete er eine Zweigniederlassung in St. Petersburg ein. Im Jahr zuvor hatte C. Lorenz bereits mehrere hundert Morsegeräte an das Zarenreich geliefert und der Ausbau des dortigen Eisenbahnnetzes ließ ein starkes Wachstum des Geschäfts erwarten. Die Leitung der gleich mit 30 Arbeitern eröffneten Werkstatt übernahm der Mitarbeiter Trepplin. Um mit der erfolgreichen Geschäftsentwicklung Schritt zu halten, zog die Werkstatt im Jahr 1904 in ein eigenes Fabrikgebäude.
C. Lorenz A.G. bis 1920
Poulsen-Lichtbogen-Sender von C. Lorenz, 2-kW-Schiffsstation von 1915 (im Deutschen Museum, München)
Nachdem der Hauptbetrieb in Berlin mehrmals den Standort gewechselt hatte und zuletzt Räume am Elisabethufer (heute: Leuschnerdamm/Erkelenzdamm) gemietet hatte, wurden größere Geldmittel erforderlich, um den weiteren Ausbau der Fertigung zu finanzieren. Die Firma wurde daher im Jahr 1906 aus Privatbesitz in die C. Lorenz A.G. mit einem Kapital von 1,4 Mio. Mark umgewandelt.
Im gleichen Jahr erwarb das Unternehmen eine Lizenz zur Nutzung der Patente des dänischen Ingenieurs Valdemar Poulsen, die er 1903 bzw. 1904 auf die „Poulsen-Lampe“ erhalten hatte. Bei Experimenten mit einer Versuchsanordnung, wie sie bereits William Duddell für den „singenden Lichtbogen“ (engl. „Singing Arc Lamp“) verwendet hatte, war es Poulsen gelungen, eine Sendeanlage für ungedämpfte hochfrequente Schwingungen mit hoher Energie und Reichweite zu konstruieren. Er konnte mit Hilfe seines Lichtbogensenders im Jahr 1904 die „drahtloses Telefonie“ zwischen Lyngby und Kopenhagen über eine Strecke von 15 km und zwei Jahre später von Lyngby bis Esbjerg über 270 km erfolgreich demonstrieren. Zahlreiche Unternehmen hatten ihm aber schon abgewunken, bevor er sich an C. Lorenz wandte. Seine eigene Firma in London, die Amalgamated Radio Telegraph Company Ltd., hatte ihr Betriebskapital im Testbetrieb vollständig verbraucht und war bankrott, noch ehe sie den ersten Kunden gewinnen konnte. C. Lorenz demonstrierte einen weiterentwickelten, ab diesem Zeitpunkt auch als „Poulsen-Lorenz“ bezeichneten Lichtbogensender im Jahr 1908 auf der SMS Berlin und 1909 zwischen Lyngby und Berlin über 370 km Entfernung.[6] Darauf folgten schon bald Bauaufträge durch die Kaiserliche Marine und das Deutsche Heer.
Im Jahr 1909 richtete C. Lorenz nordöstlich von Berlin die Versuchsfunkstelle Eberswalde ein, die mit Sprach- und Musikübertragung über Lichtbogensender und bald auch mit Hochfrequenz-Maschinensendern experimentierte. Die verwendeten Hochfrequenzmaschinen gingen auf die Erfindung des Hochschullehrers Rudolf Goldschmidt zurück. Dieser wollte sie ursprünglich der 1903 von Siemens & Halske und der AEG gemeinsam gegründeten Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H., System Telefunken anbieten, die aber keinerlei Interesse zeigte. Das Reichsmarineamt vermittelte ihn schließlich an Lorenz. Im Jahr 1908 stellte er die Ergebnisse seiner Versuche in Darmstadt bei Generaldirektor Robert Held persönlich vor.[7] Held erwarb daraufhin die Patente und beteiligte sich an der Hochfrequenzmaschinen-Aktiengesellschaft für drahtlose Telegraphie (HOMAG). Die anschließend gemeinsam errichteten Versuchsstationen, Überseesender Eilvese bei Hannover und Tuckerton (New Jersey, USA), konnten bei firmeninternen Experimenten die Durchführbarkeit von Sprachübertragungen über eine Distanz von 6500 Kilometern beweisen und ermöglichten am 20. Juni 1914, allerdings nur funktelegrafisch, einen direkten Austausch von Grußbotschaften zwischen Kaiser Wilhelm II. und dem US-Präsidenten Woodrow Wilson.[8]
Zahlreiche Mitarbeiter der ab 1906 unter Leitung von Walter Hahnemann aufgebauten neuen Abteilung Drahtlose Technik, wie Hans Rein, Leo Pungs, Otto Scheller oder Eugen Nesper,[5] gelten heute als Pioniere der Funk- und vor allem Hochfrequenztechnik.
in wichtiger technischer Durchbruch gelang mit der Pungs-Drossel. Zur Modulation des Sendesignals mit Sprachschwingungen war es bis dahin üblich, einfach eine Mehrzahl von Mikrofonen direkt in den Antennenkreis zu schalten. Mit den bei Steigerung der Sendeleistung immer größer werdenden Stromstärken, verklebten jedoch die Körner der Kohlemikrofone, so dass man sich gezwungen sah, Klopf- oder Drehvorrichtungen zu installieren und die Geräte fortwährend zu schütteln. Für den Sprecher bestand außerdem Gefahr, sich an den vom Antennenstom durchflossenen Geräten den Mund zu verbrennen. Leo Pungs schaltete eine Eisendrossel in die Antenne, deren Verlustwiderstand sich in Abhängigkeit von der Vormagnetisierung änderte. Die Magnetisierung konnte durch das Sprachsignal gesteuert und somit die Sprache über die Drossel dem Sender aufmoduliert werden. Die Verwendung der Poulsen-Sender blieb aber vorerst auf militärisches Gebiet beschränkt. Mit ständig zunehmender Zahl an Lieferungen von Funkstationen für das Deutsche Heer und die Schiffe der Kaiserlichen Marine wuchs C. Lorenz bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs auf eine Belegschaft von etwa 3000 Mitarbeitern an.
Um auch den Bereich der kabelgestützten Geräte zu vergrößern, der seit 1910 verstärkt mit eigenen Konstruktionen für Fernsprecher und Privat-Nebenstellen-Technik aufgetreten war, übernahm Lorenz im Jahr 1915 die W. Gurlt Telephon- und Telegraphenwerke GmbH in Berlin. Wie schon bei Übernahme von C. F. Lewert, durch die Robert Held an Lieferverträge mit der Reichspost gekommen war, sicherte er seinem Unternehmen auch bei diesem Kauf den Zugang zu Staatsaufträgen. Schon 1853, noch im Jahr der Gründung durch den Mechaniker Wilhelm Gurlt, war die W. Gurlt Telegraphen-Bauanstalt zur Lieferung für die Königlich Preußische Telegraphendirektion zugelassen. Ab 1879 wurde sie Auftragnehmer der Heeresverwaltung für Militär-Telegrafie und war auch in die Entwicklung spezieller Apparatetypen für Festungen und Truppen eingebunden. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs waren entsprechend große Lieferungen für die Mobilmachung zu leisten.[9]
1917 bezog die C. Lorenz AG ihren neuen Sitz in der damals noch selbstständigen Landgemeinde Tempelhof bei Berlin, wo nach Plänen des Architekten Karl Stodieck ein neues Fabrikgebäude gebaut worden war. Die Produktion dort umfasste Telegraphen- und Telefonapparate für Post, Eisenbahn, Schiffe, Fabriken und Gruben, Signaleinrichtungen aller Art, Stationen für drahtlose Telegraphie und Telefonie, Rohrpostanlagen, Feuermeldeanlagen, Beleuchtungs- und Zündapparate für Kraftfahrzeuge.
Nach dem Kriegsende musste die Fertigung auf zivile Erzeugnisse umgestellt werden. Der vollständige Wegfall von Heereslieferungen, die einen sehr hohen Anteil an der Gesamtproduktion ausgemacht hatten, war für das Unternehmen schwer zu verkraften. Die Unternehmensführung stand zudem unter strenger Kontrolle der Aufsichtsorgane der Siegerstaaten. Auf der Suche nach einem neuen Anwendungsgebiet für die „Lorenz-Poulsen-Sender“ strahlte die firmeneigene Funkstelle Eberswalde ab 1919 versuchsweise die ersten Hörfunksendungen aus.
Weiteres zur firmengeschichte im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/C._Lorenz
Rechtsform Aktiengesellschaft (ab 1906)
Gründung 1. Juli 1880
Auflösung 31. März 1958
Auflösungsgrund Unternehmensfusion zur Standard Elektrik Lorenz AG
Sitz Berlin-Kreuzberg (1880 bis 1917)
Tempelhof (1917 bis 1920)
Berlin-Tempelhof (1920 bis 1948)
Stuttgart-Zuffenhausen
(1948 bis 1958)
Leitung
Carl Lorenz (1880–1889)
Alfred Lorenz (1889–1890)
Robert Held (1890–1924)
Georg Wolf (1925–1931)
Jens Bache-Wiig (1931–1933)
Walter Max Hahnemann (1934–1944)
Carl Schmid (1944–1949)
Martin Kluge (1950–1958)
Branche Elektrotechnik – Funk, Radio, Telekommunikation
Das 1880 von Carl Lorenz in Berlin-Kreuzberg als Telegraphen-Bauanstalt und mechanische Werkstatt C. Lorenz gegründete Unternehmen wurde 1906 in eine Aktiengesellschaft umgewandelt und verlegte 1917 seinen Hauptsitz in die eigenständige Landgemeinde Tempelhof, die ab 1920 zu Groß-Berlin gehörte. In den 1920er Jahren übernahm der niederländische Philips-Konzern die Aktienmehrheit und verstrickte C. Lorenz in einen Rechststeit mit dem deutschen Marktführer Telefunken, der erst 1930 nach dem Verkauf sämtlicher Anteile an den US-amerikanischen Mischkonzern International Telephone and Telegraph Co. (ITT) endete. Nach dem Zweiten Weltkrieg verlegte die ITT den Sitz ihrer deutschen Töchter nach Stuttgart-Zuffenhausen und ließ sie nach und nach miteinander verschmelzen. Im letzten Schritt fusionierten im April 1958 die C. Lorenz AG und Standard Elektrik AG zur Standard Elektrik Lorenz AG (SEL), die in den 1960er und 1970er Jahren zu den zehn größten Unternehmen der Bundesrepublik zählte. Ende der 1980er Jahre folgte ein wirtschaftlicher Niedergang mit Abspaltung und Verkauf der meisten Bereiche. Der verbliebene, vor allem auf Forschung und Entwicklung konzentrierte Nachfolgebetrieb, gehört seit 2016 zur finnischen Nokia.
Mit eigenen Entwicklungen feierte C. Lorenz Erfolge, vor allem in der Funktechnik. Wesentlich stärker war sie aber darin, vorhandene Prototypen und Modelle in Lizenz oder durch Zukauf zu übernehmen, in besser ausgereifte Produkte weiterzuentwickeln und sie durch fortschrittlich organisierte Massenproduktion für breite Käuferschichten erschwinglich zu machen. Im Interesse hoher Stückzahlen war das Unternehmen stets um Staatsaufträge bemüht und verwandelte sich in beiden Weltkriegen jeweils schnell zum Rüstungsbetrieb, mit bei Kriegsende großen Schwierigkeiten, kurzfristig wieder auf zivile Produkte umzustellen.
Geschichte
Telegraphen-Bauanstalt
Am 1. Juli 1880 gründete der Ingenieur Carl Lorenz mit seinem Gehilfen Fritz Schlachte in Berlin-Kreuzberg eine mechanische Werkstatt, die Morse-Apparate und elektromechanische Geräte produzierte.[1] Im Berliner Adressbuch 1881 wird er als Inhaber einer Telegraphen-Bauanstalt und mechanischen Werkstatt in der Oranienstraße 50 aufgeführt.[2] Die ersten Aufträge erhielt er von der privaten Berlin-Görlitzer Eisenbahn-Gesellschaft, die ihre Strecke nach Görlitz im Jahr 1867 für den Verkehr eröffnet hatte. Carls jüngerer Bruder Alfred stieß zum frisch gegründeten Unternehmen hinzu und wurde Werkstattmeister, als die Mitarbeiterzahl und Betriebsgröße entsprechend angewachsen war.
C. Lorenz Telegraphenbau-Anstalt, Prinzessinnenstr. 21 (heute Berlin-Kreuzberg), um 1883
Im Oktober 1883 zog das Unternehmen in die Prinzessinnenstraße 21 um, verlor aber in der Nacht vom 3. auf den 4. Dezember 1883 sowohl das Gebäude als auch die Maschinen bei einem Brand, den die Berliner Feuerwehr wegen eingefrorener Schläuche nicht unter Kontrolle bekommen konnte. Drei Wochen später wurde der Betrieb mit teilweise renovierten und neuen Maschinen in der Prinzenstraße 35 wieder aufgenommen. Im Oktober 1885 zog der Betrieb in die Prinzessinnenstraße 21 zurück. Dort war zwischenzeitlich ein vierstöckiges Quergebäude errichtet worden, dessen 3. und 4. Etage Carl Lorenz vollständig in Anspruch nahm und bei dieser Gelegenheit auch erstmals mit Dampf betriebene Maschinen für die künftige Produktion montieren ließ.
Am 20. Dezember 1889 starb Carl Lorenz und stellvertretend für die Witwe nebst Kindern führte sein Bruder Alfred vorübergehend die Firma. Noch im gleichen Jahr einigte sich der Kaufmann Robert Held mit der Witwe, das Unternehmen mit zuletzt rund 20 Arbeitern, für 50.000 Mark vollständig zu übernehmen. Der in der Eisenbahntelegraphenwerkstatt am Görlitzer Bahnhof beschäftigte Telegrapheninspektor Hermann Hattemer brachte zahlreiche Ideen für die Weiterentwicklung der von C. Lorenz gebauten Streckenläutwerke ein, die in Fachzeitschriften und Fachbüchern bald als fortschrittlich gewürdigt wurden. Auf der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung 1891 in Frankfurt am Main stellte das Unternehmen seine Produkte in großer Öffentlichkeit aus und nach drei Jahren hatte sich der Betrieb auf drei Stockwerke ausgedehnt sowie die Zahl seiner Arbeiter verfünffacht.
1893 übernahm Held von Carl Friedrich Lewert (* 1808) oder dessen Erben die Telegraphen-Bauanstalt C. F. Lewert am Luisenufer 11.[3] Deren Vorläufer war schon im Jahr 1800 vom Mechaniker David Friedrich Lewert (1779–1863) gegründet worden und hatte ab 1851 die ersten deutschen Morse-Telegraphen in Preußen verbreitet.[4] Der Betrieb mit etwa 30 Arbeitern war Auftragnehmer der Reichspost für den Bau von Telefonapparaten.[5]
Als Robert Held davon hörte, der russische Finanzminister Sergei Juljewitsch Witte habe seinen Behörden nahegelegt, ihre Aufträge an Unternehmen im eigenen Land zu erteilen, richtete er eine Zweigniederlassung in St. Petersburg ein. Im Jahr zuvor hatte C. Lorenz bereits mehrere hundert Morsegeräte an das Zarenreich geliefert und der Ausbau des dortigen Eisenbahnnetzes ließ ein starkes Wachstum des Geschäfts erwarten. Die Leitung der gleich mit 30 Arbeitern eröffneten Werkstatt übernahm der Mitarbeiter Trepplin. Um mit der erfolgreichen Geschäftsentwicklung Schritt zu halten, zog die Werkstatt im Jahr 1904 in ein eigenes Fabrikgebäude.
C. Lorenz A.G. bis 1920
Poulsen-Lichtbogen-Sender von C. Lorenz, 2-kW-Schiffsstation von 1915 (im Deutschen Museum, München)
Nachdem der Hauptbetrieb in Berlin mehrmals den Standort gewechselt hatte und zuletzt Räume am Elisabethufer (heute: Leuschnerdamm/Erkelenzdamm) gemietet hatte, wurden größere Geldmittel erforderlich, um den weiteren Ausbau der Fertigung zu finanzieren. Die Firma wurde daher im Jahr 1906 aus Privatbesitz in die C. Lorenz A.G. mit einem Kapital von 1,4 Mio. Mark umgewandelt.
Im gleichen Jahr erwarb das Unternehmen eine Lizenz zur Nutzung der Patente des dänischen Ingenieurs Valdemar Poulsen, die er 1903 bzw. 1904 auf die „Poulsen-Lampe“ erhalten hatte. Bei Experimenten mit einer Versuchsanordnung, wie sie bereits William Duddell für den „singenden Lichtbogen“ (engl. „Singing Arc Lamp“) verwendet hatte, war es Poulsen gelungen, eine Sendeanlage für ungedämpfte hochfrequente Schwingungen mit hoher Energie und Reichweite zu konstruieren. Er konnte mit Hilfe seines Lichtbogensenders im Jahr 1904 die „drahtloses Telefonie“ zwischen Lyngby und Kopenhagen über eine Strecke von 15 km und zwei Jahre später von Lyngby bis Esbjerg über 270 km erfolgreich demonstrieren. Zahlreiche Unternehmen hatten ihm aber schon abgewunken, bevor er sich an C. Lorenz wandte. Seine eigene Firma in London, die Amalgamated Radio Telegraph Company Ltd., hatte ihr Betriebskapital im Testbetrieb vollständig verbraucht und war bankrott, noch ehe sie den ersten Kunden gewinnen konnte. C. Lorenz demonstrierte einen weiterentwickelten, ab diesem Zeitpunkt auch als „Poulsen-Lorenz“ bezeichneten Lichtbogensender im Jahr 1908 auf der SMS Berlin und 1909 zwischen Lyngby und Berlin über 370 km Entfernung.[6] Darauf folgten schon bald Bauaufträge durch die Kaiserliche Marine und das Deutsche Heer.
Im Jahr 1909 richtete C. Lorenz nordöstlich von Berlin die Versuchsfunkstelle Eberswalde ein, die mit Sprach- und Musikübertragung über Lichtbogensender und bald auch mit Hochfrequenz-Maschinensendern experimentierte. Die verwendeten Hochfrequenzmaschinen gingen auf die Erfindung des Hochschullehrers Rudolf Goldschmidt zurück. Dieser wollte sie ursprünglich der 1903 von Siemens & Halske und der AEG gemeinsam gegründeten Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H., System Telefunken anbieten, die aber keinerlei Interesse zeigte. Das Reichsmarineamt vermittelte ihn schließlich an Lorenz. Im Jahr 1908 stellte er die Ergebnisse seiner Versuche in Darmstadt bei Generaldirektor Robert Held persönlich vor.[7] Held erwarb daraufhin die Patente und beteiligte sich an der Hochfrequenzmaschinen-Aktiengesellschaft für drahtlose Telegraphie (HOMAG). Die anschließend gemeinsam errichteten Versuchsstationen, Überseesender Eilvese bei Hannover und Tuckerton (New Jersey, USA), konnten bei firmeninternen Experimenten die Durchführbarkeit von Sprachübertragungen über eine Distanz von 6500 Kilometern beweisen und ermöglichten am 20. Juni 1914, allerdings nur funktelegrafisch, einen direkten Austausch von Grußbotschaften zwischen Kaiser Wilhelm II. und dem US-Präsidenten Woodrow Wilson.[8]
Zahlreiche Mitarbeiter der ab 1906 unter Leitung von Walter Hahnemann aufgebauten neuen Abteilung Drahtlose Technik, wie Hans Rein, Leo Pungs, Otto Scheller oder Eugen Nesper,[5] gelten heute als Pioniere der Funk- und vor allem Hochfrequenztechnik.
in wichtiger technischer Durchbruch gelang mit der Pungs-Drossel. Zur Modulation des Sendesignals mit Sprachschwingungen war es bis dahin üblich, einfach eine Mehrzahl von Mikrofonen direkt in den Antennenkreis zu schalten. Mit den bei Steigerung der Sendeleistung immer größer werdenden Stromstärken, verklebten jedoch die Körner der Kohlemikrofone, so dass man sich gezwungen sah, Klopf- oder Drehvorrichtungen zu installieren und die Geräte fortwährend zu schütteln. Für den Sprecher bestand außerdem Gefahr, sich an den vom Antennenstom durchflossenen Geräten den Mund zu verbrennen. Leo Pungs schaltete eine Eisendrossel in die Antenne, deren Verlustwiderstand sich in Abhängigkeit von der Vormagnetisierung änderte. Die Magnetisierung konnte durch das Sprachsignal gesteuert und somit die Sprache über die Drossel dem Sender aufmoduliert werden. Die Verwendung der Poulsen-Sender blieb aber vorerst auf militärisches Gebiet beschränkt. Mit ständig zunehmender Zahl an Lieferungen von Funkstationen für das Deutsche Heer und die Schiffe der Kaiserlichen Marine wuchs C. Lorenz bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs auf eine Belegschaft von etwa 3000 Mitarbeitern an.
Um auch den Bereich der kabelgestützten Geräte zu vergrößern, der seit 1910 verstärkt mit eigenen Konstruktionen für Fernsprecher und Privat-Nebenstellen-Technik aufgetreten war, übernahm Lorenz im Jahr 1915 die W. Gurlt Telephon- und Telegraphenwerke GmbH in Berlin. Wie schon bei Übernahme von C. F. Lewert, durch die Robert Held an Lieferverträge mit der Reichspost gekommen war, sicherte er seinem Unternehmen auch bei diesem Kauf den Zugang zu Staatsaufträgen. Schon 1853, noch im Jahr der Gründung durch den Mechaniker Wilhelm Gurlt, war die W. Gurlt Telegraphen-Bauanstalt zur Lieferung für die Königlich Preußische Telegraphendirektion zugelassen. Ab 1879 wurde sie Auftragnehmer der Heeresverwaltung für Militär-Telegrafie und war auch in die Entwicklung spezieller Apparatetypen für Festungen und Truppen eingebunden. Am Vorabend des Ersten Weltkriegs waren entsprechend große Lieferungen für die Mobilmachung zu leisten.[9]
1917 bezog die C. Lorenz AG ihren neuen Sitz in der damals noch selbstständigen Landgemeinde Tempelhof bei Berlin, wo nach Plänen des Architekten Karl Stodieck ein neues Fabrikgebäude gebaut worden war. Die Produktion dort umfasste Telegraphen- und Telefonapparate für Post, Eisenbahn, Schiffe, Fabriken und Gruben, Signaleinrichtungen aller Art, Stationen für drahtlose Telegraphie und Telefonie, Rohrpostanlagen, Feuermeldeanlagen, Beleuchtungs- und Zündapparate für Kraftfahrzeuge.
Nach dem Kriegsende musste die Fertigung auf zivile Erzeugnisse umgestellt werden. Der vollständige Wegfall von Heereslieferungen, die einen sehr hohen Anteil an der Gesamtproduktion ausgemacht hatten, war für das Unternehmen schwer zu verkraften. Die Unternehmensführung stand zudem unter strenger Kontrolle der Aufsichtsorgane der Siegerstaaten. Auf der Suche nach einem neuen Anwendungsgebiet für die „Lorenz-Poulsen-Sender“ strahlte die firmeneigene Funkstelle Eberswalde ab 1919 versuchsweise die ersten Hörfunksendungen aus.
Weiteres zur firmengeschichte im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/C._Lorenz
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