Gregor Mendel, der „Vater der Genetik“
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Gregor Mendel, der „Vater der Genetik“
Gregor Johann Mendel (tschechisch Řehoř Jan Mendel;[1] Geburtsname Johann Mendel;[2] * 20. Juli 1822[3] in Heinzendorf, heute Ortsteil von Vražné bei Odrau, Österreichisch-Schlesien; † 6. Januar 1884 in Brünn, Mähren) war ein katholischer Ordenspriester (OESA), Abt der Brünner Abtei St. Thomas und ein bedeutender Naturforscher, der die nach ihm benannten mendelschen Regeln der Vererbung entdeckte. Er wird daher oft als „Vater der Genetik“ bezeichnet.
Leben
Herkunft, Schule und erstes Studium
Johann Mendel war der Sohn der Kleinbauern Anton und Rosina Mendel und hatte eine ältere und eine jüngere Schwester. Schon als Kind half er im elterlichen Garten beim Veredeln der Obstbäume. Als ausgezeichneter Schüler konnte er nach der Dorfschule ab 1834 das Gymnasium in Troppau besuchen, wobei er allerdings ab seinem 16. Lebensjahr seinen Lebensunterhalt größtenteils als Privatlehrer selbst verdienen musste. Der Leiter des Troppauer Gymnasiums und Lehrer von Mendel, Faustin Ens, hatte an dieser Schule ein schon damals berühmtes naturkundliches Museum eingerichtet, aus dem später das Schlesische Landesmuseum hervorging. Mendel verließ das Gymnasium im Jahre 1840 als einer der besten Schüler seiner Klasse.[4] Von 1840 bis 1843 studierte er am Philosophischen Institut der Universität Olmütz. Nachdem sein Vater 1841 bei Waldarbeiten verunglückte und sich von seinen Verletzungen nicht erholte, sollte Johann eigentlich den Hof übernehmen. Nur weil seine Schwester Theresia teilweise auf ihr Erbe verzichtete und sein Schwager den Hof übernahm, konnte er eine akademische Laufbahn anstreben.[5] Die ersten beiden Jahrgänge des Studiums schloss er 1843 mit sehr guten Noten ab. Dann sah er sich, wie er in seiner kurzen Autobiografie vermerkt, wegen „bitterer Nahrungssorgen“ gezwungen, seine Studien abzubrechen und Ordensmann zu werden.[6]
Mönch
Auf Empfehlung seines Physiklehrers, des Paters Friedrich Franz, wurde er 1843 als Postulant bei den Augustiner-Eremiten der Abtei St. Thomas in Alt Brünn aufgenommen. Mendel erhielt den Ordensnamen Gregorius. Von 1845 bis 1848 studierte er Theologie an der Brünner Bischöflichen Theologischen Lehranstalt und 1845/46 zusätzlich Ökonomie, Obstbaumzucht und Weinbau an der Philosophischen Lehranstalt in Brünn. Dort erlernte er bei Franz Diebl (1770–1859) die Kreuzungstechnik, Auslese und Samenvermehrung.[7] Am 6. August 1847 empfing er die Priesterweihe.[8] Weil seine Vorgesetzten sahen, dass er mehr der Wissenschaft als der Seelsorge zuneigte, erhielt er 1849 eine Stelle als „Suppl. Professor“ (Aushilfslehrer) am k. k. Gymnasium in Znaim (tschechisch Znojmo), wo er Mathematik und Griechisch unterrichtete.[9]
Naturwissenschaftler
1850 bemühte sich Mendel um die Zulassung für das Lehramt an Gymnasien in Naturgeschichte und Physik. Als Externer bestand er jedoch nicht die Prüfung an der Universität Wien, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass er in diesen Fächern Autodidakt war.[10] Daraufhin ermöglichte ihm sein Abt Cyrill Napp von 1851 bis 1853 ein Studium in Wien.[11] Dort hörte Mendel unter anderem Morphologie und Systematik der phanerogamen Pflanzen bei Eduard Fenzl, Demonstrative Experimental-Physik bei Christian Doppler, dem Entdecker des Doppler-Effekts, und Anatomie und Physiologie der Pflanzen bei Franz Unger.[12] Ab 1854 war er wieder als Aushilfslehrer tätig, jetzt an der Oberrealschule in Brünn, an der er 14 Jahre unterrichten sollte.
Warum 1856 sein zweiter Versuch zur Lehramtsprüfung an der Universität Wien scheiterte, war lange Zeit ebenso unklar wie Mendels Motiv, unmittelbar nach der misslungenen Prüfung acht Jahre der systematischen Erforschung der Vererbung bei Erbsen zu widmen. Zuvor schon hatte er zwei Jahre mit der Prüfung und Auswahl geeigneter, erbkonstanter Sorten verbracht. Jaroslav Kříženecký (1896–1964), Direktor des Mendelianum-Museums in Brünn, vermutete wie auch andere nach ihm, dass ein gesundheitliches Problem das Examen vereitelte.[13][14] Als die Biologin Rosalia Wunderlich (1906–1990) die Unterlagen des Lehrbetriebes an der Universität Wien genau untersuchte, stellte sie fest, dass Mendel im August 1856 nicht vom Pflanzenphysiologen Franz Unger geprüft worden war, sondern wahrscheinlich von Eduard Fenzl. Im Gegensatz zu Unger lehnte Fenzl die Vorstellung der Befruchtung als Verschmelzung einer weiblichen und einer männlichen Zelle strikt ab; außerdem war er für sein aufbrausendes Temperament bekannt. Da auch Mendel auf der von ihm als richtig erachteten These Ungers beharrte, sei es zum Konflikt gekommen, wobei der Prüfer Mendel durchfallen ließ oder ihn zum Rücktritt bewog.[15][16] Für diese Interpretation spricht vor allem eine Fußnote in Mendels Forschungsbericht, in der er ausführlich die damals kontroversen Ansichten vom Befruchtungsvorgang beschrieb. Neben Mendels Neigung zu den Naturwissenschaften aufgrund seiner Herkunft[17] und Ausbildung scheint also eine starke persönliche Motivation ihm Kraft und Ansporn gegeben zu haben, von ihm als richtig erkannte Anschauungen experimentell zu beweisen.[18]
Als nach der Veröffentlichung seiner Forschungsergebnisse im Jahre 1866 kaum Echo aus der wissenschaftlichen Fachwelt kam, tat dies seinem Selbstbewusstsein keinen Abbruch. Überliefert ist sein Wort: „Meine Zeit wird schon kommen!“[19]
Abt zu St. Thomas
Im Juli 1867 starb Prälat Cyrill Franz Napp, der Abt des Stiftes St. Thomas zu Brünn. Als Nachfolger wählten die Augustiner Ende März 1868 mit 11 von 12 Stimmen Gregor Mendel. Sein Wappen weist ihn nach kirchlicher Heraldik als infulierten Abt aus, der zur Liturgie nicht nur Krummstab, sondern auch Mitra trägt. Die vier Schildfelder zeigen: 1. Lilien → Botanik, Vererbungsforschung; 2. Pflug mit Kreuz → Segen für Landwirtschaft; 3. Handschlag mit brennendem Herz → Symbole zum Wappenspruch; 4. Alpha=Omega → Gott als Anfang und Ende. Der Wappenspruch lautete: Pax Christi exsultet in cordibus vestris [Der Friede Christi entspringe in euren Herzen].[20]
Mendel berichtete Carl Nägeli von seiner Wahl zum Abt: „In meinen Verhältnissen ist in der letzten Zeit ganz unvermuthet eine vollständige Aenderung eingetreten, meine Wenigkeit wurde nämlich am 30. März von dem Kapitel des Stiftes, dessen Mitglied ich bin, zum lebenslänglichen Vorstande gewählt. Aus meiner bisherigen ganz bescheidenen Stellung als Lehrer der Experimentalphysik sehe ich mich mit einem Male in eine Sphäre versetzt, in welcher mir so manches fremd erscheint und es wird wohl noch einige Zeit und Mühe kosten, bis ich mich darin heimisch fühlen kann. Das soll mich indessen nicht abhalten, die mir so lieb gewordenen Bastardierungs-Versuche fortzusetzen.“[21]
Noch im Jahr 1868 bekam Mendel Audienz bei Kaiser Franz Joseph I. Der Abt engagierte sich als gründendes Mitglied der Meteorologischen Gesellschaft; beim Naturforschenden Verein Brünn wurde er 1869 Vizepräsident.[22] Das K.u.k. Finanzministerium berief Mendel 1870 in die Landeskommission zur Regelung der Grundsteuer in Mähren.
Nachdem Mendel vier Jahre als Abt gewirkt hatte, trug der Minister des Innern dem Kaiser am 19. März 1872 das Schriftstück N° 1096 vor –
„womit über Vorschlag des Statthalters von Mähren mit Zustimmung des Ministeriathes auf die Ag. [Allergnädigste] Verleihung des Comthurkreuzes des Franz Joseph Ordens an den Abt und Prälaten des Klosterstiftes St. Thomas in Altbrünn, Georg Mendl [sic] a. ? angetragen wird,
da derselbe schon in seiner früheren Eigenschaft als Professor der Brünn’er Oberrealschule sehr erspriesslich gewirkt, als Stiftsvorstand aber die zerrütteten Vermögensverhältnisse des Stiftes geordnet und sich als unerschrockener Anhänger der Verfassung bewährt hat; er ist Euerer Majestät Allerhöchstem Kaiserhause treu ergeben und erfreut sich wegen seines humanen Benehmens und geistlich milden Characters der allgemeinen Achtung.“
– Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA), Kabinettsarchiv, Vorträge, Nr.1096/1872. Österreichisches Staatsarchiv, Wien.
Der Vorschlag wurde umgehend ausgeführt, als der König von Ungarn und Kaiser von Österreich auf Schloss Gödöllö residierte:
„Erledigung laut Entwurf am 20. März 1872.
1. Ah. [Allerhöchste] Entschliessung: 2. Ah. Handschreiben an die Kanzlei des Franz Joseph Ordens:
1.2. Ich verleihe dem Abte und Prälaten des Klosterstiftes St. Thomas in Altbrünn Gregor Mendl [sic], in Anerkennung seines verdienstlichen und patriotischen Wirkens, das Comthurkreuz des Franz Joseph Ordens. 1. und erlasse das Erforderliche an die Kanzlei dieses Ordens. 2. wonach im Einvernehmen mit Meinem Minister des Innern das Weitere zu veranlassen ist. FJos Gödöllö, 21. März 1872“
– HHStA.
Mendel unterschrieb am 29. März 1872 in Brünn den Revers, die Dekoration samt Statutenbuch nach seinem Ableben durch die Erben an den Ordensschatz in Wien zurückzugeben.[23] Der Mendelianum-Führer von Anna Matalová zeigt auf der letzten Umschlagseite das Abtwappen in der Bibliothek sowie das Ölgemälde von Mendel in liturgischen Gewändern mit Brustkkreuz und Abtring; am purpurnen Halsband trägt er den Franz-Joseph-Orden.[24]
In seinen letzten Jahren war er in einen Steuerstreit mit dem Staat verwickelt, wobei der Brünner Magistrat 1876 eine Pfändung im Stift durchführte. Wiederholt protestierte Mendel dagegen und bezweifelt die gesetzliche Rechtmäßigkeit.[25] Im Frühjahr 1883 erkrankte Mendel an einem Nierenleiden, das zu einer allgemeinen Wassersucht führte. Er verstarb am 6. Januar 1884 in Brünn. Seine Leiche wurde seziert (wie von ihm gewünscht) und am 9. Januar in der Augustiner-Gruft auf dem Brünner Zentralfriedhof beigesetzt.
Weiteres dazu im Link:
Quelle
Leben
Herkunft, Schule und erstes Studium
Johann Mendel war der Sohn der Kleinbauern Anton und Rosina Mendel und hatte eine ältere und eine jüngere Schwester. Schon als Kind half er im elterlichen Garten beim Veredeln der Obstbäume. Als ausgezeichneter Schüler konnte er nach der Dorfschule ab 1834 das Gymnasium in Troppau besuchen, wobei er allerdings ab seinem 16. Lebensjahr seinen Lebensunterhalt größtenteils als Privatlehrer selbst verdienen musste. Der Leiter des Troppauer Gymnasiums und Lehrer von Mendel, Faustin Ens, hatte an dieser Schule ein schon damals berühmtes naturkundliches Museum eingerichtet, aus dem später das Schlesische Landesmuseum hervorging. Mendel verließ das Gymnasium im Jahre 1840 als einer der besten Schüler seiner Klasse.[4] Von 1840 bis 1843 studierte er am Philosophischen Institut der Universität Olmütz. Nachdem sein Vater 1841 bei Waldarbeiten verunglückte und sich von seinen Verletzungen nicht erholte, sollte Johann eigentlich den Hof übernehmen. Nur weil seine Schwester Theresia teilweise auf ihr Erbe verzichtete und sein Schwager den Hof übernahm, konnte er eine akademische Laufbahn anstreben.[5] Die ersten beiden Jahrgänge des Studiums schloss er 1843 mit sehr guten Noten ab. Dann sah er sich, wie er in seiner kurzen Autobiografie vermerkt, wegen „bitterer Nahrungssorgen“ gezwungen, seine Studien abzubrechen und Ordensmann zu werden.[6]
Mönch
Auf Empfehlung seines Physiklehrers, des Paters Friedrich Franz, wurde er 1843 als Postulant bei den Augustiner-Eremiten der Abtei St. Thomas in Alt Brünn aufgenommen. Mendel erhielt den Ordensnamen Gregorius. Von 1845 bis 1848 studierte er Theologie an der Brünner Bischöflichen Theologischen Lehranstalt und 1845/46 zusätzlich Ökonomie, Obstbaumzucht und Weinbau an der Philosophischen Lehranstalt in Brünn. Dort erlernte er bei Franz Diebl (1770–1859) die Kreuzungstechnik, Auslese und Samenvermehrung.[7] Am 6. August 1847 empfing er die Priesterweihe.[8] Weil seine Vorgesetzten sahen, dass er mehr der Wissenschaft als der Seelsorge zuneigte, erhielt er 1849 eine Stelle als „Suppl. Professor“ (Aushilfslehrer) am k. k. Gymnasium in Znaim (tschechisch Znojmo), wo er Mathematik und Griechisch unterrichtete.[9]
Naturwissenschaftler
1850 bemühte sich Mendel um die Zulassung für das Lehramt an Gymnasien in Naturgeschichte und Physik. Als Externer bestand er jedoch nicht die Prüfung an der Universität Wien, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass er in diesen Fächern Autodidakt war.[10] Daraufhin ermöglichte ihm sein Abt Cyrill Napp von 1851 bis 1853 ein Studium in Wien.[11] Dort hörte Mendel unter anderem Morphologie und Systematik der phanerogamen Pflanzen bei Eduard Fenzl, Demonstrative Experimental-Physik bei Christian Doppler, dem Entdecker des Doppler-Effekts, und Anatomie und Physiologie der Pflanzen bei Franz Unger.[12] Ab 1854 war er wieder als Aushilfslehrer tätig, jetzt an der Oberrealschule in Brünn, an der er 14 Jahre unterrichten sollte.
Warum 1856 sein zweiter Versuch zur Lehramtsprüfung an der Universität Wien scheiterte, war lange Zeit ebenso unklar wie Mendels Motiv, unmittelbar nach der misslungenen Prüfung acht Jahre der systematischen Erforschung der Vererbung bei Erbsen zu widmen. Zuvor schon hatte er zwei Jahre mit der Prüfung und Auswahl geeigneter, erbkonstanter Sorten verbracht. Jaroslav Kříženecký (1896–1964), Direktor des Mendelianum-Museums in Brünn, vermutete wie auch andere nach ihm, dass ein gesundheitliches Problem das Examen vereitelte.[13][14] Als die Biologin Rosalia Wunderlich (1906–1990) die Unterlagen des Lehrbetriebes an der Universität Wien genau untersuchte, stellte sie fest, dass Mendel im August 1856 nicht vom Pflanzenphysiologen Franz Unger geprüft worden war, sondern wahrscheinlich von Eduard Fenzl. Im Gegensatz zu Unger lehnte Fenzl die Vorstellung der Befruchtung als Verschmelzung einer weiblichen und einer männlichen Zelle strikt ab; außerdem war er für sein aufbrausendes Temperament bekannt. Da auch Mendel auf der von ihm als richtig erachteten These Ungers beharrte, sei es zum Konflikt gekommen, wobei der Prüfer Mendel durchfallen ließ oder ihn zum Rücktritt bewog.[15][16] Für diese Interpretation spricht vor allem eine Fußnote in Mendels Forschungsbericht, in der er ausführlich die damals kontroversen Ansichten vom Befruchtungsvorgang beschrieb. Neben Mendels Neigung zu den Naturwissenschaften aufgrund seiner Herkunft[17] und Ausbildung scheint also eine starke persönliche Motivation ihm Kraft und Ansporn gegeben zu haben, von ihm als richtig erkannte Anschauungen experimentell zu beweisen.[18]
Als nach der Veröffentlichung seiner Forschungsergebnisse im Jahre 1866 kaum Echo aus der wissenschaftlichen Fachwelt kam, tat dies seinem Selbstbewusstsein keinen Abbruch. Überliefert ist sein Wort: „Meine Zeit wird schon kommen!“[19]
Abt zu St. Thomas
Im Juli 1867 starb Prälat Cyrill Franz Napp, der Abt des Stiftes St. Thomas zu Brünn. Als Nachfolger wählten die Augustiner Ende März 1868 mit 11 von 12 Stimmen Gregor Mendel. Sein Wappen weist ihn nach kirchlicher Heraldik als infulierten Abt aus, der zur Liturgie nicht nur Krummstab, sondern auch Mitra trägt. Die vier Schildfelder zeigen: 1. Lilien → Botanik, Vererbungsforschung; 2. Pflug mit Kreuz → Segen für Landwirtschaft; 3. Handschlag mit brennendem Herz → Symbole zum Wappenspruch; 4. Alpha=Omega → Gott als Anfang und Ende. Der Wappenspruch lautete: Pax Christi exsultet in cordibus vestris [Der Friede Christi entspringe in euren Herzen].[20]
Mendel berichtete Carl Nägeli von seiner Wahl zum Abt: „In meinen Verhältnissen ist in der letzten Zeit ganz unvermuthet eine vollständige Aenderung eingetreten, meine Wenigkeit wurde nämlich am 30. März von dem Kapitel des Stiftes, dessen Mitglied ich bin, zum lebenslänglichen Vorstande gewählt. Aus meiner bisherigen ganz bescheidenen Stellung als Lehrer der Experimentalphysik sehe ich mich mit einem Male in eine Sphäre versetzt, in welcher mir so manches fremd erscheint und es wird wohl noch einige Zeit und Mühe kosten, bis ich mich darin heimisch fühlen kann. Das soll mich indessen nicht abhalten, die mir so lieb gewordenen Bastardierungs-Versuche fortzusetzen.“[21]
Noch im Jahr 1868 bekam Mendel Audienz bei Kaiser Franz Joseph I. Der Abt engagierte sich als gründendes Mitglied der Meteorologischen Gesellschaft; beim Naturforschenden Verein Brünn wurde er 1869 Vizepräsident.[22] Das K.u.k. Finanzministerium berief Mendel 1870 in die Landeskommission zur Regelung der Grundsteuer in Mähren.
Nachdem Mendel vier Jahre als Abt gewirkt hatte, trug der Minister des Innern dem Kaiser am 19. März 1872 das Schriftstück N° 1096 vor –
„womit über Vorschlag des Statthalters von Mähren mit Zustimmung des Ministeriathes auf die Ag. [Allergnädigste] Verleihung des Comthurkreuzes des Franz Joseph Ordens an den Abt und Prälaten des Klosterstiftes St. Thomas in Altbrünn, Georg Mendl [sic] a. ? angetragen wird,
da derselbe schon in seiner früheren Eigenschaft als Professor der Brünn’er Oberrealschule sehr erspriesslich gewirkt, als Stiftsvorstand aber die zerrütteten Vermögensverhältnisse des Stiftes geordnet und sich als unerschrockener Anhänger der Verfassung bewährt hat; er ist Euerer Majestät Allerhöchstem Kaiserhause treu ergeben und erfreut sich wegen seines humanen Benehmens und geistlich milden Characters der allgemeinen Achtung.“
– Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA), Kabinettsarchiv, Vorträge, Nr.1096/1872. Österreichisches Staatsarchiv, Wien.
Der Vorschlag wurde umgehend ausgeführt, als der König von Ungarn und Kaiser von Österreich auf Schloss Gödöllö residierte:
„Erledigung laut Entwurf am 20. März 1872.
1. Ah. [Allerhöchste] Entschliessung: 2. Ah. Handschreiben an die Kanzlei des Franz Joseph Ordens:
1.2. Ich verleihe dem Abte und Prälaten des Klosterstiftes St. Thomas in Altbrünn Gregor Mendl [sic], in Anerkennung seines verdienstlichen und patriotischen Wirkens, das Comthurkreuz des Franz Joseph Ordens. 1. und erlasse das Erforderliche an die Kanzlei dieses Ordens. 2. wonach im Einvernehmen mit Meinem Minister des Innern das Weitere zu veranlassen ist. FJos Gödöllö, 21. März 1872“
– HHStA.
Mendel unterschrieb am 29. März 1872 in Brünn den Revers, die Dekoration samt Statutenbuch nach seinem Ableben durch die Erben an den Ordensschatz in Wien zurückzugeben.[23] Der Mendelianum-Führer von Anna Matalová zeigt auf der letzten Umschlagseite das Abtwappen in der Bibliothek sowie das Ölgemälde von Mendel in liturgischen Gewändern mit Brustkkreuz und Abtring; am purpurnen Halsband trägt er den Franz-Joseph-Orden.[24]
In seinen letzten Jahren war er in einen Steuerstreit mit dem Staat verwickelt, wobei der Brünner Magistrat 1876 eine Pfändung im Stift durchführte. Wiederholt protestierte Mendel dagegen und bezweifelt die gesetzliche Rechtmäßigkeit.[25] Im Frühjahr 1883 erkrankte Mendel an einem Nierenleiden, das zu einer allgemeinen Wassersucht führte. Er verstarb am 6. Januar 1884 in Brünn. Seine Leiche wurde seziert (wie von ihm gewünscht) und am 9. Januar in der Augustiner-Gruft auf dem Brünner Zentralfriedhof beigesetzt.
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