Photo Porst
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Photo Porst
Photo Porst war ein deutsches Unternehmen der Fotowirtschaft mit Sitz anfänglich in Nürnberg, später in Schwabach, das insbesondere durch den frühen Versandhandel, Kooperation mit der DDR, als Fachgeschäftskette und in den 1970er Jahren durch die Umwandlung des Familienbetriebes in ein „sozialistisches“ Unternehmen mit umfangreicher Mitarbeiterbeteiligung bekannt wurde.
Die Markenrechte an dem Namen Photo Porst liegen heute bei der Ringfoto-Gruppe.
Geschichte
Gründung und Aufbau
Nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg eröffnete der damals 23-jährige städtische Schreiber Hanns Porst am 1. Juli 1919 in seiner Heimatstadt Nürnberg einen kleinen Fotoladen. Die Liebe zur Fotografie hatte er schon als Junge entdeckt: Der Untermieter seiner Eltern, selbst ein begeisterter Fotoamateur, führte Hanns Porst in die Fotografie ein. Das als Zeitungsjunge verdiente Geld wurde in eine erste eigene Kamera investiert, und von da an war der 15-jährige Hanns Porst als Fotograf bei allen möglichen Veranstaltungen unterwegs, um sich sein Taschengeld und eine immer bessere Kamera-Ausstattung zu verdienen.
Frühes Marketing
Schon bald nach der Eröffnung des ersten kleinen Ladens bewies Hanns Porst sein Marketing-Geschick. Er hatte kein Geld für große Werbekampagnen, also ließ er eines Nachts die Bürgersteige aller Hauptstrassen Nürnbergs in eine unkonventionelle Werbefläche umwandeln. Eine Anzahl Maler und seine Freunde verzierten den Gehweg flächendeckend in Großschrift mit dem Logo PHOTO PORST. Zwar sorgten die Ordnungshüter schnell dafür, dass diese unerlaubte Werbung wieder verschwand, aber Photo Porst war in aller Munde. Eine ähnliche Idee lieferte Hanns Porst 1925 nach der Eröffnung seines dritten „großen“ Geschäfts mit elf Schaufenstern am Lorenzerplatz in Nürnberg. Die wegen der etwas abgelegenen Lage ausbleibenden abendlichen „Schaufensterbummler“ und damit potentiellen Kunden wurden durch die neue, damals noch unübliche nächtliche Beleuchtung der Auslagen und des Gebäudes angelockt.
Kundenorientierung und Versandhandel
Die Kundenorientierung galt als Grundprinzip des Unternehmens. Die Kataloge von Porst waren voll von Testimonials, d. h., abgedruckten Zuschriften zufriedener Kunden. Erst der Einstieg in den Versandhandel schuf die Voraussetzung für das weitere Wachstum von Photo Porst. Um das Jahr 1925 hatte Hanns Porst sich mit dem Einkauf einer größeren Menge hochwertiger Plattenkameras etwas übernommen: Die Kameras verkauften sich nicht schnell genug, es bestand die Gefahr, darauf sitzen zu bleiben. So bot er diese Kameras – mit einem großzügigen Teilzahlungsmodell – auch außerhalb Nürnbergs an und stieß auf sehr große Resonanz. Ab da wurde der Versandhandel systematisiert und ermöglichte das rasante Wachstum des Unternehmens zum „größten Photohaus der Welt“[1].
Katalog und breites Sortiment
Das breite Sortiment des Unternehmens, Kameras aller Preislagen, ein komplettes Zusatzsortiment und günstige Preise (ermöglicht durch die großen Mengen) waren die Grundlage für den Erfolg des Hauses Porst. Das große Angebot des Porst-Katalogs mit seinen vielen Abbildungen konnte in Ruhe im heimischen Wohnzimmer studiert werden. Porsts Kommunikations-Konzept, bestehend aus dem Porst Fotohelfer (Katalog), Büchern, Gelegenheitslisten, einer Kundenzeitschrift und vielem mehr, führten zu einer guten Kundenbindung.
Teilzahlungsmodell
Das Teilzahlungsmodell von Photo Porst (normalerweise ein Zehntel Anzahlung oder ein Gebrauchtgerät, Rest in zwölf kleinen Monatsraten, die genauen Details variierten) – ohne Kreditprüfung und Rückfrage bei Bank oder Arbeitgeber – kam dem Porst-Publikum entgegen. Die Menschen wollten sich „Luxusgüter“ kaufen, aber konnten es sich nicht leisten, bar für ihre neue Kamera zu bezahlen. Nach Angaben von Hannsheinz Porst nahmen fast alle Käufer das Finanzierungsangebot in Anspruch.
Porst Reflex CX6, eine umgelabelte Praktica LTL aus Dresden
Ausbau der Porst-Ladenkette nach der Krise 1964
Um 1964 brachen die Umsätze ein: Ladengeschäfte boten mittlerweile ein adäquates Sortiment an und anonyme Teilzahlungsangebote waren (und noch dazu deutlich günstiger) auch von anderen Anbietern zu haben. Der neue Wettbewerber Foto Quelle war zum mächtigen Konkurrenten geworden. Die deutsche Kameraindustrie verlor massiv an Bedeutung, Billigangebote aus der DDR und der UdSSR (vor allem bei Foto-Quelle) konnten den Siegeszug der japanischen Importe nicht aufhalten und erforderten eine Umorientierung auch bei Photo Porst. In dieser Zeit traf Porst eine richtige Entscheidung, die den Erfolg des Unternehmens für nahezu 20 weitere Jahre sicherte. Mit Hochdruck wurde eine Kette von Ladengeschäften – in späteren Jahre ergänzt durch Franchise-Partner – in guten City-Lagen aus dem Boden gestampft. Und das alte Rezept „guter Service und Kundenfreundlichkeit“ führten erneut zum Erfolg.
Hannsheinz Porst – Unternehmer, Spion und Sozialist
Mit vorbildlichen Sozialleistungen wie großzügigen Urlaubsregelungen, firmeneigenen Ferienheimen, dem Bau moderner Mitarbeiterwohnungen und Fortbildungseinrichtungen war Hanns Porst ein sehr sozial eingestellter Firmenchef. Bei seinem Sohn Hannsheinz Porst, der 1960 die Unternehmensleitung übernahm, ging dieses Engagement noch weiter. Hannsheinz Porst versuchte auf seine Art, zwischen BRD und der DDR zu vermitteln – er war nicht nur im Westen politisch in der FDP tätig, sondern insgeheim auch Mitglied der SED und war Agent der Hauptverwaltung Aufklärung. Im Juli 1969 wurde Hannsheinz Porst wegen Spionage für die DDR zu einer Gefängnisstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten und einer Geldstrafe von 10.000 DM verurteilt.[2]
Das sozialistische Experiment ab 1972
Auch im eigenen Unternehmen versuchte Hannsheinz Porst, diese Gedanken umzusetzen. 1972 führte Photo Porst die „totale Mitbestimmung“ ein. Eine Mitarbeitergesellschaft wurde gegründet, das Unternehmen und dessen Leitung an die Mitarbeiter übergeben, und Hannsheinz Porst zog sich 1978/79 komplett aus der Unternehmensleitung zurück. Ab jetzt wurden die Manager des Unternehmens von den Mitarbeitern bestimmt und auch wieder abgewählt. 1982 scheiterte die Mitarbeitergesellschaft aufgrund der schlechten Auftragslage[3], Hannsheinz Porst stieg wieder ins Unternehmen ein. Die Schweizer Firma Interdiscount übernahm die Mehrheit der Firmenanteile.
Insolvenz 2002
Obwohl die Entwicklung der Ladenkette und Franchise-Partner weiter zügig vorangetrieben wurde, kam das Unternehmen zu keinem Erfolg. Nach mehreren Änderungen der Gesellschaftsform und Eigentümer-Wechseln meldete die Photo Porst AG im Jahr 2002 Insolvenz an. Die Namensrechte für „Photo Porst“ gingen an die Ringfoto-Gruppe, Kodak übernahm die Rechte für das Bildgeschäft. 83 Jahre nach seiner Gründung war das ehemals „größte Photohaus der Welt“ am Ende.
Siehe auch
Liste bedeutender Fotokamerahersteller
quelle
Die Markenrechte an dem Namen Photo Porst liegen heute bei der Ringfoto-Gruppe.
Geschichte
Gründung und Aufbau
Nach seiner Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg eröffnete der damals 23-jährige städtische Schreiber Hanns Porst am 1. Juli 1919 in seiner Heimatstadt Nürnberg einen kleinen Fotoladen. Die Liebe zur Fotografie hatte er schon als Junge entdeckt: Der Untermieter seiner Eltern, selbst ein begeisterter Fotoamateur, führte Hanns Porst in die Fotografie ein. Das als Zeitungsjunge verdiente Geld wurde in eine erste eigene Kamera investiert, und von da an war der 15-jährige Hanns Porst als Fotograf bei allen möglichen Veranstaltungen unterwegs, um sich sein Taschengeld und eine immer bessere Kamera-Ausstattung zu verdienen.
Frühes Marketing
Schon bald nach der Eröffnung des ersten kleinen Ladens bewies Hanns Porst sein Marketing-Geschick. Er hatte kein Geld für große Werbekampagnen, also ließ er eines Nachts die Bürgersteige aller Hauptstrassen Nürnbergs in eine unkonventionelle Werbefläche umwandeln. Eine Anzahl Maler und seine Freunde verzierten den Gehweg flächendeckend in Großschrift mit dem Logo PHOTO PORST. Zwar sorgten die Ordnungshüter schnell dafür, dass diese unerlaubte Werbung wieder verschwand, aber Photo Porst war in aller Munde. Eine ähnliche Idee lieferte Hanns Porst 1925 nach der Eröffnung seines dritten „großen“ Geschäfts mit elf Schaufenstern am Lorenzerplatz in Nürnberg. Die wegen der etwas abgelegenen Lage ausbleibenden abendlichen „Schaufensterbummler“ und damit potentiellen Kunden wurden durch die neue, damals noch unübliche nächtliche Beleuchtung der Auslagen und des Gebäudes angelockt.
Kundenorientierung und Versandhandel
Die Kundenorientierung galt als Grundprinzip des Unternehmens. Die Kataloge von Porst waren voll von Testimonials, d. h., abgedruckten Zuschriften zufriedener Kunden. Erst der Einstieg in den Versandhandel schuf die Voraussetzung für das weitere Wachstum von Photo Porst. Um das Jahr 1925 hatte Hanns Porst sich mit dem Einkauf einer größeren Menge hochwertiger Plattenkameras etwas übernommen: Die Kameras verkauften sich nicht schnell genug, es bestand die Gefahr, darauf sitzen zu bleiben. So bot er diese Kameras – mit einem großzügigen Teilzahlungsmodell – auch außerhalb Nürnbergs an und stieß auf sehr große Resonanz. Ab da wurde der Versandhandel systematisiert und ermöglichte das rasante Wachstum des Unternehmens zum „größten Photohaus der Welt“[1].
Katalog und breites Sortiment
Das breite Sortiment des Unternehmens, Kameras aller Preislagen, ein komplettes Zusatzsortiment und günstige Preise (ermöglicht durch die großen Mengen) waren die Grundlage für den Erfolg des Hauses Porst. Das große Angebot des Porst-Katalogs mit seinen vielen Abbildungen konnte in Ruhe im heimischen Wohnzimmer studiert werden. Porsts Kommunikations-Konzept, bestehend aus dem Porst Fotohelfer (Katalog), Büchern, Gelegenheitslisten, einer Kundenzeitschrift und vielem mehr, führten zu einer guten Kundenbindung.
Teilzahlungsmodell
Das Teilzahlungsmodell von Photo Porst (normalerweise ein Zehntel Anzahlung oder ein Gebrauchtgerät, Rest in zwölf kleinen Monatsraten, die genauen Details variierten) – ohne Kreditprüfung und Rückfrage bei Bank oder Arbeitgeber – kam dem Porst-Publikum entgegen. Die Menschen wollten sich „Luxusgüter“ kaufen, aber konnten es sich nicht leisten, bar für ihre neue Kamera zu bezahlen. Nach Angaben von Hannsheinz Porst nahmen fast alle Käufer das Finanzierungsangebot in Anspruch.
Porst Reflex CX6, eine umgelabelte Praktica LTL aus Dresden
Ausbau der Porst-Ladenkette nach der Krise 1964
Um 1964 brachen die Umsätze ein: Ladengeschäfte boten mittlerweile ein adäquates Sortiment an und anonyme Teilzahlungsangebote waren (und noch dazu deutlich günstiger) auch von anderen Anbietern zu haben. Der neue Wettbewerber Foto Quelle war zum mächtigen Konkurrenten geworden. Die deutsche Kameraindustrie verlor massiv an Bedeutung, Billigangebote aus der DDR und der UdSSR (vor allem bei Foto-Quelle) konnten den Siegeszug der japanischen Importe nicht aufhalten und erforderten eine Umorientierung auch bei Photo Porst. In dieser Zeit traf Porst eine richtige Entscheidung, die den Erfolg des Unternehmens für nahezu 20 weitere Jahre sicherte. Mit Hochdruck wurde eine Kette von Ladengeschäften – in späteren Jahre ergänzt durch Franchise-Partner – in guten City-Lagen aus dem Boden gestampft. Und das alte Rezept „guter Service und Kundenfreundlichkeit“ führten erneut zum Erfolg.
Hannsheinz Porst – Unternehmer, Spion und Sozialist
Mit vorbildlichen Sozialleistungen wie großzügigen Urlaubsregelungen, firmeneigenen Ferienheimen, dem Bau moderner Mitarbeiterwohnungen und Fortbildungseinrichtungen war Hanns Porst ein sehr sozial eingestellter Firmenchef. Bei seinem Sohn Hannsheinz Porst, der 1960 die Unternehmensleitung übernahm, ging dieses Engagement noch weiter. Hannsheinz Porst versuchte auf seine Art, zwischen BRD und der DDR zu vermitteln – er war nicht nur im Westen politisch in der FDP tätig, sondern insgeheim auch Mitglied der SED und war Agent der Hauptverwaltung Aufklärung. Im Juli 1969 wurde Hannsheinz Porst wegen Spionage für die DDR zu einer Gefängnisstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten und einer Geldstrafe von 10.000 DM verurteilt.[2]
Das sozialistische Experiment ab 1972
Auch im eigenen Unternehmen versuchte Hannsheinz Porst, diese Gedanken umzusetzen. 1972 führte Photo Porst die „totale Mitbestimmung“ ein. Eine Mitarbeitergesellschaft wurde gegründet, das Unternehmen und dessen Leitung an die Mitarbeiter übergeben, und Hannsheinz Porst zog sich 1978/79 komplett aus der Unternehmensleitung zurück. Ab jetzt wurden die Manager des Unternehmens von den Mitarbeitern bestimmt und auch wieder abgewählt. 1982 scheiterte die Mitarbeitergesellschaft aufgrund der schlechten Auftragslage[3], Hannsheinz Porst stieg wieder ins Unternehmen ein. Die Schweizer Firma Interdiscount übernahm die Mehrheit der Firmenanteile.
Insolvenz 2002
Obwohl die Entwicklung der Ladenkette und Franchise-Partner weiter zügig vorangetrieben wurde, kam das Unternehmen zu keinem Erfolg. Nach mehreren Änderungen der Gesellschaftsform und Eigentümer-Wechseln meldete die Photo Porst AG im Jahr 2002 Insolvenz an. Die Namensrechte für „Photo Porst“ gingen an die Ringfoto-Gruppe, Kodak übernahm die Rechte für das Bildgeschäft. 83 Jahre nach seiner Gründung war das ehemals „größte Photohaus der Welt“ am Ende.
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