Der Kartoffelschnaps
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Der Kartoffelschnaps
Als Kartoffelschnaps wird eine durch Brennen hergestellte alkoholhaltige Flüssigkeit (Branntwein) bezeichnet, die aus der Kartoffel gewonnen wird.
Der Kartoffelschnaps wurde, weil die Herstellung und das Ausgangsmaterial preiswert waren, lange als „Arme-Leute-Schnaps“ angesehen, wird aber heute mehr und mehr als eine Art exklusives alkoholisches Getränk auf den Getränkekarten anspruchsvollerer Restaurants angeboten.
Die polnische und ukrainische Version des Kartoffelschnapses nennt man Wodka. In Russland, Skandinavien und in anderen Ländern werden, je nach Land und Brennerei unterschiedlich, Wodka und Aquavit aus Kartoffeln oder Getreide hergestellt.
Geschichte
Die erste Kartoffelbrennerei in Deutschland wurde wohl um 1750 von David Möllinger in Monsheim in Rheinhessen in Betrieb genommen.[1] Nachdem ca. 100 Jahre zuvor, um 1647 herum, die Kartoffel erstmals in Pilgramsreuth in Franken im Feldanbau zur Nahrungserzeugung angebaut wurde[2], entwickelte sich die Nutzung der Knollenpflanze recht schnell als Nahrungsmittel und als Ausgangsstoff für industrielle Anwendungen. 1716 wurde die Kartoffel in Sachsen in großem Stile angebaut und 1745 erließ der Preußenkönig Friedrich II. (Friedrich der Große) das Gesetz zum Anbau der Kartoffel, dem entsprechend die Bauern zehn Prozent ihrer Ackerfläche mit Kartoffeln bepflanzen mussten.[3]
Branntwein wurde ursprünglich nur als Heilmittel in kleinen Mengen aus Wein hergestellt. Die Herstellung von Branntwein aus Kartoffeln wurde hingegen 1682 erstmals erwähnt.[4] Die Herstellung war aber wohl recht schwierig und vergleichsweise teuer. Den Durchbruch bekam die Kartoffelschnapsbrennerei erst mit der Erfindung eines speziellen Destillationsgerätes durch Johann Heinrich Leberecht Pistorius (1777–1858), mit dem Pistoriusschen Brennapparat, den Pistorius am 21. März 1817 zum Patent anmeldete. Mit diesem Gerät war es möglich, 60- bis 80-prozentigen Alkohol aus Kartoffelmaische herzustellen. Der wachsende Kartoffelanbau und die nun preiswertere Herstellungsmethode führten zu einem regelrechten Schnapsboom. Dazu kam, dass Gutsherren das Kartoffelschnapsbrennen als eine gute zusätzliche Einnahmequelle ansahen und die Schlempe (Rückstände der Destillation) sich als erstklassiger Dünger und als Viehfuttermittel verwenden ließ.[5]
1831 gab es in der Provinz Brandenburg mehr als 1.400 Kartoffelbrennereien.[6] 1854 gründeten 127 Vertreter nord- und ostdeutscher Kartoffelbrennereien den Verein der Spiritusfabrikanten in Deutschland in Berlin. Um 1887/88 waren in Deutschland bereits 6.268 Kartoffelbrennereien im Betrieb, die zusammen knapp über 2 Millionen Tonnen Kartoffeln verarbeiteten.[7] Der Boom, der über die Jahre anhielt, führt um 1912/13 in Deutschland bei einer Jahresproduktion von drei Millionen Hektoliter Kartoffelschnaps schließlich zu einer Überproduktion.[8]
Ab den 1830er-Jahren entstanden Kneipen, die Bier, Wein und vor allem billigen Schnaps ausschenkten. Zuerst in der Landwirtschaft, dann aber zunehmend auch in den Fabriken, wurde ein Teil des Lohnes in Kartoffelschnaps ausgezahlt. Die Folgen für die Bevölkerung waren verheerend. Alkoholismus machte sich breit, der mit zunehmender Armut und Arbeitslosigkeit im Elendsalkoholismus endete. Man bezeichnete die Entwicklung als eine Branntweinpest oder auch Kartoffelschnapspest (Schweiz), weil, basierend auf billigem Kartoffelschnaps, der Alkoholismus sich wie eine Seuche übers Land ausbreitete.
Um 1800 herum lag der Pro-Kopf-Konsum von Branntwein in Preußen beispielsweise noch bei zwei bis drei Litern pro Jahr (gemessen in reinem Alkohol). Ab den 1830ern stieg der Verbrauch auf über acht Liter, in Brandenburg sogar auf 13 Liter.[9] 1844 kam in Berlin ein Branntweinschank auf je 109 Einwohner.[10]
Mit dem Reichsbranntweinsteuergesetz von 1887 wurden erstmals agrarpolitische, sozialpolitische und gesundheitspolizeiliche Ziele verfolgt[11] und der Kartoffelschnaps durch die Steuererhebung erheblich verteuert. Mit diesem Instrument und durch die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs (1914–1918) wurde der Branntweinkonsum erheblich eingedämmt. Des Weiteren gründeten sich neue Vereinigungen für Nüchternheit („Nüchternheitsbewegungen“), die auch politische Stärke erreichten wie in Schweden die Volksbewegung gegen den Alkoholmissbrauch (»nykterhetsrörelse«).[12]
Mit dem Ausklingen der Branntweinpest und der Überproduktion an Schnaps fand der Alkohol aus den Kartoffelbrennereien als Beimischung zum Automobilkraftstoff, in Spiritus-Leuchtlampen[13] und als Industriealkohol zusätzlich Verwendung.
Kartoffelschnaps heute
Einst als billiger Schnaps für die Unterschicht angesehen, erlebt der Kartoffelschnaps unter seiner ursprünglichen Bezeichnung heute eine Renaissance. Neben guten Speisen aus deutscher Küche ist häufig auch der Kartoffelschnaps auf den Getränkekarten guter Restaurants zu finden. Es macht wohl den Reiz aus, ähnlich wie beim Hering oder der Bratkartoffel, die früher ein „Arme-Leute-Essen“ waren, auch den Kartoffelschnaps als deutsches „Kulturgut“ wieder zu entdecken und gepflegt genießen zu können.
Herstellung
Der Kartoffelschnaps wird vom Verfahren her genauso hergestellt wie der Obstschnaps. Nach gründlichem Waschen werden die mehligen Kartoffeln in kaltem Wasser angesetzt, sanft erhitzt und bei einer Temperatur von 95 °C zu einem Brei vermahlen. Anschließend wird der Brei bei 70–90 °C unter Zugabe bakterieller Enzyme verflüssigt und bei einer Temperatur von ca. 58 °C ein bis zwei Stunden lang verzuckert. Alternativ zu den Enzymen kann 15 Prozent Gerstenmalz zugesetzt werden, was aber den Geschmack wahrnehmbar verändert. In der so hergestellten Maische setzt nun eine alkoholische Gärung ein, bei der eine Gärtemperatur um die 20 °C als optimal anzusehen ist, 25 °C aber nicht überstiegen werden sollte, da sonst zu viele Aromastoffe verloren gehen. Weil eine gezuckerte Maische stark schäumen würde, wird ein Antischaummittel vor dem einsetzenden Gärprozess hinzugefügt. Der Gärprozess findet in einem so genannten Gärtrichter statt und sollte nach ca. drei Tagen abgeschlossen sein.[14]
Der anschließende Brennvorgang erfolgt im Kupferkessel des Destilliergeräts bei ca. 75 °C. Da der Alkohol früher siedet als Wasser, kann er beim Erhitzen der Maische vom Wasser weitgehend separiert werden. Je nach Brennvorgang und Anzahl der Durchgänge können bis zu 80-prozentige Alkohole erzielt werden. Nach einigen Wochen der kühlen Lagerung sind die Brände dann unter Zugabe von Wasser auf trinkbare Werte von 20 bis 40 Volumenprozente zu reduzieren.[15]
Quelle
Der Kartoffelschnaps wurde, weil die Herstellung und das Ausgangsmaterial preiswert waren, lange als „Arme-Leute-Schnaps“ angesehen, wird aber heute mehr und mehr als eine Art exklusives alkoholisches Getränk auf den Getränkekarten anspruchsvollerer Restaurants angeboten.
Die polnische und ukrainische Version des Kartoffelschnapses nennt man Wodka. In Russland, Skandinavien und in anderen Ländern werden, je nach Land und Brennerei unterschiedlich, Wodka und Aquavit aus Kartoffeln oder Getreide hergestellt.
Geschichte
Die erste Kartoffelbrennerei in Deutschland wurde wohl um 1750 von David Möllinger in Monsheim in Rheinhessen in Betrieb genommen.[1] Nachdem ca. 100 Jahre zuvor, um 1647 herum, die Kartoffel erstmals in Pilgramsreuth in Franken im Feldanbau zur Nahrungserzeugung angebaut wurde[2], entwickelte sich die Nutzung der Knollenpflanze recht schnell als Nahrungsmittel und als Ausgangsstoff für industrielle Anwendungen. 1716 wurde die Kartoffel in Sachsen in großem Stile angebaut und 1745 erließ der Preußenkönig Friedrich II. (Friedrich der Große) das Gesetz zum Anbau der Kartoffel, dem entsprechend die Bauern zehn Prozent ihrer Ackerfläche mit Kartoffeln bepflanzen mussten.[3]
Branntwein wurde ursprünglich nur als Heilmittel in kleinen Mengen aus Wein hergestellt. Die Herstellung von Branntwein aus Kartoffeln wurde hingegen 1682 erstmals erwähnt.[4] Die Herstellung war aber wohl recht schwierig und vergleichsweise teuer. Den Durchbruch bekam die Kartoffelschnapsbrennerei erst mit der Erfindung eines speziellen Destillationsgerätes durch Johann Heinrich Leberecht Pistorius (1777–1858), mit dem Pistoriusschen Brennapparat, den Pistorius am 21. März 1817 zum Patent anmeldete. Mit diesem Gerät war es möglich, 60- bis 80-prozentigen Alkohol aus Kartoffelmaische herzustellen. Der wachsende Kartoffelanbau und die nun preiswertere Herstellungsmethode führten zu einem regelrechten Schnapsboom. Dazu kam, dass Gutsherren das Kartoffelschnapsbrennen als eine gute zusätzliche Einnahmequelle ansahen und die Schlempe (Rückstände der Destillation) sich als erstklassiger Dünger und als Viehfuttermittel verwenden ließ.[5]
1831 gab es in der Provinz Brandenburg mehr als 1.400 Kartoffelbrennereien.[6] 1854 gründeten 127 Vertreter nord- und ostdeutscher Kartoffelbrennereien den Verein der Spiritusfabrikanten in Deutschland in Berlin. Um 1887/88 waren in Deutschland bereits 6.268 Kartoffelbrennereien im Betrieb, die zusammen knapp über 2 Millionen Tonnen Kartoffeln verarbeiteten.[7] Der Boom, der über die Jahre anhielt, führt um 1912/13 in Deutschland bei einer Jahresproduktion von drei Millionen Hektoliter Kartoffelschnaps schließlich zu einer Überproduktion.[8]
Ab den 1830er-Jahren entstanden Kneipen, die Bier, Wein und vor allem billigen Schnaps ausschenkten. Zuerst in der Landwirtschaft, dann aber zunehmend auch in den Fabriken, wurde ein Teil des Lohnes in Kartoffelschnaps ausgezahlt. Die Folgen für die Bevölkerung waren verheerend. Alkoholismus machte sich breit, der mit zunehmender Armut und Arbeitslosigkeit im Elendsalkoholismus endete. Man bezeichnete die Entwicklung als eine Branntweinpest oder auch Kartoffelschnapspest (Schweiz), weil, basierend auf billigem Kartoffelschnaps, der Alkoholismus sich wie eine Seuche übers Land ausbreitete.
Um 1800 herum lag der Pro-Kopf-Konsum von Branntwein in Preußen beispielsweise noch bei zwei bis drei Litern pro Jahr (gemessen in reinem Alkohol). Ab den 1830ern stieg der Verbrauch auf über acht Liter, in Brandenburg sogar auf 13 Liter.[9] 1844 kam in Berlin ein Branntweinschank auf je 109 Einwohner.[10]
Mit dem Reichsbranntweinsteuergesetz von 1887 wurden erstmals agrarpolitische, sozialpolitische und gesundheitspolizeiliche Ziele verfolgt[11] und der Kartoffelschnaps durch die Steuererhebung erheblich verteuert. Mit diesem Instrument und durch die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs (1914–1918) wurde der Branntweinkonsum erheblich eingedämmt. Des Weiteren gründeten sich neue Vereinigungen für Nüchternheit („Nüchternheitsbewegungen“), die auch politische Stärke erreichten wie in Schweden die Volksbewegung gegen den Alkoholmissbrauch (»nykterhetsrörelse«).[12]
Mit dem Ausklingen der Branntweinpest und der Überproduktion an Schnaps fand der Alkohol aus den Kartoffelbrennereien als Beimischung zum Automobilkraftstoff, in Spiritus-Leuchtlampen[13] und als Industriealkohol zusätzlich Verwendung.
Kartoffelschnaps heute
Einst als billiger Schnaps für die Unterschicht angesehen, erlebt der Kartoffelschnaps unter seiner ursprünglichen Bezeichnung heute eine Renaissance. Neben guten Speisen aus deutscher Küche ist häufig auch der Kartoffelschnaps auf den Getränkekarten guter Restaurants zu finden. Es macht wohl den Reiz aus, ähnlich wie beim Hering oder der Bratkartoffel, die früher ein „Arme-Leute-Essen“ waren, auch den Kartoffelschnaps als deutsches „Kulturgut“ wieder zu entdecken und gepflegt genießen zu können.
Herstellung
Der Kartoffelschnaps wird vom Verfahren her genauso hergestellt wie der Obstschnaps. Nach gründlichem Waschen werden die mehligen Kartoffeln in kaltem Wasser angesetzt, sanft erhitzt und bei einer Temperatur von 95 °C zu einem Brei vermahlen. Anschließend wird der Brei bei 70–90 °C unter Zugabe bakterieller Enzyme verflüssigt und bei einer Temperatur von ca. 58 °C ein bis zwei Stunden lang verzuckert. Alternativ zu den Enzymen kann 15 Prozent Gerstenmalz zugesetzt werden, was aber den Geschmack wahrnehmbar verändert. In der so hergestellten Maische setzt nun eine alkoholische Gärung ein, bei der eine Gärtemperatur um die 20 °C als optimal anzusehen ist, 25 °C aber nicht überstiegen werden sollte, da sonst zu viele Aromastoffe verloren gehen. Weil eine gezuckerte Maische stark schäumen würde, wird ein Antischaummittel vor dem einsetzenden Gärprozess hinzugefügt. Der Gärprozess findet in einem so genannten Gärtrichter statt und sollte nach ca. drei Tagen abgeschlossen sein.[14]
Der anschließende Brennvorgang erfolgt im Kupferkessel des Destilliergeräts bei ca. 75 °C. Da der Alkohol früher siedet als Wasser, kann er beim Erhitzen der Maische vom Wasser weitgehend separiert werden. Je nach Brennvorgang und Anzahl der Durchgänge können bis zu 80-prozentige Alkohole erzielt werden. Nach einigen Wochen der kühlen Lagerung sind die Brände dann unter Zugabe von Wasser auf trinkbare Werte von 20 bis 40 Volumenprozente zu reduzieren.[15]
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