Die Säkularisation
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Die Säkularisation
Als Säkularisation wird ursprünglich die staatliche Einziehung oder Nutzung kirchlicher Besitztümer (Land oder Vermögen) bezeichnet. Im engeren Sinne versteht man darunter die Säkularisation während des napoleonischen Zeitalters, bei der zwei Formen zu unterscheiden sind: einerseits Aufhebung kirchlicher Institutionen und Verstaatlichung ihres Besitzes (Einziehung von Kirchengütern), andererseits die Einverleibung (Annektierung) der geistlichen Fürstentümer und Herrschaften des Heiligen Römischen Reiches durch größere Territorialstaaten.
Im weiteren Sinn versteht man unter Säkularisation oder Säkularisierung allgemein den Übergang von „ewigen“ zu „zeitlichen“ Werten. Die Abwendung von der Religion und von religiösen Werten beziehungsweise die Hinwendung zum Weltlichen als gesellschaftliche Entwicklung wird gelegentlich ebenfalls als Säkularisation bezeichnet, jedoch häufiger als Säkularisierung oder Verweltlichung.
Etymologie
Der Begriff leitet sich von lat. saeculum „Jahrhundert“ ab und bezeichnet allgemein einen Wechsel hin zum „Zeitlichen“ und Weltlichen. Als Begriff für die Enteignung von Kirchengut verwendete schon der französischen Gesandte Henri II. d’Orléans-Longueville am 8. Mai 1646 bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden in Münster das Verb séculariser. Er bezeichnete damit den Übergang von katholischen Gütern in protestantischen Besitz.
Das lateinische Substantiv saecularisatio war zwar bereits 1559 in Verwendung, das entsprechende Verb 1586. Lateinisch saecularisatio bezog sich damals aber nicht auf Kirchengut, sondern bezeichnete den Übergang von Mitgliedern des in Gemeinschaft lebenden Klerus der Bischofskirchen zu allein lebenden Domkapitularen. Die Ausgliederung von Kirchengut wurde zu dieser Zeit als profanatio sacrae rei bezeichnet.[1]
Säkularisation vor der Französischen Revolution
England ab 1535
Heinrich VIII., König von England, ließ im Zuge des königlichen Suprematsakts von 1535 ab dem Jahr 1538 die englischen Klöster auflösen und konfiszierte ihre Besitztümer. Über hundert frühere Klosterkirchen blieben als Pfarrkirchen in Verwendung, 14 wurden zu Kathedralen. Im Rahmen der Kampagne gegen den Aberglauben wurden viele Reliquien und Heiligenstatuen zerstört und eingeschmolzen. Große Abteien und Pilgerstätten wie Glastonbury Abbey, Walsingham, die Abtei St. Edmund und Shaftesbury Abbey wurden zu Ruinen. Auch in der Lordschaft Irland und in Wales wurden die Klöster aufgelöst.
Sachsen ab 1539
Nach seiner Regierungsübernahme am 17. April 1535 ließ der sächsische Herzog Heinrich am 23. April 1539 den ersten evangelischen Gottesdienst in der Dresdner Schlosskirche abhalten. Feierliche Gottesdienste in Leipzig und in der Dresdner Kreuzkirche folgten. Während einer umfangreichen Kirchenvisitation von Dezember 1539 bis Juli 1540 ließ Heinrich alle kirchlichen Besitztümer säkularisieren und Klöster aufheben. Im November 1539 setzte er auf dem Landtag in Chemnitz einen landständischen Ausschuss zur Verwendung des säkularisierten Kirchengutes ein und überließ damit die Entscheidung über die Verwendung den Landständen. Nach dem Tode Heinrichs im Jahre 1541 zog sein Sohn Moritz die Verfügungsgewalt über das säkularisierte Kirchen- und Klostergut wieder an sich und ließ es teils verkaufen und teils selbst durch landesherrliche Vögte verwalten.[2]
Heiliges Römisches Reich nach der Reformation
Infolge der Reformation und den Auseinandersetzungen des Dreißigjährigen Krieges wurden auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches durch den Westfälischen Frieden 1648 das Erzstift Magdeburg, das Hochstift Halberstadt, das Hochstift Bremen, das Hochstift Minden und das Hochstift Schwerin in weltliche Fürstentümer umgewandelt.
Bayern ab 1608
→ Hauptartikel: Säkularisation in Bayern
Im 16. Jahrhundert richtete Herzog Maximilian I. auf der Grundlage der Superiorität des Staates ein geistliches Ratskollegium zur Kirchenaufsicht ein. Ab 1608 beanspruchte der Kurfürst das Patronatsrecht, wenn bei Stiftern und Klöstern hierüber Unklarheiten bestanden.[3] 1743 schlug der zum Kaiser gewählte bayerische Kurfürst Karl Albrecht der Habsburgerin Maria Theresia vor, Österreich und insbesondere Bayern durch die Säkularisierung und Einverleibung von Fürstbistümern zu vergrößern. Maria Theresia lehnte dies als großes Unrecht ab.[4]
Im Rahmen der Aufhebung des Jesuitenordens durch Papst Clemens XIV. (1773) wurden die in Bayern gelegenen Güter des Jesuitenordens auf Weisung des Papstes dem kurfürstlichen Schulfonds zur Verfügung gestellt.[5] Im Jahre 1778 gelang einem Prälaten in Aschaffenburg ein Säkularisationsvorhaben: Der Fürsterzbischof von Mainz zog gegen eine nur geringe Entschädigung den Klostergarten eines Kapuzinerklosters ein und verwendete ihn als Schlossgarten und als Holzhof für seine weltliche Hochstiftsregierung.[6] 1783 stimmte Papst Pius VI. dem Antrag des kurpfalz-bayerischen Kurfürsten Karl Theodor auf Aufhebung der Prämonstratenserabtei Osterhofen und des Augustinerchorherrenstiftes Indersdorf zu.[7] 1787 wies der Fürstbischof von Bamberg in einer Visitationsverfügung die Zisterzienserabtei Langheim darauf hin, dass eine Aufhebung der Klöster möglich und der Vorwurf der Prachtliebe deshalb zu vermeiden sei.[8] 1789 verfasste der Jurist Maximilian von Montgelas eine Denkschrift, in der er eine Säkularisation für wirtschaftlich wünschenswert und aufgrund des Westfälischen Friedens für rechtlich zulässig hielt. 56 v. H. der Hofstellen seien in kirchliches Obereigentum gelangt, und diese Konzentration schädige den Wirtschaftsverkehr.[9]
Österreich
→ Hauptartikel: Josephinismus
Kaiser Joseph II., Herrscher des aufgeklärten Absolutismus, löste bereits vor der Französischen Revolution zahlreiche Klöster auf und zog deren Vermögen ein. Von 915 Klöstern (762 Männer-, 153 Frauenklöster), die 1780 im deutschsprachigen Österreich (mit Böhmen, Mähren und Galizien) existierten, blieben nur 388 erhalten.
Säkularisation im Zeitalter Napoleons
Frankreich
Die Säkularisation in Frankreich am Ende des 18. Jahrhunderts bzw. zu Beginn des 19. Jahrhunderts geht auf Debatten in der Zeit der Aufklärung zurück. Sie ist die umfassendste, die bislang stattfand. Beinahe alle geistlichen Reichsstände wurden aufgelöst und annähernd 95.000 km² Grundfläche, auf denen mehr als 3 Millionen Menschen lebten, wechselten ihren Herrscher oder Eigentümer.
Die französische Nationalversammlung beschloss schon zu Beginn der Französischen Revolution am 2. November 1789 in einem Dekret (Décret des biens du clergé mis à la disposition de la Nation[10]), das auf eine Antragsvorlage des Abgeordneten der Nationalversammlung und späteren Außenministers Napoleons, Bischof Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, zurückging, die Nationalisierung der Kirchengüter und damit die faktische Enteignung der katholischen Kirche. Hintergrund waren massive Bemühungen, der Finanzkrise des französischen Staates, die vor allem durch die o. g. kostenaufwändige Beteiligung Frankreichs am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg bedingt war, entgegenzuwirken. Die Priester bekamen, wie die Staatsbeamten, von nun an einen staatlichen Sold und mussten einen Eid auf die Nation und die neue Verfassung ablegen. Somit wurde schon am Anfang der französischen Revolution durch die Abschaffung der alten Ständeordnung die Vormachtstellung des Klerus beendet. Mit der Enteignung des kirchlichen Besitzes wurde die wirtschaftliche und politische Macht der Kirche erheblich beschnitten.[11]
Erst mit dem zwischen Napoleon Bonaparte und Papst Pius VII. geschlossenen Konkordat von 1801 kam es zumindest formal wieder zu einer Aussöhnung zwischen der katholischen Kirche und dem französischen Staat.
Linksrheinische Départements Deutschlands 1802
Anders als im rechtsrheinischen Gebiet fand die Säkularisation in den seit 1798 bestehenden vier linksrheinischen Départements, die 1801 im Frieden von Lunéville Frankreich zugesprochen worden waren, im Jahre 1802 statt.[12] Grundlage der Säkularisation war das 1801 abgeschlossene Konkordat, in dem die kirchenrechtliche Genehmigung der Säkularisation gegeben wurde. Danach wurden am 9. Juni 1802 mit einem Konsularbeschluss („Arreté des Consuls“) – im rechtlichen Sinne eine Verordnung – die kirchlichen Verhältnisse neu geregelt; mit Ausnahme der Bistümer und Pfarreien wurden fast alle geistlichen Einrichtungen aufgehoben und ihr Besitz dem französischen Staat übertragen.[13]
Alle Mönche/Nonnen mit linksrheinischen Wurzeln erhielten gemäß Konsularbeschluss eine jährliche Pension von 500 (für unter 60-jährige) bzw. 600 Francs (ab 60 Jahren). Diejenigen Mönche/Nonnen, die ursprünglich aus rechtsrheinischen Gebieten stammten, mussten die linksrheinischen Gebiete verlassen und erhielten einmalig 150 Francs für die Kosten ihrer Reise.[14]
Zur Aufbesserung der Finanzen des französischen Staates wurden die säkularisierten Güter in den folgenden Jahren versteigert und gingen überwiegend an private Käufer. Auch die geistlichen Reichsstände wurden aufgehoben und ihr Besitz verstaatlicht.[15]
Rechtsrheinische Gebiete 1803
Durch die Verschiebung der französischen Ostgrenze hatten deutsche Territorialherren Gebietsverluste erlitten. Als Entschädigung wurden ihnen im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 die kirchlichen Reichsstände (die geistlichen Fürstentümer) und die meisten Reichsstädte (in diesem Fall spricht man von Mediatisierung) zugeschlagen.
Artikel 35 des Reichsdeputationshauptschlusses ging über die reine Entschädigung sogar hinaus. Die Gebäude und Güter der aufgehobenen Stifte, Abteien und Klöster wurden der Disposition (Verfügungsgewalt) der Landesherren unterstellt.[16] Das erlaubte es auch Herrschern, die keinen Territorialverlust erlitten hatten, kirchliche Güter zu ihren Gunsten einzuziehen und ihre Finanzen zu entlasten.
Der Reichsdeputationshauptschluss betraf die geistlichen Kurfürstentümer Köln und Trier, das Fürsterzbistum Salzburg sowie die Fürstbistumer Olmütz, Augsburg, Bamberg, Basel, Breslau, Brixen, Chur, Corvey, Eichstätt, Freising, Fulda, Hildesheim, Konstanz, Lübeck, Lüttich, Münster, Osnabrück, Paderborn, Passau, Regensburg, Speyer, Trient, Worms und Würzburg. Auch alle anderen geistlichen Fürstentümer, zu denen z. B. die Reichsabteien und die anderen Reichsstifte gehörten, wurden aufgelöst.[17]
Lediglich Kurmainz, dessen verbliebenes rechtsrheinisches Territorium auf das Fürstentum Aschaffenburg übertragen wurde, wurde nicht aufgelöst. Karl Theodor von Dalberg, der letzte Mainzer Erzbischof, verblieb als Erzkanzler des Reiches.
Politische Folgen
Viele Besitztümer der Kirche, unter ihnen auch landständische Klöster oder die bisherigen fürstbischöflichen Residenzen, wurden enteignet und fielen an weltliche Landesherren. Insbesondere profitierten der König von Preußen, der Kurfürst von Bayern, der Herzog von Württemberg, der Markgraf von Baden und der Landgraf von Hessen-Darmstadt von der Säkularisation. Allein in Baden vervierfachte sich die Fläche des Landes, die Zahl der Einwohner verfünffachte sich durch den Landzugewinn. Württemberg konnte seine Fläche und Einwohnerzahl immerhin verdoppeln.
Durch die Enteignung kirchlicher Güter verlor insbesondere (aber nicht nur) die katholische Kirche einen großen Teil ihrer weltlichen Macht.
Soziale Folgen
Vor allem das weltliche Dienstpersonal im Kloster, sowie die unmittelbar vom Kloster abhängigen Handwerker und Gewerbetreibenden, verloren ihre Arbeitsplätze und gerieten in eine bedrohliche Armut.
Der enteignete – teilweise sehr große – Grundbesitz wurde oftmals dem Landesherrn bzw. Staat direkt zugeschlagen oder in Stiftungen eingebracht, um dem bisherigen Zweck weiter zu dienen. Die vermögensrechtlichen Folgen der Enteignungen stellen noch heute in Form der Staatsleistungen ein staatskirchenrechtliches Problem dar.
Kulturelle Folgen
Durch die Auflösung der kirchlichen Institutionen wurden ihre Gebäude und beweglichen Besitztümer nicht mehr für ihren ursprünglichen Zweck benötigt. Die enteigneten Klöster konnten teils als Staatsgebäude (z. B. Gefängnisse) übernommen werden, teils wurden sie meistbietend versteigert. Viele von ihnen verkaufte man auf Abbruch, d. h., sie wurden vom Käufer abgerissen und das Material für andere Zwecke verwendet, vor allem die schlecht für andere Zwecke verwendbaren Kirchen waren hiervon betroffen. Im günstigsten Fall konnte eine ehemalige Klosterkirche als Pfarrkirche weiterverwendet werden, z. B. die Kirche der Abtei Prüm in der Eifel, die bis heute Pfarrkirche ist. Kunstwerke und liturgische Geräte wurden teilweise ebenfalls an andere Kirchen abgegeben, vieles aber auch vernichtet da wesentlich mehr Objekte zur Verfügung standen als benötigt wurden.
Die Auflösung hatte aber auch Folgen für Bibliotheken und Archive der Klöster, die häufig in alle Winde verstreut wurden. Gleichzeitig entstanden allerdings auch erste private Sammlungen wertvoller Bücher, Handschriften und Kunstwerke, die teilweise später wieder in die öffentliche Hand gelangten und den Grundstock für Archive und Bibliotheken bildeten, in manchen Fällen waren diese Sammler selbst ehemalige Mitglieder einer kirchlichen Institution, z. B. Ferdinand Franz Wallraf in Köln.
Siehe auch
Säkularismus und Laizismus
Johann Christoph von Aretin
Bernhard Joseph Docena
Entstehung der Staatsleistungen in Deutschland und Österreich
Kirche und Staat
Pfarrdotationsgrundstück
Quelle
Im weiteren Sinn versteht man unter Säkularisation oder Säkularisierung allgemein den Übergang von „ewigen“ zu „zeitlichen“ Werten. Die Abwendung von der Religion und von religiösen Werten beziehungsweise die Hinwendung zum Weltlichen als gesellschaftliche Entwicklung wird gelegentlich ebenfalls als Säkularisation bezeichnet, jedoch häufiger als Säkularisierung oder Verweltlichung.
Etymologie
Der Begriff leitet sich von lat. saeculum „Jahrhundert“ ab und bezeichnet allgemein einen Wechsel hin zum „Zeitlichen“ und Weltlichen. Als Begriff für die Enteignung von Kirchengut verwendete schon der französischen Gesandte Henri II. d’Orléans-Longueville am 8. Mai 1646 bei den Verhandlungen zum Westfälischen Frieden in Münster das Verb séculariser. Er bezeichnete damit den Übergang von katholischen Gütern in protestantischen Besitz.
Das lateinische Substantiv saecularisatio war zwar bereits 1559 in Verwendung, das entsprechende Verb 1586. Lateinisch saecularisatio bezog sich damals aber nicht auf Kirchengut, sondern bezeichnete den Übergang von Mitgliedern des in Gemeinschaft lebenden Klerus der Bischofskirchen zu allein lebenden Domkapitularen. Die Ausgliederung von Kirchengut wurde zu dieser Zeit als profanatio sacrae rei bezeichnet.[1]
Säkularisation vor der Französischen Revolution
England ab 1535
Heinrich VIII., König von England, ließ im Zuge des königlichen Suprematsakts von 1535 ab dem Jahr 1538 die englischen Klöster auflösen und konfiszierte ihre Besitztümer. Über hundert frühere Klosterkirchen blieben als Pfarrkirchen in Verwendung, 14 wurden zu Kathedralen. Im Rahmen der Kampagne gegen den Aberglauben wurden viele Reliquien und Heiligenstatuen zerstört und eingeschmolzen. Große Abteien und Pilgerstätten wie Glastonbury Abbey, Walsingham, die Abtei St. Edmund und Shaftesbury Abbey wurden zu Ruinen. Auch in der Lordschaft Irland und in Wales wurden die Klöster aufgelöst.
Sachsen ab 1539
Nach seiner Regierungsübernahme am 17. April 1535 ließ der sächsische Herzog Heinrich am 23. April 1539 den ersten evangelischen Gottesdienst in der Dresdner Schlosskirche abhalten. Feierliche Gottesdienste in Leipzig und in der Dresdner Kreuzkirche folgten. Während einer umfangreichen Kirchenvisitation von Dezember 1539 bis Juli 1540 ließ Heinrich alle kirchlichen Besitztümer säkularisieren und Klöster aufheben. Im November 1539 setzte er auf dem Landtag in Chemnitz einen landständischen Ausschuss zur Verwendung des säkularisierten Kirchengutes ein und überließ damit die Entscheidung über die Verwendung den Landständen. Nach dem Tode Heinrichs im Jahre 1541 zog sein Sohn Moritz die Verfügungsgewalt über das säkularisierte Kirchen- und Klostergut wieder an sich und ließ es teils verkaufen und teils selbst durch landesherrliche Vögte verwalten.[2]
Heiliges Römisches Reich nach der Reformation
Infolge der Reformation und den Auseinandersetzungen des Dreißigjährigen Krieges wurden auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches durch den Westfälischen Frieden 1648 das Erzstift Magdeburg, das Hochstift Halberstadt, das Hochstift Bremen, das Hochstift Minden und das Hochstift Schwerin in weltliche Fürstentümer umgewandelt.
Bayern ab 1608
→ Hauptartikel: Säkularisation in Bayern
Im 16. Jahrhundert richtete Herzog Maximilian I. auf der Grundlage der Superiorität des Staates ein geistliches Ratskollegium zur Kirchenaufsicht ein. Ab 1608 beanspruchte der Kurfürst das Patronatsrecht, wenn bei Stiftern und Klöstern hierüber Unklarheiten bestanden.[3] 1743 schlug der zum Kaiser gewählte bayerische Kurfürst Karl Albrecht der Habsburgerin Maria Theresia vor, Österreich und insbesondere Bayern durch die Säkularisierung und Einverleibung von Fürstbistümern zu vergrößern. Maria Theresia lehnte dies als großes Unrecht ab.[4]
Im Rahmen der Aufhebung des Jesuitenordens durch Papst Clemens XIV. (1773) wurden die in Bayern gelegenen Güter des Jesuitenordens auf Weisung des Papstes dem kurfürstlichen Schulfonds zur Verfügung gestellt.[5] Im Jahre 1778 gelang einem Prälaten in Aschaffenburg ein Säkularisationsvorhaben: Der Fürsterzbischof von Mainz zog gegen eine nur geringe Entschädigung den Klostergarten eines Kapuzinerklosters ein und verwendete ihn als Schlossgarten und als Holzhof für seine weltliche Hochstiftsregierung.[6] 1783 stimmte Papst Pius VI. dem Antrag des kurpfalz-bayerischen Kurfürsten Karl Theodor auf Aufhebung der Prämonstratenserabtei Osterhofen und des Augustinerchorherrenstiftes Indersdorf zu.[7] 1787 wies der Fürstbischof von Bamberg in einer Visitationsverfügung die Zisterzienserabtei Langheim darauf hin, dass eine Aufhebung der Klöster möglich und der Vorwurf der Prachtliebe deshalb zu vermeiden sei.[8] 1789 verfasste der Jurist Maximilian von Montgelas eine Denkschrift, in der er eine Säkularisation für wirtschaftlich wünschenswert und aufgrund des Westfälischen Friedens für rechtlich zulässig hielt. 56 v. H. der Hofstellen seien in kirchliches Obereigentum gelangt, und diese Konzentration schädige den Wirtschaftsverkehr.[9]
Österreich
→ Hauptartikel: Josephinismus
Kaiser Joseph II., Herrscher des aufgeklärten Absolutismus, löste bereits vor der Französischen Revolution zahlreiche Klöster auf und zog deren Vermögen ein. Von 915 Klöstern (762 Männer-, 153 Frauenklöster), die 1780 im deutschsprachigen Österreich (mit Böhmen, Mähren und Galizien) existierten, blieben nur 388 erhalten.
Säkularisation im Zeitalter Napoleons
Frankreich
Die Säkularisation in Frankreich am Ende des 18. Jahrhunderts bzw. zu Beginn des 19. Jahrhunderts geht auf Debatten in der Zeit der Aufklärung zurück. Sie ist die umfassendste, die bislang stattfand. Beinahe alle geistlichen Reichsstände wurden aufgelöst und annähernd 95.000 km² Grundfläche, auf denen mehr als 3 Millionen Menschen lebten, wechselten ihren Herrscher oder Eigentümer.
Die französische Nationalversammlung beschloss schon zu Beginn der Französischen Revolution am 2. November 1789 in einem Dekret (Décret des biens du clergé mis à la disposition de la Nation[10]), das auf eine Antragsvorlage des Abgeordneten der Nationalversammlung und späteren Außenministers Napoleons, Bischof Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, zurückging, die Nationalisierung der Kirchengüter und damit die faktische Enteignung der katholischen Kirche. Hintergrund waren massive Bemühungen, der Finanzkrise des französischen Staates, die vor allem durch die o. g. kostenaufwändige Beteiligung Frankreichs am Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg bedingt war, entgegenzuwirken. Die Priester bekamen, wie die Staatsbeamten, von nun an einen staatlichen Sold und mussten einen Eid auf die Nation und die neue Verfassung ablegen. Somit wurde schon am Anfang der französischen Revolution durch die Abschaffung der alten Ständeordnung die Vormachtstellung des Klerus beendet. Mit der Enteignung des kirchlichen Besitzes wurde die wirtschaftliche und politische Macht der Kirche erheblich beschnitten.[11]
Erst mit dem zwischen Napoleon Bonaparte und Papst Pius VII. geschlossenen Konkordat von 1801 kam es zumindest formal wieder zu einer Aussöhnung zwischen der katholischen Kirche und dem französischen Staat.
Linksrheinische Départements Deutschlands 1802
Anders als im rechtsrheinischen Gebiet fand die Säkularisation in den seit 1798 bestehenden vier linksrheinischen Départements, die 1801 im Frieden von Lunéville Frankreich zugesprochen worden waren, im Jahre 1802 statt.[12] Grundlage der Säkularisation war das 1801 abgeschlossene Konkordat, in dem die kirchenrechtliche Genehmigung der Säkularisation gegeben wurde. Danach wurden am 9. Juni 1802 mit einem Konsularbeschluss („Arreté des Consuls“) – im rechtlichen Sinne eine Verordnung – die kirchlichen Verhältnisse neu geregelt; mit Ausnahme der Bistümer und Pfarreien wurden fast alle geistlichen Einrichtungen aufgehoben und ihr Besitz dem französischen Staat übertragen.[13]
Alle Mönche/Nonnen mit linksrheinischen Wurzeln erhielten gemäß Konsularbeschluss eine jährliche Pension von 500 (für unter 60-jährige) bzw. 600 Francs (ab 60 Jahren). Diejenigen Mönche/Nonnen, die ursprünglich aus rechtsrheinischen Gebieten stammten, mussten die linksrheinischen Gebiete verlassen und erhielten einmalig 150 Francs für die Kosten ihrer Reise.[14]
Zur Aufbesserung der Finanzen des französischen Staates wurden die säkularisierten Güter in den folgenden Jahren versteigert und gingen überwiegend an private Käufer. Auch die geistlichen Reichsstände wurden aufgehoben und ihr Besitz verstaatlicht.[15]
Rechtsrheinische Gebiete 1803
Durch die Verschiebung der französischen Ostgrenze hatten deutsche Territorialherren Gebietsverluste erlitten. Als Entschädigung wurden ihnen im Reichsdeputationshauptschluss von 1803 die kirchlichen Reichsstände (die geistlichen Fürstentümer) und die meisten Reichsstädte (in diesem Fall spricht man von Mediatisierung) zugeschlagen.
Artikel 35 des Reichsdeputationshauptschlusses ging über die reine Entschädigung sogar hinaus. Die Gebäude und Güter der aufgehobenen Stifte, Abteien und Klöster wurden der Disposition (Verfügungsgewalt) der Landesherren unterstellt.[16] Das erlaubte es auch Herrschern, die keinen Territorialverlust erlitten hatten, kirchliche Güter zu ihren Gunsten einzuziehen und ihre Finanzen zu entlasten.
Der Reichsdeputationshauptschluss betraf die geistlichen Kurfürstentümer Köln und Trier, das Fürsterzbistum Salzburg sowie die Fürstbistumer Olmütz, Augsburg, Bamberg, Basel, Breslau, Brixen, Chur, Corvey, Eichstätt, Freising, Fulda, Hildesheim, Konstanz, Lübeck, Lüttich, Münster, Osnabrück, Paderborn, Passau, Regensburg, Speyer, Trient, Worms und Würzburg. Auch alle anderen geistlichen Fürstentümer, zu denen z. B. die Reichsabteien und die anderen Reichsstifte gehörten, wurden aufgelöst.[17]
Lediglich Kurmainz, dessen verbliebenes rechtsrheinisches Territorium auf das Fürstentum Aschaffenburg übertragen wurde, wurde nicht aufgelöst. Karl Theodor von Dalberg, der letzte Mainzer Erzbischof, verblieb als Erzkanzler des Reiches.
Politische Folgen
Viele Besitztümer der Kirche, unter ihnen auch landständische Klöster oder die bisherigen fürstbischöflichen Residenzen, wurden enteignet und fielen an weltliche Landesherren. Insbesondere profitierten der König von Preußen, der Kurfürst von Bayern, der Herzog von Württemberg, der Markgraf von Baden und der Landgraf von Hessen-Darmstadt von der Säkularisation. Allein in Baden vervierfachte sich die Fläche des Landes, die Zahl der Einwohner verfünffachte sich durch den Landzugewinn. Württemberg konnte seine Fläche und Einwohnerzahl immerhin verdoppeln.
Durch die Enteignung kirchlicher Güter verlor insbesondere (aber nicht nur) die katholische Kirche einen großen Teil ihrer weltlichen Macht.
Soziale Folgen
Vor allem das weltliche Dienstpersonal im Kloster, sowie die unmittelbar vom Kloster abhängigen Handwerker und Gewerbetreibenden, verloren ihre Arbeitsplätze und gerieten in eine bedrohliche Armut.
Der enteignete – teilweise sehr große – Grundbesitz wurde oftmals dem Landesherrn bzw. Staat direkt zugeschlagen oder in Stiftungen eingebracht, um dem bisherigen Zweck weiter zu dienen. Die vermögensrechtlichen Folgen der Enteignungen stellen noch heute in Form der Staatsleistungen ein staatskirchenrechtliches Problem dar.
Kulturelle Folgen
Durch die Auflösung der kirchlichen Institutionen wurden ihre Gebäude und beweglichen Besitztümer nicht mehr für ihren ursprünglichen Zweck benötigt. Die enteigneten Klöster konnten teils als Staatsgebäude (z. B. Gefängnisse) übernommen werden, teils wurden sie meistbietend versteigert. Viele von ihnen verkaufte man auf Abbruch, d. h., sie wurden vom Käufer abgerissen und das Material für andere Zwecke verwendet, vor allem die schlecht für andere Zwecke verwendbaren Kirchen waren hiervon betroffen. Im günstigsten Fall konnte eine ehemalige Klosterkirche als Pfarrkirche weiterverwendet werden, z. B. die Kirche der Abtei Prüm in der Eifel, die bis heute Pfarrkirche ist. Kunstwerke und liturgische Geräte wurden teilweise ebenfalls an andere Kirchen abgegeben, vieles aber auch vernichtet da wesentlich mehr Objekte zur Verfügung standen als benötigt wurden.
Die Auflösung hatte aber auch Folgen für Bibliotheken und Archive der Klöster, die häufig in alle Winde verstreut wurden. Gleichzeitig entstanden allerdings auch erste private Sammlungen wertvoller Bücher, Handschriften und Kunstwerke, die teilweise später wieder in die öffentliche Hand gelangten und den Grundstock für Archive und Bibliotheken bildeten, in manchen Fällen waren diese Sammler selbst ehemalige Mitglieder einer kirchlichen Institution, z. B. Ferdinand Franz Wallraf in Köln.
Siehe auch
Säkularismus und Laizismus
Johann Christoph von Aretin
Bernhard Joseph Docena
Entstehung der Staatsleistungen in Deutschland und Österreich
Kirche und Staat
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