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Brüder Grimm

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Brüder Grimm Empty Brüder Grimm

Beitrag  checker Sa Jul 22, 2017 10:59 pm

Brüder Grimm nannten sich die Sprachwissenschaftler und Volkskundler Jacob Grimm (1785–1863) und Wilhelm Grimm (1786–1859) bei gemeinsamen Veröffentlichungen, wie zum Beispiel der ihrer weltberühmten Kinder- und Hausmärchen. Die Brüder gelten gemeinsam mit Karl Lachmann und Georg Friedrich Benecke als „Gründungsväter“ der Germanistik.

Ebenfalls verbreitet ist die Bezeichnung Gebrüder Grimm. Unter der Bezeichnung als Gebrüder haben sie selbst jedoch nie publiziert.

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Doppelporträt der Brüder Wilhelm Grimm (links) und Jacob Grimm von Elisabeth Jerichau-Baumann, 1855

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Grimm-Denkmal in Hanau

Herkunft

Die Familie Grimm lebte in Hanau. Der Urgroßvater, Friedrich Grimm der Ältere (1672–1748), und der Großvater, Friedrich Grimm der Jüngere (1707–1777), waren Geistliche des reformierten Glaubensbekenntnisses. Die Eltern Dorothea und Philipp Wilhelm Grimm hatten in ihrer Ehe neun Kinder, von denen drei als Säuglinge starben. Neben Jacob und Wilhelm erlangte der jüngere Bruder Ludwig Emil als Maler Bedeutung. Das Geburtshaus der Brüder Grimm stand am alten Paradeplatz in Hanau. Ihre Jugend verbrachten sie in Steinau an der Straße, wo der Vater eine Stelle als Amtmann hatte.

Zur Abstammung siehe auch Nachfahren von Friedrich Grimm dem Älteren
Studienzeit

Um den ältesten Söhnen eine angemessene Bildung für eine eventuelle spätere Laufbahn als Juristen zu ermöglichen, schickte die Mutter die beiden im Herbst 1798 nach Kassel zu ihrer Tante. Der Vater war zwei Jahre zuvor an einer Lungenentzündung gestorben. In Kassel besuchten sie zuerst das Friedrichsgymnasium. Jacob besuchte später die Philipps-Universität in Marburg und studierte dort Rechtswissenschaft, sein Bruder Wilhelm folgte ihm ein Jahr später. Einer ihrer Lehrer, Friedrich Carl von Savigny, eröffnete den wissbegierigen jungen Studenten seine Privatbibliothek und machte die beiden, die bereits mit Werken von Goethe und Schiller vertraut waren, mit Werken der Romantik und des Minnesangs bekannt. Auch Johann Gottfried Herder hatte mit seinen Ansichten über die Dichtung der Völker wesentlichen Einfluss auf Jacob und Wilhelm. Sie entwickelten sich jedoch nicht zu Romantikern, die vom „gotischen Mittelalter“ schwärmten, sondern waren Realisten, die in der fernen Vergangenheit die Wurzeln für die zeitgenössischen Zustände sahen. So untersuchten sie die geschichtliche Entwicklung deutschsprachiger Literatur (Sagen, Urkunden ebenso wie Dichtung) und legten dabei die Grundlagen für eine wissenschaftliche Behandlung dieses Arbeitsgebietes. Ganz im Sinne Herders beschränkten sie sich dabei nicht auf deutschsprachige Urkunden. Englische, schottische und irische Quellen waren bereits in Mode; sie dehnten ihren Arbeitsbereich auf Skandinavien, Finnland, die Niederlande, Spanien und Serbien aus.
Frühe Arbeiten in Kassel

In die Zeit eines sparsamen und zurückgezogenen Lebens nach dem Studienabschluss 1806 datiert der Beginn der Sammlung von Märchen und Sagen, die uns heute als eines der Hauptwerke der Brüder bekannt sind. Die von Jacob und Wilhelm Grimm auf Veranlassung von Achim von Arnim und Clemens Brentano gesammelten Märchen entstanden nicht aus ihrer eigenen Phantasie, sondern wurden nach alten, vorwiegend mündlich überlieferten Geschichten von ihnen gesammelt und zusammengetragen und mehr oder minder stark überarbeitet, in Ausdruck und Aussage geglättet und geformt. Eine ihrer wichtigsten Quellen waren die Märchen, die die aus hugenottischer Familie stammende Dorothea Viehmann den Brüdern erzählte. An den Sammlungen waren z. B. auch die Brüder Werner von Haxthausen, August von Haxthausen sowie die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff und ihre Schwester Jenny von Laßberg beteiligt. Es ist das bleibende Verdienst von Wilhelm Grimm, der mit der Bearbeitung die weitere Verbreitung gesichert und mit der kritischen Untersuchung zu Quellen und Entwicklung der Volksmärchen die Märchenkunde als Wissenschaft begründet hat.

Nach dem Tod der Mutter im Jahr 1808 musste Jacob Grimm als Ältester der Familie für deren Unterhalt sorgen. Seit 1807 hatten Jacob und Wilhelm Aufsätze über Minnesang in Fachzeitschriften veröffentlicht. Nach dem Kuraufenthalt Wilhelms in Halle waren die Brüder wieder gemeinsam in Kassel, und 1811 veröffentlichten sie ihre ersten selbständigen Bücher: Jacob Über den altdeutschen Meistergesang und Wilhelm Altdänische Heldenlieder, Balladen und Märchen. 1812 folgten die ersten gemeinsamen Bücher der Brüder (eine Ausgabe des althochdeutschen Hildebrandlieds und des Wessobrunner Gebets) und zu Weihnachten der erste Band der Kinder- und Hausmärchen. Zu dieser Zeit versuchten sich die Brüder auch an einer deutschen Ausgabe der Edda sowie des Reineke Fuchs. Von der Edda erschien 1815 nur ein erster Band, der keine Fortsetzung fand, da die Brüder Grimm auf diesem Gebiet von anderen Forschern überholt wurden. Den Reinhart Fuchs in mehreren mittelalterlichen Versionen gab Jacob erst 1834 heraus – dann allerdings mit einer umfangreichen Einleitung über das Wesen des Tierepos. Von 1813 bis 1816 brachten die Brüder darüber hinaus drei Bände der Zeitschrift Altdeutsche Wälder heraus, die altdeutsche Literatur zum Inhalt hatte und dann wieder eingestellt wurde.

1814 bezogen die Brüder Grimm zusammen mit ihrer Schwester Charlotte (Lotte) (1793–1833) eine Wohnung im – heute noch erhaltenen – nördlichen Torhaus am Wilhelmshöher Tor. Bereits 1815 veröffentlichte Jacob neben einem Buch zur mythologischen Deutung von Götterbildern und -säulen (Irmenstraße und Irmensäule) auch Silva de romances viejos, eine kritische Auswahl altspanischer Romanzen.

1815 konnten die Brüder den zweiten Band der Kinder- und Hausmärchen vorlegen, im Jahr 1819 wurde der erste Band stark überarbeitet neu aufgelegt: Es kamen weitere Märchen hinzu, etwa ein Viertel der Geschichten wurde gestrichen und fast die Hälfte der verbliebenen Märchen überarbeitet, häufig um die als anstößig empfundenen erotischen Anspielungen zu beseitigen. Die Anmerkungen zu den Märchen beider Bände wurden 1822 als dritter Band veröffentlicht. Im Jahr 1825 erfolgte die Herausgabe einer „Kleinen Ausgabe“ der Kinder- und Hausmärchen in einem Band, die maßgeblich zur Popularität des Stoffes beitrug. Für diese Aufgabe konnten die Brüder ihren Bruder Ludwig Emil als Illustrator gewinnen. Ab 1823 wurde eine illustrierte englische Ausgabe der Kinder- und Hausmärchen veröffentlicht. Bereits zu Lebzeiten der Brüder erschienen sieben Auflagen der großen deutschen Ausgabe der Märchen und zehn Auflagen der kleinen Ausgabe.

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Deutsche Sagen

In den Jahren 1816 und 1818 erschienen die beiden Bände einer Sagensammlung (Deutsche Sagen), die allerdings nicht den breiten Erfolg hatte wie ihre Märchensammlung. Die Brüder hatten zuvor gleichermaßen Märchen und Sagen gesammelt. Eine gattungsmäßige Abgrenzung ist schwierig und wurde auch durch die Brüder nicht konsequent durchgeführt. Definitionsversuche beziehen sich beispielsweise auf die Prämissen, dass die Sagen von Erzählern und Publikum im Allgemeinen geglaubt würden, die Märchen hingegen nicht, oder dass Sagen an konkrete historische oder örtliche Bezugspunkte gebunden, die Märchen jedoch zeitlich und lokal nicht näher fixiert seien. Beide Gattungen sind Erzählformen aus der mündlichen Überlieferung, wobei die Brüder Grimm sie für ihre Sammlungen zu großen Teilen nur über schriftliche Zwischenstufen gewannen. Die Sagensammlung wurde zu Lebzeiten der Brüder nicht neu aufgelegt.

Eine weitere herausragende Leistung von Wilhelm ist Die deutsche Heldensage, eine Schrift, die nicht nur eine Sammlung von Sagen vom 6. bis zum 16. Jahrhundert darstellt, sondern wertvolle Aufsätze zu Stoffen, ihrer Geschichte und der künstlerischen Verarbeitung enthält. Im Verlauf der Arbeiten an den Sagen und Volksmärchen formulierten die Brüder ein Lautverschiebungsgesetz im Kontext der „indogermanischen Hypothese“.

Im Alter von 30 Jahren hatten sich Jacob und Wilhelm Grimm durch ihre zahlreichen Publikationen bereits eine herausragende Stellung erarbeitet. Sie lebten gemeinsam in Kassel, bis 1814 nur von Jacobs Gehalt und aus dem ererbten Familienvermögen. Neben der formellen offiziellen Tätigkeit als Bibliothekar (Jacob) bzw. Sekretär der Bibliothek (Wilhelm) konnten sie vor Ort ihre eigenen Forschungen vorantreiben, die im Jahr 1819 von der Universität in Marburg mit einer Ehrendoktorwürde honoriert wurden.

Ohne Förderer und Gönner hätten die Brüder Grimm über Jahre nicht in diesem Maße publizieren können. Aus der frühen Zeit sei hier Kurfürstin Wilhelmine Karoline von Hessen genannt. Nach deren Tod 1820 bzw. dem Tod des Kurfürsten 1821 mussten die Brüder das Haus in der Wilhelmshöher Straße räumen und gemeinsam mit ihrer Schwester Lotte eine schlechtere Wohnung beziehen. Lotte, die den Brüdern bislang den Haushalt geführt hatte, heiratete wenig später den mit der Familie befreundeten Juristen und späteren kurhessischen Minister Ludwig Hassenpflug (1794–1862) und verließ die Brüder, die fortan mehrfach die Wohnungen wechselten und jahrelang einen gemeinsamen Junggesellenhaushalt führten.
Die Deutsche Grammatik

In diese kreative Zeit in Kassel fiel die Arbeit Jacob Grimms an der Deutschen Grammatik. Der Titel ist irreführend, denn es handelt sich nicht um eine trocken-schematische Beschreibung des Aufbaus der zeitgenössischen Sprache. Jacob wollte vielmehr „ein historisches Leben mit allem Fluß freudiger Entwickelung in sie zaubern“. Das umfangreiche Werk bezieht sich auf sämtliche germanische Sprachen, ihre Zusammenhänge und ihre geschichtliche Entwicklung. Der erste Band beschäftigte sich zunächst mit Flexion, der zweite mit Wortbildung. Jacob stellte kein vollständiges Manuskript fertig, sondern ließ Druckbogen für Druckbogen drucken, sobald er die benötigte Menge Text geschrieben hatte. Der Druck des Ersten Bandes entsprach mit einer Zeitdauer von 14 Monaten ab Januar 1818 bis Sommer 1819 genau dem Zeitraum, in dem Jacob Grimm an dem Werk gearbeitet hat. Bis 1822 überarbeitete er den ersten Band nochmals komplett, so dass dieser nun eher die Lautbildung zum Inhalt hatte. Wie zuvor beim ersten Band schrieb und druckte er wieder Druckbogen für Druckbogen und führte dieses Prinzip auch bis 1826 mit dem nun erst offiziell zweiten Band der Deutschen Grammatik fort.

In diesem bahnbrechenden Werk verfolgte Jacob als Erster die Entwicklung der (heute „indogermanisch“ oder „indoeuropäisch“ genannten) Sprachen und die Gesetzmäßigkeiten des Lautwandels bei Vokalen und Konsonanten. Damit legte er das Fundament für die moderne Etymologie, die Forschung zum Ursprung von Wörtern und Wortbestandteilen unter Berücksichtigung von Wortbildung, Flexion, Lautveränderung und Bedeutungswandel in verschiedenen (verwandten) Sprachen. Jacob schrieb hierzu selbst: „Wissenschaftliche Wortforschung konnte weder bei Griechen und Römern, geschweige in unserem Mittelalter gedeihen … Solchem ratlosen und unbehaglichen Schweifen auf dem wogenden Meer der Wörter wurde endlich gesteuert durch den Vortritt der bisher noch unerforschten Sanskritsprache sowie den Zutritt der deutschen, slawischen, litauischen und der übrigen europäischen Idiome in den wissenschaftlichen Kreis der Untersuchungen.“ Ihm war auch klar, dass die Vertreter der klassischen Philologie (Latein, Griechisch und Hebräisch) kein Interesse daran hatten, weitere Sprachen näher zu untersuchen, da sie diese als barbarisch ansahen.

Jacob Grimm hatte jedoch Vorläufer: 1787 hatte William Jones in Bengalen auf Grund des Aufbaus und der Wortwurzeln das Sanskrit mit den altpersischen, griechischen, lateinischen, gotischen und keltischen Sprachen verglichen – dies jedoch noch nicht systematisch. Der junge Däne Rasmus Christian Rask hatte – einer Forderung Wilhelm von Humboldts folgend – ebendies in Angriff genommen. Jacob Grimm kannte (und besprach) dessen Schrift und begann, Wortbildung und Lautentwicklung im Altnordischen mit denen im Slawischen bzw. Griechischen zu vergleichen. In der Deutschen Grammatik wurden erstmals die frühesten, dann die späteren und schließlich die jüngsten Entwicklungsstufen der betrachteten Sprachen vergleichend behandelt. In der zweiten Auflage konnte er die Erkenntnis darlegen, dass die von Rask aufgedeckten lautlichen Entsprechungen nicht (zufällige) Einzelerscheinungen waren, sondern einer Gesetzmäßigkeit folgten. Diese Regel wird von angelsächsischen Forschern bis heute Grimm’s law genannt. Er erkannte auch, dass es nicht nur eine, sondern zwei derartige Verschiebungsphasen gegeben hatte. Diese werden heute als „germanische“ und „hochdeutsche Lautverschiebung“ (oder auch „erste“ bzw. „zweite Lautverschiebung“) bezeichnet.
Weitere Arbeiten in Kassel

Im Jahr 1816 übersetzte Jacob die serbische Grammatik seines Freundes Vuk Stefanović Karadžić und versah sie mit einer Einführung in slawische Sprachen und ihre Literatur. Wilhelm hatte inzwischen mehrere Bücher über Runen veröffentlicht, sein von ihm selbst als Hauptwerk betrachtetes Buch Die deutsche Häldensage (siehe oben) erschien 1829. Gleichfalls bahnbrechend war Jacobs Studie Deutsche Rechtsaltertümer (1828), in der er sich nicht mit Gesetzesvorschriften, sondern mit mittelalterlicher Rechtspraxis und Rechtsanschauung befasste. Sie wurde Anlass zu entsprechenden Untersuchungen in einer Reihe anderer Länder.

Erst als Wilhelm im Mai 1825 Dorothea Wild geheiratet hatte, festigten sich die Lebensumstände der Brüder wieder, die weiterhin, nun zu dritt, zusammenlebten. Wilhelm und „Dortchen“ wurden alsbald Kinder geboren: Herman Grimm (1828–1901), Rudolf Grimm (1830–1889) und Auguste Grimm (1832–1919). Von häufigen Reisen der Grimm-Brüder wird berichtet.

Göttingen

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Titelblatt von Band 1 des Deutschen Wörterbuchs

Auch nach dem Wegzug von Kassel unterhielten die Brüder in Göttingen einen gemeinsamen Haushalt. Jacob war seit 1830 ordentlicher Professor, Wilhelm Bibliothekar und ab 1835 ebenfalls Professor. Jacob veröffentlichte bis 1837 zwei weitere Bände der Deutschen Grammatik. Im Jahr 1834 konnte er auch den 1811 begonnenen Reinhart (Reineke) Fuchs fertigstellen und 1835 ein Werk über Deutsche Mythologie. In diesem Werk untersuchte Jacob vorchristliche Glaubensvorstellungen und Aberglauben und stellte sie klassischer Mythologie und christlichen Legenden gegenüber. Auch dieses Werk hatte enormen Einfluss – dieses Mal auf die Mythenforschung. Die dritte Auflage der Kinder- und Hausmärchen wurde 1837 von Wilhelm beinahe allein besorgt. 1838 begannen Jacob und Wilhelm Grimm ihre gemeinsame Arbeit am Deutschen Wörterbuch.

Wie früher schon widmete Jacob sich auch in dieser Zeit der Namenkunde: Er schrieb über die germanischen Göttinnen Tanfana und Freia, die thrakische Göttin Bendis und ihre Namen, über hessische Ortsnamen, den Namen des Landes Westfalen und untersuchte Gesetzmäßigkeiten bei der Bildung von Eigennamen. Er wies darauf hin, dass in Namen frühe Wortformen bewahrt sein können, die in der Umgangssprache untergegangen sind.

In politischer Hinsicht arbeiteten die Brüder Grimm mit darauf hin, die damaligen deutschen Kleinstaaten zu vereinen, sowohl indirekt durch die Erforschung der deutschen Kulturgeschichte als auch durch politische Aktivitäten, von politischer Publizistik bis zu Jacob Grimms Tätigkeit als Abgeordneter der Frankfurter Nationalversammlung 1848. Jacob und Wilhelm halfen mit, die Menschenrechte in Deutschland zu formulieren. Für eine Streitschrift gegen einen Verfassungsbruch des Königs von Hannover, König Ernst August I., wurden sie, und mit ihnen fünf andere Professoren, entlassen und Jacob des Landes verwiesen (Göttinger Sieben). Ein überregionales Komitee von Bürgern mit Zentrum in Leipzig zahlte den entlassenen Professoren aus Spendengeldern vorerst die Gehälter weiter. Während die Brüder Grimm ohne Anstellung waren, unterbreiteten die Leipziger Verleger Karl Reimer und Salomon Hirzel ihnen den Vorschlag für das Deutsche Wörterbuch, „den Grimm“, der ohne die Göttinger Entlassung so nicht entstanden wäre. Sie selbst arbeiteten das Wörterbuch bis zum Buchstaben D (Wilhelm) bzw. F (Jacob) aus. Sie konzipierten das Wörterbuch als Sammlung sämtlicher Wörter aus der Zeit „von Luther bis Goethe“, die weniger ein Regelwerk als vielmehr eine Entwicklungsgeschichte der Wörter sein sollte. Im Mittelpunkt der einzelnen Wortartikel steht die Bedeutungsgeschichte des jeweiligen Wortes; die historische Verwendungsweise wird anhand von Belegzitaten aus Hunderten von literarischen Werken, aber auch aus Fachsprachen und aus dem Alltagsgebrauch nachvollzogen. Bei der Sammlung der Belege standen den Brüdern Grimm zahlreiche Helfer zur Seite, die zumeist zum Kreis ihrer Freunde und wissenschaftlichen Kollegen gehörten oder ihnen von Freunden und Kollegen vermittelt wurden. Die Sammlung der Belege wurde ebenso wie die Ausarbeitung des Wörterbuchs durch den Verlag bezahlt. Für das Großprojekt des Wörterbuchs mussten die Brüder Grimm eigene Pläne und laufende Arbeiten zurückstellen, was ein Grundproblem ihrer letzten beiden Lebensjahrzehnte werden sollte.

Die Zeit in Berlin

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Grab Brüder Grimm in Berlin-Schöneberg 2016 mit neuem Gedenkstein für Auguste Grimm

Drei Jahre lang lebten die Grimms in Kassel im Exil und ohne Anstellung, obwohl sich verschiedene Anstalten im In- und Ausland um sie bemühten, bevor der neue preußische König Friedrich Wilhelm IV. sie unmittelbar nach seiner Amtsübernahme 1840 nach Berlin holte.

Rund 20 Jahre lang lebten sie in Berlin, nunmehr unbelastet von finanziellen Ungewissheiten. In Akademieabhandlungen, die sie in dieser Zeitspanne verfassten (später gesammelt in den Ausgaben ihrer Kleineren Schriften), ist viel Lesenswertes über ihre Forschungen, ihre Interessen und ihre liberalen politischen Ansichten zu finden. Auch die Geschichte der deutschen Sprache entstand in dieser Zeit – ein erster Versuch, Sprachgeschichte mit Sozialgeschichte zu verknüpfen. Georg Curtius schrieb 1871 über Jacob Grimm, sein ungestümes Schaffen habe dringend des Korrektivs kritischerer Geister bedurft: „Auch traf es sich glücklich, dass Wilhelm Grimm, weniger kühn und umfassend, aber auf beschränkteren Feldern fein und sorgfältig, dem verwegenen Jacob zur Seite stand.“ So ergänzten sich der Wegweiser und der Moderator und eröffneten den Geschichts- und Sprachforschern ungeahnte, weite Arbeitsgebiete.

Wilhelm Grimm verstarb 1859, sein Bruder Jacob 1863. Viele Institutionen in ganz Europa waren stolz, dass sie sie zu ihren (Ehren-)Mitgliedern zählen konnten. Auch im Tod sind sie beisammen: Sie liegen auf dem Alten St.-Matthäus-Kirchhof in Berlin-Schöneberg. Die Grabstätte gehört zu den Ehrengräbern des Landes Berlin. Links neben den beiden Grabdenkmälern sind die Grabstätten von Wilhelm Grimms Söhnen Herman und Rudolf. Die sterblichen Überreste der Tochter Auguste Grimm sind ohne Grabinschrift 1919 in einer Urne im Grab ihres Vaters Wilhelm beigesetzt worden. Der gemeinnützige Förderverein EFEU e.V. hat im Juni 2016 einen Grab- bzw. Gedenkstein durch Spenden realisiert.[1]

Den Nachlass mit Schriftstücken und auch Möbeln der Familie vererbte Auguste Grimm, die nie geheiratet hatte, an ihre Nichte Albertine Plock (1881–1974), geborene Oestereich,[2] der unehelichen Tochter von Rudolf Grimm. Diese spendete alles 1963 der Sammlung im Museum Haldensleben.

Würdigungen und Nachleben


1896 wurde in Hanau das Brüder-Grimm-Nationaldenkmal geschaffen.
1956 wurde im Märchenwald Altenberg die Gebrüder-Grimm-Halle eröffnet.
Die Wohlfahrtsmarken der Deutschen Bundespost von 1959 bis 1967 erinnerten mit den Märchen der Gebrüder Grimm an Jacob und Wilhelm Grimm.
Die Deutsche Post der DDR gab von 1966 bis 1971, von 1976 bis 1978 und 1985 zehn Kleinbogen mit Motiven nach Märchen der Brüder Grimm heraus.
1984 wurde von der Universität Kassel beschlossen, jährlich ab 1985 eine Brüder-Grimm-Gastprofessur einzurichten, die von der Sparkasse Kassel finanziert wird und die Begegnung zwischen Wissenschaft und Gegenwartsliteratur fördern soll.[3]
1986 wurde in der Deutschen Demokratischen Republik eine 20-Mark-Gedenkmünze zum 200. Geburtstag der Gebrüder Grimm geprägt.
Bei der 1991 aufgelegten letzten Serie von DM-Banknoten wurden die Brüder Grimm auf dem Tausend-Mark-Schein abgebildet.
Zur Erinnerung an die Brüder Grimm wurden Brüder-Grimm-Preise errichtet:
Der Brüder-Grimm-Preis der Stadt Hanau
Der Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlin
Der Brüder-Grimm-Preis der Philipps-Universität Marburg
Der Jacob-und Wilhelm-Grimm-Preis des DAAD.
Der Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Preis wurde vom Minister für Hoch- und Fachschulwesen der DDR verliehen.
Seit 2001 verleihen die Eberhard-Schöck-Stiftung und der Verein Deutsche Sprache im Rahmen des Kulturpreises Deutsche Sprache den hochdotierten Jacob-Grimm-Preis Deutsche Sprache.
2005 wurden die in Kassel aufbewahrten Grimmschen Handexemplare der Kinder- und Hausmärchen von 1812/1815 in die Liste des Weltdokumentenerbes der UNESCO aufgenommen.
Das Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum im Ortsteil Mitte des Bezirks Mitte von Berlin vereint die Zentralbibliothek der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin und den Computer- und Medienservice (CMS) der Humboldt-Universität zu Berlin. Das nach den Brüdern Grimm benannte Gebäude wurde am 12. Oktober 2009 eröffnet.
2011 wurde von der Universität Kassel die Stiftungsprofessur Brüder Grimm eingerichtet, auf die der Germanist Holger Ehrhardt berufen wurde, der seine Forschungen und Lehrveranstaltungen ab 2012 aufgenommen hat.[4][5]
2012 erschien eine 10-Euro-Gedenkmünze anlässlich des 200. Jahrestags des ersten Erscheinens der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Seit dem Jahr 2016 erscheinen jährlich 20-Euro-Gedenkmünzen der Serie Grimms Märchen (2016: Rotkäppchen, 2017: Bremer Stadtmusikanten, 2018: Froschkönig).
Im „Grimm-Jahr“ 2013[6] fand als Höhepunkt die Landesausstellung Expedition Grimm[7] in der Documenta-Halle in Kassel statt.
Nordhessen mit seinen Erholungslandschaften um die Stadt Kassel nennt sich GrimmHeimat NordHessen.
Die GRIMM Sammlung der Stadt Kassel sowie die Bibliotheksbestände des 2014 geschlossenen Brüder-Grimm-Museums werden in der Universitätsbibliothek Kassel und der Murhardschen Bibliothek aufbewahrt. Die Forschung zum Thema GRIMM ist an der Universität Kassel, insbesondere bei der Brüder Grimm-Stiftungsprofessur, angesiedelt.
Mit der Sammlung, Dokumentation und wissenschaftlichen Erforschung von Leben, Werk und Wirkung der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm befassen sich auch die Arbeitsstelle Grimm-Briefwechsel an der Humboldt-Universität zu Berlin, die Brüder Grimm-Gesellschaft in Kassel und das Brüder Grimm-Haus in Steinau an der Straße.
4. September 2015: Eröffnung der Grimmwelt Kassel, eines Museums zum Lebenswerk der Brüder Grimm.
Brüder-Grimm-Städte:
Hanau, Main-Kinzig-Kreis, Hessen
Kassel, Hessen
Marburg, Hessen
Steinau an der Straße, Main-Kinzig-Kreis, Hessen

Siehe auch

Brothers Grimm
Brüder-Grimm-Platz

Werke

Gemeinsame Werke

Kinder- und Hausmärchen. 1. Auflage: 2 Bände 1812, 1815
Deutsche Sagen. 2 Bände 1816, 1818, 2. Auflage 1865, 3. Aufl., hrsg. von Herman Grimm, 1891, 4. Auflage 1905; Neudruck Stuttgart 1986.
Irische Elfenmärchen. Leipzig, 1826
Deutsche Mythologie. 1. Auflage 1835
Deutsches Wörterbuch. 1. Band 1854, 33. Band 1960. (Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm Bd. 1–33 dtv Verlag, ISBN 3-423-05945-1)
Kinder- und Hausmärchen, gesammelt durch die Brüder Grimm. Rob Riemann (Hrsg.), mit 446 Illustrationen von Otto Ubbelohde. 3 Bände, Turm-Verlag, Leipzig 1906
Deutsche Sagen. Hrsg. von den Brüdern Grimm. Mit einer Abbildung der Sage, nach W. v. Kaulbach. Nicolai, Berlin 1865, 2. Aufl., Band 1–2. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf

Jacob Grimm

Deutsche Grammatik. 1. Auflage: 4 Bände 1819–1837

Nachlass

Ein großer Teil ihres wissenschaftlichen Nachlasses befindet sich in der Staatsbibliothek zu Berlin. Ein weiterer größerer Teil, darunter Briefe von und an die Brüder, verschiedene Manuskriptenkonvolute und vor allem Handexemplare mit handschriftlichen Zusätzen, wird im Hessischen Staatsarchiv Marburg verwahrt.[8] Außerdem sind mehrere tausend Bände ihrer persönlichen Bibliothek seit 1865 im Besitz der Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin, deren neue Bibliothek als Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum seit 2009 nach den Brüdern Grimm benannt ist. Ebenfalls werden seit 1978 in einer Dauerausstellung im Museum Haldensleben Kunstgegenstände, Möbel etc. aus dem Nachlass der Brüder Grimm der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

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