Karl May, Gauner , Hochstapler und gefeierte Roman Autor
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Karl May, Gauner , Hochstapler und gefeierte Roman Autor
Nun wer wird nicht die Geschichten von Winnetou , dem wilden Westen aus Fernseh und Büchern kennen. Bad Segeberg nur mal kurz angerissen, dessen Festspiele heute noch sehr großen Anklang finden. Auch der Füher war dem sehr zugeneigt und empfahl die Bücher zu lesen, nicvht zu letzt da diese Bücher ihren anfang im Knast nahmen.
Dazu folgendes:
Karl Friedrich May (* 25. Februar 1842 in Ernstthal; † 30. März 1912 in Radebeul; eigentlich Carl Friedrich May)[1] war ein deutscher Schriftsteller. Karl May war einer der produktivsten Autoren von Abenteuerromanen. Er ist einer der meistgelesenen Schriftsteller deutscher Sprache und laut UNESCO einer der am häufigsten übersetzten deutschen Schriftsteller. Die weltweite Auflage seiner Werke wird auf 200 Millionen geschätzt, davon 100 Millionen in Deutschland.[2]
Bekannt wurde er vor allem durch seine sogenannten Reiseerzählungen, die vorwiegend im Orient, in den Vereinigten Staaten und im Mexiko des 19. Jahrhunderts angesiedelt sind. Besondere Berühmtheit erlangten die in drei Bänden zusammengefassten Geschichten um den Indianer Winnetou. Viele seiner Werke wurden verfilmt, für die Bühne adaptiert, zu Hörspielen verarbeitet oder als Comics umgesetzt.
Leben
Jugend
Karl Mays Geburtshaus in Hohenstein-Ernstthal
Karl May entstammte einer sehr armen Weberfamilie. Er war das fünfte von vierzehn Kindern, von denen neun bereits in ihren ersten Lebensmonaten starben. Nach Mays eigenen Angaben erblindete er als Kleinkind und konnte erst in seinem fünften Lebensjahr durch Carl Friedrich Haase geheilt werden.[3] Diese frühkindliche Blindheit, für die es außer Mays eigenen Hinweisen keinerlei Belege gibt, wurde von der späteren Karl-May-Forschung mit verschiedenen Ursachen erklärt (u. a. mit Vitamin-A-Mangel), teilweise aber auch angezweifelt.[4]
Erstes bekanntes Foto Mays: Redakteur um 1875
Von 1848 bis 1856 besuchte May die Volksschule in Ernstthal. Der ehrgeizige Vater Heinrich August May wollte seinem einzigen überlebenden Sohn Karl bessere Chancen verschaffen, als er selbst gehabt hatte; er zwang den Jungen, ganze Bücher abzuschreiben und trieb ihn zum Selbststudium wissenschaftlicher Werke. May wurde aber auch vom Ernstthaler Kantor Strauch besonders gefördert und erhielt privaten Musik- und Kompositionsunterricht. Sein erstes Geld verdiente er nach eigener Darstellung im Alter von zwölf Jahren als Kegeljunge. Die mitunter recht derben Gespräche der Kegler seien durch den wie ein Hörrohr wirkenden „Kegelschub“ auch am Ende der Bahn verständlich gewesen. Bei dieser Gelegenheit habe er auch die ersten Heimkehrer aus der Neuen Welt getroffen, die ihm von den Vereinigten Staaten erzählten.[5]
Kriminalität
Ab 1856 studierte May als Proseminarist am Lehrerseminar in Waldenburg. Dort wurde er im Januar 1860 wegen Unterschlagung von sechs Kerzen ausgeschlossen. Auf dem Gnadenweg wurde ihm ein Weiterstudium am Lehrerseminar Plauen ermöglicht. Nach seiner mit der Gesamtnote gut bestandenen Abschlussprüfung im September 1861 war er zunächst kurz als Hilfslehrer an der Armenschule in Glauchau und dann ab Anfang November 1861 als Lehrer an der Fabrikschule der Firmen Solbrig und Clauß in Altchemnitz tätig. Seine Lehrerlaufbahn endete aber bereits nach wenigen Wochen, als die Anzeige eines Zimmergenossen wegen „widerrechtlicher Benutzung fremder Sachen“ – May hatte dessen Reserve-Taschenuhr zwar mit Erlaubnis im Unterricht benutzt, aber ohne Absprache mit in die Weihnachtsferien genommen – zu einer sechswöchigen Haftstrafe führte und May anschließend als Vorbestrafter aus der Liste der Lehramtskandidaten gestrichen wurde.
In den beiden folgenden Jahren bemühte sich May, seinen Lebensunterhalt auf legale Weise zu verdienen: Er gab in seinem Heimatort Privatunterricht, komponierte und deklamierte. Existenzsichernd waren diese Beschäftigungen allerdings nicht, sodass er 1864 mit verschiedenen Gaunereien begann. In der Folge wurde er wegen Diebstahls, Betrugs und Hochstapelei steckbrieflich gesucht. Er hatte sich unter anderem auf dem Leipziger Brühl unter falschem Namen einen Pelzmantel erschlichen und diesen in einem Leihamt für zehn Taler versetzen lassen. Dabei wurde er verhaftet und 1865 zu vier Jahren Arbeitshaus verurteilt, von denen er dreieinhalb Jahre im Arbeitshaus Schloss Osterstein in Zwickau verbüßte. Aufgrund guter Führung wurde er „besonderer Schreiber“[6] des Gefängnisinspektors Alexander Krell, dem er für Fachaufsätze zuarbeitete. Für seine eigene geplante Schriftstellerkarriere legte er in dieser Zeit eine Liste mit über hundert Titeln und Sujets an (Repertorium C. May), von denen er einige nachweislich umsetzte.
Nach seiner Freilassung scheiterten allerdings erneut alle Versuche Mays, eine bürgerliche Existenz aufzubauen, und er nahm die Betrügereien und Diebstähle wieder auf. Oftmals stand die Beute in keinem Verhältnis zum Aufwand.[7] Nach einer ersten Festnahme im Juli 1869 gelang ihm die Flucht während eines Gefangenentransports. Im Januar 1870 wurde er schließlich im böhmischen Niederalgersdorf wegen Landstreicherei festgenommen. Auf dem Polizeirevier nannte er sich Albin Wadenbach, behauptete, er komme von der Insel Martinique, sei der Sohn eines reichen Plantagenbesitzers und habe seine Personalpapiere auf seiner Reise nach Europa verloren. Erst nach einer mehrwöchigen Identitätsfeststellung wurde er als der gesuchte Kleinkriminelle Karl May erkannt und nach Sachsen überstellt.
Von 1870 bis 1874 saß er im Zuchthaus Waldheim ein. Für seine innere Wandlung, von der May über diese Zeit berichtet, machte er besonders den Anstaltskatecheten Johannes Kochta verantwortlich.[8] Eine schriftstellerische Betätigung – wie von May später behauptet[9] – war in Waldheim nicht möglich.[10]
Schriftstellerei
Nachdem May 1874 aus dem Zuchthaus entlassen worden war, kehrte er zu seinen Eltern nach Ernstthal zurück und begann zu schreiben. 1874 oder 1875 wurde zum ersten Mal eine Erzählung von May (Die Rose von Ernstthal) veröffentlicht.[11] Dabei kam ihm der Umstand zugute, dass sich in Deutschland die Zeitungslandschaft seit der Reichsgründung im Umbruch befand. Die Industrialisierung, die wachsende Alphabetisierung und die Gewerbefreiheit sorgten für zahlreiche Neugründungen im Verlagswesen, besonders im Bereich der Unterhaltungsblätter. Bereits in der Zeit zwischen seinen beiden längeren Haftstrafen hatte May nach eigenen Angaben Kontakt zu dem Dresdner Verleger Heinrich Gotthold Münchmeyer aufgenommen. Nun stellte dieser ihn als Redakteur in seinem Verlag ein, wo er unter anderem die Zeitschriften Der Beobachter an der Elbe und Schacht und Hütte herausgab. Damit war Mays Lebensunterhalt erstmals gesichert.
Er betreute verschiedene Unterhaltungsblätter und verfasste oder bearbeitete mit und ohne Namensnennung zahlreiche Beiträge. 1876 kündigte May, da man versuchte, ihn durch Heirat mit Münchmeyers Schwägerin dauerhaft an die Firma zu binden, und der Verlag einen schlechten Ruf hatte.[12] Nach einer weiteren Anstellung als Redakteur beim Dresdner Verlag von Bruno Radelli wurde May ab 1878 freier Schriftsteller und zog mit seiner Freundin Emma Pollmer nach Dresden. Allerdings erbrachten seine Veröffentlichungen noch kein regelmäßiges Einkommen; aus dieser Zeit sind auch Mietrückstände und andere Schulden Mays belegt.[13]
Fünf Jahre nach seiner Entlassung aus dem Zuchthaus wurde May 1879 in Stollberg wegen angeblicher Amtsanmaßung zu drei Wochen Arrest verurteilt: Ein Jahr vor seiner Heirat mit Emma Pollmer hatte er die Todesumstände ihres trunksüchtigen Onkels untersuchen wollen und sich deswegen als Beamter ausgegeben. Erst später konnte man nachweisen, dass die Verurteilung ein Fehlurteil gewesen war, weil er keine Amtshandlung vorgenommen hatte.[14]
Im fünften Jahrgang erschien Mays erste Erzählung für den Deutschen Hausschatz
1879 erhielt er vom Deutschen Hausschatz, einer katholischen Wochenzeitung aus Regensburg, das Angebot, seine Erzählungen zuerst dort anzubieten: 1880 begann May mit dem Orientzyklus, den er, mit Unterbrechungen, bis 1888 fortsetzte. Parallel schrieb er noch für andere Zeitschriften und verwendete dabei verschiedene Pseudonyme und Titel, um sich seine Texte mehrfach honorieren zu lassen. So wurden bis zu seinem Tode über hundert Erzählungen in Fortsetzungen in diversen Zeitschriften veröffentlicht, darunter neben dem für Mays Karriere bedeutenden Deutschen Hausschatz (F. Pustet, Regensburg) auch die Knabenzeitschrift Der Gute Kamerad (W. Spemann, Stuttgart bzw. Union Deutsche Verlagsgesellschaft), in dem Mays Jugenderzählungen erschienen. 1882 kam es zu einem erneuten Kontakt mit H. G. Münchmeyer, und May begann die Arbeit am ersten der fünf großen Kolportageromane für seinen früheren Arbeitgeber. Das Waldröschen wurde bis 1907 hunderttausendfach nachgedruckt. Dass May mit seinem alten Freund Münchmeyer nur einen mündlichen Vertrag schloss, sorgte später für anhaltende Rechtsstreitigkeiten.
Im Oktober 1888 zog May nach Kötzschenbroda, 1891 nach Oberlößnitz in die Villa Agnes. Der entscheidende Durchbruch kam für May mit dem Kontakt zu Friedrich Ernst Fehsenfeld. Der Jungverleger kontaktierte May 1891 und bot ihm an, die Hausschatz-Erzählungen in Buchform herauszubringen. Mit dem Erfolg der 1892 begonnenen Reihe Carl May’s Gesammelte Reiseromane (ab 1896 Karl May’s Gesammelte Reiseerzählungen) gewann May erstmals finanzielle Sicherheit und Ruhm.
Allerdings wusste er bald nicht mehr zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden und verstieg sich mehr und mehr in die „Old-Shatterhand-Legende“. Er behauptete nicht nur, selbst Old Shatterhand zu sein und die Inhalte der Erzählungen tatsächlich erlebt zu haben, sondern ließ von einem Kötzschenbrodaer Büchsenmacher sogar die legendären Gewehre anfertigen, die heute im Karl-May-Museum Radebeul zu sehen sind: zunächst den „Bärentöter“ und die „Silberbüchse“, später auch den „Henrystutzen“. Seine Verleger und Redakteure unterstützten die Legende, indem sie u. a. Leserbriefe entsprechend beantworteten. Mays Leser, die der Gleichsetzung von Autor und Protagonist bereitwillig folgten, richteten in der Folge unzählige Briefe direkt an ihn, die er auch großteils persönlich beantwortete. Mehrere Leserreisen und Vorträge folgten. Ab 1896 ließ er sich im „Allgemeinen deutschen Litteratur-Kalender“ von Joseph Kürschner als Übersetzer aus dem Arabischen, Türkischen, Persischen, Kurdischen und verschiedenen Indianerdialekten, später auch aus dem Chinesischen anführen.[15] Im Juli 1897 lieferte er seinen späteren Gegnern weitere Angriffspunkte, indem er vor zahlreichen Zuhörern erklärte, er beherrsche 1200 Sprachen und Dialekte und sei als Nachfolger Winnetous der Befehlshaber über 35.000 Apachen.[16] Personen, die seine Behauptungen hätten widerlegen können, ging May aus dem Weg.
Seit etwa 1875 führte Karl May einen Doktorgrad, ohne je promoviert oder auch nur eine Universität besucht zu haben.[17] Dieser Grad wurde auch in Autorenverzeichnisse und ab 1888 sogar im Kötzschenbrodaer Melderegister aufgenommen.[18] 1898 fehlte plötzlich der Doktorgrad im „Adreßbuch für Dresden und seine Vororte“; May bat um Korrektur und wurde mit der Frage nach einem Nachweis konfrontiert.[19] Er erklärte, die Universität Rouen habe ihm den Grad verliehen. Außerdem habe er eine wenigstens gleichwertige chinesische Würde.[20] Dennoch wurde ihm das Führen des Grads untersagt. May ließ die Sache mit dem Adressbuch auf sich beruhen, führte privat aber den Titel weiter. Im Herbst 1902 kümmerte sich vermutlich seine spätere Ehefrau Klara Plöhn wieder um die Angelegenheit, und May erhielt eine aufwendig gestaltete Urkunde – datiert vom 9. Dezember 1902 – über eine Ehrendoktorwürde der Deutsch-Amerikanischen Universität in Chicago für das Werk Im Reiche des silbernen Löwen. Am 14. März 1903 beantragte May, da er wieder heiraten wollte, die (beschleunigte) Prüfung und lobte die ausstellende Hochschule, sie ziehe „aus Deutschland Lehrkräfte allerersten Ranges“ an.[21] Schon vier Tage später wurde nach Prüfung die Führung eines Doktorgrads aufgrund dieser Urkunde abgelehnt, denn es handelte sich – wie May wenig später selbst recherchierte – bei der angeblichen Universität nur um eine Titelmühle. Damit war der Titel wertlos. May verteidigte 1904 seinen Doktorgrad in den Offenen Briefen an den „Dresdner Anzeiger“ zwar noch, gab das Führen aber dann auf.
Ende der 1890er Jahre unternahm er Vortragsreisen durch Deutschland und Österreich, ließ Autogrammkarten drucken und sich mit verkleideten Besuchern fotografieren. Im Dezember 1895 erfolgte der Umzug in die von den Gebrüdern Ziller erworbene Villa Shatterhand in Alt-Radebeul, die heute das Karl-May-Museum beherbergt.
Plagiate
1910 publizierte der Benediktiner-Pater und Literaturwissenschaftler Ansgar Pöllmann im zweiten Februarheft der Halbmonatsschrift für schöne Literatur Über den Wassern einen seiner gegen May gerichteten Artikel mit dem Titel Ein literarischer Dieb, bei dem er einige (geografische) Quellen Mays identifizierte. Gegen ihn und den Herausgeber Expeditus Schmidt ging May deswegen gerichtlich vor.[22]
Die Hinweise wurden aufgegriffen und May mit dem Vorwurf der Aneignung fremden geistigen Eigentums konfrontiert. Ihm wurde nachgewiesen, dass seine Erzählung Die Rache des Ehri, die erstmals 1878 unter dem Pseudonym Emma Pollmer, dem Namen seiner ersten Ehefrau, in der Zeitschrift Frohe Stunden erschien, weitgehend mit der 1868 veröffentlichten Erzählung Das Mädchen von Eimeo von Friedrich Gerstäcker (1816–1872) identisch ist.
Am 9. Mai 1910 sprach auch Egon Erwin Kisch May in einem Interview direkt auf den Plagiatsvorwurf in Hinsicht auf Gerstäcker an und erhielt die Antwort:
„Das bezieht sich auf die Geschichte Ehry, die vor vielen Jahren in einer Novellensammlung von mir veröffentlicht worden ist. Es handelt sich um eine Erzählung, zu der mir eine alte Geographie von Indien, in der sie erwähnt ist, Anlass gab, F. Gerstäcker, der selbst nie in Indien war, scheint nun die gleiche Geographie gelesen und in einer Novelle benützt zu haben. Daher die Übereinstimmung.“[23]
Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Übereinstimmungen mit dem Werk Gerstäckers,[24] wie auch mit Werken von Gustave Aimard, Gabriel Ferry, Charles Sealsfield und anderen.[25]
Allerdings arbeitete Karl May vorwiegend wissenschaftliche Quellen in sein Werk ein, z. B. ganze Absätze aus Lexika und Reiseberichten. Übernahmen aus literarischen Werken sind selten.
Reisen
In den Jahren 1899 und 1900 bereiste Karl May erstmals tatsächlich den Orient. Im ersten Teil der Reise war er fast ein dreiviertel Jahr allein unterwegs (nur begleitet von seinem Diener Sejd Hassan) und gelangte bis nach Sumatra. Im Dezember 1899 traf er mit seiner Frau und dem befreundeten Ehepaar Plöhn zusammen. Sie setzten die Reise zu viert fort und kehrten im Juli 1900 nach Radebeul zurück. Während dieser anderthalb Jahre führte Karl May ein Reisetagebuch, das nur in Bruchstücken und Teilabschriften erhalten ist. Mays zweite Frau Klara überlieferte, dass er unterwegs zweimal einen Nervenzusammenbruch erlitten habe („befürchteten, ihn einer Irrenanstalt zuführen zu müssen“).[26] Der Zustand soll beide Male etwa eine Woche angehalten haben und war – so vermuten Hans Wollschläger und Ekkehard Bartsch – „dem Einbrechen einer grellen Realität in seine [Mays] Traumwelt“[27] zuzuschreiben. May überwand die Krisen ohne die Hilfe eines Arztes.
Parallel zu seiner Orientreise begannen ab 1899 heftige Angriffe auf May in der Presse, insbesondere betrieben von Hermann Cardauns und Rudolf Lebius. Sie kritisierten aus unterschiedlichen Beweggründen Mays Selbstreklame und die damit verbundene Old-Shatterhand-Legende. Gleichzeitig wurden ihm religiöse Heuchelei (er schrieb als Protestant Marienkalendergeschichten) und Unsittlichkeit, später auch seine Vorstrafen vorgehalten. Diese Vorwürfe und diverse Gerichtsverfahren wegen unerlaubter Buchveröffentlichungen begleiteten ihn bis zu seinem Tod.
Seine erste Ehe wurde 1903 auf Mays Wunsch geschieden. Emma May, die mit H. G. Münchmeyers Witwe Pauline befreundet war, hatte nach Mays Angaben Unterlagen verbrannt, die Mays mündlich mit Münchmeyer geschlossenen Verlagsvertrag hätten belegen können, sodass dieser Rechtsstreit nicht zu seinen Lebzeiten zugunsten Mays entschieden werden konnte. Noch im Jahr seiner Scheidung, am 30. März 1903, heiratete May Klara Plöhn, die inzwischen verwitwet war.
May-Grabmal mit Marmorrelief von Selmar Werner
1908 unternahm Karl May mit seiner Frau eine sechswöchige Amerikareise. Sie besuchten unter anderem Albany, Buffalo und die Niagarafälle und Freunde in Lawrence. Auch auf dieser Reise wurde May mit der Wirklichkeit konfrontiert, bei seinem Aufenthalt in der Stadt New York wollte er keinesfalls fotografiert werden. Diese Reise diente May als Inspiration für sein Buch Winnetou IV.
Letzte Jahre
Nach seiner Orientreise hatte May begonnen, literarischer zu schreiben. Sein bisheriges Werk nannte er nachträglich eine bloße „Vorbereitung“. Jetzt begann er, komplexe allegorische Texte zu verfassen. Er war der Überzeugung, die „Menschheitsfragen“ (Wer sind wir? Woher kommen wir? Wohin gehen wir?) diskutieren oder gar lösen zu müssen, wandte sich bewusst dem Pazifismus zu und widmete dem Bestreben, den Menschen vom „Bösen“ zum „Guten“ zu erheben, mehrere Bücher.
Die Künstlerfreundschaft zu Sascha Schneider führte zu neuen symbolistischen Deckelbildern für die Fehsenfeld-Ausgabe. Jubelnde Anerkennung erlebte May am 22. März 1912, als er auf Einladung des Akademischen Verbandes für Literatur und Musik in Wien den pazifistischen Vortrag Empor ins Reich der Edelmenschen hielt. Dabei kam es auch zum Zusammentreffen mit der befreundeten Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner, die nach Mays Tod am 5. April in der Zeit den Nachruf Einige Worte über Karl May veröffentlichte.[28]
Am 30. März 1912, nur eine Woche nach seiner Wiener Rede, starb Karl May. Todesursache war laut Bestattungsbuch „Herzparalyse, acute Bronchitis, Asthma“. Jüngere Untersuchungen des Skeletts deuten auf eine chronische Bleivergiftung hin;[29] zuvor wurde auch ein (unerkannter) Lungenkrebs nicht ausgeschlossen. May wurde auf dem Friedhof Radebeul-Ost im sogenannten May-Grabmal beigesetzt.
Mutmaßungen zur sexuellen Orientierung
Der Schriftsteller Arno Schmidt vertrat in seinem Werk Sitara und der Weg dorthin 1963 die These, Karl May sei latent homosexuell gewesen. Schmidt griff damit eine zuerst von Paul Elbogen formulierte Vermutung auf. Er verwies auf die penetrante Waffensymbolik, die Vorliebe für sadistische Szenen, auf die erotisch-liebevolle Darstellung der indianischen Edelmenschen, auf die Schilderung der nächtlichen oder gemeinsamen Ritte sowie auf die wiederholt auftretenden Transvestiten (Tante Droll, Hobble Frank oder Langer Davy) in Karl Mays Romanen.[30] Außerdem hob Schmidt die erotischen und phallischen Motive auf den Bildern Sascha Schneiders hervor, die umso erstaunlicher seien, da Schneider seinen Freund May über seine homosexuelle Orientierung nicht im Unklaren gelassen habe.[31] Während Schmidts Thesen von der bürgerlichen Karl-May-Forschung in den 1960er und 1970er Jahren relativiert oder ignoriert wurden, hatten sie doch großen Einfluss auf die filmischen Interpretationen Mays, vor allem auf die Hans-Jürgen Syberbergs, und auf die Integration der May-Werke in den akademischen Literaturkanon.[31][32] Gleichwohl gilt heute die eher im Untergrund fortwirkende Hauptthese Schmidts über Mays latente Homosexualität in der ernsthaften May-Forschung als widerlegt.[33]
Künstlerisches Schaffen
Karl May war, insbesondere mit seinen Kolportageromanen, einer der erfolgreichsten Trivialliteratur-Autoren des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Seine Abenteuerromane und Jugenderzählungen wurden in mehr als 33 Sprachen übersetzt und erreichten eine Gesamtauflage von über 200 Millionen. Sie schildern Reisen zu exotischen Schauplätzen, wie in den Wilden Westen und den Vorderen Orient. Dabei wendet er sich von einem christlichen Standpunkt dem Schicksal der unterdrückten Völker zu.
Karl May als Old Shatterhand, 1896
In den Texten lässt sich eine Entwicklung seiner Erzählerfigur feststellen: vom namenlosen Ich, das nur Zuschauer und Berichterstatter ist (Der Gitano, 1875), über ein Zunehmen heroischer Fähigkeiten bis hin zu den völlig ausgestalteten Ich-Erzähler-Helden Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi. Einige seiner Erzählerhelden bleiben ohne Kriegsnamen und werden nur von Freunden und Gefährten (englischer Muttersprache) „Charley“ genannt. Nachdem Ausrüstung und Können (z. B. der Jagdhieb) für alle Ich-Erzähler-Helden schon lange dieselben geworden waren, ging May in Satan und Ischariot (Zeitschriftversion 1893–1896) dazu über, die Ich-Erzähler im Wilden Westen, im Vorderen Orient und in Deutschland mit den jeweils in diesen Regionen gebräuchlichen (Kriegs-)Namen auftreten zu lassen. So identifizierte er die drei Figuren Old Shatterhand, Kara Ben Nemsi und Charley mit einem gewissen Dr. Karl May in Dresden.
Von hier war es nur ein kleiner Schritt zur Entstehung der sogenannten Old-Shatterhand-Legende (vgl. oben unter Schriftstellerei). Selten hat ein Autor die von der Literaturtheorie postulierte Grenze zwischen Ich-Erzähler und realem Autoren-Ich ausdrücklicher zu verwischen versucht. Karl May wurde in diesem Zusammenhang Hochstapelei und Pseudologie (zwanghaftes Lügen) vorgeworfen. Der Biograf Helmut Schmiedt spricht in diesem Zusammenhang von einer der „aberwitzigsten Episoden in der Geschichte der deutschen Literatur: Es stellt sich die Frage, warum ihr Urheber sie erfunden und mit solch existenziellem Elan ausgelebt hat.“ Später räumte May ein, sowohl die Old-Shatterhand-Legende als auch alle seine Werke seien lediglich symbolisch aufzufassen.
Obwohl sich May sehr bewusst von den ethnologischen Vorurteilen seiner Zeit absetzen wollte und gegen die öffentliche Meinung anschrieb (Winnetou, Durchs wilde Kurdistan, Und Friede auf Erden!), treten in seinen Werken doch heute als rassistisch angesehene Formulierungen auf, die den Paradigmen seiner Zeit unterlagen. Beispielsweise gibt es einige pauschal abwertende Aussagen über Iren, Juden, Armenier, Chinesen, Schwarze, Mestizen und Beduinen. Andererseits werden Chinesen oder Mestizen in seinen Romanen teilweise als positive Figuren dargestellt, die als Ausnahmecharaktere den gängigen Klischees widersprechen. Vom Nationalismus und auch Rassismus, die das wilhelminische Deutschland seiner Zeit prägten, blieb jedoch auch May nicht unbeeinflusst.
Die Bearbeitung seines Nachlasses ab 1930 durch Mitarbeiter des Karl-May-Verlages (KMV) trug zu diesem Urteil bei. Besonders Otto Eicke, ehemaliger Lektor des Münchmeyer-Verlages und seit 1918 beim KMV tätig, war durch seine parteipolitischen Aktivitäten im Nationalsozialismus beeinflusst. Speziell in den Bänden 33 Winnetous Erben und 65 Der Fremde aus Indien ist in den Ausgaben jener Zeit seine Handschrift zu erkennen.[34] Im letzten Kapitel des Bandes 65 Der Fremde aus Indien heißt es etwa: „Das alles erfüllte den Fürsten mit tiefem Abscheu gegen den Hebräer und seine Sippe. […] Lena […] bewies durch eine Tat verbrecherisch blinden Hasses, daß sie von Salomon Rosenbaum und seiner Frau mit dem Blut auch alle bösen Eigenschaften dieses Blutes geerbt hatte.“[35]
Mays bekannteste Figur Winnetou, Häuptling der Mescalero-Apachen, verkörpert den tapferen und edlen Indianer, der mit seiner „Silberbüchse“ und seinem Pferd Iltschi für Gerechtigkeit und Frieden kämpft. Dabei wird er meist von seinem weißen Freund und Blutsbruder Old Shatterhand begleitet, aus dessen Erzählperspektive die Geschichten um Winnetou oft verfasst sind.
Das erfolgreichste und bekannteste Buch Karl Mays (1890/91) trägt den Titel Der Schatz im Silbersee. Es wurde bereits zweimal verfilmt: erstmals 1962 als Realfilm unter dem Originaltitel mit Lex Barker als Old Shatterhand und Pierre Brice als Winnetou und 1990 als DEFA-Puppentrickfilm unter dem Titel Die Spur führt zum Silbersee. In dem erstmals 1890–1891 als Fortsetzungsgeschichte in der Zeitschrift Der Gute Kamerad veröffentlichten Jugendroman, dessen Buchausgabe 1894 erschien, schildert Karl May die Reise einer Gruppe von Trappern zu dem in den Rocky Mountains gelegenen Silbersee sowie die Verfolgung einer Schurkengruppe unter ihrem Anführer Cornel Brinkley, wegen seiner Haarfarbe auch „der rote Cornel“ genannt. Der Roman hat mehrere simultane Handlungsstränge, die sich schließlich am titelgebenden Silbersee verknüpfen und wieder auflösen.
Deckelbild zu Und Friede auf Erden! von Sascha Schneider (1904)
In seinem Spätwerk, dessen Wichtigkeit May selbst immer wieder betonte, löste May sich von der Abenteuerschriftstellerei und schrieb symbolische Romane mit weltanschaulich-religiösem Inhalt und pazifistischer Tendenz.[36] Von späteren Lesern wurden einige dominierende Stilmerkmale dieser Romane als dem Surrealismus nahestehend empfunden. Die späten Werke Ardistan und Dschinnistan (1909), Und Friede auf Erden (1904) sowie Winnetou IV (1910) gelten als seine literarisch bedeutendsten Werke, wenngleich es auch nicht an kritischen Stimmen fehlt, die in jenen Texten eine Verirrung sehen. Großen Einfluss im Zusammenhang mit dieser letzten literarischen Entwicklungsstufe hatte die Freundschaft mit dem Jugendstilmaler und Bildhauer Sascha Schneider. In ihm sah May einen „deutschen Michel Angelo“ und den geeigneten Illustrator seiner Bücher.[37] Schneider schuf neben einer Serie von Buchdeckelillustrationen auch ein großes Wandgemälde (Der Chodem) für den Empfangssalon des Schriftstellers in dessen Villa in Radebeul.
Weiteres zu seines schaffens im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_May
Dazu folgendes:
Karl Friedrich May (* 25. Februar 1842 in Ernstthal; † 30. März 1912 in Radebeul; eigentlich Carl Friedrich May)[1] war ein deutscher Schriftsteller. Karl May war einer der produktivsten Autoren von Abenteuerromanen. Er ist einer der meistgelesenen Schriftsteller deutscher Sprache und laut UNESCO einer der am häufigsten übersetzten deutschen Schriftsteller. Die weltweite Auflage seiner Werke wird auf 200 Millionen geschätzt, davon 100 Millionen in Deutschland.[2]
Bekannt wurde er vor allem durch seine sogenannten Reiseerzählungen, die vorwiegend im Orient, in den Vereinigten Staaten und im Mexiko des 19. Jahrhunderts angesiedelt sind. Besondere Berühmtheit erlangten die in drei Bänden zusammengefassten Geschichten um den Indianer Winnetou. Viele seiner Werke wurden verfilmt, für die Bühne adaptiert, zu Hörspielen verarbeitet oder als Comics umgesetzt.
Leben
Jugend
Karl Mays Geburtshaus in Hohenstein-Ernstthal
Karl May entstammte einer sehr armen Weberfamilie. Er war das fünfte von vierzehn Kindern, von denen neun bereits in ihren ersten Lebensmonaten starben. Nach Mays eigenen Angaben erblindete er als Kleinkind und konnte erst in seinem fünften Lebensjahr durch Carl Friedrich Haase geheilt werden.[3] Diese frühkindliche Blindheit, für die es außer Mays eigenen Hinweisen keinerlei Belege gibt, wurde von der späteren Karl-May-Forschung mit verschiedenen Ursachen erklärt (u. a. mit Vitamin-A-Mangel), teilweise aber auch angezweifelt.[4]
Erstes bekanntes Foto Mays: Redakteur um 1875
Von 1848 bis 1856 besuchte May die Volksschule in Ernstthal. Der ehrgeizige Vater Heinrich August May wollte seinem einzigen überlebenden Sohn Karl bessere Chancen verschaffen, als er selbst gehabt hatte; er zwang den Jungen, ganze Bücher abzuschreiben und trieb ihn zum Selbststudium wissenschaftlicher Werke. May wurde aber auch vom Ernstthaler Kantor Strauch besonders gefördert und erhielt privaten Musik- und Kompositionsunterricht. Sein erstes Geld verdiente er nach eigener Darstellung im Alter von zwölf Jahren als Kegeljunge. Die mitunter recht derben Gespräche der Kegler seien durch den wie ein Hörrohr wirkenden „Kegelschub“ auch am Ende der Bahn verständlich gewesen. Bei dieser Gelegenheit habe er auch die ersten Heimkehrer aus der Neuen Welt getroffen, die ihm von den Vereinigten Staaten erzählten.[5]
Kriminalität
Ab 1856 studierte May als Proseminarist am Lehrerseminar in Waldenburg. Dort wurde er im Januar 1860 wegen Unterschlagung von sechs Kerzen ausgeschlossen. Auf dem Gnadenweg wurde ihm ein Weiterstudium am Lehrerseminar Plauen ermöglicht. Nach seiner mit der Gesamtnote gut bestandenen Abschlussprüfung im September 1861 war er zunächst kurz als Hilfslehrer an der Armenschule in Glauchau und dann ab Anfang November 1861 als Lehrer an der Fabrikschule der Firmen Solbrig und Clauß in Altchemnitz tätig. Seine Lehrerlaufbahn endete aber bereits nach wenigen Wochen, als die Anzeige eines Zimmergenossen wegen „widerrechtlicher Benutzung fremder Sachen“ – May hatte dessen Reserve-Taschenuhr zwar mit Erlaubnis im Unterricht benutzt, aber ohne Absprache mit in die Weihnachtsferien genommen – zu einer sechswöchigen Haftstrafe führte und May anschließend als Vorbestrafter aus der Liste der Lehramtskandidaten gestrichen wurde.
In den beiden folgenden Jahren bemühte sich May, seinen Lebensunterhalt auf legale Weise zu verdienen: Er gab in seinem Heimatort Privatunterricht, komponierte und deklamierte. Existenzsichernd waren diese Beschäftigungen allerdings nicht, sodass er 1864 mit verschiedenen Gaunereien begann. In der Folge wurde er wegen Diebstahls, Betrugs und Hochstapelei steckbrieflich gesucht. Er hatte sich unter anderem auf dem Leipziger Brühl unter falschem Namen einen Pelzmantel erschlichen und diesen in einem Leihamt für zehn Taler versetzen lassen. Dabei wurde er verhaftet und 1865 zu vier Jahren Arbeitshaus verurteilt, von denen er dreieinhalb Jahre im Arbeitshaus Schloss Osterstein in Zwickau verbüßte. Aufgrund guter Führung wurde er „besonderer Schreiber“[6] des Gefängnisinspektors Alexander Krell, dem er für Fachaufsätze zuarbeitete. Für seine eigene geplante Schriftstellerkarriere legte er in dieser Zeit eine Liste mit über hundert Titeln und Sujets an (Repertorium C. May), von denen er einige nachweislich umsetzte.
Nach seiner Freilassung scheiterten allerdings erneut alle Versuche Mays, eine bürgerliche Existenz aufzubauen, und er nahm die Betrügereien und Diebstähle wieder auf. Oftmals stand die Beute in keinem Verhältnis zum Aufwand.[7] Nach einer ersten Festnahme im Juli 1869 gelang ihm die Flucht während eines Gefangenentransports. Im Januar 1870 wurde er schließlich im böhmischen Niederalgersdorf wegen Landstreicherei festgenommen. Auf dem Polizeirevier nannte er sich Albin Wadenbach, behauptete, er komme von der Insel Martinique, sei der Sohn eines reichen Plantagenbesitzers und habe seine Personalpapiere auf seiner Reise nach Europa verloren. Erst nach einer mehrwöchigen Identitätsfeststellung wurde er als der gesuchte Kleinkriminelle Karl May erkannt und nach Sachsen überstellt.
Von 1870 bis 1874 saß er im Zuchthaus Waldheim ein. Für seine innere Wandlung, von der May über diese Zeit berichtet, machte er besonders den Anstaltskatecheten Johannes Kochta verantwortlich.[8] Eine schriftstellerische Betätigung – wie von May später behauptet[9] – war in Waldheim nicht möglich.[10]
Schriftstellerei
Nachdem May 1874 aus dem Zuchthaus entlassen worden war, kehrte er zu seinen Eltern nach Ernstthal zurück und begann zu schreiben. 1874 oder 1875 wurde zum ersten Mal eine Erzählung von May (Die Rose von Ernstthal) veröffentlicht.[11] Dabei kam ihm der Umstand zugute, dass sich in Deutschland die Zeitungslandschaft seit der Reichsgründung im Umbruch befand. Die Industrialisierung, die wachsende Alphabetisierung und die Gewerbefreiheit sorgten für zahlreiche Neugründungen im Verlagswesen, besonders im Bereich der Unterhaltungsblätter. Bereits in der Zeit zwischen seinen beiden längeren Haftstrafen hatte May nach eigenen Angaben Kontakt zu dem Dresdner Verleger Heinrich Gotthold Münchmeyer aufgenommen. Nun stellte dieser ihn als Redakteur in seinem Verlag ein, wo er unter anderem die Zeitschriften Der Beobachter an der Elbe und Schacht und Hütte herausgab. Damit war Mays Lebensunterhalt erstmals gesichert.
Er betreute verschiedene Unterhaltungsblätter und verfasste oder bearbeitete mit und ohne Namensnennung zahlreiche Beiträge. 1876 kündigte May, da man versuchte, ihn durch Heirat mit Münchmeyers Schwägerin dauerhaft an die Firma zu binden, und der Verlag einen schlechten Ruf hatte.[12] Nach einer weiteren Anstellung als Redakteur beim Dresdner Verlag von Bruno Radelli wurde May ab 1878 freier Schriftsteller und zog mit seiner Freundin Emma Pollmer nach Dresden. Allerdings erbrachten seine Veröffentlichungen noch kein regelmäßiges Einkommen; aus dieser Zeit sind auch Mietrückstände und andere Schulden Mays belegt.[13]
Fünf Jahre nach seiner Entlassung aus dem Zuchthaus wurde May 1879 in Stollberg wegen angeblicher Amtsanmaßung zu drei Wochen Arrest verurteilt: Ein Jahr vor seiner Heirat mit Emma Pollmer hatte er die Todesumstände ihres trunksüchtigen Onkels untersuchen wollen und sich deswegen als Beamter ausgegeben. Erst später konnte man nachweisen, dass die Verurteilung ein Fehlurteil gewesen war, weil er keine Amtshandlung vorgenommen hatte.[14]
Im fünften Jahrgang erschien Mays erste Erzählung für den Deutschen Hausschatz
1879 erhielt er vom Deutschen Hausschatz, einer katholischen Wochenzeitung aus Regensburg, das Angebot, seine Erzählungen zuerst dort anzubieten: 1880 begann May mit dem Orientzyklus, den er, mit Unterbrechungen, bis 1888 fortsetzte. Parallel schrieb er noch für andere Zeitschriften und verwendete dabei verschiedene Pseudonyme und Titel, um sich seine Texte mehrfach honorieren zu lassen. So wurden bis zu seinem Tode über hundert Erzählungen in Fortsetzungen in diversen Zeitschriften veröffentlicht, darunter neben dem für Mays Karriere bedeutenden Deutschen Hausschatz (F. Pustet, Regensburg) auch die Knabenzeitschrift Der Gute Kamerad (W. Spemann, Stuttgart bzw. Union Deutsche Verlagsgesellschaft), in dem Mays Jugenderzählungen erschienen. 1882 kam es zu einem erneuten Kontakt mit H. G. Münchmeyer, und May begann die Arbeit am ersten der fünf großen Kolportageromane für seinen früheren Arbeitgeber. Das Waldröschen wurde bis 1907 hunderttausendfach nachgedruckt. Dass May mit seinem alten Freund Münchmeyer nur einen mündlichen Vertrag schloss, sorgte später für anhaltende Rechtsstreitigkeiten.
Im Oktober 1888 zog May nach Kötzschenbroda, 1891 nach Oberlößnitz in die Villa Agnes. Der entscheidende Durchbruch kam für May mit dem Kontakt zu Friedrich Ernst Fehsenfeld. Der Jungverleger kontaktierte May 1891 und bot ihm an, die Hausschatz-Erzählungen in Buchform herauszubringen. Mit dem Erfolg der 1892 begonnenen Reihe Carl May’s Gesammelte Reiseromane (ab 1896 Karl May’s Gesammelte Reiseerzählungen) gewann May erstmals finanzielle Sicherheit und Ruhm.
Allerdings wusste er bald nicht mehr zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden und verstieg sich mehr und mehr in die „Old-Shatterhand-Legende“. Er behauptete nicht nur, selbst Old Shatterhand zu sein und die Inhalte der Erzählungen tatsächlich erlebt zu haben, sondern ließ von einem Kötzschenbrodaer Büchsenmacher sogar die legendären Gewehre anfertigen, die heute im Karl-May-Museum Radebeul zu sehen sind: zunächst den „Bärentöter“ und die „Silberbüchse“, später auch den „Henrystutzen“. Seine Verleger und Redakteure unterstützten die Legende, indem sie u. a. Leserbriefe entsprechend beantworteten. Mays Leser, die der Gleichsetzung von Autor und Protagonist bereitwillig folgten, richteten in der Folge unzählige Briefe direkt an ihn, die er auch großteils persönlich beantwortete. Mehrere Leserreisen und Vorträge folgten. Ab 1896 ließ er sich im „Allgemeinen deutschen Litteratur-Kalender“ von Joseph Kürschner als Übersetzer aus dem Arabischen, Türkischen, Persischen, Kurdischen und verschiedenen Indianerdialekten, später auch aus dem Chinesischen anführen.[15] Im Juli 1897 lieferte er seinen späteren Gegnern weitere Angriffspunkte, indem er vor zahlreichen Zuhörern erklärte, er beherrsche 1200 Sprachen und Dialekte und sei als Nachfolger Winnetous der Befehlshaber über 35.000 Apachen.[16] Personen, die seine Behauptungen hätten widerlegen können, ging May aus dem Weg.
Seit etwa 1875 führte Karl May einen Doktorgrad, ohne je promoviert oder auch nur eine Universität besucht zu haben.[17] Dieser Grad wurde auch in Autorenverzeichnisse und ab 1888 sogar im Kötzschenbrodaer Melderegister aufgenommen.[18] 1898 fehlte plötzlich der Doktorgrad im „Adreßbuch für Dresden und seine Vororte“; May bat um Korrektur und wurde mit der Frage nach einem Nachweis konfrontiert.[19] Er erklärte, die Universität Rouen habe ihm den Grad verliehen. Außerdem habe er eine wenigstens gleichwertige chinesische Würde.[20] Dennoch wurde ihm das Führen des Grads untersagt. May ließ die Sache mit dem Adressbuch auf sich beruhen, führte privat aber den Titel weiter. Im Herbst 1902 kümmerte sich vermutlich seine spätere Ehefrau Klara Plöhn wieder um die Angelegenheit, und May erhielt eine aufwendig gestaltete Urkunde – datiert vom 9. Dezember 1902 – über eine Ehrendoktorwürde der Deutsch-Amerikanischen Universität in Chicago für das Werk Im Reiche des silbernen Löwen. Am 14. März 1903 beantragte May, da er wieder heiraten wollte, die (beschleunigte) Prüfung und lobte die ausstellende Hochschule, sie ziehe „aus Deutschland Lehrkräfte allerersten Ranges“ an.[21] Schon vier Tage später wurde nach Prüfung die Führung eines Doktorgrads aufgrund dieser Urkunde abgelehnt, denn es handelte sich – wie May wenig später selbst recherchierte – bei der angeblichen Universität nur um eine Titelmühle. Damit war der Titel wertlos. May verteidigte 1904 seinen Doktorgrad in den Offenen Briefen an den „Dresdner Anzeiger“ zwar noch, gab das Führen aber dann auf.
Ende der 1890er Jahre unternahm er Vortragsreisen durch Deutschland und Österreich, ließ Autogrammkarten drucken und sich mit verkleideten Besuchern fotografieren. Im Dezember 1895 erfolgte der Umzug in die von den Gebrüdern Ziller erworbene Villa Shatterhand in Alt-Radebeul, die heute das Karl-May-Museum beherbergt.
Plagiate
1910 publizierte der Benediktiner-Pater und Literaturwissenschaftler Ansgar Pöllmann im zweiten Februarheft der Halbmonatsschrift für schöne Literatur Über den Wassern einen seiner gegen May gerichteten Artikel mit dem Titel Ein literarischer Dieb, bei dem er einige (geografische) Quellen Mays identifizierte. Gegen ihn und den Herausgeber Expeditus Schmidt ging May deswegen gerichtlich vor.[22]
Die Hinweise wurden aufgegriffen und May mit dem Vorwurf der Aneignung fremden geistigen Eigentums konfrontiert. Ihm wurde nachgewiesen, dass seine Erzählung Die Rache des Ehri, die erstmals 1878 unter dem Pseudonym Emma Pollmer, dem Namen seiner ersten Ehefrau, in der Zeitschrift Frohe Stunden erschien, weitgehend mit der 1868 veröffentlichten Erzählung Das Mädchen von Eimeo von Friedrich Gerstäcker (1816–1872) identisch ist.
Am 9. Mai 1910 sprach auch Egon Erwin Kisch May in einem Interview direkt auf den Plagiatsvorwurf in Hinsicht auf Gerstäcker an und erhielt die Antwort:
„Das bezieht sich auf die Geschichte Ehry, die vor vielen Jahren in einer Novellensammlung von mir veröffentlicht worden ist. Es handelt sich um eine Erzählung, zu der mir eine alte Geographie von Indien, in der sie erwähnt ist, Anlass gab, F. Gerstäcker, der selbst nie in Indien war, scheint nun die gleiche Geographie gelesen und in einer Novelle benützt zu haben. Daher die Übereinstimmung.“[23]
Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Übereinstimmungen mit dem Werk Gerstäckers,[24] wie auch mit Werken von Gustave Aimard, Gabriel Ferry, Charles Sealsfield und anderen.[25]
Allerdings arbeitete Karl May vorwiegend wissenschaftliche Quellen in sein Werk ein, z. B. ganze Absätze aus Lexika und Reiseberichten. Übernahmen aus literarischen Werken sind selten.
Reisen
In den Jahren 1899 und 1900 bereiste Karl May erstmals tatsächlich den Orient. Im ersten Teil der Reise war er fast ein dreiviertel Jahr allein unterwegs (nur begleitet von seinem Diener Sejd Hassan) und gelangte bis nach Sumatra. Im Dezember 1899 traf er mit seiner Frau und dem befreundeten Ehepaar Plöhn zusammen. Sie setzten die Reise zu viert fort und kehrten im Juli 1900 nach Radebeul zurück. Während dieser anderthalb Jahre führte Karl May ein Reisetagebuch, das nur in Bruchstücken und Teilabschriften erhalten ist. Mays zweite Frau Klara überlieferte, dass er unterwegs zweimal einen Nervenzusammenbruch erlitten habe („befürchteten, ihn einer Irrenanstalt zuführen zu müssen“).[26] Der Zustand soll beide Male etwa eine Woche angehalten haben und war – so vermuten Hans Wollschläger und Ekkehard Bartsch – „dem Einbrechen einer grellen Realität in seine [Mays] Traumwelt“[27] zuzuschreiben. May überwand die Krisen ohne die Hilfe eines Arztes.
Parallel zu seiner Orientreise begannen ab 1899 heftige Angriffe auf May in der Presse, insbesondere betrieben von Hermann Cardauns und Rudolf Lebius. Sie kritisierten aus unterschiedlichen Beweggründen Mays Selbstreklame und die damit verbundene Old-Shatterhand-Legende. Gleichzeitig wurden ihm religiöse Heuchelei (er schrieb als Protestant Marienkalendergeschichten) und Unsittlichkeit, später auch seine Vorstrafen vorgehalten. Diese Vorwürfe und diverse Gerichtsverfahren wegen unerlaubter Buchveröffentlichungen begleiteten ihn bis zu seinem Tod.
Seine erste Ehe wurde 1903 auf Mays Wunsch geschieden. Emma May, die mit H. G. Münchmeyers Witwe Pauline befreundet war, hatte nach Mays Angaben Unterlagen verbrannt, die Mays mündlich mit Münchmeyer geschlossenen Verlagsvertrag hätten belegen können, sodass dieser Rechtsstreit nicht zu seinen Lebzeiten zugunsten Mays entschieden werden konnte. Noch im Jahr seiner Scheidung, am 30. März 1903, heiratete May Klara Plöhn, die inzwischen verwitwet war.
May-Grabmal mit Marmorrelief von Selmar Werner
1908 unternahm Karl May mit seiner Frau eine sechswöchige Amerikareise. Sie besuchten unter anderem Albany, Buffalo und die Niagarafälle und Freunde in Lawrence. Auch auf dieser Reise wurde May mit der Wirklichkeit konfrontiert, bei seinem Aufenthalt in der Stadt New York wollte er keinesfalls fotografiert werden. Diese Reise diente May als Inspiration für sein Buch Winnetou IV.
Letzte Jahre
Nach seiner Orientreise hatte May begonnen, literarischer zu schreiben. Sein bisheriges Werk nannte er nachträglich eine bloße „Vorbereitung“. Jetzt begann er, komplexe allegorische Texte zu verfassen. Er war der Überzeugung, die „Menschheitsfragen“ (Wer sind wir? Woher kommen wir? Wohin gehen wir?) diskutieren oder gar lösen zu müssen, wandte sich bewusst dem Pazifismus zu und widmete dem Bestreben, den Menschen vom „Bösen“ zum „Guten“ zu erheben, mehrere Bücher.
Die Künstlerfreundschaft zu Sascha Schneider führte zu neuen symbolistischen Deckelbildern für die Fehsenfeld-Ausgabe. Jubelnde Anerkennung erlebte May am 22. März 1912, als er auf Einladung des Akademischen Verbandes für Literatur und Musik in Wien den pazifistischen Vortrag Empor ins Reich der Edelmenschen hielt. Dabei kam es auch zum Zusammentreffen mit der befreundeten Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner, die nach Mays Tod am 5. April in der Zeit den Nachruf Einige Worte über Karl May veröffentlichte.[28]
Am 30. März 1912, nur eine Woche nach seiner Wiener Rede, starb Karl May. Todesursache war laut Bestattungsbuch „Herzparalyse, acute Bronchitis, Asthma“. Jüngere Untersuchungen des Skeletts deuten auf eine chronische Bleivergiftung hin;[29] zuvor wurde auch ein (unerkannter) Lungenkrebs nicht ausgeschlossen. May wurde auf dem Friedhof Radebeul-Ost im sogenannten May-Grabmal beigesetzt.
Mutmaßungen zur sexuellen Orientierung
Der Schriftsteller Arno Schmidt vertrat in seinem Werk Sitara und der Weg dorthin 1963 die These, Karl May sei latent homosexuell gewesen. Schmidt griff damit eine zuerst von Paul Elbogen formulierte Vermutung auf. Er verwies auf die penetrante Waffensymbolik, die Vorliebe für sadistische Szenen, auf die erotisch-liebevolle Darstellung der indianischen Edelmenschen, auf die Schilderung der nächtlichen oder gemeinsamen Ritte sowie auf die wiederholt auftretenden Transvestiten (Tante Droll, Hobble Frank oder Langer Davy) in Karl Mays Romanen.[30] Außerdem hob Schmidt die erotischen und phallischen Motive auf den Bildern Sascha Schneiders hervor, die umso erstaunlicher seien, da Schneider seinen Freund May über seine homosexuelle Orientierung nicht im Unklaren gelassen habe.[31] Während Schmidts Thesen von der bürgerlichen Karl-May-Forschung in den 1960er und 1970er Jahren relativiert oder ignoriert wurden, hatten sie doch großen Einfluss auf die filmischen Interpretationen Mays, vor allem auf die Hans-Jürgen Syberbergs, und auf die Integration der May-Werke in den akademischen Literaturkanon.[31][32] Gleichwohl gilt heute die eher im Untergrund fortwirkende Hauptthese Schmidts über Mays latente Homosexualität in der ernsthaften May-Forschung als widerlegt.[33]
Künstlerisches Schaffen
Karl May war, insbesondere mit seinen Kolportageromanen, einer der erfolgreichsten Trivialliteratur-Autoren des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Seine Abenteuerromane und Jugenderzählungen wurden in mehr als 33 Sprachen übersetzt und erreichten eine Gesamtauflage von über 200 Millionen. Sie schildern Reisen zu exotischen Schauplätzen, wie in den Wilden Westen und den Vorderen Orient. Dabei wendet er sich von einem christlichen Standpunkt dem Schicksal der unterdrückten Völker zu.
Karl May als Old Shatterhand, 1896
In den Texten lässt sich eine Entwicklung seiner Erzählerfigur feststellen: vom namenlosen Ich, das nur Zuschauer und Berichterstatter ist (Der Gitano, 1875), über ein Zunehmen heroischer Fähigkeiten bis hin zu den völlig ausgestalteten Ich-Erzähler-Helden Old Shatterhand und Kara Ben Nemsi. Einige seiner Erzählerhelden bleiben ohne Kriegsnamen und werden nur von Freunden und Gefährten (englischer Muttersprache) „Charley“ genannt. Nachdem Ausrüstung und Können (z. B. der Jagdhieb) für alle Ich-Erzähler-Helden schon lange dieselben geworden waren, ging May in Satan und Ischariot (Zeitschriftversion 1893–1896) dazu über, die Ich-Erzähler im Wilden Westen, im Vorderen Orient und in Deutschland mit den jeweils in diesen Regionen gebräuchlichen (Kriegs-)Namen auftreten zu lassen. So identifizierte er die drei Figuren Old Shatterhand, Kara Ben Nemsi und Charley mit einem gewissen Dr. Karl May in Dresden.
Von hier war es nur ein kleiner Schritt zur Entstehung der sogenannten Old-Shatterhand-Legende (vgl. oben unter Schriftstellerei). Selten hat ein Autor die von der Literaturtheorie postulierte Grenze zwischen Ich-Erzähler und realem Autoren-Ich ausdrücklicher zu verwischen versucht. Karl May wurde in diesem Zusammenhang Hochstapelei und Pseudologie (zwanghaftes Lügen) vorgeworfen. Der Biograf Helmut Schmiedt spricht in diesem Zusammenhang von einer der „aberwitzigsten Episoden in der Geschichte der deutschen Literatur: Es stellt sich die Frage, warum ihr Urheber sie erfunden und mit solch existenziellem Elan ausgelebt hat.“ Später räumte May ein, sowohl die Old-Shatterhand-Legende als auch alle seine Werke seien lediglich symbolisch aufzufassen.
Obwohl sich May sehr bewusst von den ethnologischen Vorurteilen seiner Zeit absetzen wollte und gegen die öffentliche Meinung anschrieb (Winnetou, Durchs wilde Kurdistan, Und Friede auf Erden!), treten in seinen Werken doch heute als rassistisch angesehene Formulierungen auf, die den Paradigmen seiner Zeit unterlagen. Beispielsweise gibt es einige pauschal abwertende Aussagen über Iren, Juden, Armenier, Chinesen, Schwarze, Mestizen und Beduinen. Andererseits werden Chinesen oder Mestizen in seinen Romanen teilweise als positive Figuren dargestellt, die als Ausnahmecharaktere den gängigen Klischees widersprechen. Vom Nationalismus und auch Rassismus, die das wilhelminische Deutschland seiner Zeit prägten, blieb jedoch auch May nicht unbeeinflusst.
Die Bearbeitung seines Nachlasses ab 1930 durch Mitarbeiter des Karl-May-Verlages (KMV) trug zu diesem Urteil bei. Besonders Otto Eicke, ehemaliger Lektor des Münchmeyer-Verlages und seit 1918 beim KMV tätig, war durch seine parteipolitischen Aktivitäten im Nationalsozialismus beeinflusst. Speziell in den Bänden 33 Winnetous Erben und 65 Der Fremde aus Indien ist in den Ausgaben jener Zeit seine Handschrift zu erkennen.[34] Im letzten Kapitel des Bandes 65 Der Fremde aus Indien heißt es etwa: „Das alles erfüllte den Fürsten mit tiefem Abscheu gegen den Hebräer und seine Sippe. […] Lena […] bewies durch eine Tat verbrecherisch blinden Hasses, daß sie von Salomon Rosenbaum und seiner Frau mit dem Blut auch alle bösen Eigenschaften dieses Blutes geerbt hatte.“[35]
Mays bekannteste Figur Winnetou, Häuptling der Mescalero-Apachen, verkörpert den tapferen und edlen Indianer, der mit seiner „Silberbüchse“ und seinem Pferd Iltschi für Gerechtigkeit und Frieden kämpft. Dabei wird er meist von seinem weißen Freund und Blutsbruder Old Shatterhand begleitet, aus dessen Erzählperspektive die Geschichten um Winnetou oft verfasst sind.
Das erfolgreichste und bekannteste Buch Karl Mays (1890/91) trägt den Titel Der Schatz im Silbersee. Es wurde bereits zweimal verfilmt: erstmals 1962 als Realfilm unter dem Originaltitel mit Lex Barker als Old Shatterhand und Pierre Brice als Winnetou und 1990 als DEFA-Puppentrickfilm unter dem Titel Die Spur führt zum Silbersee. In dem erstmals 1890–1891 als Fortsetzungsgeschichte in der Zeitschrift Der Gute Kamerad veröffentlichten Jugendroman, dessen Buchausgabe 1894 erschien, schildert Karl May die Reise einer Gruppe von Trappern zu dem in den Rocky Mountains gelegenen Silbersee sowie die Verfolgung einer Schurkengruppe unter ihrem Anführer Cornel Brinkley, wegen seiner Haarfarbe auch „der rote Cornel“ genannt. Der Roman hat mehrere simultane Handlungsstränge, die sich schließlich am titelgebenden Silbersee verknüpfen und wieder auflösen.
Deckelbild zu Und Friede auf Erden! von Sascha Schneider (1904)
In seinem Spätwerk, dessen Wichtigkeit May selbst immer wieder betonte, löste May sich von der Abenteuerschriftstellerei und schrieb symbolische Romane mit weltanschaulich-religiösem Inhalt und pazifistischer Tendenz.[36] Von späteren Lesern wurden einige dominierende Stilmerkmale dieser Romane als dem Surrealismus nahestehend empfunden. Die späten Werke Ardistan und Dschinnistan (1909), Und Friede auf Erden (1904) sowie Winnetou IV (1910) gelten als seine literarisch bedeutendsten Werke, wenngleich es auch nicht an kritischen Stimmen fehlt, die in jenen Texten eine Verirrung sehen. Großen Einfluss im Zusammenhang mit dieser letzten literarischen Entwicklungsstufe hatte die Freundschaft mit dem Jugendstilmaler und Bildhauer Sascha Schneider. In ihm sah May einen „deutschen Michel Angelo“ und den geeigneten Illustrator seiner Bücher.[37] Schneider schuf neben einer Serie von Buchdeckelillustrationen auch ein großes Wandgemälde (Der Chodem) für den Empfangssalon des Schriftstellers in dessen Villa in Radebeul.
Weiteres zu seines schaffens im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_May
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