Tauben als Schädlinge: Lizenz zum Töten
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Tauben als Schädlinge: Lizenz zum Töten
Seit drei Jahren streitet Berthold Geis mit dem Veterinäramt: Sind Tauben Schädlinge? Darf er sie im Auftrag eines Unternehmens töten? Nach einer Niederlage in erster Instanz hat der Verwaltungsgerichtshof Hessen dem Falkner nun recht gegeben - aber nur zum Teil.
Hamburg - Wenn man so will, hat die Geschichte von Berthold Geis und den Tauben schon in seiner Kindheit begonnen. Der Vater war ein erfolgreicher Brieftaubenzüchter, deshalb sei er bereits als Jugendlicher mit den Tieren in Berührung gekommen, schreibt Geis auf seiner Website. Er selbst fand Greifvögel allerdings interessanter und schlug eine andere Richtung ein: Der 55-Jährige arbeitet mittlerweile hauptberuflich als Falkner in Hessen.
Dass Tauben ihn bis heute beschäftigen, hat zwar auch mit seinem Job zu tun - vor allem aber mit einem Streit, den er sich seit fast drei Jahren mit dem Veterinäramt im Landkreis Limburg liefert. Im Kern geht es um die Frage: Sind Tauben Schädlinge? Und damit verbunden: Darf Geis die Tiere töten und an seine Falken verfüttern?
Ende 2008 bekam er den Auftrag eines Unternehmens aus Rüsselsheim: Tauben hatten Kot und Dreck auf Fensterbrettern und Lüftungen hinterlassen, Mitarbeiter wurden krank, das Gesundheitsamt attestierte eine Gefährdung. "Die Tauben haben regelrecht in die Büros gekackt", sagt Geis am Telefon. Er klingt sympathisch, doch man merkt, dass die Geschichte in den vergangenen Jahren an seinen Nerven gezerrt hat. "Aktenberge" hätten sich mittlerweile angesammelt, sagt er.
Geis hat einen speziellen Käfig entwickelt, in den Tauben durch Nahrung und zwei Artgenossen gelockt werden sollen. Tappen die Tiere in die Falle, will er sie töten und an seine Greifvögel verfüttern. "Fachgerecht" solle das geschehen, sagt Geis. Das heißt: die Tauben werden mit einem Stockschlag betäubt und dann enthauptet. Da in Deutschland bestimmte Arten von Tauben jedoch nicht einfach getötet werden dürfen, braucht er dazu die Genehmigung des Veterinäramts.
Die erste Instanz entscheidet gegen den Falkner
In diesem Fall war die Behörde im Landkreises Limburg-Weilburg zuständig. Geis stellte einen Antrag und rechnete mit einer Entscheidung "innerhalb von vielleicht 14 Tagen", wie er sich erinnert. Doch laut dem Falkner vergingen 14 Monate, bis das Veterinäramt beschloss: Antrag abgelehnt. Aus Tierschutzgründen.
Geis durfte die Tauben nur fangen und musste sie an anderer Stelle wieder freilassen. Das Problem sei damit nicht gelöst, ärgerte er sich, teilweise seien einzelne Tiere zurück zu dem betroffenen Unternehmen geflogen. Er klagte vor dem Wiesbadener Verwaltungsgericht - und verlor Anfang 2010 auch dort.
Das Veterinäramt machte Vorschläge, um das Problem auf andere Weise zu lösen. Die Tauben sollten weggelockt oder ein Falke bei dem Unternehmen angesiedelt werden. So erzählt es Geis, der die Vorschläge allesamt für unbrauchbar hält.
Tauben sind in vielen großen Städten Deutschlands ein Problem. In München produziert nach offiziellen Angaben jede der etwa 40.000 Tauben zwischen zehn und zwölf Kilogramm Kot im Jahr. Er beschädigt Gebäude und Denkmäler - und verursacht Schäden in Millionenhöhe, wie es in einer Broschüre der Stadt heißt.
Selbst nach Meinung von Tierschützern gibt es zu viele Tauben in Städten - deshalb könnten sie auch bekämpft werden. "Straßentauben sind keine Wildvögel, sondern verwilderte Haustauben", sagt Klaus Richarz, Leiter der Staatlichen Vogelschutzwarte in Frankfurt. Es sei nichts dagegen einzuwenden, wenn die Zahl der Vögel nach tierschutzrechtlichen Maßstäben reduziert würde.
Zurück zum Anfang
Geis fand sich mit seiner Niederlage vor Gericht nicht ab und legte Berufung ein. Sein Anwalt argumentierte, der Gesundheitsschutz des Menschen sei wichtiger als Tierschutz. Nun musste der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel entscheiden. Und die Richter urteilten an diesem Donnerstag im Sinne des Falkners, gingen aber nicht so weit wie erhofft: Verwilderte Straßentauben sind Schädlinge, hieß es, allerdings nur, wenn sie in großen Schwärmen auftreten. Die Tiere zu töten sei nur in Grenzen erlaubt, sagte ein Sprecher.
Das Gericht verpflichtete den Landkreis Limburg-Weilburg, den Antrag des Falkners neu zu prüfen. Es müsse festgelegt werden, ob von einer Taubenplage gesprochen werden kann. Damit entscheidet nun erneut: das Veterinäramt. Die Behörde war für eine Stellungnahme nach dem Richterspruch nicht mehr zu erreichen.
Der Streit geht zurück zum Anfang. Ob er mit der Entscheidung der Richter zufrieden sei? "Jein", sagt Geis. Er hoffe, dass er nun nicht ähnlich lange auf einen Beschluss warten muss wie beim ersten Mal.
Seine Arbeit in Rüsselsheim ist davon momentan ohnehin nicht betroffen: Das Unternehmen hat den Auftrag wegen der juristischen Streitigkeiten gestoppt.
Mit Material von dpa
Quelle
Hamburg - Wenn man so will, hat die Geschichte von Berthold Geis und den Tauben schon in seiner Kindheit begonnen. Der Vater war ein erfolgreicher Brieftaubenzüchter, deshalb sei er bereits als Jugendlicher mit den Tieren in Berührung gekommen, schreibt Geis auf seiner Website. Er selbst fand Greifvögel allerdings interessanter und schlug eine andere Richtung ein: Der 55-Jährige arbeitet mittlerweile hauptberuflich als Falkner in Hessen.
Dass Tauben ihn bis heute beschäftigen, hat zwar auch mit seinem Job zu tun - vor allem aber mit einem Streit, den er sich seit fast drei Jahren mit dem Veterinäramt im Landkreis Limburg liefert. Im Kern geht es um die Frage: Sind Tauben Schädlinge? Und damit verbunden: Darf Geis die Tiere töten und an seine Falken verfüttern?
Ende 2008 bekam er den Auftrag eines Unternehmens aus Rüsselsheim: Tauben hatten Kot und Dreck auf Fensterbrettern und Lüftungen hinterlassen, Mitarbeiter wurden krank, das Gesundheitsamt attestierte eine Gefährdung. "Die Tauben haben regelrecht in die Büros gekackt", sagt Geis am Telefon. Er klingt sympathisch, doch man merkt, dass die Geschichte in den vergangenen Jahren an seinen Nerven gezerrt hat. "Aktenberge" hätten sich mittlerweile angesammelt, sagt er.
Geis hat einen speziellen Käfig entwickelt, in den Tauben durch Nahrung und zwei Artgenossen gelockt werden sollen. Tappen die Tiere in die Falle, will er sie töten und an seine Greifvögel verfüttern. "Fachgerecht" solle das geschehen, sagt Geis. Das heißt: die Tauben werden mit einem Stockschlag betäubt und dann enthauptet. Da in Deutschland bestimmte Arten von Tauben jedoch nicht einfach getötet werden dürfen, braucht er dazu die Genehmigung des Veterinäramts.
Die erste Instanz entscheidet gegen den Falkner
In diesem Fall war die Behörde im Landkreises Limburg-Weilburg zuständig. Geis stellte einen Antrag und rechnete mit einer Entscheidung "innerhalb von vielleicht 14 Tagen", wie er sich erinnert. Doch laut dem Falkner vergingen 14 Monate, bis das Veterinäramt beschloss: Antrag abgelehnt. Aus Tierschutzgründen.
Geis durfte die Tauben nur fangen und musste sie an anderer Stelle wieder freilassen. Das Problem sei damit nicht gelöst, ärgerte er sich, teilweise seien einzelne Tiere zurück zu dem betroffenen Unternehmen geflogen. Er klagte vor dem Wiesbadener Verwaltungsgericht - und verlor Anfang 2010 auch dort.
Das Veterinäramt machte Vorschläge, um das Problem auf andere Weise zu lösen. Die Tauben sollten weggelockt oder ein Falke bei dem Unternehmen angesiedelt werden. So erzählt es Geis, der die Vorschläge allesamt für unbrauchbar hält.
Tauben sind in vielen großen Städten Deutschlands ein Problem. In München produziert nach offiziellen Angaben jede der etwa 40.000 Tauben zwischen zehn und zwölf Kilogramm Kot im Jahr. Er beschädigt Gebäude und Denkmäler - und verursacht Schäden in Millionenhöhe, wie es in einer Broschüre der Stadt heißt.
Selbst nach Meinung von Tierschützern gibt es zu viele Tauben in Städten - deshalb könnten sie auch bekämpft werden. "Straßentauben sind keine Wildvögel, sondern verwilderte Haustauben", sagt Klaus Richarz, Leiter der Staatlichen Vogelschutzwarte in Frankfurt. Es sei nichts dagegen einzuwenden, wenn die Zahl der Vögel nach tierschutzrechtlichen Maßstäben reduziert würde.
Zurück zum Anfang
Geis fand sich mit seiner Niederlage vor Gericht nicht ab und legte Berufung ein. Sein Anwalt argumentierte, der Gesundheitsschutz des Menschen sei wichtiger als Tierschutz. Nun musste der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel entscheiden. Und die Richter urteilten an diesem Donnerstag im Sinne des Falkners, gingen aber nicht so weit wie erhofft: Verwilderte Straßentauben sind Schädlinge, hieß es, allerdings nur, wenn sie in großen Schwärmen auftreten. Die Tiere zu töten sei nur in Grenzen erlaubt, sagte ein Sprecher.
Das Gericht verpflichtete den Landkreis Limburg-Weilburg, den Antrag des Falkners neu zu prüfen. Es müsse festgelegt werden, ob von einer Taubenplage gesprochen werden kann. Damit entscheidet nun erneut: das Veterinäramt. Die Behörde war für eine Stellungnahme nach dem Richterspruch nicht mehr zu erreichen.
Der Streit geht zurück zum Anfang. Ob er mit der Entscheidung der Richter zufrieden sei? "Jein", sagt Geis. Er hoffe, dass er nun nicht ähnlich lange auf einen Beschluss warten muss wie beim ersten Mal.
Seine Arbeit in Rüsselsheim ist davon momentan ohnehin nicht betroffen: Das Unternehmen hat den Auftrag wegen der juristischen Streitigkeiten gestoppt.
Mit Material von dpa
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