Schlafmangel ändert die Aktivität von 711 Genen
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Schlafmangel ändert die Aktivität von 711 Genen
Eine Woche Schlafmangel genügt, um die Aktivität Hunderter Gene und damit der Zellen zu verändern. Dadurch kann sich auch der Stoffwechsel verändern, der unter anderem unseren Antrieb bestimmt.
Gleich zwei neue wissenschaftliche Studien beschäftigen sich in dieser Woche mit dem Segen des Schlafes.
Die Studie der britischen Wissenschaftler um Carla Möller-Levet von der University of Surrey hat sich näher mit der regenerativen Wirkung von Schlaf befasst, das Forscherteam um Ines Wilhelm von der Universität Tübingen dagegen mit den Effekten auf die Gedächtnisbildung.
Während noch vor einigen Jahrzehnten nicht klar war, warum wir überhaupt schlafen müssen, wissen Forscher inzwischen, dass Regeneration und Lernen zentrale Funktionen des Schlafes sind.
Schlaf ist notwendig für Wachstum und Entwicklung, den Stoffwechsel und das Immunsystem, und er hilft dabei, neu Gelerntes zu verarbeiten und mit dem bestehenden Wissen zu verknüpfen.
Erste Untersuchung aller Gene
Die beiden nun veröffentlichten Studien untermauern dies: So kann schon eine einzige Woche Schlafmangel Hunderte von Genen beeinflussen, die vor allem für Entzündungen, das Immunsystem und Stressreaktionen verantwortlich sind, berichten Möller-Levet und ihre Kollegen im Fachjournal "PNAS".
Der Anteil des Tiefschlafes über die Lebensspanne sinkt beständig. Das ist ein Grund, warum Kinder vom Schlafen mehr profitieren als Erwachsene – zumindest, was das Lernen betrifft
Foto: Infografik Die Welt Der Anteil des Tiefschlafes über die Lebensspanne sinkt beständig. Das ist ein Grund, warum Kinder vom Schlafen mehr profitieren als Erwachsene – zumindest, was das Lernen betrifft
Grafik_DAK2_DW_Wirtschaft_BERLIN.jpg
Nachtruhe
Schlaf-Räuber und Medikamente
Tipps für guten Schlaf
Rhythmus
Auspowern
Essen
Ruhephasen
Kaffee und Medikamente
Müdigkeit
Entspannung
Alkohol
Rauchen
Schlafmittel
Quelle
Es ist das erste Mal, dass umfassend untersucht wurde, wie viele Gene insgesamt beim Menschen von chronischem Schlafmangel beeinflusst werden. Die Versuchspersonen der Studie – 14 Männer und zwölf Frauen – sollten zunächst eine Woche lang nur jeweils knapp sechs Stunden pro Nacht schlafen.
Später wurden die gleichen Probanden erneut eingeladen – diesmal durften sie über sieben Tage so lange im Bett bleiben, wie sie wollten: Nach durchschnittlich 8,5 Stunden waren sie ausgeschlafen.
Am Ende jeder Woche mussten die Teilnehmer dann rund 40 Stunden lang durchgehend wach bleiben. Während dieses Schlafentzuges entnahmen die Forscher alle drei Stunden Blut und prüften, welche Gene der Probanden wann aktiv wurden.
Schlaf und Übergewicht gehen oft einher
Ging dem kurzfristigen Schlafentzug eine Woche mit Schlafmangel voraus, wurden insgesamt 711 Gene beeinflusst, so die Wissenschaftler.
Das macht 3,1 Prozent der etwa 23.000 Gene aus, die in der menschlichen Erbsubstanz stecken – und die meisten davon waren verantwortlich für Prozesse, die mit Immun-, Stress- oder Entzündungsreaktionen des Körpers zusammenhängen.
Der Schlafmangel beeinflusste der Studie zufolge aber auch die Aktivität von Genen, die normalerweise einem Tag-Nacht-Rhythmus unterliegen, also etwa jene, die den Stoffwechsel steuern.
Andere Studien hatten bereits einen deutlichen Zusammenhang zwischen wenig Schlaf und Übergewicht gefunden. Der Befund der neuen Studie weist nun darauf hin, dass Schlafmangel über die Steuerung der Gene den Stoffwechsel auch im Wachzustand deutlich verändern kann.
Schlaf ist auch wichtig für Lernprozesse
In der zweiten Studie, veröffentlicht im Fachjournal "Nature Neuroscience", untersuchten die deutschen Forscher den "Slow Wave Sleep" (SWS).
Die Wissenschaftler vermuteten schon länger, dass diese Form des Tiefschlafs für die Gedächtnisbildung eine wichtige Rolle spielt – vor allem für eine bestimmte Form des Lernens: die Umwandlung von implizitem in explizites Wissen.
Implizites Wissen ist das, was unbewusst gelernt wurde, explizites dagegen das, was man bewusst erläutern kann. Wer etwa als Kind schwimmen gelernt hat, weiß intuitiv, welche Bewegungen er im Wasser machen muss – das ist implizites Wissen.
Jemand anderem aber genau zu erklären, welche Abfolge der Bewegungen dabei genau nötig ist – das ist explizites Wissen –, fällt oft schwer, ohne die Bewegung dabei zu simulieren.
Schlaf verwandelt implizites Wissen in explizites
In der Studie untersuchten Ines Wilhelm und ihr Team dies an 35 Kindern im Alter zwischen acht und elf Jahren, denn Kinder verbringen bis zu drei Mal mehr Zeit im SWS als Erwachsene.
Die kleinen Probanden sollten an einem Schaltpult mit acht Knöpfen immer jene, die in einer bestimmten Reihenfolge aufleuchteten, schnell drücken. Während die eine Hälfte die Aufgabe morgens bekam, führte die andere sie abends durch und kam am nächsten Morgen zum Test.
Bei diesem sollten alle die Reihenfolge wiedergeben, die sie zuvor implizit, durch das Drücken der Knöpfe, gelernt hatten. Das Ergebnis: Tatsächlich konnten sich die Kinder, die zwischendurch geschlafen hatten, besser an die Reihenfolge erinnern als jene, die nicht geschlafen hatten.
Die erste Gruppe erinnerte im Schnitt vier Schritte, die zweite dagegen fast komplett alle acht. Zusätzlich konnten die Wissenschaftler zeigen, dass bei jenen Kinder, die sich besonders gut erinnerten, in der Nacht zuvor auch häufiger SWS-Wellen aufgetreten waren.
Kinder haben mehr Tiefschlafphasen
Die Forscher testeten auch 37 Erwachsene: Bei ihnen war der Lernvorteil durch das Schlafen aber geringer. Sie erinnerten sich nur an rund fünfeinhalb Schritte.
Das also erklärt, warum Kinder so schnell Neues lernen: Sie verbringen einfach besonders viel Zeit in der dafür wichtigen Schlafphase.
Aber auch wenn der Anteil des Tiefschlafes über die Lebensspanne sinkt – zwischen 36 und 50 Jahren sind es nur noch drei Prozent der Schlafzeit –, bedeutet dies nicht, dass Schlafen damit weniger wichtig wird, wie die britische Gen-Studie eindrucksvoll zeigt.
Regelmäßiger Schlaf mit mindestens sechs Stunden pro Nacht ist das gesamte Leben über wichtig – er tut Körper und Psyche gut.
Quelle + Video
Gleich zwei neue wissenschaftliche Studien beschäftigen sich in dieser Woche mit dem Segen des Schlafes.
Die Studie der britischen Wissenschaftler um Carla Möller-Levet von der University of Surrey hat sich näher mit der regenerativen Wirkung von Schlaf befasst, das Forscherteam um Ines Wilhelm von der Universität Tübingen dagegen mit den Effekten auf die Gedächtnisbildung.
Während noch vor einigen Jahrzehnten nicht klar war, warum wir überhaupt schlafen müssen, wissen Forscher inzwischen, dass Regeneration und Lernen zentrale Funktionen des Schlafes sind.
Schlaf ist notwendig für Wachstum und Entwicklung, den Stoffwechsel und das Immunsystem, und er hilft dabei, neu Gelerntes zu verarbeiten und mit dem bestehenden Wissen zu verknüpfen.
Erste Untersuchung aller Gene
Die beiden nun veröffentlichten Studien untermauern dies: So kann schon eine einzige Woche Schlafmangel Hunderte von Genen beeinflussen, die vor allem für Entzündungen, das Immunsystem und Stressreaktionen verantwortlich sind, berichten Möller-Levet und ihre Kollegen im Fachjournal "PNAS".
Der Anteil des Tiefschlafes über die Lebensspanne sinkt beständig. Das ist ein Grund, warum Kinder vom Schlafen mehr profitieren als Erwachsene – zumindest, was das Lernen betrifft
Foto: Infografik Die Welt Der Anteil des Tiefschlafes über die Lebensspanne sinkt beständig. Das ist ein Grund, warum Kinder vom Schlafen mehr profitieren als Erwachsene – zumindest, was das Lernen betrifft
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Nachtruhe
Schlaf-Räuber und Medikamente
Tipps für guten Schlaf
Rhythmus
Auspowern
Essen
Ruhephasen
Kaffee und Medikamente
Müdigkeit
Entspannung
Alkohol
Rauchen
Schlafmittel
Quelle
Es ist das erste Mal, dass umfassend untersucht wurde, wie viele Gene insgesamt beim Menschen von chronischem Schlafmangel beeinflusst werden. Die Versuchspersonen der Studie – 14 Männer und zwölf Frauen – sollten zunächst eine Woche lang nur jeweils knapp sechs Stunden pro Nacht schlafen.
Später wurden die gleichen Probanden erneut eingeladen – diesmal durften sie über sieben Tage so lange im Bett bleiben, wie sie wollten: Nach durchschnittlich 8,5 Stunden waren sie ausgeschlafen.
Am Ende jeder Woche mussten die Teilnehmer dann rund 40 Stunden lang durchgehend wach bleiben. Während dieses Schlafentzuges entnahmen die Forscher alle drei Stunden Blut und prüften, welche Gene der Probanden wann aktiv wurden.
Schlaf und Übergewicht gehen oft einher
Ging dem kurzfristigen Schlafentzug eine Woche mit Schlafmangel voraus, wurden insgesamt 711 Gene beeinflusst, so die Wissenschaftler.
Das macht 3,1 Prozent der etwa 23.000 Gene aus, die in der menschlichen Erbsubstanz stecken – und die meisten davon waren verantwortlich für Prozesse, die mit Immun-, Stress- oder Entzündungsreaktionen des Körpers zusammenhängen.
Der Schlafmangel beeinflusste der Studie zufolge aber auch die Aktivität von Genen, die normalerweise einem Tag-Nacht-Rhythmus unterliegen, also etwa jene, die den Stoffwechsel steuern.
Andere Studien hatten bereits einen deutlichen Zusammenhang zwischen wenig Schlaf und Übergewicht gefunden. Der Befund der neuen Studie weist nun darauf hin, dass Schlafmangel über die Steuerung der Gene den Stoffwechsel auch im Wachzustand deutlich verändern kann.
Schlaf ist auch wichtig für Lernprozesse
In der zweiten Studie, veröffentlicht im Fachjournal "Nature Neuroscience", untersuchten die deutschen Forscher den "Slow Wave Sleep" (SWS).
Die Wissenschaftler vermuteten schon länger, dass diese Form des Tiefschlafs für die Gedächtnisbildung eine wichtige Rolle spielt – vor allem für eine bestimmte Form des Lernens: die Umwandlung von implizitem in explizites Wissen.
Implizites Wissen ist das, was unbewusst gelernt wurde, explizites dagegen das, was man bewusst erläutern kann. Wer etwa als Kind schwimmen gelernt hat, weiß intuitiv, welche Bewegungen er im Wasser machen muss – das ist implizites Wissen.
Jemand anderem aber genau zu erklären, welche Abfolge der Bewegungen dabei genau nötig ist – das ist explizites Wissen –, fällt oft schwer, ohne die Bewegung dabei zu simulieren.
Schlaf verwandelt implizites Wissen in explizites
In der Studie untersuchten Ines Wilhelm und ihr Team dies an 35 Kindern im Alter zwischen acht und elf Jahren, denn Kinder verbringen bis zu drei Mal mehr Zeit im SWS als Erwachsene.
Die kleinen Probanden sollten an einem Schaltpult mit acht Knöpfen immer jene, die in einer bestimmten Reihenfolge aufleuchteten, schnell drücken. Während die eine Hälfte die Aufgabe morgens bekam, führte die andere sie abends durch und kam am nächsten Morgen zum Test.
Bei diesem sollten alle die Reihenfolge wiedergeben, die sie zuvor implizit, durch das Drücken der Knöpfe, gelernt hatten. Das Ergebnis: Tatsächlich konnten sich die Kinder, die zwischendurch geschlafen hatten, besser an die Reihenfolge erinnern als jene, die nicht geschlafen hatten.
Die erste Gruppe erinnerte im Schnitt vier Schritte, die zweite dagegen fast komplett alle acht. Zusätzlich konnten die Wissenschaftler zeigen, dass bei jenen Kinder, die sich besonders gut erinnerten, in der Nacht zuvor auch häufiger SWS-Wellen aufgetreten waren.
Kinder haben mehr Tiefschlafphasen
Die Forscher testeten auch 37 Erwachsene: Bei ihnen war der Lernvorteil durch das Schlafen aber geringer. Sie erinnerten sich nur an rund fünfeinhalb Schritte.
Das also erklärt, warum Kinder so schnell Neues lernen: Sie verbringen einfach besonders viel Zeit in der dafür wichtigen Schlafphase.
Aber auch wenn der Anteil des Tiefschlafes über die Lebensspanne sinkt – zwischen 36 und 50 Jahren sind es nur noch drei Prozent der Schlafzeit –, bedeutet dies nicht, dass Schlafen damit weniger wichtig wird, wie die britische Gen-Studie eindrucksvoll zeigt.
Regelmäßiger Schlaf mit mindestens sechs Stunden pro Nacht ist das gesamte Leben über wichtig – er tut Körper und Psyche gut.
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