Obdachlos, reich, scheu, knallhart:Das Rätsel Nicolas Berggruen
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Obdachlos, reich, scheu, knallhart:Das Rätsel Nicolas Berggruen
Als Nicolas Berggruen Karstadt rettete, war selbst Ursula von der Leyen vor Begeisterung kaum zu halten. Nun treiben bei Kaufhof erste Kaufgerüchte die Gewerkschaften auf die Barrikaden. Und dann noch diese Europa-Rezepte. Ist der deutsch-amerikanische Investor nun ein Wohltäter oder eine Heuschrecke? Vielleicht ein bisschen von beidem. Oder weder noch.
Also doch: Nicolas Berggruen ist kein selbstloser Philanthrop, sondern ein knallharter Geschäftsmann. Der Vorstoß der Berggruen Holding in Sachen Kaufhof bestätigt die Skeptiker. Medienberichten zufolge spielt der Investor einen massiven Jobabbau und Filialschließungen für den Fall einer Übernahme der Metro-Tochter durch. Zudem soll der Karstadt-Eigner beim "Projekt Zeus" auf die Unterstützung der Investmentgesellschaft Blackstone, dem Sinnbild einer Heuschrecke, setzen. Am Ende des Ganzen stünde dann die Deutsche Warenhaus AG – ein langgehegter, aber nie erfüllter Traum in der Branche.
Dass Nicolas Berggruen diesen Traum auch hatte, war zuvor nicht bekannt, er schien mit seinem Karstadt-Kauf zufrieden zu sein. Entsprechend sperrig die Reaktion von Metro - der Blick in die Bücher wurde der Berggruen Holding offenbar noch nicht gewährt, stattdessen hat die Signa-Holding die Nase klar vorn. Ihm habe Metro lediglich in einer E-Mail mitgeteilt, dass das Unternehmen zögere, sich mit seinem Angebot überhaupt auseinanderzusetzen, ärgerte sich Berggruen kürzlich. "Da dachte ich erst, das sei ein Witz."
Retter des Traditionskaufhauses
In der Tat dürfte der erfolgsverwöhnte Investor in seinem Leben vor nicht allzu vielen verschlossenen Türen gestanden haben. Als Berggruen im Juni 2010 den Zuschlag für die marode Kaufhauskette Karstadt erhielt, verkündete Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen einen "Tag der Freude" für die 25.000 Beschäftigten. "Ich bin irrsinnig glücklich", sagte Berggruen und sein offener Hemdkragen erzählte von den Gefechten, die diesem Moment vorausgingen. Schon wähnte man, dass es zwischen von der Leyen und Berggruen vor laufenden Kameras zu einem Streisand/Redford-Moment kommen könnte, doch die Ministerin strich dem jungenhaft aussehenden Milliardär doch nicht das zerzauste Haar aus der Stirn.
Nur wenige Monate danach zogen Schatten im Paradies auf. Besonders der Aufsichtsrat soll damit zu kämpfen gehabt haben, dass Berggruen und sein Team die Sanierungsentscheidungen zu oft an dem Gremium vorbei fällten. Fünf Monate nach seiner Ernennung zum Aufsichtsratschef warf dann Rewe-Chef Alain Caparros das Handtuch. Caparros begründete seinen Ausstieg mit dem "unterschiedlichen Verständnis über die Rolle des Aufsichtsrates in der strategischen Ausrichtung von Karstadt". Ersetzt wurde Caparros durch einen Vertrauten Berggruens: Jared Bluestein, Chief Operating Officer der Nicolas Berggruen Holdings, vertritt bereits seit 15 Jahren die Interessen seines Chefs in mehr als 50 internationalen Unternehmen und erhält in Medienberichten gerne den Zusatz: Knallhart.
Faszinierendes Milliardärsleben
Auch wenn es nach diesen Personalien wieder ruhiger um Karstadt wurde – die Sanierungsumbauten ziehen sich einfach lange hin – ist Nicolas Berggruen nicht aus den Schlagzeilen verschwunden. Der Mann bewegt die Gemüter wie nur wenige Investoren. Artikel über ihn sind reich an teilweise konträren Adjektiven wie mysteriös, scheu, kühl, bescheiden, lässig, freundlich, intelligent, jungenhaft oder schmächtig. Zudem wird der 50-Jährige auch gerne als fleischgewordenes Rätsel, Luxusnomade oder Partylöwe beschrieben. Nie fehlt der Hinweis auf seine Wohnsituation (obdachlos, da in Hotels ansässig) oder sein sichtbarstes Milliardärs-Accessoire, das Privatflugzeug (eine Gulfstream IV).
"Ich bin einfach ein Mensch", das ist die einzige Einordnung, die Nicolas Berggruen von sich preisgibt. Er beantwortet weder Fragen zu seinem Junggesellenstatus noch löst er das Rätsel auf, ob man sich jeden Tag neue Hemden kaufen muss, wenn man keinen Ort für eine Waschmaschine hat. Vielleicht erstaunt ihn das öffentliche Interesse an seinem Privatleben wirklich, vielleicht ist sein außergewöhnlicher Life-Style aber auch seinem Nimbus zuträglich, wie etwa bei Warren Buffett. Die Investorenlegende wird auch niemals ohne eine Erwähnung ihres Lieblingsessens (Burger mit Cherry Coke) oder der simplen Wohnsituation (Haus aus den 1960ern) portraitiert. Wie Buffett gilt auch Berggruen als disziplinierter Käufer, der nur in solche Unternehmen investiert, deren Geschäfte er auch versteht. Zudem hat sich der Deutsch-Amerikaner der von Warren Buffett und Bill Gates gestarteten Giving-Pledge-Kampagne angeschlossen und sich verpflichtet, schon zu Lebzeiten mehr als 50 Prozent seines Vermögens wohltätigen Zwecken zu geben.
Mehr Vermögen, weniger soziale Probleme
Man möchte meinen, dass Berggruen mit seiner in New York City ansässigen Berggruen Holdings, mit Niederlassungen in Berlin, Istanbul, Tel Aviv und Mumbai und Geschäftsfeldern von Immobilien bis zu erneuerbaren Energien, voll ausgelastet ist. Doch für seine unternehmerischen Tätigkeiten und seine vom Vater Heinz Berggruen ererbte Kunstsammelleidenschaft wendet Nicolas Berggruen nach eigenen Aussagen nur den geringeren Anteil seiner Zeit auf. Er hat Wichtigeres zu tun: Er will die Welt retten. Dafür hat er einen Think Tank, das Nicolas Berggruen Institute (NBI), aufgebaut. Gemeinsam mit früheren Staats- und Regierungschefs wie Gerhard Schröder oder Felipe Gonzales, mehreren Wirtschaftsnobelpreisträgern und ehemaligen Unternehmenslenkern wie Google-Chef Eric Schmidt, will er neue politische Strategien entwickeln.
Nachdem einige Ideen des Think Tanks bereits in Kalifornien umgesetzt wurden, hat sich die Gruppe nun Europa vorgenommen. "Die Wahrheit ist: Europa wird heute nicht richtig regiert", stellt Berggruen fest. Europa brauche Gesichter und dürfe nicht mehr von den Interessen der Nationalstaaten bestimmt werden. In der aktuellen Finanzkrise will der Tausendsassa deshalb den Staats- und Regierungschefs herausragende Experten zur Seite stellen, die ihnen so radikale Vorschläge unterbreiten sollen, wie sie sie selbst nie zu formulieren wagen würden. Etwa ein Euro-Rettungspaket, das so groß ist, das es den Märkten einfach die Sprache verschlägt. Das europäische Projekt sei von den auf ihre Wiederwahl bedachten Politikern nie richtig erklärt worden, glaubt Berggruen. Wenn Europa aber langfristig im Wettbewerb bestehen und den Wohlstand seiner Bürger sichern wolle, müsse jetzt gehandelt werden, wiederholt der Investor, wann immer er danach gefragt wird.
Schon als Teenager soll sich der 50-Jährige für Politik interessiert und die Theorie einer idealen Verfassung entworfen haben. Ob bei Geschäften oder Politik, bis heute gibt sich Berggruen nach eigenen Angaben selten zufrieden mit einem Zustand. Und deshalb fange er an zu arbeiten, wenn er morgens die Augen aufmache und höre erst auf, wenn er abends wieder ins Bett gehe. Soviel Energie bringen die wenigsten Normalsterblichen auf, das erhöht den Neidfaktor und fördert die Legendenbildung. Vermutlich ist aber so ein Leben deutlich weniger geheimnisvoll oder glamourös als vermutet, sondern lässt sich wie von Wikipedia in dürren Worten kleiden: Nicolas Berggruen investiert in Projekte, bei denen er hofft, sowohl sein Vermögen zu erweitern, als auch soziale Probleme zu mildern. Nicht mehr, nicht weniger.
Quelle
Also doch: Nicolas Berggruen ist kein selbstloser Philanthrop, sondern ein knallharter Geschäftsmann. Der Vorstoß der Berggruen Holding in Sachen Kaufhof bestätigt die Skeptiker. Medienberichten zufolge spielt der Investor einen massiven Jobabbau und Filialschließungen für den Fall einer Übernahme der Metro-Tochter durch. Zudem soll der Karstadt-Eigner beim "Projekt Zeus" auf die Unterstützung der Investmentgesellschaft Blackstone, dem Sinnbild einer Heuschrecke, setzen. Am Ende des Ganzen stünde dann die Deutsche Warenhaus AG – ein langgehegter, aber nie erfüllter Traum in der Branche.
Dass Nicolas Berggruen diesen Traum auch hatte, war zuvor nicht bekannt, er schien mit seinem Karstadt-Kauf zufrieden zu sein. Entsprechend sperrig die Reaktion von Metro - der Blick in die Bücher wurde der Berggruen Holding offenbar noch nicht gewährt, stattdessen hat die Signa-Holding die Nase klar vorn. Ihm habe Metro lediglich in einer E-Mail mitgeteilt, dass das Unternehmen zögere, sich mit seinem Angebot überhaupt auseinanderzusetzen, ärgerte sich Berggruen kürzlich. "Da dachte ich erst, das sei ein Witz."
Retter des Traditionskaufhauses
In der Tat dürfte der erfolgsverwöhnte Investor in seinem Leben vor nicht allzu vielen verschlossenen Türen gestanden haben. Als Berggruen im Juni 2010 den Zuschlag für die marode Kaufhauskette Karstadt erhielt, verkündete Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen einen "Tag der Freude" für die 25.000 Beschäftigten. "Ich bin irrsinnig glücklich", sagte Berggruen und sein offener Hemdkragen erzählte von den Gefechten, die diesem Moment vorausgingen. Schon wähnte man, dass es zwischen von der Leyen und Berggruen vor laufenden Kameras zu einem Streisand/Redford-Moment kommen könnte, doch die Ministerin strich dem jungenhaft aussehenden Milliardär doch nicht das zerzauste Haar aus der Stirn.
Nur wenige Monate danach zogen Schatten im Paradies auf. Besonders der Aufsichtsrat soll damit zu kämpfen gehabt haben, dass Berggruen und sein Team die Sanierungsentscheidungen zu oft an dem Gremium vorbei fällten. Fünf Monate nach seiner Ernennung zum Aufsichtsratschef warf dann Rewe-Chef Alain Caparros das Handtuch. Caparros begründete seinen Ausstieg mit dem "unterschiedlichen Verständnis über die Rolle des Aufsichtsrates in der strategischen Ausrichtung von Karstadt". Ersetzt wurde Caparros durch einen Vertrauten Berggruens: Jared Bluestein, Chief Operating Officer der Nicolas Berggruen Holdings, vertritt bereits seit 15 Jahren die Interessen seines Chefs in mehr als 50 internationalen Unternehmen und erhält in Medienberichten gerne den Zusatz: Knallhart.
Faszinierendes Milliardärsleben
Auch wenn es nach diesen Personalien wieder ruhiger um Karstadt wurde – die Sanierungsumbauten ziehen sich einfach lange hin – ist Nicolas Berggruen nicht aus den Schlagzeilen verschwunden. Der Mann bewegt die Gemüter wie nur wenige Investoren. Artikel über ihn sind reich an teilweise konträren Adjektiven wie mysteriös, scheu, kühl, bescheiden, lässig, freundlich, intelligent, jungenhaft oder schmächtig. Zudem wird der 50-Jährige auch gerne als fleischgewordenes Rätsel, Luxusnomade oder Partylöwe beschrieben. Nie fehlt der Hinweis auf seine Wohnsituation (obdachlos, da in Hotels ansässig) oder sein sichtbarstes Milliardärs-Accessoire, das Privatflugzeug (eine Gulfstream IV).
"Ich bin einfach ein Mensch", das ist die einzige Einordnung, die Nicolas Berggruen von sich preisgibt. Er beantwortet weder Fragen zu seinem Junggesellenstatus noch löst er das Rätsel auf, ob man sich jeden Tag neue Hemden kaufen muss, wenn man keinen Ort für eine Waschmaschine hat. Vielleicht erstaunt ihn das öffentliche Interesse an seinem Privatleben wirklich, vielleicht ist sein außergewöhnlicher Life-Style aber auch seinem Nimbus zuträglich, wie etwa bei Warren Buffett. Die Investorenlegende wird auch niemals ohne eine Erwähnung ihres Lieblingsessens (Burger mit Cherry Coke) oder der simplen Wohnsituation (Haus aus den 1960ern) portraitiert. Wie Buffett gilt auch Berggruen als disziplinierter Käufer, der nur in solche Unternehmen investiert, deren Geschäfte er auch versteht. Zudem hat sich der Deutsch-Amerikaner der von Warren Buffett und Bill Gates gestarteten Giving-Pledge-Kampagne angeschlossen und sich verpflichtet, schon zu Lebzeiten mehr als 50 Prozent seines Vermögens wohltätigen Zwecken zu geben.
Mehr Vermögen, weniger soziale Probleme
Man möchte meinen, dass Berggruen mit seiner in New York City ansässigen Berggruen Holdings, mit Niederlassungen in Berlin, Istanbul, Tel Aviv und Mumbai und Geschäftsfeldern von Immobilien bis zu erneuerbaren Energien, voll ausgelastet ist. Doch für seine unternehmerischen Tätigkeiten und seine vom Vater Heinz Berggruen ererbte Kunstsammelleidenschaft wendet Nicolas Berggruen nach eigenen Aussagen nur den geringeren Anteil seiner Zeit auf. Er hat Wichtigeres zu tun: Er will die Welt retten. Dafür hat er einen Think Tank, das Nicolas Berggruen Institute (NBI), aufgebaut. Gemeinsam mit früheren Staats- und Regierungschefs wie Gerhard Schröder oder Felipe Gonzales, mehreren Wirtschaftsnobelpreisträgern und ehemaligen Unternehmenslenkern wie Google-Chef Eric Schmidt, will er neue politische Strategien entwickeln.
Nachdem einige Ideen des Think Tanks bereits in Kalifornien umgesetzt wurden, hat sich die Gruppe nun Europa vorgenommen. "Die Wahrheit ist: Europa wird heute nicht richtig regiert", stellt Berggruen fest. Europa brauche Gesichter und dürfe nicht mehr von den Interessen der Nationalstaaten bestimmt werden. In der aktuellen Finanzkrise will der Tausendsassa deshalb den Staats- und Regierungschefs herausragende Experten zur Seite stellen, die ihnen so radikale Vorschläge unterbreiten sollen, wie sie sie selbst nie zu formulieren wagen würden. Etwa ein Euro-Rettungspaket, das so groß ist, das es den Märkten einfach die Sprache verschlägt. Das europäische Projekt sei von den auf ihre Wiederwahl bedachten Politikern nie richtig erklärt worden, glaubt Berggruen. Wenn Europa aber langfristig im Wettbewerb bestehen und den Wohlstand seiner Bürger sichern wolle, müsse jetzt gehandelt werden, wiederholt der Investor, wann immer er danach gefragt wird.
Schon als Teenager soll sich der 50-Jährige für Politik interessiert und die Theorie einer idealen Verfassung entworfen haben. Ob bei Geschäften oder Politik, bis heute gibt sich Berggruen nach eigenen Angaben selten zufrieden mit einem Zustand. Und deshalb fange er an zu arbeiten, wenn er morgens die Augen aufmache und höre erst auf, wenn er abends wieder ins Bett gehe. Soviel Energie bringen die wenigsten Normalsterblichen auf, das erhöht den Neidfaktor und fördert die Legendenbildung. Vermutlich ist aber so ein Leben deutlich weniger geheimnisvoll oder glamourös als vermutet, sondern lässt sich wie von Wikipedia in dürren Worten kleiden: Nicolas Berggruen investiert in Projekte, bei denen er hofft, sowohl sein Vermögen zu erweitern, als auch soziale Probleme zu mildern. Nicht mehr, nicht weniger.
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