Gericht stellt religiöse Beschneidung unter Strafe
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Gericht stellt religiöse Beschneidung unter Strafe
Ein Urteil des Landgerichts Köln betrifft einen weitverbreiteten, aus religiösen Gründen durchgeführten medizinischen Eingriff: Danach ist die Beschneidung von Jungen künftig als Körperverletzung zu werten.
Wer Jungen aus religiösen Gründen beschneidet, macht sich wegen Körperverletzung strafbar. Dies hat das Landgericht Köln in einem wegweisenden Urteil entschieden, das der FTD vorliegt. Weder das Elternrecht noch die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit können diesen Eingriff rechtfertigen, stellte das Gericht in seiner Urteilsbegründung klar.
Damit stellt erstmals ein deutsches Gericht den religiösen Brauch unter Strafe. Jährlich werden in Deutschland mehrere tausend Jungen in ihren ersten Lebensjahren auf Wunsch der Eltern beschnitten. In den USA wird sogar die Mehrheit aller Jungen - weitgehend unabhängig von der Religion - direkt nach Geburt beschnitten. Auch dort formiert sich nun aber massiver Widerstand gegen diese Praxis. Weltweit sind rund ein Viertel aller Männer beschnitten.
Über Jahrzehnte hatten Ärzte in Deutschland in einer juristischen Grauzone agiert, wenn sie Jungen aus rein religiösen Gründen beschnitten, ohne dass es eine medizinische Notwendigkeit gab. Bislang konnten sie sich jedoch darauf berufen, keine Kenntnis von der Strafbarkeit religiöser Beschneidungen gehabt zu haben. Selbst wenn ein Gericht den Einzelfall später als Körperverletzung anerkannte, musste der Arzt wegen des so genannten Verbotsirrtums freigesprochen werden. Mit dem Kölner Urteil fällt diese Möglichkeit nun weg.
"Das Urteil ist vor allem für Ärzte enorm wichtig, weil diese jetzt zum ersten Mal Rechtssicherheit haben", sagte Holm Putzke von der Universität Passau. Der Strafrechtler fordert seit Jahren ein ausdrückliches Verbot der religiösen Beschneidung. "Das Gericht hat sich - anders als viele Politiker - nicht von der Sorge abschrecken lassen, als antisemitisch und religionsfeindlich kritisiert zu werden", lobte Putzke. "Diese Entscheidung könnte nicht nur die zukünftige Rechtsprechung prägen, sondern im besten Fall auch bei den betroffenen Religionen zu einem Bewusstseinswandel führen, Grundrechte von Kindern zu respektieren."
Vor allem muslimische und jüdische Organisationen weisen die Forderungen nach einer Strafbarkeit der Beschneidung bislang entschieden zurück. Sie werten ein Verbot als "schweren Eingriff in das Recht auf freie Religionsausübung". Zum Kölner Urteil wollten sie sich am Montag auf Anfrage zunächst nicht äußern. Man wolle zunächst die Urteilsbegründung prüfen, hieß es.
Der Richterspruch dürfte für Diskussionen sorgen. Seit Jahren ringen Politik und Verbände um eine bessere Integration der muslimischen Bevölkerung. Wolfgang Schäuble berief dazu als Innenminister 2006 erstmals eine eigene Islamkonferenz ein. Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff sagte: "Der Islam gehört zu Deutschland." Sein Nachfolger Joachim Gauck variierte: "Die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland." Einige Muslime dürften das Kölner Urteil nun als einen Rückschritt auffassen.
Experten gehen davon aus, dass nun weitere Fälle andernorts vor Gericht landen werden. Abschließend könnte die Frage nach der Strafbarkeit religiös motivierter Beschneidungen dann wohl vom Bundesverfassungsgericht geregelt werden.
Im Kölner Fall hatte ein muslimischer Arzt an einem vierjährigen Jungen auf Wunsch der Eltern eine Beschneidung vorgenommen. Zwei Tage später kam es zu Nachblutungen, die Mutter brachte den Jungen in die Kindernotaufnahme. Die Staatsanwaltschaft erhielt Kenntnis davon und erhob Anklage gegen den Beschneider. Nachdem das Amtsgericht den Eingriff für rechtens befand, legte sie Berufung ein. Das Landgericht wertete ihn jetzt als "schwere und irreversible Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit".
Quelle
Wer Jungen aus religiösen Gründen beschneidet, macht sich wegen Körperverletzung strafbar. Dies hat das Landgericht Köln in einem wegweisenden Urteil entschieden, das der FTD vorliegt. Weder das Elternrecht noch die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit können diesen Eingriff rechtfertigen, stellte das Gericht in seiner Urteilsbegründung klar.
Damit stellt erstmals ein deutsches Gericht den religiösen Brauch unter Strafe. Jährlich werden in Deutschland mehrere tausend Jungen in ihren ersten Lebensjahren auf Wunsch der Eltern beschnitten. In den USA wird sogar die Mehrheit aller Jungen - weitgehend unabhängig von der Religion - direkt nach Geburt beschnitten. Auch dort formiert sich nun aber massiver Widerstand gegen diese Praxis. Weltweit sind rund ein Viertel aller Männer beschnitten.
Über Jahrzehnte hatten Ärzte in Deutschland in einer juristischen Grauzone agiert, wenn sie Jungen aus rein religiösen Gründen beschnitten, ohne dass es eine medizinische Notwendigkeit gab. Bislang konnten sie sich jedoch darauf berufen, keine Kenntnis von der Strafbarkeit religiöser Beschneidungen gehabt zu haben. Selbst wenn ein Gericht den Einzelfall später als Körperverletzung anerkannte, musste der Arzt wegen des so genannten Verbotsirrtums freigesprochen werden. Mit dem Kölner Urteil fällt diese Möglichkeit nun weg.
"Das Urteil ist vor allem für Ärzte enorm wichtig, weil diese jetzt zum ersten Mal Rechtssicherheit haben", sagte Holm Putzke von der Universität Passau. Der Strafrechtler fordert seit Jahren ein ausdrückliches Verbot der religiösen Beschneidung. "Das Gericht hat sich - anders als viele Politiker - nicht von der Sorge abschrecken lassen, als antisemitisch und religionsfeindlich kritisiert zu werden", lobte Putzke. "Diese Entscheidung könnte nicht nur die zukünftige Rechtsprechung prägen, sondern im besten Fall auch bei den betroffenen Religionen zu einem Bewusstseinswandel führen, Grundrechte von Kindern zu respektieren."
Vor allem muslimische und jüdische Organisationen weisen die Forderungen nach einer Strafbarkeit der Beschneidung bislang entschieden zurück. Sie werten ein Verbot als "schweren Eingriff in das Recht auf freie Religionsausübung". Zum Kölner Urteil wollten sie sich am Montag auf Anfrage zunächst nicht äußern. Man wolle zunächst die Urteilsbegründung prüfen, hieß es.
Der Richterspruch dürfte für Diskussionen sorgen. Seit Jahren ringen Politik und Verbände um eine bessere Integration der muslimischen Bevölkerung. Wolfgang Schäuble berief dazu als Innenminister 2006 erstmals eine eigene Islamkonferenz ein. Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff sagte: "Der Islam gehört zu Deutschland." Sein Nachfolger Joachim Gauck variierte: "Die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland." Einige Muslime dürften das Kölner Urteil nun als einen Rückschritt auffassen.
Experten gehen davon aus, dass nun weitere Fälle andernorts vor Gericht landen werden. Abschließend könnte die Frage nach der Strafbarkeit religiös motivierter Beschneidungen dann wohl vom Bundesverfassungsgericht geregelt werden.
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