BGH-Urteil: Lebensversicherer dürfen bei Kündigung abkassieren
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BGH-Urteil: Lebensversicherer dürfen bei Kündigung abkassieren
Der Ausstieg bleibt teuer: Wenn Kunden ihre Lebensversicherung kündigen, darf der Anbieter auch in Zukunft bis zur Hälfte der Beiträge einbehalten. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof.
Karlsruhe - Schlechte Nachrichten für viele Kunden von Lebensversicherungen: Im Fall einer Kündigung ihrer Police müssen sie auch weiterhin hohe Abschläge auf den sogenannten Rückkaufswert hinnehmen. Das folgt aus einer am Mittwoch verkündeten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH).
Dem Urteil zufolge müssen die Versicherungen bei der Kündigung von Altverträgen wie bisher nur mindestens die Hälfte des Deckungskapitals auszahlen. Kunden hatten unter Berufung auf eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 2008 auch für ältere Verträge höhere Rückzahlungen gefordert. Als Altverträge gelten Vereinbarungen, die bis Ende 2007 abgeschlossen wurden.
Ursprünglich hatten die Versicherungen Klauseln verwendet, wonach Vermittlungsprovisionen und andere Abschlusskosten mit den ersten Beiträgen verrechnet werden. Das konnte dazu führen, dass Kunden bei einer frühen Kündigung kaum Geld zurückbekamen. Diese Klauseln hatte der BGH aber schon im vergangenen Jahr für unwirksam erklärt, weil sie die Kunden unangemessen benachteiligten.
Die beiden Kläger der Ausgangsverfahren hatten ihre jeweils 2004 abgeschlossenen Verträge 2009 gekündigt und als Berechnungsmethode für den Rückkaufswert die 2008 geltende gesetzliche Regelung gefordert. Sie sieht vor, dass die zumeist hohen Abschlussgebühren auf die ersten fünf Beitragsjahre verteilt werden müssen. Die Kläger scheiterten nun mit ihrer Forderung, weil der Gesetzgeber laut Urteil die Neuregelung nicht auf Altfälle angewandt wissen wollte. Dies ergebe sich aus den Materialien zur Gesetzesnovelle, heißt es im Urteil.
Unabhängig von dem neuen BGH-Urteil haben viele Verbraucher mit Altverträgen Anspruch auf eine Nachzahlung. Der Bundesgerichtshof entschied nach Klagen der Verbraucherzentrale Hamburg in mehreren Fällen, dass die Versicherer zu wenig ausgezahlt hatten. Dabei ging es um Verträge, die ab 1995 und vor 2008 abgeschlossen wurden. Laut BGH durften diese Verträge nicht mit einem Stornoabzug belastet werden. Außerdem haben die Kunden Anspruch auf einen Mindestrückkaufswert von knapp der Hälfte der eingezahlten Beiträge. Die Urteile gelten auch für fondsgebundene Rentenpolicen.
Für Nachzahlungen müssten Kunden selbst aktiv werden, sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Das heißt: Kunden sollten sich schriftlich an ihre Versicherung wenden und unter Berufung auf die BGH-Urteile eine Neuberechnung des Rückkaufswerts verlangen. Die Verbraucherzentrale hat dazu im Internet einen Musterbrief bereitgestellt.
Viele Versicherer berufen sich aber auf Verjährungsfristen, die grundsätzlich drei Jahre betragen. Wer seinen Vertrag bis 2009 gekündigt hat, muss damit rechnen, dass er leer ausgeht. "Einen Versuch ist es aber trotzdem Wert", sagt Castelló. Kunden, die ihre Ansprüche geltend machen, bekommen nach bisherigen Erfahrungen der Verbraucherschützer eine Nachzahlung von im Schnitt 733 Euro.
Garantiezins soll vorerst stabil bleiben
Der Garantiezins in der Lebensversicherung wird voraussichtlich auch Anfang nächsten Jahres noch bei 1,75 Prozent liegen. "Eine Absenkung zum 1. Januar 2014 ist unwahrscheinlich", sagte die Chefin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Elke König, laut einem Vorabbericht der "Bild"-Zeitung. Zuletzt hatte das Bundesfinanzministerium die Mindestverzinsung für Neuverträge zum Jahresbeginn 2012 von 2,25 auf 1,75 Prozent gesenkt.
Wegen der Niedrigzinsen hat die Versicherungsbranche Probleme, die einst in Aussicht gestellten Überschussbeteiligungen für ihre Kunden zu erwirtschaften. Auch die hohen Garantiezinsen von bis zu vier Prozent für Altverträge können die Versicherer bei der Neuanlage der Kundengelder oft nicht mehr erwirtschaften. Mehrere Lebensversicherer sollen deshalb bei der Finanzaufsicht BaFin beantragt haben, die Vorschriften zur Beteiligung der Kunden an den Gewinnen zweitweise auszusetzen.
Die Branche sei "nicht davon ausgegangen, dass eine derart kurzfristige Absenkung des Höchstrechnungszinses in Betracht gezogen würde", sagte ein Sprecher des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft (GDV). Die Versicherungsmathematiker der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) hätten bereits Anfang des Jahres empfohlen, den Garantiezins in der Lebensversicherung 2014 bei 1,75 Prozent zu belassen. "Diese Empfehlung können wir nachvollziehen."
Verbraucherschützerin Castelló hält den Garantiezins ohnehin nicht für die entscheidende Größe dafür, was den Kunden am Ende ausbezahlt werde. Viel wichtiger seien etwa die Abschlusskosten des Versicherungsvertrags. Eine Analyse von Verträgen aus einer Stichprobe von Beratungsfällen habe ergeben, dass im Durchschnitt rund 20 Prozent aller eingezahlten Beiträge in Abschluss- und Verwaltungskosten flössen.
Lebensversicherungen sind in Deutschland weit verbreitet - es gibt mehr Verträge als Einwohner: Insgesamt 89,1 Millionen Kontrakte zählte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft im Jahr 2012. Nicht immer werden die Verträge bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit durchgehalten. Viele Kunden steigen vorzeitig aus. Seit dem Jahr 2000 schwankte die Stornoquote in etwa zwischen etwa drei und vier Prozent.
Quelle
Karlsruhe - Schlechte Nachrichten für viele Kunden von Lebensversicherungen: Im Fall einer Kündigung ihrer Police müssen sie auch weiterhin hohe Abschläge auf den sogenannten Rückkaufswert hinnehmen. Das folgt aus einer am Mittwoch verkündeten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH).
Dem Urteil zufolge müssen die Versicherungen bei der Kündigung von Altverträgen wie bisher nur mindestens die Hälfte des Deckungskapitals auszahlen. Kunden hatten unter Berufung auf eine Gesetzesänderung aus dem Jahr 2008 auch für ältere Verträge höhere Rückzahlungen gefordert. Als Altverträge gelten Vereinbarungen, die bis Ende 2007 abgeschlossen wurden.
Ursprünglich hatten die Versicherungen Klauseln verwendet, wonach Vermittlungsprovisionen und andere Abschlusskosten mit den ersten Beiträgen verrechnet werden. Das konnte dazu führen, dass Kunden bei einer frühen Kündigung kaum Geld zurückbekamen. Diese Klauseln hatte der BGH aber schon im vergangenen Jahr für unwirksam erklärt, weil sie die Kunden unangemessen benachteiligten.
Die beiden Kläger der Ausgangsverfahren hatten ihre jeweils 2004 abgeschlossenen Verträge 2009 gekündigt und als Berechnungsmethode für den Rückkaufswert die 2008 geltende gesetzliche Regelung gefordert. Sie sieht vor, dass die zumeist hohen Abschlussgebühren auf die ersten fünf Beitragsjahre verteilt werden müssen. Die Kläger scheiterten nun mit ihrer Forderung, weil der Gesetzgeber laut Urteil die Neuregelung nicht auf Altfälle angewandt wissen wollte. Dies ergebe sich aus den Materialien zur Gesetzesnovelle, heißt es im Urteil.
Unabhängig von dem neuen BGH-Urteil haben viele Verbraucher mit Altverträgen Anspruch auf eine Nachzahlung. Der Bundesgerichtshof entschied nach Klagen der Verbraucherzentrale Hamburg in mehreren Fällen, dass die Versicherer zu wenig ausgezahlt hatten. Dabei ging es um Verträge, die ab 1995 und vor 2008 abgeschlossen wurden. Laut BGH durften diese Verträge nicht mit einem Stornoabzug belastet werden. Außerdem haben die Kunden Anspruch auf einen Mindestrückkaufswert von knapp der Hälfte der eingezahlten Beiträge. Die Urteile gelten auch für fondsgebundene Rentenpolicen.
Für Nachzahlungen müssten Kunden selbst aktiv werden, sagt Edda Castelló von der Verbraucherzentrale Hamburg. Das heißt: Kunden sollten sich schriftlich an ihre Versicherung wenden und unter Berufung auf die BGH-Urteile eine Neuberechnung des Rückkaufswerts verlangen. Die Verbraucherzentrale hat dazu im Internet einen Musterbrief bereitgestellt.
Viele Versicherer berufen sich aber auf Verjährungsfristen, die grundsätzlich drei Jahre betragen. Wer seinen Vertrag bis 2009 gekündigt hat, muss damit rechnen, dass er leer ausgeht. "Einen Versuch ist es aber trotzdem Wert", sagt Castelló. Kunden, die ihre Ansprüche geltend machen, bekommen nach bisherigen Erfahrungen der Verbraucherschützer eine Nachzahlung von im Schnitt 733 Euro.
Garantiezins soll vorerst stabil bleiben
Der Garantiezins in der Lebensversicherung wird voraussichtlich auch Anfang nächsten Jahres noch bei 1,75 Prozent liegen. "Eine Absenkung zum 1. Januar 2014 ist unwahrscheinlich", sagte die Chefin der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), Elke König, laut einem Vorabbericht der "Bild"-Zeitung. Zuletzt hatte das Bundesfinanzministerium die Mindestverzinsung für Neuverträge zum Jahresbeginn 2012 von 2,25 auf 1,75 Prozent gesenkt.
Wegen der Niedrigzinsen hat die Versicherungsbranche Probleme, die einst in Aussicht gestellten Überschussbeteiligungen für ihre Kunden zu erwirtschaften. Auch die hohen Garantiezinsen von bis zu vier Prozent für Altverträge können die Versicherer bei der Neuanlage der Kundengelder oft nicht mehr erwirtschaften. Mehrere Lebensversicherer sollen deshalb bei der Finanzaufsicht BaFin beantragt haben, die Vorschriften zur Beteiligung der Kunden an den Gewinnen zweitweise auszusetzen.
Die Branche sei "nicht davon ausgegangen, dass eine derart kurzfristige Absenkung des Höchstrechnungszinses in Betracht gezogen würde", sagte ein Sprecher des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft (GDV). Die Versicherungsmathematiker der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) hätten bereits Anfang des Jahres empfohlen, den Garantiezins in der Lebensversicherung 2014 bei 1,75 Prozent zu belassen. "Diese Empfehlung können wir nachvollziehen."
Verbraucherschützerin Castelló hält den Garantiezins ohnehin nicht für die entscheidende Größe dafür, was den Kunden am Ende ausbezahlt werde. Viel wichtiger seien etwa die Abschlusskosten des Versicherungsvertrags. Eine Analyse von Verträgen aus einer Stichprobe von Beratungsfällen habe ergeben, dass im Durchschnitt rund 20 Prozent aller eingezahlten Beiträge in Abschluss- und Verwaltungskosten flössen.
Lebensversicherungen sind in Deutschland weit verbreitet - es gibt mehr Verträge als Einwohner: Insgesamt 89,1 Millionen Kontrakte zählte der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft im Jahr 2012. Nicht immer werden die Verträge bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit durchgehalten. Viele Kunden steigen vorzeitig aus. Seit dem Jahr 2000 schwankte die Stornoquote in etwa zwischen etwa drei und vier Prozent.
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