Altgriechische Sprache
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Altgriechische Sprache
Nun neben jede mengen Kulturen gab es auch jede mange verschiedene Sprachen,eine davon ist zbs. die Altgriechische Sprache, die bis zu uns herüber geschwappt war und die heute noch aktuell ist.
Dazu findet sich folgendes geschrieben:
Altgriechisch (Eigenbezeichnung: ἡ Ἑλληνικὴ γλῶττα hē Hellēnikē glōtta, ‚die griechische Sprache‘) ist die antike Sprachstufe der griechischen Sprache, einer indogermanischen Sprache im östlichen Mittelmeerraum, die einen eigenen Zweig dieser Sprachfamilie darstellt.
Unter dem Begriff Altgriechisch werden Sprachformen und Dialekte zusammengefasst, die zwischen der Einführung der griechischen Schrift (etwa 800 v. Chr.) und dem Beginn der hellenistischen Ära (etwa 300 v. Chr.), zumindest in der Literatur noch sehr viel länger, nämlich bis zum Ende der Antike (um 600 n. Chr.), verwendet wurden. Als Norm für das klassische Altgriechisch gilt der literarische attische Dialekt des 5. und 4. Jahrhunderts vor Christus, die Sprache von Sophokles, Platon und Demosthenes. Die Sprachstufe zwischen etwa 600 und 1453 (Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen) wird gemeinhin als Mittelgriechisch oder Byzantinisches Griechisch bezeichnet; das darauf folgende Neugriechische, die Staatssprache des modernen Griechenland, hat sich nachvollziehbar kontinuierlich aus dem Alt- bzw. Mittelgriechischen entwickelt.
Die altgriechische Sprache hat einerseits durch die Vermittlung durch das Lateinische, für dessen Geltungsbereich sie die wesentliche Bildungssprache war, andererseits durch die exemplarische erhaltene Literatur vor allem in den Bereichen Philosophie, Naturwissenschaft, Geschichtsschreibung, Dichtung, Musik und Theater eine herausragende Bedeutung für das gesamte Abendland. Hinzu kommt ihre Bedeutung als Sprache des Neuen Testaments für Religion und Theologie des Christentums. Auch sprachlich hat sie durch diesen Einfluss die europäischen Sprachen geprägt: Eine Vielzahl von Lehnübersetzungen, Lehn- und Fremdwörtern hat in europäische Sprachen Eingang gefunden und wird in diversen Fachsprachen verwendet.
Der Sprachcode nach ISO 639 für Alt- und Mittelgriechisch (bis 1453) ist grc.
Das Altgriechische lässt sich als indogermanische Sprache klassifizieren, leitet sich also vom Ur-Indogermanischen ab, das sich wahrscheinlich im 3. Jahrtausend v. Chr. in die heute bekannten Sprachzweige aufspaltete. Lautbestand und Vokabular des Altgriechischen weichen jedoch von allen anderen Sprachen der Familie so erheblich ab, dass es als eigener Zweig des Indogermanischen im engeren Sinne gewertet wird und man von einer starken Substratwirkung der „vorgriechischen“ Sprachstufen auf die griechischen Idiome ausgeht[2].
Den Ursprung vieler nicht indogermanischer Wörter des Griechischen (etwa thalassa θάλασσα ‚Meer‘ und nēsos νῆσος ‚Insel‘) vermuten Forscher in der Sprache oder den Sprachen der Bewohner Griechenlands vor Ankunft der griechischen Völker um 2000 v. Chr., die im Altgriechischen Pelasgoi Πελασγοί ‚Pelasger‘ genannt wurden.[3] Zur Klassifikation des ‚Pelasgischen‘ gibt es Theorien, die in ihm eine eigene indogermanische Sprachform sehen und es mit dem Illyrischen in Verbindung bringen, aufgrund der fehlenden Originalquellen aber kaum beweisbar sind. Weder die illyrische noch die „pelasgische“ Sprache haben sich, außer in wenigen Lehnwörtern, in nennenswertem Umfang erhalten, so dass eine Rekonstruktion dieser Sprachen und damit eine Bestätigung oder Widerlegung dieser These nicht möglich ist. Sicher haben auch das Minoische und Eteokretische, vorgriechische Sprachen auf Kreta, das Vokabular des frühen Griechischen beeinflusst [1]; auch hier sind jedoch nur schwer eindeutige Aussagen möglich, da Minoisch und Eteokretisch bislang nicht verständlich sind.
Martin Bernal vertrat die umstrittene These, dass viele griechische Wörter unklarer oder nicht-indogermanischer Herkunft semitischen Ursprungs seien.[4]
→ Hauptartikel: Griechische Sprache
Die ältesten Schriftzeugnisse des Griechischen stammen aus mykenischer Zeit (14. vorchristliches Jahrhundert) und sind in Linearschrift B abgefasst. Die damit geschriebene Sprache wird als mykenisches Griechisch bezeichnet und wird als einer von mehreren Dialekten dieser Sprachstufe gesehen.[2] Aus der Zeit zwischen ca.1200 und 800 v. Chr. gibt es keine schriftlichen Quellen des Griechischen; mit den Epen Homers, die vermutlich zwischen 850 und 700 v. Chr. entstanden, begegnet uns erstmals ein literarisches Werk in altgriechischer Sprache. Die Sprache Homers ist eine künstlich gebildete Literatursprache, die vorwiegend aus ionischen und äolischen Elementen besteht. Zu diesem Zeitpunkt muss das Altgriechische in verschiedenen Dialekten im südlichen Balkan und um die Ägäis weit verbreitet gewesen sein.
Die griechischen Dialekte im Kern des griechischen Siedlungsgebiets um 400 v. Chr.
Nach und nach wurde mit der steigenden kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung der Poleis und ihrer Kolonien im gesamten Mittelmeerraum das Griechische zu einer Weltsprache der Antike. Man schätzt die Zahl der Griechisch-Sprecher zu Beginn des 4. Jahrhunderts v. Chr. auf etwa sieben Millionen Menschen, zur Zeit Alexanders des Großen auf rund neun Millionen.[2] Als Staatssprache des Reichs Alexanders und seiner Nachfolger verbreitete es sich bis Ägypten und Mittelasien, als Amtssprache des Römischen Reiches bis Großbritannien, Spanien und Nordafrika.
Altgriechisch wird in vier Dialektgruppen gegliedert, das Ionisch-Attische, das Arkadisch-Kyprische, das Äolische, sowie Westgriechisch, das aus dorischen, und nordwestgriechischen Dialekten bestand. Neben diesen epichorischen also ‚einheimischen‘, d. h. regional verteilten gesprochenen Dialekten entwickelten sich auch so genannte literarische Dialekte: Verschiedene Gattungen der Versdichtung bedienten sich hauptsächlich vier Varianten der epichoreischen Dialekte (Ionisch, Äolisch, Dorisch und Attisch). Die literarische Prosa war zu Beginn von ionisch schreibenden Autoren bestimmt (die Naturphilosophen Thales, Anaximander und Anaximenes; Herodot), doch setzte sich im 5. Jahrhundert das Attische als vorherrschender literarischer Dialekt durch und wurde durch Autoren wie Platon zum klassischen literarischen Vorbild für die gesamte griechische Literatur. Diese Sprachform wurde fortan von den meisten Autoren der Antike als Literatursprache verwendet und gilt bis in die Gegenwart als Norm für das Altgriechische.[2]
Schon zur Zeit des Hellenismus begann ein zunehmender Wandel in Hinsicht auf Aussprache, Betonung und Grammatik einzusetzen, der bis zum Ende der Spätantike weitgehend abgeschlossen war. In Abgrenzung zum Neugriechischen werden aber auch die hellenistischen (Koine, etwa 300 v. Chr. bis 300 n. Chr.) und spätantiken (etwa 300 bis 600 n. Chr.) Sprachformen zum Altgriechischen gezählt. In der Literatur bildete das „klassische“ attische Griechisch in dieser Zeit den Standard, dem sich noch spätantike Autoren wie Libanios (4. Jahrhundert) oder Agathias (um 580) verpflichtet fühlten: Seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. hatte sich in der Oberschicht die Ansicht durchgesetzt, die Koine sei als vulgär abzulehnen. Da sich die Sprache der gebildeten Stände, die sich am attischen Dialekt der Jahrzehnte um 400 v. Chr. orientierte (Attizismus), immer mehr von der der restlichen Bevölkerung zu unterscheiden begann, spricht man ab dieser Zeit von einer ausgeprägten Diglossie im Griechischen. Am Ende der Antike ging aber die Elite, die die attizistische Sprachform pflegte, unter. Das mittelalterliche Griechisch (etwa 600–1453) des Byzantinischen Reiches wird dann meist als Mittelgriechisch bezeichnet.
→ Hauptartikel: Griechisches Alphabet
Anfangverse der Odyssee, eines der ältesten literarischen Zeugnisse des Altgriechischen. Volltext auf Wikisource
Das heute für die alt- und neugriechische Sprache verwendete Alphabet wurde vermutlich in der Zeit vom späten 9. bis zum mittleren 8. Jahrhundert v. Chr. vom phönizischen abgeleitet. Anfangs gab es mehrere Varianten des Alphabets in Griechenland, aber das ionische (auch „milesische“, nach der Stadt Milet) setzte sich allmählich fast im gesamten griechischsprachigen Raum durch. Dabei wurden ungebräuchliche Buchstaben wie Digamma, Sampi, Qoppa und San aufgegeben. Als Fixpunkt für die Übernahme des ionischen Alphabets wird das Jahr 403 v. Chr. angesehen, als die Stadt Athen es offiziell einführte, da Athen sich zu dieser Zeit zum Zentrum der literarischen Kultur Griechenlands entwickelte. Die griechischen Alphabete wurden bis in klassische Zeit mit den 24 Majuskeln ohne Wortzwischenräume und Satzzeichen geschrieben, zunächst von rechts nach links, dann furchenwendig, mit der Einführung des milesischen Alphabets in Athen schließlich rechtsläufig, also von links nach rechts. Seit diesem Datum hat sich das griechische Alphabet bis heute nicht verändert, wenn man von der Einführung der Diakritika und Minuskeln absieht.
Das lateinische Alphabet leitete sich nicht vom milesischen, sondern von einem westgriechischen Alphabet ab, in dem beispielsweise χ für [ks] stand, und nicht wie im milesischen für [kʰ], was auch die anderen Unterschiede zwischen beiden Schriften erklärt.
Mit den phonologischen Veränderungen in der Zeit des Hellenismus wurden verschiedene diakritische Zeichen eingeführt, um den schwindenden Lautbestand des Griechischen und den tonalen Akzent, die für das Verständnis der klassischen Dichtung entscheidend sind, zu konservieren. Es handelt sich um die drei Akzente Akut (hē oxeia ἡ ὀξεῖα ‚die Schärfe‘), Gravis (hē bareia ἡ βαρεῖα ‚die Schwere‘) und Zirkumflex (hē perispōmenē ἡ περισπωμένη ‚die Umgebogene‘), die den tonalen Akzent des Altgriechischen wiedergeben sowie die beiden Spiritūs – Spiritus asper (hē daseia ἡ δασεῖα ‚die Raue‘) und Spiritus lenis (hē psilē ἡ ψιλή ‚die Leichte‘) – die bei mit Vokal oder /r/ beginnenden Wörtern die Behauchung bzw. das Fehlen einer solchen anzeigen. Näheres zu den Diakritika siehe unter Polytonische Orthographie.
In byzantinischer Zeit kam das Iota subscriptum (‚untergeschriebenes Iota‘) hinzu, das ursprünglich der zweite Buchstabe der Langdiphthonge ηι, ωι und ᾱι war, aber schon im 8. Jahrhundert v. Chr. verstummt war. Da aber die Kennzeichnung dieser Langvokale zur Distinktion grammatischer Kategorien nötig ist, wurde das Iota unter den übrigen Vokal gesetzt. Bei Majuskeln wird es als Iota adscriptum neben den Vokal gesetzt (Beispiel: ῾Άιδης Hadēs).
Die griechischen Minuskeln wurden vermutlich in Syrien im 9. Jahrhundert n. Chr. entwickelt. Die heute für das Altgriechische gebrauchten Satzzeichen wurden zur selben Zeit eingeführt: Komma, Punkt und Kolon ( werden wie im Deutschen gebraucht. Das Semikolon ( schließt anders als in der lateinischen Schrift einen Fragesatz ab, die Funktion des Semikolons erfüllt der Hochpunkt (·).
Die Gräzistik der Neuzeit verwendet zur Kennzeichnung der langen und kurzen Phoneme von α, ι und υ auch die diakritischen Zeichen Breve und Makron (ᾰ/ᾱ – ῐ/ῑ – ῠ/ῡ). Außerhalb der Fachliteratur werden sie jedoch kaum verwendet.
→ Hauptartikel: Altgriechische Phonologie
Das Altgriechische unterscheidet sich im Lautbestand von der indogermanischen Ursprache und anderen Sprachen der Familie erheblich. So kann ein Wort im Altgriechischen beispielsweise nur mit einem Vokal oder den Konsonanten /n/, /r/, und /s/ enden; dies betrifft sowohl griechische Suffixe als auch beispielsweise suffixlose Nominativformen, vergleiche epheron ἔφερον ‚sie trugen‘ gegenüber altindisch abharant und lateinisch ferebant oder Nominativ gala γάλα zum Genitiv galaktos γάλακτος ‚Milch‘. Weitere Lautentwicklungen aus dem Indogermanischen sind insbesondere:
Indogermanisch /j/ im Anlaut entspricht griech. /h/ oder /z(d)/: lat. jugum, dt. Joch, gr. z(d)ygon ζυγόν. Im Wortinnern fällt /j/ ganz weg.
Indogermanisch /s/ im Anlaut entspricht griech. /h/: lat. sex, dt. sechs, gr. hex ἕξ.
Wegfall des indogermanischen und frühaltgriechischen Lautes /w/ (und des Digammas, des entsprechenden Graphems): alte Form wergon ϝεργον wurde zu attisch ergon ἔργον, vgl. deutsch Werk.
Das indogermanische Phonem /kw/, das im Lateinischen /qu/ und im Althochdeutschen /(h)w/ entspricht, wird im Griechischen zu /p/ oder /t/: lat. quo, dt. wo, gr. pou πού.
Den indogermanischen behauchten stimmhaften Plosiva /bh/, /dh/ und /gh/, die sich in den modernen indoarischen Sprachen erhalten haben, entsprechen die griechischen Laute [pʰ], [tʰ] und [kʰ].[1]
Vokale
Das Altgriechische kennt sieben Vokale, deren Länge bedeutungsunterscheidend ist. Zwei Vokale kommen jedoch nur in Langform vor, so dass insgesamt zwölf Phoneme bestehen. Bei [a], [i] und [y] wird die Länge nicht bezeichnet, lässt sich aber in betonten Silben (ab etwa 300 v. Chr.) durch die Akzente erschließen. Die neuzeitliche Gräzistik kennzeichnet in Wörterbüchern und Grammatiken den Unterschied durch Breve (˘) für kurze und Makron (¯) für lange Vokale.
Aus den Vokalen bilden sich zahlreiche Diphthonge, die stets in [i̯] oder [u̯] enden, wobei letzteres aus einer früheren Sprachform durch das υ wiedergegeben wird: [ai̯] (αι), [oi̯] (οι), [yi̯] (υι), [au̯] (αυ), [eu̯] (ευ), [ɛu̯] (ηυ). Bei den drei Diphthongen mit langem Anlaut ([aːi̯], [ɛːi̯], [ɔːi̯]) schwand ungefähr zu klassischer Zeit der [i̯]-Laut, die Herkunft dieser Vokale aus Diphthongen wird seit byzantinischer Zeit jedoch durch das sogenannte Iota subscriptum angezeigt: (ᾳ, ῃ, ῳ).
Konsonanten
Die Plosive erscheinen, wie noch heute im Armenischen, in Dreierreihen (stimmhaft, stimmlos, stimmlos-behaucht). Hinzu kommen drei Affrikaten aus den stimmlosen Plosiva und /s/, die auch in der Flexion (etwa π > ψ) eine Rolle spielen. Die Aussprache des ζ (Zeta) in klassischer Zeit ist nicht vollständig geklärt, sie war jedenfalls nicht [ts]. Dionysios Thrax beschreibt es als eine Verbindung von σ und δ, was die Aussprache sd (beides stimmhaft, also [zd]) nahelegt; es könnte aber auch umgekehrt (also ds, [dz]) gewesen sein.
Nicht ganz eindeutig ist auch die Aussprache des Buchstabens Φ. Die meisten Altphilologen und der Gemoll setzen Φ bzw. φ dem F bzw. f (Frikativ) gleich, doch manche vermuten eine Aussprache mit aspiriertem Plosiv, also [pʰ], und verteidigen die Schreibweise Phi (z. B. Philosophie) gegen die modernere mit F (Fotografie, Grafik etc). Das Lateinische transkribierte in griechischen Lehnwörtern das φ zunächst mit „ph“, ab dem 1. Jahrhundert auch mit „f“. So wird z. B. „Philippus“ zu „Filippus“. Das Italienische spricht φ fast ausschließlich als f, etwa in la Fisica oder Sfera (Sphäre).
Neben diesen Plosiven gibt es die Nasale [m] (μ) und [n] (ν), letzteren mit der Variante [ŋ] vor velaren Konsonanten (geschrieben γ), den lateralen Approximanten [l] (λ) und den Vibranten [r] (ρ), letzteren mit der Variante [r̥] oder [rʰ], die später ῥ geschrieben wurde und in deutschen Fremdwörtern noch als rh erscheint, sowie den Frikativ [s] (σ). Im Anlaut gab es außerdem [h], das etwa ab dem 3. Jahrhundert v. Chr., durch den Spiritus asper (῾) über dem betreffenden Vokal wiedergegeben wurde. Der Spiritus lenis (᾽) wurde als graphisches Äquivalent für ‚kein [h]‘ neu erfunden und stand ebenfalls über dem Anlaut (sofern dieser vokalisch war). Teilweise wird die Theorie vertreten, dass es für den Glottisschlag [ʔ] stand, jedoch nur von einer Minderheit; es ist also davon auszugehen, dass ein vokalischer Anlaut gebunden wurde.
Der altgriechische Akzent war weniger (wie im heutigen Deutsch) durch größere Schallfülle (Lautstärke) gekennzeichnet als vielmehr durch die Tonhöhe, er war also dezentralisierend. Ein Akzent konnte im Altgriechischen auf eine der drei letzten Silben eines Wortes fallen (dies auch abhängig von der Länge der Vokale dieser Endsilben), hob diese aber nicht lautstärkemäßig vor den übrigen Silben hervor, sondern wurde mit einem höheren Ton als die umgebenden Silben gesprochen. Als der dezentralisierende Akzent einem zentralisierenden wich (etwa im 3. Jahrhundert v. Chr.), begann man, durch diakritische Zeichen die Tonalität des Altgriechischen durch Akzente zu konservieren (Aristophanes von Byzanz): Der Akut bezeichnete den Hochton, der Zirkumflex bezeichnete bei langen Silben den hoch beginnenden, dann fallenden Ton, der Gravis (der sich nur in betonten Endsilben im Kontext findet) war vermutlich ein fallender Ton, wofür es allerdings keine Belege gibt.
Die gesamte altgriechische (Vers-)Dichtung und Metrik beruht nicht wie im Deutschen auf dem Kontrast zwischen betonten und unbetonten Silben, sondern ausschließlich auf der Länge oder Kürze der jeweiligen Silben.
Hinweis: Die Schulaussprache des Altgriechischen der verschiedenen Lehrtraditionen weicht in allen Fällen von der mittlerweile erforschten Phonologie der Sprache erheblich ab.
Das Altgriechische ist eine stark flektierende Sprache; bedeutungstragende Wortstämme sind vielseitigen Wandlungen unterworfen. Sowohl der Vokal-Ablaut als auch insbesondere der Konsonantenwandel im Auslaut von Wortstämmen sind bei Deklination und Konjugation häufig, ebenso wie in der Wortableitung und -bildung. Sie bereiten dem Griechisch Lernenden ein großes Pensum an Lernstoff.
Beispiele:
Die griechische Wurzel bal gibt den Begriff des Werfens wieder. Sie bildet das Verb βάλλειν (ballein ‚werfen‘), das in der Konjugation Formen wie ἔβαλον (ebalon ‚ich warf‘), βέβληκα (beblēka (Perfektform) ‚ich habe geworfen (und es liegt dort)‘) bildet; von der Wurzel leiten sich Wörter ab wie βέλος (belos ‚Wurfgeschoss‘) und βολή (bolē ‚Wurf‘).
Von der Wurzel lab ‚nehmen‘ werden gebildet: λαμβάνω (lambanō ‚ich nehme‘), ἔλαβον (elabon ‚ich nahm‘), λήψομαι, (lēpsomai ‚ich werde mir nehmen‘), ληφθήσομαι (lēphthēsomai ‚ich werde genommen werden‘) und εἴλημμαι (eilēmmai ‚ich bin genommen‘).
Die Wurzel pod mit der Bedeutung ‚Fuß‘, Genitiv ποδός (podos), verschmilzt in der Nominativform zu πούς (pous, aus *pods), bildet eine Dativ-Pluralform ποσί (posi); davon abgeleitet sind πηδόν (pēdon, ‚Schiffsfuß‘ ‚Steuerruder‘) und τράπεζα (trapeza ‚Tisch‘).
Die Wurzel prāg ‚handeln‘ ‚tun‘ erscheint in der Konjugation des Perfekts Medium/Passiv in vier unterschiedlichen Formen: πέπραγμαι (pepragmai, 1. Person Sg.), πέπραξαι (pepraxai, 2. Person Sg.), πέπρακται (pepraktai, 3. Person Sg.) und πέπραχθε (peprachthe, 2. Person Pl.).
Zu dem Stamm treten verschiedene Präfixe und Endungen, die im Sinne eines fusionalen Sprachbaus die unterschiedlichen grammatischen Parameter wiedergeben. Besondere Erscheinungen im Griechischen sind:
das Augment (lateinisch augmentum ‚Zuwachs‘), ein die Vergangenheit andeutendes Morphem (meist ε), das dem Stamm vorangestellt wird.
die Reduplikation: Der Anlaut des Stammes wird verdoppelt, Beispiel θνῄσκω (thnēskō ‚ich liege im Sterben‘), τέθνηκα (tethnēka ‚ich bin tot‘)
die Stammerweiterung durch /s/ für den Aorist und das Futur: βλέπω (blepō ‚ich sehe‘), ἔβλεψα (eblepsa ‚ich sah (plötzlich)‘), βλέψομαι (blepsomai ‚ich werde gesehen werden‘).
Des Weiteren verfügt das Altgriechische über eine Fülle von Morphemen, die die grammatischen Kategorien als Infixe und Affixe wiedergeben. Das Altgriechische kommt weitestgehend ohne zusammengesetzte Formen aus, das heißt, alle grammatischen Parameter lassen sich durch Anfügungen an die Wurzel bilden und vereinen sich in einem einzigen Wort.
So lässt sich ein so komplexer Ausdruck wie ‚ich werde mir [etwas] schreiben lassen‘, das im Deutschen durch fünf einzelne Wörter ausgedrückt werden muss, im Altgriechischen durch eine einzige Verbform, (graphēsomai) γραφήσομαι ausdrücken.
Auch die Wortbildung verfügt über zahlreiche Morpheme, die Ableitungen und Bedeutungsdifferenzierungen ermöglichen, im Griechischen sind ähnliche ‚Bandwurmwörter‘ möglich wie im Deutschen. Berühmtes Beispiel ist das karikierende Endloswort λοπαδοτεμαχοσελαχογαλεοκρανιολειψανοδριμυποτριμματοσιλφιοτυρομελιτοκατακεχυμενοκιχλεπικοσσυφοφαττοπεριστεραλεκτρυονοπτεκεφαλλιοκιγκλοπελειολαγῳοσιραιοβαφητραγανοπτερυγών (‚austernschneckenlachsmuränen-essighonigrahmgekröse-butterdrosselnhasenbraten-hahnenkammfasanenkälber-hirnfeldtaubensiruphering-lerchentrüffelngefüllte Schüssel‘) aus den Ekklesiazusai des Aristophanes (Vers 1069).
Siehe auch: Altgriechische Flexion
Die ersten Grammatiklehrbücher des Abendlandes wurden zu hellenistischer Zeit in der philologischen Schule von Alexandria abgefasst. Aristarch von Samothrake schrieb eine technē grammatikē des Griechischen. Die vermutlich erste autonome grammatische Schrift ist die technē grammatikē des Dionysios Thrax (2. Jahrhundert v. Chr.), welche die Phonologie und Morphologie einschließlich der Wortarten umfasst. Die Syntax ist Gegenstand eines sehr systematischen Werks des zweiten bedeutenden griechischen Grammatikers, des Apollonios Dyskolos (2. Jahrhundert n. Chr.). Angeblich im Jahre 169/68 „importierten“ die Römer die griechische Grammatiklehre und adaptierten sie.
Die Grammatik des Altgriechischen ist auf den ersten Blick recht ähnlich zum Lateinischen, was Partizipialkonstruktionen und sonstige satzwertige Konstruktionen (AcI etc.) anbelangt, so dass Lateinkenntnisse beim Erlernen des Altgriechischen sehr hilfreich sind – und umgekehrt. Gutes Verständnis der deutschen Grammatik hilft allerdings auch; in vielen Fällen ist das Altgriechische dem Deutschen strukturell ähnlicher als dem Lateinischen, beispielsweise sind bestimmte Artikel im Griechischen vorhanden, während sie im Lateinischen fehlen. Es gibt auch Fälle, in denen die Ähnlichkeit mit dem Lateinischen eher oberflächlicher Art ist und mehr Verwirrung stiftet als hilft – beispielsweise werden die Zeitformen der Verben im Griechischen oft anders verwendet als im Lateinischen.
Im Westen und auch in diesem Artikel werden gewöhnlich lateinische Begriffe (wie Substantiv, Dativ, Aktiv, Person …) zur Bezeichnung von altgriechischen grammatischen und semantischen Kategorien verwendet, die direkte Übersetzungen der griechischen Definitionen darstellen. In Griechenland werden dagegen bis heute die griechischen Originalbegriffe aus der technē grammatikē des Dionysios Thrax verwendet.
Weiter geht es in Teil 2
Dazu findet sich folgendes geschrieben:
Altgriechisch (Eigenbezeichnung: ἡ Ἑλληνικὴ γλῶττα hē Hellēnikē glōtta, ‚die griechische Sprache‘) ist die antike Sprachstufe der griechischen Sprache, einer indogermanischen Sprache im östlichen Mittelmeerraum, die einen eigenen Zweig dieser Sprachfamilie darstellt.
Unter dem Begriff Altgriechisch werden Sprachformen und Dialekte zusammengefasst, die zwischen der Einführung der griechischen Schrift (etwa 800 v. Chr.) und dem Beginn der hellenistischen Ära (etwa 300 v. Chr.), zumindest in der Literatur noch sehr viel länger, nämlich bis zum Ende der Antike (um 600 n. Chr.), verwendet wurden. Als Norm für das klassische Altgriechisch gilt der literarische attische Dialekt des 5. und 4. Jahrhunderts vor Christus, die Sprache von Sophokles, Platon und Demosthenes. Die Sprachstufe zwischen etwa 600 und 1453 (Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen) wird gemeinhin als Mittelgriechisch oder Byzantinisches Griechisch bezeichnet; das darauf folgende Neugriechische, die Staatssprache des modernen Griechenland, hat sich nachvollziehbar kontinuierlich aus dem Alt- bzw. Mittelgriechischen entwickelt.
Die altgriechische Sprache hat einerseits durch die Vermittlung durch das Lateinische, für dessen Geltungsbereich sie die wesentliche Bildungssprache war, andererseits durch die exemplarische erhaltene Literatur vor allem in den Bereichen Philosophie, Naturwissenschaft, Geschichtsschreibung, Dichtung, Musik und Theater eine herausragende Bedeutung für das gesamte Abendland. Hinzu kommt ihre Bedeutung als Sprache des Neuen Testaments für Religion und Theologie des Christentums. Auch sprachlich hat sie durch diesen Einfluss die europäischen Sprachen geprägt: Eine Vielzahl von Lehnübersetzungen, Lehn- und Fremdwörtern hat in europäische Sprachen Eingang gefunden und wird in diversen Fachsprachen verwendet.
Der Sprachcode nach ISO 639 für Alt- und Mittelgriechisch (bis 1453) ist grc.
Das Altgriechische lässt sich als indogermanische Sprache klassifizieren, leitet sich also vom Ur-Indogermanischen ab, das sich wahrscheinlich im 3. Jahrtausend v. Chr. in die heute bekannten Sprachzweige aufspaltete. Lautbestand und Vokabular des Altgriechischen weichen jedoch von allen anderen Sprachen der Familie so erheblich ab, dass es als eigener Zweig des Indogermanischen im engeren Sinne gewertet wird und man von einer starken Substratwirkung der „vorgriechischen“ Sprachstufen auf die griechischen Idiome ausgeht[2].
Den Ursprung vieler nicht indogermanischer Wörter des Griechischen (etwa thalassa θάλασσα ‚Meer‘ und nēsos νῆσος ‚Insel‘) vermuten Forscher in der Sprache oder den Sprachen der Bewohner Griechenlands vor Ankunft der griechischen Völker um 2000 v. Chr., die im Altgriechischen Pelasgoi Πελασγοί ‚Pelasger‘ genannt wurden.[3] Zur Klassifikation des ‚Pelasgischen‘ gibt es Theorien, die in ihm eine eigene indogermanische Sprachform sehen und es mit dem Illyrischen in Verbindung bringen, aufgrund der fehlenden Originalquellen aber kaum beweisbar sind. Weder die illyrische noch die „pelasgische“ Sprache haben sich, außer in wenigen Lehnwörtern, in nennenswertem Umfang erhalten, so dass eine Rekonstruktion dieser Sprachen und damit eine Bestätigung oder Widerlegung dieser These nicht möglich ist. Sicher haben auch das Minoische und Eteokretische, vorgriechische Sprachen auf Kreta, das Vokabular des frühen Griechischen beeinflusst [1]; auch hier sind jedoch nur schwer eindeutige Aussagen möglich, da Minoisch und Eteokretisch bislang nicht verständlich sind.
Martin Bernal vertrat die umstrittene These, dass viele griechische Wörter unklarer oder nicht-indogermanischer Herkunft semitischen Ursprungs seien.[4]
→ Hauptartikel: Griechische Sprache
Die ältesten Schriftzeugnisse des Griechischen stammen aus mykenischer Zeit (14. vorchristliches Jahrhundert) und sind in Linearschrift B abgefasst. Die damit geschriebene Sprache wird als mykenisches Griechisch bezeichnet und wird als einer von mehreren Dialekten dieser Sprachstufe gesehen.[2] Aus der Zeit zwischen ca.1200 und 800 v. Chr. gibt es keine schriftlichen Quellen des Griechischen; mit den Epen Homers, die vermutlich zwischen 850 und 700 v. Chr. entstanden, begegnet uns erstmals ein literarisches Werk in altgriechischer Sprache. Die Sprache Homers ist eine künstlich gebildete Literatursprache, die vorwiegend aus ionischen und äolischen Elementen besteht. Zu diesem Zeitpunkt muss das Altgriechische in verschiedenen Dialekten im südlichen Balkan und um die Ägäis weit verbreitet gewesen sein.
Die griechischen Dialekte im Kern des griechischen Siedlungsgebiets um 400 v. Chr.
Nach und nach wurde mit der steigenden kulturellen und wirtschaftlichen Bedeutung der Poleis und ihrer Kolonien im gesamten Mittelmeerraum das Griechische zu einer Weltsprache der Antike. Man schätzt die Zahl der Griechisch-Sprecher zu Beginn des 4. Jahrhunderts v. Chr. auf etwa sieben Millionen Menschen, zur Zeit Alexanders des Großen auf rund neun Millionen.[2] Als Staatssprache des Reichs Alexanders und seiner Nachfolger verbreitete es sich bis Ägypten und Mittelasien, als Amtssprache des Römischen Reiches bis Großbritannien, Spanien und Nordafrika.
Altgriechisch wird in vier Dialektgruppen gegliedert, das Ionisch-Attische, das Arkadisch-Kyprische, das Äolische, sowie Westgriechisch, das aus dorischen, und nordwestgriechischen Dialekten bestand. Neben diesen epichorischen also ‚einheimischen‘, d. h. regional verteilten gesprochenen Dialekten entwickelten sich auch so genannte literarische Dialekte: Verschiedene Gattungen der Versdichtung bedienten sich hauptsächlich vier Varianten der epichoreischen Dialekte (Ionisch, Äolisch, Dorisch und Attisch). Die literarische Prosa war zu Beginn von ionisch schreibenden Autoren bestimmt (die Naturphilosophen Thales, Anaximander und Anaximenes; Herodot), doch setzte sich im 5. Jahrhundert das Attische als vorherrschender literarischer Dialekt durch und wurde durch Autoren wie Platon zum klassischen literarischen Vorbild für die gesamte griechische Literatur. Diese Sprachform wurde fortan von den meisten Autoren der Antike als Literatursprache verwendet und gilt bis in die Gegenwart als Norm für das Altgriechische.[2]
Schon zur Zeit des Hellenismus begann ein zunehmender Wandel in Hinsicht auf Aussprache, Betonung und Grammatik einzusetzen, der bis zum Ende der Spätantike weitgehend abgeschlossen war. In Abgrenzung zum Neugriechischen werden aber auch die hellenistischen (Koine, etwa 300 v. Chr. bis 300 n. Chr.) und spätantiken (etwa 300 bis 600 n. Chr.) Sprachformen zum Altgriechischen gezählt. In der Literatur bildete das „klassische“ attische Griechisch in dieser Zeit den Standard, dem sich noch spätantike Autoren wie Libanios (4. Jahrhundert) oder Agathias (um 580) verpflichtet fühlten: Seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. hatte sich in der Oberschicht die Ansicht durchgesetzt, die Koine sei als vulgär abzulehnen. Da sich die Sprache der gebildeten Stände, die sich am attischen Dialekt der Jahrzehnte um 400 v. Chr. orientierte (Attizismus), immer mehr von der der restlichen Bevölkerung zu unterscheiden begann, spricht man ab dieser Zeit von einer ausgeprägten Diglossie im Griechischen. Am Ende der Antike ging aber die Elite, die die attizistische Sprachform pflegte, unter. Das mittelalterliche Griechisch (etwa 600–1453) des Byzantinischen Reiches wird dann meist als Mittelgriechisch bezeichnet.
→ Hauptartikel: Griechisches Alphabet
Anfangverse der Odyssee, eines der ältesten literarischen Zeugnisse des Altgriechischen. Volltext auf Wikisource
Das heute für die alt- und neugriechische Sprache verwendete Alphabet wurde vermutlich in der Zeit vom späten 9. bis zum mittleren 8. Jahrhundert v. Chr. vom phönizischen abgeleitet. Anfangs gab es mehrere Varianten des Alphabets in Griechenland, aber das ionische (auch „milesische“, nach der Stadt Milet) setzte sich allmählich fast im gesamten griechischsprachigen Raum durch. Dabei wurden ungebräuchliche Buchstaben wie Digamma, Sampi, Qoppa und San aufgegeben. Als Fixpunkt für die Übernahme des ionischen Alphabets wird das Jahr 403 v. Chr. angesehen, als die Stadt Athen es offiziell einführte, da Athen sich zu dieser Zeit zum Zentrum der literarischen Kultur Griechenlands entwickelte. Die griechischen Alphabete wurden bis in klassische Zeit mit den 24 Majuskeln ohne Wortzwischenräume und Satzzeichen geschrieben, zunächst von rechts nach links, dann furchenwendig, mit der Einführung des milesischen Alphabets in Athen schließlich rechtsläufig, also von links nach rechts. Seit diesem Datum hat sich das griechische Alphabet bis heute nicht verändert, wenn man von der Einführung der Diakritika und Minuskeln absieht.
Das lateinische Alphabet leitete sich nicht vom milesischen, sondern von einem westgriechischen Alphabet ab, in dem beispielsweise χ für [ks] stand, und nicht wie im milesischen für [kʰ], was auch die anderen Unterschiede zwischen beiden Schriften erklärt.
Mit den phonologischen Veränderungen in der Zeit des Hellenismus wurden verschiedene diakritische Zeichen eingeführt, um den schwindenden Lautbestand des Griechischen und den tonalen Akzent, die für das Verständnis der klassischen Dichtung entscheidend sind, zu konservieren. Es handelt sich um die drei Akzente Akut (hē oxeia ἡ ὀξεῖα ‚die Schärfe‘), Gravis (hē bareia ἡ βαρεῖα ‚die Schwere‘) und Zirkumflex (hē perispōmenē ἡ περισπωμένη ‚die Umgebogene‘), die den tonalen Akzent des Altgriechischen wiedergeben sowie die beiden Spiritūs – Spiritus asper (hē daseia ἡ δασεῖα ‚die Raue‘) und Spiritus lenis (hē psilē ἡ ψιλή ‚die Leichte‘) – die bei mit Vokal oder /r/ beginnenden Wörtern die Behauchung bzw. das Fehlen einer solchen anzeigen. Näheres zu den Diakritika siehe unter Polytonische Orthographie.
In byzantinischer Zeit kam das Iota subscriptum (‚untergeschriebenes Iota‘) hinzu, das ursprünglich der zweite Buchstabe der Langdiphthonge ηι, ωι und ᾱι war, aber schon im 8. Jahrhundert v. Chr. verstummt war. Da aber die Kennzeichnung dieser Langvokale zur Distinktion grammatischer Kategorien nötig ist, wurde das Iota unter den übrigen Vokal gesetzt. Bei Majuskeln wird es als Iota adscriptum neben den Vokal gesetzt (Beispiel: ῾Άιδης Hadēs).
Die griechischen Minuskeln wurden vermutlich in Syrien im 9. Jahrhundert n. Chr. entwickelt. Die heute für das Altgriechische gebrauchten Satzzeichen wurden zur selben Zeit eingeführt: Komma, Punkt und Kolon ( werden wie im Deutschen gebraucht. Das Semikolon ( schließt anders als in der lateinischen Schrift einen Fragesatz ab, die Funktion des Semikolons erfüllt der Hochpunkt (·).
Die Gräzistik der Neuzeit verwendet zur Kennzeichnung der langen und kurzen Phoneme von α, ι und υ auch die diakritischen Zeichen Breve und Makron (ᾰ/ᾱ – ῐ/ῑ – ῠ/ῡ). Außerhalb der Fachliteratur werden sie jedoch kaum verwendet.
→ Hauptartikel: Altgriechische Phonologie
Das Altgriechische unterscheidet sich im Lautbestand von der indogermanischen Ursprache und anderen Sprachen der Familie erheblich. So kann ein Wort im Altgriechischen beispielsweise nur mit einem Vokal oder den Konsonanten /n/, /r/, und /s/ enden; dies betrifft sowohl griechische Suffixe als auch beispielsweise suffixlose Nominativformen, vergleiche epheron ἔφερον ‚sie trugen‘ gegenüber altindisch abharant und lateinisch ferebant oder Nominativ gala γάλα zum Genitiv galaktos γάλακτος ‚Milch‘. Weitere Lautentwicklungen aus dem Indogermanischen sind insbesondere:
Indogermanisch /j/ im Anlaut entspricht griech. /h/ oder /z(d)/: lat. jugum, dt. Joch, gr. z(d)ygon ζυγόν. Im Wortinnern fällt /j/ ganz weg.
Indogermanisch /s/ im Anlaut entspricht griech. /h/: lat. sex, dt. sechs, gr. hex ἕξ.
Wegfall des indogermanischen und frühaltgriechischen Lautes /w/ (und des Digammas, des entsprechenden Graphems): alte Form wergon ϝεργον wurde zu attisch ergon ἔργον, vgl. deutsch Werk.
Das indogermanische Phonem /kw/, das im Lateinischen /qu/ und im Althochdeutschen /(h)w/ entspricht, wird im Griechischen zu /p/ oder /t/: lat. quo, dt. wo, gr. pou πού.
Den indogermanischen behauchten stimmhaften Plosiva /bh/, /dh/ und /gh/, die sich in den modernen indoarischen Sprachen erhalten haben, entsprechen die griechischen Laute [pʰ], [tʰ] und [kʰ].[1]
Vokale
Das Altgriechische kennt sieben Vokale, deren Länge bedeutungsunterscheidend ist. Zwei Vokale kommen jedoch nur in Langform vor, so dass insgesamt zwölf Phoneme bestehen. Bei [a], [i] und [y] wird die Länge nicht bezeichnet, lässt sich aber in betonten Silben (ab etwa 300 v. Chr.) durch die Akzente erschließen. Die neuzeitliche Gräzistik kennzeichnet in Wörterbüchern und Grammatiken den Unterschied durch Breve (˘) für kurze und Makron (¯) für lange Vokale.
Phonem [a] [aː] [o] [oː] [ɔː] [e] [eː] [ɛː] [i] [iː] [y] [yː] Graphem α / ᾰ α / ᾱ ο ου ω ε ει η ι / ῐ ι / ῑ υ / ῠ υ / ῡ |
Aus den Vokalen bilden sich zahlreiche Diphthonge, die stets in [i̯] oder [u̯] enden, wobei letzteres aus einer früheren Sprachform durch das υ wiedergegeben wird: [ai̯] (αι), [oi̯] (οι), [yi̯] (υι), [au̯] (αυ), [eu̯] (ευ), [ɛu̯] (ηυ). Bei den drei Diphthongen mit langem Anlaut ([aːi̯], [ɛːi̯], [ɔːi̯]) schwand ungefähr zu klassischer Zeit der [i̯]-Laut, die Herkunft dieser Vokale aus Diphthongen wird seit byzantinischer Zeit jedoch durch das sogenannte Iota subscriptum angezeigt: (ᾳ, ῃ, ῳ).
Konsonanten
Die Plosive erscheinen, wie noch heute im Armenischen, in Dreierreihen (stimmhaft, stimmlos, stimmlos-behaucht). Hinzu kommen drei Affrikaten aus den stimmlosen Plosiva und /s/, die auch in der Flexion (etwa π > ψ) eine Rolle spielen. Die Aussprache des ζ (Zeta) in klassischer Zeit ist nicht vollständig geklärt, sie war jedenfalls nicht [ts]. Dionysios Thrax beschreibt es als eine Verbindung von σ und δ, was die Aussprache sd (beides stimmhaft, also [zd]) nahelegt; es könnte aber auch umgekehrt (also ds, [dz]) gewesen sein.
Nicht ganz eindeutig ist auch die Aussprache des Buchstabens Φ. Die meisten Altphilologen und der Gemoll setzen Φ bzw. φ dem F bzw. f (Frikativ) gleich, doch manche vermuten eine Aussprache mit aspiriertem Plosiv, also [pʰ], und verteidigen die Schreibweise Phi (z. B. Philosophie) gegen die modernere mit F (Fotografie, Grafik etc). Das Lateinische transkribierte in griechischen Lehnwörtern das φ zunächst mit „ph“, ab dem 1. Jahrhundert auch mit „f“. So wird z. B. „Philippus“ zu „Filippus“. Das Italienische spricht φ fast ausschließlich als f, etwa in la Fisica oder Sfera (Sphäre).
Neben diesen Plosiven gibt es die Nasale [m] (μ) und [n] (ν), letzteren mit der Variante [ŋ] vor velaren Konsonanten (geschrieben γ), den lateralen Approximanten [l] (λ) und den Vibranten [r] (ρ), letzteren mit der Variante [r̥] oder [rʰ], die später ῥ geschrieben wurde und in deutschen Fremdwörtern noch als rh erscheint, sowie den Frikativ [s] (σ). Im Anlaut gab es außerdem [h], das etwa ab dem 3. Jahrhundert v. Chr., durch den Spiritus asper (῾) über dem betreffenden Vokal wiedergegeben wurde. Der Spiritus lenis (᾽) wurde als graphisches Äquivalent für ‚kein [h]‘ neu erfunden und stand ebenfalls über dem Anlaut (sofern dieser vokalisch war). Teilweise wird die Theorie vertreten, dass es für den Glottisschlag [ʔ] stand, jedoch nur von einer Minderheit; es ist also davon auszugehen, dass ein vokalischer Anlaut gebunden wurde.
Der altgriechische Akzent war weniger (wie im heutigen Deutsch) durch größere Schallfülle (Lautstärke) gekennzeichnet als vielmehr durch die Tonhöhe, er war also dezentralisierend. Ein Akzent konnte im Altgriechischen auf eine der drei letzten Silben eines Wortes fallen (dies auch abhängig von der Länge der Vokale dieser Endsilben), hob diese aber nicht lautstärkemäßig vor den übrigen Silben hervor, sondern wurde mit einem höheren Ton als die umgebenden Silben gesprochen. Als der dezentralisierende Akzent einem zentralisierenden wich (etwa im 3. Jahrhundert v. Chr.), begann man, durch diakritische Zeichen die Tonalität des Altgriechischen durch Akzente zu konservieren (Aristophanes von Byzanz): Der Akut bezeichnete den Hochton, der Zirkumflex bezeichnete bei langen Silben den hoch beginnenden, dann fallenden Ton, der Gravis (der sich nur in betonten Endsilben im Kontext findet) war vermutlich ein fallender Ton, wofür es allerdings keine Belege gibt.
Die gesamte altgriechische (Vers-)Dichtung und Metrik beruht nicht wie im Deutschen auf dem Kontrast zwischen betonten und unbetonten Silben, sondern ausschließlich auf der Länge oder Kürze der jeweiligen Silben.
Hinweis: Die Schulaussprache des Altgriechischen der verschiedenen Lehrtraditionen weicht in allen Fällen von der mittlerweile erforschten Phonologie der Sprache erheblich ab.
Das Altgriechische ist eine stark flektierende Sprache; bedeutungstragende Wortstämme sind vielseitigen Wandlungen unterworfen. Sowohl der Vokal-Ablaut als auch insbesondere der Konsonantenwandel im Auslaut von Wortstämmen sind bei Deklination und Konjugation häufig, ebenso wie in der Wortableitung und -bildung. Sie bereiten dem Griechisch Lernenden ein großes Pensum an Lernstoff.
Beispiele:
Die griechische Wurzel bal gibt den Begriff des Werfens wieder. Sie bildet das Verb βάλλειν (ballein ‚werfen‘), das in der Konjugation Formen wie ἔβαλον (ebalon ‚ich warf‘), βέβληκα (beblēka (Perfektform) ‚ich habe geworfen (und es liegt dort)‘) bildet; von der Wurzel leiten sich Wörter ab wie βέλος (belos ‚Wurfgeschoss‘) und βολή (bolē ‚Wurf‘).
Von der Wurzel lab ‚nehmen‘ werden gebildet: λαμβάνω (lambanō ‚ich nehme‘), ἔλαβον (elabon ‚ich nahm‘), λήψομαι, (lēpsomai ‚ich werde mir nehmen‘), ληφθήσομαι (lēphthēsomai ‚ich werde genommen werden‘) und εἴλημμαι (eilēmmai ‚ich bin genommen‘).
Die Wurzel pod mit der Bedeutung ‚Fuß‘, Genitiv ποδός (podos), verschmilzt in der Nominativform zu πούς (pous, aus *pods), bildet eine Dativ-Pluralform ποσί (posi); davon abgeleitet sind πηδόν (pēdon, ‚Schiffsfuß‘ ‚Steuerruder‘) und τράπεζα (trapeza ‚Tisch‘).
Die Wurzel prāg ‚handeln‘ ‚tun‘ erscheint in der Konjugation des Perfekts Medium/Passiv in vier unterschiedlichen Formen: πέπραγμαι (pepragmai, 1. Person Sg.), πέπραξαι (pepraxai, 2. Person Sg.), πέπρακται (pepraktai, 3. Person Sg.) und πέπραχθε (peprachthe, 2. Person Pl.).
Zu dem Stamm treten verschiedene Präfixe und Endungen, die im Sinne eines fusionalen Sprachbaus die unterschiedlichen grammatischen Parameter wiedergeben. Besondere Erscheinungen im Griechischen sind:
das Augment (lateinisch augmentum ‚Zuwachs‘), ein die Vergangenheit andeutendes Morphem (meist ε), das dem Stamm vorangestellt wird.
die Reduplikation: Der Anlaut des Stammes wird verdoppelt, Beispiel θνῄσκω (thnēskō ‚ich liege im Sterben‘), τέθνηκα (tethnēka ‚ich bin tot‘)
die Stammerweiterung durch /s/ für den Aorist und das Futur: βλέπω (blepō ‚ich sehe‘), ἔβλεψα (eblepsa ‚ich sah (plötzlich)‘), βλέψομαι (blepsomai ‚ich werde gesehen werden‘).
Des Weiteren verfügt das Altgriechische über eine Fülle von Morphemen, die die grammatischen Kategorien als Infixe und Affixe wiedergeben. Das Altgriechische kommt weitestgehend ohne zusammengesetzte Formen aus, das heißt, alle grammatischen Parameter lassen sich durch Anfügungen an die Wurzel bilden und vereinen sich in einem einzigen Wort.
So lässt sich ein so komplexer Ausdruck wie ‚ich werde mir [etwas] schreiben lassen‘, das im Deutschen durch fünf einzelne Wörter ausgedrückt werden muss, im Altgriechischen durch eine einzige Verbform, (graphēsomai) γραφήσομαι ausdrücken.
Auch die Wortbildung verfügt über zahlreiche Morpheme, die Ableitungen und Bedeutungsdifferenzierungen ermöglichen, im Griechischen sind ähnliche ‚Bandwurmwörter‘ möglich wie im Deutschen. Berühmtes Beispiel ist das karikierende Endloswort λοπαδοτεμαχοσελαχογαλεοκρανιολειψανοδριμυποτριμματοσιλφιοτυρομελιτοκατακεχυμενοκιχλεπικοσσυφοφαττοπεριστεραλεκτρυονοπτεκεφαλλιοκιγκλοπελειολαγῳοσιραιοβαφητραγανοπτερυγών (‚austernschneckenlachsmuränen-essighonigrahmgekröse-butterdrosselnhasenbraten-hahnenkammfasanenkälber-hirnfeldtaubensiruphering-lerchentrüffelngefüllte Schüssel‘) aus den Ekklesiazusai des Aristophanes (Vers 1069).
Siehe auch: Altgriechische Flexion
Die ersten Grammatiklehrbücher des Abendlandes wurden zu hellenistischer Zeit in der philologischen Schule von Alexandria abgefasst. Aristarch von Samothrake schrieb eine technē grammatikē des Griechischen. Die vermutlich erste autonome grammatische Schrift ist die technē grammatikē des Dionysios Thrax (2. Jahrhundert v. Chr.), welche die Phonologie und Morphologie einschließlich der Wortarten umfasst. Die Syntax ist Gegenstand eines sehr systematischen Werks des zweiten bedeutenden griechischen Grammatikers, des Apollonios Dyskolos (2. Jahrhundert n. Chr.). Angeblich im Jahre 169/68 „importierten“ die Römer die griechische Grammatiklehre und adaptierten sie.
Die Grammatik des Altgriechischen ist auf den ersten Blick recht ähnlich zum Lateinischen, was Partizipialkonstruktionen und sonstige satzwertige Konstruktionen (AcI etc.) anbelangt, so dass Lateinkenntnisse beim Erlernen des Altgriechischen sehr hilfreich sind – und umgekehrt. Gutes Verständnis der deutschen Grammatik hilft allerdings auch; in vielen Fällen ist das Altgriechische dem Deutschen strukturell ähnlicher als dem Lateinischen, beispielsweise sind bestimmte Artikel im Griechischen vorhanden, während sie im Lateinischen fehlen. Es gibt auch Fälle, in denen die Ähnlichkeit mit dem Lateinischen eher oberflächlicher Art ist und mehr Verwirrung stiftet als hilft – beispielsweise werden die Zeitformen der Verben im Griechischen oft anders verwendet als im Lateinischen.
Im Westen und auch in diesem Artikel werden gewöhnlich lateinische Begriffe (wie Substantiv, Dativ, Aktiv, Person …) zur Bezeichnung von altgriechischen grammatischen und semantischen Kategorien verwendet, die direkte Übersetzungen der griechischen Definitionen darstellen. In Griechenland werden dagegen bis heute die griechischen Originalbegriffe aus der technē grammatikē des Dionysios Thrax verwendet.
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Teil 2
Im Altgriechischen werden Nomina, also Substantive, Adjektive und Pronomina, aber auch einige Zahlwörter dekliniert. Besonders Zahl und Formenreichtum der Verbaladjektive ist hoch.
Grammatikalische Kategorien der Nomina
Die altgriechischen Nomina werden in fünf Kasus (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ, Vokativ), drei Numeri (Singular, Dual, Plural) und drei Genera (Maskulinum, Femininum, Neutrum) dekliniert. Auch Partizipien, Verbaladjektive und Infinitive werden dekliniert, sie gelten als Zwischenformen (sogenannte Nominalformen des Verbs). Substantive können mit einem Artikel (ho hē to ὁ ἡ τό ‚der die das‘) bestimmt werden; einen unbestimmten Artikel gibt es nicht.
Kasus
Von den acht Kasus des Indogermanischen haben sich im Altgriechischen fünf erhalten: Nominativ, Akkusativ, Genitiv, Dativ und Vokativ (Anredeform). Nach ihrer Verwendungsweise werden zahlreiche verschiedene Kasusfunktionen unterschieden. Das altgriechische Kasussystem ähnelt in seinen Grundzügen dem deutschen.
Der Nominativ ist der Subjektskasus (ho ornis ādei ὁ ὄρνις ᾄδει ‚der Vogel singt‘) und der Kasus des Prädikatsnomens (ho philosophos sophos estin ὁ φιλόσοφος σοφός ἐστιν ‚der Philosoph ist klug‘).
Der Genitiv drückt in seiner ursprünglichen Bedeutung eine Zugehörigkeit oder einen Bereich aus. Es lassen sich hierbei zahlreiche Kasusfunktionen unterscheiden, u. A. der Genitivus possessoris, der einen Besitz ausdrückt (ho tou geōrgou agros ὁ τοῦ γεωργοῦ ἀγρός ‚das Feld des Bauern‘), der Genitivus partitivus, der eine Teilmenge angibt (polloi tōn anthrōpōn πολλοὶ τῶν ἀνθρώπων ‚viele von den Menschen‘), der Genitivus subiectivus, der den Handlungsträger angibt (hē tēs mētros agapē ἡ τῆς μητρὸς ἀγάπη ‚die Liebe der Mutter‘) und der Genitivus obiectivus, der das Handlungsziel angibt (hē tēs mētros agapē ἡ τῆς μητρὸς ἀγάπη ‚die Liebe zur Mutter‘). Ferner hat der Genitiv vom indogermanischen Ablativ die Bedeutung einer Herkunft übernommen. Dies drückt sich u. A. als Genitivus separativus, der eine Trennung bezeichnet (eleutheros phobou ἐλεύθερος φόβου ‚frei von Furcht‘), aus. Im klassischen Griechisch sind diese beiden Gebrauchsweisen in vielen Fällen miteinander verschmolzen. Viele altgriechische Verben regieren den Genitiv (etwa tynchanein tinos τυγχάνειν τινός ‚etwas erlangen‘).
Der Dativ ist der Kasus des indirekten Objekts (edōke autō chryson ἔδωκε αὐτῷ χρυσόν ‚er gab ihm Gold‘). Weiterhin hat er vom indogermanischen Instrumental die Funktion der Angabe eines Mittels übernommen (Dativus instrumentalis, wie tois ophthalmois horān τοῖς ὀφθαλμοῖς ὁρᾶν ‚mit den Augen sehen‘), vom indogermanischen Lokativ die Funktion der Angabe eines Ortes oder einer Zeit (Dativus loci bzw. temporis etwa tautē tē hēmera ταύτῃ τῇ ἡμέρᾳ ‚an diesem Tag‘). Weitere Kasusfunktionen des Dativs sind u. A. der Dativus modi, der die Art und Weise angibt (toutō tō tropō τούτῳ τῷ τρόπῳ ‚auf diese Weise‘ ‚so‘) und der Dativus causae, der den Grund angibt (hēdomai tē nikē ἥδομαι τῇ νίκῃ ‚ich freue mich über den Sieg‘).
Der Akkusativ ist der Kasus des direkten Objekts (horō auton ὁρῶ αὐτόν ‚ich sehe ihn‘). Weiterhin kann er eine räumliche oder zeitliche Ausdehnung (wie deka hēmeras emeine δέκα ἡμέρας ἔμεινε ‚er blieb zehn Tage‘) ausdrücken. Der Accusativus limitationis oder respectus drückt eine Beziehung oder Hinsicht aus (etwa tēn psychēn nosein τὴν ψυχὴν νοσεῖν ‚in Bezug auf die Seele krank sein‘ ‚seelisch krank sein‘).
Der Vokativ ist die Anredeform (kyrie eleēson κύριε ἐλέησον ‚Herr, erbarme dich‘). Er ist im Plural und bei vielen Substantiven (besonders bei Nomina der 3. Deklination und Feminina) auch im Singular mit dem Nominativ identisch. Dem Vokativ geht oft die Interjektion ō ὦ voran (etwa ō andres athenaioi ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι ‚Ihr Männer von Athen!‘). Ein Fehlen derselben ist ein Zeichen von sachlicher Kühle oder gar von Geringschätzung: „Akoueis, Aischinē?“ „Ἀκούεις, Αἰσχίνη;“ „Hörst du, Aischines?“ fragt etwa Demosthenes seinen verhassten Gegner.
Numerus
Neben dem Singular (Einzahl) und Plural (Mehrzahl) hat das Altgriechische noch in Resten den Dual (Zweizahl) behalten. Die Artikel des Duals lauten in allen Genera tō τὼ im Nominativ und Akkusativ und toin τοῖν im Genitiv und Dativ. Seltenere Formen des femininen Duals sind entsprechend ta τὰ und tain ταῖν. In der o-Deklination (s. u.) hat er die Endungen -ō -ω im Nominativ und Akkusativ und -oin -οιν im Genitiv und Dativ. In der a-Deklination lauten die Endungen entsprechend -ā -ᾱ und -ain -αιν, in der 3. Deklination -e -ε und -oin -οιν. Der Dual war schon zu vorklassischer Zeit (vor dem 5. Jahrhundert v. Chr.) im Schwinden begriffen, und die ursprüngliche Verwendungsweise (nur für wirklich in der Zweizahl Zusammengehöriges, wie Zwillinge, die beiden Hände, Augen und so weiter) ging verloren. In der klassischen Literatur wurden vorsichtige Wiederbelebungsversuche unternommen, die den Dual jedoch nicht wieder etablierten und außerdem seiner ursprünglichen, spezifischen Verwendungsweise entfremdeten. Aufgrund seiner Seltenheit ist der Dual in den untenstehenden Deklinationsbeispielen nicht aufgenommen.
Beispiele:
tō chōrā τὼ χώρα ‚die zwei Länder‘, toin chōrain τοῖν χώραιν ‚den zwei Ländern‘ ‚der zwei Länder‘
tō theō τὼ θεώ ‚die zwei Götter‘, toin theoin τοῖν θεοῖν ‚den zwei Göttern‘ ‚der zwei Götter‘
tō paide τὼ παῖδε ‚die zwei Söhne/Kinder‘, toin paidoin τοῖν παίδοιν ‚den zwei Söhnen‘ ‚der zwei Söhne‘
tō polei τὼ πόλει ‚die zwei Städte‘, toin poleoin τοῖν πολέοιν ‚den zwei Städten‘ ‚der zwei Städte‘
Genus
Wie die meisten indogermanischen Sprachen kennt das Altgriechische drei Genera: Maskulinum (männlich), Femininum (weiblich) und Neutrum (sächlich). Männliche Wesen sind stets maskulin, weibliche feminin. Winde, Flüsse und Monate sind maskulin, Länder, Inseln und Städte feminin; ansonsten lassen sich keine eindeutigen Regeln festlegen. Eine Besonderheit des Neutrums ist, dass bei einem neutralen Subjekt das Prädikat stets im Singular steht. Dies lässt sich damit erklären, dass das Neutrum Plural sprachhistorisch auf ein Kollektivum zurückgeht.
Das Genus commune ist bei wenigen Vokabeln ebenfalls erhalten, etwa bei ho/hē bous ὁ/ἡ βοῦς, das sowohl ‚Rind‘ als auch ‚Ochse‘ oder ‚Kuh‘ heißen kann.
Deklination der Substantive
Das Altgriechische kennt drei grundlegende Deklinationsklassen: die o-Deklination, die a-Deklination und eine dritte, konsonantische Deklination.
Zur a-Deklination (oder ersten Deklination) gehören Feminina auf kurzes -ă -ᾰ (wie doxă δόξᾰ ‚Ruhm‘ ‚Ansicht‘), langes -ā -ᾱ (etwa chōrā χώρᾱ ‚Land‘) und -ē -η (etwa nikē νίκη ‚Sieg‘) sowie Maskulina auf -ās -ᾱς (etwa neaniās νεανίᾱς ‚Jüngling‘) und -ēs -ης (etwa poiētēs ποιητής ‚Dichter‘). Endet der Wortstamm auf ein e ε, i ι oder r ρ, haben die Endungen in allen Formen ein a α (Alpha purum), andernfalls wird ein langes ā ᾱ zu einem ē η (Alpha impurum). Die Maskulina haben im Genitiv die Endung-ou-ου, im Vokativ enden sie auf -ă -ᾰ, ansonsten werden sie gleich dekliniert wie die Feminina.
Beispielwort: doxă δόξᾰ ‚Ruhm‘ ‚Ansicht‘ (femininum, mit kurzem Alpha impurum)
Zur o-Deklination (oder zweiten Deklination) gehören Maskulina auf -os -ος (wie philos φίλος ‚Freund‘) und Neutra auf -on -ον (wie teknon τέκνον ‚Kind‘). Die Deklinationsendungen sind dieselben, außer dass Wörter auf -on -ον wie alle Neutra im Nominativ und Akkusativ Plural auf -a -α enden und im Vokativ dieselbe Form wie im Nominativ haben. Ganz vereinzelt kommen auch Feminina auf -os -ος vor (etwa nēsos νῆσος ‚Insel‘), die ebenso dekliniert werden wie die Maskulina. Dazu kommen als Sonderfälle Kontrakta (etwa nous νοῦς ‚Sinn‘), bei denen der vokalische Stamm mit der Deklinationsendung verschmolzen ist, und die sogenannte attische Deklination (wie neōs νεώς ‚Tempel‘).
Beispielwort: philos φίλος ‚Freund‘ (maskulinum)
Die 3. Deklination umfasst eine Vielzahl von konsonantischen Stämmen. Je nach Stammauslaut lassen sie sich in Muta-Stämme (etwa gyps γύψ m. ‚Geier‘, aix αἴξ f. ‚Ziege‘, ὄρνις ornis m. ‚Vogel‘), Liquida- und Nasalstämme (etwa rhētōr ῥήτωρ m. ‚Redner‘, mētēr μήτηρ f. ‚Mutter‘, limēn λιμήν m. ‚Hafen‘), Sigma-Stämme (wie genos γένος n. ‚Geschlecht‘ ‚Art‘) und Vokalstämme (etwa polis πόλις f. ‚Stadt‘, basileus βασιλεύς m. ‚König‘) unterteilen. Aus sprachhistorischen Gründen unterliegt die Deklination der einzelnen Untergruppen Unregelmäßigkeiten, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Zur 3. Deklination gehören sowohl Maskulina, Feminina und Neutra. Der Nominativ ist bei den Maskulina und Feminina entweder durch die Endung -s -ς oder die Dehnstufe des Stammes (etwa rhētōr ῥήτωρ zum Stamm rhētor- ῥητορ-) gekennzeichnet, bei den Neutra besteht er aus der Grundstufe des Stammes. Manche Liquidastämme unterliegen dem quantitativen Ablaut (so hat mētēr μήτηρ im Nominativ die Dehnstufe, im Akkusativ mētera μητέρα die Grundstufe und im Genitiv mētros μητρός die Schwundstufe).
Beispielwort Maskulinum: rhētōr ῥήτωρ ‚Redner‘ (maskulinum, Liquida-Stamm ohne Ablaut)
Adjektive werden entweder nach der o/a-Deklination oder nach der 3. Deklination dekliniert. Erstere enden im Maskulinum auf -os -ος, im Femininum auf -a -α oder -ē -η und im Neutrum auf -on -ον (etwa neos, nea, neon; νέος, νέα, νέον ‚neu‘). Manche (vor allem zusammengesetzte) Adjektive sind auch zweiendig, d. h. sie enden sowohl im Maskulinum als im Femininum auf -os -ος (etwa eukolos, eukolon; εὔκολος, εὔκολον ‚leicht‘). Adjektive der 3. Deklination werden teils im Femininum nach der a-Deklination dekliniert (wie pas, pasa, pan; πᾶς, πᾶσα, πᾶν ‚ganz‘), teils sind sie auch zweiendig (etwa saphēs saphes, σαφής σαφές ‚klar‘ ‚deutlich‘).
Adjektive können gesteigert werden (Positiv sophos σοφός ‚klug‘, Komparativ sophōteros σοφώτερος ‚klüger‘, Superlativ sophōtatos σοφώτατος ‚am klügsten‘). Der Elativ ist formal mit dem Superlativ identisch, bezeichnet aber nur eine relative Herausgehobenheit (‚sehr klug‘). Die Endungen des Komparativs und des Superlativs sind meist -teros -τερος und -tatos -τατος, bei einigen Adjektiven auch -iōn -ίων und -istos -ιστος (etwa kakos, kakiōn, kakistos; κακός, κακίων, κάκιστος ‚schlecht, schlechter, am schlechtesten‘).
Adverbien werden von den Adjektiven mit der Endung -ως -ōs abgeleitet (vgl. sophos estin σοφός ἐστιν ‚er ist klug‘ – sophōs legei σοφῶς λέγει ‚er spricht klug‘).
Pronomina
Personalpronomina gibt es in der 1. und 2. Person. Die Nominativformen der Personalpronomina (egō ἐγώ ‚ich‘, sy σύ ‚du‘, hēmeis ἡμεῖς ‚wir‘, hymeis ὑμεῖς ‚ihr‘) sind stets betont, weil die Person im Normalfall schon durch das Verb angegeben ist. In den übrigen Kasus wird zwischen den enklitischen unbetonten Formen (etwa me με ‚mich‘) und nicht-enklitischen Formen (eme ἐμέ), die in betonter Stellung und nach Präpositionen stehen, unterschieden. Als Ersatz für die Personalpronomina der 3. Person werden im Nominativ die Formen des Demonstrativpronomens houtos οὗτος ‚dieser‘, in den übrigen Kasus die Formen des Wortes autos αὐτός ‚selbst‘ verwendet. In allen drei Personen gibt es reflexive und nichtreflexive Formen des Personalpronomens, je nachdem ob sie sich auf das Subjekt des Satzes beziehen (etwa eme ἐμέ ‚mich‘ – emauton ἐμαυτόν ‚mich [selbst]‘). In der 3. Person wird zudem zwischen direkt und indirekt reflexiven Pronomina unterschieden, wobei sich die indirekt reflexiven Pronomina auf das Subjekt des übergeordneten Satzes beziehen.
An Demonstrativpronomina kommen hode, hēde, tode ὅδε, ἥδε, τόδε ‚dieser‘ (wie lat. hic, haec, hoc), houtos, hautē, touto οὗτος, αὕτη, τοῦτο ‚dieser‘ (wie lat. is, ea, id) und ekeinos, -ē, -o ἐκεῖνος, -η, -ο ‚jener‘ (wie lat. ille, illa, illud) vor. Das Relativpronomen hos, hē, ho ὅς, ἥ, ὅ wird durch Anhängung des Indefinitpronomens zum verallgemeinernden Relativpronomen hostis, hētis, hoti ὅστις, ἥτις, ὅτι. Das verallgemeinernde Relativpronomen ist identisch mit dem indirekten Fragepronomen. Das direkte Fragepronomen tis, ti τίς, τί ‚wer‘ ‚was‘ trägt stets den Akut. Das Indefinitpronomen tis, ti τις, τι ‚irgendjemand‘ ‚irgendetwas‘ entspricht dem direkten Fragepronomen, ist aber enklitisch.
Konjugation
Grammatische Kategorien des Verbsystems
Tempus- und Aspektsystem
Das altgriechische Tempussystem unterscheidet sich grundlegend von dem deutschen oder lateinischen. Die in der Grammatik übliche Einteilung in sechs (sieben bei Berücksichtigung des seltenen Perfektfuturs) Tempora ist genau genommen irreführend, da nicht die zeitliche Bedeutung, sondern der Aspekt im Vordergrund steht. Im Altgriechischen gibt es drei Tempusstämme, die einen bestimmten Aspekt ausdrücken. Zu jedem Tempusstamm gehört im Indikativ ein Haupttempus mit Gegenwarts- und ein Nebentempus mit Vergangenheitsbedeutung. (Der Aoriststamm ist der älteste Tempusstamm und hat ein Haupttempus im Indikativ nie ausgebildet.) Zum Beispiel drückt der Indikativ Präsens eine durative Handlung der Gegenwart, der Indikativ Imperfekt eine durative Handlung der Vergangenheit aus. Dazu kommt der sprachhistorisch jüngere Futurstamm, der kein Nebentempus kennt und tatsächlich eine rein zeitliche Bedeutung hat.
Mit der Handhabung dieser drei Aspekte stellt der Griechischsprechende durch Flexionsaffixe die zeitlichen Bezüge her, die von den Aspekten selbst nicht ausgedrückt werden. Die Aspekte gelten generell, während es eine direkt zeitliche Bedeutung nur im Indikativ gibt (bis auf das Futur: siehe unten).
Die Vergangenheit wird mit Hilfe der Nebentempora, die nur im Indikativ auftauchen, gebildet. Das sind im Präsensstamm das Imperfekt, im Perfektstamm das Plusquamperfekt und im Aoriststamm der Aorist.
Die Tempora des Altgriechischen lassen sich nach folgendem Schema darstellen:
Anmerkung: In Grammatiken wird der Paratatikos Imperfekt genannt, was von der Originalbezeichnung von Dionysios Thrax abweicht, jedoch im Folgenden verwendet werden soll.
Die übrigen Modi werden jeweils dem Haupttempus des Tempusstammes zugeordnet. Sie haben aber keinerlei zeitliche Bedeutung. Dadurch erklärt sich auch die auf den ersten Blick paradox wirkende Tatsache, dass mit dem Imperativ Aorist eine Befehlsform zu einem Vergangenheitstempus existiert.
Das altgriechische Verb bildet also vier Tempusstämme:
Der Präsensstamm– auch linearer oder paratatischer Stamm genannt – ist besser als Imperfektivstamm zu behandeln. Er übernimmt die Funktionen der durativen, iterativen, habituativen und konativen Aktionsart. Das bedeutet, es wird mit diesem Aspekt u. A. der Verlauf oder das Andauern einer Handlung ausgedrückt.
Beispiele:
nosein νοσεῖν ‚krank sein‘ (‚krank darniederliegen‘)
(apo)thnēskein (ἀπο)θνῄσκειν ‚sterben‘ (‚im Sterben liegen‘)
Der Aoriststamm bezeichnet Punktuelles. Das bedeutet, es wird der bloße Vollzug einer Handlung vermeldet. (Die Bezeichnung punktuell wird benutzt, um den Gegensatz zum linearen sogenannten Präsensstamm auszudrücken. Der Aoriststamm ist die Normalform und benennt eine Handlung oder ein Ereignis, ohne ausdrücken zu wollen, ob diese Handlung in Wirklichkeit punktuell oder linear war/ist.) Bei diesem Aspekt wird in der Sprachpraxis gern ein bestimmter Punkt des Verbalbegriffs ins Auge gefasst, nämlich der Abschluss (resultativ) oder der Beginn (ingressiv, inchoativ) einer Handlung.
Beispiele:
ingressiv: nosēsai νοσῆσαι ‚krank werden‘ oder ‚erkranken‘
effektiv: (apo)thanein (ἀπο)θανεῖν ‚(ver)sterben‘ (als Moment des Dahinscheidens)
Der Formen des Perfektstamms haben vorzeitig-ergebnisbezogene Bedeutung. Das heißt: Da, wo andere Sprachen Verben resultativer Aktionsart setzen, steht im Altgriechischen eine Perfektform. Das bedeutet, es wird mit diesem Aspekt ein (erreichter) Zustand oder einfach ohne jede nähere Bestimmung die Qualität einer Sache ausgedrückt.
Beispiele:
tethnēkenai τεθνηκέναι (τεθνάναι) ‚(gestorben und nun) tot sein‘
pepoithenai πεποιθέναι ‚vertrauen‘
vgl. auch das klassische Zitat des Läufers von Marathon: Νενικήκαμεν Nenikēkamen ('wir haben gesiegt').
Der vierte Tempusstamm des Altgriechischen, der Futurstamm, ist eine jüngere Entwicklung und hat in der Tat in allen Modi zeitliche Bedeutung.
Modussystem
Es gibt im Altgriechischen vier Modi: Indikativ, Optativ, Konjunktiv, Imperativ. Die Funktionen, die diese Formen syntaktisch und semantisch erfüllen, sind sehr vielfältig. Hier kann nur eine grundsätzliche Bestimmung ihrer Bedeutung vorgenommen werden.
Der Modus bringt die geistige Einstellung des Sprechenden gegenüber dem Verbalinhalt zum Ausdruck:
Mit dem Indikativ drückt der Sprecher aus, dass ihm ein Vorgang oder Zustand als wirklich (real), gegeben erscheint. Allerdings wird auch der Indikativ verwendet, wenn etwas fast Geschehenes bezeichnet wird.
In den anderen Modi drückt der Sprecher aus, dass ihm der Vorgang oder Zustand nur als vorgestellt, modal eingeschränkt, gilt:
Der Imperativ drückt einen Befehl, eine Aufforderung, aus, etwa Phere moi tode. Φέρε μοὶ τόδε. ‚Bring mir das her!‘
Der Konjunktiv drückt einen Willen (Voluntativ) oder eine Erwartung (Prospektiv) aus (er hat also leicht futurische Bedeutung, was umgekehrt für das Futur in Bezug auf den Konjunktiv auch gilt), ähnelt aber auch dem Konjunktiv des Lateinischen, etwa Iōmen. Ἴωμεν. ‚Lasst uns gehen!‘ (vergleiche lateinisch (coniunctivus hortativus): eamus!)
Der Optativ drückt einen Wunsch (Kupitiv) oder eine Möglichkeit (Potentialis) aus, etwa Eithe tis lyoi. Εἴθε τις λύοι. ‚Möge [das] jemand lösen‘.
Diathese
Von den drei Diathesen sind zwei (Aktiv und Medium) aus dem Indogermanischen geerbt. Das Passiv ist eine jüngere Entwicklung.
Das Aktiv ist die unmarkierte Struktur.
Das Medium drückt aus, dass das Subjekt an der Handlung beteiligt oder an ihr interessiert ist, dass also eine nähere Beziehung zwischen Subjekt und Handlung besteht (transitives Medium). Ferner kann es ausdrücken, dass das Subjekt von seiner eigenen Handlung betroffen ist (intransitives Medium). Der Begriff Medium (lateinisch medius ‚der Mittlere‘) soll ausdrücken, dass diese Form zwischen Aktiv und Passiv stehe. Das ist jedoch weder sprachgeschichtlich noch morphologisch richtig. Das Passiv ist im Griechischen der Grenzfall des Mediums, denn:
Das Passiv drückt die Wirkung einer Handlung auf das Subjekt aus, die nicht von ihm ausgeht. Insofern die Handlung nur noch auf das Subjekt wirkt, ohne von ihm auszugehen, bildet es den Grenzfall des Mediums. (Außerhalb des Futur- und Aoriststamms hat das Passiv keine eigenständige Form. Formal übernimmt dort das Medium neben der eigenen Funktion auch die des Passivs, was nur aus dem syntaktischen Zusammenhang oder bei genauer Kenntnis der Beschaffenheit des entsprechenden Verbums zu unterscheiden ist.)
Beispiele:
Aktiv: paideusei παιδεύσει ‚er wird [jemanden] erziehen‘
transitives Medium: paideusetai παιδεύσεται ‚er wird sich [jemanden] erziehen‘
intransitives Medium: paideusetai παιδεύσεται ‚er wird sich erziehen‘ ‚er wird sich erziehen lassen‘
Passiv: paideuthēsetai παιδευθήσεται‚ er wird [von jemandem] erzogen werden‘
Numerus- und Personsystem
Aufgrund der Personalflexion des altgriechischen Verbs werden die Personalpronomina des Nominativs wie in vielen anderen indogermanischen Sprachen (so auch im Lateinischen) meist ausgelassen, wenn sie nicht besonders betont – etwa in Adversativsätzen – werden sollen. Es muss also nicht zwangsläufig ein das Subjekt ausdrücklich nennendes Bezugswort (Pronomen oder Substantiv) beim Verb stehen – die Endung reicht aus, um die Person und damit das Subjekt zu identifizieren. Das Altgriechische ist also eine Pro-Drop-Sprache.
Das Altgriechische kennt beim Verb einen Singular, einen Plural und einen Dual (als Schwundform). Der Dual mit eigenen Endungen wird nur für die 2. und 3. Person gebildet, während die 1. Person des Duals mit der ersten Person Plural zusammenfällt. In den folgenden Beispielen wird nur das Aktiv behandelt.
Präsens Indikativ
Singular 2. Person: paideueis παιδεύεις ‚du erziehst‘
Dual 2. Person: paideueton παιδεύετον ‚ihr zwei erzieht‘
Plural 2. Person: paideuete παιδεύετε ‚ihr erzieht‘
Aorist Indikativ
Singular 3. Person: epaideuse(n) ἐπαίδευσε(ν) ‚er erzog‘
Dual 3. Person: epaideusatēn ἐπαιδευσάτην ‚sie zwei erzogen‘
Plural 3. Person: epaideusan ἐπαίδευσαν ‚sie erzogen‘
Konjugationstabellen
Konjugationstabelle für das regelmäßige Verb lyō λύω,(Infinitiv lyein λύειν ‚lösen‘) im Aktiv.
Der Dual wurde aufgrund seiner Seltenheit nicht berücksichtigt.
Im deutschsprachigen Raum ist das Griechische neben Latein seit dem ausgehenden Mittelalter bis heute eine wichtige Bildungssprache. Vorwiegend an humanistischen Gymnasien wird (meist ab Klasse 7, 8 oder 9) Griechischunterricht erteilt. Griechisch-Gymnasiasten können ihre Fähigkeiten im internationalen Exploring the Ancient Greek Language and Culture-Wettbewerb messen.
Gräzistik wird im Rahmen der Klassischen Philologie an zahlreichen deutschen Universitäten als Lehrfach angeboten. Für Studiengänge wie Latinistik, Theologie, Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Philosophie ist das Griechisch-Examen, das so genannte Graecum, bis heute oft Voraussetzung. Grundlage für das in Schulen gelehrte Altgriechisch bildet das Attische des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr., aber auch Autoren anderer Dialekte werden behandelt.
Zahlreiche deutsche Ausdrücke (geflügeltes Wort, Schwanengesang) und Sprichwörter (Im Wein liegt Wahrheit, Eine Hand wäscht die andere) stammen ursprünglich aus altgriechischen Quellen und sind Lehnübersetzungen. Viele exemplarische Redewendungen altgriechischer Autoren sind bis heute berühmt und werden vielfach zitiert.
Aus dem Altgriechischen entlehnte Wörter finden sich in zahlreichen wissenschaftlichen Fachsprachen, besonders in Gebieten, die bereits durch altgriechische Autoren bearbeitet wurden. Insbesondere im Bereich der Geometrie, Naturwissenschaften, Medizin, Philosophie und Theologie sowie Rhetorik und Theaterwissenschaft haben griechische Wortstämme das Fachvokabular geprägt.
Anders als etwa ältere Formen des Deutschen in der Deutschen Sprache, spielt das Altgriechische auch im aktiven Wortschatz der Neugriechischen Sprache eine Rolle: So werden antike Zitate und Redewendungen stets unübersetzt benutzt, Wortneubildungen und zusammengesetzte Wörter sind direkt aus dem Altgriechischen abgeleitet.
Quelle - Literatur & einzelnachweise
Grammatikalische Kategorien der Nomina
Die altgriechischen Nomina werden in fünf Kasus (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ, Vokativ), drei Numeri (Singular, Dual, Plural) und drei Genera (Maskulinum, Femininum, Neutrum) dekliniert. Auch Partizipien, Verbaladjektive und Infinitive werden dekliniert, sie gelten als Zwischenformen (sogenannte Nominalformen des Verbs). Substantive können mit einem Artikel (ho hē to ὁ ἡ τό ‚der die das‘) bestimmt werden; einen unbestimmten Artikel gibt es nicht.
Kasus
Von den acht Kasus des Indogermanischen haben sich im Altgriechischen fünf erhalten: Nominativ, Akkusativ, Genitiv, Dativ und Vokativ (Anredeform). Nach ihrer Verwendungsweise werden zahlreiche verschiedene Kasusfunktionen unterschieden. Das altgriechische Kasussystem ähnelt in seinen Grundzügen dem deutschen.
Der Nominativ ist der Subjektskasus (ho ornis ādei ὁ ὄρνις ᾄδει ‚der Vogel singt‘) und der Kasus des Prädikatsnomens (ho philosophos sophos estin ὁ φιλόσοφος σοφός ἐστιν ‚der Philosoph ist klug‘).
Der Genitiv drückt in seiner ursprünglichen Bedeutung eine Zugehörigkeit oder einen Bereich aus. Es lassen sich hierbei zahlreiche Kasusfunktionen unterscheiden, u. A. der Genitivus possessoris, der einen Besitz ausdrückt (ho tou geōrgou agros ὁ τοῦ γεωργοῦ ἀγρός ‚das Feld des Bauern‘), der Genitivus partitivus, der eine Teilmenge angibt (polloi tōn anthrōpōn πολλοὶ τῶν ἀνθρώπων ‚viele von den Menschen‘), der Genitivus subiectivus, der den Handlungsträger angibt (hē tēs mētros agapē ἡ τῆς μητρὸς ἀγάπη ‚die Liebe der Mutter‘) und der Genitivus obiectivus, der das Handlungsziel angibt (hē tēs mētros agapē ἡ τῆς μητρὸς ἀγάπη ‚die Liebe zur Mutter‘). Ferner hat der Genitiv vom indogermanischen Ablativ die Bedeutung einer Herkunft übernommen. Dies drückt sich u. A. als Genitivus separativus, der eine Trennung bezeichnet (eleutheros phobou ἐλεύθερος φόβου ‚frei von Furcht‘), aus. Im klassischen Griechisch sind diese beiden Gebrauchsweisen in vielen Fällen miteinander verschmolzen. Viele altgriechische Verben regieren den Genitiv (etwa tynchanein tinos τυγχάνειν τινός ‚etwas erlangen‘).
Der Dativ ist der Kasus des indirekten Objekts (edōke autō chryson ἔδωκε αὐτῷ χρυσόν ‚er gab ihm Gold‘). Weiterhin hat er vom indogermanischen Instrumental die Funktion der Angabe eines Mittels übernommen (Dativus instrumentalis, wie tois ophthalmois horān τοῖς ὀφθαλμοῖς ὁρᾶν ‚mit den Augen sehen‘), vom indogermanischen Lokativ die Funktion der Angabe eines Ortes oder einer Zeit (Dativus loci bzw. temporis etwa tautē tē hēmera ταύτῃ τῇ ἡμέρᾳ ‚an diesem Tag‘). Weitere Kasusfunktionen des Dativs sind u. A. der Dativus modi, der die Art und Weise angibt (toutō tō tropō τούτῳ τῷ τρόπῳ ‚auf diese Weise‘ ‚so‘) und der Dativus causae, der den Grund angibt (hēdomai tē nikē ἥδομαι τῇ νίκῃ ‚ich freue mich über den Sieg‘).
Der Akkusativ ist der Kasus des direkten Objekts (horō auton ὁρῶ αὐτόν ‚ich sehe ihn‘). Weiterhin kann er eine räumliche oder zeitliche Ausdehnung (wie deka hēmeras emeine δέκα ἡμέρας ἔμεινε ‚er blieb zehn Tage‘) ausdrücken. Der Accusativus limitationis oder respectus drückt eine Beziehung oder Hinsicht aus (etwa tēn psychēn nosein τὴν ψυχὴν νοσεῖν ‚in Bezug auf die Seele krank sein‘ ‚seelisch krank sein‘).
Der Vokativ ist die Anredeform (kyrie eleēson κύριε ἐλέησον ‚Herr, erbarme dich‘). Er ist im Plural und bei vielen Substantiven (besonders bei Nomina der 3. Deklination und Feminina) auch im Singular mit dem Nominativ identisch. Dem Vokativ geht oft die Interjektion ō ὦ voran (etwa ō andres athenaioi ὦ ἄνδρες Ἀθηναῖοι ‚Ihr Männer von Athen!‘). Ein Fehlen derselben ist ein Zeichen von sachlicher Kühle oder gar von Geringschätzung: „Akoueis, Aischinē?“ „Ἀκούεις, Αἰσχίνη;“ „Hörst du, Aischines?“ fragt etwa Demosthenes seinen verhassten Gegner.
Numerus
Neben dem Singular (Einzahl) und Plural (Mehrzahl) hat das Altgriechische noch in Resten den Dual (Zweizahl) behalten. Die Artikel des Duals lauten in allen Genera tō τὼ im Nominativ und Akkusativ und toin τοῖν im Genitiv und Dativ. Seltenere Formen des femininen Duals sind entsprechend ta τὰ und tain ταῖν. In der o-Deklination (s. u.) hat er die Endungen -ō -ω im Nominativ und Akkusativ und -oin -οιν im Genitiv und Dativ. In der a-Deklination lauten die Endungen entsprechend -ā -ᾱ und -ain -αιν, in der 3. Deklination -e -ε und -oin -οιν. Der Dual war schon zu vorklassischer Zeit (vor dem 5. Jahrhundert v. Chr.) im Schwinden begriffen, und die ursprüngliche Verwendungsweise (nur für wirklich in der Zweizahl Zusammengehöriges, wie Zwillinge, die beiden Hände, Augen und so weiter) ging verloren. In der klassischen Literatur wurden vorsichtige Wiederbelebungsversuche unternommen, die den Dual jedoch nicht wieder etablierten und außerdem seiner ursprünglichen, spezifischen Verwendungsweise entfremdeten. Aufgrund seiner Seltenheit ist der Dual in den untenstehenden Deklinationsbeispielen nicht aufgenommen.
Beispiele:
tō chōrā τὼ χώρα ‚die zwei Länder‘, toin chōrain τοῖν χώραιν ‚den zwei Ländern‘ ‚der zwei Länder‘
tō theō τὼ θεώ ‚die zwei Götter‘, toin theoin τοῖν θεοῖν ‚den zwei Göttern‘ ‚der zwei Götter‘
tō paide τὼ παῖδε ‚die zwei Söhne/Kinder‘, toin paidoin τοῖν παίδοιν ‚den zwei Söhnen‘ ‚der zwei Söhne‘
tō polei τὼ πόλει ‚die zwei Städte‘, toin poleoin τοῖν πολέοιν ‚den zwei Städten‘ ‚der zwei Städte‘
Genus
Wie die meisten indogermanischen Sprachen kennt das Altgriechische drei Genera: Maskulinum (männlich), Femininum (weiblich) und Neutrum (sächlich). Männliche Wesen sind stets maskulin, weibliche feminin. Winde, Flüsse und Monate sind maskulin, Länder, Inseln und Städte feminin; ansonsten lassen sich keine eindeutigen Regeln festlegen. Eine Besonderheit des Neutrums ist, dass bei einem neutralen Subjekt das Prädikat stets im Singular steht. Dies lässt sich damit erklären, dass das Neutrum Plural sprachhistorisch auf ein Kollektivum zurückgeht.
Das Genus commune ist bei wenigen Vokabeln ebenfalls erhalten, etwa bei ho/hē bous ὁ/ἡ βοῦς, das sowohl ‚Rind‘ als auch ‚Ochse‘ oder ‚Kuh‘ heißen kann.
Deklination der Substantive
Das Altgriechische kennt drei grundlegende Deklinationsklassen: die o-Deklination, die a-Deklination und eine dritte, konsonantische Deklination.
Zur a-Deklination (oder ersten Deklination) gehören Feminina auf kurzes -ă -ᾰ (wie doxă δόξᾰ ‚Ruhm‘ ‚Ansicht‘), langes -ā -ᾱ (etwa chōrā χώρᾱ ‚Land‘) und -ē -η (etwa nikē νίκη ‚Sieg‘) sowie Maskulina auf -ās -ᾱς (etwa neaniās νεανίᾱς ‚Jüngling‘) und -ēs -ης (etwa poiētēs ποιητής ‚Dichter‘). Endet der Wortstamm auf ein e ε, i ι oder r ρ, haben die Endungen in allen Formen ein a α (Alpha purum), andernfalls wird ein langes ā ᾱ zu einem ē η (Alpha impurum). Die Maskulina haben im Genitiv die Endung-ou-ου, im Vokativ enden sie auf -ă -ᾰ, ansonsten werden sie gleich dekliniert wie die Feminina.
Beispielwort: doxă δόξᾰ ‚Ruhm‘ ‚Ansicht‘ (femininum, mit kurzem Alpha impurum)
Singular Plural Nominativ hē doxa ἡ δόξα hai doxai αἱ δόξαι Genitiv tēs doxēs τῆς δόξης tōn doxōn τῶν δοξῶν Dativ tē doxē τῇ δόξῃ tais doxais ταῖς δόξαις Akkusativ tēn doxan τὴν δόξαν tas doxas τὰς δόξας Vokativ ō doxa ὦ δόξα ō doxai ὦ δόξαι |
Zur o-Deklination (oder zweiten Deklination) gehören Maskulina auf -os -ος (wie philos φίλος ‚Freund‘) und Neutra auf -on -ον (wie teknon τέκνον ‚Kind‘). Die Deklinationsendungen sind dieselben, außer dass Wörter auf -on -ον wie alle Neutra im Nominativ und Akkusativ Plural auf -a -α enden und im Vokativ dieselbe Form wie im Nominativ haben. Ganz vereinzelt kommen auch Feminina auf -os -ος vor (etwa nēsos νῆσος ‚Insel‘), die ebenso dekliniert werden wie die Maskulina. Dazu kommen als Sonderfälle Kontrakta (etwa nous νοῦς ‚Sinn‘), bei denen der vokalische Stamm mit der Deklinationsendung verschmolzen ist, und die sogenannte attische Deklination (wie neōs νεώς ‚Tempel‘).
Beispielwort: philos φίλος ‚Freund‘ (maskulinum)
Singular Plural Nominativ ho philos ὁ φίλος hoi philoi οἱ φίλοι Genitiv tou philou τοῦ φίλου tōn philōn τῶν φίλων Dativ tō philō τῷ φίλῳ tois philois τοῖς φίλοις Akkusativ ton philon τὸν φίλον tous philous τοὺς φίλους Vokativ ō phile ὦ φίλε ō philoi ὦ φίλοι |
Die 3. Deklination umfasst eine Vielzahl von konsonantischen Stämmen. Je nach Stammauslaut lassen sie sich in Muta-Stämme (etwa gyps γύψ m. ‚Geier‘, aix αἴξ f. ‚Ziege‘, ὄρνις ornis m. ‚Vogel‘), Liquida- und Nasalstämme (etwa rhētōr ῥήτωρ m. ‚Redner‘, mētēr μήτηρ f. ‚Mutter‘, limēn λιμήν m. ‚Hafen‘), Sigma-Stämme (wie genos γένος n. ‚Geschlecht‘ ‚Art‘) und Vokalstämme (etwa polis πόλις f. ‚Stadt‘, basileus βασιλεύς m. ‚König‘) unterteilen. Aus sprachhistorischen Gründen unterliegt die Deklination der einzelnen Untergruppen Unregelmäßigkeiten, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Zur 3. Deklination gehören sowohl Maskulina, Feminina und Neutra. Der Nominativ ist bei den Maskulina und Feminina entweder durch die Endung -s -ς oder die Dehnstufe des Stammes (etwa rhētōr ῥήτωρ zum Stamm rhētor- ῥητορ-) gekennzeichnet, bei den Neutra besteht er aus der Grundstufe des Stammes. Manche Liquidastämme unterliegen dem quantitativen Ablaut (so hat mētēr μήτηρ im Nominativ die Dehnstufe, im Akkusativ mētera μητέρα die Grundstufe und im Genitiv mētros μητρός die Schwundstufe).
Beispielwort Maskulinum: rhētōr ῥήτωρ ‚Redner‘ (maskulinum, Liquida-Stamm ohne Ablaut)
Singular Plural Nominativ ho rhētōr ὁ ῥήτωρ hoi rhētores οἱ ῥήτορες Genitiv tou rhētoros τοῦ ῥήτορος tōn rhētorōn τῶν ῥητόρων Dativ tō rhētori τῷ ῥήτορι tois rhētorsi(n) τοῖς ῥήτορσι(ν) Akkusativ ton rhētora τὸν ῥήτορα tous rhētoras τοὺς ῥήτορας Vokativ ō rhētor ὦ ῥῆτορ ō rhētores ὦ ῥήτορες |
Adjektive werden entweder nach der o/a-Deklination oder nach der 3. Deklination dekliniert. Erstere enden im Maskulinum auf -os -ος, im Femininum auf -a -α oder -ē -η und im Neutrum auf -on -ον (etwa neos, nea, neon; νέος, νέα, νέον ‚neu‘). Manche (vor allem zusammengesetzte) Adjektive sind auch zweiendig, d. h. sie enden sowohl im Maskulinum als im Femininum auf -os -ος (etwa eukolos, eukolon; εὔκολος, εὔκολον ‚leicht‘). Adjektive der 3. Deklination werden teils im Femininum nach der a-Deklination dekliniert (wie pas, pasa, pan; πᾶς, πᾶσα, πᾶν ‚ganz‘), teils sind sie auch zweiendig (etwa saphēs saphes, σαφής σαφές ‚klar‘ ‚deutlich‘).
Adjektive können gesteigert werden (Positiv sophos σοφός ‚klug‘, Komparativ sophōteros σοφώτερος ‚klüger‘, Superlativ sophōtatos σοφώτατος ‚am klügsten‘). Der Elativ ist formal mit dem Superlativ identisch, bezeichnet aber nur eine relative Herausgehobenheit (‚sehr klug‘). Die Endungen des Komparativs und des Superlativs sind meist -teros -τερος und -tatos -τατος, bei einigen Adjektiven auch -iōn -ίων und -istos -ιστος (etwa kakos, kakiōn, kakistos; κακός, κακίων, κάκιστος ‚schlecht, schlechter, am schlechtesten‘).
Adverbien werden von den Adjektiven mit der Endung -ως -ōs abgeleitet (vgl. sophos estin σοφός ἐστιν ‚er ist klug‘ – sophōs legei σοφῶς λέγει ‚er spricht klug‘).
Pronomina
Personalpronomina gibt es in der 1. und 2. Person. Die Nominativformen der Personalpronomina (egō ἐγώ ‚ich‘, sy σύ ‚du‘, hēmeis ἡμεῖς ‚wir‘, hymeis ὑμεῖς ‚ihr‘) sind stets betont, weil die Person im Normalfall schon durch das Verb angegeben ist. In den übrigen Kasus wird zwischen den enklitischen unbetonten Formen (etwa me με ‚mich‘) und nicht-enklitischen Formen (eme ἐμέ), die in betonter Stellung und nach Präpositionen stehen, unterschieden. Als Ersatz für die Personalpronomina der 3. Person werden im Nominativ die Formen des Demonstrativpronomens houtos οὗτος ‚dieser‘, in den übrigen Kasus die Formen des Wortes autos αὐτός ‚selbst‘ verwendet. In allen drei Personen gibt es reflexive und nichtreflexive Formen des Personalpronomens, je nachdem ob sie sich auf das Subjekt des Satzes beziehen (etwa eme ἐμέ ‚mich‘ – emauton ἐμαυτόν ‚mich [selbst]‘). In der 3. Person wird zudem zwischen direkt und indirekt reflexiven Pronomina unterschieden, wobei sich die indirekt reflexiven Pronomina auf das Subjekt des übergeordneten Satzes beziehen.
An Demonstrativpronomina kommen hode, hēde, tode ὅδε, ἥδε, τόδε ‚dieser‘ (wie lat. hic, haec, hoc), houtos, hautē, touto οὗτος, αὕτη, τοῦτο ‚dieser‘ (wie lat. is, ea, id) und ekeinos, -ē, -o ἐκεῖνος, -η, -ο ‚jener‘ (wie lat. ille, illa, illud) vor. Das Relativpronomen hos, hē, ho ὅς, ἥ, ὅ wird durch Anhängung des Indefinitpronomens zum verallgemeinernden Relativpronomen hostis, hētis, hoti ὅστις, ἥτις, ὅτι. Das verallgemeinernde Relativpronomen ist identisch mit dem indirekten Fragepronomen. Das direkte Fragepronomen tis, ti τίς, τί ‚wer‘ ‚was‘ trägt stets den Akut. Das Indefinitpronomen tis, ti τις, τι ‚irgendjemand‘ ‚irgendetwas‘ entspricht dem direkten Fragepronomen, ist aber enklitisch.
Konjugation
Grammatische Kategorien des Verbsystems
Tempus- und Aspektsystem
Das altgriechische Tempussystem unterscheidet sich grundlegend von dem deutschen oder lateinischen. Die in der Grammatik übliche Einteilung in sechs (sieben bei Berücksichtigung des seltenen Perfektfuturs) Tempora ist genau genommen irreführend, da nicht die zeitliche Bedeutung, sondern der Aspekt im Vordergrund steht. Im Altgriechischen gibt es drei Tempusstämme, die einen bestimmten Aspekt ausdrücken. Zu jedem Tempusstamm gehört im Indikativ ein Haupttempus mit Gegenwarts- und ein Nebentempus mit Vergangenheitsbedeutung. (Der Aoriststamm ist der älteste Tempusstamm und hat ein Haupttempus im Indikativ nie ausgebildet.) Zum Beispiel drückt der Indikativ Präsens eine durative Handlung der Gegenwart, der Indikativ Imperfekt eine durative Handlung der Vergangenheit aus. Dazu kommt der sprachhistorisch jüngere Futurstamm, der kein Nebentempus kennt und tatsächlich eine rein zeitliche Bedeutung hat.
Mit der Handhabung dieser drei Aspekte stellt der Griechischsprechende durch Flexionsaffixe die zeitlichen Bezüge her, die von den Aspekten selbst nicht ausgedrückt werden. Die Aspekte gelten generell, während es eine direkt zeitliche Bedeutung nur im Indikativ gibt (bis auf das Futur: siehe unten).
Die Vergangenheit wird mit Hilfe der Nebentempora, die nur im Indikativ auftauchen, gebildet. Das sind im Präsensstamm das Imperfekt, im Perfektstamm das Plusquamperfekt und im Aoriststamm der Aorist.
Die Tempora des Altgriechischen lassen sich nach folgendem Schema darstellen:
Tempusstamm Haupttempus Nebentempus Aspekt Aktionsart Präsensstamm Präsens Paratatikos/Imperfekt imperfektiv durativ, frequentativ, iterativ, habituativ, konativ Aoriststamm – Aorist perfektiv/aoristisch punktuell, egressiv, effektiv, inchoativ, ingressiv, gnomisch Perfektstamm Perfekt Plusquamperfekt perfektisch resultativ Futurstamm Futur – – – |
Anmerkung: In Grammatiken wird der Paratatikos Imperfekt genannt, was von der Originalbezeichnung von Dionysios Thrax abweicht, jedoch im Folgenden verwendet werden soll.
Die übrigen Modi werden jeweils dem Haupttempus des Tempusstammes zugeordnet. Sie haben aber keinerlei zeitliche Bedeutung. Dadurch erklärt sich auch die auf den ersten Blick paradox wirkende Tatsache, dass mit dem Imperativ Aorist eine Befehlsform zu einem Vergangenheitstempus existiert.
Das altgriechische Verb bildet also vier Tempusstämme:
Der Präsensstamm– auch linearer oder paratatischer Stamm genannt – ist besser als Imperfektivstamm zu behandeln. Er übernimmt die Funktionen der durativen, iterativen, habituativen und konativen Aktionsart. Das bedeutet, es wird mit diesem Aspekt u. A. der Verlauf oder das Andauern einer Handlung ausgedrückt.
Beispiele:
nosein νοσεῖν ‚krank sein‘ (‚krank darniederliegen‘)
(apo)thnēskein (ἀπο)θνῄσκειν ‚sterben‘ (‚im Sterben liegen‘)
Der Aoriststamm bezeichnet Punktuelles. Das bedeutet, es wird der bloße Vollzug einer Handlung vermeldet. (Die Bezeichnung punktuell wird benutzt, um den Gegensatz zum linearen sogenannten Präsensstamm auszudrücken. Der Aoriststamm ist die Normalform und benennt eine Handlung oder ein Ereignis, ohne ausdrücken zu wollen, ob diese Handlung in Wirklichkeit punktuell oder linear war/ist.) Bei diesem Aspekt wird in der Sprachpraxis gern ein bestimmter Punkt des Verbalbegriffs ins Auge gefasst, nämlich der Abschluss (resultativ) oder der Beginn (ingressiv, inchoativ) einer Handlung.
Beispiele:
ingressiv: nosēsai νοσῆσαι ‚krank werden‘ oder ‚erkranken‘
effektiv: (apo)thanein (ἀπο)θανεῖν ‚(ver)sterben‘ (als Moment des Dahinscheidens)
Der Formen des Perfektstamms haben vorzeitig-ergebnisbezogene Bedeutung. Das heißt: Da, wo andere Sprachen Verben resultativer Aktionsart setzen, steht im Altgriechischen eine Perfektform. Das bedeutet, es wird mit diesem Aspekt ein (erreichter) Zustand oder einfach ohne jede nähere Bestimmung die Qualität einer Sache ausgedrückt.
Beispiele:
tethnēkenai τεθνηκέναι (τεθνάναι) ‚(gestorben und nun) tot sein‘
pepoithenai πεποιθέναι ‚vertrauen‘
vgl. auch das klassische Zitat des Läufers von Marathon: Νενικήκαμεν Nenikēkamen ('wir haben gesiegt').
Der vierte Tempusstamm des Altgriechischen, der Futurstamm, ist eine jüngere Entwicklung und hat in der Tat in allen Modi zeitliche Bedeutung.
Modussystem
Es gibt im Altgriechischen vier Modi: Indikativ, Optativ, Konjunktiv, Imperativ. Die Funktionen, die diese Formen syntaktisch und semantisch erfüllen, sind sehr vielfältig. Hier kann nur eine grundsätzliche Bestimmung ihrer Bedeutung vorgenommen werden.
Der Modus bringt die geistige Einstellung des Sprechenden gegenüber dem Verbalinhalt zum Ausdruck:
Mit dem Indikativ drückt der Sprecher aus, dass ihm ein Vorgang oder Zustand als wirklich (real), gegeben erscheint. Allerdings wird auch der Indikativ verwendet, wenn etwas fast Geschehenes bezeichnet wird.
In den anderen Modi drückt der Sprecher aus, dass ihm der Vorgang oder Zustand nur als vorgestellt, modal eingeschränkt, gilt:
Der Imperativ drückt einen Befehl, eine Aufforderung, aus, etwa Phere moi tode. Φέρε μοὶ τόδε. ‚Bring mir das her!‘
Der Konjunktiv drückt einen Willen (Voluntativ) oder eine Erwartung (Prospektiv) aus (er hat also leicht futurische Bedeutung, was umgekehrt für das Futur in Bezug auf den Konjunktiv auch gilt), ähnelt aber auch dem Konjunktiv des Lateinischen, etwa Iōmen. Ἴωμεν. ‚Lasst uns gehen!‘ (vergleiche lateinisch (coniunctivus hortativus): eamus!)
Der Optativ drückt einen Wunsch (Kupitiv) oder eine Möglichkeit (Potentialis) aus, etwa Eithe tis lyoi. Εἴθε τις λύοι. ‚Möge [das] jemand lösen‘.
Diathese
Von den drei Diathesen sind zwei (Aktiv und Medium) aus dem Indogermanischen geerbt. Das Passiv ist eine jüngere Entwicklung.
Das Aktiv ist die unmarkierte Struktur.
Das Medium drückt aus, dass das Subjekt an der Handlung beteiligt oder an ihr interessiert ist, dass also eine nähere Beziehung zwischen Subjekt und Handlung besteht (transitives Medium). Ferner kann es ausdrücken, dass das Subjekt von seiner eigenen Handlung betroffen ist (intransitives Medium). Der Begriff Medium (lateinisch medius ‚der Mittlere‘) soll ausdrücken, dass diese Form zwischen Aktiv und Passiv stehe. Das ist jedoch weder sprachgeschichtlich noch morphologisch richtig. Das Passiv ist im Griechischen der Grenzfall des Mediums, denn:
Das Passiv drückt die Wirkung einer Handlung auf das Subjekt aus, die nicht von ihm ausgeht. Insofern die Handlung nur noch auf das Subjekt wirkt, ohne von ihm auszugehen, bildet es den Grenzfall des Mediums. (Außerhalb des Futur- und Aoriststamms hat das Passiv keine eigenständige Form. Formal übernimmt dort das Medium neben der eigenen Funktion auch die des Passivs, was nur aus dem syntaktischen Zusammenhang oder bei genauer Kenntnis der Beschaffenheit des entsprechenden Verbums zu unterscheiden ist.)
Beispiele:
Aktiv: paideusei παιδεύσει ‚er wird [jemanden] erziehen‘
transitives Medium: paideusetai παιδεύσεται ‚er wird sich [jemanden] erziehen‘
intransitives Medium: paideusetai παιδεύσεται ‚er wird sich erziehen‘ ‚er wird sich erziehen lassen‘
Passiv: paideuthēsetai παιδευθήσεται‚ er wird [von jemandem] erzogen werden‘
Numerus- und Personsystem
Aufgrund der Personalflexion des altgriechischen Verbs werden die Personalpronomina des Nominativs wie in vielen anderen indogermanischen Sprachen (so auch im Lateinischen) meist ausgelassen, wenn sie nicht besonders betont – etwa in Adversativsätzen – werden sollen. Es muss also nicht zwangsläufig ein das Subjekt ausdrücklich nennendes Bezugswort (Pronomen oder Substantiv) beim Verb stehen – die Endung reicht aus, um die Person und damit das Subjekt zu identifizieren. Das Altgriechische ist also eine Pro-Drop-Sprache.
Das Altgriechische kennt beim Verb einen Singular, einen Plural und einen Dual (als Schwundform). Der Dual mit eigenen Endungen wird nur für die 2. und 3. Person gebildet, während die 1. Person des Duals mit der ersten Person Plural zusammenfällt. In den folgenden Beispielen wird nur das Aktiv behandelt.
Präsens Indikativ
Singular 2. Person: paideueis παιδεύεις ‚du erziehst‘
Dual 2. Person: paideueton παιδεύετον ‚ihr zwei erzieht‘
Plural 2. Person: paideuete παιδεύετε ‚ihr erzieht‘
Aorist Indikativ
Singular 3. Person: epaideuse(n) ἐπαίδευσε(ν) ‚er erzog‘
Dual 3. Person: epaideusatēn ἐπαιδευσάτην ‚sie zwei erzogen‘
Plural 3. Person: epaideusan ἐπαίδευσαν ‚sie erzogen‘
Konjugationstabellen
Konjugationstabelle für das regelmäßige Verb lyō λύω,(Infinitiv lyein λύειν ‚lösen‘) im Aktiv.
Der Dual wurde aufgrund seiner Seltenheit nicht berücksichtigt.
Im deutschsprachigen Raum ist das Griechische neben Latein seit dem ausgehenden Mittelalter bis heute eine wichtige Bildungssprache. Vorwiegend an humanistischen Gymnasien wird (meist ab Klasse 7, 8 oder 9) Griechischunterricht erteilt. Griechisch-Gymnasiasten können ihre Fähigkeiten im internationalen Exploring the Ancient Greek Language and Culture-Wettbewerb messen.
Gräzistik wird im Rahmen der Klassischen Philologie an zahlreichen deutschen Universitäten als Lehrfach angeboten. Für Studiengänge wie Latinistik, Theologie, Klassische Archäologie, Alte Geschichte und Philosophie ist das Griechisch-Examen, das so genannte Graecum, bis heute oft Voraussetzung. Grundlage für das in Schulen gelehrte Altgriechisch bildet das Attische des 5. und 4. Jahrhunderts v. Chr., aber auch Autoren anderer Dialekte werden behandelt.
Zahlreiche deutsche Ausdrücke (geflügeltes Wort, Schwanengesang) und Sprichwörter (Im Wein liegt Wahrheit, Eine Hand wäscht die andere) stammen ursprünglich aus altgriechischen Quellen und sind Lehnübersetzungen. Viele exemplarische Redewendungen altgriechischer Autoren sind bis heute berühmt und werden vielfach zitiert.
Aus dem Altgriechischen entlehnte Wörter finden sich in zahlreichen wissenschaftlichen Fachsprachen, besonders in Gebieten, die bereits durch altgriechische Autoren bearbeitet wurden. Insbesondere im Bereich der Geometrie, Naturwissenschaften, Medizin, Philosophie und Theologie sowie Rhetorik und Theaterwissenschaft haben griechische Wortstämme das Fachvokabular geprägt.
Anders als etwa ältere Formen des Deutschen in der Deutschen Sprache, spielt das Altgriechische auch im aktiven Wortschatz der Neugriechischen Sprache eine Rolle: So werden antike Zitate und Redewendungen stets unübersetzt benutzt, Wortneubildungen und zusammengesetzte Wörter sind direkt aus dem Altgriechischen abgeleitet.
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So Nov 17, 2024 4:25 am von Andy
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So Nov 17, 2024 4:21 am von Andy
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