Die Altkatholische Kirche
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Die Altkatholische Kirche
Altkatholische Kirche, in der Schweiz Christkatholische Kirche, bezeichnet die Gemeinschaft selbständiger katholischer Kirchen, die in der Utrechter Union zusammengeschlossen sind.
Verteilung der altkatholischen Kirche
Utrechter Union
Mitgliedskirchen
Unselbständige Kirchen
Porvoo-Gemeinschaft
Mitgliedskirchen
Kirchen mit Beobachter-Status
Anglikanische Gemeinschaft
Mitgliedskirchen
Die altkatholischen Kirchen in Deutschland, Österreich und der Schweiz entstanden aus Protest gegen die dogmatischen Definitionen des Jurisdiktionsprimats und der päpstlichen Unfehlbarkeit, die auf dem Ersten Vatikanischen Konzil am 18. Juli 1870 in der Dogmatischen Konstitution Pastor Aeternus[3] verkündet wurden. Diejenigen römisch-katholischen Christen, die die neuen Dogmen ablehnten, verfielen der Exkommunikation. Sie nannten sich – unter Bezugnahme auf die Alte Kirche – „Alt-Katholiken“, um sich von der aus ihrer Sicht „neuen“ römisch-katholischen Kirche abzugrenzen. Ab 1872/73 kam es zur Gründung eigener Gemeinden und Ortskirchen.[4]
Eine besondere Bedeutung innerhalb der altkatholischen Kirchengemeinschaft kommt der Alt-Katholischen Kirche der Niederlande zu. Das Erzbistum Utrecht ist die älteste altkatholische Kirche (seit 1723 von Rom unabhängig), von der alle anderen altkatholischen Kirchen die Bischofsweihe in apostolischer Sukzession empfingen,[5] so dass nach (römisch-katholischem) kanonischem Recht die Weihen, die von altkatholischen Bischöfen vorgenommen werden, gültig, aber im Falle von Bischofsweihen unerlaubt sind, da ihnen die päpstliche Bestätigung fehlt.[6] Ebenso erkennen die orthodoxen Kirchen die Gültigkeit der altkatholischen Weihen dem Grunde nach an, sofern sie nicht an oder durch eine Frau gespendet werden.
Name
Der amtliche Name der Kirche in Deutschland lautet: „Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland“. Die Schreibweise mit Bindestrich ist daher in Deutschland Teil der Selbstbezeichnung, während der offizielle Name der beiden anderen deutschsprachigen Kirchen „Christkatholische Kirche der Schweiz“ bzw. „Altkatholische Kirche Österreichs“ lautet.
Theologie und Kirchenordnung
→ Hauptartikel: Utrechter Erklärung
Glaubensverständnis
Bibel und Tradition gelten als Grundlage und Richtschnur des Glaubens (Regula fidei)
Zum Depositum fidei gehören die dogmatischen Entscheidungen der sieben Ökumenischen Konzilien
Dazu zählen insbesondere:
das Nicäno-Konstantinopolitanum ohne filioque als authentischer Zusammenfassung des Glaubens
der Glaube an die Dreifaltigkeit: es gibt nur einen einzigen Gott, der in drei wesensgleichen Personen (Vater, Sohn und Heiliger Geist) existiert
Jesus Christus ist wahrer Mensch seiner Menschheit nach und wahrer Gott seiner Gottheit nach; in der unvermischten Einheit seiner zwei Naturen (der göttlichen und der menschlichen) ist er eine einzige Person
Maria trägt aufgrund ihrer zentralen Stellung im Heilswerk Gottes das Prädikat Gottesgebärerin (in der Westkirche: Gottesmutter), da sie die zweite göttliche Person, den Sohn Gottes, in jungfräulicher Unversehrtheit durch das Wirken des Heiligen Geistes empfangen und geboren hat
Als im Widerspruch zur Lehre der Alten Kirche stehend werden folgende Lehrsätze verworfen bzw. abgelehnt:
die Unfehlbarkeit des Papstes in Fragen des Glaubens und der Moral
die Universaljurisdiktion des Papstes über die Gesamtkirche
die Unbefleckte Empfängnis Mariens
die Leibliche Aufnahme Mariens
die Transsubstantiationslehre
Gelehrt wird hingegen, dass
dem Papst als Bischof von Rom und Patriarch des Abendlandes eine Ehrenstellung zukommt
die Eucharistie ein geheiligtes Opfermahl ist, in welchem die den Leib und das Blut des Herrn empfangenden Gläubigen Gemeinschaft miteinander haben
Kirchenverständnis
Die ekklesiologischen Grundsätze finden sich verbindlich festgeschrieben im Statut der Internationalen Bischofskonferenz, als auch in den Verfassungen der verschiedenen altkatholischen Nationalkirchen. So heißt es beispielsweise im Statut der Alt-Katholischen Kirche der Niederlande:
„Mit anderen katholischen Kirchen hat die Utrechter Kirche Folgendes gemein:
– die Diözese ist die zentrale Größe der Kirchenstruktur. An ihrer Spitze steht der Diözesanbischof, der sowohl der erste Vorsteher der Eucharistie ist als auch derjenige, der im Einvernehmen mit seiner Geistlichkeit die Diözese leitet;
− das kirchliche Leben jeder Diözese vollzieht sich in den Gemeinden;
– Bischöfe von Nachbarbistümern schließen sich zur Bischofssynode einer Kirchenprovinz zusammen, in der einer von ihnen als Vorsitzender fungiert;
– die Verbundenheit zwischen verschiedenen Kirchenprovinzen stellt sich in der Kirche des Westens in der besonderen Sorge und Verantwortlichkeit des Bischofs von Rom für das Wohl der Kirche und das Bewahren der Einheit dar;
– die Universalität der Kirche zeigt sich im Allgemeinen oder Ökumenischen Konzil.[7]“
In der Synodal- und Gemeindeordnung der Alt-Katholischen Kirche in Deutschland findet sich das Zusammenwirken von „personaler, kollegialer und gemeinschaftlicher Episkope“[7] mehr zugunsten der Laien gewichtet:
„Wir halten fest an der alten bischöflich-synodalen Verfassung der Kirche. Danach leitet der Bischof unmittelbar und selbständig die Ortskirche unter Mitwirkung und Mitentscheidung der Gemeinschaft der Ordinierten und des ganzen Gottesvolkes.[8]“
Inhaltlich präzisiert findet sich das altkatholische Kirchenverständnis in der Verfassung der Christkatholischen Kirche der Schweiz. Artikel 3 der Präambel lautet:
„Die Katholizität der Kirche aufrechtzuerhalten, ist Inhalt und Ziel der apostolischen Sukzession. Sie wird dadurch vollzogen, dass der Bischof mit den Priestern und Diakonen einerseits und die Laienschaft andererseits sich gegenseitig verpflichten, den Glauben der Apostel sowie die Liturgie und die Struktur der Alten Kirche zu bewahren, in der Gegenwart zu entfalten und in die Zukunft hinein und in alle Welt hinaus weiterzupflanzen. Das zeigt sich betont im Weihesakrament; darum erfolgen Weihen zu apostolischen Ämtern nur im ausdrücklichen Zusammenhang der apostolischen Sukzession, in der die ganze Kirche steht.[7]“
Wie der Konnex zwischen Katholizität und Nationalkirchentum ausgestaltet sein kann, verdeutlicht exemplarisch die Rechtsordnung der Polnisch-Katholischen Kirche:
„§1. Die Polnisch-Katholische Kirche
a) bekennt die katholischen Wahrheiten des Glaubens und der Moral sowie die Grundsätze der Kirchenordnung, welche in der Heiligen Schrift enthalten und in den Allgemeinen Glaubenssymbolen und in den Bestimmungen der sieben Ökumenischen Konzile des ersten Jahrtausends formuliert sind;
b) ist Teil der einzigen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche;
c) hat eine eigene Kirchenhierarchie;
d) nimmt die religiöse und pastorale Sorge für die Gläubigen polnischer Nationalität und auch für die Gläubigen anderer Nationalität, wenn sie ihren Anschluss an die Kirche kundgetan haben, wahr;
e) verwendet in der Liturgie die polnische Sprache wie auch ihre eigenen, durch die Kirchenbehörde bestätigten liturgischen Bücher, insbesondere das Messbuch, das Rituale und das Pontifikale, sowie die Hilfsbücher (Gesangbücher; Gebetbücher);
f) berücksichtigt in ihrer pastoralen Arbeit die geistigen und materiellen Notwendigkeiten des polnischen Volkes und Staates;
g) lehrt den Wert des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod und die Würde eines jeden Menschen.[7]“
Kirchenordnung
Die Verfassung der altkatholischen Kirchen ist bischöflich-synodal und beruht auf demokratischen Prinzipien (Mehrheitsentscheid; Gewaltenteilung):
Volljährige Gemeindemitglieder haben Mitbestimmungsrechte, die vor allem auf den halbjährlichen Gemeindeversammlungen wahrgenommen werden.
Dazu zählen u.a. die Wahl des Kirchenvorstandes, der Synodalabgeordneten und i.d.R. des Pfarrers.
Der Bischof wird auf einer Synode gewählt, der aus den Gemeinden entsandte Laien und Geistliche angehören.
Der Bischof leitet zusammen mit dem Synodalrat (in Deutschland: mit der Synodalvertretung) das Bistum.
Die Rechtsprechung im Bistum obliegt unabhängigen Synodalgerichten.
Zwang in der Religionsausübung wird abgelehnt:
Die Verpflichtung der Gläubigen zur Ohrenbeichte wurde in Deutschland nach 1873 aufgehoben.
Die Geistlichen sind vom Zölibat grundsätzlich dispensiert; es bleibt ihnen jedoch unbenommen, freiwillig ehelos zu leben.
Die Stolgebühren für geistliche Amtshandlungen und das Ablasswesen wurden in Deutschland 1873 abgeschafft.
Es gibt kein verpflichtendes Sonntagsgebot.
Rolle von Frauen, Homosexuellen und Geschiedenen in den westeuropäischen altkatholischen Kirchen:
Alle getauften Christen, die den Glauben an die Realpräsenz teilen, sind zum Empfang der Eucharistie eingeladen (dies gilt auch für wiederverheiratete Geschiedene).
Frauen sind zum Weihesakrament zugelassen, siehe Hauptartikel Frauenordination.
Eine zweite kirchliche Trauung Geschiedener ist bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen möglich.
Die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ist in Absprache mit dem zuständigen Pfarrer möglich.
Liturgische Reformen:
Die Heilige Messe und andere Gottesdienste werden in Deutschland seit 1877, in der Schweiz seit 1885, in Österreich seit 1879 und in den Niederlanden seit 1908 in der Landessprache gefeiert.
Anstelle der Einzelbeichte kann die sakramentale Lossprechung auch gemeinschaftlich empfangen werden.
Die Kelchkommunion gehört zur liturgischen Praxis.
Liturgie
Die Heilige Eucharistie mit Wortgottesdienst und Homilie wird gewöhnlich an jedem Sonntag sowie an Hochfesten gefeiert. Der Leib des Herrn wird in einem Tabernakel aufbewahrt, neben dem zumeist ein ewiges Licht brennt.
Der Grad der Feierlichkeit der Liturgie variiert je nach Gemeinde und Priester. In manchen Gemeinden ähneln die Sonntagsgottesdienste römisch-katholischen Werktagsmessen, in anderen werden regelmäßig oder gelegentlich Hochämter mit Diakon, Altardienst und Weihrauch gefeiert. Außerhalb Deutschlands wird während der Konsekration und zur Kommunion gekniet. Die liturgischen Dienste des Kantors, des Organisten und des Lektors werden von Laien ausgeübt, während Kinder, Jugendliche und mancherorts auch Erwachsene als Ministranten tätig sind.[9]
Zu einzelnen Aspekten altkatholischer Liturgie geben folgende Hauptartikel Auskunft:
Gottesdienst
Römischer Ritus
Gabenbereitung
Hochgebet
Vaterunser
Eucharistie
Kommuniongebet
Kommunion
Kelchkommunion
Liturgisches Jahr
Gründonnerstag
Karfreitag
Große Fürbitten
Osternacht
Ite, missa est
Kritik von römisch-katholischer Seite
Gelegentlich wurde den Altkatholiken wegen ihrer Reformen (z. B. Einführung der Landessprache, Aufhebung des Pflichtzölibats, in jüngster Zeit auch wegen der Einführung der Frauenordination) von römisch-katholischer Seite vorgeworfen, sie seien Neuprotestanten.[10] Dieser Behauptung wird von altkatholischer Seite entgegengehalten, dass die altkatholische Kirche nicht die Intention hat, durch ihre Reformen die Katholizität der Kirche aufzugeben, und zum anderen, dass die römisch-katholische Kirche knapp hundert Jahre später die eine oder andere von ihr bis dahin verhinderte Reform selbst einführte, so z. B. die Liturgiereform, die Landessprache im Gottesdienst oder die Weihe von verheirateten Männern zu Ständigen Diakonen.[11]
Die altkatholische Kirche sieht in ihren Standpunkten und Reformen keine Neuerungen, die den ursprünglichen, allgemeinverbindlichen Glauben der Kirche berühren oder gar zuwiderlaufen. Vielmehr liegt nach altkatholischer Auffassung diesen Reformen ein ursprünglicher Katholizismus zu Grunde, der dem Geist des Evangeliums und der Tradition der Kirche des ersten Jahrtausends entspricht. Die Änderungen in der Glaubenslehre der römisch-katholischen Kirche durch das Erste Vatikanische Konzil, welches die Unfehlbarkeit und die Universaljurisdiktion des Papstes zu verbindlichen Glaubenssätzen erhob, werden dagegen nach wie vor als die eigentlichen „Neuerungen“, die es aus altkirchlicher Gesinnung heraus abzulehnen gilt, angesehen. Die altkatholische Bewegung erhob ihren Widerspruch gegen das I. Vatikanum nicht zuletzt auch deshalb, weil es kein ökumenisches Konzil im altkirchlichen Sinne, sondern vielmehr eine Partikularsynode war. Darüber hinaus gab es unter den anwesenden römisch-katholischen Bischöfen eine beachtliche Minderheit, die die neuen Dogmen zunächst ablehnte und sich der Abstimmung durch vorzeitige Abreise entzog.
Trotz mancher Gemeinsamkeiten, etwa in der Betonung des synodalen Prinzips, unterscheidet sich die altkatholische Kirche in ihrem Selbstverständnis jedoch grundsätzlich von den reformatorischen Kirchen, beispielsweise da sie – neben der Bewahrung der apostolischen Überlieferung und dem Glauben an den Opfercharakter der Eucharistie – an der Siebenzahl der Sakramente festhält.
Ökumenische Beziehungen
Seit den 1870er Jahren suchten vor allem Altkatholiken aus Deutschland und der Schweiz den Dialog mit Vertretern anderer Kirchen. So wurden bereits 1874/75 in Bonn auf Initiative der Synodalvertretung und auf Einladung Ignaz von Döllinger „Unionskonferenzen“ abgehalten, an denen neben altkatholischen auch namhafte orthodoxe, anglikanische und evangelische Theologen und Kirchenführer teilnahmen.
Seit 1931 steht die altkatholische Kirche, die sich bereits in der Utrechter Erklärung von 1889 zur Ökumene bekannte, durch das Bonn Agreement in voller Kirchengemeinschaft mit der Anglikanischen Kirche, seit 1965 auch mit der Unabhängigen Philippinischen Kirche sowie der Lusitanischen Kirche von Portugal und der Reformierten Episkopalkirche Spaniens. Der gemeinsame Internationale Anglikanisch - Altkatholische Koordinierende Rat (AOCICC)[12] und die (stimmberechtigte) Teilnahme altkatholischer Bischöfe an der Lambeth-Konferenz verbinden die beiden Kirchenfamilien auch institutionell.[13]
Die altkatholische Kirche ist Gründungsmitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen und in zahlreichen anderen ökumenischen Gremien, z. B. der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) und der Konferenz Europäischer Kirchen, vertreten.
Unionsversuche mit der Orthodoxen Kirche kamen 1987 zu einer weitgehenden Übereinkunft in allen wesentlichen Glaubensfragen.[14] Neuer Diskussionsbedarf kam durch die Einführung der Frauenordination auf, die für die meisten Orthodoxen nicht nachvollziehbar ist. Dennoch wurde der Dialog, auch über diese Frage, 2004 neu aufgenommen. Sowohl beim 2011 erfolgten Besuch des Erzbischofs von Utrecht beim Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel in dessen Amtssitz Phanar,[15] als auch beim Gegenbesuch des Patriarchen Bartholomeos I. 2014 in der Utrechter St. Gertrudis-Kathedrale,[16] äußerten sich beide positiv über die bisherige Arbeit der ständigen orthodox-altkatholischen Arbeitsgruppe.[17]
Mit der römisch-katholischen Kirche wurde 2004 erneut eine Dialogkommission gebildet, die ihren Abschlussbericht am 12. Mai 2009 vorlegte.[18] Die bereits 1972 in der „Zürcher Nota“ vorgelegten Ergebnisse eines vorangegangenen Dialogs mit weit reichenden Ergebnissen wie beispielsweise sakramentaler Aushilfe in Notfällen waren seinerzeit von Rom nicht ratifiziert worden. Zwischen dem deutschen alt-katholischen Bistum und der Deutschen Bischofskonferenz gibt es jedoch seit 1999 eine Vereinbarung, die die Übernahme von Geistlichen in den Dienst der jeweiligen Kirche nach einem Übertritt regelt.
2012 hat die Internationale Römisch-Katholisch - Altkatholische Dialogkommission von der Internationalen Altkatholischen Bischofskonferenz und dem Päpstlichen Einheitsrat ein neues Mandat für die Fortsetzung der Gespräche erhalten und tagt seitdem wieder mehrmals pro Jahr.[19] Im persönlichen Gespräch zwischen Papst Franziskus und dem altkatholischen Erzbischof von Utrecht Joris Vercammen, der 2013 als ökumenischer Gast zur Amtseinführung in den Vatikan eingeladen war, würdigte man die bisherigen Ergebnisse des römisch-katholisch - altkatholischen Dialogs.[20]
Weitere bilaterale Gespräche führt die Internationale Altkatholische Bischofskonferenz mit der Kirche von Schweden[21] und der indischen Mar-Thoma-Kirche.[22]
Siehe auch: Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen#Einrichtungen in der Utrechter Union
Siehe auch: Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen#Gemeinschaft mit anderen Kirchen
Im April 2014 beschloss die Internationale Altkatholische Bischofskonferenz, für die Altkatholische Kirche der Mariaviten die Wiederaufnahme in die Wege zu leiten.[29]
Altkatholiken international
Die altkatholischen Kirchen sind in der Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen zusammengeschlossen. Die Bischöfe dieser Kirchen treffen sich regelmäßig unter dem Vorsitz des Erzbischofs von Utrecht in der Internationalen Altkatholischen Bischofskonferenz (IBK). Alle vier Jahre findet ein Internationaler Altkatholikenkongress statt. In der Zeit zwischen den Kongressen tritt im jährlichen Turnus das Internationale Altkatholische Laienforum zusammen.
Außerhalb des deutschen Sprachraums gibt es altkatholische Kirchen in den Niederlanden, Polen und der Tschechischen Republik.
Unselbstständige altkatholische Kirchen bzw. Gemeinden existieren in Dänemark, Frankreich, Italien, Kroatien und Schweden. Diese befinden sich zumeist in einer extremen Diasporasituation, so dass für sie kein eigener Bischof geweiht werden kann. Daher unterstehen diese Gemeinden direkt der Jurisdiktion der IBK, die ihnen jeweils einen altkatholischen Bischof als Delegaten zuordnet. Ungeklärt ist der Verbleib der slowenischen und serbischen Altkatholiken nach dem Untergang der Bundesrepublik Jugoslawien.
Einige amerikanische kirchliche Gemeinschaften, die sich als altkatholisch betrachten und die Utrechter Erklärung anerkennen, ersuchten die IBK um Aufnahme in die Utrechter Union, diese wurden allerdings an die Episcopal Church als Gesprächspartner verwiesen.
Insbesondere in den USA ist der Ausdruck „old catholic“ in unterschiedlichen Kombinationen als Selbstbezeichnung von Glaubensgemeinschaften in Gebrauch, die jedoch keine Mitgliedskirchen der Utrechter Union oder mit dieser assoziiert sind.
Altkatholiken im deutschsprachigen Raum
Die altkatholische Kirche ist eine kleine Kirche, die in breiteren Bevölkerungskreisen eher unbekannt ist. Daher erfolgen Beitritte zumeist von Einzelpersonen, die entweder aus einer anderen Kirche – die altkatholischen Kirchen lehnen jedoch aktive Abwerbung ab – oder aus der Konfessionslosigkeit kommen. Altkatholische Gemeinden sind daher oft von überschaubarer Größe (i. d. R. zwischen 200 und 600 Mitgliedern). Insbesondere in Deutschland gibt es in vielen Gemeinden Gottesdienstbesucher, die einer anderen Kirche angehören, aber als Gäste bzw. Freunde dauerhaft willkommen sind, auch wenn sie sich nicht für einen Beitritt entscheiden. Ihnen fehlt lediglich das Stimmrecht bei Gemeindeversammlungen, an denen sie jedoch ebenfalls teilnehmen können.
Deutschland
→ Hauptartikel: Alt-Katholische Kirche in Deutschland
Schweiz
→ Hauptartikel: Christkatholische Kirche der Schweiz
Österreich
→ Hauptartikel: Altkatholische Kirche Österreichs
Geschichte
Die altkatholische Kirche entstand im 18. Jahrhundert in den Niederlanden.
→ Hauptartikel: Alt-Katholische Kirche der Niederlande
→ Hauptartikel: Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen
Literatur
Wissenschaftliche Zeitschrift
Internationale Kirchliche Zeitschrift (IKZ); Bern: Stämpfli Publikationen AG; ISSN 0020-9252
Monographien und Sammelbände
Urs Küry: Die Altkatholische Kirche – ihre Geschichte, ihre Lehre, ihr Anliegen; hrsg. von Christian Oeyen; Frankfurt am Main: Ev. Verlagswerk, 19823; ISBN 3-7715-0190-3 (Nicht mehr ganz neues Standardwerk)
Johann Friedrich von Schulte: Der Altkatholizismus, Geschichte seiner Entwicklung, inneren Gestaltung und rechtlichen Stellung; Gießen, 1887; Reprint: Aalen: Scientia Verlag, 2002; ISBN 3-511-00169-2 (Quellensammlung und historische Darstellung aus der Frühzeit des Altkatholizismus)
Christian Blankenstein: Christsein – aber wo? Alt-Katholische Überlegungen; Nordhausen: Bautz, 20082; ISBN 978-3-88309-392-5 (Kurzdarstellung)
Angela Berlis, Matthias Ring (Hrsg.): Im Himmel Anker werfen. Vermutungen über Kirche in der Zukunft. Festschrift für Bischof Joachim Vobbe; Norderstedt: Books on Demand, 20082; ISBN 978-3-8370-5957-1
Siehe auch
Kirchengebäude:
Liste altkatholischer Patrozinien
Liste von Kirchen im Katholischen Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland
Bischofslisten:
Liste der Bischöfe von Utrecht
Liste der Bischöfe von Haarlem
Liste der deutschen altkatholischen Bischöfe
Liste der Schweizer christkatholischen Bischöfe
Liste der österreichischen altkatholischen Bischöfe
Relevante Geistesströmungen:
Ultramontanismus
Deutschkatholizismus
Liberalismus
Kulturkampf
Jansenismus
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Verteilung der altkatholischen Kirche
Utrechter Union
Mitgliedskirchen
Unselbständige Kirchen
Porvoo-Gemeinschaft
Mitgliedskirchen
Kirchen mit Beobachter-Status
Anglikanische Gemeinschaft
Mitgliedskirchen
Die altkatholischen Kirchen in Deutschland, Österreich und der Schweiz entstanden aus Protest gegen die dogmatischen Definitionen des Jurisdiktionsprimats und der päpstlichen Unfehlbarkeit, die auf dem Ersten Vatikanischen Konzil am 18. Juli 1870 in der Dogmatischen Konstitution Pastor Aeternus[3] verkündet wurden. Diejenigen römisch-katholischen Christen, die die neuen Dogmen ablehnten, verfielen der Exkommunikation. Sie nannten sich – unter Bezugnahme auf die Alte Kirche – „Alt-Katholiken“, um sich von der aus ihrer Sicht „neuen“ römisch-katholischen Kirche abzugrenzen. Ab 1872/73 kam es zur Gründung eigener Gemeinden und Ortskirchen.[4]
Eine besondere Bedeutung innerhalb der altkatholischen Kirchengemeinschaft kommt der Alt-Katholischen Kirche der Niederlande zu. Das Erzbistum Utrecht ist die älteste altkatholische Kirche (seit 1723 von Rom unabhängig), von der alle anderen altkatholischen Kirchen die Bischofsweihe in apostolischer Sukzession empfingen,[5] so dass nach (römisch-katholischem) kanonischem Recht die Weihen, die von altkatholischen Bischöfen vorgenommen werden, gültig, aber im Falle von Bischofsweihen unerlaubt sind, da ihnen die päpstliche Bestätigung fehlt.[6] Ebenso erkennen die orthodoxen Kirchen die Gültigkeit der altkatholischen Weihen dem Grunde nach an, sofern sie nicht an oder durch eine Frau gespendet werden.
Name
Der amtliche Name der Kirche in Deutschland lautet: „Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland“. Die Schreibweise mit Bindestrich ist daher in Deutschland Teil der Selbstbezeichnung, während der offizielle Name der beiden anderen deutschsprachigen Kirchen „Christkatholische Kirche der Schweiz“ bzw. „Altkatholische Kirche Österreichs“ lautet.
Theologie und Kirchenordnung
→ Hauptartikel: Utrechter Erklärung
Glaubensverständnis
Bibel und Tradition gelten als Grundlage und Richtschnur des Glaubens (Regula fidei)
Zum Depositum fidei gehören die dogmatischen Entscheidungen der sieben Ökumenischen Konzilien
Dazu zählen insbesondere:
das Nicäno-Konstantinopolitanum ohne filioque als authentischer Zusammenfassung des Glaubens
der Glaube an die Dreifaltigkeit: es gibt nur einen einzigen Gott, der in drei wesensgleichen Personen (Vater, Sohn und Heiliger Geist) existiert
Jesus Christus ist wahrer Mensch seiner Menschheit nach und wahrer Gott seiner Gottheit nach; in der unvermischten Einheit seiner zwei Naturen (der göttlichen und der menschlichen) ist er eine einzige Person
Maria trägt aufgrund ihrer zentralen Stellung im Heilswerk Gottes das Prädikat Gottesgebärerin (in der Westkirche: Gottesmutter), da sie die zweite göttliche Person, den Sohn Gottes, in jungfräulicher Unversehrtheit durch das Wirken des Heiligen Geistes empfangen und geboren hat
Als im Widerspruch zur Lehre der Alten Kirche stehend werden folgende Lehrsätze verworfen bzw. abgelehnt:
die Unfehlbarkeit des Papstes in Fragen des Glaubens und der Moral
die Universaljurisdiktion des Papstes über die Gesamtkirche
die Unbefleckte Empfängnis Mariens
die Leibliche Aufnahme Mariens
die Transsubstantiationslehre
Gelehrt wird hingegen, dass
dem Papst als Bischof von Rom und Patriarch des Abendlandes eine Ehrenstellung zukommt
die Eucharistie ein geheiligtes Opfermahl ist, in welchem die den Leib und das Blut des Herrn empfangenden Gläubigen Gemeinschaft miteinander haben
Kirchenverständnis
Die ekklesiologischen Grundsätze finden sich verbindlich festgeschrieben im Statut der Internationalen Bischofskonferenz, als auch in den Verfassungen der verschiedenen altkatholischen Nationalkirchen. So heißt es beispielsweise im Statut der Alt-Katholischen Kirche der Niederlande:
„Mit anderen katholischen Kirchen hat die Utrechter Kirche Folgendes gemein:
– die Diözese ist die zentrale Größe der Kirchenstruktur. An ihrer Spitze steht der Diözesanbischof, der sowohl der erste Vorsteher der Eucharistie ist als auch derjenige, der im Einvernehmen mit seiner Geistlichkeit die Diözese leitet;
− das kirchliche Leben jeder Diözese vollzieht sich in den Gemeinden;
– Bischöfe von Nachbarbistümern schließen sich zur Bischofssynode einer Kirchenprovinz zusammen, in der einer von ihnen als Vorsitzender fungiert;
– die Verbundenheit zwischen verschiedenen Kirchenprovinzen stellt sich in der Kirche des Westens in der besonderen Sorge und Verantwortlichkeit des Bischofs von Rom für das Wohl der Kirche und das Bewahren der Einheit dar;
– die Universalität der Kirche zeigt sich im Allgemeinen oder Ökumenischen Konzil.[7]“
In der Synodal- und Gemeindeordnung der Alt-Katholischen Kirche in Deutschland findet sich das Zusammenwirken von „personaler, kollegialer und gemeinschaftlicher Episkope“[7] mehr zugunsten der Laien gewichtet:
„Wir halten fest an der alten bischöflich-synodalen Verfassung der Kirche. Danach leitet der Bischof unmittelbar und selbständig die Ortskirche unter Mitwirkung und Mitentscheidung der Gemeinschaft der Ordinierten und des ganzen Gottesvolkes.[8]“
Inhaltlich präzisiert findet sich das altkatholische Kirchenverständnis in der Verfassung der Christkatholischen Kirche der Schweiz. Artikel 3 der Präambel lautet:
„Die Katholizität der Kirche aufrechtzuerhalten, ist Inhalt und Ziel der apostolischen Sukzession. Sie wird dadurch vollzogen, dass der Bischof mit den Priestern und Diakonen einerseits und die Laienschaft andererseits sich gegenseitig verpflichten, den Glauben der Apostel sowie die Liturgie und die Struktur der Alten Kirche zu bewahren, in der Gegenwart zu entfalten und in die Zukunft hinein und in alle Welt hinaus weiterzupflanzen. Das zeigt sich betont im Weihesakrament; darum erfolgen Weihen zu apostolischen Ämtern nur im ausdrücklichen Zusammenhang der apostolischen Sukzession, in der die ganze Kirche steht.[7]“
Wie der Konnex zwischen Katholizität und Nationalkirchentum ausgestaltet sein kann, verdeutlicht exemplarisch die Rechtsordnung der Polnisch-Katholischen Kirche:
„§1. Die Polnisch-Katholische Kirche
a) bekennt die katholischen Wahrheiten des Glaubens und der Moral sowie die Grundsätze der Kirchenordnung, welche in der Heiligen Schrift enthalten und in den Allgemeinen Glaubenssymbolen und in den Bestimmungen der sieben Ökumenischen Konzile des ersten Jahrtausends formuliert sind;
b) ist Teil der einzigen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche;
c) hat eine eigene Kirchenhierarchie;
d) nimmt die religiöse und pastorale Sorge für die Gläubigen polnischer Nationalität und auch für die Gläubigen anderer Nationalität, wenn sie ihren Anschluss an die Kirche kundgetan haben, wahr;
e) verwendet in der Liturgie die polnische Sprache wie auch ihre eigenen, durch die Kirchenbehörde bestätigten liturgischen Bücher, insbesondere das Messbuch, das Rituale und das Pontifikale, sowie die Hilfsbücher (Gesangbücher; Gebetbücher);
f) berücksichtigt in ihrer pastoralen Arbeit die geistigen und materiellen Notwendigkeiten des polnischen Volkes und Staates;
g) lehrt den Wert des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod und die Würde eines jeden Menschen.[7]“
Kirchenordnung
Die Verfassung der altkatholischen Kirchen ist bischöflich-synodal und beruht auf demokratischen Prinzipien (Mehrheitsentscheid; Gewaltenteilung):
Volljährige Gemeindemitglieder haben Mitbestimmungsrechte, die vor allem auf den halbjährlichen Gemeindeversammlungen wahrgenommen werden.
Dazu zählen u.a. die Wahl des Kirchenvorstandes, der Synodalabgeordneten und i.d.R. des Pfarrers.
Der Bischof wird auf einer Synode gewählt, der aus den Gemeinden entsandte Laien und Geistliche angehören.
Der Bischof leitet zusammen mit dem Synodalrat (in Deutschland: mit der Synodalvertretung) das Bistum.
Die Rechtsprechung im Bistum obliegt unabhängigen Synodalgerichten.
Zwang in der Religionsausübung wird abgelehnt:
Die Verpflichtung der Gläubigen zur Ohrenbeichte wurde in Deutschland nach 1873 aufgehoben.
Die Geistlichen sind vom Zölibat grundsätzlich dispensiert; es bleibt ihnen jedoch unbenommen, freiwillig ehelos zu leben.
Die Stolgebühren für geistliche Amtshandlungen und das Ablasswesen wurden in Deutschland 1873 abgeschafft.
Es gibt kein verpflichtendes Sonntagsgebot.
Rolle von Frauen, Homosexuellen und Geschiedenen in den westeuropäischen altkatholischen Kirchen:
Alle getauften Christen, die den Glauben an die Realpräsenz teilen, sind zum Empfang der Eucharistie eingeladen (dies gilt auch für wiederverheiratete Geschiedene).
Frauen sind zum Weihesakrament zugelassen, siehe Hauptartikel Frauenordination.
Eine zweite kirchliche Trauung Geschiedener ist bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen möglich.
Die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ist in Absprache mit dem zuständigen Pfarrer möglich.
Liturgische Reformen:
Die Heilige Messe und andere Gottesdienste werden in Deutschland seit 1877, in der Schweiz seit 1885, in Österreich seit 1879 und in den Niederlanden seit 1908 in der Landessprache gefeiert.
Anstelle der Einzelbeichte kann die sakramentale Lossprechung auch gemeinschaftlich empfangen werden.
Die Kelchkommunion gehört zur liturgischen Praxis.
Liturgie
Die Heilige Eucharistie mit Wortgottesdienst und Homilie wird gewöhnlich an jedem Sonntag sowie an Hochfesten gefeiert. Der Leib des Herrn wird in einem Tabernakel aufbewahrt, neben dem zumeist ein ewiges Licht brennt.
Der Grad der Feierlichkeit der Liturgie variiert je nach Gemeinde und Priester. In manchen Gemeinden ähneln die Sonntagsgottesdienste römisch-katholischen Werktagsmessen, in anderen werden regelmäßig oder gelegentlich Hochämter mit Diakon, Altardienst und Weihrauch gefeiert. Außerhalb Deutschlands wird während der Konsekration und zur Kommunion gekniet. Die liturgischen Dienste des Kantors, des Organisten und des Lektors werden von Laien ausgeübt, während Kinder, Jugendliche und mancherorts auch Erwachsene als Ministranten tätig sind.[9]
Zu einzelnen Aspekten altkatholischer Liturgie geben folgende Hauptartikel Auskunft:
Gottesdienst
Römischer Ritus
Gabenbereitung
Hochgebet
Vaterunser
Eucharistie
Kommuniongebet
Kommunion
Kelchkommunion
Liturgisches Jahr
Gründonnerstag
Karfreitag
Große Fürbitten
Osternacht
Ite, missa est
Kritik von römisch-katholischer Seite
Gelegentlich wurde den Altkatholiken wegen ihrer Reformen (z. B. Einführung der Landessprache, Aufhebung des Pflichtzölibats, in jüngster Zeit auch wegen der Einführung der Frauenordination) von römisch-katholischer Seite vorgeworfen, sie seien Neuprotestanten.[10] Dieser Behauptung wird von altkatholischer Seite entgegengehalten, dass die altkatholische Kirche nicht die Intention hat, durch ihre Reformen die Katholizität der Kirche aufzugeben, und zum anderen, dass die römisch-katholische Kirche knapp hundert Jahre später die eine oder andere von ihr bis dahin verhinderte Reform selbst einführte, so z. B. die Liturgiereform, die Landessprache im Gottesdienst oder die Weihe von verheirateten Männern zu Ständigen Diakonen.[11]
Die altkatholische Kirche sieht in ihren Standpunkten und Reformen keine Neuerungen, die den ursprünglichen, allgemeinverbindlichen Glauben der Kirche berühren oder gar zuwiderlaufen. Vielmehr liegt nach altkatholischer Auffassung diesen Reformen ein ursprünglicher Katholizismus zu Grunde, der dem Geist des Evangeliums und der Tradition der Kirche des ersten Jahrtausends entspricht. Die Änderungen in der Glaubenslehre der römisch-katholischen Kirche durch das Erste Vatikanische Konzil, welches die Unfehlbarkeit und die Universaljurisdiktion des Papstes zu verbindlichen Glaubenssätzen erhob, werden dagegen nach wie vor als die eigentlichen „Neuerungen“, die es aus altkirchlicher Gesinnung heraus abzulehnen gilt, angesehen. Die altkatholische Bewegung erhob ihren Widerspruch gegen das I. Vatikanum nicht zuletzt auch deshalb, weil es kein ökumenisches Konzil im altkirchlichen Sinne, sondern vielmehr eine Partikularsynode war. Darüber hinaus gab es unter den anwesenden römisch-katholischen Bischöfen eine beachtliche Minderheit, die die neuen Dogmen zunächst ablehnte und sich der Abstimmung durch vorzeitige Abreise entzog.
Trotz mancher Gemeinsamkeiten, etwa in der Betonung des synodalen Prinzips, unterscheidet sich die altkatholische Kirche in ihrem Selbstverständnis jedoch grundsätzlich von den reformatorischen Kirchen, beispielsweise da sie – neben der Bewahrung der apostolischen Überlieferung und dem Glauben an den Opfercharakter der Eucharistie – an der Siebenzahl der Sakramente festhält.
Ökumenische Beziehungen
Seit den 1870er Jahren suchten vor allem Altkatholiken aus Deutschland und der Schweiz den Dialog mit Vertretern anderer Kirchen. So wurden bereits 1874/75 in Bonn auf Initiative der Synodalvertretung und auf Einladung Ignaz von Döllinger „Unionskonferenzen“ abgehalten, an denen neben altkatholischen auch namhafte orthodoxe, anglikanische und evangelische Theologen und Kirchenführer teilnahmen.
Seit 1931 steht die altkatholische Kirche, die sich bereits in der Utrechter Erklärung von 1889 zur Ökumene bekannte, durch das Bonn Agreement in voller Kirchengemeinschaft mit der Anglikanischen Kirche, seit 1965 auch mit der Unabhängigen Philippinischen Kirche sowie der Lusitanischen Kirche von Portugal und der Reformierten Episkopalkirche Spaniens. Der gemeinsame Internationale Anglikanisch - Altkatholische Koordinierende Rat (AOCICC)[12] und die (stimmberechtigte) Teilnahme altkatholischer Bischöfe an der Lambeth-Konferenz verbinden die beiden Kirchenfamilien auch institutionell.[13]
Die altkatholische Kirche ist Gründungsmitglied des Ökumenischen Rates der Kirchen und in zahlreichen anderen ökumenischen Gremien, z. B. der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) und der Konferenz Europäischer Kirchen, vertreten.
Unionsversuche mit der Orthodoxen Kirche kamen 1987 zu einer weitgehenden Übereinkunft in allen wesentlichen Glaubensfragen.[14] Neuer Diskussionsbedarf kam durch die Einführung der Frauenordination auf, die für die meisten Orthodoxen nicht nachvollziehbar ist. Dennoch wurde der Dialog, auch über diese Frage, 2004 neu aufgenommen. Sowohl beim 2011 erfolgten Besuch des Erzbischofs von Utrecht beim Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel in dessen Amtssitz Phanar,[15] als auch beim Gegenbesuch des Patriarchen Bartholomeos I. 2014 in der Utrechter St. Gertrudis-Kathedrale,[16] äußerten sich beide positiv über die bisherige Arbeit der ständigen orthodox-altkatholischen Arbeitsgruppe.[17]
Mit der römisch-katholischen Kirche wurde 2004 erneut eine Dialogkommission gebildet, die ihren Abschlussbericht am 12. Mai 2009 vorlegte.[18] Die bereits 1972 in der „Zürcher Nota“ vorgelegten Ergebnisse eines vorangegangenen Dialogs mit weit reichenden Ergebnissen wie beispielsweise sakramentaler Aushilfe in Notfällen waren seinerzeit von Rom nicht ratifiziert worden. Zwischen dem deutschen alt-katholischen Bistum und der Deutschen Bischofskonferenz gibt es jedoch seit 1999 eine Vereinbarung, die die Übernahme von Geistlichen in den Dienst der jeweiligen Kirche nach einem Übertritt regelt.
2012 hat die Internationale Römisch-Katholisch - Altkatholische Dialogkommission von der Internationalen Altkatholischen Bischofskonferenz und dem Päpstlichen Einheitsrat ein neues Mandat für die Fortsetzung der Gespräche erhalten und tagt seitdem wieder mehrmals pro Jahr.[19] Im persönlichen Gespräch zwischen Papst Franziskus und dem altkatholischen Erzbischof von Utrecht Joris Vercammen, der 2013 als ökumenischer Gast zur Amtseinführung in den Vatikan eingeladen war, würdigte man die bisherigen Ergebnisse des römisch-katholisch - altkatholischen Dialogs.[20]
Weitere bilaterale Gespräche führt die Internationale Altkatholische Bischofskonferenz mit der Kirche von Schweden[21] und der indischen Mar-Thoma-Kirche.[22]
Siehe auch: Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen#Einrichtungen in der Utrechter Union
Siehe auch: Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen#Gemeinschaft mit anderen Kirchen
Im April 2014 beschloss die Internationale Altkatholische Bischofskonferenz, für die Altkatholische Kirche der Mariaviten die Wiederaufnahme in die Wege zu leiten.[29]
Altkatholiken international
Die altkatholischen Kirchen sind in der Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen zusammengeschlossen. Die Bischöfe dieser Kirchen treffen sich regelmäßig unter dem Vorsitz des Erzbischofs von Utrecht in der Internationalen Altkatholischen Bischofskonferenz (IBK). Alle vier Jahre findet ein Internationaler Altkatholikenkongress statt. In der Zeit zwischen den Kongressen tritt im jährlichen Turnus das Internationale Altkatholische Laienforum zusammen.
Außerhalb des deutschen Sprachraums gibt es altkatholische Kirchen in den Niederlanden, Polen und der Tschechischen Republik.
Unselbstständige altkatholische Kirchen bzw. Gemeinden existieren in Dänemark, Frankreich, Italien, Kroatien und Schweden. Diese befinden sich zumeist in einer extremen Diasporasituation, so dass für sie kein eigener Bischof geweiht werden kann. Daher unterstehen diese Gemeinden direkt der Jurisdiktion der IBK, die ihnen jeweils einen altkatholischen Bischof als Delegaten zuordnet. Ungeklärt ist der Verbleib der slowenischen und serbischen Altkatholiken nach dem Untergang der Bundesrepublik Jugoslawien.
Einige amerikanische kirchliche Gemeinschaften, die sich als altkatholisch betrachten und die Utrechter Erklärung anerkennen, ersuchten die IBK um Aufnahme in die Utrechter Union, diese wurden allerdings an die Episcopal Church als Gesprächspartner verwiesen.
Insbesondere in den USA ist der Ausdruck „old catholic“ in unterschiedlichen Kombinationen als Selbstbezeichnung von Glaubensgemeinschaften in Gebrauch, die jedoch keine Mitgliedskirchen der Utrechter Union oder mit dieser assoziiert sind.
Altkatholiken im deutschsprachigen Raum
Die altkatholische Kirche ist eine kleine Kirche, die in breiteren Bevölkerungskreisen eher unbekannt ist. Daher erfolgen Beitritte zumeist von Einzelpersonen, die entweder aus einer anderen Kirche – die altkatholischen Kirchen lehnen jedoch aktive Abwerbung ab – oder aus der Konfessionslosigkeit kommen. Altkatholische Gemeinden sind daher oft von überschaubarer Größe (i. d. R. zwischen 200 und 600 Mitgliedern). Insbesondere in Deutschland gibt es in vielen Gemeinden Gottesdienstbesucher, die einer anderen Kirche angehören, aber als Gäste bzw. Freunde dauerhaft willkommen sind, auch wenn sie sich nicht für einen Beitritt entscheiden. Ihnen fehlt lediglich das Stimmrecht bei Gemeindeversammlungen, an denen sie jedoch ebenfalls teilnehmen können.
Deutschland
→ Hauptartikel: Alt-Katholische Kirche in Deutschland
Schweiz
→ Hauptartikel: Christkatholische Kirche der Schweiz
Österreich
→ Hauptartikel: Altkatholische Kirche Österreichs
Geschichte
Die altkatholische Kirche entstand im 18. Jahrhundert in den Niederlanden.
→ Hauptartikel: Alt-Katholische Kirche der Niederlande
→ Hauptartikel: Utrechter Union der Altkatholischen Kirchen
Literatur
Wissenschaftliche Zeitschrift
Internationale Kirchliche Zeitschrift (IKZ); Bern: Stämpfli Publikationen AG; ISSN 0020-9252
Monographien und Sammelbände
Urs Küry: Die Altkatholische Kirche – ihre Geschichte, ihre Lehre, ihr Anliegen; hrsg. von Christian Oeyen; Frankfurt am Main: Ev. Verlagswerk, 19823; ISBN 3-7715-0190-3 (Nicht mehr ganz neues Standardwerk)
Johann Friedrich von Schulte: Der Altkatholizismus, Geschichte seiner Entwicklung, inneren Gestaltung und rechtlichen Stellung; Gießen, 1887; Reprint: Aalen: Scientia Verlag, 2002; ISBN 3-511-00169-2 (Quellensammlung und historische Darstellung aus der Frühzeit des Altkatholizismus)
Christian Blankenstein: Christsein – aber wo? Alt-Katholische Überlegungen; Nordhausen: Bautz, 20082; ISBN 978-3-88309-392-5 (Kurzdarstellung)
Angela Berlis, Matthias Ring (Hrsg.): Im Himmel Anker werfen. Vermutungen über Kirche in der Zukunft. Festschrift für Bischof Joachim Vobbe; Norderstedt: Books on Demand, 20082; ISBN 978-3-8370-5957-1
Siehe auch
Kirchengebäude:
Liste altkatholischer Patrozinien
Liste von Kirchen im Katholischen Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland
Bischofslisten:
Liste der Bischöfe von Utrecht
Liste der Bischöfe von Haarlem
Liste der deutschen altkatholischen Bischöfe
Liste der Schweizer christkatholischen Bischöfe
Liste der österreichischen altkatholischen Bischöfe
Relevante Geistesströmungen:
Ultramontanismus
Deutschkatholizismus
Liberalismus
Kulturkampf
Jansenismus
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
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