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Gottfried Silbermann

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Gottfried Silbermann Empty Gottfried Silbermann

Beitrag  Andy Do Aug 21, 2014 8:15 pm

Gottfried Silbermann (* 14. Januar 1683 in Kleinbobritzsch; † 4. August 1753 in Dresden) gilt als der bedeutendste mitteldeutsche Orgelbauer der Barockzeit. Seine Instrumente nahmen elsässische Einflüsse in den sächsischen Orgelbau auf und waren bereits zu seinen Lebzeiten berühmt.[1] Von insgesamt 50 Orgelneubauten Silbermanns sind 31 erhalten und prägen die Orgellandschaft Sachsen nachhaltig.[2] Die Orgeln, die er und sein Bruder Andreas Silbermann sowie dessen Sohn Johann Andreas Silbermann bauten, sind als „Silbermann-Orgeln“ weltbekannt. Außerdem baute Gottfried Silbermann besaitete Tasteninstrumente, unter anderem Cembali, Clavichorde und Hammerflügel, und trieb deren Weiterentwicklung voran.[3]

Gottfried Silbermann 220px-Freiberger_Dom_11
Große Silbermann-Orgel im Freiberger Dom (1710–1714)

Gottfried Silbermann Silbermann_1

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/4a/Walther_concerto_b_02.Ogg

Leben

Die Familie Silbermann lässt sich auf Gottfrieds Urgroßvater Georg († vor 1619) zurückführen. Dieser ist seit 1595 als Häusler in Kleinbobritzsch nachweisbar, wo sein Sohn Veit (* zwischen 1584 und 1591; † 1666) „Handarbeiter“ und Besitzer eines Halbhufengutes war.[4] Gottfrieds Vater, der Bauer und spätere Zimmermeister Michael Silbermann (* Ende August 1640; † 24. Mai 1713), heiratete am 9. Juli 1660 Christina Tröger († 6. März 1676). Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. Am 17. September 1667 heiratete Michael in zweiter Ehe Anna Maria Preißler (* 1652; † 20. Mai 1724) aus Großwaltersdorf. Den beiden wurden 1678 der spätere Orgelbauer Andreas, 1683 Gottfried und 1696 der früh verstorbene Abraham († 1697) geboren.[5]

Um die Jahreswende 1685/1686 zog die Familie in die benachbarte Stadt Frauenstein um. Über Gottfried Silbermanns Jugend ist wenig bekannt. Wie sein Bruder Andreas besuchte er die Stadtschule in Frauenstein und erlernte dort wahrscheinlich das Tischlerhandwerk.[6] Auf ein frühes Interesse am Orgelbau weist Silbermanns Aussage in einem Brief vom 9. Juni 1733 hin: „Nachdem ich in meiner Jugend besondern Trieb zur Orgelbau-Kunst gehabt und solche in Straßburg behörig gelernet …“.[7]

Gottfried Silbermann 800px-Kleinbobritzsch_-_Wohnhaus_Orgelbauerfamilie_Silbermann_%2801-2%29
Wohnhaus (erbaut 1680) der Orgelbauerfamilie Silbermann in Kleinbobritzsch

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Gedenktafel für Gottfried und Andreas Silbermann am Wohnhaus in Kleinbobritzsch

Gottfried Silbermann ging im Jahr 1701 nach Straßburg, um bei seinem älteren Bruder Andreas das Orgelbauerhandwerk zu erlernen, und erlangte am 15. März 1702 das Bürgerrecht. Dort baute er zusammen mit Andreas vier Orgeln und kam mit der französisch-elsässischen Orgelkultur in Berührung. Zudem entstanden dort die ersten Cembali. Von 1704 bis 1706 leitete Gottfried die Werkstatt,[3] als sich Andreas zu Studienzwecken in Paris aufhielt. Als Meister kehrte Gottfried 1710 wieder nach Sachsen zurück, da er seinem Bruder versprochen hatte, sich nicht im Elsass selbstständig zu machen.[8] Auf seiner Reise lernte ihn in Leipzig der Thomaskantor Johann Kuhnau kennen, der von seinen theoretischen Kenntnissen begeistert war und einflussreicher Fürsprecher des jungen Orgelbauers wurde. Nachdem 1710 seine Bewerbung für den Orgelneubau in der Leipziger Paulinerkirche erfolglos verlaufen war, baute er für seine Heimatstadt Frauenstein 1711 seine erste Orgel in Deutschland und verzichtete auf Lohn, „weil Frauenstein mein Vaterland, Gott zu Ehren und der Kirche zu Liebe“.[9] Im selben Jahr eröffnete Silbermann seine Orgelbauwerkstatt in Freiberg, wo ihn der Superintendent Christian Lehmann förderte und unterstützte. Nach fast vierjähriger Bauzeit stellte er 1714 als sein zweites deutsches Projekt die große Orgel im Freiberger Dom St. Marien fertig. Silbermann blieb ledig und wohnte bis zu seinem Lebensende in Freiberg. Für diese Stadt schuf er insgesamt fünf Orgeln, von denen noch vier erhalten sind.[10]

Bemerkenswert ist Silbermanns an einer Wirtschaftlichkeit orientiertes Denken und Handeln, wodurch er zu einem für einen Orgelbauer zur damaligen Zeit ungewöhnlichen Wohlstand gelangte. Nach Aussage seines Neffen Johann Andreas Silbermann baute er zum Teil wesentlich zu billig. Die Einnahmen durch den Klavierbau und sein ansehnliches Privatvermögen erlaubten es Silbermann jedoch, im Orgelbau großzügig zu kalkulieren. Erkennbar ist sein Streben, möglichst viele Aufträge zu erhalten:



„»Wenn ich nichts gearbeitet hätte, und nur mein Geld welches ich in Sachsen gebracht habe, in Zinß geleget, ich wäre reicher als ich bin.« Dazu setzte er noch: »Ich habe nur alles machen wollen, nur ich«. Dabey er seinen nur auf Lob und Ruhm zielenden Affect erkante.“

– Johann Andreas Silbermann: Specificationen, 1753.[11]


Gottfried Silbermann 800px-Silbermannhaus_Freiberg_Schlossplatz
Silbermanns Wohnung und Werkstatt befanden sich von 1711 bis 1753 im ehemaligen „Regimentshaus“ (später umgebaut)

Gottfried Silbermann 800px-Gedenktafel_Haingasse_%28Frauenstein%29_Gottfried_Silbermann
Gedenktafel am Haus Haingasse in Frauenstein (Erzgebirge)

Silbermann verstand es, seine Position im Markt bis nahezu zu einer Monopolstellung hin auszubauen und zu festigen. Im Jahr 1713 nahm er Zacharias Hildebrandt als Lehrling auf, obwohl dieser kein Lehrgeld zahlen konnte. Dafür verpflichtete Hildebrandt sich vertraglich, nach der Ausbildung „in Sachßen und Elsaß in keinerley Wege, ihm [= Silbermann] zum Nachtheil, etwas zu arbeiten“.[12] Als Hildebrandt sich nicht an die Vereinbarung hielt, entbrannte zwischen den Konkurrenten zu Beginn der 1720er Jahre ein langer Rechtsstreit. Kurfürst Friedrich August I. (August der Starke) entschied 1724, dass Hildebrandt nur diejenigen Aufträge übernehmen dürfe, die Silbermann zuvor abgelehnt hatte.[13] Spätestens 1746 kam es zu einer Aussöhnung zwischen beiden Orgelbauern.

Nicht alle Bauprinzipien Silbermanns fanden die Zustimmung von Zeitgenossen. Die Kritik von Johann Sebastian Bach ist ein Beispiel dafür, der in der Frage des Stimmungssystems andere Ansichten vertrat.[14] Bach bemängelte den schwergängigen Anschlag der ersten Hammerflügel Silbermanns und die unzureichende Klangstärke im oberen Tonbereich. Das Verhältnis beider blieb distanziert; offensichtlich auf Silbermanns Betreiben wurde Bach nicht als Gutachter herangezogen, wenn seine fertiggestellten Orgeln geprüft wurden. Erst im Jahr 1746 kam es zur einzigen nachweisbaren Begegnung, als Bach und Silbermann gemeinsam als Orgelsachverständige bei der Abnahme der neugebauten Hildebrandt-Orgel in der Naumburger Stadtkirche St. Wenzel verpflichtet waren, vier Tage lang die Orgel prüften und miteinander ein positives Gutachten verfassten.[15] Dieses blieb jedoch auffallend knapp und sparte alle Punkte aus, die zwischen den beiden umstritten waren.[16]

Silbermann erkrankte 1749 schwer. Er übertrug daher den Neubau in Frankenstein seinen Mitarbeitern, den Orgelbau der Dresdner Katholischen Hofkirche seinem ehemaligen Schüler Zacharias Hildebrandt, der maßgeblichen Anteil an diesem Werk hatte.[17] Infolge der Erkrankung verstarb Silbermann. Er wurde auf dem Johanniskirchhof in Dresden beigesetzt; sein Grab ist nicht erhalten.[18] In seinem Testament setzte Silbermann, der nie verheiratet und kinderlos war, seinen Neffen Johann Daniel Silbermann (1717–1766) als Universalerben ein; dieser erhielt seinen Nachlass über 10.307 Taler. Kleidung, Betten und Haushaltsgeräte gingen an seinen Mitarbeiter Johann Georg Schön. Vermutlich überließ Johann Daniel die Werkzeuge für den Orgelbau und die Holz- und Zinnvorräte ebenfalls Schön.[19] Ein Porträt Gottfried Silbermanns ist nicht überliefert.[20]

Werk
Orgeln

Gottfried Silbermann 1024px-Silbermann-Karte.svg
Übersicht über alle Gottfried-Silbermann-Orgeln

Gottfried Silbermann 640px-Freiberg_St._Jakobi_Orgelprospekt_Lindner
Entwurfszeichnung von Elias Lindner (um 1715) für die Jakobikirche Freiberg, die Silbermanns Angebot beigelegt wurde

Silbermanns Orgeln zeigen in ihrer klanglichen, technischen und architektonischen Gestalt ein klares und konsequent angewandtes Konzept. Dies gilt sowohl für die äußere als auch für die musikalische Gestalt. Von dieser Linie wich Silbermann, dem man eine konservative Haltung nachsagt, zeitlebens nie ab. Die Gehäuse umschließen einen kompakten Baukörper. Rückpositive wurden nie ausgeführt. Die Prospekte lassen mit Ausnahme der Freiberger Domorgel[21] den Werkaufbau nicht erkennen. Sie sind relativ flach gehalten, gegliedert in Rund- oder Spitztürme und Flachfelder, über den Pfeifen abgeschlossen durch geschnitztes Schleierwerk, selten Lambrequins. Von Hildebrandt übernahm Silbermann für kleine zweimanualige Orgeln die platzsparende Idee eines Hinterwerks.[22] Im Gegensatz zur Straßburger Silbermann-Werkstatt baute Gottfried Silbermann gelegentlich Pedalkoppeln zum Hauptwerk; bei kleinen Orgeln ist das Pedal meist fest an das (Haupt-)Manual angehängt. Kleinere Orgeln verfügen im Pedal, wie weithin im 18. Jahrhundert üblich, lediglich über einige 16- und 8-Fuß-Register. Springladen, vielchörige Mixturen und Transmissionen sowie den Zimbelstern setzte Silbermann nicht ein.[23] Die Klangkronen liegen relativ tief, repetieren einheitlich auf c0, c1 und c2 und haben wenig Chöre. Ein weithin standardisierter Orgeltyp mit vereinheitlichten Mensuren und Gehäusebauten, einfacher Mechanik sowie einer eher konventionellen Disposition ermöglichte hohe Wirtschaftlichkeit und schnelle Lieferzeiten. Der Umfang der Manuale beträgt in der Regel 48 Tasten (C, D–c3), bei sechs Orgeln 50 Tasten (CD–d3), der Pedalumfang C, D–c1.[24] Silbermann beschränkte sich auf fünf Orgeltypen, die deutlich voneinander abgesetzt werden können:[25]

einmanualige Positive und Kleinorgeln ohne Pedal mit 5–8 Manualregistern (Opus 2, 7, 15, 19, 21, 35–37)
einmanualige Orgeln auf Basis des Prinzipals 8′ mit 9–15 Registern (Opus 5, 8–10, 13, 17, 18, 23, 26, 27, 31, 47, 49)
kleine zweimanualige Orgeln ohne 16′ im Manual mit 17–21 Registern (Opus 1, 3, 11, 22, 28, 29, 32–34, 41, 44–46, 48)
große zweimanualige Orgeln mit 16′ im Manual mit 22–32 Registern (Opus 12, 14, 16, 20, 24, 30, 38, 40, 42)
dreimanualige Orgeln mit 43–47 Registern (Opus 6, 39, 43, 50)

Hinzu kamen Silbermanns großes Organisationsvermögen und eine ökonomische, manufakturähnliche Arbeitsteilung in der Werkstatt, in der etwa ein halbes Dutzend Mitarbeiter beschäftigt waren. Die Herstellung größerer Orgelteile und der Metallpfeifen geschah in der Regel vor Ort. Zum Teil sind Kooperationen mit örtlichen Lieferanten und Handwerkern nachgewiesen. Tischler vor Ort schufen das Gehäuse aus Eichenholz nach genauen Vorgaben. Für den Zierrat im Prospekt wurde in der Regel ein Bildhauer unter Vertrag genommen.[26] Silbermann strebte eine regionale Monopolstellung an und ließ sich diese durch fürstliche Privilegien sichern. So erhielt er am 30. Juni 1723 vom sächsischen Kurfürsten Friedrich August I., der zugleich polnischer König war, das Privileg des königlichen „Hoff- und Land-Orgel-Bauers“. Lukrative Aufträge ins Ausland (Moskau, Petersburg, Kopenhagen, Prag) lehnte er prinzipiell ab und konzentrierte sich auf ein Wirkungsfeld im Umkreis von etwa 35 Kilometern.[27]

In der Forschung ist die Frage umstritten, welche Orgeltemperatur(en) Silbermann verwendete. Dies ist darauf zurückzuführen, dass keine Aussagen Silbermanns zur Orgeltemperierung überliefert sind[28] und fast alle seine erhaltenen Orgeln im Laufe der Zeit umtemperiert wurden und meistens eine gleichstufige Stimmung erhalten haben. Vielfach wird die Auffassung vertreten, Bach habe eine erweiterte, flexiblere Stimmung gefordert, während Silbermann auf dem mitteltönigen Stimmungssystem beharrte. Nach Herbert Kelletat habe Bach dagegen Silbermanns mitteltöniger Stimmung prinzipiell zugestimmt und sie niemals kritisiert.[29] Frank-Harald Greß zufolge vertrat Silbermann bis etwa 1716 eine Art mitteltönige, später eine wohltemperierte Stimmung. Diese sei aber nicht mit der sogenannten Silbermann-Sorge-Temperatur identisch.[30] Rekonstruktionen der Silbermann-Stimmung erfolgten durch Wilhelm Dupont (1935), John Murray Barbour (1951), Werner Lottermoser (1965), Helmut K. H. Lange (1966/1968) und Bernhard Billeter (1979/1997).[31]

Klanglich waren Silbermanns frühe Werke von der französischen Klassik beeinflusst. In jedem Werk ist ein farbgebendes, kräftiges Cornet vorhanden, entweder als gemischtes Register oder in einzeln registrierbaren Reihen. Ab 1720 brach Gottfried Silbermann mit der französischen Tradition und baute im Hauptwerk vorwiegend dreichörige Cornets ab c1. Sie erhielten einen anderen Standort unmittelbar auf der Lade in der Nähe des Prospekts und erforderten auch eine andere Registrierung, da sie nach den Angaben Silbermanns zusammen mit einem 8′ und einem 4′ für solistische Zwecke eingesetzt werden sollten.[32] In kleinen einmanualigen Orgeln dienen sie für Grand-Jeu-Registrierungen. Als deutsche Einflüsse sind beispielsweise Gambe, Quintadena und Register in Ein-Fuß-Lage zu nennen.[33] Anders als sein Bruder Andreas baute Gottfried Register wie Spitzflöten, Gemshorn und Viola di Gamba (eine relativ weite Spitzflöte) in konischer Bauweise. Für die offenen Register einschließlich der Quintadena verwendete die Freiberger Werkstatt eine Legierung mit einem hohen Zinnanteil, während lediglich der Pfeifenkörper der Gedackten und Rohrflöten stark bleihaltig war.[34] Silbermann erzielte einen glänzenden wie kräftigen, gravitätischen Klang der vollen Orgel („Plenum“), wie er zur Begleitung des Gemeindegesangs und für repräsentative Figuralmusik (gottesdienstliche Ensemblemusik) erforderlich war, durch einen hohen Winddruck und eine sehr breite Labiierung der Pfeifen.[35]

Silbermann verwendete die besten Materialien, unter anderem hochprozentiges englisches Zinn. Von den Zeitgenossen wurde dem Orgelbauer das höchste handwerkliche und künstlerische Niveau bescheinigt. Die Intonation des Pfeifenwerks behielt sich der Meister immer selber vor.[36] Soweit bekannt, wurden bei keiner Orgelabnahme Mängel am Instrument festgestellt oder Nachbesserungen gefordert. Einige Kirchengemeinden verzichteten sogar auf eine Überprüfung ihrer neuen Orgel, da sie Silbermann offensichtlich vertrauten und um die Kosten für die externen Gutachter zu sparen.[37] Gottfried Silbermann schuf im Laufe seiner Tätigkeit etwa 50 Orgeln. In Sachsen sind noch 31 Orgeln erhalten, darunter die berühmten Instrumente in Freiberg und in der Katholischen Hofkirche in Dresden.[2]

Zeitweise wurde die Silbermann-Orgel für die ideale Bach-Orgel gehalten. Abgesehen von den wahrscheinlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen Silbermann und Bach in Stimmungsfragen (siehe oben) ist fraglich, ob Silbermanns Dispositionen in allen Einzelheiten Bachs Erfordernissen genügten. Der Bach-Schüler Johann Friedrich Agricola bemängelte und lobte folgende Aspekte:



„An seinen Orgeln, finden ächte Orgelkenner [in erster Linie Bach gemeint] weiter nichts zu tadeln, als: die allzueinförmige Disposition, welche blos aus einer übertriebenen Behutsamkeit, nichts von Stimmen zu wagen, wovon er nicht ganz gewiß versichert war, daß ihm nichts daran mißrathen würde, herrührte; ferner die allzueigensinnige Temperatur, und endlich die allzuschwachen Mixturen und Cimbeln, ... Drey Dinge, welche er alle sehr leicht hätte ändern können. Dagegen bewundern Kenner: die vortrefliche Sauberkeit, Güte und Dauerhaftigkeit, der Materialien sowol als der Arbeit; die große Simplicität der inneren Anlge, die ungemein prächtige und volle Intonation; und die überaus leicht und bequem zu spielenden Claviere.“

– Johann Friedrich Agricola: Ergänzungen zu Jakob Adlung: Musica mechanica organoedi. 1768.[38]


Zungenstimmen, deren „großer Freund“ Bach nach Agricolas Zeugnis war, sind mitunter sparsam disponiert (bei kleinen zweimanualigen Silbermann-Orgeln fehlen sie in den Manualen ganz). Silbermanns meist mixturloses Pedal hat kaum Cantus-firmus- und Oberton-Register, wie Bachs Pedalparte oft verlangen, und den von Silbermann gewählten Tastaturumfang (C–c3 ohne Cis, Pedal C–c1 ohne Cis) überschritt Bach in einigen Kompositionen.[39] Der Orgelexperte Klinda fasst daher folgendermaßen zusammen:



„Silbermanns Schaffen war ein wesentlicher Beitrag zur Orgelbaukunst, dennoch entsprechen seine Instrumente nicht Bachs Orgel-Ideal, obgleich viele Bach-Werke auf diesen Orgeln künstlerisch befriedigend zu interpretieren sind.“

– Ferdinand Klinda: Orgelregistrierung. 1987.[40]


Hinsichtlich seiner Klage über die „allzuschwachen Mixturen“ scheint Agricola aber offensichtlich nicht mit den Registrieranweisungen Silbermanns vertraut gewesen zu sein, der zur Aufhellung des „Plenums“ immer die hoch liegenden Register Quinte 11/3′ und Sifflet 1′ und eine Koppelung der Manuale vorsah. Silbermann konzipierte in kleineren Orgeln, die Bach und Agricola wahrscheinlich nicht kennen gelernt hatten, die Mixturen höher.[16]

Besaitete Tasteninstrumente

Gottfried Silbermann 640px-Schloss_sanssouci_potsdam_von_innen
Originaler Hammerflügel von Silbermann (Freiberg, 1746)

Gottfried Silbermann war nicht nur als Orgelbauer, sondern auch als Erbauer von Cembali, Clavichorden und Hammerflügeln berühmt. Bereits während seiner Straßburger Zeit baute er als Lehrling und Geselle bei seinem Bruder Andreas besaitete Tasteninstrumente. Die Produktion von Cembali und Clavichorden erreichte in den 1720er Jahren einen ersten Höhepunkt und führte in den 1740er Jahren zu einer großen Anzahl von exportierten „Clavieren“, darunter für den schwarzburg-rudolstädtischen und den preußischen Hof.[41]

Silbermann war an der Weiterentwicklung im Instrumentenbau beteiligt. Über das von ihm um 1720 erfundene „Cimbal d’amour“,[42] ein großes Clavichord, ließ er 1723 einen Aufsatz mit einem Kupferstich drucken. Friedrich August I. erteilte ihm 1723 das Privileg für dieses Instrument und gewährte eine 15-jährige Schutzfrist.[43] Gegenüber dem gewöhnlichen Clavichord waren die Saiten doppelt so lang und wurden von den Tangenten in der Mitte angeschlagen, sodass ein kräftigerer Ton erzeugt werden konnte.[44] Silbermann erhielt von Pantaleon Hebenstreit auch die Lizenz zum Bau von dessen Pantal(e)on mit Schlägeln. Für dieses große Hackbrett schuf Silbermann eine Hammermechanik als Aufsatz. Das Instrument erfreute sich im 18. Jahrhundert großer Beliebtheit, bevor es vom Hammerflügel verdrängt wurde.[45]

Gottfried Silbermann Bundesarchiv_Bild_170-666%2C_Potsdam%2C_Sanssouci%2C_Musikzimmer_im_Neuen_Palais
Originaler Hammerflügel von Silbermann (Freiberg, 1747)

Große Wirkung hatte Silbermanns Hammerflügel, den er „Piano (et) Fort(e)“ nannte. Er nahm auf die Entwicklung und die Geschichte des Klavierbaus maßgeblichen Einfluss und galt zeitweise als Erfinder des Hammerflügels. Zeit seines Lebens war er an der Verbesserung der Technik interessiert und führte verschiedene Neuerungen durch. Er erfand die Dämpfungsaufhebung, deren Handmechanik mittels zweier Knöpfe am Vorsatzbrett zu bedienen war. In der späteren Geschichte des Fortepianos hat das Fortepedal diese Funktion übernommen. Zudem versah er seine Instrumente mit einem Cembalozug.[46] Silbermann verkaufte seine Instrumente an mehrere deutsche Höfe und sorgte so dafür, dass sie bekannt und verbreitet wurden. Er übernahm zunächst die Hammermechanik von Bartolomeo Cristofori, der als eigentlicher Erfinder des Hammerflügels gilt, modifizierte die Mechanik in den Jahren 1725 bis 1732 aber auf eigene Weise. Johann Sebastian Bach lernte diese Instrumente von Silbermann kennen und schätzte sie sehr, regte aber auch Änderungen an. Ab etwa 1741 baute Silbermann Hammerflügel mit verbesserter Technik, von denen Preußens König Friedrich der Große mehrere erwarb.[47] Von der Weiterentwicklung der Technik, die auch Bach zufriedenstellte, berichtete der Bach-Schüler Johann Friedrich Agricola:



„Herr Gottfr. Silbermann hatte dieser Instrumente im Anfange zwey verfertiget. Eins davon hatte der sel. Kapelm. Hr. Joh. Sebastian Bach gesehen und bespielet. Er hatte den Klang desselben gerühmet, ja bewundert: Aber dabey getadelt, daß es in der Höhe zu schwach lautete, und gar zu schwer zu spielen sey. … Endlich, da Hr. Silbermann wirklich viele Verbesserungen, sonderlich in Ansehung des Tractaments gefunden hatte, verkaufte er wieder eins an den Fürstlichen Hof zu Rudolstadt. … Kurz darauf liessen des Königs von Preussen Maj. eines dieser Instrumente, und als dies Dero allerhöchsten Beyfall fand, noch verschiedene mehr, vom Hrn. Silbermann verschreiben. … Hr Silbermann hatte auch den löblichen Ehrgeiz gehabt, eines dieser Instrumente, seiner neuern Arbeit, dem seel. Hrn. Kapellmeister Bach zu zeigen und von ihm untersuchen zu lassen; und dagegen von ihm völlige Gutheißung erlanget.“

– Johann Friedrich Agricola: Musica mechanica Organoedi, Berlin 1768.[48]


Verschiedene Cembali wurden schon Silbermann zugeschrieben; lange blieb eine zweifelsfreie Herkunft nicht nachgewiesen. Einige der fraglichen Instrumente gehen wahrscheinlich auf seine Neffen zurück.[49] In den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (Schloss Pillnitz) befindet sich ein Cembalo (um 1740; Inv.-Nr. 37413), dessen Zuschreibung für Gottfried Silbermann hingegen als gesichert gilt.[50] Von der großen Anzahl Hammerflügel, die er angefertigt hat, haben sich zweifelsfrei nur drei erhalten. Einer befindet sich im Konzertsaal von Schloss Sanssouci (Freiberg, 1746), ein anderer im Neuen Palais in Potsdam (Freiberg, 1747). Ein dritter originaler Hammerflügel (Freiberg, 1749) ist in besserem Zustand und hat seinen Standort im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg.[51]

Carl Philipp Emanuel Bach überließ 1781 seinem Schüler Dietrich Ewald von Grotthuß sein Silbermannsches Clavichord.[52] Anlässlich des Besitzerwechsels tauschten beide miteinander Kompositionen aus.[53]

Schüler

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Pyramidenflügel Friedericis im Frankfurter Goethe-Haus

Zu Silbermanns unmittelbaren Schülern gehörten die Orgelbauer Zacharias Hildebrandt, David Schubert (1688–1757), Johann Jacob Graichen (1701–1760), Johann Christoph Leibner (1711–1760) und sein Neffe Johann Georg Silbermann (1698–1749).[54] Seine Mitarbeiter Johann Georg Schön (1706–1764) und Adam Gottfried Oehme (1718–1789) führten nach Silbermanns Tod die Freiberger Werkstatt fort. Joachim Wagner arbeitete ebenfalls für Gottfried Silbermann; er wird manchmal auch als „Märkischer Silbermann“ bezeichnet.[55] In der Tradition Silbermanns standen die Orgelbauerfamilien Trampeli und Kayser und im 19. Jahrhundert Johann Gottlob Mende, Johann Gotthilf Bärmig, Carl Eduard Schubert und die ersten beiden Generationen der Familie Jehmlich.[56]

Wie damals üblich, waren die meisten der genannten Orgelbauer zugleich Klavierbauer. Im Klavierbau hatte Silbermann zahlreiche weitere Schüler. Zwölf wanderten während der Wirren des Siebenjährigen Krieges nach England aus und wurden die „Zwölf Apostel“ genannt. Sie begründeten dort eine blühende Klavierbautradition, die direkt auf Christoforis Stoßtechnik aufbaute. Christian Ernst Friederici experimentierte mit aufrecht stehenden Pyramidenformen.[57] Johannes Zumpe entwickelte zwischen 1760 und 1762 ein erstes Tafelklavier, das eine einfache Mechanik hatte und kostengünstig produziert werden konnte. Auf diese Weise legten die Silbermann-Schüler die Grundlagen für den Siegeszug des Tafelklaviers im europäischen Bürgertum.[58]
Bedeutung

Gottfried Silbermann gilt als der bedeutendste Orgelbauer Mitteldeutschlands im Barock. Kaum ein anderer Orgelbauer hat eine Orgellandschaft so nachhaltig geprägt wie Silbermann die Orgelregion Sachsen. Obwohl sein Wirkungsgebiet zeitlebens regional sehr eingeschränkt blieb, war sein Werk schul- und stilbildend. Schüler und Mitarbeiter verbreiteten seine Bauprinzipien außerhalb Sachsens. Silbermanns handwerkliches Geschick, die hohen Qualitätsstandards, seine große technische Ökonomie im Instrumentenbau und seine Intonationskunst haben bis heute Maßstäbe gesetzt. Zahlreiche seiner Orgelwerke wurden nachgebaut oder dienten bei modernen Neubauten als Inspirationsquelle.[16] Eine besondere Rolle kam der großen Orgel im Freiberger Dom zu, die weitgehend erhalten ist und als eine der wertvollsten Barockorgeln Europas großen Einfluss auf den historisch orientierten Orgelbau ausübt.[59] Die Orgel der Dresdner Frauenkirche wurde im Zuge des Wiederaufbaus nicht konsequent rekonstruiert, da man dort eine Synthese mit einer modernen Universalorgel anstrebte.[60]

Gottfried Silbermann 800px-Frauenstein_Silbermann-Museum
Im Silbermann-Museum Frauenstein

Im Laufe der Jahrhunderte erwies sich Gottfried Silbermann durch seine Werke als beständige Größe. Seine Instrumente waren und sind von ausgezeichneter Qualität und zeugen von ihrem begabten Schöpfer. Während seine Orgeln von Anfang an hohe Wertschätzung erfuhren und deshalb größtenteils bewahrt blieben, ging das Bewusstsein für Silbermanns Erfindungsreichtum und Weiterentwicklung im Bereich der besaiteten Tasteninstrumente im Laufe der Jahre verloren,[49] sodass nur noch drei seiner Hammerflügel erhalten sind. In Lob- und Erinnerungsgedichten anlässlich von Orgelweihen wurde regelmäßig das außerordentliche Niveau gepriesen und mit Wortspielen über den „rechten Silber-Klang“[61] auf den Namen Silbermann Bezug genommen. So lobte Johann Kuhnau in seinen Gutachten den „reinen silbernen“ und den „angenehmen und silbernen Klang“ der Intonation.[62] Wilhelm Friedemann Bach schrieb 1736: „Berühmter Silbermann! … Dein Ruhm wird ewig bleiben, den DU durch Deine Kunst mit gantz geschickter Hand bereits erworben hast in unserm Sachsen-Land.“[63]

Heute ist insbesondere die Gottfried-Silbermann-Gesellschaft um den Erhalt der Silbermann-Orgeln und die Erforschung und Erschließung seines musikalischen Erbes bemüht. In Frauenstein, in der Nähe seines Geburtsortes, befindet sich das Silbermann-Museum mit einer Replik des Etzdorfer Positivs, das seit 1939 im Bremer Dom steht. Bei Restaurierungen der erhaltenen Silbermann-Orgeln sind die Orgelbaufirmen Jehmlich (Dresden), Eule (Bautzen), Rühle (Moritzburg) und Wegscheider (Dresden) hervorgetreten. Inzwischen sind die meisten Instrumente wieder dem Originalzustand angenähert, spätere Änderungen der Disposition rückgängig gemacht und verlorene Register rekonstruiert worden.[3]

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Gottfried Silbermann Empty Teil 2

Beitrag  Andy Do Aug 21, 2014 8:17 pm

Werkliste

Diese Liste enthält alle Orgelneubauten Gottfried Silbermanns.[2] Die Opuszahlen bei Nr. 1–4 bedeuten, dass Gottfried Silbermann diese Gemeinschaftsarbeiten in die Zählung seiner Werke einbezog.[64]
Durch die Einfügung der Hilbersdorfer Orgel (1724), deren Urheberschaft Silbermanns seit 2010 als gesichert gilt, in die Werkliste und den Wegfall der nicht authentischen Orgel in Wegefarth sind die Opuszahlen 19 bis 35 gegenüber älteren Werkverzeichnissen um eine Stelle verschoben.[65]

Die Größe der Instrumente wird durch die Anzahl der Manuale (6. Spalte) und die Anzahl der klingenden Register (7. Spalte) bestimmt.
Bei den Manualen steht ein „P“ für ein selbständiges Pedal.
Kursivschrift zeigt an, dass die Orgel nicht mehr oder nur der Prospekt erhalten ist.


Quelle-Literatur-Einzelnachweise & liste der Orgel:

http://de.wikipedia.org/wiki/Gottfried_Silbermann

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