Die Kasel oder Casel
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Die Kasel oder Casel
Die Kasel oder Casel[1] (von lat. casula ,Häuschen‘, auch planeta oder paenula) ist ein liturgisches Gewand, das ursprünglich den ganzen Körper umhüllte.
Modern-gotische Kasel
Kasel in traditioneller römischer Bassgeigenform mit reicher barocker Ornamentik und einer Lamm-Gottes-Darstellung bestickt
Kasel in gotischer Form
Kasel in Renaissanceform mit Manipel
Geschichte der Kasel
Bei der antiken Casula (griech. φαιλόνης phailónēs) handelte es sich um einen Wettermantel in Form eines runden oder ovalen Tuchs (aus beliebigem Stoff) mit einer mittigen Öffnung für den Kopf, an der häufig eine Kapuze befestigt war. Als Glockenkasel kann das Kleidungsstück auch aus einem halbkreisförmigen Stoff zusammengenäht werden. Die antike Kasel reichte rundherum bis ungefähr zur Wade und verfügte nicht über Öffnungen für die Arme. Dadurch war der Träger in der Beweglichkeit eingeschränkt, aber vor Wind und Wetter geschützt. Um die Arme frei zu bekommen, musste der Träger einen Teil des Tuches raffen oder seitlich über die Schulter zurückwerfen. Wird der Stoff vorne geöffnet, ist der Übergang zum Pluviale fließend. Verwandt sind alle cape- oder ponchoartigen Kleidungsstücke.
In der Kaiserzeit wurde die Kasel über der Tunika zunehmend zum Bestandteil der alltäglichen Oberbekleidung. Obwohl Tertullian die Kasel noch kritisch betrachtet, findet sie als Alltagskleidungsstück des Volks Eingang in den christlichen Kult. Als später die Hosenmode Kasel und Tunika verdrängt, wird die Kasel exklusives Kleidungsstück der Kleriker.
Bereits das 4. Konzil von Toledo erwähnt 633 die Casula. Die Priester und Bischöfe trugen sie herabfallend und rafften die Seiten oder das vordere Teil, wenn sie die Hände gebrauchen wollten. Diakone und Subdiakone trugen sie nur an bestimmten Tagen, hauptsächlich während der Advents- und Fastenzeit, an den Quatembertagen und bei bestimmten Weihen und Prozessionen, und zwar vorn aufgerollt oder aufgebunden (Planeta plicata, deutsch: gefaltete Kasel), um die Hände frei zu haben. Beim Verlesen von Epistel und Evangelium zogen der Subdiakon bzw. Diakon die Kasel aus, rollten sie zusammen, legten sie quer über die linke Schulter und führten die herabhängenden Seiten rechts an der Hüfte zusammen. Hieraus entwickelte sich die diagonal getragene Stola latior (breitere Stola), die anstelle der zusammengerollten Kasel angelegt wurde. Dies war vorgeschrieben für Kathedral-, Kloster- und Pfarrkirchen, an kleineren Kirchen war es nicht gestattet. Planeta plicata und Stola latior gerieten jedoch bereits Anfang des 20. Jahrhunderts mehr und mehr aus der Übung und sind seit dem Zweiten Vatikanischen Konzils (mit Ausnahme des außerordentlichen Ritus’) außer Gebrauch. Die Trageform der regulären Diakonen-Stola in der Westkirche ist durch diese Herkunft bedingt bzw. beeinflusst (Querstola in Form einer Schärpe).[2]
Die Kasel diente nicht nur bei der Heiligen Messe, sondern auch bei anderen Kulthandlungen als Gewand. Im 12. Jahrhundert wurden dann die Kaseln an beiden Seiten etwas ausgeschnitten, so dass die Hände benutzt werden konnten, ohne das Gewand zu raffen. Die Kaseln endeten so nach vorn und hinten in einer Spitze. Später wurde die alte Form in die steife und vorn geschweift zugeschnittene verändert (sogenannte römische Kasel oder „Baßgeige“).
Bei der Priesterweihe trugen bis zur Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils die Weihekandidaten eine Kasel, die am Rücken zusammengefaltet war und erst nach der Kommunion der Weihemesse entfaltet wurde.[3]
Heutige Verwendung
Heute werden in der Regel wieder die sogenannten gotischen Kaseln mit Symbolsprache und zum Teil mit Überstolen verwendet. In den lutherischen Kirchen Skandinaviens finden auch die sog. Bassgeigenkaseln und moderne Kaseln fast rechteckiger Form, die seitlich nur bis über den Oberarm reichen, Verwendung. Das traditionelle rein gotische Gewand ist auf der Vorderseite mit einem vertikalen Streifen und auf der Rückseite (oft auch auf beiden Seiten) mit einem Kreuz (früher mit einem schief aufsteigenden Querbalken, als Gabelkreuz) belegt. Seit dem hohen Mittelalter führte man diese Zierde oft in prächtiger Stickerei aus. Für die Casula verwendet man meist Damast und Samt aus Seide. In älterer Zeit waren auch orientalische Gold- und Seidengewebe, in der Antike auch einfache Leinen- oder Baumwollstoffe gebräuchlich.
Die Farbe des Gewandes hängt seit dem Mittelalter zumeist von den Festen und Zeiten im Kirchenjahr sowie den Anlässen für den Gottesdienst ab und richtet sich nach dem liturgischen Farbkanon.
In der reformierten Kirche wurden die Messgewänder zur Zeit der Reformation abgeschafft. Auf lutherischem Gebiet blieb sie zunächst weitgehend in Gebrauch. Unter anderem in Sachsen und in Brandenburg wurden Casula und Albe vereinzelt bis zum Ende des 18. Jahrhunderts und darüber hinaus benutzt. So stiftete der Kaufmann Thomas Fredenhagen noch 1697 zusammen mit dem neuen Hochaltar der Marienkirche in Lübeck eine rotsamtene, reich bestickte Kasel.
Gelegentlich wird die Kasel in Deutschland heute in der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche, bisweilen auch in Gemeinden der evangelisch-lutherischen Landeskirchen getragen. Bis heute wird sie außerdem in den lutherischen Kirchen Skandinaviens verwendet. In den lutherischen Kirchen des Baltikums und der Vereinigten Staaten ist ihr Gebrauch ebenfalls verbreitet.
In der römisch-katholischen Kirche ist sie heute das Gewand, das alle zelebrierenden Priester bei der heiligen Messe tragen. Im tridentinischen Ritus war die Kasel dem Hauptzelebranten vorbehalten; eine Ausnahme bildeten die Papstmessen.
In den ostkirchlichen Riten entspricht das Phelonion der Kasel.
Siehe auch
Liturgisches Gewand
Parament
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Modern-gotische Kasel
Kasel in traditioneller römischer Bassgeigenform mit reicher barocker Ornamentik und einer Lamm-Gottes-Darstellung bestickt
Kasel in gotischer Form
Kasel in Renaissanceform mit Manipel
Geschichte der Kasel
Bei der antiken Casula (griech. φαιλόνης phailónēs) handelte es sich um einen Wettermantel in Form eines runden oder ovalen Tuchs (aus beliebigem Stoff) mit einer mittigen Öffnung für den Kopf, an der häufig eine Kapuze befestigt war. Als Glockenkasel kann das Kleidungsstück auch aus einem halbkreisförmigen Stoff zusammengenäht werden. Die antike Kasel reichte rundherum bis ungefähr zur Wade und verfügte nicht über Öffnungen für die Arme. Dadurch war der Träger in der Beweglichkeit eingeschränkt, aber vor Wind und Wetter geschützt. Um die Arme frei zu bekommen, musste der Träger einen Teil des Tuches raffen oder seitlich über die Schulter zurückwerfen. Wird der Stoff vorne geöffnet, ist der Übergang zum Pluviale fließend. Verwandt sind alle cape- oder ponchoartigen Kleidungsstücke.
In der Kaiserzeit wurde die Kasel über der Tunika zunehmend zum Bestandteil der alltäglichen Oberbekleidung. Obwohl Tertullian die Kasel noch kritisch betrachtet, findet sie als Alltagskleidungsstück des Volks Eingang in den christlichen Kult. Als später die Hosenmode Kasel und Tunika verdrängt, wird die Kasel exklusives Kleidungsstück der Kleriker.
Bereits das 4. Konzil von Toledo erwähnt 633 die Casula. Die Priester und Bischöfe trugen sie herabfallend und rafften die Seiten oder das vordere Teil, wenn sie die Hände gebrauchen wollten. Diakone und Subdiakone trugen sie nur an bestimmten Tagen, hauptsächlich während der Advents- und Fastenzeit, an den Quatembertagen und bei bestimmten Weihen und Prozessionen, und zwar vorn aufgerollt oder aufgebunden (Planeta plicata, deutsch: gefaltete Kasel), um die Hände frei zu haben. Beim Verlesen von Epistel und Evangelium zogen der Subdiakon bzw. Diakon die Kasel aus, rollten sie zusammen, legten sie quer über die linke Schulter und führten die herabhängenden Seiten rechts an der Hüfte zusammen. Hieraus entwickelte sich die diagonal getragene Stola latior (breitere Stola), die anstelle der zusammengerollten Kasel angelegt wurde. Dies war vorgeschrieben für Kathedral-, Kloster- und Pfarrkirchen, an kleineren Kirchen war es nicht gestattet. Planeta plicata und Stola latior gerieten jedoch bereits Anfang des 20. Jahrhunderts mehr und mehr aus der Übung und sind seit dem Zweiten Vatikanischen Konzils (mit Ausnahme des außerordentlichen Ritus’) außer Gebrauch. Die Trageform der regulären Diakonen-Stola in der Westkirche ist durch diese Herkunft bedingt bzw. beeinflusst (Querstola in Form einer Schärpe).[2]
Die Kasel diente nicht nur bei der Heiligen Messe, sondern auch bei anderen Kulthandlungen als Gewand. Im 12. Jahrhundert wurden dann die Kaseln an beiden Seiten etwas ausgeschnitten, so dass die Hände benutzt werden konnten, ohne das Gewand zu raffen. Die Kaseln endeten so nach vorn und hinten in einer Spitze. Später wurde die alte Form in die steife und vorn geschweift zugeschnittene verändert (sogenannte römische Kasel oder „Baßgeige“).
Bei der Priesterweihe trugen bis zur Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils die Weihekandidaten eine Kasel, die am Rücken zusammengefaltet war und erst nach der Kommunion der Weihemesse entfaltet wurde.[3]
Heutige Verwendung
Heute werden in der Regel wieder die sogenannten gotischen Kaseln mit Symbolsprache und zum Teil mit Überstolen verwendet. In den lutherischen Kirchen Skandinaviens finden auch die sog. Bassgeigenkaseln und moderne Kaseln fast rechteckiger Form, die seitlich nur bis über den Oberarm reichen, Verwendung. Das traditionelle rein gotische Gewand ist auf der Vorderseite mit einem vertikalen Streifen und auf der Rückseite (oft auch auf beiden Seiten) mit einem Kreuz (früher mit einem schief aufsteigenden Querbalken, als Gabelkreuz) belegt. Seit dem hohen Mittelalter führte man diese Zierde oft in prächtiger Stickerei aus. Für die Casula verwendet man meist Damast und Samt aus Seide. In älterer Zeit waren auch orientalische Gold- und Seidengewebe, in der Antike auch einfache Leinen- oder Baumwollstoffe gebräuchlich.
Die Farbe des Gewandes hängt seit dem Mittelalter zumeist von den Festen und Zeiten im Kirchenjahr sowie den Anlässen für den Gottesdienst ab und richtet sich nach dem liturgischen Farbkanon.
In der reformierten Kirche wurden die Messgewänder zur Zeit der Reformation abgeschafft. Auf lutherischem Gebiet blieb sie zunächst weitgehend in Gebrauch. Unter anderem in Sachsen und in Brandenburg wurden Casula und Albe vereinzelt bis zum Ende des 18. Jahrhunderts und darüber hinaus benutzt. So stiftete der Kaufmann Thomas Fredenhagen noch 1697 zusammen mit dem neuen Hochaltar der Marienkirche in Lübeck eine rotsamtene, reich bestickte Kasel.
Gelegentlich wird die Kasel in Deutschland heute in der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche, bisweilen auch in Gemeinden der evangelisch-lutherischen Landeskirchen getragen. Bis heute wird sie außerdem in den lutherischen Kirchen Skandinaviens verwendet. In den lutherischen Kirchen des Baltikums und der Vereinigten Staaten ist ihr Gebrauch ebenfalls verbreitet.
In der römisch-katholischen Kirche ist sie heute das Gewand, das alle zelebrierenden Priester bei der heiligen Messe tragen. Im tridentinischen Ritus war die Kasel dem Hauptzelebranten vorbehalten; eine Ausnahme bildeten die Papstmessen.
In den ostkirchlichen Riten entspricht das Phelonion der Kasel.
Siehe auch
Liturgisches Gewand
Parament
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
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