Der Elektrische Todeszaun, 1915- 1918
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Der Elektrische Todeszaun, 1915- 1918
Erster Weltkrieg E-Zaun von der deutschen Firma Bilfinger, mit Tausenden von zwangsrekrutierten Kriegsgefangenen aus Russland ab dem Frühjahr 1915 entlang der belgischen Grenze, erbaut
Der Erste Weltkrieg, 1914 - 1918, gilt hinreichend gut erforscht und dokumentiert. Doch noch immer kommen Details ans Licht, die bislang nicht oder nur wenigen Historikern bekannt sind und dem kolletktiven Gedächstnis Europas vorenthalten blieben.
Ein solche Gedächtnis Vorenthaltung ist die Geschichte eines über 300 Kilometer langen monströsen Bauwerks zwischen Belgien, den Niederlanden, der Schweiz bis an die Nordseeküste, der Tausenden von Menschen das Leben kostete.
„Der elektrische Todeszaun",
von der deutschen Firma Bilfinger auf dem Reißbrett generalstabsmäßig entworfen, mit Tausenden von zwangsrekrutierten Kriegsgefangenen aus Russland ab dem Frühjahr 1915 entlang der belgischen Grenze erbaut
Frühjahr 1915
Seit Monaten tobt in Europa unerbittlich der Erste Weltkrieg. Der deutsche Grenzschutz-Kommandeur Major Graf von Faber-Castell begibt sich zum Vierländerblick bei Aachen.
Hier treffen die Grenzen von Belgien, den Niederlanden, Deutschland und dem damaligen Zwergstaat Neutral-Moresnet aufeinander.
Von hier aus soll entlang der belgisch-niederländischen Grenze der Bau eines lange geplant ein elektrisch geladenen Drahtzaun ins Werk gesetzt werden. So plant es das deutsche Generalgouvernement in Brüssel. Die Strecke wird in sieben Abschnitte aufgeteilt, in denen zeitgleich mit dem Aufbau des Elektrozauns begonnen werden soll.
Graf von Faber-Castell macht sich auf, um die Trasse für den Betriebsabschnitt Nummer eins festzulegen. Ein 31 Kilometer langes Teilstück, das sich von der niederländischen Ortschaft Vaals am Vierländereck zunächst in westlicher Richtung bis zur Maas erstreckt, und dann entlang des Grenzflusses nach Norden bis zur belgischen Gemeinde Eben-Emael. Für diesen Abschnitt ist der „Verkehrsoffizier vom Platz“ in Lüttich zuständig, Oberstleutnant Riecke.
Lüttich, den 23. Juni 1915
Für die Herstellung des durch das Generalgouvernement empfohlenen Hochspannungszaunes an der belgisch-holländischen Grenze wird folgendes Personal befohlen:
a) An technischem Personal: Absendung von der zweiten Landsturm-Pionier-Kompagnie: ein Hauptmann, drei Offiziere, 70 Unteroffiziere und Gemeine
b) an Hilfsarbeitern: Absendung von Armierungsbataillon:
80 Mann mit entsprechendem Aufsichtspersonal, möglichst Techniker, sowie Holz- und Eisenarbeiter.
Die Arbeitszeit wird voraussichtlich sieben bis acht Wochen dauern.
Die Herstellungsarbeiten am Hochspannungszaun beginnen am Montag den 28. diesen Monats. Weiterer Auftrag folgt.
Gezeichnet Riecke, Oberstleutnant.
Ein für damalige Verhältnisse beispielloses, militärisches High-Tech-Unternehmen ist auf den Weg gebracht: die Aufstellung eines mit „800 Volt Starkstrom geladenen Zaunes“,
in vorliegenden Dokumenten lapidar als „Draht“ bilanziert, der sich von der Reichsgrenze bei Aachen zunächst bis an die Scheldemündung erstrecken wird und dann weiter bis zur belgischen Nordseeküste bei Knokke. Ein gut 300 Kilometer, elektisch geladen, langer Todeszaun, an dem Tausende Menschen ihr Leben lassen werden, und der sich in eineverhängnisvolle Ereigniskette einreiht, die im August 1914 beginnt.
Am frühen Morgen des 4.Augusts 1914 überschreiten kailserlich deutsche Truppen bei Gemmenich, unweit von Aachen, die belgische Grenze und stoßen noch am gleichen Tag, ungehindert, bis an die Maas vor.
Unter der Einwohnerschaft wird viel deutsch gesprochen. ... Vielen Soldaten file indessen alsbald auf, dass niemand der ihnen ansonsten freundlich gesinnten Belgier begreifen konnte noch wollte, warum Deutschland Belgien aus seiner Neutralität aufstörte.
Galt doch den Engländern und Franzosen Belgiens unabdingliches Festhalten an der Neutralität als Affront, wenn nicht als Verrat.
Selbst noch Hundert Jahre später, am 4. August 2014 hebt der französische Präsident Hollande in Anwesenheit von zwanzig weiteren Staatsoberhäuptern Europas, unter ihnen Bundespräsident Joachim Gauck, anlässlich einer Gedenkfeier im belgischen Löwen (Leuwen), unwidersprochen, hervor, was für ein Fehler und politischer Irrtum die belgische Neutralität 1914 gewesen sei, um dann propagandistisch in die Offensive zu gehen.. Könne man neutral bleiben, wenn 298 Flugpassagiere des Flug MH17 über der Osturkaine abgeschossen werden? Nein!.
Dieser Bruch der Neutralität Belgiens wurde den deutschen Soldaten als Vorwurf entgegen gechleudert, und taugte vielfach wohl auch als Grund dazu,, wenn deutsche Soldaten, Zivilpersonen selbst aus deutschgesinnten Kreisen der Bevölkerung mit Ablehnung gestraft wurden.
So in etwa schreibt Sanitätssoldat Rudolf Requadt 1915 in einem der ersten veröffentlichten persönlichen Zeugnisse vom Ersten Weltkrieg. Die völkerrechtswidrige Besetzung des neutralen Königreiches Belgien ist Teil des Schlieffenplans. General Alfred Graf von Schlieffen, der ein Jahr vor Kriegsbeginn verstorben war, hatte bereits 1905 in seinen Überlegungen zu einem Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Rußland den Durchmarsch der deutschen Armee durch Belgien. wie auch umgekehrt Frankreich, England gegen Deutschland, ins militärstrategische Kalkül gezogen.
Im Gegensatz zum deutschen Kaiserreich wollten Frankreich, England diesen Aufmarschplan über Belgien gegen das Deutsche Reich im Einvernehmen mit Belgien vornehmen, bzw. erst, wenn Deutschland die Neutralität Belgiens brechen sollte.
Von belgischem Hoheitsgebiet aus hatte Schlieffen sich an der französischen Nordgrenze einen schnellen Sieg über den, wie es damals hieß, „Erbfeind“ Frankreich erhofft, um alle militärischen Kräfte an der russischen Ostfront konzentrieren zu können.
So rechnet auch die deutsche Heeresleitung zu Kriegsbeginn 1914 mit einer schnellen und reibungslosen Besetzung des Nachbarlandes. Jedoch, die in kleinen, mobilen Verbänden agierende belgische Armee leistet erbitterten Widerstand. Die von deutscher Seite oft als „Pralinenarmee“ verspotteten belgischen Verbände fügen den deutschen Truppen unerwartete Verluste zu.
Am 3. August 1914 wird der völkerrechtswidrige "Schlieffen- Aufmarschpaln" der kaiserlichen Heere
"Macht mir den rechten Flügel stark"
gegen die Republik Frankreich, Engelland als Verbündetem durch die Besetzung Königreichs Belgien unheilvoll in Gang gesetzt
Im Dunkel der Dämmerung des 25. August 1914, am 3. August war der Erste Weltkrie ausgebrochen, entdeckten deutsche Soldaten über den Dächern der belgischen Stadt Löwen rote und grüne Leuchtwerkkugeln am Himmel. Einige Sekunden später - so berichteten Soldaten - seien sie aus den Häusern der Stadt, die sie kampflos besetzt hatten, mit "mörderischem Gewehrfeuer" beschossen worden.
In den Straßen- und Häuserkämpfen, die der Schießerei der belgischen Zivilisten folgten, waren 209 Löwener Einwohner als Tote zu beklagen, unter ihnen zwanzig Frauen und elf Kinder. Die Stadt wurde zum Teil geplündert, die Häuser Verdächtiger wurden angezündet. Etliche historische Bauten, darunter die weltberühmte Universitätsbibliothek Löwen, mit unschätzbaren Dokumenten aus dem frühen Mittelalter, brannten vollständig aus.
Es war als ob das Deutsche Kaiserreich der Hohenzollern Dynastie sich aufgerufen fühlte, im Namen der k.u.k Habsburger Donau- Monarchie am einst im 17 Jahrhundert abtrünnigen Belgien vom Habsburger Reich nicht nur Blutrache zu nehmen, sondern das kollektive Löwen Gedächtnis der Belgier auszulöschen.
Deutsche Soldaten der kaiserlichen Heere hatten das schwere Tor der Universitätsbibliothek Löwen aufgebrochen und brandbeschleunigende Feuerkörper, Handgranaten ins Innere geschleudert. Herbeigeeilte Bürger Löwens, die die Flammen löschen wollten, wurden von vorgaheltenen Karabiniern mit aufgepflanzten Bajonetten daran gehindert und, in fassungslos großem Jammer, unter Fluchen der brandschatzenden Soldaten, in die Flucht gejagt.
Etwa 44 Jahre später, in den Iden des Maien 1958, spielte sich am Ort dieser verbrecherisch brandschatzend mörderischen Handlung, im Rathaus der belgischen Universitätsstadt Löwen, eine Zeremonie ab, deren Ziel es war, im Namen der Geschichte einen symbolischen Freispruch zu verkünden.
Vor den Honoratioren der Stadt distanzierten sich drei belgische und drei bundesdeutsche Geschichtsprofessoren in einer gemeinsamen Erklärung von der historischen Lesart, daß belgische Zivilisten im August des Jahres 1914 einen illegalen Franctireur-Krieg gegen die deutschen Truppen begonnen hätten. Den deutschen Truppen wurde als Gegengabe bescheinigt, daß sie bei ihren Repressalien gegen die Belgier nicht vorsätzlich, sondern irrtümlich das Völkerrecht gebrochen hätten.
Den Ereignisse im August 1914 in Löwen wurde deswegen eine besondere Bedeutung beigemessen, weil sie einen entscheidend ersten Schritt zu der später sogenannten totalen Kriegführung deutscher u. a. Heere in besetzten Gebieten und an der Heimat Front darstellten. Nicht zuletzt an den Schüssen, die in Löwen fielen, gerieten jene völkerrechtlichen Paragraphen zuschanden, zu deren Einhaltung sich nahezu alle zivilisierten Staaten verpflichtet hatten: die Paragraphen der Haager Landkriegsordnung aus dem Jahre 1899, die kriegerische Auseinandersetzungen strikt auf die Kombattanten beschränken und der Zivilbevölkerung Schutz vor direkter Kriegseinwirkung garantieren sollten.
In Löwen begann die Epoche jener Auseinandersetzungen, die bis heute nach Nine Eleven 2001, je nach Optik und Propagandaaufwand nationale Erhebung, Heckenschützenkrieg, Partisanenkrieg, Krieg gegen den Terrorisms oder Résistance, nationaler Befreiungskrieg, Arabellion, Terror- oder Vergeltungsangriff, Kriegsverbrechen oder militärische Notwendigkeit genannt werden.
Und so wurde auch das Massaker von Löwen, je nach dem, wie die politischen Sterne standen, von Politikern und Historikern einmal hin, einmal her gedeutet.
1915 veröffentlichte die Reichsregierung unter Reichskanzler Bethmann- Hollweg als Gegenaktion auf die darstellung der Ereignisse in Löwen im August 1914 durch Zeitungen in England, Frankreich, ein "Weißbuch", dessen Inhalt bereits aus seinem Titel abzulesen war:
"Die völkerrechtswidrige Führung des belgischen Volkskrieges."
Wie diese erwartungsgemäße Wahrheitsfindung militärisch strammer Schuldzuweisung zustande kam, geht aus den Protokollen der damaligen Soldatenvernehmungen hervor:
"Den Zeugen wurde Kenntnis davon gegeben, daß der Generalgouverneur des deutschbesetzten Belgiens, Generalfeldmarschall Baron von der Goltz, eine gerichtliche Untersuchung befohlen hat, um festzustellen, ob man deutschen Truppen strafbare Handlungen zur Last legen könne und wenn ja, welchen Truppen."
Der elektrische Todeszaun
Die Oberste Heeresleitung veranlasst ab dem Herbst 1914 Planung und Bau eines Hunderte Kilometer langen Elektrischen Todeszaunes entlang der belgisch- niederländischen Grenze zur Schweiz bis an Nordseeküste.
Der Elektrisches Todeszaun ist dreigliedrig angelegt, ein Warnzaun, dann der eigentliche Todeszaun 2. 20 Meter hoch 800 Volt Starkstrom geladen, von zwangsrekrutiert russischen Kriegsgefangenen unter entsetzlichen Entbehrungen erbaut.
Nicht wenige der russischen Kriegsgefangegen machen, ausgemergelt, erschöpft ihrem Leben ein Ende, indem, sie sich in den Elektisches Zaun stürzen
Von 1915- 1918 gibt es 6000 Tote durch diese monströse Sperranlage.
Erwischte Personen werden standrechtlich erschossen.
Das Schicksal russischer Zwangsarbeiter, die für die deutsche Baufirma Firma Bilfinger das noch heute intakten Eisenbahn Viadukt- Fundament erstellten, instandsetzten, erweiterten, ist ein ungeschriebenes Blatt der Kriegsgeschichte von 1914- 1918.
Hartnäckihg hält sich bis heute in Belgien das Gerücht, zwangsrekrutiert tote Russen wurden einfach in den noch warmen Zement der Fundamente des legendären Eisenbahn- Viadukts geworfen
Mit Geldstrafen in Höhe von 3000 Mark wurden Belgier von dem deutschen Besatzungsregime belegt, die russischen Kriegssgefangegen auch nur ein Stück Brot zukommen lassen wollten.
In den ersten Entwürfen des Versaiiierl Friedensvertages 1919 mit deutschland war ausdrücklich vorgesehen, den deutschen Generalstab, Offiziere, Soldaten wg. Kriegsverbrechen, Völkerrechtsbruch, sonders in Belgien strafrechtlich zu belangen. Davon wurde dann aus dunklen Gründen später abgesehen.
In der Weimarer Republik kam es nach 1919 am Obersten Reichsgericht Leipzig zu einigen Anklagen gegen deutsche Offziere, Soldaten wg. mutmaßlicher Kriegssverbrechen in Belgien 1914- 1918, die dann allerdings mit auffällig milden Urteilen voller verständnis für die damalige Lage der Täter endeten
"Die belgische Armee hat im August 1914 eigentlich eine sehr interessante Taktik angewendet, man hat sich quasi nicht in großen Feldschlachten den Deutschen gestellt, sondern in einer Nadelstichtaktik mit kleinen Einheiten deutsche Nachhuten und dergleichen überfallen. -
berichtet Herbert Ruland, Historiker und Publizist aus Eupen, heute Regierungssitz der etwa 70.000 Einwohner starken deutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgiens.
Nach seinen Recherchen führt der ebenso unerwartete wie unberechenbare Widerstand der belgischen Armee immer wieder zu Hysterie und Panik unter deutschen Soldaten. Zugleich schürt die deutsche Propaganda die Legendenbildung: Von angeblichen Aktivitäten und Greueltaten belgischer Partisanen, Franctireurs genannt, ist die Rede. Belege für eine belgische Partisanentätigkeit gibt es allerdings nicht, erklärt Ruland, wohl aber für zahlreiche Massaker des deutschen Militärs:
Herbert Ruland.
"An diesen Franctireurs-Märchen oder an diesen Partisanenmärchen ist also wissenschaftlich bewiesen nichts dran. Es hat tatsächlich keine Partisanen oder so etwas in Belgien gegeben. Fakt war: Die Deutschen wollten nach dem Schlieffenplan quasi in drei Tagen durch Belgien durch, Frankreich schlagen, um dann das noch nicht mobilisierte Russland quasi niederkämpfen zu können. Und alles, was sich dem in den Weg setzte, musste niedergekämpft werden.
Es kommt zu Massenübergriffen an der Zivilbevölkerung. Häuser werden geplündert, ganze Städte und Dörfer werden von den Deutschen dem Erdboden gleichgemacht, und Massenerschießungen an Zivilisten finden statt. Wir kennen den Fall Leuwen, den Brand der Bibliothek – aber eigentlich viel schrecklicher noch waren die Ereignisse Ende August 1914 in Dinant, wo die Deutschen von 6.000 Einwohnern 673 ermordeten und über 1.000 in ein Lager bei Kassel verschleppten. Sie werden heute noch in Dinant, einem Touristenort an der Maas, der sehr stark von deutschen Touristen auch frequentiert wird, keine deutsche Fahne finden. Bei meinen Nachforschungen habe ich vor kurzem sogar noch eine französische Illustrierte aus dem Dezember 1914 in die Hände bekommen. Und da sehen Sie, ich würde sagen, eine Karikatur zu den deutschen Verbrechen in Belgien an der Zivilbevölkerung, und da wird tatsächlich der Begriff „Holocaust“ verwendet.
Bis September 1914 werden von deutschen Truppen mehr als 10.000 belgische Zivilisten erschossen, darunter auch Frauen, Kinder und Greise.
Als am neunten Oktober 1914 Antwerpen fällt, sind bereits mehr als eine Million Belgier in die benachbarten, neutralen Niederlande geflüchtet, Zivilisten, Deserteure und Überläufer, die den Weg über die belgisch-niederländische Grenze gesucht haben. Die zur Grenzsicherung überwiegend eingesetzten kriegsmüden älteren deutschen Landsturmsoldaten schaffen es weder, die Massenflucht der Belgier zu verhindern, noch sehen sie sich in der Lage, die intensive Schmuggeltätigkeit sowie die verstärkte Spionage erfolgreich zu unterbinden. Zumal das unwegsame Gebiet mit dichtem Wald, sumpfigem Gelände und zahlreichen Flüssen und Grachten eine ausreichende Sicherung nahezu unmöglich macht. Hinzu kommt, dass eine immer größere Zahl an Kriegsfreiwilligen das Land verlässt.
"Am Ende des Jahres 1914 haben der belgische König und der belgische Erzbischof, einen Aufruf getan, in allen ... belgischen Kirchen zum Beispiel, um Freiwillige, Kriegsfreiwillige an die Front zu schicken. Es gab eine Organisation, die junge Kriegsfreiwillige 14, 15, 16, 20, 25 Jahre alt, sammelte; die brachten sie nach Holland in Vlissingen, ein Hafen in Holland. Ja, gehen sie auf dem Boot von Vlissingen nach England und von England gehen sie hinter die Front in Frankreich."
Weiter geht es in Teil 2
Der Erste Weltkrieg, 1914 - 1918, gilt hinreichend gut erforscht und dokumentiert. Doch noch immer kommen Details ans Licht, die bislang nicht oder nur wenigen Historikern bekannt sind und dem kolletktiven Gedächstnis Europas vorenthalten blieben.
Ein solche Gedächtnis Vorenthaltung ist die Geschichte eines über 300 Kilometer langen monströsen Bauwerks zwischen Belgien, den Niederlanden, der Schweiz bis an die Nordseeküste, der Tausenden von Menschen das Leben kostete.
„Der elektrische Todeszaun",
von der deutschen Firma Bilfinger auf dem Reißbrett generalstabsmäßig entworfen, mit Tausenden von zwangsrekrutierten Kriegsgefangenen aus Russland ab dem Frühjahr 1915 entlang der belgischen Grenze erbaut
Frühjahr 1915
Seit Monaten tobt in Europa unerbittlich der Erste Weltkrieg. Der deutsche Grenzschutz-Kommandeur Major Graf von Faber-Castell begibt sich zum Vierländerblick bei Aachen.
Hier treffen die Grenzen von Belgien, den Niederlanden, Deutschland und dem damaligen Zwergstaat Neutral-Moresnet aufeinander.
Von hier aus soll entlang der belgisch-niederländischen Grenze der Bau eines lange geplant ein elektrisch geladenen Drahtzaun ins Werk gesetzt werden. So plant es das deutsche Generalgouvernement in Brüssel. Die Strecke wird in sieben Abschnitte aufgeteilt, in denen zeitgleich mit dem Aufbau des Elektrozauns begonnen werden soll.
Graf von Faber-Castell macht sich auf, um die Trasse für den Betriebsabschnitt Nummer eins festzulegen. Ein 31 Kilometer langes Teilstück, das sich von der niederländischen Ortschaft Vaals am Vierländereck zunächst in westlicher Richtung bis zur Maas erstreckt, und dann entlang des Grenzflusses nach Norden bis zur belgischen Gemeinde Eben-Emael. Für diesen Abschnitt ist der „Verkehrsoffizier vom Platz“ in Lüttich zuständig, Oberstleutnant Riecke.
Lüttich, den 23. Juni 1915
Für die Herstellung des durch das Generalgouvernement empfohlenen Hochspannungszaunes an der belgisch-holländischen Grenze wird folgendes Personal befohlen:
a) An technischem Personal: Absendung von der zweiten Landsturm-Pionier-Kompagnie: ein Hauptmann, drei Offiziere, 70 Unteroffiziere und Gemeine
b) an Hilfsarbeitern: Absendung von Armierungsbataillon:
80 Mann mit entsprechendem Aufsichtspersonal, möglichst Techniker, sowie Holz- und Eisenarbeiter.
Die Arbeitszeit wird voraussichtlich sieben bis acht Wochen dauern.
Die Herstellungsarbeiten am Hochspannungszaun beginnen am Montag den 28. diesen Monats. Weiterer Auftrag folgt.
Gezeichnet Riecke, Oberstleutnant.
Ein für damalige Verhältnisse beispielloses, militärisches High-Tech-Unternehmen ist auf den Weg gebracht: die Aufstellung eines mit „800 Volt Starkstrom geladenen Zaunes“,
in vorliegenden Dokumenten lapidar als „Draht“ bilanziert, der sich von der Reichsgrenze bei Aachen zunächst bis an die Scheldemündung erstrecken wird und dann weiter bis zur belgischen Nordseeküste bei Knokke. Ein gut 300 Kilometer, elektisch geladen, langer Todeszaun, an dem Tausende Menschen ihr Leben lassen werden, und der sich in eineverhängnisvolle Ereigniskette einreiht, die im August 1914 beginnt.
Am frühen Morgen des 4.Augusts 1914 überschreiten kailserlich deutsche Truppen bei Gemmenich, unweit von Aachen, die belgische Grenze und stoßen noch am gleichen Tag, ungehindert, bis an die Maas vor.
Unter der Einwohnerschaft wird viel deutsch gesprochen. ... Vielen Soldaten file indessen alsbald auf, dass niemand der ihnen ansonsten freundlich gesinnten Belgier begreifen konnte noch wollte, warum Deutschland Belgien aus seiner Neutralität aufstörte.
Galt doch den Engländern und Franzosen Belgiens unabdingliches Festhalten an der Neutralität als Affront, wenn nicht als Verrat.
Selbst noch Hundert Jahre später, am 4. August 2014 hebt der französische Präsident Hollande in Anwesenheit von zwanzig weiteren Staatsoberhäuptern Europas, unter ihnen Bundespräsident Joachim Gauck, anlässlich einer Gedenkfeier im belgischen Löwen (Leuwen), unwidersprochen, hervor, was für ein Fehler und politischer Irrtum die belgische Neutralität 1914 gewesen sei, um dann propagandistisch in die Offensive zu gehen.. Könne man neutral bleiben, wenn 298 Flugpassagiere des Flug MH17 über der Osturkaine abgeschossen werden? Nein!.
Dieser Bruch der Neutralität Belgiens wurde den deutschen Soldaten als Vorwurf entgegen gechleudert, und taugte vielfach wohl auch als Grund dazu,, wenn deutsche Soldaten, Zivilpersonen selbst aus deutschgesinnten Kreisen der Bevölkerung mit Ablehnung gestraft wurden.
So in etwa schreibt Sanitätssoldat Rudolf Requadt 1915 in einem der ersten veröffentlichten persönlichen Zeugnisse vom Ersten Weltkrieg. Die völkerrechtswidrige Besetzung des neutralen Königreiches Belgien ist Teil des Schlieffenplans. General Alfred Graf von Schlieffen, der ein Jahr vor Kriegsbeginn verstorben war, hatte bereits 1905 in seinen Überlegungen zu einem Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Rußland den Durchmarsch der deutschen Armee durch Belgien. wie auch umgekehrt Frankreich, England gegen Deutschland, ins militärstrategische Kalkül gezogen.
Im Gegensatz zum deutschen Kaiserreich wollten Frankreich, England diesen Aufmarschplan über Belgien gegen das Deutsche Reich im Einvernehmen mit Belgien vornehmen, bzw. erst, wenn Deutschland die Neutralität Belgiens brechen sollte.
Von belgischem Hoheitsgebiet aus hatte Schlieffen sich an der französischen Nordgrenze einen schnellen Sieg über den, wie es damals hieß, „Erbfeind“ Frankreich erhofft, um alle militärischen Kräfte an der russischen Ostfront konzentrieren zu können.
So rechnet auch die deutsche Heeresleitung zu Kriegsbeginn 1914 mit einer schnellen und reibungslosen Besetzung des Nachbarlandes. Jedoch, die in kleinen, mobilen Verbänden agierende belgische Armee leistet erbitterten Widerstand. Die von deutscher Seite oft als „Pralinenarmee“ verspotteten belgischen Verbände fügen den deutschen Truppen unerwartete Verluste zu.
Am 3. August 1914 wird der völkerrechtswidrige "Schlieffen- Aufmarschpaln" der kaiserlichen Heere
"Macht mir den rechten Flügel stark"
gegen die Republik Frankreich, Engelland als Verbündetem durch die Besetzung Königreichs Belgien unheilvoll in Gang gesetzt
Im Dunkel der Dämmerung des 25. August 1914, am 3. August war der Erste Weltkrie ausgebrochen, entdeckten deutsche Soldaten über den Dächern der belgischen Stadt Löwen rote und grüne Leuchtwerkkugeln am Himmel. Einige Sekunden später - so berichteten Soldaten - seien sie aus den Häusern der Stadt, die sie kampflos besetzt hatten, mit "mörderischem Gewehrfeuer" beschossen worden.
In den Straßen- und Häuserkämpfen, die der Schießerei der belgischen Zivilisten folgten, waren 209 Löwener Einwohner als Tote zu beklagen, unter ihnen zwanzig Frauen und elf Kinder. Die Stadt wurde zum Teil geplündert, die Häuser Verdächtiger wurden angezündet. Etliche historische Bauten, darunter die weltberühmte Universitätsbibliothek Löwen, mit unschätzbaren Dokumenten aus dem frühen Mittelalter, brannten vollständig aus.
Es war als ob das Deutsche Kaiserreich der Hohenzollern Dynastie sich aufgerufen fühlte, im Namen der k.u.k Habsburger Donau- Monarchie am einst im 17 Jahrhundert abtrünnigen Belgien vom Habsburger Reich nicht nur Blutrache zu nehmen, sondern das kollektive Löwen Gedächtnis der Belgier auszulöschen.
Deutsche Soldaten der kaiserlichen Heere hatten das schwere Tor der Universitätsbibliothek Löwen aufgebrochen und brandbeschleunigende Feuerkörper, Handgranaten ins Innere geschleudert. Herbeigeeilte Bürger Löwens, die die Flammen löschen wollten, wurden von vorgaheltenen Karabiniern mit aufgepflanzten Bajonetten daran gehindert und, in fassungslos großem Jammer, unter Fluchen der brandschatzenden Soldaten, in die Flucht gejagt.
Etwa 44 Jahre später, in den Iden des Maien 1958, spielte sich am Ort dieser verbrecherisch brandschatzend mörderischen Handlung, im Rathaus der belgischen Universitätsstadt Löwen, eine Zeremonie ab, deren Ziel es war, im Namen der Geschichte einen symbolischen Freispruch zu verkünden.
Vor den Honoratioren der Stadt distanzierten sich drei belgische und drei bundesdeutsche Geschichtsprofessoren in einer gemeinsamen Erklärung von der historischen Lesart, daß belgische Zivilisten im August des Jahres 1914 einen illegalen Franctireur-Krieg gegen die deutschen Truppen begonnen hätten. Den deutschen Truppen wurde als Gegengabe bescheinigt, daß sie bei ihren Repressalien gegen die Belgier nicht vorsätzlich, sondern irrtümlich das Völkerrecht gebrochen hätten.
Den Ereignisse im August 1914 in Löwen wurde deswegen eine besondere Bedeutung beigemessen, weil sie einen entscheidend ersten Schritt zu der später sogenannten totalen Kriegführung deutscher u. a. Heere in besetzten Gebieten und an der Heimat Front darstellten. Nicht zuletzt an den Schüssen, die in Löwen fielen, gerieten jene völkerrechtlichen Paragraphen zuschanden, zu deren Einhaltung sich nahezu alle zivilisierten Staaten verpflichtet hatten: die Paragraphen der Haager Landkriegsordnung aus dem Jahre 1899, die kriegerische Auseinandersetzungen strikt auf die Kombattanten beschränken und der Zivilbevölkerung Schutz vor direkter Kriegseinwirkung garantieren sollten.
In Löwen begann die Epoche jener Auseinandersetzungen, die bis heute nach Nine Eleven 2001, je nach Optik und Propagandaaufwand nationale Erhebung, Heckenschützenkrieg, Partisanenkrieg, Krieg gegen den Terrorisms oder Résistance, nationaler Befreiungskrieg, Arabellion, Terror- oder Vergeltungsangriff, Kriegsverbrechen oder militärische Notwendigkeit genannt werden.
Und so wurde auch das Massaker von Löwen, je nach dem, wie die politischen Sterne standen, von Politikern und Historikern einmal hin, einmal her gedeutet.
1915 veröffentlichte die Reichsregierung unter Reichskanzler Bethmann- Hollweg als Gegenaktion auf die darstellung der Ereignisse in Löwen im August 1914 durch Zeitungen in England, Frankreich, ein "Weißbuch", dessen Inhalt bereits aus seinem Titel abzulesen war:
"Die völkerrechtswidrige Führung des belgischen Volkskrieges."
Wie diese erwartungsgemäße Wahrheitsfindung militärisch strammer Schuldzuweisung zustande kam, geht aus den Protokollen der damaligen Soldatenvernehmungen hervor:
"Den Zeugen wurde Kenntnis davon gegeben, daß der Generalgouverneur des deutschbesetzten Belgiens, Generalfeldmarschall Baron von der Goltz, eine gerichtliche Untersuchung befohlen hat, um festzustellen, ob man deutschen Truppen strafbare Handlungen zur Last legen könne und wenn ja, welchen Truppen."
Der elektrische Todeszaun
Die Oberste Heeresleitung veranlasst ab dem Herbst 1914 Planung und Bau eines Hunderte Kilometer langen Elektrischen Todeszaunes entlang der belgisch- niederländischen Grenze zur Schweiz bis an Nordseeküste.
Der Elektrisches Todeszaun ist dreigliedrig angelegt, ein Warnzaun, dann der eigentliche Todeszaun 2. 20 Meter hoch 800 Volt Starkstrom geladen, von zwangsrekrutiert russischen Kriegsgefangenen unter entsetzlichen Entbehrungen erbaut.
Nicht wenige der russischen Kriegsgefangegen machen, ausgemergelt, erschöpft ihrem Leben ein Ende, indem, sie sich in den Elektisches Zaun stürzen
Von 1915- 1918 gibt es 6000 Tote durch diese monströse Sperranlage.
Erwischte Personen werden standrechtlich erschossen.
Das Schicksal russischer Zwangsarbeiter, die für die deutsche Baufirma Firma Bilfinger das noch heute intakten Eisenbahn Viadukt- Fundament erstellten, instandsetzten, erweiterten, ist ein ungeschriebenes Blatt der Kriegsgeschichte von 1914- 1918.
Hartnäckihg hält sich bis heute in Belgien das Gerücht, zwangsrekrutiert tote Russen wurden einfach in den noch warmen Zement der Fundamente des legendären Eisenbahn- Viadukts geworfen
Mit Geldstrafen in Höhe von 3000 Mark wurden Belgier von dem deutschen Besatzungsregime belegt, die russischen Kriegssgefangegen auch nur ein Stück Brot zukommen lassen wollten.
In den ersten Entwürfen des Versaiiierl Friedensvertages 1919 mit deutschland war ausdrücklich vorgesehen, den deutschen Generalstab, Offiziere, Soldaten wg. Kriegsverbrechen, Völkerrechtsbruch, sonders in Belgien strafrechtlich zu belangen. Davon wurde dann aus dunklen Gründen später abgesehen.
In der Weimarer Republik kam es nach 1919 am Obersten Reichsgericht Leipzig zu einigen Anklagen gegen deutsche Offziere, Soldaten wg. mutmaßlicher Kriegssverbrechen in Belgien 1914- 1918, die dann allerdings mit auffällig milden Urteilen voller verständnis für die damalige Lage der Täter endeten
"Die belgische Armee hat im August 1914 eigentlich eine sehr interessante Taktik angewendet, man hat sich quasi nicht in großen Feldschlachten den Deutschen gestellt, sondern in einer Nadelstichtaktik mit kleinen Einheiten deutsche Nachhuten und dergleichen überfallen. -
berichtet Herbert Ruland, Historiker und Publizist aus Eupen, heute Regierungssitz der etwa 70.000 Einwohner starken deutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgiens.
Nach seinen Recherchen führt der ebenso unerwartete wie unberechenbare Widerstand der belgischen Armee immer wieder zu Hysterie und Panik unter deutschen Soldaten. Zugleich schürt die deutsche Propaganda die Legendenbildung: Von angeblichen Aktivitäten und Greueltaten belgischer Partisanen, Franctireurs genannt, ist die Rede. Belege für eine belgische Partisanentätigkeit gibt es allerdings nicht, erklärt Ruland, wohl aber für zahlreiche Massaker des deutschen Militärs:
Herbert Ruland.
"An diesen Franctireurs-Märchen oder an diesen Partisanenmärchen ist also wissenschaftlich bewiesen nichts dran. Es hat tatsächlich keine Partisanen oder so etwas in Belgien gegeben. Fakt war: Die Deutschen wollten nach dem Schlieffenplan quasi in drei Tagen durch Belgien durch, Frankreich schlagen, um dann das noch nicht mobilisierte Russland quasi niederkämpfen zu können. Und alles, was sich dem in den Weg setzte, musste niedergekämpft werden.
Es kommt zu Massenübergriffen an der Zivilbevölkerung. Häuser werden geplündert, ganze Städte und Dörfer werden von den Deutschen dem Erdboden gleichgemacht, und Massenerschießungen an Zivilisten finden statt. Wir kennen den Fall Leuwen, den Brand der Bibliothek – aber eigentlich viel schrecklicher noch waren die Ereignisse Ende August 1914 in Dinant, wo die Deutschen von 6.000 Einwohnern 673 ermordeten und über 1.000 in ein Lager bei Kassel verschleppten. Sie werden heute noch in Dinant, einem Touristenort an der Maas, der sehr stark von deutschen Touristen auch frequentiert wird, keine deutsche Fahne finden. Bei meinen Nachforschungen habe ich vor kurzem sogar noch eine französische Illustrierte aus dem Dezember 1914 in die Hände bekommen. Und da sehen Sie, ich würde sagen, eine Karikatur zu den deutschen Verbrechen in Belgien an der Zivilbevölkerung, und da wird tatsächlich der Begriff „Holocaust“ verwendet.
Bis September 1914 werden von deutschen Truppen mehr als 10.000 belgische Zivilisten erschossen, darunter auch Frauen, Kinder und Greise.
Als am neunten Oktober 1914 Antwerpen fällt, sind bereits mehr als eine Million Belgier in die benachbarten, neutralen Niederlande geflüchtet, Zivilisten, Deserteure und Überläufer, die den Weg über die belgisch-niederländische Grenze gesucht haben. Die zur Grenzsicherung überwiegend eingesetzten kriegsmüden älteren deutschen Landsturmsoldaten schaffen es weder, die Massenflucht der Belgier zu verhindern, noch sehen sie sich in der Lage, die intensive Schmuggeltätigkeit sowie die verstärkte Spionage erfolgreich zu unterbinden. Zumal das unwegsame Gebiet mit dichtem Wald, sumpfigem Gelände und zahlreichen Flüssen und Grachten eine ausreichende Sicherung nahezu unmöglich macht. Hinzu kommt, dass eine immer größere Zahl an Kriegsfreiwilligen das Land verlässt.
"Am Ende des Jahres 1914 haben der belgische König und der belgische Erzbischof, einen Aufruf getan, in allen ... belgischen Kirchen zum Beispiel, um Freiwillige, Kriegsfreiwillige an die Front zu schicken. Es gab eine Organisation, die junge Kriegsfreiwillige 14, 15, 16, 20, 25 Jahre alt, sammelte; die brachten sie nach Holland in Vlissingen, ein Hafen in Holland. Ja, gehen sie auf dem Boot von Vlissingen nach England und von England gehen sie hinter die Front in Frankreich."
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Andy- Admin
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Teil 2
Professor Alex Vanneste, Dekan der Philosophischen Fakultät in Antwerpen, ist der erste, der die Geschichte des Todeszaunes über Jahrzehnte systematisch erforscht und in einer 700 Seiten umfassenden Chronik am Beispiel des flämischen Dorfes Neerpelt dokumentiert hat.
O-Ton, Alex Vanneste.
"Am Ende des Jahres [19]14 hat der deutsche Stab gesehen, dass die Grenze von Holland, wie man sagt, eine offene Tür war, und das konnte natürlich nicht so weitergehen, und dann hat man entschieden, dass die Grenze von Deutschland mit Vaals bei Aachen bis zu Knokke/Cadzand musste abgeschlossen werden, und man hat das getan mit einem Zaun.
Schon seit längerem geplant, wird der Bau eines „Grenzhochspannungshindernisses“, wie der Elektrozaun offiziell genannt wird, im Juni 1915 generalstabsmäßig in Angriff genommen. Allein zwischen dem 23. und 25. Juni 1915 verfasst der Verkehrsoffizier vom Platz in Lüttich, zuständig für den Betriebsabschnitt Nummer eins, zahllose Mitteilungen, Verordnungen und Gesuche.
An das Generalgouvernement:
"Für den Materialtransport beim Bau des Hochspannungszaunes an der belgisch-holländischen Grenze werden von Montag den 28. diesen Monats ab auf die Dauer von sieben bis acht Wochen zwei Lastkraftwagen gebraucht. Um Gestellung dieser Wagen wird gebeten. Ferner wird um Gestellung eines Personenwagens für den Leiter der Herstellungs- und Überwachungsarbeiten, Hauptmann Kleber, Kompanieführer der zweiten Landsturm-Pionier-Kompagnie, für die Dauer der vorgenannten Zeit gebeten."
Weitere Schreiben:
An die Zweite Bayerische Landsturm Pionier Kompagnie:
Der Kompagnie wird nachstehend die Bestellung von 26 Tonnen vier Millimeter starken verzinkten Eisendraht, elf Tonnen drei Millimeter starken verzinkten Eisendraht und 500 Kilogramm zwei Millimeter starken verzinkten Bindedraht bei der Portifikation in Antwerpen zur Kenntnis übersandt.
- von 45.000 Isolatoren zum Preis von 10,- Mark zu 1.000 Stück bei der Firma Gebrüder Pohl, Schmiedeberg, Riesengebirge, zur Kenntnis übersandt. Die Isolierrollen müssen je zur Hälfte nach den Bahnhöfen in Visé und Bleyberg übersandt werden.
An die Rheinische Elektrizitäts- und Kleinbahn AG Kohlscheid bei Aachen:
"Sie werden hiermit ergebenst ersucht, alsbald 700 Stück Leitungsmasten aus 1a Gebirgsholz, acht bis neun Meter lang, mindestens 13 bis 15 Zentimeter am Zopf stark, rinde- und bastfrei geschält, für 11,50 Mark das Stück, frei Waggon Lieferungsmark, zu liefern. .... Baldige Eillieferung ist dringend erwünscht.
An die Zweite Bayerische Landsturm Pionier Kompagnie:
"Die Stangen sind am unteren Teil, der in die Erde versenkt wird, vorher mit Teer zu tränken. Es dürfte auch hier, ähnlich wie bei den Pfählen, zweckentsprechend sein, die Teerung vor dem Abtransport zu den Gebrauchsstellen in der Nähe der genannten Bahnhöfe vornehmen zu lassen. Die Stangen sind nach der Ankunft alsbald zu entladen, zu prüfen und zum Abtransport in die Gebrauchsstellen sicher zu stellen.
Im Generalgouvernement in Brüssel erhofft man, durch einen elektrischen Grenzzaun die Flucht von Kriegsfreiwilligen sowie Schmuggel- und Spionagetätigkeit entscheidend eindämmen zu können. Mit deutscher Präzision geht die Aufstellung des „Grenzhochspannungshindernisses“ an der belgisch-niederländischen Grenze zügig voran. Die Verwendung von Elektrizität für militärische Zwecke hatten die Deutschen bereits andernorts erprobt, wie der Antwerpener Professor Alex Vanneste herausgefunden hat:
O-Ton, Alex Vanneste:
"Das war nicht der ... erste elektrische Zaun, um eine Grenze abzuschließen. Die deutsche Armee hat erstens ein kleine Testphase gehabt im Elsaß mit einem Zaun von zehn, elf Kilometern, aber das war nicht so wichtig, aber was wohl interessant war, ich habe gefunden, dass zum Beispiel die deutsche Armee vor allem in Osteuropa ein Elektrobataillon hatte, ein spezialisiertes Bataillon, wo viele wissenschaftliche Untersuchungen geschahen beim Gebrauch der Elektrizität und die Konsequenzen beim Gebrauch in einem militären Kontext. Und man hatte ja Prüfungen getan in Osteuropa mit dem Gebrauch von Elektrizität für militäre Ziele."
Die Arbeiten am elektrischen Grenzzaun werden an insgesamt sieben Betriebsabschnitten zeitgleich vorangetrieben. Der Strom soll entweder über nahegelegene Fabriken oder mittels Transformatorenhäuser eingespeist werden. Zwecks Spannungsregelung vor Ort werden etwa alle zwei Kilometer Schalthäuser entlang der Grenze aufgestellt.
Bereits Juli und August 1915 sind zahlreiche Teilabschnitte der belgisch-niederländischen Grenze unter Strom gesetzt: Der Todeszaun ist bittere Realität geworden. Tödliche 2000 Volt fließen durch die Drahtkonstruktion.
Let op, Levensgevaar! Langs de belgisch-nederlandsche grens is eene afsluitung met draad met sterk elektrischen stroom geladen ingericht worden ... .
Achtung! Lebensgefahr!
Längs der belgisch-holländischen Grenze ist ein mit elektrischem Starkstrom geladener Zaun errichtet worden. Jedes Berühren des durch Warnungstafeln kenntlich gemachten Zaunes ist unbedingt tödlich ... .
Das Überschreiten des Zaunes ist streng verboten. Die Truppen sind angewiesen, bei jedem Versuch der Zuwiderhandlung von der Waffe Gebrauch zu machen.
In der Nähe des Zaunes werden Warnschilder angebracht und Verordnungen herausgeben, die auf die tödliche Gefahr hinweisen sollen. Der Elektrozaun, so hat der Historiker Herbert Ruland herausgefunden, war in der Regel knapp zwei Meter hoch und bestand aus fünf bis zehn Zink- oder Kupferdrähten, die in etwa 25 Zentimeter Abständen übereinander gespannt waren.
O-Ton: Herbert Ruland.
"Wesentlich ist, dass die Anlage dreigliedrig war. Ein Warndraht, einen Militärdraht gegenüber den Niederlanden, dass also möglichst keine Leute aus den neutralen Ländern da rein liefen, dazwischen ein Patroulliengang, dann der eigentliche Draht, in dem die elektrische Spannung verlief, und dann wiederum zur Seite hin, also nach Belgien hinein, ein weiterer Warndraht, dazwischen die Patroullienwege und alle zwei Kilometer etwa ein so genanntes Schalthaus, wo die Spannung geregelt werden konnte, beziehungsweise musste die Spannung ja auch schon mal abgeschaltet werden, wenn man Opfer aus diesem Zaun bergen musste.
Um Strom zu sparen, wird er zu jeweils unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten ein- und ausgeschaltet. Alle paar hundert Meter patroullieren deutsche Grenzposten. Eine 100 bis 200 Meter breite Sperrzone wird um den Zaun proklamiert. Wer sich bis auf diese Entfernung dem todbringenden Bauwerk nähert, kann ohne Warnung erschossen werden.
Die „Festungs-Fernsprech-Abteilung“ erhält Befehl, Fernsprechleitungen längs des Zaunes zu installieren, um die Sektoren mit Telefonanlagen auszustatten. Etliche Streckenabschnitte werden nachts durch riesige Scheinwerfer ausgeleuchtet. Akustische Signalanlagen werden aufgestellt, die bei Kontaktnahme mit dem Zaun Alarm auslösen. Eine besondere Aufgabe hat der Streckenmeister.
O-Ton, Alex Vanneste:
"Der Streckenmeister war der Verantwortliche für eine Zone, zwischen zwei Schalthäusern zum Beispiel. Er musste kontrollieren, ob die Drähte nicht kaputt waren, denn am Ende des Krieges zum Beispiel hatten die Spione spezielle Zangen, die isoliert waren, womit sie den Zaun durchkneifen konnten. So, wenn die zwei Wachtposten ganz links und ganz rechts waren, dann kniffen die die Zaun, die zwei oder drei Drähte durch, und dann konnten die Menschen durch den Zaun laufen, das sollte repariert werden. So sollte der Streckenmeister kontrollieren ob der Zaun in gutem Zustand war. Wenn ein Akzident geschehen war, zum Beispiel, wenn jemand tot geblieben war am Draht, am Zaun, dann war es verboten für die Landstürmer, die Leiche zu berühren; sie konnten auch elektrikutiert werden. Sie sollten nur beim Ort bleiben, wo das geschehen war, und der Streckenmeister sollte das Kommen untersuchen, was ist da geschehen und so weiter. Er war auch der Mann, der z. B. das Recht hatte, den Strom abzuschalten oder einzuschalten."
Sogar bemannte Observationsballons werden zur Grenzsicherung eingesetzt. Das deutsche Militär arbeitet mit modernster Technik und mit tödlicher Konsequenz. Der deutsche Kriegsberichterstatter Heinrich Binder hat die Opfer vor Augen. 1925 schreibt er über den Todeszaun:
Hunderten von verwegenen Spionen, armseligen Deserteuren und Überläufern hatte er grauenvollen Verbrennungstod gebracht. Sobald sich ein Opfer gefangen hatte, das, schwarz verkohlt, mit verkrampften Händen in dem Draht hing, läutete ein Signalwerk über die ganze Front und rief Tag und Nacht den deutschen Grenzschutz zum Auslösen des Opfers und zu erhöhter Wachsamkeit herbei.
Beim Versuch, das tödliche Drahtverhau zu überwinden, werden die kühnsten Methoden entwickelt. Herbert Ruland:
O-Ton, Herbert Ruland :
"Das geht vom Stabhochsprung, der geübt wurde, bis zur Bekleidung mit Porzellantellern. Oder man hat aufklappbare Dreiecke zwischen den Zaun gestellt, in Visé ist noch so ein Ding erhalten."
O-Ton François Wollgarten Oder eine Doppelleiter, die man rüberschob über der Zaun, und wo die Leute dann drüber kletterten, oder ein Fass, ein hölzernes Fass, ohne Boden, das wurde dann in die Drähte gestoßen, in die elektrische Drähte, und wer schmal genug war, für da durch zu kommen, der war sofort in Holland.
François Wollgarten kennt die Geschichten aus der eigenen Familie. Seinem damals 17jährigen Vater gelingt 1916 zusammen mit einem Freund die Flucht als Kriegsfreiwilliger.
O-Ton: François Wollgarten:
"Die sind von Holland nach England gegangen mit dem Schiff, hell erleuchtet, und alles drum und dran, und sind denn in England angekommen. Die Durchfahrt von Holland nach England machte sich Tag und Nacht, weil es ein neutrales Land war, hauptsächlich über Nacht waren die Schiffe erleuchtet, dass sie nicht von die U-Boote umgebracht wurden, sanken. Und wie die denn haben müssen von England nach Frankreich zur Front, zuerst zur Ausbildung und dann zur Front, mein Vater ist in die Normandie gegangen, und in Couttorce hieß das, ich weiß noch der Name, und da haben die müssen mit ein Fischerboot von England, da waren ja die U-Boote, die schossen alles nieder, die versenkten alles, was sie konnten. Denn diese Strecke, die waren ja nun nicht neutral."
Wenig später versucht auch der ein Jahr jüngere Bruder von François Wollgarten, Onkel Pierre, den Elektrozaun zu überwinden.
O-Ton, François Wollgarten:
"Er hat da nun nachts gewartet, und ist denn nach dem Zaun gegangen in die Gedanken, dass er da zwischen die elektrische Drähte durchkäme, er war schmaler als mein Vater, war schlank, und dachte, dass könnte so gehen, aber er ist am elektrischen Draht hängen geblieben, und ja - und paar Tage danach kriegten die Eltern Bescheid, dass er tot war. So ist mein Onkel, den ich nie gekannt hab, gestorben, und die deutsche Behörden haben nicht wollen das Leichnam zurückgeben."
Im Laufe der Zeit entsteht ein gut organisiertes Netz von „Passeurs“, von Fluchthelfern. Von englischen und niederländischen Ingenieuren mit den Geheimnissen der Elektrizität vertraut gemacht, weisen sie - häufig gegen Entgelt - tausenden den Weg über beziehungsweise durch den Todeszaun. Darunter sind zahlreiche Kriegsfreiwillige, die sich in England militärisch ausbilden lassen, um später für ihr belgisches Vaterland gegen die deutschen Besatzer zu kämpfen.
O-Ton, Alex Vanneste.
"Und dann war es spezielle Agenten, die entschieden, wann man durch den Zaun kommen könnte, an welchem Ort es nicht so gefährlich war, wo die Patroulleurs zum Beispiel nicht so gut aufpassten. Und diese Männer, man nannte die Passeurs, ein Passeur, von passieren, ja. Jeder Passeur hatte eine eigene Technik, und oft gab es zwei Passeurs, die an derselben Stelle mit 5 oder zehn Männern, Kriegsfreiwilligen nach Holland gehen.
Der Großvater von meiner Frau zum Beispiel, er ist durch dem Zaun gegangen, alleine oder mit anderen Menschen. Sein Bruder wohnte in den Niederlanden; er holte Brot in die Niederlande, brachte das Brot nach Neerpelt, er brachte auch Menschen nach die andere Seite von der Grenze nach Holland, oft zwei- dreimal auf einem Tag."
Viele Passeurs stehen im Dienst von Spionagezentralen und schmuggeln regelmäßig wichtiges Informationsmaterial über den Todesdraht.
Der Tag und Nacht ununterbrochen laufende Grenzübertritt konnte, wie durch ein Rätsel, nicht unterbunden werden. ... . Auch dieser Todesdraht unterband nicht den lebendigen quellenden Strom ... . Man verdichtete den Draht durch senkrecht laufende Verbindungsdrähte, die ein Hindurchschlüpfen fast zur Unmöglichkeit machten. Es war nutzlos! -
- schreibt Kriegsberichterstatter Heinrich Binder. Einer der erfolgreichsten und nie gefassten Spione, berichtet er mit unverhohlener Bewunderung, sei Pieter Devos gewesen.
Devos trug, wie alle, die mit dem Todesdraht zu tun hatten, Gummikleidung aus grauem Gummistoff. Auch Mütze und Handschuhe waren aus Gummi. Die Wasserstiefel, ebenfalls aus Gummi, reichten ihm bis an den Bauch und gestatteten ihm, sich wie ein Amphibium in Sümpfen aufzuhalten und zu verbergen.
Die Isolierfähigkeit von Gummi war damals noch weitgehend unbekannt. Vor allem britische Spionageoffiziere klären im Laufe des Krieges darüber auf, dass Gummikleidung, insbesondere das Tragen von Butten, von Gummischuhen, ein gefahrloses Passieren des Elektrozaunes ermöglicht. Alex Vanneste:
O-Ton, Alex Vanneste:
"Es waren die britische zentralen Spionagedienste, die sagten, die besser wussten natürlich als die Belgier, so wenn sie Gummibutten tragen, dann sind sie isoliert. Aber im Anfang des Krieges wussten sie das noch nicht. So, am Ende des Krieges, naja in 17 schon, und natürlich auch 17/18 gingen die Spione nach Holland, nach Rotterdam, sie kamen zurück mit Gummibutten, mit Gummimatten und so weiter. Und man nahm eine Matte, man [platzierte] sie vor den Zaun und man konnte den Zaun fassen, da war kein Problem, ein Mirakel natürlich."
Rund 20.000 belgische Kriegsfreiwillige überqueren zwischen 1915 und 1918 den Elektrozaun. Für zwei bis dreitausend Menschen jedoch wird das „Grenzhochspannungshindernis“ zur Todesfalle. Sie verbrennen im Drahtwerk durch Stromschlag, werden, wie es damals hieß, „elektrikutiert“ oder von der Grenzpatrouille erschossen.
Unklar ist, wie viele Flüchtlinge von den Grenzposten am Zaun gestellt und hingerichtet werden. Unter den Opfern sind Hunderte von Zivilisten, Frauen und Kindern. Der Historiker Herbert Ruland weiß von vielen solcher Schicksale:
O-Ton, Herbert Ruland.
"Eine Frau Bindels-Schonbrodt ist tot geblieben, als sie im April 1918 an der Grenze bei Gemmenich Lebensmittel für Verwandte durch den Zaun stecken wollte. Ein Herr Appelberg aus Vaals ist tot geblieben, er hat die Grenze überschritten als gerade der Strom einmal abgeschaltet war und ist dann tot geblieben bei der Rückkehr in die Niederlande, also die Gefahr des Stromes war den Leuten nicht bewusst, und so kam es doch zu einer Menge von Toten."
Nicht selten sterben sie aus Unwissenheit über die tödliche Gefahr einen qualvollen Tod. In Belgien ist die Elektrifizierung Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts noch nicht weit fortgeschritten. Kaum eine Familie verfügt über Strom, und vielerorts spricht man noch vom „elektrischen Wunder“. Alex Vanneste weiß,
O-Ton, Alex Vanneste:
"...dass in 1914 die Menschen noch nicht echt, nicht gut wussten, was Elektrizität war, das war ganz neu. In den Niederlanden kennte man schon ein bisschen Elektrizität, aber in Belgien war der ganz neu."
Nach dem Ersten Weltkrieg verschwindet der Zaun, zunächst aus der Landschaft, dann fast völlig aus dem historischen Gedächtnis.
O-Ton, Herbert Ruland:
"Nach der Kapitulation ist der Zaun quasi von einem auf den anderen Da ist nix übrig geblieben, die Bauern haben sich bedient, die haben vier Jahre auf Draht verzichten müssen, auf Zaunpfähle und rubbeldidubb war das alles quasi abgebaut, ja, und dann, dass das verschwunden ist aus dem Bewusstsein, das hängt wohl damit zusammen, dass das, was die Deutschen im ersten Weltkrieg hier im Westen getrieben haben in seiner Gesamtheit so entsetzlich war, dass der Zaun eigentlich nur ’ne Fußnote dazu bedeutet."
So ist der Antwerpener Historiker Alex Vanneste auch nur zufällig auf die Spur dieses elektrischen Ungetüms gestoßen. Die unglaublichen Aufzeichnungen des Großvaters seiner Frau, der im Ersten Weltkrieg als „Passeur“ sehr viele Menschen über und durch den Todeszaun geschleust hatte, veranlassen ihn schließlich, Nachforschungen zu betreiben und dieses Kapitel deutscher Kriegsgeschichte aufzuarbeiten.
O-Ton, Alex Vanneste:
"Ich sagte, das ist ja Fiktion, das ist nicht so. Dann habe ich ein bisschen gesucht, aber nicht auf eine systematische Weise natürlich, und hörte ich von älteren Menschen in der Gegend, dass es so etwas wie ein Zaun war.
Und dann hab ich gesucht in Frankreich, in England, in Deutschland, in Holland, in Belgien, in Klostern, in Abteien, in Gemeindearchiven, in Militärarchiven und so weiter, und hab ich natürlich eine Menge von Informationen gefunden, von Dokumenten, von Fotomaterial, nicht so viele direkte Zeugnisse, aber ich hatte genug Information natürlich, um auf eine strukturelle und wissenschaftliche Manier zu beweisen, was geschehen war und wie der Zaun gebaut war und so weiter."
1920 stellt Graf D´Oultrement einen Mahnstein in einem Waldstück beim belgischen Dorf Sippenaeken auf, ganz in der Nähe des heutigen deutsch-belgisch-niederländischen Dreiländerecks.
Den sprengen die Nazis am zehnten Mai 1940 in die Luft, als erneut eine deutsche Armee das neutrale Belgien überfällt. Der Graf lässt allerdings an der selben Stelle 1962 einen neuen Gedenkstein errichten, gewidmet den belgischen Opfern.
Aux victimes belges – allies, qui perirent ici par le fil electrique 1914-1918.
Als einziges Denkmal erinnert es heute an die zahlreichen Opfer, die im und am mörderischen Todeszaun ihr Leben lassen mussten.
******
http://www.grenzgeschichte.eu/CommemorationActivities/AktivitaetenGGDG.html
Permanente Angebote von GrenzGeschichteDG zur Erinnerung an den Ersten Weltkrieg
http://www.dieterwunderlich.de/Zweig_gestern.htm
Stefan Zweig: Die Welt von Gestern.
Erinnerungen eines Europäers
Quelle
Weiteres dazu unter :
http://www.grenzgeschichte.eu/archiv/Elektozaun.pdf
http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-30300027.html
http://www.zeit.de/1998/17/Der_grosse_Zaun
http://www.deutschlandfunk.de/100-jahre-danach-die-erinnerung-an-die-deutsche-invasion-in.media.a26c5298f630f418a9d947e83d3ec7b8.txt
http://www.bunkertours.be/bunker_sippenaeken.html
http://www.aachener-zeitung.de/lokales/region/1915-der-deutsche-elektrozaun-der-tausende-toetete-1.891550
http://www1.wdr.de/studio/aachen/themadestages/erster-weltkrieg-einmarsch-belgien100.html
i.v.m.
O-Ton, Alex Vanneste.
"Am Ende des Jahres [19]14 hat der deutsche Stab gesehen, dass die Grenze von Holland, wie man sagt, eine offene Tür war, und das konnte natürlich nicht so weitergehen, und dann hat man entschieden, dass die Grenze von Deutschland mit Vaals bei Aachen bis zu Knokke/Cadzand musste abgeschlossen werden, und man hat das getan mit einem Zaun.
Schon seit längerem geplant, wird der Bau eines „Grenzhochspannungshindernisses“, wie der Elektrozaun offiziell genannt wird, im Juni 1915 generalstabsmäßig in Angriff genommen. Allein zwischen dem 23. und 25. Juni 1915 verfasst der Verkehrsoffizier vom Platz in Lüttich, zuständig für den Betriebsabschnitt Nummer eins, zahllose Mitteilungen, Verordnungen und Gesuche.
An das Generalgouvernement:
"Für den Materialtransport beim Bau des Hochspannungszaunes an der belgisch-holländischen Grenze werden von Montag den 28. diesen Monats ab auf die Dauer von sieben bis acht Wochen zwei Lastkraftwagen gebraucht. Um Gestellung dieser Wagen wird gebeten. Ferner wird um Gestellung eines Personenwagens für den Leiter der Herstellungs- und Überwachungsarbeiten, Hauptmann Kleber, Kompanieführer der zweiten Landsturm-Pionier-Kompagnie, für die Dauer der vorgenannten Zeit gebeten."
Weitere Schreiben:
An die Zweite Bayerische Landsturm Pionier Kompagnie:
Der Kompagnie wird nachstehend die Bestellung von 26 Tonnen vier Millimeter starken verzinkten Eisendraht, elf Tonnen drei Millimeter starken verzinkten Eisendraht und 500 Kilogramm zwei Millimeter starken verzinkten Bindedraht bei der Portifikation in Antwerpen zur Kenntnis übersandt.
- von 45.000 Isolatoren zum Preis von 10,- Mark zu 1.000 Stück bei der Firma Gebrüder Pohl, Schmiedeberg, Riesengebirge, zur Kenntnis übersandt. Die Isolierrollen müssen je zur Hälfte nach den Bahnhöfen in Visé und Bleyberg übersandt werden.
An die Rheinische Elektrizitäts- und Kleinbahn AG Kohlscheid bei Aachen:
"Sie werden hiermit ergebenst ersucht, alsbald 700 Stück Leitungsmasten aus 1a Gebirgsholz, acht bis neun Meter lang, mindestens 13 bis 15 Zentimeter am Zopf stark, rinde- und bastfrei geschält, für 11,50 Mark das Stück, frei Waggon Lieferungsmark, zu liefern. .... Baldige Eillieferung ist dringend erwünscht.
An die Zweite Bayerische Landsturm Pionier Kompagnie:
"Die Stangen sind am unteren Teil, der in die Erde versenkt wird, vorher mit Teer zu tränken. Es dürfte auch hier, ähnlich wie bei den Pfählen, zweckentsprechend sein, die Teerung vor dem Abtransport zu den Gebrauchsstellen in der Nähe der genannten Bahnhöfe vornehmen zu lassen. Die Stangen sind nach der Ankunft alsbald zu entladen, zu prüfen und zum Abtransport in die Gebrauchsstellen sicher zu stellen.
Im Generalgouvernement in Brüssel erhofft man, durch einen elektrischen Grenzzaun die Flucht von Kriegsfreiwilligen sowie Schmuggel- und Spionagetätigkeit entscheidend eindämmen zu können. Mit deutscher Präzision geht die Aufstellung des „Grenzhochspannungshindernisses“ an der belgisch-niederländischen Grenze zügig voran. Die Verwendung von Elektrizität für militärische Zwecke hatten die Deutschen bereits andernorts erprobt, wie der Antwerpener Professor Alex Vanneste herausgefunden hat:
O-Ton, Alex Vanneste:
"Das war nicht der ... erste elektrische Zaun, um eine Grenze abzuschließen. Die deutsche Armee hat erstens ein kleine Testphase gehabt im Elsaß mit einem Zaun von zehn, elf Kilometern, aber das war nicht so wichtig, aber was wohl interessant war, ich habe gefunden, dass zum Beispiel die deutsche Armee vor allem in Osteuropa ein Elektrobataillon hatte, ein spezialisiertes Bataillon, wo viele wissenschaftliche Untersuchungen geschahen beim Gebrauch der Elektrizität und die Konsequenzen beim Gebrauch in einem militären Kontext. Und man hatte ja Prüfungen getan in Osteuropa mit dem Gebrauch von Elektrizität für militäre Ziele."
Die Arbeiten am elektrischen Grenzzaun werden an insgesamt sieben Betriebsabschnitten zeitgleich vorangetrieben. Der Strom soll entweder über nahegelegene Fabriken oder mittels Transformatorenhäuser eingespeist werden. Zwecks Spannungsregelung vor Ort werden etwa alle zwei Kilometer Schalthäuser entlang der Grenze aufgestellt.
Bereits Juli und August 1915 sind zahlreiche Teilabschnitte der belgisch-niederländischen Grenze unter Strom gesetzt: Der Todeszaun ist bittere Realität geworden. Tödliche 2000 Volt fließen durch die Drahtkonstruktion.
Let op, Levensgevaar! Langs de belgisch-nederlandsche grens is eene afsluitung met draad met sterk elektrischen stroom geladen ingericht worden ... .
Achtung! Lebensgefahr!
Längs der belgisch-holländischen Grenze ist ein mit elektrischem Starkstrom geladener Zaun errichtet worden. Jedes Berühren des durch Warnungstafeln kenntlich gemachten Zaunes ist unbedingt tödlich ... .
Das Überschreiten des Zaunes ist streng verboten. Die Truppen sind angewiesen, bei jedem Versuch der Zuwiderhandlung von der Waffe Gebrauch zu machen.
In der Nähe des Zaunes werden Warnschilder angebracht und Verordnungen herausgeben, die auf die tödliche Gefahr hinweisen sollen. Der Elektrozaun, so hat der Historiker Herbert Ruland herausgefunden, war in der Regel knapp zwei Meter hoch und bestand aus fünf bis zehn Zink- oder Kupferdrähten, die in etwa 25 Zentimeter Abständen übereinander gespannt waren.
O-Ton: Herbert Ruland.
"Wesentlich ist, dass die Anlage dreigliedrig war. Ein Warndraht, einen Militärdraht gegenüber den Niederlanden, dass also möglichst keine Leute aus den neutralen Ländern da rein liefen, dazwischen ein Patroulliengang, dann der eigentliche Draht, in dem die elektrische Spannung verlief, und dann wiederum zur Seite hin, also nach Belgien hinein, ein weiterer Warndraht, dazwischen die Patroullienwege und alle zwei Kilometer etwa ein so genanntes Schalthaus, wo die Spannung geregelt werden konnte, beziehungsweise musste die Spannung ja auch schon mal abgeschaltet werden, wenn man Opfer aus diesem Zaun bergen musste.
Um Strom zu sparen, wird er zu jeweils unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten ein- und ausgeschaltet. Alle paar hundert Meter patroullieren deutsche Grenzposten. Eine 100 bis 200 Meter breite Sperrzone wird um den Zaun proklamiert. Wer sich bis auf diese Entfernung dem todbringenden Bauwerk nähert, kann ohne Warnung erschossen werden.
Die „Festungs-Fernsprech-Abteilung“ erhält Befehl, Fernsprechleitungen längs des Zaunes zu installieren, um die Sektoren mit Telefonanlagen auszustatten. Etliche Streckenabschnitte werden nachts durch riesige Scheinwerfer ausgeleuchtet. Akustische Signalanlagen werden aufgestellt, die bei Kontaktnahme mit dem Zaun Alarm auslösen. Eine besondere Aufgabe hat der Streckenmeister.
O-Ton, Alex Vanneste:
"Der Streckenmeister war der Verantwortliche für eine Zone, zwischen zwei Schalthäusern zum Beispiel. Er musste kontrollieren, ob die Drähte nicht kaputt waren, denn am Ende des Krieges zum Beispiel hatten die Spione spezielle Zangen, die isoliert waren, womit sie den Zaun durchkneifen konnten. So, wenn die zwei Wachtposten ganz links und ganz rechts waren, dann kniffen die die Zaun, die zwei oder drei Drähte durch, und dann konnten die Menschen durch den Zaun laufen, das sollte repariert werden. So sollte der Streckenmeister kontrollieren ob der Zaun in gutem Zustand war. Wenn ein Akzident geschehen war, zum Beispiel, wenn jemand tot geblieben war am Draht, am Zaun, dann war es verboten für die Landstürmer, die Leiche zu berühren; sie konnten auch elektrikutiert werden. Sie sollten nur beim Ort bleiben, wo das geschehen war, und der Streckenmeister sollte das Kommen untersuchen, was ist da geschehen und so weiter. Er war auch der Mann, der z. B. das Recht hatte, den Strom abzuschalten oder einzuschalten."
Sogar bemannte Observationsballons werden zur Grenzsicherung eingesetzt. Das deutsche Militär arbeitet mit modernster Technik und mit tödlicher Konsequenz. Der deutsche Kriegsberichterstatter Heinrich Binder hat die Opfer vor Augen. 1925 schreibt er über den Todeszaun:
Hunderten von verwegenen Spionen, armseligen Deserteuren und Überläufern hatte er grauenvollen Verbrennungstod gebracht. Sobald sich ein Opfer gefangen hatte, das, schwarz verkohlt, mit verkrampften Händen in dem Draht hing, läutete ein Signalwerk über die ganze Front und rief Tag und Nacht den deutschen Grenzschutz zum Auslösen des Opfers und zu erhöhter Wachsamkeit herbei.
Beim Versuch, das tödliche Drahtverhau zu überwinden, werden die kühnsten Methoden entwickelt. Herbert Ruland:
O-Ton, Herbert Ruland :
"Das geht vom Stabhochsprung, der geübt wurde, bis zur Bekleidung mit Porzellantellern. Oder man hat aufklappbare Dreiecke zwischen den Zaun gestellt, in Visé ist noch so ein Ding erhalten."
O-Ton François Wollgarten Oder eine Doppelleiter, die man rüberschob über der Zaun, und wo die Leute dann drüber kletterten, oder ein Fass, ein hölzernes Fass, ohne Boden, das wurde dann in die Drähte gestoßen, in die elektrische Drähte, und wer schmal genug war, für da durch zu kommen, der war sofort in Holland.
François Wollgarten kennt die Geschichten aus der eigenen Familie. Seinem damals 17jährigen Vater gelingt 1916 zusammen mit einem Freund die Flucht als Kriegsfreiwilliger.
O-Ton: François Wollgarten:
"Die sind von Holland nach England gegangen mit dem Schiff, hell erleuchtet, und alles drum und dran, und sind denn in England angekommen. Die Durchfahrt von Holland nach England machte sich Tag und Nacht, weil es ein neutrales Land war, hauptsächlich über Nacht waren die Schiffe erleuchtet, dass sie nicht von die U-Boote umgebracht wurden, sanken. Und wie die denn haben müssen von England nach Frankreich zur Front, zuerst zur Ausbildung und dann zur Front, mein Vater ist in die Normandie gegangen, und in Couttorce hieß das, ich weiß noch der Name, und da haben die müssen mit ein Fischerboot von England, da waren ja die U-Boote, die schossen alles nieder, die versenkten alles, was sie konnten. Denn diese Strecke, die waren ja nun nicht neutral."
Wenig später versucht auch der ein Jahr jüngere Bruder von François Wollgarten, Onkel Pierre, den Elektrozaun zu überwinden.
O-Ton, François Wollgarten:
"Er hat da nun nachts gewartet, und ist denn nach dem Zaun gegangen in die Gedanken, dass er da zwischen die elektrische Drähte durchkäme, er war schmaler als mein Vater, war schlank, und dachte, dass könnte so gehen, aber er ist am elektrischen Draht hängen geblieben, und ja - und paar Tage danach kriegten die Eltern Bescheid, dass er tot war. So ist mein Onkel, den ich nie gekannt hab, gestorben, und die deutsche Behörden haben nicht wollen das Leichnam zurückgeben."
Im Laufe der Zeit entsteht ein gut organisiertes Netz von „Passeurs“, von Fluchthelfern. Von englischen und niederländischen Ingenieuren mit den Geheimnissen der Elektrizität vertraut gemacht, weisen sie - häufig gegen Entgelt - tausenden den Weg über beziehungsweise durch den Todeszaun. Darunter sind zahlreiche Kriegsfreiwillige, die sich in England militärisch ausbilden lassen, um später für ihr belgisches Vaterland gegen die deutschen Besatzer zu kämpfen.
O-Ton, Alex Vanneste.
"Und dann war es spezielle Agenten, die entschieden, wann man durch den Zaun kommen könnte, an welchem Ort es nicht so gefährlich war, wo die Patroulleurs zum Beispiel nicht so gut aufpassten. Und diese Männer, man nannte die Passeurs, ein Passeur, von passieren, ja. Jeder Passeur hatte eine eigene Technik, und oft gab es zwei Passeurs, die an derselben Stelle mit 5 oder zehn Männern, Kriegsfreiwilligen nach Holland gehen.
Der Großvater von meiner Frau zum Beispiel, er ist durch dem Zaun gegangen, alleine oder mit anderen Menschen. Sein Bruder wohnte in den Niederlanden; er holte Brot in die Niederlande, brachte das Brot nach Neerpelt, er brachte auch Menschen nach die andere Seite von der Grenze nach Holland, oft zwei- dreimal auf einem Tag."
Viele Passeurs stehen im Dienst von Spionagezentralen und schmuggeln regelmäßig wichtiges Informationsmaterial über den Todesdraht.
Der Tag und Nacht ununterbrochen laufende Grenzübertritt konnte, wie durch ein Rätsel, nicht unterbunden werden. ... . Auch dieser Todesdraht unterband nicht den lebendigen quellenden Strom ... . Man verdichtete den Draht durch senkrecht laufende Verbindungsdrähte, die ein Hindurchschlüpfen fast zur Unmöglichkeit machten. Es war nutzlos! -
- schreibt Kriegsberichterstatter Heinrich Binder. Einer der erfolgreichsten und nie gefassten Spione, berichtet er mit unverhohlener Bewunderung, sei Pieter Devos gewesen.
Devos trug, wie alle, die mit dem Todesdraht zu tun hatten, Gummikleidung aus grauem Gummistoff. Auch Mütze und Handschuhe waren aus Gummi. Die Wasserstiefel, ebenfalls aus Gummi, reichten ihm bis an den Bauch und gestatteten ihm, sich wie ein Amphibium in Sümpfen aufzuhalten und zu verbergen.
Die Isolierfähigkeit von Gummi war damals noch weitgehend unbekannt. Vor allem britische Spionageoffiziere klären im Laufe des Krieges darüber auf, dass Gummikleidung, insbesondere das Tragen von Butten, von Gummischuhen, ein gefahrloses Passieren des Elektrozaunes ermöglicht. Alex Vanneste:
O-Ton, Alex Vanneste:
"Es waren die britische zentralen Spionagedienste, die sagten, die besser wussten natürlich als die Belgier, so wenn sie Gummibutten tragen, dann sind sie isoliert. Aber im Anfang des Krieges wussten sie das noch nicht. So, am Ende des Krieges, naja in 17 schon, und natürlich auch 17/18 gingen die Spione nach Holland, nach Rotterdam, sie kamen zurück mit Gummibutten, mit Gummimatten und so weiter. Und man nahm eine Matte, man [platzierte] sie vor den Zaun und man konnte den Zaun fassen, da war kein Problem, ein Mirakel natürlich."
Rund 20.000 belgische Kriegsfreiwillige überqueren zwischen 1915 und 1918 den Elektrozaun. Für zwei bis dreitausend Menschen jedoch wird das „Grenzhochspannungshindernis“ zur Todesfalle. Sie verbrennen im Drahtwerk durch Stromschlag, werden, wie es damals hieß, „elektrikutiert“ oder von der Grenzpatrouille erschossen.
Unklar ist, wie viele Flüchtlinge von den Grenzposten am Zaun gestellt und hingerichtet werden. Unter den Opfern sind Hunderte von Zivilisten, Frauen und Kindern. Der Historiker Herbert Ruland weiß von vielen solcher Schicksale:
O-Ton, Herbert Ruland.
"Eine Frau Bindels-Schonbrodt ist tot geblieben, als sie im April 1918 an der Grenze bei Gemmenich Lebensmittel für Verwandte durch den Zaun stecken wollte. Ein Herr Appelberg aus Vaals ist tot geblieben, er hat die Grenze überschritten als gerade der Strom einmal abgeschaltet war und ist dann tot geblieben bei der Rückkehr in die Niederlande, also die Gefahr des Stromes war den Leuten nicht bewusst, und so kam es doch zu einer Menge von Toten."
Nicht selten sterben sie aus Unwissenheit über die tödliche Gefahr einen qualvollen Tod. In Belgien ist die Elektrifizierung Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts noch nicht weit fortgeschritten. Kaum eine Familie verfügt über Strom, und vielerorts spricht man noch vom „elektrischen Wunder“. Alex Vanneste weiß,
O-Ton, Alex Vanneste:
"...dass in 1914 die Menschen noch nicht echt, nicht gut wussten, was Elektrizität war, das war ganz neu. In den Niederlanden kennte man schon ein bisschen Elektrizität, aber in Belgien war der ganz neu."
Nach dem Ersten Weltkrieg verschwindet der Zaun, zunächst aus der Landschaft, dann fast völlig aus dem historischen Gedächtnis.
O-Ton, Herbert Ruland:
"Nach der Kapitulation ist der Zaun quasi von einem auf den anderen Da ist nix übrig geblieben, die Bauern haben sich bedient, die haben vier Jahre auf Draht verzichten müssen, auf Zaunpfähle und rubbeldidubb war das alles quasi abgebaut, ja, und dann, dass das verschwunden ist aus dem Bewusstsein, das hängt wohl damit zusammen, dass das, was die Deutschen im ersten Weltkrieg hier im Westen getrieben haben in seiner Gesamtheit so entsetzlich war, dass der Zaun eigentlich nur ’ne Fußnote dazu bedeutet."
So ist der Antwerpener Historiker Alex Vanneste auch nur zufällig auf die Spur dieses elektrischen Ungetüms gestoßen. Die unglaublichen Aufzeichnungen des Großvaters seiner Frau, der im Ersten Weltkrieg als „Passeur“ sehr viele Menschen über und durch den Todeszaun geschleust hatte, veranlassen ihn schließlich, Nachforschungen zu betreiben und dieses Kapitel deutscher Kriegsgeschichte aufzuarbeiten.
O-Ton, Alex Vanneste:
"Ich sagte, das ist ja Fiktion, das ist nicht so. Dann habe ich ein bisschen gesucht, aber nicht auf eine systematische Weise natürlich, und hörte ich von älteren Menschen in der Gegend, dass es so etwas wie ein Zaun war.
Und dann hab ich gesucht in Frankreich, in England, in Deutschland, in Holland, in Belgien, in Klostern, in Abteien, in Gemeindearchiven, in Militärarchiven und so weiter, und hab ich natürlich eine Menge von Informationen gefunden, von Dokumenten, von Fotomaterial, nicht so viele direkte Zeugnisse, aber ich hatte genug Information natürlich, um auf eine strukturelle und wissenschaftliche Manier zu beweisen, was geschehen war und wie der Zaun gebaut war und so weiter."
1920 stellt Graf D´Oultrement einen Mahnstein in einem Waldstück beim belgischen Dorf Sippenaeken auf, ganz in der Nähe des heutigen deutsch-belgisch-niederländischen Dreiländerecks.
Den sprengen die Nazis am zehnten Mai 1940 in die Luft, als erneut eine deutsche Armee das neutrale Belgien überfällt. Der Graf lässt allerdings an der selben Stelle 1962 einen neuen Gedenkstein errichten, gewidmet den belgischen Opfern.
Aux victimes belges – allies, qui perirent ici par le fil electrique 1914-1918.
Als einziges Denkmal erinnert es heute an die zahlreichen Opfer, die im und am mörderischen Todeszaun ihr Leben lassen mussten.
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http://www.grenzgeschichte.eu/CommemorationActivities/AktivitaetenGGDG.html
Permanente Angebote von GrenzGeschichteDG zur Erinnerung an den Ersten Weltkrieg
http://www.dieterwunderlich.de/Zweig_gestern.htm
Stefan Zweig: Die Welt von Gestern.
Erinnerungen eines Europäers
Quelle
Weiteres dazu unter :
http://www.grenzgeschichte.eu/archiv/Elektozaun.pdf
http://www.spiegel.de/spiegel/spiegelspecial/d-30300027.html
http://www.zeit.de/1998/17/Der_grosse_Zaun
http://www.deutschlandfunk.de/100-jahre-danach-die-erinnerung-an-die-deutsche-invasion-in.media.a26c5298f630f418a9d947e83d3ec7b8.txt
http://www.bunkertours.be/bunker_sippenaeken.html
http://www.aachener-zeitung.de/lokales/region/1915-der-deutsche-elektrozaun-der-tausende-toetete-1.891550
http://www1.wdr.de/studio/aachen/themadestages/erster-weltkrieg-einmarsch-belgien100.html
i.v.m.
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