Hans-Werner Sinn
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Hans-Werner Sinn
Hans-Werner Sinn (* 7. März 1948 in Brake, Westfalen) ist ein deutscher Ökonom, Hochschullehrer und Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. Er hat mehrere Sachbücher zu wirtschaftspolitischen Themen verfasst.
Leben
Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster (Westfalen) von 1967 bis 1972 wechselte Sinn an die Universität Mannheim, an der er 1978 promoviert wurde und sich 1983 habilitierte.
Seit 1984 ist Sinn Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Er war zwei Jahre lang Professor an der University of Western Ontario in Kanada. Als Gastprofessor war er an der London School of Economics sowie an den Universitäten Bergen, Stanford, Princeton und Jerusalem tätig. Er hielt als bislang einziger Deutscher Yrjö Jahnsson Lectures[1] in Helsinki und Tinbergen Lectures in Amsterdam. Seit 1988 ist Sinn zudem Honorarprofessor an der Universität Wien. Von 1997 bis 2000 war er Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik und zwischen 2006 und 2009 Präsident des International Institute of Public Finance, des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler. Außerdem ist er Fellow des National Bureau of Economic Research in Cambridge (USA).
Sinn ist seit Februar 1999 Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. Unter seiner Leitung wurde das ifo Institut zum Januar 2010 von einer Serviceeinrichtung (Einrichtung, die überwiegend wissenschaftliche Infrastrukturaufgaben wahrnimmt) zu einer Forschungseinrichtung rückumgewandelt.
Hans-Werner Sinn war von 2000 bis 2010 Aufsichtsratsmitglied der HypoVereinsbank.[2]
Er lebt mit seiner Frau in Gauting bei München und hat drei erwachsene Kinder.
Forschungsgebiete
Sinn hat sich in seinen ersten wissenschaftlichen Jahren vor allem mit der ökonomischen Risikotheorie beschäftigt. Seine 1977 eingereichte und 1980 publizierte Dissertation mit dem Titel „Ökonomische Entscheidungen bei Ungewissheit“ (1980)[3] wurde auch international publiziert (Economic Decisions under Uncertainty, North Holland: Amsterdam, New York und Oxford 1983). Schwerpunkte dieser Arbeiten lagen bei der Symbiose von Erwartungsnutzentheorie und der axiomatischen Fundierung der Mittelwert-Varianz-Analyse, hier: der Fundierung des Prinzips des unzureichenden Grundes, bei der psychologischen Fundierung von Risikopräferenzfunktionen und vor allem der Analyse von Risikoentscheidungen mit Haftungsbeschränkungen. Nach dem Urteil von Martin Hellwig hat Sinn damit die bislang als Basiswerk geltende Arbeit von Stiglitz und Weiss aus dem Jahr 1981 vorweggenommen.[4]
Es folgte eine größere Anzahl von Arbeiten zu konjunkturtheoretischen, umweltökonomischen und außenhandelsbezogenen Themen, darunter Arbeiten zum so genannten Asset Approach und zur Mikrofundierung des allgemeinen Modells des temporären Gleichgewichts sowie Thesen zur Erklärung des Exportbooms in bestimmten Ländern (→ Basarökonomie).
Einen besonderen Schwerpunkt bildeten Probleme des längerfristigen wirtschaftlichen Wachstums. Vor Abel, Blanchard und Chamley formulierte Sinn das ökonomische Zentralplanungsmodell des wirtschaftlichen Wachstums in der Tradition von Robert Solow als intertemporales allgemeines Gleichgewichtsmodell mit dezentral optimierenden Akteuren und Markträumungsbedingungen.[5]
1987 erschien Sinns Analyse der Anreizwirkungen beschleunigter Abschreibungen und der verschiedenen Komponenten der Kapitaleinkommensbesteuerung auf die intertemporale, internationale und intersektorale Ressourcenallokation.[6]
Wirtschaftspolitische Standpunkte
Sinn selbst bezeichnet seine wirtschaftspolitische Position als ordoliberal im Sinne von Erhard und Eucken.[7][8]
Kurz vor der Bundestagswahl 2005 unterzeichnete Sinn mit 242 weiteren deutschen Wirtschaftswissenschaftlern einen öffentlichen Aufruf, den sogenannten Hamburger Appell, für wirtschaftspolitische Reformen in Deutschland.
Position zur Eurokrise
Sinn war einer der ersten von über 270 Ökonomieprofessoren, die während der Eurokrise einen von Walter Krämer zusammen mit Stefan Hoderlein (Boston) und Manfred Deistler (Wien) im Juli 2012 initiierten Aufruf unterschrieben haben, der sich gegen eine „Vergemeinschaftung der Bankenschulden“ innerhalb der Eurozone wendet.[9] Der Aufruf wurde unter anderem von Klaus W. Zimmermann, Bernd Raffelhüschen, Peter Bernholz, dem tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Klaus, dem Vorsitzenden des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen, Kai Konrad, Erich Streissler sowie dem ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt unterzeichnet.[10][11] Er wurde breit diskutiert und war unter in- wie ausländischen Ökonomen stark umstritten, auch aus der Politik kam starke Kritik, so z.B. von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble. In Reaktion auf Krämer initiierte Frank Heinemann zusammen mit Gerhard Illing einen Gegenaufruf, welcher von 220 Ökonomen, unter anderem von Martin Hellwig, Beatrice Weder di Mauro sowie Dennis Snower, unterschrieben wurde.[12] Eine Gruppe von sieben Ökonomen um Peter Bofinger, Michael Hüther und Gustav Horn veröffentlichte einen Artikel, der sich explizit gegen die Thesen des Aufrufs wandte. Kritisiert wurde, dass der Aufruf „reich an hitziger Rhetorik und arm an sachlichen Details“ sei (Barry Eichengreen) sowie „zu simpel, unklar und ideologisch“ (Alberto Alesina).[13][14] Gegen viele dieser Vorwürfe nahm Ulrich van Suntum, ein Unterzeichner des Aufrufes von Frank Heinemann und Gerhard Illing, Krämer in Schutz.[15] Krämer und Sinn verteidigten in einem Artikel den Aufruf gegen die Kritik. Sie wiesen darin den Vorwurf, Fehlinformationen verbreitet zu haben, zurück und erklärten, eine Bankenunion im Sinne einer gemeinsamen Regulierung der Banken zu befürworten. Im Hinblick auf die Erfahrungen mit bisherigen Rettungsversuchen befürchteten sie allerdings einen „Missbrauch des Restrukturierungsfonds und der Einlagensicherung für die Vergemeinschaftung der Abschreibungsverluste“ und verwiesen in diesem Zusammenhang erneut auf eine „strukturelle Mehrheit der Schuldenländer in den Eurogremien“.[16]
Sinn sieht die Ursache der europäischen Schuldenkrise in exzessiven Leistungsbilanzdefiziten. Als sich das private Kapital in der Krise aus den Ländern Griechenland, Irland, Portugal und Spanien zurückgezogen habe, habe die Europäische Zentralbank (EZB) den Zentralbanken dieser Länder erlaubt, die entstehenden Leistungsbilanzdefizite zu Lasten der Deutschen Bundesbank durch das Drucken und Verleihen neuen Geldes zu finanzieren. In den Jahren 2008, 2009 und 2010 seien auf diese Weise über 300 Milliarden an „Krediten“ von der Bundesbank an die Notenbanken dieser Länder geflossen. Diese Kredite werden als Target-Salden in den Bilanzen der Notenbanken verbucht. Sinn sieht darin einen Rettungsschirm vor dem Rettungsschirm, der an den Parlamenten vorbei – also ohne deren Kenntnis und Zustimmung – aufgespannt wurde.[17]
Er fordert zudem ein Beenden der Staatsanleihen-Käufe durch die EZB.[18][19][20] Er war einer von 136 deutschen Wirtschaftsprofessoren, darunter Roland Vaubel, Bernd Lucke, Jürgen B. Donges, Manfred J. M. Neumann und Georg Milbradt, die kurz vor den Bundestagswahlen im September 2013 in einem Aufruf der EZB rechtswidrige monetäre Staatsfinanzierung vorwarfen.[21] Der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag wirft er vor, es versäumt zu haben, eindeutige Kreditbedingungen für die Krisenprozedur ausgehandelt zu haben. Seiner Meinung nach führt der Europäische Stabilitätsmechanismus zur Schwächung des Euro und zur Gefährdung des europäischen Einigungswerkes.[22]
Öffentlicher Einfluss
Laut einer Umfrage der Financial Times Deutschland zusammen mit dem Verein für Socialpolitik unter 550 deutschen Wirtschaftsexperten im Jahr 2006 schrieben die Befragten „nur zwei Vertretern der eigenen Zunft nennenswerten Einfluss auf die Politik [zu]: Bert Rürup und Hans-Werner Sinn“.[23] Nach einer Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung und der Universität Konstanz im Jahre 2007 rangierte Sinn gemessen an der Anzahl der Zitierungen in wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften auf dem zweiten Platz unter den deutschen Ökonomen nach Reinhard Selten.[24] In der Liste „Die wichtigsten Wirtschaftswissenschaftler“ der WirtschaftsWoche von 2011 belegte er den 1. Platz.[25] Für die britische Zeitung The Independent gehört Sinn zu den zehn einflussreichsten Menschen, die 2011 die Welt verändert haben.[26] In der Rangliste der in Deutschland tätigen forschungsstärksten Ökonomen, die in der Forschungsdatenbank RePEc erfasst sind, lag Sinn im Frühjahr 2012 auf dem ersten Platz.[27] Er war als einziger Deutscher in der Bloomberg-Liste der fünfzig weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten der Wirtschaft des Jahres 2012 aufgeführt.[28] Nach einer Erhebung der Zeitschrift Cicero zum Einfluss auf den öffentlichen Diskurs im zurückliegenden Jahrzehnt, die im Januar 2013 die 500 wichtigsten deutschen Intellektuellen auflistete, lag Sinn zu diesem Zeitpunkt auf Platz 14.[29] Nach einer 2013 veröffentlichten Umfrage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter Bundestags-Abgeordneten und Mitarbeitern von Bundesministerien, auf die Frage „Den Rat oder die Publikationen welcher Ökonomen schätzen Sie am meisten für Ihre Arbeit?“, belegte Sinn den ersten Platz in Deutschland.[30] In einer Rangliste der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist Sinn der einflussreichste deutsche Ökonom des Jahres 2014. Kein anderer Ökonom habe in Deutschland so viel Gewicht in Medien und Politik und sei gleichzeitig auch in der Forschung präsent. Gleichzeitig betonte die FAZ, dass Spitzenforscher in Politik und Öffentlichkeit nicht besonders präsent seien und angesehene Wissenschaftler aufgrund des Auswahlverfahrens teilweise überhaupt nicht beachtet wurden. Andererseits seien Interessenvertreter wie die Präsidenten der wirtschafts- und gewerkschaftsnahen Forschungsinstitute zwar in Politik und Öffentlichkeit präsent, fänden aber kaum Resonanz in der Wissenschaft.[31]
In einem Kommentar in der Financial Times Deutschland bezeichnete der Wirtschaftsjournalist Mark Schieritz Sinn 2007 als „Boulevardprofessor“ und meint, dass Sinn um so größere publizistische Geschütze ausfahre, je weniger seine Thesen Beachtung fänden.[32][33] 2012 bezeichnete Schieritz in Die Zeit Sinn als „ökonomischen Seismograph der Republik“, der mit seinen Büchern und Interviews den Sound zu den wirtschaftspolitischen Megatrends der vergangenen 30 Jahre lieferte.[34]
Kontroversen
Im Oktober 2008 bezeichnete Sinn in der öffentlichen Diskussion über die Finanzkrise deutsche Manager als Sündenböcke, nach denen in jeder Krise gesucht werde. In der Weltwirtschaftskrise von 1929 habe es in Deutschland die Juden getroffen, heute seien es die Manager.[35] Diese Äußerung stieß nicht nur beim Zentralrat der Juden in Deutschland, sondern auch bei Politikern verschiedener Parteien sowie Repräsentanten des öffentlichen Lebens auf Kritik, da die Aussage eine Gleichsetzung der Kritik an den Managern mit der Judenverfolgung darstelle.[36] Noch am selben Tag nahm Sinn den Vergleich zurück.[37] Das Ifo veröffentlichte kurz darauf Stellungnahmen, in denen jüdische Bekannte und Kollegen Sinn gegen seine Kritiker verteidigten.[38]
Im Zuge der europäischen Finanzkrise kritisierte Finanzminister Wolfgang Schäuble Sinns Position bezüglich des Euro-Rettungsschirms. So sei laut Schäuble mit der „Autorität von akademischen Titeln und von wissenschaftlichen Instituten, die mit viel Geld vom deutschen Steuerzahler subventioniert werden, eine besondere Verantwortung verbunden“. Die Berechnungen zu Griechenland seien jedoch „mal wieder ein Beispiel dafür, wie man dieser Verantwortung nicht sonderlich gut gerecht wird“.[39][40] In einer Pressemitteilung wies das ifo-Institut die Kritik zurück und warf Schäuble vor, die Bedeutung der Target-Salden in seinen Berechnungen nicht zu berücksichtigen.[41]
Weiter geht es in Teil 2
Leben
Nach dem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster (Westfalen) von 1967 bis 1972 wechselte Sinn an die Universität Mannheim, an der er 1978 promoviert wurde und sich 1983 habilitierte.
Seit 1984 ist Sinn Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Er war zwei Jahre lang Professor an der University of Western Ontario in Kanada. Als Gastprofessor war er an der London School of Economics sowie an den Universitäten Bergen, Stanford, Princeton und Jerusalem tätig. Er hielt als bislang einziger Deutscher Yrjö Jahnsson Lectures[1] in Helsinki und Tinbergen Lectures in Amsterdam. Seit 1988 ist Sinn zudem Honorarprofessor an der Universität Wien. Von 1997 bis 2000 war er Vorsitzender des Vereins für Socialpolitik und zwischen 2006 und 2009 Präsident des International Institute of Public Finance, des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler. Außerdem ist er Fellow des National Bureau of Economic Research in Cambridge (USA).
Sinn ist seit Februar 1999 Präsident des ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. Unter seiner Leitung wurde das ifo Institut zum Januar 2010 von einer Serviceeinrichtung (Einrichtung, die überwiegend wissenschaftliche Infrastrukturaufgaben wahrnimmt) zu einer Forschungseinrichtung rückumgewandelt.
Hans-Werner Sinn war von 2000 bis 2010 Aufsichtsratsmitglied der HypoVereinsbank.[2]
Er lebt mit seiner Frau in Gauting bei München und hat drei erwachsene Kinder.
Forschungsgebiete
Sinn hat sich in seinen ersten wissenschaftlichen Jahren vor allem mit der ökonomischen Risikotheorie beschäftigt. Seine 1977 eingereichte und 1980 publizierte Dissertation mit dem Titel „Ökonomische Entscheidungen bei Ungewissheit“ (1980)[3] wurde auch international publiziert (Economic Decisions under Uncertainty, North Holland: Amsterdam, New York und Oxford 1983). Schwerpunkte dieser Arbeiten lagen bei der Symbiose von Erwartungsnutzentheorie und der axiomatischen Fundierung der Mittelwert-Varianz-Analyse, hier: der Fundierung des Prinzips des unzureichenden Grundes, bei der psychologischen Fundierung von Risikopräferenzfunktionen und vor allem der Analyse von Risikoentscheidungen mit Haftungsbeschränkungen. Nach dem Urteil von Martin Hellwig hat Sinn damit die bislang als Basiswerk geltende Arbeit von Stiglitz und Weiss aus dem Jahr 1981 vorweggenommen.[4]
Es folgte eine größere Anzahl von Arbeiten zu konjunkturtheoretischen, umweltökonomischen und außenhandelsbezogenen Themen, darunter Arbeiten zum so genannten Asset Approach und zur Mikrofundierung des allgemeinen Modells des temporären Gleichgewichts sowie Thesen zur Erklärung des Exportbooms in bestimmten Ländern (→ Basarökonomie).
Einen besonderen Schwerpunkt bildeten Probleme des längerfristigen wirtschaftlichen Wachstums. Vor Abel, Blanchard und Chamley formulierte Sinn das ökonomische Zentralplanungsmodell des wirtschaftlichen Wachstums in der Tradition von Robert Solow als intertemporales allgemeines Gleichgewichtsmodell mit dezentral optimierenden Akteuren und Markträumungsbedingungen.[5]
1987 erschien Sinns Analyse der Anreizwirkungen beschleunigter Abschreibungen und der verschiedenen Komponenten der Kapitaleinkommensbesteuerung auf die intertemporale, internationale und intersektorale Ressourcenallokation.[6]
Wirtschaftspolitische Standpunkte
Sinn selbst bezeichnet seine wirtschaftspolitische Position als ordoliberal im Sinne von Erhard und Eucken.[7][8]
Kurz vor der Bundestagswahl 2005 unterzeichnete Sinn mit 242 weiteren deutschen Wirtschaftswissenschaftlern einen öffentlichen Aufruf, den sogenannten Hamburger Appell, für wirtschaftspolitische Reformen in Deutschland.
Position zur Eurokrise
Sinn war einer der ersten von über 270 Ökonomieprofessoren, die während der Eurokrise einen von Walter Krämer zusammen mit Stefan Hoderlein (Boston) und Manfred Deistler (Wien) im Juli 2012 initiierten Aufruf unterschrieben haben, der sich gegen eine „Vergemeinschaftung der Bankenschulden“ innerhalb der Eurozone wendet.[9] Der Aufruf wurde unter anderem von Klaus W. Zimmermann, Bernd Raffelhüschen, Peter Bernholz, dem tschechischen Staatspräsidenten Vaclav Klaus, dem Vorsitzenden des wissenschaftlichen Beirats beim Bundesministerium der Finanzen, Kai Konrad, Erich Streissler sowie dem ehemaligen sächsischen Ministerpräsidenten Georg Milbradt unterzeichnet.[10][11] Er wurde breit diskutiert und war unter in- wie ausländischen Ökonomen stark umstritten, auch aus der Politik kam starke Kritik, so z.B. von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble. In Reaktion auf Krämer initiierte Frank Heinemann zusammen mit Gerhard Illing einen Gegenaufruf, welcher von 220 Ökonomen, unter anderem von Martin Hellwig, Beatrice Weder di Mauro sowie Dennis Snower, unterschrieben wurde.[12] Eine Gruppe von sieben Ökonomen um Peter Bofinger, Michael Hüther und Gustav Horn veröffentlichte einen Artikel, der sich explizit gegen die Thesen des Aufrufs wandte. Kritisiert wurde, dass der Aufruf „reich an hitziger Rhetorik und arm an sachlichen Details“ sei (Barry Eichengreen) sowie „zu simpel, unklar und ideologisch“ (Alberto Alesina).[13][14] Gegen viele dieser Vorwürfe nahm Ulrich van Suntum, ein Unterzeichner des Aufrufes von Frank Heinemann und Gerhard Illing, Krämer in Schutz.[15] Krämer und Sinn verteidigten in einem Artikel den Aufruf gegen die Kritik. Sie wiesen darin den Vorwurf, Fehlinformationen verbreitet zu haben, zurück und erklärten, eine Bankenunion im Sinne einer gemeinsamen Regulierung der Banken zu befürworten. Im Hinblick auf die Erfahrungen mit bisherigen Rettungsversuchen befürchteten sie allerdings einen „Missbrauch des Restrukturierungsfonds und der Einlagensicherung für die Vergemeinschaftung der Abschreibungsverluste“ und verwiesen in diesem Zusammenhang erneut auf eine „strukturelle Mehrheit der Schuldenländer in den Eurogremien“.[16]
Sinn sieht die Ursache der europäischen Schuldenkrise in exzessiven Leistungsbilanzdefiziten. Als sich das private Kapital in der Krise aus den Ländern Griechenland, Irland, Portugal und Spanien zurückgezogen habe, habe die Europäische Zentralbank (EZB) den Zentralbanken dieser Länder erlaubt, die entstehenden Leistungsbilanzdefizite zu Lasten der Deutschen Bundesbank durch das Drucken und Verleihen neuen Geldes zu finanzieren. In den Jahren 2008, 2009 und 2010 seien auf diese Weise über 300 Milliarden an „Krediten“ von der Bundesbank an die Notenbanken dieser Länder geflossen. Diese Kredite werden als Target-Salden in den Bilanzen der Notenbanken verbucht. Sinn sieht darin einen Rettungsschirm vor dem Rettungsschirm, der an den Parlamenten vorbei – also ohne deren Kenntnis und Zustimmung – aufgespannt wurde.[17]
Er fordert zudem ein Beenden der Staatsanleihen-Käufe durch die EZB.[18][19][20] Er war einer von 136 deutschen Wirtschaftsprofessoren, darunter Roland Vaubel, Bernd Lucke, Jürgen B. Donges, Manfred J. M. Neumann und Georg Milbradt, die kurz vor den Bundestagswahlen im September 2013 in einem Aufruf der EZB rechtswidrige monetäre Staatsfinanzierung vorwarfen.[21] Der Bundesregierung und dem Deutschen Bundestag wirft er vor, es versäumt zu haben, eindeutige Kreditbedingungen für die Krisenprozedur ausgehandelt zu haben. Seiner Meinung nach führt der Europäische Stabilitätsmechanismus zur Schwächung des Euro und zur Gefährdung des europäischen Einigungswerkes.[22]
Öffentlicher Einfluss
Laut einer Umfrage der Financial Times Deutschland zusammen mit dem Verein für Socialpolitik unter 550 deutschen Wirtschaftsexperten im Jahr 2006 schrieben die Befragten „nur zwei Vertretern der eigenen Zunft nennenswerten Einfluss auf die Politik [zu]: Bert Rürup und Hans-Werner Sinn“.[23] Nach einer Untersuchung des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung und der Universität Konstanz im Jahre 2007 rangierte Sinn gemessen an der Anzahl der Zitierungen in wirtschaftswissenschaftlichen Fachzeitschriften auf dem zweiten Platz unter den deutschen Ökonomen nach Reinhard Selten.[24] In der Liste „Die wichtigsten Wirtschaftswissenschaftler“ der WirtschaftsWoche von 2011 belegte er den 1. Platz.[25] Für die britische Zeitung The Independent gehört Sinn zu den zehn einflussreichsten Menschen, die 2011 die Welt verändert haben.[26] In der Rangliste der in Deutschland tätigen forschungsstärksten Ökonomen, die in der Forschungsdatenbank RePEc erfasst sind, lag Sinn im Frühjahr 2012 auf dem ersten Platz.[27] Er war als einziger Deutscher in der Bloomberg-Liste der fünfzig weltweit einflussreichsten Persönlichkeiten der Wirtschaft des Jahres 2012 aufgeführt.[28] Nach einer Erhebung der Zeitschrift Cicero zum Einfluss auf den öffentlichen Diskurs im zurückliegenden Jahrzehnt, die im Januar 2013 die 500 wichtigsten deutschen Intellektuellen auflistete, lag Sinn zu diesem Zeitpunkt auf Platz 14.[29] Nach einer 2013 veröffentlichten Umfrage der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter Bundestags-Abgeordneten und Mitarbeitern von Bundesministerien, auf die Frage „Den Rat oder die Publikationen welcher Ökonomen schätzen Sie am meisten für Ihre Arbeit?“, belegte Sinn den ersten Platz in Deutschland.[30] In einer Rangliste der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ist Sinn der einflussreichste deutsche Ökonom des Jahres 2014. Kein anderer Ökonom habe in Deutschland so viel Gewicht in Medien und Politik und sei gleichzeitig auch in der Forschung präsent. Gleichzeitig betonte die FAZ, dass Spitzenforscher in Politik und Öffentlichkeit nicht besonders präsent seien und angesehene Wissenschaftler aufgrund des Auswahlverfahrens teilweise überhaupt nicht beachtet wurden. Andererseits seien Interessenvertreter wie die Präsidenten der wirtschafts- und gewerkschaftsnahen Forschungsinstitute zwar in Politik und Öffentlichkeit präsent, fänden aber kaum Resonanz in der Wissenschaft.[31]
In einem Kommentar in der Financial Times Deutschland bezeichnete der Wirtschaftsjournalist Mark Schieritz Sinn 2007 als „Boulevardprofessor“ und meint, dass Sinn um so größere publizistische Geschütze ausfahre, je weniger seine Thesen Beachtung fänden.[32][33] 2012 bezeichnete Schieritz in Die Zeit Sinn als „ökonomischen Seismograph der Republik“, der mit seinen Büchern und Interviews den Sound zu den wirtschaftspolitischen Megatrends der vergangenen 30 Jahre lieferte.[34]
Kontroversen
Im Oktober 2008 bezeichnete Sinn in der öffentlichen Diskussion über die Finanzkrise deutsche Manager als Sündenböcke, nach denen in jeder Krise gesucht werde. In der Weltwirtschaftskrise von 1929 habe es in Deutschland die Juden getroffen, heute seien es die Manager.[35] Diese Äußerung stieß nicht nur beim Zentralrat der Juden in Deutschland, sondern auch bei Politikern verschiedener Parteien sowie Repräsentanten des öffentlichen Lebens auf Kritik, da die Aussage eine Gleichsetzung der Kritik an den Managern mit der Judenverfolgung darstelle.[36] Noch am selben Tag nahm Sinn den Vergleich zurück.[37] Das Ifo veröffentlichte kurz darauf Stellungnahmen, in denen jüdische Bekannte und Kollegen Sinn gegen seine Kritiker verteidigten.[38]
Im Zuge der europäischen Finanzkrise kritisierte Finanzminister Wolfgang Schäuble Sinns Position bezüglich des Euro-Rettungsschirms. So sei laut Schäuble mit der „Autorität von akademischen Titeln und von wissenschaftlichen Instituten, die mit viel Geld vom deutschen Steuerzahler subventioniert werden, eine besondere Verantwortung verbunden“. Die Berechnungen zu Griechenland seien jedoch „mal wieder ein Beispiel dafür, wie man dieser Verantwortung nicht sonderlich gut gerecht wird“.[39][40] In einer Pressemitteilung wies das ifo-Institut die Kritik zurück und warf Schäuble vor, die Bedeutung der Target-Salden in seinen Berechnungen nicht zu berücksichtigen.[41]
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Teil 2
Mitgliedschaften
Europäische Akademie der Wissenschaften und Künste (2013)[42]
Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, korrespondierendes Mitglied (seit 2012)
Präsident des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler 2006–2009 (International Institute of Public Finance)
Stiftungsrat Karlspreis, Aachen (seit 2007)
Fellow der European Economic Association (EEA) (seit 2004)
European Economic Advisory Group at CESifo (seit 2001)
Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste (seit 2001)
Bayerische Akademie der Wissenschaften, Historisch-Philosophische Klasse (seit 1996)
National Bureau of Economic Research (NBER), Cambridge, Mass., Research Associate (seit 1989)
Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium (seit 1989)
Ehrungen (Auswahl)
Ehrendoktorwürde, HHL Leipzig Graduate School of Management (Juli 2013)[43][44]
Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik (Juni 2013) [45][46]
Whitman Lecture, Peterson Institute for International Economics (Mai 2013) [47]
Julian Hodge Annual Lecture (April 2013), [48]
Chicago Booth Lecture, Scholes Forum: The Euro Crisis (April 2013)[49]
Staatsmedaille für besondere Verdienste um die bayerische Wirtschaft (2012)[50]
Scope Awards Ehrenpreis (2012)[51]
Dinosaurier des Jahres (2009, Negativpreis)[52]
Werke (Auswahl)
Das Marxsche Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate. In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft. 131, 1975, S. 646–696 Pdf-File
Ökonomische Entscheidungen bei Ungewißheit. Hrsg. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1980, ISBN 3-16-942702-4.
A Rehabilitation of the Principle of Insufficient Reason. In: Quarterly Journal of Economics. 95, 1980, S. 493–506.
Economic Decisions under Uncertainty. North-Holland Publishing, Amsterdam u. a. 1983, ISBN 0-444-86387-7.
Common Property Resources, Storage Facilities and Ownership Structures: A Cournot Model of the Oil Market. In: Economica. 51, 1984, S. 235–252.
Kapitaleinkommensbesteuerung. Eine Analyse der intertemporalen, internationalen und intersektoralen Allokationswirkungen. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1985.
Capital Income Taxation and Resource Allocation. North Holland Publishing, Amsterdam/ New York/ Oxford/ Tokio 1987. (grundlegend überarbeitete englische Fassung von Kapitaleinkommensbesteuerung)
Kaltstart – Volkswirtschaftliche Aspekte der deutschen Vereinigung. Mohr-Siebeck, Tübingen 1991.
The New Systems Competition. Yrjö Jahnsson Lectures, Basil Blackwell, Oxford 2003.
Ist Deutschland noch zu retten? Econ Verlag, 2003, ISBN 3-430-18533-5.
Mut zu Reformen. Fünfzig Denkanstöße für die Wirtschaftspolitik, München 2004.
Die Basar-Ökonomie. Econ Verlag, 2005, ISBN 3-548-36944-8.
Das grüne Paradoxon: Plädoyer für eine illusionsfreie Klimapolitik. Econ Verlag, 2008, ISBN 978-3-430-20062-2.
Risk-Taking, Limited Liability, and the Banking Crisis. Selected Reprints. ifo Institut, München 2009, ISBN 978-3-88512-482-5.
Der Kasino-Kapitalismus. Econ Verlag, 2009, ISBN 978-3-430-20084-4.
Die Target-Falle - Gefahren für unser Geld und unsere Kinder. Hanser Verlag, 2012, ISBN 978-3-446-43353-3.
Verspielt nicht eure Zukunft. Redline Verlag, 2013, ISBN 978-3-86881-486-6.
Gefangen im Euro. Redline Verlag, 2014, ISBN 978-3-86881-525-2.
The Euro Trap. On Bursting Bubbles, Budgets, and Beliefs. Oxford University Press, 2014, ISBN 978-0-19-870213-9.
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Europäische Akademie der Wissenschaften und Künste (2013)[42]
Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse, korrespondierendes Mitglied (seit 2012)
Präsident des Weltverbandes der Finanzwissenschaftler 2006–2009 (International Institute of Public Finance)
Stiftungsrat Karlspreis, Aachen (seit 2007)
Fellow der European Economic Association (EEA) (seit 2004)
European Economic Advisory Group at CESifo (seit 2001)
Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste (seit 2001)
Bayerische Akademie der Wissenschaften, Historisch-Philosophische Klasse (seit 1996)
National Bureau of Economic Research (NBER), Cambridge, Mass., Research Associate (seit 1989)
Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats beim Bundeswirtschaftsministerium (seit 1989)
Ehrungen (Auswahl)
Ehrendoktorwürde, HHL Leipzig Graduate School of Management (Juli 2013)[43][44]
Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik (Juni 2013) [45][46]
Whitman Lecture, Peterson Institute for International Economics (Mai 2013) [47]
Julian Hodge Annual Lecture (April 2013), [48]
Chicago Booth Lecture, Scholes Forum: The Euro Crisis (April 2013)[49]
Staatsmedaille für besondere Verdienste um die bayerische Wirtschaft (2012)[50]
Scope Awards Ehrenpreis (2012)[51]
Dinosaurier des Jahres (2009, Negativpreis)[52]
Werke (Auswahl)
Das Marxsche Gesetz des tendenziellen Falls der Profitrate. In: Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft. 131, 1975, S. 646–696 Pdf-File
Ökonomische Entscheidungen bei Ungewißheit. Hrsg. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1980, ISBN 3-16-942702-4.
A Rehabilitation of the Principle of Insufficient Reason. In: Quarterly Journal of Economics. 95, 1980, S. 493–506.
Economic Decisions under Uncertainty. North-Holland Publishing, Amsterdam u. a. 1983, ISBN 0-444-86387-7.
Common Property Resources, Storage Facilities and Ownership Structures: A Cournot Model of the Oil Market. In: Economica. 51, 1984, S. 235–252.
Kapitaleinkommensbesteuerung. Eine Analyse der intertemporalen, internationalen und intersektoralen Allokationswirkungen. J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), Tübingen 1985.
Capital Income Taxation and Resource Allocation. North Holland Publishing, Amsterdam/ New York/ Oxford/ Tokio 1987. (grundlegend überarbeitete englische Fassung von Kapitaleinkommensbesteuerung)
Kaltstart – Volkswirtschaftliche Aspekte der deutschen Vereinigung. Mohr-Siebeck, Tübingen 1991.
The New Systems Competition. Yrjö Jahnsson Lectures, Basil Blackwell, Oxford 2003.
Ist Deutschland noch zu retten? Econ Verlag, 2003, ISBN 3-430-18533-5.
Mut zu Reformen. Fünfzig Denkanstöße für die Wirtschaftspolitik, München 2004.
Die Basar-Ökonomie. Econ Verlag, 2005, ISBN 3-548-36944-8.
Das grüne Paradoxon: Plädoyer für eine illusionsfreie Klimapolitik. Econ Verlag, 2008, ISBN 978-3-430-20062-2.
Risk-Taking, Limited Liability, and the Banking Crisis. Selected Reprints. ifo Institut, München 2009, ISBN 978-3-88512-482-5.
Der Kasino-Kapitalismus. Econ Verlag, 2009, ISBN 978-3-430-20084-4.
Die Target-Falle - Gefahren für unser Geld und unsere Kinder. Hanser Verlag, 2012, ISBN 978-3-446-43353-3.
Verspielt nicht eure Zukunft. Redline Verlag, 2013, ISBN 978-3-86881-486-6.
Gefangen im Euro. Redline Verlag, 2014, ISBN 978-3-86881-525-2.
The Euro Trap. On Bursting Bubbles, Budgets, and Beliefs. Oxford University Press, 2014, ISBN 978-0-19-870213-9.
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