Der Peking-Mensch
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Der Peking-Mensch
Als Peking-Mensch werden Fossilien bezeichnet, die in einer Höhle von Zhoukoudian, rund 40 km südwestlich des Stadtzentrums von Peking, entdeckt wurden und der Gattung Homo zugeordnet werden. Die Funde waren zunächst als Sinanthropus pekinensis bezeichnet worden, später als Homo pekinensis. Heute werden sie von den meisten Paläoanthropologen gemeinsam mit vergleichbar alten Funden aus Java (Java-Mensch) der Art Homo erectus zugeordnet, wobei ihre Herkunft gelegentlich durch den Zusatz eines Unterart-Epithetons betont wird: Homo erectus pekinensis.
Der zuerst entdeckte Schädel eines Peking-Menschen
(Nachbildung der Kopie)
Die Schädel der Peking-Menschen aus Zhoukoudian
Fundgeschichte
Unter Leitung von Otto Zdansky begannen 1921 Ausgrabungen in der Unteren Höhle von Zhoukoudian, wo bereits 1921 und dann wieder 1926 jeweils ein Zahn (ein oberer Molar und ein unterer Prämolar) entdeckt wurden. 1927 berichtete Zdansky erstmals in einer Fachzeitschrift über diese Funde, die er zurückhaltend einer nicht näher bestimmbaren Art der Gattung Homo zuschrieb. Davidson Black, der die Zähne zuvor begutachtet hatte, warb daraufhin eine großzügige Zuwendung der Rockefeller-Stiftung ein und begann 1927 mit eigenen Ausgrabungen, die rasch zur Entdeckung eines weiteren unteren Molaren führten. Gestützt auf diesen dritten Zahn definierte er die neue Gattung und Art Sinanthropus pekinensis.[1]
Zwischen 1928 und 1937 wurden unter Leitung von Davidson Black, Pei Wenzhong und Jia Lanpo (einer der Teilnehmer der Grabung war 1929 der Jesuit Teilhard de Chardin) Teile von 14 Schädeln, darunter auch vollständige, 14 Unterkiefer, mehr als 150 Zähne und zahlreiche weitere Skelettreste geborgen; die Funde repräsentieren mehr als 40 Individuen beiderlei Geschlechts, ungefähr ein Drittel sind Kinder.[2] Nach dem frühen Tod von Davidson Black führte Franz Weidenreich die detaillierte wissenschaftliche Bearbeitung der Funde von Zhoukoudian fort,[3] wobei er von sämtlichen Fossilien auch Abgüsse herstellte.
Verlust der Fossilien
Die Abgüsse[4] sowie die zahlreichen Zeichnungen der Fossilien, die Franz Weidenreich für seine Fachveröffentlichungen anfertigte, sind heute fast das einzige, was von den Funden aus der Unteren Höhle erhalten blieb. 1941, als China von Japan besetzt wurde, hatte man alle Fossilien des Peking-Menschen – mit Ausnahme der beiden von Zdansky entdeckten Zähne, die in Schweden aufbewahrt worden waren – in Kisten verpackt, um sie von Peking aus in die Vereinigten Staaten zu bringen. Die Kisten gingen verloren und tauchten nie wieder auf.
In den Jahren 1951, 1955 und 1966 wurden bei neuerlichen Grabungen nur noch ein Stück eines Schienbeins, ein Teil eines Unterkiefers sowie einige Schädel-Fragmente gefunden, die heute im Institut für Wirbeltierpaläontologie und Paläoanthropologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking aufbewahrt werden.[5]
Besonderheiten
Rekonstruktion eines vollständigen Schädels
Die Datierung der Funde erwies sich als schwierig, da man die Knochen aus unterschiedlich alten Fundhorizonten geborgen und sich jüngeres Gestein aus der herabgebrochenen Höhlendecke über ältere Sedimente gelegt hatte. Daher wird ihr Alter in der Fachliteratur teils mit 420.000 Jahren, teils mit 600.000 Jahren angegeben. 2009 wurde mit Hilfe der Aluminium-Beryllium-Methode ein Alter von 770.000 ± 80.000 Jahren für die älteste Fundschicht bestimmt, in der die Schädel II, III und XIII entdeckt worden waren. Für die Schädel VI bis XII wurde ein geringfügig jüngeres Alter berechnet, für die aus zwei unterschiedlichen, jüngeren Fundhorizonten stammenden Schädel I und V wurde ein Alter von 400.000 bis 500.000 Jahren berechnet.[6] In jedem Fall waren alle Individuen den Datierungen zufolge Zeitgenossen des europäischen Homo heidelbergensis. Als sicher gilt aufgrund von 17.000 Funden[7] in der Höhle von Zhoukoudian, dass die Peking-Menschen Steinwerkzeuge vom Oldowan-Typ herstellten. Umstritten ist hingegen, ob die Schwärzungen an manchen Knochen auf Feuer zurückzuführen sind; es wurde bislang keine Asche und damit kein direkter Nachweis eines Herdfeuers gefunden, wohl aber Hinweise auf natürlichen Eintrag von Asche durch Wind.[8] Bestimmte Beschädigungen an Röhrenknochen und Schädeln, die zunächst als möglicher Hinweis auf Kannibalismus gedeutet wurden, werden heute teils als Ausdruck von Totenriten interpretiert,[9] teils als Beschädigungen durch Hyänen.[10] Das Volumen des Schädels erreichte mit 1059 cm³ etwa zwei Drittel der Größe heutiger Menschen.
Ebenfalls zum Peking-Menschen gestellt werden der so genannte Yuanmou-Mensch und der so genannte Jianshi-Mensch sowie die fossilen Zähne aus der Höhle Tham Khuyen [11] an der Grenze Vietnams zu China.
Einer 2011 publizierten Studie zufolge unterscheiden sich die Peking-Menschen so deutlich von den älteren, als Java-Menschen bezeichneten Fossilien, dass beide Homo-erectus--Populationen möglicherweise unabhängig voneinander – in zwei getrennten Wellen – von Afrika kommend in Asien eingewandert sind.[12]
Siehe auch
Liste von homininen Fossilien des Paläolithikums in China
Liste paläolithischer Fundstätten in China
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Der zuerst entdeckte Schädel eines Peking-Menschen
(Nachbildung der Kopie)
Die Schädel der Peking-Menschen aus Zhoukoudian
Fundgeschichte
Unter Leitung von Otto Zdansky begannen 1921 Ausgrabungen in der Unteren Höhle von Zhoukoudian, wo bereits 1921 und dann wieder 1926 jeweils ein Zahn (ein oberer Molar und ein unterer Prämolar) entdeckt wurden. 1927 berichtete Zdansky erstmals in einer Fachzeitschrift über diese Funde, die er zurückhaltend einer nicht näher bestimmbaren Art der Gattung Homo zuschrieb. Davidson Black, der die Zähne zuvor begutachtet hatte, warb daraufhin eine großzügige Zuwendung der Rockefeller-Stiftung ein und begann 1927 mit eigenen Ausgrabungen, die rasch zur Entdeckung eines weiteren unteren Molaren führten. Gestützt auf diesen dritten Zahn definierte er die neue Gattung und Art Sinanthropus pekinensis.[1]
Zwischen 1928 und 1937 wurden unter Leitung von Davidson Black, Pei Wenzhong und Jia Lanpo (einer der Teilnehmer der Grabung war 1929 der Jesuit Teilhard de Chardin) Teile von 14 Schädeln, darunter auch vollständige, 14 Unterkiefer, mehr als 150 Zähne und zahlreiche weitere Skelettreste geborgen; die Funde repräsentieren mehr als 40 Individuen beiderlei Geschlechts, ungefähr ein Drittel sind Kinder.[2] Nach dem frühen Tod von Davidson Black führte Franz Weidenreich die detaillierte wissenschaftliche Bearbeitung der Funde von Zhoukoudian fort,[3] wobei er von sämtlichen Fossilien auch Abgüsse herstellte.
Verlust der Fossilien
Die Abgüsse[4] sowie die zahlreichen Zeichnungen der Fossilien, die Franz Weidenreich für seine Fachveröffentlichungen anfertigte, sind heute fast das einzige, was von den Funden aus der Unteren Höhle erhalten blieb. 1941, als China von Japan besetzt wurde, hatte man alle Fossilien des Peking-Menschen – mit Ausnahme der beiden von Zdansky entdeckten Zähne, die in Schweden aufbewahrt worden waren – in Kisten verpackt, um sie von Peking aus in die Vereinigten Staaten zu bringen. Die Kisten gingen verloren und tauchten nie wieder auf.
In den Jahren 1951, 1955 und 1966 wurden bei neuerlichen Grabungen nur noch ein Stück eines Schienbeins, ein Teil eines Unterkiefers sowie einige Schädel-Fragmente gefunden, die heute im Institut für Wirbeltierpaläontologie und Paläoanthropologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking aufbewahrt werden.[5]
Besonderheiten
Rekonstruktion eines vollständigen Schädels
Die Datierung der Funde erwies sich als schwierig, da man die Knochen aus unterschiedlich alten Fundhorizonten geborgen und sich jüngeres Gestein aus der herabgebrochenen Höhlendecke über ältere Sedimente gelegt hatte. Daher wird ihr Alter in der Fachliteratur teils mit 420.000 Jahren, teils mit 600.000 Jahren angegeben. 2009 wurde mit Hilfe der Aluminium-Beryllium-Methode ein Alter von 770.000 ± 80.000 Jahren für die älteste Fundschicht bestimmt, in der die Schädel II, III und XIII entdeckt worden waren. Für die Schädel VI bis XII wurde ein geringfügig jüngeres Alter berechnet, für die aus zwei unterschiedlichen, jüngeren Fundhorizonten stammenden Schädel I und V wurde ein Alter von 400.000 bis 500.000 Jahren berechnet.[6] In jedem Fall waren alle Individuen den Datierungen zufolge Zeitgenossen des europäischen Homo heidelbergensis. Als sicher gilt aufgrund von 17.000 Funden[7] in der Höhle von Zhoukoudian, dass die Peking-Menschen Steinwerkzeuge vom Oldowan-Typ herstellten. Umstritten ist hingegen, ob die Schwärzungen an manchen Knochen auf Feuer zurückzuführen sind; es wurde bislang keine Asche und damit kein direkter Nachweis eines Herdfeuers gefunden, wohl aber Hinweise auf natürlichen Eintrag von Asche durch Wind.[8] Bestimmte Beschädigungen an Röhrenknochen und Schädeln, die zunächst als möglicher Hinweis auf Kannibalismus gedeutet wurden, werden heute teils als Ausdruck von Totenriten interpretiert,[9] teils als Beschädigungen durch Hyänen.[10] Das Volumen des Schädels erreichte mit 1059 cm³ etwa zwei Drittel der Größe heutiger Menschen.
Ebenfalls zum Peking-Menschen gestellt werden der so genannte Yuanmou-Mensch und der so genannte Jianshi-Mensch sowie die fossilen Zähne aus der Höhle Tham Khuyen [11] an der Grenze Vietnams zu China.
Einer 2011 publizierten Studie zufolge unterscheiden sich die Peking-Menschen so deutlich von den älteren, als Java-Menschen bezeichneten Fossilien, dass beide Homo-erectus--Populationen möglicherweise unabhängig voneinander – in zwei getrennten Wellen – von Afrika kommend in Asien eingewandert sind.[12]
Siehe auch
Liste von homininen Fossilien des Paläolithikums in China
Liste paläolithischer Fundstätten in China
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