Kranker Mann am Bosporus
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Kranker Mann am Bosporus
Als Kranker Mann am Bosporus wurde im 19. Jahrhundert das geschwächte Osmanische Reich, aus dem später die Türkei hervorgehen sollte, von vielen Medien der damaligen Zeit persifliert.
Karikatur aus dem Punch von 1896: Sultan Abdülhamid II. muss erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass die europäischen Mächte Russland, Frankreich und Großbritannien die Umwandlung des Osmanischen Reiches in eine Beteiligungsgesellschaft beschlossen haben. Die Karikatur zeigt anschaulich die Wahrnehmung des Osmanischen Reiches als Spielball europäischer Großmächte.
Im 19. Jahrhundert wurde das vormals mächtige Osmanische Reich durch Aufstände innerhalb seiner europäischen Territorien (Rumelien) geschwächt und wurde immer mehr zum Spielball der europäischen Mächte. In Ägypten riss der Vizekönig Muhammad Ali Pascha allmählich die Macht an sich. 1804 erhoben sich die Serben und erhielten bis 1830 eine weitgehende Autonomie. Auch die Phanariotenherrschaft in den Donaufürstentümern fand 1826 ihr Ende. In den 1820er Jahren gewann die von einigen Europäern unterstützte Unabhängigkeitsbewegung in Griechenland an Dynamik.
Der russische Zar Nikolaus I. prägte den Spruch vom Kranken Mann erstmals 1852 in einem Gespräch mit dem britischen Botschafter. Demnach könnte die Orientalische Frage, über den Fortbestand des Osmanischen Reiches, binnen kurzem ein für alle Mal gelöst werden, wenn Russland und Großbritannien sich einig seien.
„Wir haben einen kranken Mann auf den Armen. Es wäre ein Unglück, wenn er uns eines Tages entfallen sollte.“
– Gerhard Herm: Der Balkan. Das Pulverfaß Europas.
Der russische Zar bezog sich dabei auf Sultan Abdülmecid I., der Ausdruck geriet jedoch zum sprichwörtlichen Namen für das zerfallende Osmanische Reich. Helmuth von Moltke, der sich von 1836 bis 1839 als Instrukteur der türkischen Truppen im Osmanischen Reich aufhielt, formulierte:
„Es ist lange die Aufgabe der abendländischen Heere gewesen, der osmanischen Macht Schranken zu setzen. Heute scheint es die Sorge der europäischen Politik zu sein, ihr das Dasein zu fristen.“
– German Werth: Der Krimkrieg.
Die Orientalische Frage wurde ein Dauerthema der Diplomatie. Russland sah darin eine Chance, seinen Machteinfluss in Europa stärker geltend zu machen. Österreich sowie Großbritannien und Frankreich sahen die Gefahr der russischen Expansion, zum Beispiel im Krimkrieg, und tendierten daher eher dazu, ein schwaches Osmanisches Reich aufrechtzuerhalten. In der Orientalischen Frage über Sein oder Nichtsein des Reiches waren sie der Meinung, das Osmanische Reich, das in jener Zeit noch immer eine gewaltige Ausdehnung besaß, müsse erhalten bleiben.
Hiervon abgeleitete Wortverwendungen
In Anspielung darauf wird neuerdings der zunehmend seine Macht erweiternde Politiker Erdoğan als "Starker Mann am Bosporus" bezeichnet.
Mit dem Schlagwort Kranker Mann wird oder wurde im politischen Sprachgebrauch ein mit inneren Problemen beladener Staat bezeichnet,[1] zu dessen "Heilung" angeblich dringend Reformen notwendig seien. So wurde Kranker Mann Asiens (Sick man of Asia) für das Chinesische Kaiserreich bzw. die folgende Republik China verwendet.
In jüngerer Zeit wurden je nach politischer Weltanschauung gelegentlich auch analoge Begriffe wie Kranker Mann Afrikas für unterschiedliche Staaten (zum Beispiel für die DR Kongo) konstruiert.
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Karikatur aus dem Punch von 1896: Sultan Abdülhamid II. muss erstaunt zur Kenntnis nehmen, dass die europäischen Mächte Russland, Frankreich und Großbritannien die Umwandlung des Osmanischen Reiches in eine Beteiligungsgesellschaft beschlossen haben. Die Karikatur zeigt anschaulich die Wahrnehmung des Osmanischen Reiches als Spielball europäischer Großmächte.
Im 19. Jahrhundert wurde das vormals mächtige Osmanische Reich durch Aufstände innerhalb seiner europäischen Territorien (Rumelien) geschwächt und wurde immer mehr zum Spielball der europäischen Mächte. In Ägypten riss der Vizekönig Muhammad Ali Pascha allmählich die Macht an sich. 1804 erhoben sich die Serben und erhielten bis 1830 eine weitgehende Autonomie. Auch die Phanariotenherrschaft in den Donaufürstentümern fand 1826 ihr Ende. In den 1820er Jahren gewann die von einigen Europäern unterstützte Unabhängigkeitsbewegung in Griechenland an Dynamik.
Der russische Zar Nikolaus I. prägte den Spruch vom Kranken Mann erstmals 1852 in einem Gespräch mit dem britischen Botschafter. Demnach könnte die Orientalische Frage, über den Fortbestand des Osmanischen Reiches, binnen kurzem ein für alle Mal gelöst werden, wenn Russland und Großbritannien sich einig seien.
„Wir haben einen kranken Mann auf den Armen. Es wäre ein Unglück, wenn er uns eines Tages entfallen sollte.“
– Gerhard Herm: Der Balkan. Das Pulverfaß Europas.
Der russische Zar bezog sich dabei auf Sultan Abdülmecid I., der Ausdruck geriet jedoch zum sprichwörtlichen Namen für das zerfallende Osmanische Reich. Helmuth von Moltke, der sich von 1836 bis 1839 als Instrukteur der türkischen Truppen im Osmanischen Reich aufhielt, formulierte:
„Es ist lange die Aufgabe der abendländischen Heere gewesen, der osmanischen Macht Schranken zu setzen. Heute scheint es die Sorge der europäischen Politik zu sein, ihr das Dasein zu fristen.“
– German Werth: Der Krimkrieg.
Die Orientalische Frage wurde ein Dauerthema der Diplomatie. Russland sah darin eine Chance, seinen Machteinfluss in Europa stärker geltend zu machen. Österreich sowie Großbritannien und Frankreich sahen die Gefahr der russischen Expansion, zum Beispiel im Krimkrieg, und tendierten daher eher dazu, ein schwaches Osmanisches Reich aufrechtzuerhalten. In der Orientalischen Frage über Sein oder Nichtsein des Reiches waren sie der Meinung, das Osmanische Reich, das in jener Zeit noch immer eine gewaltige Ausdehnung besaß, müsse erhalten bleiben.
Hiervon abgeleitete Wortverwendungen
In Anspielung darauf wird neuerdings der zunehmend seine Macht erweiternde Politiker Erdoğan als "Starker Mann am Bosporus" bezeichnet.
Mit dem Schlagwort Kranker Mann wird oder wurde im politischen Sprachgebrauch ein mit inneren Problemen beladener Staat bezeichnet,[1] zu dessen "Heilung" angeblich dringend Reformen notwendig seien. So wurde Kranker Mann Asiens (Sick man of Asia) für das Chinesische Kaiserreich bzw. die folgende Republik China verwendet.
In jüngerer Zeit wurden je nach politischer Weltanschauung gelegentlich auch analoge Begriffe wie Kranker Mann Afrikas für unterschiedliche Staaten (zum Beispiel für die DR Kongo) konstruiert.
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