Bruno Paul
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Bruno Paul
Bruno Paul (* 19. Januar 1874 in Seifhennersdorf; † 17. August 1968 in Berlin) war als Architekt ein Wegbereiter der modernen Zweckarchitektur, außerdem Karikaturist, Möbeldesigner und Inneneinrichter. Er wirkte über lange Jahre als Hochschullehrer und beeinflusste dabei bedeutende Künstler wie Ludwig Mies van der Rohe, Adolf Meyer, George Grosz und Hannah Höch.
Bruno Paul in seinem Atelier
Ehrengrab von Bruno Paul auf dem Waldfriedhof Zehlendorf
Nach dem Abitur besuchte Bruno Paul zunächst auf Wunsch seines Vaters das Friedrichstädter Lehrerseminar in Dresden. Erst als der Vater vom künstlerischen Talent seines Sohns überzeugt war, konnte Paul von 1892 bis 1894 Malerei an der Kunstakademie Dresden studieren.[1] Bei Paul Hoecker an der Akademie der Bildenden Künste München setzte er seine künstlerische Ausbildung fort; die späteren Simplicissimus-Zeichner Wilhelm Schulz und Eduard Thöny studierten in derselben Klasse. 1896 veröffentlichte Paul erste Zeichnungen in der im gleichen Jahr gegründeten Zeitschrift Jugend. 1897 wechselte er als Karikaturist zu der satirischen Wochenzeitschrift Simplicissimus. Im selben Jahr gründete er unter anderem zusammen mit Bernhard Pankok, Richard Riemerschmid und Hermann Obrist die Münchner Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk. Er arbeitete nun parallel als Karikaturist sowie als Entwerfer von Möbeln und Raumausstattungen. 1906 begann seine Lehrtätigkeit, als er zum Leiter der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin ernannt wurde. 1907 war er Mitbegründer des Deutschen Werkbundes und erhielt auf der Großen Berliner Kunstausstellung eine kleine Goldmedaille. 1910 übertrug man ihm die künstlerische Leitung der Deutschen Abteilung auf der Weltausstellung in Brüssel. Seit 1911 arbeitete er mit den Deutsche Werkstätten Hellerau zusammen. 1919 wurde er in die Preußische Akademie der Künste berufen.
Ebenfalls 1919 hatte er die programmatische Schrift „Erziehung der Künstler an staatlichen Schulen“ herausgegeben. 1924 wurde Bruno Paul, der zu diesem Zeitpunkt schon ein umfangreiches Gesamtwerk vorweisen konnte, Direktor der Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst („VS“, heute Universität der Künste) in Berlin.
Im Januar 1933, also noch vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten, legte er sein Amt als Direktor der Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst nieder. Im November 1933 wurde er aus seinen Funktionen an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst entlassen. Als Architekt und Designer konnte er allerdings als Mitglied der Reichskammer der Bildenden Künste weiterarbeiten und führte ein Büro in Berlin.[2] Paul entwarf 1935 für Karl Schmidt-Hellerau das Anbaumöbelprogramm „Die wachsende Wohnung“, das auch nach dem Zweiten Weltkrieg bis circa 1958 in den Deutsche Werkstätten Hellerau produziert wurde. 1937 schloss man ihn aus der Preußischen Akademie der Künste aus. Trotzdem wurde Paul von Adolf Hitler geschätzt, sodass er ihn in der Endphase des Zweiten Weltkriegs in die Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Architekten aufnahm, was ihn vor einem Kriegseinsatz, auch an der Heimatfront, bewahrte.[3]
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges arbeitete er zunächst in Frankfurt am Main und Hanau, zog 1951 nach Düsseldorf, wo er hauptsächlich im Ingenieur- und Brückenbau tätig war. 1955 wurde er von der Akademie der Künste rehabilitiert. Paul übersiedelte 1957 nach Berlin, wo er 1968 im Alter von 94 Jahren starb.
Bruno Paul wurde auf dem Waldfriedhof Zehlendorf in Berlin-Nikolassee beigesetzt. Die Grabstätte in der Abt. XIII-W-875 gehört zu den Ehrengräbern des Landes Berlin.
Werk
Karikatur, Design
Paul trat mit ersten humorvollen Zeichnungen für die literarisch-künstlerische Wochenschrift Jugend 1896 an die Öffentlichkeit. Zwischen 1897 und 1906 zeichnete er für den Simplicissimus 492 großteils politische Karikaturen, die im Lauf der Jahre immer bissiger wurden. Diese Zeichnungen befinden sich heute mit wenigen Ausnahmen in der Staatlichen Graphischen Sammlung München. Mit seiner Berufung nach Berlin gab Paul diese Tätigkeit, die ihm als preußischem Professor hätte Probleme bereiten können, vollständig auf. Seine letzten fünf Karikaturen im Simplicissimus erschienen daher unter dem Pseudonym Ernst Kellermann. Neben seinen Karikaturen entstanden auch Plakate für Ausstellungen und Institutionen wie etwa 1903 für das berüchtigte Münchner politische Cabarett Die Elf Scharfrichter.
Parallel zu seiner Arbeit als Karikaturist hatte sich Bruno Paul auch eine Position als gefragter Möbelentwerfer und Innenarchitekt erarbeitet. Er entwarf kostspielige Einzelanfertigungen für das Luxussegment, aber auch typisierte Möbel für die serielle Fertigung. Sein Arbeitszimmer wurde auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 mit einem Grand Prix ausgezeichnet. In der Folge gestaltete er unter anderem den Wartesaal im Nürnberger Hauptbahnhof – ein Auftrag der Bayerischen Staatsregierung – sowie die Ausstattung und Inneneinrichtung für den Doppelschrauben-Schnellpostdampfer Kronprinzessin Cecilie, einen Transatlantikliner des Norddeutschen Lloyd, der zu den ehrgeizigsten und erfolgreichsten deutschen Passagierschiffprojekten des 20. Jahrhunderts zählt. Neben Paul waren unter anderem der langjährige künstlerische Leiter des Lloyd, Johann Georg Poppe, Joseph Maria Olbrich und Richard Riemerschmid an diesem Auftrag beteiligt.[4] Im Anschluss an diese Arbeit wurde Poppe von Bruno Paul als Hausarchitekt des Norddeutschen Lloyd abgelöst. In der Zeit bis 1909 war Paul für die Ausstattung dreier weiterer Schiffe, darunter des Schnelldampfers Prinz Friedrich Wilhelm, verantwortlich. Das einst im Speisesaal dieses Schiffes aufgestellte und von Paul entworfene Einbauklavier, das der Klavierbauer Ibach ausführte, hat sich bis heute erhalten.
Architektur
Kathreiner-Hochhaus in Berlin (1929–1930)
Als Architekt stand Bruno Paul der so genannten „Neuen Sachlichkeit“ nahe. Diese Strömung in der Architektur grenzte sich einerseits vom Expressionismus ab, andererseits, erkenntlich an der Verwendung des Wortes „neu“, von einer ihr vorausgehenden Bewegung zu Einfachheit und Zweckmäßigkeit, die 1906/1907 in Deutschland mit der Abkehr vom Jugendstil verbunden war. Die Neue Sachlichkeit wurde besonders durch die Architekten der Bauhaus-Schule berühmt, zu ihr gehören aber auch zahlreiche Bauten und städtebauliche Projekte anderer Werkstätten.
Eine erste Arbeitsprobe als Architekt hatte Bruno Paul 1907 mit dem „Haus Westend“, Berlin-Charlottenburg, Ebereschenallee 16, geliefert. Von 1907 bis 1908 war Ludwig Mies van der Rohe im Architekturbüro von Bruno Paul tätig [5] und studierte bei Paul an der Kunstgewerbeschule Berlin die von ihm vertretene Reformarchitektur der Münchner Schule. Adolf Meyer ein zentraler Wegbereiter der Industriearchitektur in Deutschland des 20. Jahrhunderts, arbeitete von 1909 bis 1910 in Bruno Pauls Büro.[6] Seit 1921 unterhielt er gemeinsam mit seinem Schwager Franz Weber ein Baubüro in Köln. Von hier aus wurden seine Projekte im Westen Deutschlands betreut, darunter repräsentative Villen und Landhäuser, zum Beispiel in Köln-Marienburg und Soest, denen er seinen Ruf als „Architekt der Gesellschaft“ verdankte. Zwischen 1926 und 1931 wurden in Soest nach Entwürfen von Bruno Paul drei Villen (der Familien Sternberg, Plange und Jahn) sowie ein Ruderheim am Möhnesee gebaut und neben einem Wohnhausumbau (der Familie Hagen) auch der Umbau eines Veranstaltungsraumes durchgeführt.[7] Die drei Villen sind äußerlich nahezu im Originalzustand und stehen unter Denkmalschutz. Die Villa Plange befindet sich im Besitz des Kreises Soest; seit 2009 ist dort ein Raum mit restaurierten Möbeln von Bruno Paul eingerichtet.
Die Planung des „Disch-Hauses“ – benannt nach den Auftraggebern, einer Kölner Unternehmensgruppe – ging auf die alte Freundschaft mit Richard Riemerschmid zurück, der inzwischen Direktor der Kölner Werkschulen geworden war. Das Büro- und Geschäftshaus mit stark nach außen gekrümmter Fassade und ausgeprägten horizontalen Fensterbändern entstand 1930 und gilt als wichtigstes Zeugnis des Neuen Bauens in der Domstadt. Es ist eines der Hauptwerke des Architekten, ebenso wie die Erweiterungsbauten für die Verwaltung des Gerling-Konzerns in Köln. In diese Gruppe herausragender Arbeiten gehört auch die Villa für den Lederfabrikanten Edmund Traub von 1928/1930,[8] eines der wichtigsten Beispiele des Funktionalismus in Prag, vor allem aber das zeitgleich errichtete Kathreiner-Hochhaus am Kleistpark in Berlin. Dieses erste reine Bürohochhaus in der Hauptstadt – einige Fabrikhochhäuser gab es schon – hat zwölf Etagen und zwei sechsgeschossige Flügel. Es steht heute unter Denkmalschutz.
Bauten
1903–1906: Ausstattung der Repräsentationsräume im sog. Faberschloss in Stein (Mittelfranken).
1907–1908: Haus Westend in Berlin-Westend, Ebereschenallee 16[9][10]
1908–1909: Sporthaus des Berliner Lawn-Tennis-Klubs in Berlin-Grunewald[9]
1909: Schloss Börnicke bei Bernau für Paul von Mendelssohn-Bartholdy
um 1910: Wohnhaus Herxheimer in Wiesbaden, Rösselstraße 35[9]
um 1910: Wohnhaus Dr. B. in Kleinmachnow[9]
1910: Villa Gans in Königstein im Taunus (1938–1945 Erholungsheim der Deutschen Reichspost, bis 1997 Klinik Hainerberg der Landesversicherungsanstalt Hessen)
1910: Gartensaal auf der Weltausstellung Brüssel 1910[11]
1910: Innenausstattung der Villa Feinhals des Kölner Unternehmers Josef Feinhals in Köln-Marienburg, Lindenallee 5 (Architektur nach Entwurf von Joseph Maria Olbrich†)[9]
1910–1911: Bürohaus Zollernhof in Berlin-Mitte, Unter den Linden 36-38[9][12]
1910–1911: Wohnhaus Dr. Herxheimer in Frankfurt am Main, Zeppelinallee[9]
1910–1915: Haus Hainerberg in Königstein im Taunus, Altenhainer Straße[9]
1910–1911: Gestaltung des Speisesaals im Robert-Bosch-Haus in Stuttgart[13]
1912–1913: Nellinistift in Frankfurt am Main, Stiftung von Rose Livingston, heute Frankfurter Diakonissenhaus[9]
1913: Heilanstalt Pützchen bei Bonn[9][14]
1914: Bauten auf der Kölner Werkbundausstellung[15]
vor 1916: Erweiterungsbau des Schlösschens am Dom in Worms[9]
1914–1925: Asiatisches Museum in Berlin-Dahlem, Arnimallee[16]
vor 1916: Haus S. in Berlin-Grunewald[9]
vor 1916: Haus S. in Königsberg[9]
vor 1916: Erweiterungsbau der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbe-Museums in Berlin[9]
1924–1925: Wohnhaus Auerbach in Berlin-Dahlem, Clayallee 34[17]
1923–1926: Wohnhaus Collignon in Berlin-Wannsee, Am Großen Wannsee 72–76[18]
1924: Umbau des Landhauses Prieger in Berlin-Grunewald, Lassenstraße 32–34 [19]
1927–1928: Wohnhaus Walther Lange in Berlin-Nikolassee, Libellenstraße 9 [20]
1927–1928: Textilkaufhaus Sinn & Co. GmbH in Gelsenkirchen, Bahnhofstraße 41–43
1929–1931: Villa im Stil des Neuen Bauens für die jüdische Kaufmannsfamilie Lindemann am Hochufer Rupenhorn über dem Stößensee (seit 2003 Sitz des Touro College Berlin).[21][22]
Auszeichnungen
1900: drei Goldmedaillen auf der Weltausstellung in Paris
1954: Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland aus Anlass seines 80. Geburtstages
1969: Ehrenurkunde des Bundes Deutscher Architekten der DDR
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Bruno Paul in seinem Atelier
Ehrengrab von Bruno Paul auf dem Waldfriedhof Zehlendorf
Nach dem Abitur besuchte Bruno Paul zunächst auf Wunsch seines Vaters das Friedrichstädter Lehrerseminar in Dresden. Erst als der Vater vom künstlerischen Talent seines Sohns überzeugt war, konnte Paul von 1892 bis 1894 Malerei an der Kunstakademie Dresden studieren.[1] Bei Paul Hoecker an der Akademie der Bildenden Künste München setzte er seine künstlerische Ausbildung fort; die späteren Simplicissimus-Zeichner Wilhelm Schulz und Eduard Thöny studierten in derselben Klasse. 1896 veröffentlichte Paul erste Zeichnungen in der im gleichen Jahr gegründeten Zeitschrift Jugend. 1897 wechselte er als Karikaturist zu der satirischen Wochenzeitschrift Simplicissimus. Im selben Jahr gründete er unter anderem zusammen mit Bernhard Pankok, Richard Riemerschmid und Hermann Obrist die Münchner Vereinigten Werkstätten für Kunst im Handwerk. Er arbeitete nun parallel als Karikaturist sowie als Entwerfer von Möbeln und Raumausstattungen. 1906 begann seine Lehrtätigkeit, als er zum Leiter der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin ernannt wurde. 1907 war er Mitbegründer des Deutschen Werkbundes und erhielt auf der Großen Berliner Kunstausstellung eine kleine Goldmedaille. 1910 übertrug man ihm die künstlerische Leitung der Deutschen Abteilung auf der Weltausstellung in Brüssel. Seit 1911 arbeitete er mit den Deutsche Werkstätten Hellerau zusammen. 1919 wurde er in die Preußische Akademie der Künste berufen.
Ebenfalls 1919 hatte er die programmatische Schrift „Erziehung der Künstler an staatlichen Schulen“ herausgegeben. 1924 wurde Bruno Paul, der zu diesem Zeitpunkt schon ein umfangreiches Gesamtwerk vorweisen konnte, Direktor der Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst („VS“, heute Universität der Künste) in Berlin.
Im Januar 1933, also noch vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten, legte er sein Amt als Direktor der Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst nieder. Im November 1933 wurde er aus seinen Funktionen an den Vereinigten Staatsschulen für freie und angewandte Kunst entlassen. Als Architekt und Designer konnte er allerdings als Mitglied der Reichskammer der Bildenden Künste weiterarbeiten und führte ein Büro in Berlin.[2] Paul entwarf 1935 für Karl Schmidt-Hellerau das Anbaumöbelprogramm „Die wachsende Wohnung“, das auch nach dem Zweiten Weltkrieg bis circa 1958 in den Deutsche Werkstätten Hellerau produziert wurde. 1937 schloss man ihn aus der Preußischen Akademie der Künste aus. Trotzdem wurde Paul von Adolf Hitler geschätzt, sodass er ihn in der Endphase des Zweiten Weltkriegs in die Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Architekten aufnahm, was ihn vor einem Kriegseinsatz, auch an der Heimatfront, bewahrte.[3]
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges arbeitete er zunächst in Frankfurt am Main und Hanau, zog 1951 nach Düsseldorf, wo er hauptsächlich im Ingenieur- und Brückenbau tätig war. 1955 wurde er von der Akademie der Künste rehabilitiert. Paul übersiedelte 1957 nach Berlin, wo er 1968 im Alter von 94 Jahren starb.
Bruno Paul wurde auf dem Waldfriedhof Zehlendorf in Berlin-Nikolassee beigesetzt. Die Grabstätte in der Abt. XIII-W-875 gehört zu den Ehrengräbern des Landes Berlin.
Werk
Karikatur, Design
Paul trat mit ersten humorvollen Zeichnungen für die literarisch-künstlerische Wochenschrift Jugend 1896 an die Öffentlichkeit. Zwischen 1897 und 1906 zeichnete er für den Simplicissimus 492 großteils politische Karikaturen, die im Lauf der Jahre immer bissiger wurden. Diese Zeichnungen befinden sich heute mit wenigen Ausnahmen in der Staatlichen Graphischen Sammlung München. Mit seiner Berufung nach Berlin gab Paul diese Tätigkeit, die ihm als preußischem Professor hätte Probleme bereiten können, vollständig auf. Seine letzten fünf Karikaturen im Simplicissimus erschienen daher unter dem Pseudonym Ernst Kellermann. Neben seinen Karikaturen entstanden auch Plakate für Ausstellungen und Institutionen wie etwa 1903 für das berüchtigte Münchner politische Cabarett Die Elf Scharfrichter.
Parallel zu seiner Arbeit als Karikaturist hatte sich Bruno Paul auch eine Position als gefragter Möbelentwerfer und Innenarchitekt erarbeitet. Er entwarf kostspielige Einzelanfertigungen für das Luxussegment, aber auch typisierte Möbel für die serielle Fertigung. Sein Arbeitszimmer wurde auf der Weltausstellung in St. Louis 1904 mit einem Grand Prix ausgezeichnet. In der Folge gestaltete er unter anderem den Wartesaal im Nürnberger Hauptbahnhof – ein Auftrag der Bayerischen Staatsregierung – sowie die Ausstattung und Inneneinrichtung für den Doppelschrauben-Schnellpostdampfer Kronprinzessin Cecilie, einen Transatlantikliner des Norddeutschen Lloyd, der zu den ehrgeizigsten und erfolgreichsten deutschen Passagierschiffprojekten des 20. Jahrhunderts zählt. Neben Paul waren unter anderem der langjährige künstlerische Leiter des Lloyd, Johann Georg Poppe, Joseph Maria Olbrich und Richard Riemerschmid an diesem Auftrag beteiligt.[4] Im Anschluss an diese Arbeit wurde Poppe von Bruno Paul als Hausarchitekt des Norddeutschen Lloyd abgelöst. In der Zeit bis 1909 war Paul für die Ausstattung dreier weiterer Schiffe, darunter des Schnelldampfers Prinz Friedrich Wilhelm, verantwortlich. Das einst im Speisesaal dieses Schiffes aufgestellte und von Paul entworfene Einbauklavier, das der Klavierbauer Ibach ausführte, hat sich bis heute erhalten.
Architektur
Kathreiner-Hochhaus in Berlin (1929–1930)
Als Architekt stand Bruno Paul der so genannten „Neuen Sachlichkeit“ nahe. Diese Strömung in der Architektur grenzte sich einerseits vom Expressionismus ab, andererseits, erkenntlich an der Verwendung des Wortes „neu“, von einer ihr vorausgehenden Bewegung zu Einfachheit und Zweckmäßigkeit, die 1906/1907 in Deutschland mit der Abkehr vom Jugendstil verbunden war. Die Neue Sachlichkeit wurde besonders durch die Architekten der Bauhaus-Schule berühmt, zu ihr gehören aber auch zahlreiche Bauten und städtebauliche Projekte anderer Werkstätten.
Eine erste Arbeitsprobe als Architekt hatte Bruno Paul 1907 mit dem „Haus Westend“, Berlin-Charlottenburg, Ebereschenallee 16, geliefert. Von 1907 bis 1908 war Ludwig Mies van der Rohe im Architekturbüro von Bruno Paul tätig [5] und studierte bei Paul an der Kunstgewerbeschule Berlin die von ihm vertretene Reformarchitektur der Münchner Schule. Adolf Meyer ein zentraler Wegbereiter der Industriearchitektur in Deutschland des 20. Jahrhunderts, arbeitete von 1909 bis 1910 in Bruno Pauls Büro.[6] Seit 1921 unterhielt er gemeinsam mit seinem Schwager Franz Weber ein Baubüro in Köln. Von hier aus wurden seine Projekte im Westen Deutschlands betreut, darunter repräsentative Villen und Landhäuser, zum Beispiel in Köln-Marienburg und Soest, denen er seinen Ruf als „Architekt der Gesellschaft“ verdankte. Zwischen 1926 und 1931 wurden in Soest nach Entwürfen von Bruno Paul drei Villen (der Familien Sternberg, Plange und Jahn) sowie ein Ruderheim am Möhnesee gebaut und neben einem Wohnhausumbau (der Familie Hagen) auch der Umbau eines Veranstaltungsraumes durchgeführt.[7] Die drei Villen sind äußerlich nahezu im Originalzustand und stehen unter Denkmalschutz. Die Villa Plange befindet sich im Besitz des Kreises Soest; seit 2009 ist dort ein Raum mit restaurierten Möbeln von Bruno Paul eingerichtet.
Die Planung des „Disch-Hauses“ – benannt nach den Auftraggebern, einer Kölner Unternehmensgruppe – ging auf die alte Freundschaft mit Richard Riemerschmid zurück, der inzwischen Direktor der Kölner Werkschulen geworden war. Das Büro- und Geschäftshaus mit stark nach außen gekrümmter Fassade und ausgeprägten horizontalen Fensterbändern entstand 1930 und gilt als wichtigstes Zeugnis des Neuen Bauens in der Domstadt. Es ist eines der Hauptwerke des Architekten, ebenso wie die Erweiterungsbauten für die Verwaltung des Gerling-Konzerns in Köln. In diese Gruppe herausragender Arbeiten gehört auch die Villa für den Lederfabrikanten Edmund Traub von 1928/1930,[8] eines der wichtigsten Beispiele des Funktionalismus in Prag, vor allem aber das zeitgleich errichtete Kathreiner-Hochhaus am Kleistpark in Berlin. Dieses erste reine Bürohochhaus in der Hauptstadt – einige Fabrikhochhäuser gab es schon – hat zwölf Etagen und zwei sechsgeschossige Flügel. Es steht heute unter Denkmalschutz.
Bauten
1903–1906: Ausstattung der Repräsentationsräume im sog. Faberschloss in Stein (Mittelfranken).
1907–1908: Haus Westend in Berlin-Westend, Ebereschenallee 16[9][10]
1908–1909: Sporthaus des Berliner Lawn-Tennis-Klubs in Berlin-Grunewald[9]
1909: Schloss Börnicke bei Bernau für Paul von Mendelssohn-Bartholdy
um 1910: Wohnhaus Herxheimer in Wiesbaden, Rösselstraße 35[9]
um 1910: Wohnhaus Dr. B. in Kleinmachnow[9]
1910: Villa Gans in Königstein im Taunus (1938–1945 Erholungsheim der Deutschen Reichspost, bis 1997 Klinik Hainerberg der Landesversicherungsanstalt Hessen)
1910: Gartensaal auf der Weltausstellung Brüssel 1910[11]
1910: Innenausstattung der Villa Feinhals des Kölner Unternehmers Josef Feinhals in Köln-Marienburg, Lindenallee 5 (Architektur nach Entwurf von Joseph Maria Olbrich†)[9]
1910–1911: Bürohaus Zollernhof in Berlin-Mitte, Unter den Linden 36-38[9][12]
1910–1911: Wohnhaus Dr. Herxheimer in Frankfurt am Main, Zeppelinallee[9]
1910–1915: Haus Hainerberg in Königstein im Taunus, Altenhainer Straße[9]
1910–1911: Gestaltung des Speisesaals im Robert-Bosch-Haus in Stuttgart[13]
1912–1913: Nellinistift in Frankfurt am Main, Stiftung von Rose Livingston, heute Frankfurter Diakonissenhaus[9]
1913: Heilanstalt Pützchen bei Bonn[9][14]
1914: Bauten auf der Kölner Werkbundausstellung[15]
vor 1916: Erweiterungsbau des Schlösschens am Dom in Worms[9]
1914–1925: Asiatisches Museum in Berlin-Dahlem, Arnimallee[16]
vor 1916: Haus S. in Berlin-Grunewald[9]
vor 1916: Haus S. in Königsberg[9]
vor 1916: Erweiterungsbau der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbe-Museums in Berlin[9]
1924–1925: Wohnhaus Auerbach in Berlin-Dahlem, Clayallee 34[17]
1923–1926: Wohnhaus Collignon in Berlin-Wannsee, Am Großen Wannsee 72–76[18]
1924: Umbau des Landhauses Prieger in Berlin-Grunewald, Lassenstraße 32–34 [19]
1927–1928: Wohnhaus Walther Lange in Berlin-Nikolassee, Libellenstraße 9 [20]
1927–1928: Textilkaufhaus Sinn & Co. GmbH in Gelsenkirchen, Bahnhofstraße 41–43
1929–1931: Villa im Stil des Neuen Bauens für die jüdische Kaufmannsfamilie Lindemann am Hochufer Rupenhorn über dem Stößensee (seit 2003 Sitz des Touro College Berlin).[21][22]
Auszeichnungen
1900: drei Goldmedaillen auf der Weltausstellung in Paris
1954: Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland aus Anlass seines 80. Geburtstages
1969: Ehrenurkunde des Bundes Deutscher Architekten der DDR
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