Die Dragoner
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Die Dragoner
Als Dragoner bezeichnete man ursprünglich berittene Infanterie, die ihre Pferde primär zum Transport, nicht aber für den Kampf verwendeten. Im Lauf der Zeit entwickelten sie sich fast überall zur Schlachtenkavallerie. Der Begriff wurde im 18./19. Jahrhundert auch für staatliche Polizeitruppen benutzt, so dem Polizeidragonerkorps des Herzogtums Oldenburg.
Louis Braun: Württembergische Dragoner 1870/71
Etymologie
Die Bezeichnung kam zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Frankreich auf und leitet sich wahrscheinlich von einer als dragon bezeichneten Handfeuerwaffe ab,[1] die auch carabine genannt wurde (siehe Karabiner). Daher wurde und wird in einigen europäischen Staaten berittene, heute auch motorisierte oder mechanisierte Infanterie wie im belgischen Heer auch als Karabiniers bezeichnet.
Ein anderer Erklärungsansatz besagt, dass jene Reiter, die bei den Prozessionen des Papstes auf ihrer Lanze einen Drachenschild als Sinnbild des Teufels trugen, draconarii („Drachensoldaten“) genannt worden seien. Davon soll sich das Wort Dragoner ableiten.
Historische Entwicklung
Uniformen DragRgt Nr25
Kurhessische Dragoner
Die Truppengattung der Dragoner wurde möglicherweise 1543 von Graf Piero Strozzi oder 1550 von Marschall Charles de Cossé-Brissac erfunden. Bereits in den französischen Hugenottenkriegen des späten 16. Jahrhunderts kamen Dragoner in großer Zahl zum Einsatz. In der älteren deutschsprachigen Literatur findet sich die Behauptung, dass Graf Ernst von Mansfeld (1580–1626), einer der bekanntesten Söldnerführer und Kriegsunternehmer des Dreißigjährigen Krieges, der „Erfinder“ der Dragoner gewesen sei, was jedoch nicht stimmt, weil Dragoner bereits ab 1602 in der kaiserlich-habsburgischen Armee nachgewiesen sind. Wahr ist allerdings, dass Mansfeld gelegentlich große Teile seines Fußvolkes mit Tross- oder Beutepferden beritten machte, um Mobilität zu gewinnen; schon zu seiner Zeit nannte man dies eine armée volante. Die französische Armee bildete 1635 aus bereits bestehenden Dragonereinheiten sechs Regimenter. 1638 wurde Dragoner zur offiziellen Bezeichnung der französischen Fußsoldaten zu Pferd. Sowohl im Dreißigjährigen Krieg als auch im Englischen Bürgerkrieg kamen Dragoner zum Einsatz.
Dragoner trugen üblicherweise keine Rüstung, doch schützten sich manche von ihnen im 16. und 17. Jahrhundert mit einem schlichten Helm und einem Lederkoller. Bewaffnet waren sie mit einer Muskete oder auch einer Pike, für das Handgemenge besaßen sie Degen. Die Dragoner benötigten eine weniger intensive Ausbildung im Reiten als Kavalleristen, die mit ihren Pferden in Gefechtssituationen umgehen mussten. Darüber hinaus verwendeten Dragoner nur leichte Reitpferde, die deutlich weniger kostspielig als die Schlachtrösser der schweren Reiterei waren. Ihr Vorteil gegenüber der Infanterie bestand darin, dass sie sich schneller an einen bestimmten Ort des Schlachtfelds begeben konnten. Während des Englischen Bürgerkrieges gelang es dem Dragonerregiment der New Model Army in der Schlacht von Naseby 1645, ungehindert auf die rechte Flanke des gegnerischen Heeres zuzureiten. Danach stiegen die Dragoner von ihren Pferden und griffen ihre überraschten Gegner an. Als Mischform aus Infanterie und Kavallerie waren die Dragoner oftmals dem Spott der Soldaten anderer Truppengattungen ausgesetzt. Ein exemplarischer Spottvers über die Dragoner lautete:
„Dragoner sind halb Mensch, halb Vieh, aufs Pferd gesetzte Infanterie!“
Englischer Dragoner, Mitte 18. Jh.
Cuera dragon
Da Dragonereinheiten eine hohe Mobilität mit relativ niedrigen Kosten verbanden, erhöhte sich ihre zahlenmäßige Stärke bis zum frühen 18. Jahrhundert deutlich. Existierte noch 1658 nur ein französisches Dragonerregiment, waren es 1690 bereits 43 Regimenter. Unter Peter I. wurde die Zahl der russischen Dragonerregimenter von zwei auf 30 erhöht, was insbesondere mit dem Mangel an hochwertigen Pferden erklärt werden kann.
Bereits im späten 17. Jahrhundert gingen die englischen Dragoner in der schweren Kavallerie auf. Unter Friedrich II. folgte auch das Königreich Preußen dem englischen Beispiel. In Frankreich wurden die Dragoner erst seit 1784 offiziell als Kavalleristen eingestuft. Die Briten vollzogen bis etwa 1800 sogar die schrittweise Umbenennung der ursprünglichen Kavallerie mit Ausnahme der Garde in Dragoon (der Kürass war hier sowieso schon lange abgeschafft).
Im Vizekönigreich Neuspanien wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine hochspezialisierte Kolonialpolizei-Truppe geschaffen, die so genannten Lederdragoner (Dragones de Cuera). Sie wurden nach der cuera, einem Lederpanzer nach Art der aztekischen Baumwollpanzer, benannt, der über der normalen Uniform getragen wurde. Die Lederdragoner wurden vor allem im Norden des Vizekönigreichs zur Grenzsicherung und zum Schutz christlicher Missionen gegen indianische Stämme wie die Komanchen eingesetzt. Die Truppe wurde nach der Unabhängigkeit Mexikos von der mexikanischen Nationalarmee übernommen und in den 1840er Jahren aufgelöst.
Meist gehörten die Dragoner dann zur schweren Kavallerie und griffen wie die Kürassiere mit dem Pallasch an, in Preußen wurden sie um 1800 Teil der leichten Kavallerie und mit einem Säbel ausgerüstet, in Großbritannien gab es beides zur gleichen Zeit.
Im 19. Jahrhundert trugen viele Dragoner Kavalleriehelme, leichte Dragoner orientierten sich in dieser Hinsicht an der Infanterie (Tschako, später Pickelhaube). Auch am Gewicht des Karabiners ließen sich schwer und leicht oft unterscheiden.
Trotz dieser Entwicklung behielten die Dragoner in den meisten Armeen eine Ausrüstung (Bajonett) und Ausbildung bei, die es ihnen ermöglichte, abgesessen als Infanteristen zu kämpfen. Anklänge an die infanteristische Herkunft hielten sich in den Uniformen und den Traditionen der Dragoner. So verwendeten sie häufig Trommeln statt Trompeten und Fahnen statt Standarten. Ähnlich wie bei der Infanterie gab es in manchen Armeen auch Grenadiere zu Pferd als Elitekompanien, die bis ins frühe 18. Jahrhundert zusätzlich mit Handgranaten bewaffnet waren. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts verloren sich meist die infanteristischen Züge im Erscheinungsbild der Dragoner, die inzwischen als vollwertige Kavalleristen galten.
Wegen ihrer Ausbildung und Ausrüstung waren die Dragoner besonders als Polizei- oder Besatzungstruppen geeignet. Bei den Kavallerietruppen der US-Armee handelt es sich zumeist um Dragoner.
Mit dem Stellungskrieg des Ersten Weltkrieges endete auch die Rolle der Reiterei als Schlachtenkavallerie. Dort, wo man die Kavallerie nicht auflöste oder unter Beibehalt der alten Traditionsnamen motorisierte, wurde sie nur mehr in der klassischen Dragoneraufgabe der berittenen Infanterie eingesetzt. Aber auch wenn man im Zweiten Weltkrieg noch vereinzelt Kavallerie als berittene Infanterie zum Einsatz in den mit Straßen wenig erschlossenen Kampfgebieten an der Ostfront einsetzte – zumeist zur Sicherung rückwärtiger Gebiete –, verdrängten doch auch in dieser wiederentdeckten Aufgabe geländegängige Mannschaftstransportfahrzeuge das Pferd. Nachfolger der beweglich gemachten Infanterie wurden die Panzergrenadiere.
Schweizer Kavallerie-Schwadron 1972
Dragones Mariscal Nieto 1
Nach dem Kriegsende verschwand das Pferd als Transportmittel aus den Beständen europäischer und nordamerikanischer Streitkräfte. Lediglich die Schweizer Armee hielt noch länger daran fest. Die 1972 aufgelösten 18 Dragoner-Schwadronen der Schweiz waren damit die letzte echte Kavallerie in Europa.
Siehe auch
Dragonaden
k.u.k. Dragoner
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Louis Braun: Württembergische Dragoner 1870/71
Etymologie
Die Bezeichnung kam zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Frankreich auf und leitet sich wahrscheinlich von einer als dragon bezeichneten Handfeuerwaffe ab,[1] die auch carabine genannt wurde (siehe Karabiner). Daher wurde und wird in einigen europäischen Staaten berittene, heute auch motorisierte oder mechanisierte Infanterie wie im belgischen Heer auch als Karabiniers bezeichnet.
Ein anderer Erklärungsansatz besagt, dass jene Reiter, die bei den Prozessionen des Papstes auf ihrer Lanze einen Drachenschild als Sinnbild des Teufels trugen, draconarii („Drachensoldaten“) genannt worden seien. Davon soll sich das Wort Dragoner ableiten.
Historische Entwicklung
Uniformen DragRgt Nr25
Kurhessische Dragoner
Die Truppengattung der Dragoner wurde möglicherweise 1543 von Graf Piero Strozzi oder 1550 von Marschall Charles de Cossé-Brissac erfunden. Bereits in den französischen Hugenottenkriegen des späten 16. Jahrhunderts kamen Dragoner in großer Zahl zum Einsatz. In der älteren deutschsprachigen Literatur findet sich die Behauptung, dass Graf Ernst von Mansfeld (1580–1626), einer der bekanntesten Söldnerführer und Kriegsunternehmer des Dreißigjährigen Krieges, der „Erfinder“ der Dragoner gewesen sei, was jedoch nicht stimmt, weil Dragoner bereits ab 1602 in der kaiserlich-habsburgischen Armee nachgewiesen sind. Wahr ist allerdings, dass Mansfeld gelegentlich große Teile seines Fußvolkes mit Tross- oder Beutepferden beritten machte, um Mobilität zu gewinnen; schon zu seiner Zeit nannte man dies eine armée volante. Die französische Armee bildete 1635 aus bereits bestehenden Dragonereinheiten sechs Regimenter. 1638 wurde Dragoner zur offiziellen Bezeichnung der französischen Fußsoldaten zu Pferd. Sowohl im Dreißigjährigen Krieg als auch im Englischen Bürgerkrieg kamen Dragoner zum Einsatz.
Dragoner trugen üblicherweise keine Rüstung, doch schützten sich manche von ihnen im 16. und 17. Jahrhundert mit einem schlichten Helm und einem Lederkoller. Bewaffnet waren sie mit einer Muskete oder auch einer Pike, für das Handgemenge besaßen sie Degen. Die Dragoner benötigten eine weniger intensive Ausbildung im Reiten als Kavalleristen, die mit ihren Pferden in Gefechtssituationen umgehen mussten. Darüber hinaus verwendeten Dragoner nur leichte Reitpferde, die deutlich weniger kostspielig als die Schlachtrösser der schweren Reiterei waren. Ihr Vorteil gegenüber der Infanterie bestand darin, dass sie sich schneller an einen bestimmten Ort des Schlachtfelds begeben konnten. Während des Englischen Bürgerkrieges gelang es dem Dragonerregiment der New Model Army in der Schlacht von Naseby 1645, ungehindert auf die rechte Flanke des gegnerischen Heeres zuzureiten. Danach stiegen die Dragoner von ihren Pferden und griffen ihre überraschten Gegner an. Als Mischform aus Infanterie und Kavallerie waren die Dragoner oftmals dem Spott der Soldaten anderer Truppengattungen ausgesetzt. Ein exemplarischer Spottvers über die Dragoner lautete:
„Dragoner sind halb Mensch, halb Vieh, aufs Pferd gesetzte Infanterie!“
Englischer Dragoner, Mitte 18. Jh.
Cuera dragon
Da Dragonereinheiten eine hohe Mobilität mit relativ niedrigen Kosten verbanden, erhöhte sich ihre zahlenmäßige Stärke bis zum frühen 18. Jahrhundert deutlich. Existierte noch 1658 nur ein französisches Dragonerregiment, waren es 1690 bereits 43 Regimenter. Unter Peter I. wurde die Zahl der russischen Dragonerregimenter von zwei auf 30 erhöht, was insbesondere mit dem Mangel an hochwertigen Pferden erklärt werden kann.
Bereits im späten 17. Jahrhundert gingen die englischen Dragoner in der schweren Kavallerie auf. Unter Friedrich II. folgte auch das Königreich Preußen dem englischen Beispiel. In Frankreich wurden die Dragoner erst seit 1784 offiziell als Kavalleristen eingestuft. Die Briten vollzogen bis etwa 1800 sogar die schrittweise Umbenennung der ursprünglichen Kavallerie mit Ausnahme der Garde in Dragoon (der Kürass war hier sowieso schon lange abgeschafft).
Im Vizekönigreich Neuspanien wurde zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine hochspezialisierte Kolonialpolizei-Truppe geschaffen, die so genannten Lederdragoner (Dragones de Cuera). Sie wurden nach der cuera, einem Lederpanzer nach Art der aztekischen Baumwollpanzer, benannt, der über der normalen Uniform getragen wurde. Die Lederdragoner wurden vor allem im Norden des Vizekönigreichs zur Grenzsicherung und zum Schutz christlicher Missionen gegen indianische Stämme wie die Komanchen eingesetzt. Die Truppe wurde nach der Unabhängigkeit Mexikos von der mexikanischen Nationalarmee übernommen und in den 1840er Jahren aufgelöst.
Meist gehörten die Dragoner dann zur schweren Kavallerie und griffen wie die Kürassiere mit dem Pallasch an, in Preußen wurden sie um 1800 Teil der leichten Kavallerie und mit einem Säbel ausgerüstet, in Großbritannien gab es beides zur gleichen Zeit.
Im 19. Jahrhundert trugen viele Dragoner Kavalleriehelme, leichte Dragoner orientierten sich in dieser Hinsicht an der Infanterie (Tschako, später Pickelhaube). Auch am Gewicht des Karabiners ließen sich schwer und leicht oft unterscheiden.
Trotz dieser Entwicklung behielten die Dragoner in den meisten Armeen eine Ausrüstung (Bajonett) und Ausbildung bei, die es ihnen ermöglichte, abgesessen als Infanteristen zu kämpfen. Anklänge an die infanteristische Herkunft hielten sich in den Uniformen und den Traditionen der Dragoner. So verwendeten sie häufig Trommeln statt Trompeten und Fahnen statt Standarten. Ähnlich wie bei der Infanterie gab es in manchen Armeen auch Grenadiere zu Pferd als Elitekompanien, die bis ins frühe 18. Jahrhundert zusätzlich mit Handgranaten bewaffnet waren. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts verloren sich meist die infanteristischen Züge im Erscheinungsbild der Dragoner, die inzwischen als vollwertige Kavalleristen galten.
Wegen ihrer Ausbildung und Ausrüstung waren die Dragoner besonders als Polizei- oder Besatzungstruppen geeignet. Bei den Kavallerietruppen der US-Armee handelt es sich zumeist um Dragoner.
Mit dem Stellungskrieg des Ersten Weltkrieges endete auch die Rolle der Reiterei als Schlachtenkavallerie. Dort, wo man die Kavallerie nicht auflöste oder unter Beibehalt der alten Traditionsnamen motorisierte, wurde sie nur mehr in der klassischen Dragoneraufgabe der berittenen Infanterie eingesetzt. Aber auch wenn man im Zweiten Weltkrieg noch vereinzelt Kavallerie als berittene Infanterie zum Einsatz in den mit Straßen wenig erschlossenen Kampfgebieten an der Ostfront einsetzte – zumeist zur Sicherung rückwärtiger Gebiete –, verdrängten doch auch in dieser wiederentdeckten Aufgabe geländegängige Mannschaftstransportfahrzeuge das Pferd. Nachfolger der beweglich gemachten Infanterie wurden die Panzergrenadiere.
Schweizer Kavallerie-Schwadron 1972
Dragones Mariscal Nieto 1
Nach dem Kriegsende verschwand das Pferd als Transportmittel aus den Beständen europäischer und nordamerikanischer Streitkräfte. Lediglich die Schweizer Armee hielt noch länger daran fest. Die 1972 aufgelösten 18 Dragoner-Schwadronen der Schweiz waren damit die letzte echte Kavallerie in Europa.
Siehe auch
Dragonaden
k.u.k. Dragoner
Quelle - literatur & Einzelnachweise
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