Emanuel Geibel
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Emanuel Geibel
Franz Emanuel August Geibel (* 17. Oktober 1815 in Lübeck; † 6. April 1884 ebenda) war ein deutscher Lyriker, der auch unter dem Pseudonym L. Horst veröffentlichte. Auf Geibel geht die Phrase Am deutschen Wesen mag die Welt genesen zurück.
Das Geburtshaus in der Fischstraße Nr. 25 zu Lübeck, im Bilde zweites Haus von rechts nach links, 25 Jahre nach Geibels Tod.
Gedenktafel in Bad Schwartau (Foto: August 2009)
Aufschrift: Emanuel Geibel 1880–1984; †6. IV. 84 (Foto: September 1998)
Leben
Franz Emanuel Geibel wurde als siebtes von acht Kindern in der Fischstraße 25 in Lübeck geboren. Der Sohn des reformierten Pfarrers Johannes Geibel und der Kaufmannstochter Elisabeth Louise Ganslandt (1778–1841), der Schwester von Röttger Ganslandt, besuchte das Katharineum zu Lübeck, bis er ab 1835 in Bonn anfangs Theologie und dann ausschließlich Klassische Philologie studierte. Hier schloss er sich 1834 der Burschenschaft Ruländer Bonn an.[1] In Bonn lernte er auch Karl Marx und Karl Grün kennen. Mit Moriz Carrière u. a. bildeten sie ein ‚Dichterkränzchen‘ in Bonn und Berlin.[2]
Danach ging er nach Berlin, wo er 1836 während seiner Studien mit Chamisso, Bettina von Arnim und Eichendorff Freundschaft schloss. Bevor er nach Griechenland abreiste, stellte Geibel den Antrag, an der Universität Jena zu promovieren. Er wurde dabei von Georg Friedrich Heinrich Rheinwald unterstützt. Geibel erhielt den Doktortitel in absentia, ohne eine schriftliche Dissertation, die nachzuliefern er versprochen hatte, eingereicht zu haben.[3] 1838 erhielt er durch seine Beziehungen gemeinsam mit Ernst Curtius eine Anstellung als Hauslehrer beim russischen Gesandten in Athen; das Griechenland-Erlebnis wurde bestimmend für seine klassische Dichtung. Nach seiner Rückkehr weilte er 1841 und 1842 einige Zeit auf Schloss Escheberg bei Zierenberg und veröffentlichte die ersten Gedichte; insbesondere die patriotisch-preußenfreundlichen fanden beim preußischen König Friedrich Wilhelm IV. großen Anklang. 1842 erhielt Geibel von ihm eine – die bisherigen kärglichen und unsteten Einkunftsverhältnisse behebende – lebenslange Pension von 300 Talern. Diese ermöglichte ihm, die ungeliebte Hauslehrertätigkeit aufzugeben und sich nur noch seiner dichterischen Neigung und ausgedehnten Reisen zu widmen. Im Forsthaus Waldhusen im Lübecker Stadtteil Kücknitz verbrachte Geibel mehrmals seine Sommerfrische und schuf dort 1847 das Gedicht Aus dem Walde. Er war ein aktives Mitglied der Jung-Lübeck genannten Erneuerungsbewegung.
1851 verliebte er sich in die erst 17 Jahre alte Amanda („Ada“) Trummer (* 15. August 1834 in Lübeck), die er 1852 heiratete. Die Hochzeit wurde im Lübecker Gartenrestaurant Lachswehr gefeiert, dessen „stillen Garten mit dem schattigen Ulmengang“ er in einem Gedicht besang. 1852 erhielt er eine Ehrenprofessur für deutsche Literatur und Poetik von seinem Bewunderer, Maximilian II. Geibel zog nach München und unterrichtete dort bis 1868. 1853 wurde die Tochter Ada Marie Caroline (1853–1906) geboren, die spätere erste Frau von Emil Ferdinand Fehling. Schon zwei Jahre später starb seine Frau Amanda hier am 21. November 1855 und wurde auf dem Alten Südfriedhof beigesetzt. Geibel förderte auch den über Lübeck nach München gekommenen Wilhelm Jensen. Nach dem Tode Maximilians II. 1864 wurde Geibel wegen seiner preußenfreundlichen Gesinnung angefeindet; er verlor 1868 seine – vom bayerischen Königshaus zugewandte – lebenslange Pension. Geibel verließ den Münchner Dichterkreis Die Krokodile und die königliche Tafelrunde, an denen er seit 1852 beteiligt gewesen war.
Als der preußische König Wilhelm am 12. September 1868 Lübeck besuchte, begrüßte Geibel den Gast mit jenem Gedicht, durch das er bei König Ludwig II. in Ungnade gefallen war und das somit Anlass für die Rückkehr des Dichters in seine Vaterstadt wurde.[4]
In den Jahren 1873 bis 1875 verbrachte er die Sommer in Schwartau, wo er in der näheren Umgebung wanderte. Emanuel Geibel starb am 6. April 1884 in Lübeck, wo er als Stadtdichter verehrt und zum Ehrenbürger ernannt worden war. Die Gedächtnisrede, die ihm sein Schwager Ludwig Trummer, Hauptpastor an St. Petri, am Sarge in St. Marien zu seiner Beisetzung hielt, ging in Druck und machte ihn weit über die Grenzen der Stadt hinaus als Redner bekannt. Geibels Grabstelle befindet sich auf dem Burgtorfriedhof. Den meisten heutigen Lübeckern ist er durch sein Gedicht Zu Lübeck auf der Brücken bekannt. Darin geht es um den Gott Merkur, der als Statue auf der Puppenbrücke steht.
Künstlerisches Schaffen
Grabmal auf dem Burgtorfriedhof in Lübeck (Foto: August 2009)
Geibel war ein Spätromantiker, dessen Werke in ihrer Formvollendung einem klassizistischen Schönheitskult folgten. Sie waren noch vom Stil der Romantik beeinflusst, als diese längst verstrichen war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war er einer der bekanntesten deutschen Dichter. Seine patriotischen Gedichte standen in scharfem Kontrast zu den Werken der Jungdeutschen und der Naturalisten, von denen er heftig angegriffen wurde. Sein erstes Gedicht veröffentlichte er im Deutschen Musenalmanach für das Jahr 1834 von A. von Chamisso und Gustav Schwab unter Pseudonym.[5]
Sein wohl bekanntestes Werk ist das Gedicht Wanderlied, auch bekannt als Der Mai ist gekommen, das er 1841 auf dem Weg nach Schloss Escheberg zu verfassen begann. In der Vertonung von Justus Wilhelm Lyra aus Osnabrück wird Der Mai ist gekommen am Vorabend des 1. Mai in Osnabrück, Lübeck und anderen Orten bis heute öffentlich gesungen.
Teile seiner Gedichte wurden auch im Nationalsozialismus verwendet. Das Schlagwort „Am deutschen Wesen mag die Welt genesen", in Geibels Originaltext „Und es mag am deutschen Wesen, Einmal noch die Welt genesen.“[6] wurde seinem Gedicht Deutschlands Beruf von 1861 entnommen, obgleich mit dem „deutschen Wesen", im Gegensatz zur späteren Interpretation im Sinne von „Art und Weise“ bzw. von „deutscher Kultur / Rasse“ im Sinne der NS-Ideologie, das Bestehen Deutschlands als Einheit, als ein Staat (als ein Wesen, bei Beibehaltung der kulturellen Vielfalt) zu verstehen ist; das Gedicht ist ein Aufruf Geibels an die deutschen Einzelstaaten zur Einigung hinter einem neuen Kaiser. Nach Ausschluss Österreichs aus dem als Deutschland definierten Gebiet (kleindeutsche Lösung) nach 1866 und dem Deutsch-Französischen Krieg sah Geibel diesen Aufruf 1871 noch verwirklicht. Geibel versuchte sich auch als Dramatiker, zum Beispiel beim Opernlibretto Loreley, jedoch ohne großen Erfolg. Bedeutender sind seine Übersetzungen französischer, spanischer, griechischer und lateinischer Lyrik.
Theodor Fontane setzte Geibel ein literarisches Denkmal in der Prägung „Geibelei“, unter der er schöne, aber formal stereotype Lyrik verstand, die sich mit beliebigen Inhalten füllen ließe. Theodor Storm echauffierte sich noch beim Mahl, das im Rahmen der Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Husum für ihn abgehalten wurde, darüber, dass sein Werk zeit seines Lebens hinter das von Geibel zurückgestellt wurde.[7]
Thomas Mann verewigte Geibel in den Buddenbrooks in der Figur des Jean-Jacques Hoffstede, des „Dichters der Stadt“, der beim großen Familienfest im Hause Buddenbrook am Anfang des Buches ein paar Zeilen, die er eigens zu diesem Anlass zu Papier gebracht hatte, zum Besten gibt. Allerdings gilt auch Wilhelm Buschs Bildergeschichte Balduin Bählamm, der verhinderte Dichter als spöttischer Kommentar zu Emanuel Geibel und den Kreisen, in denen er sich bewegte.
Ehrungen
Am 9. Dezember 1868 wurde Geibel Ehrenbürger der Stadt Lübeck.[8]
Am 18. Oktober 1889 errichtete man ein Denkmal auf dem Geibelplatz, das von Hermann Volz geschaffen wurde, in Lübeck.
Die 1920 gegründete Dritte Mädchenschule Lübecks wurde 1934 in Emanuel-Geibel-Mittelschule umbenannt; seit 1960 heißt sie Emanuel-Geibel-Realschule.
1894 wurde in Wien Rudolfsheim-Fünfhaus (15. Bezirk) die Geibelgasse nach ihm benannt.
In Kiel-Schreventeich wurden 1900 sowohl die Geibelallee als auch der Geibelplatz nach ihm benannt.[9]
Emanuel-Geibel-Straßen oder Geibelstraßen gibt es u.a. in Bremen-Findorff, Bremerhaven-Lehe, Büdelsdorf, Dinslaken, Diedelsheim, Duisburg, Erfurt, Flensburg, Hamburg, Hannover, Leipzig, Norderstedt, Reutlingen, Speyer und Wiesbaden.
Werke
Gedichte
Gedichte. Alexander Dunker, Berlin 1840 Digitalisat 13. Aufl. 1848 (100. Aufl., J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1884)
Zeitstimmen. Gedichte. Friedr. Asschenfeldt, Lübeck 1841 Digitalisat 3. neu verm. Aufl. 1846[10]
Ein Ruf von der Trave. Gedicht. Friedr. Asschenfeldt, Lübeck 1845 Digitalisat
Zwölf Sonette für Schleswig-Holstein. Asschenfeldt, Lübeck 1846
Juniuslieder. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848 Digitalisat der Erstausgabe (26. Aufl. 1884) Digitalisat 7. verm. Aufl. 1858
Hrsg: Gedichte von Hermann Lingg. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1854
Neue Gedichte. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1856 Digitalisat der Erstausgabe (19. Aufl. 1884) Digitalisat 5. Aufl. 1858
Die Loreley. C. Rumpler, Hannover 1861 Digitalisat (2. Aufl. 1861)
Hrsg.: Ein Münchner Dichterbuch. A. Kröner, Stuttgart 1862 Digitalisat
Gedichte und Gedenkblätter. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1868 (7.Aufl. 1878) Digitalisat 4. Auflage
Die Goldgräber, 1870
Heroldsrufe. Aeltere und neuere Zeitgedichte. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1871 Digitalisat der Erstausgabe (4. Aufl. 1872)
Spätherbstblätter. Neueste Gedichte. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1877 Digitalisat der Erstausgabe (5. Aufl. 1884)
Übersetzungen
Emanuel Geibel, Ernst Curtius: Klassische Studien. Uebersetzungen aus griechischen Dichtern. Erstes Heft. Eduard Weber, Bonn 1840 Digitalisat
Volkslieder und Romanzen der Spanier im Versmasse des Originals verdeutscht. Alexander Duncker, Berlin 1843 Digitalisat
Emanuel Geibel, Paul Heyse: Spanisches Liederbuch. Wilhelm Hertz 1852 Digitalisat (2. Auf. 1852)
Emanuel Geibel, Adolf Friedrich von Schack: Romanzero der Spanier und Portugiesen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1860 Digitalisat
Classisches Liederbuch. Griechen und Römer in deutscher Nachbildung. 2. Aufl. Wilhelm Hertz, Berlin 1876 Digitalisat
Emanuel Geibel, Heinrich Leuthold: Fünf Bücher französischer Lyrik vom Zeitalter der Revolution bis auf unsere Tage, in Uebersetzungen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1862 Digitalisat
Dramen und Lustspiele
König Roderich. Eine Tragödie in fünf Aufzügen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844 Digitalisat
König Sigurds Brautfahrt. Eine nordische Sage. Wilhelm Besser, Berlin 1846 Digitalisat (4. Aufl. Krabbe, Stuttgart 1877)
Meister Andrea. Lustspiel in zwei Aufzügen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1855 Digitalisat
Brunhild, Eine Tragödie. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Augsburg 1857 Digitalisat der Erstausgabe (4. Aufl. 1884)
Sophonisbe. Tragödie in fünf Aufzügen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1856 (19. Aufl. 1884) Digitalisat 2. Aufl. 1870
Echtes Gold wird klar wie Feuer. Ein Sprichwort. A. Hildebrand's Verlag, Schwerin 1882 Digitalisat 3. Aufl. 1882
Briefe
Albert Duncker: Emanuel Geibel's Briefe an Karl Freiherr von der Malsburg und die Mitglieder seiner Familie. Paetel, Berlin 1885
F. E. Fehling: Emanuel Geibels Jugendbriefe. Bonn - Berlin -Griechenland. Karl Curtius, Berlin 1909 Digitalisat
Emanuel Geibel über seine Juniuslieder. Unveröffentlichte Briefe aus dem Cotta'schen Archiv. In: Der Greif. Cotta'sche Monatsschrift. 1. Jahrgang, Heft 7, 1915.
Erich Petzet (Hrsg.): Der Briefwechsel von Emanuel Geibel und Paul Heyse. J. F. Lehmanns Verlag, München 1922 Digitalisat
Gustav Struck (Hrsg.): Briefwechsel Emanuel Geibel und Karl Goedecke. Stadtbibliothek Lübeck, Lübeck 1939 (Veröffentlichungen der Bibliotheken der Hansestadt Lübeck, Neue Reihe Bd. I)
Wilhelm Schoof: Aus Geibels Briefwechsel mit Freiligrath, Begegnung mit Mörike. aus unveröffentlichten Briefen. Lübeck 1956
Heinrich Schneider: Die freundschaftliche Begegnung Heinrich Leutholds und Emanuel Geibels im Münchener Dichterkreis. Ein literaturgeschichtlicher und psychologischer Bericht mit bisher ungedruckten Briefen und Dokumenten. Lübeck: Schmidt-Römhild 1961. (Veröffentlichungen der Stadtbibliothek Lübeck; Neue Reihe; 4)Digitalisat
Hans Reiss, Herbert Wegener (Hrsg.): Emanuel Geibel. Briefe an Henriette Nölting 1838-1855. Max Schmidt-Römhild, Lübeck 1963 (Veröffentlichungen der Stadtbibliothek Lübeck. Neue Reihe Band 6)
Rainer Hillenbrand: Franz Kuglers Briefe an Emanuel Geibel. Lang, Frankfurt am Main [u. a.] 2001 ISBN 3-631-37553-0
Rainer Hillenbrand: Heyseana aus Heidelberg und Nürnberg. Sieben Briefe von Paul Heyse sowie je einer von Geibel und Lenbach an Heyse. In:Roland Berbig (Hrsg.): Paul Heyse: ein Schriftsteller zwischen Deutschland und Italien. Lang, Frankfurt am Main [u. a.] 2001, S. 255-265
Quelle - literatur & Einzelnachweise
Das Geburtshaus in der Fischstraße Nr. 25 zu Lübeck, im Bilde zweites Haus von rechts nach links, 25 Jahre nach Geibels Tod.
Gedenktafel in Bad Schwartau (Foto: August 2009)
Aufschrift: Emanuel Geibel 1880–1984; †6. IV. 84 (Foto: September 1998)
Leben
Franz Emanuel Geibel wurde als siebtes von acht Kindern in der Fischstraße 25 in Lübeck geboren. Der Sohn des reformierten Pfarrers Johannes Geibel und der Kaufmannstochter Elisabeth Louise Ganslandt (1778–1841), der Schwester von Röttger Ganslandt, besuchte das Katharineum zu Lübeck, bis er ab 1835 in Bonn anfangs Theologie und dann ausschließlich Klassische Philologie studierte. Hier schloss er sich 1834 der Burschenschaft Ruländer Bonn an.[1] In Bonn lernte er auch Karl Marx und Karl Grün kennen. Mit Moriz Carrière u. a. bildeten sie ein ‚Dichterkränzchen‘ in Bonn und Berlin.[2]
Danach ging er nach Berlin, wo er 1836 während seiner Studien mit Chamisso, Bettina von Arnim und Eichendorff Freundschaft schloss. Bevor er nach Griechenland abreiste, stellte Geibel den Antrag, an der Universität Jena zu promovieren. Er wurde dabei von Georg Friedrich Heinrich Rheinwald unterstützt. Geibel erhielt den Doktortitel in absentia, ohne eine schriftliche Dissertation, die nachzuliefern er versprochen hatte, eingereicht zu haben.[3] 1838 erhielt er durch seine Beziehungen gemeinsam mit Ernst Curtius eine Anstellung als Hauslehrer beim russischen Gesandten in Athen; das Griechenland-Erlebnis wurde bestimmend für seine klassische Dichtung. Nach seiner Rückkehr weilte er 1841 und 1842 einige Zeit auf Schloss Escheberg bei Zierenberg und veröffentlichte die ersten Gedichte; insbesondere die patriotisch-preußenfreundlichen fanden beim preußischen König Friedrich Wilhelm IV. großen Anklang. 1842 erhielt Geibel von ihm eine – die bisherigen kärglichen und unsteten Einkunftsverhältnisse behebende – lebenslange Pension von 300 Talern. Diese ermöglichte ihm, die ungeliebte Hauslehrertätigkeit aufzugeben und sich nur noch seiner dichterischen Neigung und ausgedehnten Reisen zu widmen. Im Forsthaus Waldhusen im Lübecker Stadtteil Kücknitz verbrachte Geibel mehrmals seine Sommerfrische und schuf dort 1847 das Gedicht Aus dem Walde. Er war ein aktives Mitglied der Jung-Lübeck genannten Erneuerungsbewegung.
1851 verliebte er sich in die erst 17 Jahre alte Amanda („Ada“) Trummer (* 15. August 1834 in Lübeck), die er 1852 heiratete. Die Hochzeit wurde im Lübecker Gartenrestaurant Lachswehr gefeiert, dessen „stillen Garten mit dem schattigen Ulmengang“ er in einem Gedicht besang. 1852 erhielt er eine Ehrenprofessur für deutsche Literatur und Poetik von seinem Bewunderer, Maximilian II. Geibel zog nach München und unterrichtete dort bis 1868. 1853 wurde die Tochter Ada Marie Caroline (1853–1906) geboren, die spätere erste Frau von Emil Ferdinand Fehling. Schon zwei Jahre später starb seine Frau Amanda hier am 21. November 1855 und wurde auf dem Alten Südfriedhof beigesetzt. Geibel förderte auch den über Lübeck nach München gekommenen Wilhelm Jensen. Nach dem Tode Maximilians II. 1864 wurde Geibel wegen seiner preußenfreundlichen Gesinnung angefeindet; er verlor 1868 seine – vom bayerischen Königshaus zugewandte – lebenslange Pension. Geibel verließ den Münchner Dichterkreis Die Krokodile und die königliche Tafelrunde, an denen er seit 1852 beteiligt gewesen war.
Als der preußische König Wilhelm am 12. September 1868 Lübeck besuchte, begrüßte Geibel den Gast mit jenem Gedicht, durch das er bei König Ludwig II. in Ungnade gefallen war und das somit Anlass für die Rückkehr des Dichters in seine Vaterstadt wurde.[4]
In den Jahren 1873 bis 1875 verbrachte er die Sommer in Schwartau, wo er in der näheren Umgebung wanderte. Emanuel Geibel starb am 6. April 1884 in Lübeck, wo er als Stadtdichter verehrt und zum Ehrenbürger ernannt worden war. Die Gedächtnisrede, die ihm sein Schwager Ludwig Trummer, Hauptpastor an St. Petri, am Sarge in St. Marien zu seiner Beisetzung hielt, ging in Druck und machte ihn weit über die Grenzen der Stadt hinaus als Redner bekannt. Geibels Grabstelle befindet sich auf dem Burgtorfriedhof. Den meisten heutigen Lübeckern ist er durch sein Gedicht Zu Lübeck auf der Brücken bekannt. Darin geht es um den Gott Merkur, der als Statue auf der Puppenbrücke steht.
Künstlerisches Schaffen
Grabmal auf dem Burgtorfriedhof in Lübeck (Foto: August 2009)
Geibel war ein Spätromantiker, dessen Werke in ihrer Formvollendung einem klassizistischen Schönheitskult folgten. Sie waren noch vom Stil der Romantik beeinflusst, als diese längst verstrichen war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war er einer der bekanntesten deutschen Dichter. Seine patriotischen Gedichte standen in scharfem Kontrast zu den Werken der Jungdeutschen und der Naturalisten, von denen er heftig angegriffen wurde. Sein erstes Gedicht veröffentlichte er im Deutschen Musenalmanach für das Jahr 1834 von A. von Chamisso und Gustav Schwab unter Pseudonym.[5]
Sein wohl bekanntestes Werk ist das Gedicht Wanderlied, auch bekannt als Der Mai ist gekommen, das er 1841 auf dem Weg nach Schloss Escheberg zu verfassen begann. In der Vertonung von Justus Wilhelm Lyra aus Osnabrück wird Der Mai ist gekommen am Vorabend des 1. Mai in Osnabrück, Lübeck und anderen Orten bis heute öffentlich gesungen.
Teile seiner Gedichte wurden auch im Nationalsozialismus verwendet. Das Schlagwort „Am deutschen Wesen mag die Welt genesen", in Geibels Originaltext „Und es mag am deutschen Wesen, Einmal noch die Welt genesen.“[6] wurde seinem Gedicht Deutschlands Beruf von 1861 entnommen, obgleich mit dem „deutschen Wesen", im Gegensatz zur späteren Interpretation im Sinne von „Art und Weise“ bzw. von „deutscher Kultur / Rasse“ im Sinne der NS-Ideologie, das Bestehen Deutschlands als Einheit, als ein Staat (als ein Wesen, bei Beibehaltung der kulturellen Vielfalt) zu verstehen ist; das Gedicht ist ein Aufruf Geibels an die deutschen Einzelstaaten zur Einigung hinter einem neuen Kaiser. Nach Ausschluss Österreichs aus dem als Deutschland definierten Gebiet (kleindeutsche Lösung) nach 1866 und dem Deutsch-Französischen Krieg sah Geibel diesen Aufruf 1871 noch verwirklicht. Geibel versuchte sich auch als Dramatiker, zum Beispiel beim Opernlibretto Loreley, jedoch ohne großen Erfolg. Bedeutender sind seine Übersetzungen französischer, spanischer, griechischer und lateinischer Lyrik.
Theodor Fontane setzte Geibel ein literarisches Denkmal in der Prägung „Geibelei“, unter der er schöne, aber formal stereotype Lyrik verstand, die sich mit beliebigen Inhalten füllen ließe. Theodor Storm echauffierte sich noch beim Mahl, das im Rahmen der Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt Husum für ihn abgehalten wurde, darüber, dass sein Werk zeit seines Lebens hinter das von Geibel zurückgestellt wurde.[7]
Thomas Mann verewigte Geibel in den Buddenbrooks in der Figur des Jean-Jacques Hoffstede, des „Dichters der Stadt“, der beim großen Familienfest im Hause Buddenbrook am Anfang des Buches ein paar Zeilen, die er eigens zu diesem Anlass zu Papier gebracht hatte, zum Besten gibt. Allerdings gilt auch Wilhelm Buschs Bildergeschichte Balduin Bählamm, der verhinderte Dichter als spöttischer Kommentar zu Emanuel Geibel und den Kreisen, in denen er sich bewegte.
Ehrungen
Am 9. Dezember 1868 wurde Geibel Ehrenbürger der Stadt Lübeck.[8]
Am 18. Oktober 1889 errichtete man ein Denkmal auf dem Geibelplatz, das von Hermann Volz geschaffen wurde, in Lübeck.
Die 1920 gegründete Dritte Mädchenschule Lübecks wurde 1934 in Emanuel-Geibel-Mittelschule umbenannt; seit 1960 heißt sie Emanuel-Geibel-Realschule.
1894 wurde in Wien Rudolfsheim-Fünfhaus (15. Bezirk) die Geibelgasse nach ihm benannt.
In Kiel-Schreventeich wurden 1900 sowohl die Geibelallee als auch der Geibelplatz nach ihm benannt.[9]
Emanuel-Geibel-Straßen oder Geibelstraßen gibt es u.a. in Bremen-Findorff, Bremerhaven-Lehe, Büdelsdorf, Dinslaken, Diedelsheim, Duisburg, Erfurt, Flensburg, Hamburg, Hannover, Leipzig, Norderstedt, Reutlingen, Speyer und Wiesbaden.
Werke
Gedichte
Gedichte. Alexander Dunker, Berlin 1840 Digitalisat 13. Aufl. 1848 (100. Aufl., J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1884)
Zeitstimmen. Gedichte. Friedr. Asschenfeldt, Lübeck 1841 Digitalisat 3. neu verm. Aufl. 1846[10]
Ein Ruf von der Trave. Gedicht. Friedr. Asschenfeldt, Lübeck 1845 Digitalisat
Zwölf Sonette für Schleswig-Holstein. Asschenfeldt, Lübeck 1846
Juniuslieder. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1848 Digitalisat der Erstausgabe (26. Aufl. 1884) Digitalisat 7. verm. Aufl. 1858
Hrsg: Gedichte von Hermann Lingg. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1854
Neue Gedichte. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1856 Digitalisat der Erstausgabe (19. Aufl. 1884) Digitalisat 5. Aufl. 1858
Die Loreley. C. Rumpler, Hannover 1861 Digitalisat (2. Aufl. 1861)
Hrsg.: Ein Münchner Dichterbuch. A. Kröner, Stuttgart 1862 Digitalisat
Gedichte und Gedenkblätter. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1868 (7.Aufl. 1878) Digitalisat 4. Auflage
Die Goldgräber, 1870
Heroldsrufe. Aeltere und neuere Zeitgedichte. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1871 Digitalisat der Erstausgabe (4. Aufl. 1872)
Spätherbstblätter. Neueste Gedichte. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1877 Digitalisat der Erstausgabe (5. Aufl. 1884)
Übersetzungen
Emanuel Geibel, Ernst Curtius: Klassische Studien. Uebersetzungen aus griechischen Dichtern. Erstes Heft. Eduard Weber, Bonn 1840 Digitalisat
Volkslieder und Romanzen der Spanier im Versmasse des Originals verdeutscht. Alexander Duncker, Berlin 1843 Digitalisat
Emanuel Geibel, Paul Heyse: Spanisches Liederbuch. Wilhelm Hertz 1852 Digitalisat (2. Auf. 1852)
Emanuel Geibel, Adolf Friedrich von Schack: Romanzero der Spanier und Portugiesen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1860 Digitalisat
Classisches Liederbuch. Griechen und Römer in deutscher Nachbildung. 2. Aufl. Wilhelm Hertz, Berlin 1876 Digitalisat
Emanuel Geibel, Heinrich Leuthold: Fünf Bücher französischer Lyrik vom Zeitalter der Revolution bis auf unsere Tage, in Uebersetzungen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1862 Digitalisat
Dramen und Lustspiele
König Roderich. Eine Tragödie in fünf Aufzügen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Tübingen 1844 Digitalisat
König Sigurds Brautfahrt. Eine nordische Sage. Wilhelm Besser, Berlin 1846 Digitalisat (4. Aufl. Krabbe, Stuttgart 1877)
Meister Andrea. Lustspiel in zwei Aufzügen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1855 Digitalisat
Brunhild, Eine Tragödie. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart und Augsburg 1857 Digitalisat der Erstausgabe (4. Aufl. 1884)
Sophonisbe. Tragödie in fünf Aufzügen. J. G. Cotta'sche Buchhandlung, Stuttgart 1856 (19. Aufl. 1884) Digitalisat 2. Aufl. 1870
Echtes Gold wird klar wie Feuer. Ein Sprichwort. A. Hildebrand's Verlag, Schwerin 1882 Digitalisat 3. Aufl. 1882
Briefe
Albert Duncker: Emanuel Geibel's Briefe an Karl Freiherr von der Malsburg und die Mitglieder seiner Familie. Paetel, Berlin 1885
F. E. Fehling: Emanuel Geibels Jugendbriefe. Bonn - Berlin -Griechenland. Karl Curtius, Berlin 1909 Digitalisat
Emanuel Geibel über seine Juniuslieder. Unveröffentlichte Briefe aus dem Cotta'schen Archiv. In: Der Greif. Cotta'sche Monatsschrift. 1. Jahrgang, Heft 7, 1915.
Erich Petzet (Hrsg.): Der Briefwechsel von Emanuel Geibel und Paul Heyse. J. F. Lehmanns Verlag, München 1922 Digitalisat
Gustav Struck (Hrsg.): Briefwechsel Emanuel Geibel und Karl Goedecke. Stadtbibliothek Lübeck, Lübeck 1939 (Veröffentlichungen der Bibliotheken der Hansestadt Lübeck, Neue Reihe Bd. I)
Wilhelm Schoof: Aus Geibels Briefwechsel mit Freiligrath, Begegnung mit Mörike. aus unveröffentlichten Briefen. Lübeck 1956
Heinrich Schneider: Die freundschaftliche Begegnung Heinrich Leutholds und Emanuel Geibels im Münchener Dichterkreis. Ein literaturgeschichtlicher und psychologischer Bericht mit bisher ungedruckten Briefen und Dokumenten. Lübeck: Schmidt-Römhild 1961. (Veröffentlichungen der Stadtbibliothek Lübeck; Neue Reihe; 4)Digitalisat
Hans Reiss, Herbert Wegener (Hrsg.): Emanuel Geibel. Briefe an Henriette Nölting 1838-1855. Max Schmidt-Römhild, Lübeck 1963 (Veröffentlichungen der Stadtbibliothek Lübeck. Neue Reihe Band 6)
Rainer Hillenbrand: Franz Kuglers Briefe an Emanuel Geibel. Lang, Frankfurt am Main [u. a.] 2001 ISBN 3-631-37553-0
Rainer Hillenbrand: Heyseana aus Heidelberg und Nürnberg. Sieben Briefe von Paul Heyse sowie je einer von Geibel und Lenbach an Heyse. In:Roland Berbig (Hrsg.): Paul Heyse: ein Schriftsteller zwischen Deutschland und Italien. Lang, Frankfurt am Main [u. a.] 2001, S. 255-265
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