Die Befreiungskriege
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Die Befreiungskriege
Als Befreiungskriege oder Freiheitskriege werden die kriegerischen Auseinandersetzungen in Mitteleuropa von 1813 bis 1815 zusammengefasst, mit denen die französische Vorherrschaft unter Napoleon Bonaparte über große Teile des europäischen Kontinents beendet wurde. Sie gehören zu den Napoleonischen Kriegen und bilden als Teile des Sechsten Koalitionskrieges ihren Abschluss.
Karte der Welt von 1813: Frankreich und Alliierte (rot), Koalition (blau), von Frankreich besetzte Gebiete (hellrot), von der Koalition besetzte Gebiete (hellblau)
Gegen das Französische Kaiserreich, das sich mit Großbritannien seit 1793 nahezu ununterbrochen in einem weltumspannenden See- und Kolonialkrieg befunden hatte, bildete sich im Jahr 1813 nach Napoleons Niederlage im Russlandfeldzug von 1812 erneut eine Koalition. Diese wurde zunächst von Russland und Preußen getragen, später schlossen sich Österreich und andere Staaten an. In Deutschland entstand eine antifranzösische und national orientierte Publizistik, die eine Basis für den deutschen Nationalismus im 19. und 20. Jahrhundert bildete. Der anfänglich auch mit ideologischen Untertönen geführte Volkskrieg wurde insbesondere von Metternich in einen Krieg der Regierungen zur Wiederherstellung eines Gleichgewichts der alten Mächte umgewandelt.
Nach einem wechselhaften Kriegsverlauf wurde Napoleon im Oktober 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig geschlagen. Er musste sich über den Rhein zurückziehen. Der Rheinbund löste sich nach dieser Niederlage auf. Mit dem Rückzug Napoleons endete die französische Herrschaft über Teile Deutschlands (Franzosenzeit). An der Jahreswende zu 1814 überquerten die Alliierten den Rhein. Nach mehreren Abwehrschlachten wurde Napoleon im März in der Schlacht bei Arcis-sur-Aube geschlagen. Die Sieger marschierten in Paris ein, zwangen Napoleon zur Abdankung und restaurierten die Königsherrschaft. Über die Neugestaltung Europas sollte der Wiener Kongress entscheiden. Während dieser noch tagte, kehrte Napoleon von der Insel Elba zurück, übernahm erneut die Herrschaft, ehe er bei Waterloo endgültig geschlagen wurde. Die Hoffnungen der liberalen Kräfte auf ein geeintes und politisch freies Deutschland wurden vom Wiener Kongress bei der Regelung der Friedensordnung nicht erfüllt.
Begriffsgeschichte
Der Begriff Freiheitskrieg wurde von deutschen liberalen Kräften benutzt, um das Ziel eines geeinten deutschen Verfassungsstaates anzudeuten. Konservative setzten in der Restaurationsphase nach 1815 den Begriff Befreiungskrieg zur Betonung des Kampfes als eine gegen die französische Hegemonie und Besetzung Europas gerichtete Kampagne ein. In der Geschichtsschreibung – auch in der marxistischen – hat sich jedoch der Terminus Befreiungskrieg durchgesetzt. Der Alternativbegriff Freiheitskrieg wird selten benutzt.[1]
Von den deutschen Befreiungskriegen 1813–1815 werden gelegentlich die europäischen Befreiungskriege unterschieden, die 1808 mit dem Widerstand Spaniens begonnen hatten.
Niederlage Napoleons im Russlandfeldzug
Ludwig Graf Yorck von Wartenburg (Gemälde von Ernst Gebauer)
Die napoleonische Herrschaft in Deutschland schien 1812 auf dem Fürstentag in Dresden vor dem Beginn des Russlandfeldzuges festgefügt zu sein. An dem Krieg beteiligt waren zahlreiche deutsche Soldaten der Rheinbundstaaten, aber auch preußische und österreichische Hilfskontingente. Insgesamt stellten die deutschen Staaten etwa ein Drittel der über 600.000 Mann starken Invasionstruppen. Der Feldzug wurde durch die russische Defensivtaktik, den Widerstandswillen der Staatsführung und der Bevölkerung, den Brand von Moskau, die hohen Verluste durch Kälte, Hunger und Krankheiten zur Niederlage Napoleons. Nur ein geringer Teil der Soldaten kehrte Ende Dezember 1812 über die russisch-polnische Grenze zurück. Über die genauen Zahlen gibt es unterschiedliche Angaben. Thomas Nipperdey spricht von insgesamt 100.000 Soldaten. Die Hauptarmee soll nach Alan Parker nur noch 20.000 Mann gezählt haben. Andere Angaben sprechen von 40.000 Mann. Davon war aber nur ein Bruchteil noch einsatzfähig. Weitgehend intakt waren neben den 25.000 Mann unter Macdonald, die noch bei Riga standen, die österreichischen und preußischen Korps.[2] In Russland setzte sich Alexander I., unterstützt unter anderem von seinem Berater, dem Freiherrn von Stein, gegen seine Generäle damit durch, den Krieg bis zur endgültigen Niederlage Napoleons und der Wiederherstellung des Kräftegleichgewichts in Europa fortzusetzen. Aus deutschen Emigranten wurde die russische Legion gebildet. Deutsche Intellektuelle in russischen Diensten wie Justus von Gruner und Ernst Moritz Arndt übernahmen die propagandistische Unterstützung des Krieges.[3]
Übergang Preußens zur antinapoleonischen Koalition
→ Hauptartikel: Ostpreußisches National-Kavallerie-Regiment und Ostpreußische
Landwehr 1813
Die Koalition vor dem Beitritt Preußens 1812
In Preußen reagierten König Friedrich Wilhelm III. und die Regierung zögerlich, weil sie meinten, dass Preußen trotz der preußischen Reformen nach der Niederlage von 1806 immer noch zu geschwächt wäre, um eine Konfrontation mit Frankreich riskieren zu können. Preußen hatte sich am 24. Februar 1812 Frankreich faktisch unterwerfen müssen. Das Land verfügte nur über maximal 28.000 Mann regulärer Einheiten, ohne das preußische Hilfskorps der Grande Armée unter Yorck. Die Einheiten lagen verstreut über das gesamte Staatsgebiet. Die Hauptmacht stand in Schlesien. Die bedeutendsten Festungen waren in französischer Hand. Außerdem stand Eugène de Beauharnais mit 13.000 Mann bei Posen, und weitere Truppen waren dabei heranzurücken. Reste der Grande Armée marschierten durch Deutschland, um als Basis für neue Einheiten zu dienen. Im Übrigen waren auch die Russen durch den zurückliegenden Russlandfeldzug geschwächt.[4]
Der Kommandierende General der preußischen Hilfstruppen, Ludwig Yorck von Wartenburg, schloss am 30. Dezember 1812 in der Konvention von Tauroggen einen Waffenstillstand mit den russischen Truppen. Damit war der Weg für die russische Armee nach Ostpreußen offen. Der Schritt Yorcks erfolgte ohne Wissen und Billigung des Königs. Allerdings hoffte Yorck auf eine nachträgliche Zustimmung. Dennoch war diese Handlungsweise eigentlich Hochverrat. Yorck war ursprünglich ein konservativer General, der aber in den letzten Jahren ins Lager der Reformer übergegangen war und sich schon früher für einen Volksaufstand ausgesprochen hatte. Die Entwicklung in Ostpreußen war bereits in der ersten Februarwoche der Regierung in Berlin weitgehend entzogen. So trat Freiherr vom Stein in Ostpreußen als Beauftragter des Zaren auf. Er schrieb an Yorck: „Klugheit, Ehre, Vaterlandsliebe, Rache gebieten keine Zeit zu verlieren, den Volkskrieg aufzurufen, die Waffen zu ergreifen und jede Kraft anzuspannen, um die Fesseln des frechen Unterdrückers zu brechen und die erlittene Schmach mit Blut seiner verruchten Banden abzuwaschen.“[5] Yorck rief in Ostpreußen eine Landesversammlung ein, begann Truppen aufzustellen und den Krieg gegen Frankreich zu proklamieren. Es wurde eine Landwehr von 20.000 Mann und 10.000 Reservisten aufgestellt. Alle Ausnahmen vom Wehrdienst außer für Lehrer und Geistliche wurden abgeschafft. Auch die Einschränkungen hinsichtlich der Religion fielen, was bedeutete, dass zum ersten Mal auch Juden einberufen werden konnten. Auch dies geschah ohne Zustimmung des Königs.[6]
Die Unterschriften von Yorck (Königlich Preuß. General Lieutn.) und Diebitsch (Kaiserlich Russischer General Major) unter der Konvention von Tauroggen vom 30. Dezember 1812
Der König blieb zunächst zögerlich, begann sich aber allmählich von den Franzosen zu lösen. Die preußische Regierung wich am 22. Januar 1813 ins unbesetzte Breslau aus, und man begann mit Rüstungen. Auf Basis einer Kabinettsorder vom 3. Februar wurde am 8. Februar zur Bildung von freiwilligen Jägerverbänden (Freikorps) aufgerufen und am 9. Februar die allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Auch wegen der Nutzung des Krümpersystems stand zu Kriegsbeginn eine Armee von 107.000 Mann Feldtruppen sowie 30.000 Mann Garnisons- und Reservetruppen zur Verfügung.[7] Es gelang insbesondere vom Stein, unterstützt von den Heeresreformern Scharnhorst, Gneisenau, Boyen und Clausewitz, den König und Hardenberg für einen Kriegskurs zu gewinnen. Dabei spielte auch eine Rolle, dass sich die Unzufriedenheit mit dem König über weite Teile des Landes ausbreitete und man sogar mit einer offenen Revolte rechnete, sollte der König nicht auf Russland zugehen. Aber erst Ende Februar schloss Preußen nach langwierigen Verhandlungen ein offizielles Bündnis mit Russland. Preußen sagte zu, einen Teil seiner ehemaligen polnischen Besitzungen an Russland abzutreten. Dafür sollte es Entschädigungen im Westen erhalten. Es wurde von Preußen und Russland eine Kommission unter vom Stein gegründet, aus der später das Zentralverwaltungsdepartement hervorgehen sollte. Zu diesem Zeitpunkt sollte die Kommission Truppen aus allen Gebieten Deutschlands anwerben und die politische Neugestaltung in Süd- und Westdeutschland planen.[8]
Preußischer Volkskrieg
Beginn des Aufrufs An Mein Volk
Am 4. März 1813 zogen russische Truppen in Berlin ein, das kurz zuvor von den Franzosen geräumt worden war. In der preußischen Öffentlichkeit herrschte eine antinapoleonische Stimmung vor. Diese setzte den König unter Zugzwang. Er sah sich gezwungen, dem patriotischen Enthusiasmus entgegenzukommen. Am 10. März stiftete er das Eiserne Kreuz, den ersten Orden, der unterschiedslos an alle Dienstränge verliehen wurde. Am 17. März, dem Tag nach der Ankunft des Zaren Alexander I. im Hoflager des preußischen Königs in Breslau, erklärte Preußen dem napoleonischen Frankreich den Krieg. Unter anderem die Schlesische privilegierte Zeitung vom 20. März 1813 veröffentlichte den von Friedrich Wilhelm am 17. März unterzeichneten Aufruf An Mein Volk[9], der zu einem Freiheitskrieg aufrief. Darin wurde an Freiheitskämpfe in früheren Zeiten erinnert. Bewusst wurde aber keine Parallele zur Levée en masse der Französischen Revolution gezogen. Auch versuchte der Aufruf, eine Verbindung zur herkömmlichen Führung des Hauses Hohenzollern herzustellen. Das Volk wurde zur Opferbereitschaft aufgefordert im Kampf um die Unabhängigkeit für König, Vaterland und Ehre. Der Appell an den Patriotismus war etwas Neues. In Preußen wurde daraufhin Geld für den Krieg gesammelt. Unter dem Motto Gold gab ich für Eisen kamen so immerhin 6,5 Millionen Taler zusammen. An den Spenden beteiligten sich Menschen aus allen Bevölkerungsschichten bis in die Unterschichten hinein. Besonders groß war die Begeisterung für den Krieg in der jüdischen Bevölkerung. Der jüdische Student Heinrich Steinmann etwa sah 1813 in der militärischen Gleichbehandlung auch einen Schritt hin zu einer allgemeinen Gleichberechtigung.[10] Zahlreiche jüdische Männer, die zum ersten Mal Kriegsdienst leisten konnten, meldeten sich freiwillig. Eine jüdische Spendenkampagne war so erfolgreich, dass einige Rabbiner auch Kaddischkelche oder den Schmuck der Thorarollen spendeten. Geradezu revolutionär waren Bestimmungen im Aufruf zur Bildung der Landwehr, die eine Wahl der Offiziere vorsah. Zum ersten Mal wurde auch um die Unterstützung durch die Frauen geworben. Weibliche Mitglieder des Königshauses riefen zur Bildung eines Frauenvereins zum Wohle des Vaterlandes auf. Insgesamt entstanden bis Kriegsende 600 derartige Vereine auf lokaler Basis. Auch hierbei spielten Jüdinnen, wie Rahel Varnhagen, eine große Rolle. Für Frauen wurde eigens der Louisenorden gestiftet.[11]
Freikorps und Landwehr
Ein Mitglied der Schwarzen Schar nimmt Abschied (Gemälde The Black Brunswicker).
In diesen Zusammenhang gehört auch die Aufstellung von Freiwilligeneinheiten (Freiwillige Jäger) und Freikorps (u. a. das Lützowsche Freikorps oder die Schwarze Schar). Das Freikorps Lützow wurde für nichtpreußische Freiwillige aufgestellt. Die im Korps Lützow Dienenden waren daher nicht auf den König, sondern auf das Vaterland vereidigt worden.[12] In der Praxis waren aber auch dort zwei Drittel Preußen. Die meisten Übrigen kamen aus Nordwest- und Mitteldeutschland. Extrem hoch waren Angehörige der gebildeten Stände vertreten. Diese Einheit sollte nicht zuletzt dazu beitragen, Aufstände gegen Napoleon mit auszulösen. Im Laufe des Krieges wurde diese irreguläre Einheit, die als eine Art Guerillatruppe kämpfen sollte, auf Druck regulärer Militärs aufgelöst. Auch Landwehr- und Landsturm-Einheiten wurden aufgestellt.
Alle bisherigen Ausnahmen von der Wehrpflicht wurden aufgehoben. Wer sich zu entziehen suchte, musste mit der Einschränkung bürgerlicher Freiheiten rechnen. Insofern geschah die Truppenbildung nicht nur freiwillig. Tatsächlich flohen in Schlesien oder Westpreußen auch zahlreiche Rekruten über die Grenzen. Andere versuchten etwa mit ärztlichen Attesten dem Militärdienst zu entgehen. Auch die Vorstellung, dass vor allem die gebildete Jugend zu den Waffen geströmt sei, wurde von der Forschung inzwischen etwas relativiert, auch wenn unter ihr die Aufrufe stark befolgt wurden. Unter den Freiwilligen dominierten die Handwerker mit 41 %. Es folgten Angehörige der agrarischen Bevölkerung mit 16 %, Knechte und Tagelöhner mit 15 %. Die gebildeten Stände machten etwa 12 % und die Studenten etwa 5 % aus. Dies entsprach immerhin einem Anteil von 20 % aller preußischen Studenten. Insgesamt schätzt Peter Brandt, dass schließlich die Hälfte der deutschen Studenten sich an den Befreiungskriegen beteiligt hat. Die Freiwilligeneinheiten machten zwar am Ende nur 12 % der Gesamtarmee aus, sie bildeten aber ein Charakteristikum des Krieges.[13]
Auf Vorposten: Heinrich Hartmann (liegend, links) Theodor Körner (sitzend, Mitte) und Friedrich Friesen (stehend, rechts) als Lützower Jäger (Gemälde von Georg Friedrich Kersting 1815)
Bei den Landwehreinheiten waren die Ausrüstung und die Disziplin lange Zeit schlecht. Es fehlte an erfahrenen Offizieren und die Kampfkraft war anfangs entsprechend gering. Dies änderte sich mit der Zeit. Im Gegensatz zur Landwehr wurde der Landsturm kaum aktiv eingesetzt. Insgesamt wurde innerhalb kurzer Zeit eine Armee von etwa 280.000 Mann aufgestellt. Dies entsprach ungefähr einem Zehntel der männlichen Bevölkerung. Davon waren etwa 120.000 Mann Landwehr. Etwa 30.000 waren Freiwillige. Der Rest waren reguläre Linientruppen.
Für das gesamte deutschsprachige Mitteleuropa muss man von etwa einer doppelt so hohen Zahl Freiwilliger ausgehen. Zu den außerpreußischen Freiwilligenverbänden gehörte etwa die Hanseatische Legion oder das Banner der freiwilligen Sachsen. Schon früher gegründet wurde die Schwarze Schar Herzog Friedrich Wilhelms von Braunschweig-Wolfenbüttel. Diese ging 1810 in den unter englischem Kommando stehenden Braunschweig-Lüneburgschen Jägern und schließlich im Braunschweigischen Leibbataillon auf, das am 16. Juni 1815 an der Schlacht bei Quatre-Bras und zwei Tage später an der Schlacht bei Waterloo teilnahm. Es gab sogar Freiwillige Frauenverbände, die vor allem humanitäre Hilfsdienste leisteten.[14]
Nationalorientierte Publizistik
Die Kranzwinderin auf einem Gemälde von Georg Friedrich Kersting aus dem Jahr 1815 symbolisiert das Andenken an die Gefallenen, deren Namen in die Eichenstämme eingegraben sind.
Literaten und Intellektuelle (Johann Philipp Palm, Johann Gottlieb Fichte, Ernst Moritz Arndt, Friedrich Ludwig Jahn, Theodor Körner u. a.) hatten seit 1806 immer deutlicher gegen die napoleonische Besatzung aufbegehrt. Eine Erhebung, die erfolgreich sein sollte, musste nach ihrer damals neuartigen Einschätzung über die Grenzen der dynastischen Politik hinausgehen und eine gemeinsame Unternehmung aller Deutschen werden. Arndt und Jahn baten seit 1810 immer wieder hochrangige Persönlichkeiten des preußischen Hofes, zur Vorbereitung eines solchen Aufstands überzugehen. Jahn selbst gründete dazu auch den Deutschen Bund (Geheimbund). Auch die Turnbewegung, die von Jahn 1810 gegründet wurde, und die seit 1811 entstehende Burschenschaft gehört in diesen Zusammenhang. Der 1808 gegründete Tugendbund, in dem sich Akademiker, Offiziere, Adelige, Literaten und andere zusammenschlossen, zielte auf eine nationale Politik ab. Diese Wegbereiter beteiligten sich nach Ausbruch der Kampfhandlungen teils militärisch, teils weiterhin durch Schriften an der Stärkung der verbündeten Kräfte. Es gab daneben über eine längere Zeit auch eine pro-napoleonische Publizistik, die von Napoleon Deutschlands Wiedergeburt erhoffte. Sie büßte jedoch, je länger die kriegsbedingten Belastungen dauerten, immer mehr an Überzeugungskraft ein.[15]
Die schon vor 1813 einsetzende nationale Publizistik gewann nach Kriegsbeginn einen starken Aufschwung. Preußischer Patriotismus verband sich mit deutschem Nationalismus. Die Kriegslieder von Körner, Schenckendorff, Eichendorff oder Rückert waren überaus populär. Bei Körner hieß es etwa: „es ist kein Krieg, von dem die Kronen wissen, es ist ein Kreuzzug, 's ist ein heil'ger Krieg.“[16] Unter den Publizisten war Ernst Moritz Arndt mit seinen gesamtdeutsch ausgerichteten Schriften besonders einflussreich. Besonders bekannt geworden ist sein Lied Des Deutschen Vaterland. Seine Schriften erzielten teilweise Auflagen von 100.000 Exemplaren, was für die Zeitverhältnisse ungewöhnlich hoch war. Sie erreichten eine Verbreitung bis in die ungebildete Bevölkerung hinein. Für die Patrioten war es ein Krieg der Nationen und vor allem eine Erhebung der Deutschen. Freiherr vom Stein träumte von bewaffneten Massen im Rücken der gegnerischen Truppen notfalls auch gegen die deutschen Fürsten. Ziel war ein einiges Deutschland unter österreichischer Führung.[17]
Entwicklung außerhalb Preußens
So wichtig die nationalen und frühliberalen Gedanken für die Entwicklung im 19. Jahrhundert auch waren, darf man sie auch für die Zeit der Befreiungskriege selbst nicht überschätzen. Ein Großteil der Bevölkerung wurde davon nur am Rande berührt. Von großer Bedeutung blieb der auf den jeweiligen Einzelstaat bezogene Patriotismus oder die Anhänglichkeit an die jeweilige Dynastie. Die Entwicklung in Preußen sprang im Übrigen nur auf einige Teile Deutschlands über. Immerhin kam es zu vereinzelten Unruhen, Desertionen oder Verweigerung von Steuern etwa im Königreich Westphalen, dem Großherzogtum Berg oder in den von Frankreich annektierten Gebieten im nördlichen Deutschland. Volksunruhen gab es auch in Bremen, Oldenburg, Dresden, Erfurt, dem Fürstentum Lippe, in Hessen-Darmstadt und dem Großherzogtum Frankfurt. Wo es zu Unruhen kam, wurden sie meist rasch niedergeschlagen.
Besonders wirkungsvoll war ein Aufstand, der am 24. Februar 1813 von Hamburg ausging. Daran stark beteiligt war die Unterschichtenbevölkerung.[18] Er weitete sich auf Lübeck, Stade, Lüneburg und andere norddeutsche Städte aus und verband sich mit dem Vormarsch eines russischen Kosakenkorps. Zollwächter, Steuerverwalter, Gendarmen und andere Vertreter der französischen Herrschaft wurden angegriffen. Die Franzosen mussten sich zeitweise zurückziehen. Allerdings konnten sich die russischen Verbände nicht halten. Nachdem die Franzosen wieder zurückgekehrt waren, kam es zu Repressalien gegen die an den Unruhen Beteiligten.
Kaiser Alexander I., Gemälde von Franz Krüger (1812)
Von den indirekt kontrollierten süd- und mitteldeutschen Staaten ging zunächst keine Gefahr für Napoleons Herrschaft aus. In Wiener Kreisen wurden zwar Aufstandspläne für den Alpenraum unter Einschluss der Schweiz geschmiedet, aber Metternich unterband dies, um seine Kabinettspolitik nicht durch unkalkulierbare Bewegungen gefährden zu lassen. Auch als nach den Erfolgen der Alliierten sich der Krieg auf ganz Deutschland ausdehnte, war die Begeisterung dafür in der Bevölkerung deutlich geringer als in Preußen. Noch geringer war sie in Österreich, wo auch noch die Erinnerung an 1809 eine Rolle spielte, als die anderen deutschen Länder Österreich allein kämpfen ließen.[19]
Der teilweise nationalistische Überschwang insbesondere in Preußen war nur eine Seite des Krieges. Auf der anderen Seite war es auch ein Krieg der Regierungen und Mächte. Für diese ging es nicht um nationale Selbstbestimmung, sondern um Machtansprüche, dynastische Interessen und die Wiederherstellung des Mächtegleichgewichts in Europa. Teilweise verbanden sich die Ebenen von Freiheitskampf und den üblichen Machtinteressen. Das war in der preußischen Politik der Fall, wo der Patriotenbund nun den Ton angab, und teilweise auch auf der russischen Seite, wo Freiherr vom Stein und andere deutsche Berater Einfluss auf Alexander I. ausübten. In der russisch-preußischen Proklamation von Kalisch vom 25. März wurde dies deutlich. Der russische General Michail Illarionowitsch Kutusow definierte in Abstimmung mit Hardenberg als Kriegsziele die Wiederherstellung des Rechts, der Freiheit, der Unabhängigkeit der Fürsten und Völker Deutschlands und Europas. Der Rheinbund sollte aufgelöst und ein neues deutsches Reich gegründet werden. Dabei wurde an eine lockere föderale Ordnung gedacht. Dieses sollte eine Verfassung „aus dem ureigensten Geiste des deutschen Volkes“[20] erhalten. Den Fürsten des Rheinbundes, die weiter an der Seite Napoleons blieben, drohte der Verlust ihres Thrones. Alexander I. wurde zwar als Befreier stilisiert, dies ging aber einher mit konkreten Machtinteressen. Die geplante föderale Ordnung garantierte eine relative Schwäche des neuen Deutschlands, das Russland nicht gefährlich werden konnte. Vielmehr sah sich Alexander I. als Garant der Neuordnung und Russland als die stärkste Macht in Europa.[21]
Frühjahrsfeldzug 1813
Karte zum Feldzugsverlauf 1813
Der Ausgang des Krieges war ungewiss. Preußen und Russland allein waren noch immer der Macht Napoleons unterlegen. Dieser hatte die Zeit genutzt, um eine neue Armee aus französischen Soldaten und Truppen des Rheinbundes aufzustellen. Er berichtete an seinen Schwiegervater, den österreichischen Kaiser Franz I.: „In Frankreich steht alles unter Waffen und Eure Majestät können versichert sein, dass ich, sobald der Frühling kommt, mit Gottes Hilfe die Russen schneller verjage, als sie gekommen sind.“[22]
Allerdings stand Napoleon nicht nur Preußen und Russland, sondern auch Großbritannien gegenüber. Das Land beteiligte sich mit dem Einsatz seiner Flotte in Übersee und mit Wellingtons Armee in Spanien am Krieg. Dabei brachte dieser den Franzosen eine Reihe von Niederlagen bei. Am 17. März 1813 musste Joseph Bonaparte, den Napoleon als spanischen König eingesetzt hatte, Madrid verlassen. Aber auch weiterhin blieben starke französische Kräfte auf dem spanischen Kriegsschauplatz gebunden und standen nicht für den Krieg im Osten zur Verfügung.[23]
Gebhard Leberecht von Blücher (Kopie eines unbekannten Künstlers nach Ernst Gebauer)
Napoleon war nicht in der Lage, die starke Oderstellung gegen die vorrückenden Preußen und Russen zu halten. Stattdessen mussten die Franzosen hinter die Elbe zurückweichen. Vor allem einige Kosakenregimenter rückten von Berlin aus Richtung Norden vor und zwangen die Herzöge von Mecklenburg, die Fronten zu wechseln. Sie befreiten Hamburg und Lübeck und daraufhin sagten sich auch andere Städte an der Elbe von Frankreich los. Die neue französische Armee im Osten bestand zu einem Großteil aus unerfahrenen Rekruten und auch die Ausrüstung war nicht optimal. Insbesondere fehlte es an Kavallerie.
Ein französisches Korps unter Józef Antoni Poniatowski war in Polen isoliert, ein zweites bei Danzig eingeschlossen. In Deutschland stand Mitte März die Elbarmee unter Eugène de Beauharnais. Eine weitere Armee unter Dominique Joseph Vandamme war im Anmarsch. Die Hauptarmee sammelte sich bei Hanau. Napoleon legte großen Wert auf den Schutz der unteren Elbe und verlegte Eugènes Truppen in diese Richtung. Er selbst beabsichtigte, die Elbe in der Nähe von Havelberg zu überschreiten, die Oderlinie zu gewinnen, die eingeschlossenen Truppen in Danzig und Stettin zu entsetzen und schließlich die Gegner über die Elbe zu drängen. Dieser Plan erwies sich als undurchführbar, so dass die Hauptarmee durch Thüringen in Richtung Saale marschierte. Ziel war die Vereinigung mit Eugène, um dann auf Leipzig zu marschieren und über die Elbe zu setzen.
Auf der Gegenseite nahm Kaiser Alexander I. immer stärker Einfluss auf den Ablauf der Operationen. Mit den Preußen war ein gemeinsames Vorgehen verabredet worden. Das alliierte Heer bestand aus einer Armee auf dem rechten Flügel unter dem russischen General Ludwig Adolf Peter zu Sayn-Wittgenstein und dem Korps Yorck. Diese verfügte über etwa 45.000 Mann und sollte über Berlin in Richtung Elbe marschieren. Auf dem linken Flügel stand die Armee Gebhard Leberecht von Blüchers zusammen mit dem russischen Korps Ferdinand von Wintzingerode mit etwa 40.000 Mann. Diese Armee sollte durch die Lausitz in Richtung Elbe marschieren. Die russische Hauptarmee wurde noch von dem erkrankten Kutusow geführt. Sie folgte in der Mitte zwischen den Flügelarmeen in breiter Front mit einem mehrtägigen Abstand.[24]
Blücher und Wintzingerode setzten bis zum 5. April über die Elbe bei Dresden. Die dort stationierten schwachen französischen Truppen hatten sich zuvor zurückgezogen. Die Alliierten rückten in Richtung Leipzig vor. Das Königreich Sachsen war bis auf die Festung Wittenberg schließlich in der Hand der Verbündeten. Der sächsische König floh nach Regensburg. Eugène de Beauharnais zog starke Truppenverbände bei Magdeburg zusammen, um dort ein befestigtes großes Lager anzulegen. 45.000 Mann gingen wieder auf das rechte Elbeufer über. Sie trafen am 5. April auf ein deutlich schwächeres Heer unter Wittgenstein und Yorck. Es kam zum verlustreichen Gefecht bei Möckern. Die Franzosen gingen darauf wieder über die Elbe zurück. General Wittgenstein seinerseits überschritt ebenfalls den Fluss und schloss Magdeburg und Wittenberg ein. Yorck marschierte in Richtung Saale, um die Verbindung mit Wintzingerode herzustellen. Weiter vor rückten die Flügelarmeen nicht, da die russische Hauptarmee noch immer bei Kalisch stand. Erst allmählich rückte die russische Hauptarmee bis Chemnitz vor. Nach dem Tod von Kutusow wurde Wittgenstein Oberbefehlshaber, aber der Kaiser übte einen immer stärkeren Einfluss aus.[24]
Napoleon selbst traf am 25. April in Erfurt ein. Ein Teil der Mainarmee war ebenfalls angelangt. Napoleon verfügte unter Einschluss der Armee Eugènes über etwa 151.500 Mann. Darunter befanden sich aber nur 7800 Kavalleristen und 358 Geschütze. Die Armee stand auf einer Front von etwa 125 km Länge und einer Tiefe von 100 km in drei Gruppen gegliedert. Dies waren etwa doppelt so viele Soldaten, wie sie die Verbündeten mit 95.000 Mann aufbringen konnten. Darunter waren 19.000 Kavalleristen, 9000 Kosaken und 560 Geschütze.[25] Diese waren in vier Gruppen gegliedert und auf 100 km Frontlinie von Halle an der Saale bis Dresden verteilt. Napoleon rückte seit dem 1. Mai in Richtung Leipzig vor. Die Verbündeten planten am 2. Mai gegen die rechte französische Flanke vorzugehen. In der Schlacht bei Großgörschen stießen die Heere aufeinander. Scharnhorst meldete das Ergebnis nach Berlin als 'Sieg'. Tatsächlich erlitten beide Seiten hohe Verluste, aber die Preußen und Russen behaupteten das Schlachtfeld und mussten sich erst auf Drängen der Russen am 6. und 7. Mai über die Elbe zurückziehen.
Napoleon in der Schlacht bei Großgörschen (Darstellung von Andrea Johann Fleischmann)
Napoleon folgte den Gegnern am 11. Mai, wollte aber bei Dresden zunächst die Ankunft weiterer Verstärkungen abwarten, ehe er weiter vorrückte. In der Folge kam es zu verschiedenen Manövern und kleineren Gefechten, ehe die Gegner am 21. und 22. Mai in der Schlacht bei Bautzen erneut aufeinander trafen. Dabei griff Napoleon die Verbündeten an, besiegte sie, konnte sie aber nicht entscheidend schwächen.
Die Verbündeten wurden aus Sachsen vertrieben und mussten sich nach Schlesien zurückziehen. Allerdings konnte Napoleon seinen Erfolg nicht wirklich ausnutzen. Um die geschlagenen gegnerischen Truppen zu zerschlagen, fehlte ihm eine starke Kavallerie. Außerdem hatten insbesondere die preußischen Truppen einen für Napoleon überraschenden Kampfgeist gezeigt und die französischen Truppen hatten hohe Verluste erlitten. Beim Rückzug der Verbündeten kam es zu einer Reihe von Gefechten, die den Franzosen meist höhere Verluste einbrachten als den Verbündeten. Diese machten im Übrigen auch die rückwärtigen Verbindungen der Franzosen unsicher. Durch einen preußischen Kavallerieangriff bei Haynau kam Napoleons Vormarsch weitgehend ins Stocken.
Die Verbündeten nahmen eine Verteidigungsstellung bei Schweidnitz ein und wurden durch Nachschubkräfte wieder auf 122.000 Mann verstärkt. Unter den Alliierten kam es zum Streit. Während der neue russische Befehlshaber Michael Andreas Barclay de Tolly die Truppen zurück nach Polen führen wollte, sprachen sich die Preußen dagegen aus.
Der Versuch des Korps von Charles Nicolas Oudinot, auf Berlin vorzustoßen, wurde im Gefecht bei Luckau von den Preußen am 4. Juni abgewiesen. Weil beide Seiten sich reorganisieren wollten, kam es zu dem zunächst sechswöchigen Waffenstillstand von Pläswitz (4. Juni). Außerdem hoffte Napoleon auf eine Verständigung mit Russland oder Österreich und war dafür sogar bereit, Polen zu opfern. Später bezeichnete er die Zustimmung zum Waffenstillstand als den größten Fehler seines Lebens.[26]
Zuvor hatte Marschall Louis-Nicolas Davout Ende April die über die Elbe vorgestoßenen Kosakenregimenter über den Fluss zurückgetrieben und die in deren Folge ausgebrochenen Aufstände niedergeschlagen. Der in russische Dienste getretene General Ludwig von Wallmoden-Gimborn wurde am 12. Mai in der Schlacht an der Göhrde geschlagen. Hamburg wurde erneut besetzt und zu einem wichtigen Waffenplatz gemacht. Auch Lübeck wurde zurückgewonnen und mit hohen Kontributionen belegt.[27]
Hier unterbrechen wir , wer weiterlesen möchte,hier der Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Befreiungskriege
Karte der Welt von 1813: Frankreich und Alliierte (rot), Koalition (blau), von Frankreich besetzte Gebiete (hellrot), von der Koalition besetzte Gebiete (hellblau)
Gegen das Französische Kaiserreich, das sich mit Großbritannien seit 1793 nahezu ununterbrochen in einem weltumspannenden See- und Kolonialkrieg befunden hatte, bildete sich im Jahr 1813 nach Napoleons Niederlage im Russlandfeldzug von 1812 erneut eine Koalition. Diese wurde zunächst von Russland und Preußen getragen, später schlossen sich Österreich und andere Staaten an. In Deutschland entstand eine antifranzösische und national orientierte Publizistik, die eine Basis für den deutschen Nationalismus im 19. und 20. Jahrhundert bildete. Der anfänglich auch mit ideologischen Untertönen geführte Volkskrieg wurde insbesondere von Metternich in einen Krieg der Regierungen zur Wiederherstellung eines Gleichgewichts der alten Mächte umgewandelt.
Nach einem wechselhaften Kriegsverlauf wurde Napoleon im Oktober 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig geschlagen. Er musste sich über den Rhein zurückziehen. Der Rheinbund löste sich nach dieser Niederlage auf. Mit dem Rückzug Napoleons endete die französische Herrschaft über Teile Deutschlands (Franzosenzeit). An der Jahreswende zu 1814 überquerten die Alliierten den Rhein. Nach mehreren Abwehrschlachten wurde Napoleon im März in der Schlacht bei Arcis-sur-Aube geschlagen. Die Sieger marschierten in Paris ein, zwangen Napoleon zur Abdankung und restaurierten die Königsherrschaft. Über die Neugestaltung Europas sollte der Wiener Kongress entscheiden. Während dieser noch tagte, kehrte Napoleon von der Insel Elba zurück, übernahm erneut die Herrschaft, ehe er bei Waterloo endgültig geschlagen wurde. Die Hoffnungen der liberalen Kräfte auf ein geeintes und politisch freies Deutschland wurden vom Wiener Kongress bei der Regelung der Friedensordnung nicht erfüllt.
Begriffsgeschichte
Der Begriff Freiheitskrieg wurde von deutschen liberalen Kräften benutzt, um das Ziel eines geeinten deutschen Verfassungsstaates anzudeuten. Konservative setzten in der Restaurationsphase nach 1815 den Begriff Befreiungskrieg zur Betonung des Kampfes als eine gegen die französische Hegemonie und Besetzung Europas gerichtete Kampagne ein. In der Geschichtsschreibung – auch in der marxistischen – hat sich jedoch der Terminus Befreiungskrieg durchgesetzt. Der Alternativbegriff Freiheitskrieg wird selten benutzt.[1]
Von den deutschen Befreiungskriegen 1813–1815 werden gelegentlich die europäischen Befreiungskriege unterschieden, die 1808 mit dem Widerstand Spaniens begonnen hatten.
Niederlage Napoleons im Russlandfeldzug
Ludwig Graf Yorck von Wartenburg (Gemälde von Ernst Gebauer)
Die napoleonische Herrschaft in Deutschland schien 1812 auf dem Fürstentag in Dresden vor dem Beginn des Russlandfeldzuges festgefügt zu sein. An dem Krieg beteiligt waren zahlreiche deutsche Soldaten der Rheinbundstaaten, aber auch preußische und österreichische Hilfskontingente. Insgesamt stellten die deutschen Staaten etwa ein Drittel der über 600.000 Mann starken Invasionstruppen. Der Feldzug wurde durch die russische Defensivtaktik, den Widerstandswillen der Staatsführung und der Bevölkerung, den Brand von Moskau, die hohen Verluste durch Kälte, Hunger und Krankheiten zur Niederlage Napoleons. Nur ein geringer Teil der Soldaten kehrte Ende Dezember 1812 über die russisch-polnische Grenze zurück. Über die genauen Zahlen gibt es unterschiedliche Angaben. Thomas Nipperdey spricht von insgesamt 100.000 Soldaten. Die Hauptarmee soll nach Alan Parker nur noch 20.000 Mann gezählt haben. Andere Angaben sprechen von 40.000 Mann. Davon war aber nur ein Bruchteil noch einsatzfähig. Weitgehend intakt waren neben den 25.000 Mann unter Macdonald, die noch bei Riga standen, die österreichischen und preußischen Korps.[2] In Russland setzte sich Alexander I., unterstützt unter anderem von seinem Berater, dem Freiherrn von Stein, gegen seine Generäle damit durch, den Krieg bis zur endgültigen Niederlage Napoleons und der Wiederherstellung des Kräftegleichgewichts in Europa fortzusetzen. Aus deutschen Emigranten wurde die russische Legion gebildet. Deutsche Intellektuelle in russischen Diensten wie Justus von Gruner und Ernst Moritz Arndt übernahmen die propagandistische Unterstützung des Krieges.[3]
Übergang Preußens zur antinapoleonischen Koalition
→ Hauptartikel: Ostpreußisches National-Kavallerie-Regiment und Ostpreußische
Landwehr 1813
Die Koalition vor dem Beitritt Preußens 1812
In Preußen reagierten König Friedrich Wilhelm III. und die Regierung zögerlich, weil sie meinten, dass Preußen trotz der preußischen Reformen nach der Niederlage von 1806 immer noch zu geschwächt wäre, um eine Konfrontation mit Frankreich riskieren zu können. Preußen hatte sich am 24. Februar 1812 Frankreich faktisch unterwerfen müssen. Das Land verfügte nur über maximal 28.000 Mann regulärer Einheiten, ohne das preußische Hilfskorps der Grande Armée unter Yorck. Die Einheiten lagen verstreut über das gesamte Staatsgebiet. Die Hauptmacht stand in Schlesien. Die bedeutendsten Festungen waren in französischer Hand. Außerdem stand Eugène de Beauharnais mit 13.000 Mann bei Posen, und weitere Truppen waren dabei heranzurücken. Reste der Grande Armée marschierten durch Deutschland, um als Basis für neue Einheiten zu dienen. Im Übrigen waren auch die Russen durch den zurückliegenden Russlandfeldzug geschwächt.[4]
Der Kommandierende General der preußischen Hilfstruppen, Ludwig Yorck von Wartenburg, schloss am 30. Dezember 1812 in der Konvention von Tauroggen einen Waffenstillstand mit den russischen Truppen. Damit war der Weg für die russische Armee nach Ostpreußen offen. Der Schritt Yorcks erfolgte ohne Wissen und Billigung des Königs. Allerdings hoffte Yorck auf eine nachträgliche Zustimmung. Dennoch war diese Handlungsweise eigentlich Hochverrat. Yorck war ursprünglich ein konservativer General, der aber in den letzten Jahren ins Lager der Reformer übergegangen war und sich schon früher für einen Volksaufstand ausgesprochen hatte. Die Entwicklung in Ostpreußen war bereits in der ersten Februarwoche der Regierung in Berlin weitgehend entzogen. So trat Freiherr vom Stein in Ostpreußen als Beauftragter des Zaren auf. Er schrieb an Yorck: „Klugheit, Ehre, Vaterlandsliebe, Rache gebieten keine Zeit zu verlieren, den Volkskrieg aufzurufen, die Waffen zu ergreifen und jede Kraft anzuspannen, um die Fesseln des frechen Unterdrückers zu brechen und die erlittene Schmach mit Blut seiner verruchten Banden abzuwaschen.“[5] Yorck rief in Ostpreußen eine Landesversammlung ein, begann Truppen aufzustellen und den Krieg gegen Frankreich zu proklamieren. Es wurde eine Landwehr von 20.000 Mann und 10.000 Reservisten aufgestellt. Alle Ausnahmen vom Wehrdienst außer für Lehrer und Geistliche wurden abgeschafft. Auch die Einschränkungen hinsichtlich der Religion fielen, was bedeutete, dass zum ersten Mal auch Juden einberufen werden konnten. Auch dies geschah ohne Zustimmung des Königs.[6]
Die Unterschriften von Yorck (Königlich Preuß. General Lieutn.) und Diebitsch (Kaiserlich Russischer General Major) unter der Konvention von Tauroggen vom 30. Dezember 1812
Der König blieb zunächst zögerlich, begann sich aber allmählich von den Franzosen zu lösen. Die preußische Regierung wich am 22. Januar 1813 ins unbesetzte Breslau aus, und man begann mit Rüstungen. Auf Basis einer Kabinettsorder vom 3. Februar wurde am 8. Februar zur Bildung von freiwilligen Jägerverbänden (Freikorps) aufgerufen und am 9. Februar die allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Auch wegen der Nutzung des Krümpersystems stand zu Kriegsbeginn eine Armee von 107.000 Mann Feldtruppen sowie 30.000 Mann Garnisons- und Reservetruppen zur Verfügung.[7] Es gelang insbesondere vom Stein, unterstützt von den Heeresreformern Scharnhorst, Gneisenau, Boyen und Clausewitz, den König und Hardenberg für einen Kriegskurs zu gewinnen. Dabei spielte auch eine Rolle, dass sich die Unzufriedenheit mit dem König über weite Teile des Landes ausbreitete und man sogar mit einer offenen Revolte rechnete, sollte der König nicht auf Russland zugehen. Aber erst Ende Februar schloss Preußen nach langwierigen Verhandlungen ein offizielles Bündnis mit Russland. Preußen sagte zu, einen Teil seiner ehemaligen polnischen Besitzungen an Russland abzutreten. Dafür sollte es Entschädigungen im Westen erhalten. Es wurde von Preußen und Russland eine Kommission unter vom Stein gegründet, aus der später das Zentralverwaltungsdepartement hervorgehen sollte. Zu diesem Zeitpunkt sollte die Kommission Truppen aus allen Gebieten Deutschlands anwerben und die politische Neugestaltung in Süd- und Westdeutschland planen.[8]
Preußischer Volkskrieg
Beginn des Aufrufs An Mein Volk
Am 4. März 1813 zogen russische Truppen in Berlin ein, das kurz zuvor von den Franzosen geräumt worden war. In der preußischen Öffentlichkeit herrschte eine antinapoleonische Stimmung vor. Diese setzte den König unter Zugzwang. Er sah sich gezwungen, dem patriotischen Enthusiasmus entgegenzukommen. Am 10. März stiftete er das Eiserne Kreuz, den ersten Orden, der unterschiedslos an alle Dienstränge verliehen wurde. Am 17. März, dem Tag nach der Ankunft des Zaren Alexander I. im Hoflager des preußischen Königs in Breslau, erklärte Preußen dem napoleonischen Frankreich den Krieg. Unter anderem die Schlesische privilegierte Zeitung vom 20. März 1813 veröffentlichte den von Friedrich Wilhelm am 17. März unterzeichneten Aufruf An Mein Volk[9], der zu einem Freiheitskrieg aufrief. Darin wurde an Freiheitskämpfe in früheren Zeiten erinnert. Bewusst wurde aber keine Parallele zur Levée en masse der Französischen Revolution gezogen. Auch versuchte der Aufruf, eine Verbindung zur herkömmlichen Führung des Hauses Hohenzollern herzustellen. Das Volk wurde zur Opferbereitschaft aufgefordert im Kampf um die Unabhängigkeit für König, Vaterland und Ehre. Der Appell an den Patriotismus war etwas Neues. In Preußen wurde daraufhin Geld für den Krieg gesammelt. Unter dem Motto Gold gab ich für Eisen kamen so immerhin 6,5 Millionen Taler zusammen. An den Spenden beteiligten sich Menschen aus allen Bevölkerungsschichten bis in die Unterschichten hinein. Besonders groß war die Begeisterung für den Krieg in der jüdischen Bevölkerung. Der jüdische Student Heinrich Steinmann etwa sah 1813 in der militärischen Gleichbehandlung auch einen Schritt hin zu einer allgemeinen Gleichberechtigung.[10] Zahlreiche jüdische Männer, die zum ersten Mal Kriegsdienst leisten konnten, meldeten sich freiwillig. Eine jüdische Spendenkampagne war so erfolgreich, dass einige Rabbiner auch Kaddischkelche oder den Schmuck der Thorarollen spendeten. Geradezu revolutionär waren Bestimmungen im Aufruf zur Bildung der Landwehr, die eine Wahl der Offiziere vorsah. Zum ersten Mal wurde auch um die Unterstützung durch die Frauen geworben. Weibliche Mitglieder des Königshauses riefen zur Bildung eines Frauenvereins zum Wohle des Vaterlandes auf. Insgesamt entstanden bis Kriegsende 600 derartige Vereine auf lokaler Basis. Auch hierbei spielten Jüdinnen, wie Rahel Varnhagen, eine große Rolle. Für Frauen wurde eigens der Louisenorden gestiftet.[11]
Freikorps und Landwehr
Ein Mitglied der Schwarzen Schar nimmt Abschied (Gemälde The Black Brunswicker).
In diesen Zusammenhang gehört auch die Aufstellung von Freiwilligeneinheiten (Freiwillige Jäger) und Freikorps (u. a. das Lützowsche Freikorps oder die Schwarze Schar). Das Freikorps Lützow wurde für nichtpreußische Freiwillige aufgestellt. Die im Korps Lützow Dienenden waren daher nicht auf den König, sondern auf das Vaterland vereidigt worden.[12] In der Praxis waren aber auch dort zwei Drittel Preußen. Die meisten Übrigen kamen aus Nordwest- und Mitteldeutschland. Extrem hoch waren Angehörige der gebildeten Stände vertreten. Diese Einheit sollte nicht zuletzt dazu beitragen, Aufstände gegen Napoleon mit auszulösen. Im Laufe des Krieges wurde diese irreguläre Einheit, die als eine Art Guerillatruppe kämpfen sollte, auf Druck regulärer Militärs aufgelöst. Auch Landwehr- und Landsturm-Einheiten wurden aufgestellt.
Alle bisherigen Ausnahmen von der Wehrpflicht wurden aufgehoben. Wer sich zu entziehen suchte, musste mit der Einschränkung bürgerlicher Freiheiten rechnen. Insofern geschah die Truppenbildung nicht nur freiwillig. Tatsächlich flohen in Schlesien oder Westpreußen auch zahlreiche Rekruten über die Grenzen. Andere versuchten etwa mit ärztlichen Attesten dem Militärdienst zu entgehen. Auch die Vorstellung, dass vor allem die gebildete Jugend zu den Waffen geströmt sei, wurde von der Forschung inzwischen etwas relativiert, auch wenn unter ihr die Aufrufe stark befolgt wurden. Unter den Freiwilligen dominierten die Handwerker mit 41 %. Es folgten Angehörige der agrarischen Bevölkerung mit 16 %, Knechte und Tagelöhner mit 15 %. Die gebildeten Stände machten etwa 12 % und die Studenten etwa 5 % aus. Dies entsprach immerhin einem Anteil von 20 % aller preußischen Studenten. Insgesamt schätzt Peter Brandt, dass schließlich die Hälfte der deutschen Studenten sich an den Befreiungskriegen beteiligt hat. Die Freiwilligeneinheiten machten zwar am Ende nur 12 % der Gesamtarmee aus, sie bildeten aber ein Charakteristikum des Krieges.[13]
Auf Vorposten: Heinrich Hartmann (liegend, links) Theodor Körner (sitzend, Mitte) und Friedrich Friesen (stehend, rechts) als Lützower Jäger (Gemälde von Georg Friedrich Kersting 1815)
Bei den Landwehreinheiten waren die Ausrüstung und die Disziplin lange Zeit schlecht. Es fehlte an erfahrenen Offizieren und die Kampfkraft war anfangs entsprechend gering. Dies änderte sich mit der Zeit. Im Gegensatz zur Landwehr wurde der Landsturm kaum aktiv eingesetzt. Insgesamt wurde innerhalb kurzer Zeit eine Armee von etwa 280.000 Mann aufgestellt. Dies entsprach ungefähr einem Zehntel der männlichen Bevölkerung. Davon waren etwa 120.000 Mann Landwehr. Etwa 30.000 waren Freiwillige. Der Rest waren reguläre Linientruppen.
Für das gesamte deutschsprachige Mitteleuropa muss man von etwa einer doppelt so hohen Zahl Freiwilliger ausgehen. Zu den außerpreußischen Freiwilligenverbänden gehörte etwa die Hanseatische Legion oder das Banner der freiwilligen Sachsen. Schon früher gegründet wurde die Schwarze Schar Herzog Friedrich Wilhelms von Braunschweig-Wolfenbüttel. Diese ging 1810 in den unter englischem Kommando stehenden Braunschweig-Lüneburgschen Jägern und schließlich im Braunschweigischen Leibbataillon auf, das am 16. Juni 1815 an der Schlacht bei Quatre-Bras und zwei Tage später an der Schlacht bei Waterloo teilnahm. Es gab sogar Freiwillige Frauenverbände, die vor allem humanitäre Hilfsdienste leisteten.[14]
Nationalorientierte Publizistik
Die Kranzwinderin auf einem Gemälde von Georg Friedrich Kersting aus dem Jahr 1815 symbolisiert das Andenken an die Gefallenen, deren Namen in die Eichenstämme eingegraben sind.
Literaten und Intellektuelle (Johann Philipp Palm, Johann Gottlieb Fichte, Ernst Moritz Arndt, Friedrich Ludwig Jahn, Theodor Körner u. a.) hatten seit 1806 immer deutlicher gegen die napoleonische Besatzung aufbegehrt. Eine Erhebung, die erfolgreich sein sollte, musste nach ihrer damals neuartigen Einschätzung über die Grenzen der dynastischen Politik hinausgehen und eine gemeinsame Unternehmung aller Deutschen werden. Arndt und Jahn baten seit 1810 immer wieder hochrangige Persönlichkeiten des preußischen Hofes, zur Vorbereitung eines solchen Aufstands überzugehen. Jahn selbst gründete dazu auch den Deutschen Bund (Geheimbund). Auch die Turnbewegung, die von Jahn 1810 gegründet wurde, und die seit 1811 entstehende Burschenschaft gehört in diesen Zusammenhang. Der 1808 gegründete Tugendbund, in dem sich Akademiker, Offiziere, Adelige, Literaten und andere zusammenschlossen, zielte auf eine nationale Politik ab. Diese Wegbereiter beteiligten sich nach Ausbruch der Kampfhandlungen teils militärisch, teils weiterhin durch Schriften an der Stärkung der verbündeten Kräfte. Es gab daneben über eine längere Zeit auch eine pro-napoleonische Publizistik, die von Napoleon Deutschlands Wiedergeburt erhoffte. Sie büßte jedoch, je länger die kriegsbedingten Belastungen dauerten, immer mehr an Überzeugungskraft ein.[15]
Die schon vor 1813 einsetzende nationale Publizistik gewann nach Kriegsbeginn einen starken Aufschwung. Preußischer Patriotismus verband sich mit deutschem Nationalismus. Die Kriegslieder von Körner, Schenckendorff, Eichendorff oder Rückert waren überaus populär. Bei Körner hieß es etwa: „es ist kein Krieg, von dem die Kronen wissen, es ist ein Kreuzzug, 's ist ein heil'ger Krieg.“[16] Unter den Publizisten war Ernst Moritz Arndt mit seinen gesamtdeutsch ausgerichteten Schriften besonders einflussreich. Besonders bekannt geworden ist sein Lied Des Deutschen Vaterland. Seine Schriften erzielten teilweise Auflagen von 100.000 Exemplaren, was für die Zeitverhältnisse ungewöhnlich hoch war. Sie erreichten eine Verbreitung bis in die ungebildete Bevölkerung hinein. Für die Patrioten war es ein Krieg der Nationen und vor allem eine Erhebung der Deutschen. Freiherr vom Stein träumte von bewaffneten Massen im Rücken der gegnerischen Truppen notfalls auch gegen die deutschen Fürsten. Ziel war ein einiges Deutschland unter österreichischer Führung.[17]
Entwicklung außerhalb Preußens
So wichtig die nationalen und frühliberalen Gedanken für die Entwicklung im 19. Jahrhundert auch waren, darf man sie auch für die Zeit der Befreiungskriege selbst nicht überschätzen. Ein Großteil der Bevölkerung wurde davon nur am Rande berührt. Von großer Bedeutung blieb der auf den jeweiligen Einzelstaat bezogene Patriotismus oder die Anhänglichkeit an die jeweilige Dynastie. Die Entwicklung in Preußen sprang im Übrigen nur auf einige Teile Deutschlands über. Immerhin kam es zu vereinzelten Unruhen, Desertionen oder Verweigerung von Steuern etwa im Königreich Westphalen, dem Großherzogtum Berg oder in den von Frankreich annektierten Gebieten im nördlichen Deutschland. Volksunruhen gab es auch in Bremen, Oldenburg, Dresden, Erfurt, dem Fürstentum Lippe, in Hessen-Darmstadt und dem Großherzogtum Frankfurt. Wo es zu Unruhen kam, wurden sie meist rasch niedergeschlagen.
Besonders wirkungsvoll war ein Aufstand, der am 24. Februar 1813 von Hamburg ausging. Daran stark beteiligt war die Unterschichtenbevölkerung.[18] Er weitete sich auf Lübeck, Stade, Lüneburg und andere norddeutsche Städte aus und verband sich mit dem Vormarsch eines russischen Kosakenkorps. Zollwächter, Steuerverwalter, Gendarmen und andere Vertreter der französischen Herrschaft wurden angegriffen. Die Franzosen mussten sich zeitweise zurückziehen. Allerdings konnten sich die russischen Verbände nicht halten. Nachdem die Franzosen wieder zurückgekehrt waren, kam es zu Repressalien gegen die an den Unruhen Beteiligten.
Kaiser Alexander I., Gemälde von Franz Krüger (1812)
Von den indirekt kontrollierten süd- und mitteldeutschen Staaten ging zunächst keine Gefahr für Napoleons Herrschaft aus. In Wiener Kreisen wurden zwar Aufstandspläne für den Alpenraum unter Einschluss der Schweiz geschmiedet, aber Metternich unterband dies, um seine Kabinettspolitik nicht durch unkalkulierbare Bewegungen gefährden zu lassen. Auch als nach den Erfolgen der Alliierten sich der Krieg auf ganz Deutschland ausdehnte, war die Begeisterung dafür in der Bevölkerung deutlich geringer als in Preußen. Noch geringer war sie in Österreich, wo auch noch die Erinnerung an 1809 eine Rolle spielte, als die anderen deutschen Länder Österreich allein kämpfen ließen.[19]
Der teilweise nationalistische Überschwang insbesondere in Preußen war nur eine Seite des Krieges. Auf der anderen Seite war es auch ein Krieg der Regierungen und Mächte. Für diese ging es nicht um nationale Selbstbestimmung, sondern um Machtansprüche, dynastische Interessen und die Wiederherstellung des Mächtegleichgewichts in Europa. Teilweise verbanden sich die Ebenen von Freiheitskampf und den üblichen Machtinteressen. Das war in der preußischen Politik der Fall, wo der Patriotenbund nun den Ton angab, und teilweise auch auf der russischen Seite, wo Freiherr vom Stein und andere deutsche Berater Einfluss auf Alexander I. ausübten. In der russisch-preußischen Proklamation von Kalisch vom 25. März wurde dies deutlich. Der russische General Michail Illarionowitsch Kutusow definierte in Abstimmung mit Hardenberg als Kriegsziele die Wiederherstellung des Rechts, der Freiheit, der Unabhängigkeit der Fürsten und Völker Deutschlands und Europas. Der Rheinbund sollte aufgelöst und ein neues deutsches Reich gegründet werden. Dabei wurde an eine lockere föderale Ordnung gedacht. Dieses sollte eine Verfassung „aus dem ureigensten Geiste des deutschen Volkes“[20] erhalten. Den Fürsten des Rheinbundes, die weiter an der Seite Napoleons blieben, drohte der Verlust ihres Thrones. Alexander I. wurde zwar als Befreier stilisiert, dies ging aber einher mit konkreten Machtinteressen. Die geplante föderale Ordnung garantierte eine relative Schwäche des neuen Deutschlands, das Russland nicht gefährlich werden konnte. Vielmehr sah sich Alexander I. als Garant der Neuordnung und Russland als die stärkste Macht in Europa.[21]
Frühjahrsfeldzug 1813
Karte zum Feldzugsverlauf 1813
Der Ausgang des Krieges war ungewiss. Preußen und Russland allein waren noch immer der Macht Napoleons unterlegen. Dieser hatte die Zeit genutzt, um eine neue Armee aus französischen Soldaten und Truppen des Rheinbundes aufzustellen. Er berichtete an seinen Schwiegervater, den österreichischen Kaiser Franz I.: „In Frankreich steht alles unter Waffen und Eure Majestät können versichert sein, dass ich, sobald der Frühling kommt, mit Gottes Hilfe die Russen schneller verjage, als sie gekommen sind.“[22]
Allerdings stand Napoleon nicht nur Preußen und Russland, sondern auch Großbritannien gegenüber. Das Land beteiligte sich mit dem Einsatz seiner Flotte in Übersee und mit Wellingtons Armee in Spanien am Krieg. Dabei brachte dieser den Franzosen eine Reihe von Niederlagen bei. Am 17. März 1813 musste Joseph Bonaparte, den Napoleon als spanischen König eingesetzt hatte, Madrid verlassen. Aber auch weiterhin blieben starke französische Kräfte auf dem spanischen Kriegsschauplatz gebunden und standen nicht für den Krieg im Osten zur Verfügung.[23]
Gebhard Leberecht von Blücher (Kopie eines unbekannten Künstlers nach Ernst Gebauer)
Napoleon war nicht in der Lage, die starke Oderstellung gegen die vorrückenden Preußen und Russen zu halten. Stattdessen mussten die Franzosen hinter die Elbe zurückweichen. Vor allem einige Kosakenregimenter rückten von Berlin aus Richtung Norden vor und zwangen die Herzöge von Mecklenburg, die Fronten zu wechseln. Sie befreiten Hamburg und Lübeck und daraufhin sagten sich auch andere Städte an der Elbe von Frankreich los. Die neue französische Armee im Osten bestand zu einem Großteil aus unerfahrenen Rekruten und auch die Ausrüstung war nicht optimal. Insbesondere fehlte es an Kavallerie.
Ein französisches Korps unter Józef Antoni Poniatowski war in Polen isoliert, ein zweites bei Danzig eingeschlossen. In Deutschland stand Mitte März die Elbarmee unter Eugène de Beauharnais. Eine weitere Armee unter Dominique Joseph Vandamme war im Anmarsch. Die Hauptarmee sammelte sich bei Hanau. Napoleon legte großen Wert auf den Schutz der unteren Elbe und verlegte Eugènes Truppen in diese Richtung. Er selbst beabsichtigte, die Elbe in der Nähe von Havelberg zu überschreiten, die Oderlinie zu gewinnen, die eingeschlossenen Truppen in Danzig und Stettin zu entsetzen und schließlich die Gegner über die Elbe zu drängen. Dieser Plan erwies sich als undurchführbar, so dass die Hauptarmee durch Thüringen in Richtung Saale marschierte. Ziel war die Vereinigung mit Eugène, um dann auf Leipzig zu marschieren und über die Elbe zu setzen.
Auf der Gegenseite nahm Kaiser Alexander I. immer stärker Einfluss auf den Ablauf der Operationen. Mit den Preußen war ein gemeinsames Vorgehen verabredet worden. Das alliierte Heer bestand aus einer Armee auf dem rechten Flügel unter dem russischen General Ludwig Adolf Peter zu Sayn-Wittgenstein und dem Korps Yorck. Diese verfügte über etwa 45.000 Mann und sollte über Berlin in Richtung Elbe marschieren. Auf dem linken Flügel stand die Armee Gebhard Leberecht von Blüchers zusammen mit dem russischen Korps Ferdinand von Wintzingerode mit etwa 40.000 Mann. Diese Armee sollte durch die Lausitz in Richtung Elbe marschieren. Die russische Hauptarmee wurde noch von dem erkrankten Kutusow geführt. Sie folgte in der Mitte zwischen den Flügelarmeen in breiter Front mit einem mehrtägigen Abstand.[24]
Blücher und Wintzingerode setzten bis zum 5. April über die Elbe bei Dresden. Die dort stationierten schwachen französischen Truppen hatten sich zuvor zurückgezogen. Die Alliierten rückten in Richtung Leipzig vor. Das Königreich Sachsen war bis auf die Festung Wittenberg schließlich in der Hand der Verbündeten. Der sächsische König floh nach Regensburg. Eugène de Beauharnais zog starke Truppenverbände bei Magdeburg zusammen, um dort ein befestigtes großes Lager anzulegen. 45.000 Mann gingen wieder auf das rechte Elbeufer über. Sie trafen am 5. April auf ein deutlich schwächeres Heer unter Wittgenstein und Yorck. Es kam zum verlustreichen Gefecht bei Möckern. Die Franzosen gingen darauf wieder über die Elbe zurück. General Wittgenstein seinerseits überschritt ebenfalls den Fluss und schloss Magdeburg und Wittenberg ein. Yorck marschierte in Richtung Saale, um die Verbindung mit Wintzingerode herzustellen. Weiter vor rückten die Flügelarmeen nicht, da die russische Hauptarmee noch immer bei Kalisch stand. Erst allmählich rückte die russische Hauptarmee bis Chemnitz vor. Nach dem Tod von Kutusow wurde Wittgenstein Oberbefehlshaber, aber der Kaiser übte einen immer stärkeren Einfluss aus.[24]
Napoleon selbst traf am 25. April in Erfurt ein. Ein Teil der Mainarmee war ebenfalls angelangt. Napoleon verfügte unter Einschluss der Armee Eugènes über etwa 151.500 Mann. Darunter befanden sich aber nur 7800 Kavalleristen und 358 Geschütze. Die Armee stand auf einer Front von etwa 125 km Länge und einer Tiefe von 100 km in drei Gruppen gegliedert. Dies waren etwa doppelt so viele Soldaten, wie sie die Verbündeten mit 95.000 Mann aufbringen konnten. Darunter waren 19.000 Kavalleristen, 9000 Kosaken und 560 Geschütze.[25] Diese waren in vier Gruppen gegliedert und auf 100 km Frontlinie von Halle an der Saale bis Dresden verteilt. Napoleon rückte seit dem 1. Mai in Richtung Leipzig vor. Die Verbündeten planten am 2. Mai gegen die rechte französische Flanke vorzugehen. In der Schlacht bei Großgörschen stießen die Heere aufeinander. Scharnhorst meldete das Ergebnis nach Berlin als 'Sieg'. Tatsächlich erlitten beide Seiten hohe Verluste, aber die Preußen und Russen behaupteten das Schlachtfeld und mussten sich erst auf Drängen der Russen am 6. und 7. Mai über die Elbe zurückziehen.
Napoleon in der Schlacht bei Großgörschen (Darstellung von Andrea Johann Fleischmann)
Napoleon folgte den Gegnern am 11. Mai, wollte aber bei Dresden zunächst die Ankunft weiterer Verstärkungen abwarten, ehe er weiter vorrückte. In der Folge kam es zu verschiedenen Manövern und kleineren Gefechten, ehe die Gegner am 21. und 22. Mai in der Schlacht bei Bautzen erneut aufeinander trafen. Dabei griff Napoleon die Verbündeten an, besiegte sie, konnte sie aber nicht entscheidend schwächen.
Die Verbündeten wurden aus Sachsen vertrieben und mussten sich nach Schlesien zurückziehen. Allerdings konnte Napoleon seinen Erfolg nicht wirklich ausnutzen. Um die geschlagenen gegnerischen Truppen zu zerschlagen, fehlte ihm eine starke Kavallerie. Außerdem hatten insbesondere die preußischen Truppen einen für Napoleon überraschenden Kampfgeist gezeigt und die französischen Truppen hatten hohe Verluste erlitten. Beim Rückzug der Verbündeten kam es zu einer Reihe von Gefechten, die den Franzosen meist höhere Verluste einbrachten als den Verbündeten. Diese machten im Übrigen auch die rückwärtigen Verbindungen der Franzosen unsicher. Durch einen preußischen Kavallerieangriff bei Haynau kam Napoleons Vormarsch weitgehend ins Stocken.
Die Verbündeten nahmen eine Verteidigungsstellung bei Schweidnitz ein und wurden durch Nachschubkräfte wieder auf 122.000 Mann verstärkt. Unter den Alliierten kam es zum Streit. Während der neue russische Befehlshaber Michael Andreas Barclay de Tolly die Truppen zurück nach Polen führen wollte, sprachen sich die Preußen dagegen aus.
Der Versuch des Korps von Charles Nicolas Oudinot, auf Berlin vorzustoßen, wurde im Gefecht bei Luckau von den Preußen am 4. Juni abgewiesen. Weil beide Seiten sich reorganisieren wollten, kam es zu dem zunächst sechswöchigen Waffenstillstand von Pläswitz (4. Juni). Außerdem hoffte Napoleon auf eine Verständigung mit Russland oder Österreich und war dafür sogar bereit, Polen zu opfern. Später bezeichnete er die Zustimmung zum Waffenstillstand als den größten Fehler seines Lebens.[26]
Zuvor hatte Marschall Louis-Nicolas Davout Ende April die über die Elbe vorgestoßenen Kosakenregimenter über den Fluss zurückgetrieben und die in deren Folge ausgebrochenen Aufstände niedergeschlagen. Der in russische Dienste getretene General Ludwig von Wallmoden-Gimborn wurde am 12. Mai in der Schlacht an der Göhrde geschlagen. Hamburg wurde erneut besetzt und zu einem wichtigen Waffenplatz gemacht. Auch Lübeck wurde zurückgewonnen und mit hohen Kontributionen belegt.[27]
Hier unterbrechen wir , wer weiterlesen möchte,hier der Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Befreiungskriege
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