Wolfgang Heine
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Wolfgang Heine
Wolfgang Heine (* 3. Mai 1861 in Posen; † 9. Mai 1944 in Ascona) war ein deutscher Jurist, sozialdemokratischer Politiker, langjähriges Mitglied des Reichstages, sowie Ministerpräsident von Anhalt und preußischer Landesminister.
Ausbildung und Beruf
Heine lernte als Sohn des Gymnasialdirektors Otto Heine (1832–1906) von 1867 bis 1869 an Privatschulen in Weimar und Hirschberg mit anschließendem Besuch des Gymnasium in Breslau. In den Jahren 1879 bis 1884 studierte Heine in Breslau, Tübingen und Berlin zunächst Naturwissenschaften und später Rechtswissenschaften. Dazwischen leistete er 1882 und 1883 seinen Militärdienst. Heine war von 1881 bis zu seinem Ausschluss 1897 Mitglied des Vereins Deutscher Studenten. Er trat für diesen als Redner auf und war Mitarbeiter der Vereinszeitschrift Kyffhäuser-Zeitung.[1] Er studierte im Seminar von Adolph Wagner.[2] Nach Ende des Studiums war er von 1884 bis 1889 Referendar im preußischen Justizdienst und seit 1889 Assessor. Seither hatte er bis 1918 und wieder von 1920 bis 1933 eine Rechtsanwaltskanzlei in Berlin.
Politisches Wirken und öffentliche Mandate
Bereits 1887 trat Heine der sozialdemokratischen Partei bei. Er war einer der wichtigsten Rechtsexperten der Partei und trat vielfach als Verteidiger in politischen Prozessen auf. So verteidigte er 1896 bis 1897 Ignaz Auer (und Genossen), die Angeklagten im Zusammenhang mit den Straßenunruhen in Berlin-Moabit (1910/11) und 1912 bis 1913 Julian Borchardt. In den Jahren 1898 bis 1918 war er Mitglied des Reichstags. Erhebliche Bedeutung hatte Heine für die Formulierung der sozialdemokratischen Position bei den Beratungen zum Reichsvereinsgesetz. In diesem Zusammenhang führte er im Auftrag des Parteivorstandes eine „Vereinsenquete“, das heißt eine Umfrage, zur Handhabung des bisherigen Vereinsrechts durch. Daneben gab er juristische Einschätzungen zu zentralen innenpolitischen Themen, etwa zur Zabern- oder Daily-Telegraph-Affäre, ab. Außerdem äußerte er sich im innerparteilichen Streit zur Budgetfrage. Im Jahr 1917 nahm er an der Berner Zusammenkunft zur Besprechung der Völkerbeziehungen nach dem Krieg teil.
Nach der Novemberrevolution bis Juli 1919 war Heine Mitglied der Nationalversammlung sowie Vorsitzender des Staatsrats (Ministerpräsident) in Anhalt. Gleichzeitig war er von Dezember 1918 bis März 1919 preußischer Justizminister. Anschließend war er bis 1920 Innenminister in Preußen. In dieser Zeit war er einer der führenden Köpfe des rechten Flügels der Partei. Für Heine war in seinen Ämtern die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Zweifel wichtiger als der demokratische Umbau der Verwaltung. Die während des Kaiserreichs eingesetzten Landräte amtierten unangefochten weiter. Wenn örtliche Arbeiterräte sich über deren republikfeindliches Verhalten beschwerten, wies Heine die Klagen meist ab oder ignorierte sie. Selbst bei Rücktrittsgesuchen konservativer Landräte bat Heine sie in der Regel, im Interesse der „öffentlichen Ordnung“ im Amt zu bleiben. Ebenso wies Heine Beschwerden von lokalen Arbeiterräten über den Entzug der finanziellen Unterstützung durch die Gemeindeparlamente im Frühjahr 1919 zurück. Zu den Versäumnissen in seiner Amtszeit gehört auch, dass es nach der Revolution noch acht Monate dauerte, bis die nach dem Dreiklassenwahlrecht gebildeten Kreis- und Gemeindeparlamente abgelöst wurden. Außerdem tat er wenig, um die gegenrevolutionären Aktivitäten von Freikorps, etwa in Pommern, im Sommer 1919 zu bekämpfen. Bezeichnend ist, dass die Verschwörer des Kapp-Putsches im Vorfeld ernsthaft erwogen, Heine, Gustav Noske und anderen führenden Persönlichkeiten des rechten Flügels der SPD Ämter in einer zukünftigen „nationalen“ Regierung anzubieten. Bei Beginn des Putsches zeigte sich, wie fahrlässig Noske und Heine bei der Abwehr der Gegenrevolution von Rechts gehandelt hatten, als klar wurde, dass Militär und Verwaltung von republikfeindlichen Kräften durchsetzt waren. Eine Bedingung der Gewerkschaften zur Beendigung ihres Generalstreiks nach dem Ende des Putsches war dann auch die Entlassung von Noske und Heine. Dem kamen die beiden Minister durch ihre Rücktrittsgesuche zuvor. Der Nachfolger Heines als preußischer Innenminister wurde Carl Severing, der die Demokratisierung der öffentlichen Verwaltung und insbesondere der Polizei vorantrieb. Auch wegen des Versagens der Behörden musste er nach dem Kapp-Putsch zurücktreten. Von 1923 bis 1925 war er Mitglied des mit dem Republikschutzgesetz eingerichteten Staatsgerichtshofs zum Schutz der Republik. Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft floh Heine in die Schweiz.
Neben seiner politischen und juristischen Tätigkeit war Heine Autor zahlreicher juristischer und politischer Artikel. So war er Mitarbeiter der Sozialistischen Monatshefte, des Berliner Tageblatts und des Archivs für soziale Gesetzgebung und Statistik.
Privates
Zumindest zwei Söhne, Walther Heine und ein jüngerer. Mit seinem Studiengefährten Hermann Bahr verbrachte er viel Zeit in den literarischen Zirkeln Berlins, wo er auch Arno Holz und Johannes Schlaf kennenlernte. Sein ältester Sohn (*1890) besuchte die Freie Schulgemeinde Wickersdorf, an deren Gründung W. Heine beteiligt war.[3]
Veröffentlichungen
Das Leipziger Autodafé. Unjuristische Glossen eines Juristen. In: Moderne Dichtung, 2 (1890) #3, 565–568. (1. September 1890)
Der Kampf um den Reigen. Vollständiger Bericht über die sechstägige Verhandlung gegen Direktion und Darsteller des Kleinen Schauspielhauses Berlin. Herausgegeben und mit einer Einleitung von Wolfgang Heine, Rechtsanwalt, Staatsminister a.D. Berlin: Ernst Rowohlt Verlag 1922.
Nachweise
Austritt 1885: Erich Hermann Bahr, Karl Beurle, Richard Fellner, Wilhelm Heine, Wolfgang Heine und Theodor Jaensch: Erklärung. Unverfälschte deutsche Worte, 3 (1885) #3, VIII. (1. Februar 1885)
Hermann Bahr: Selbstbildnis. S. Fischer, Berlin, S. 177.
Brief an Hermann Bahr, 7. Januar 1909, Nachlass Bahr, Österreichisches Theatermuseum
Siehe auch
Kabinett Heine (Anhalt) – Rat der Volksbeauftragten (Preußen) – Kabinett Hirsch (Preußen)
Quzelle - literatur & Einzelnachweise
Ausbildung und Beruf
Heine lernte als Sohn des Gymnasialdirektors Otto Heine (1832–1906) von 1867 bis 1869 an Privatschulen in Weimar und Hirschberg mit anschließendem Besuch des Gymnasium in Breslau. In den Jahren 1879 bis 1884 studierte Heine in Breslau, Tübingen und Berlin zunächst Naturwissenschaften und später Rechtswissenschaften. Dazwischen leistete er 1882 und 1883 seinen Militärdienst. Heine war von 1881 bis zu seinem Ausschluss 1897 Mitglied des Vereins Deutscher Studenten. Er trat für diesen als Redner auf und war Mitarbeiter der Vereinszeitschrift Kyffhäuser-Zeitung.[1] Er studierte im Seminar von Adolph Wagner.[2] Nach Ende des Studiums war er von 1884 bis 1889 Referendar im preußischen Justizdienst und seit 1889 Assessor. Seither hatte er bis 1918 und wieder von 1920 bis 1933 eine Rechtsanwaltskanzlei in Berlin.
Politisches Wirken und öffentliche Mandate
Bereits 1887 trat Heine der sozialdemokratischen Partei bei. Er war einer der wichtigsten Rechtsexperten der Partei und trat vielfach als Verteidiger in politischen Prozessen auf. So verteidigte er 1896 bis 1897 Ignaz Auer (und Genossen), die Angeklagten im Zusammenhang mit den Straßenunruhen in Berlin-Moabit (1910/11) und 1912 bis 1913 Julian Borchardt. In den Jahren 1898 bis 1918 war er Mitglied des Reichstags. Erhebliche Bedeutung hatte Heine für die Formulierung der sozialdemokratischen Position bei den Beratungen zum Reichsvereinsgesetz. In diesem Zusammenhang führte er im Auftrag des Parteivorstandes eine „Vereinsenquete“, das heißt eine Umfrage, zur Handhabung des bisherigen Vereinsrechts durch. Daneben gab er juristische Einschätzungen zu zentralen innenpolitischen Themen, etwa zur Zabern- oder Daily-Telegraph-Affäre, ab. Außerdem äußerte er sich im innerparteilichen Streit zur Budgetfrage. Im Jahr 1917 nahm er an der Berner Zusammenkunft zur Besprechung der Völkerbeziehungen nach dem Krieg teil.
Nach der Novemberrevolution bis Juli 1919 war Heine Mitglied der Nationalversammlung sowie Vorsitzender des Staatsrats (Ministerpräsident) in Anhalt. Gleichzeitig war er von Dezember 1918 bis März 1919 preußischer Justizminister. Anschließend war er bis 1920 Innenminister in Preußen. In dieser Zeit war er einer der führenden Köpfe des rechten Flügels der Partei. Für Heine war in seinen Ämtern die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Zweifel wichtiger als der demokratische Umbau der Verwaltung. Die während des Kaiserreichs eingesetzten Landräte amtierten unangefochten weiter. Wenn örtliche Arbeiterräte sich über deren republikfeindliches Verhalten beschwerten, wies Heine die Klagen meist ab oder ignorierte sie. Selbst bei Rücktrittsgesuchen konservativer Landräte bat Heine sie in der Regel, im Interesse der „öffentlichen Ordnung“ im Amt zu bleiben. Ebenso wies Heine Beschwerden von lokalen Arbeiterräten über den Entzug der finanziellen Unterstützung durch die Gemeindeparlamente im Frühjahr 1919 zurück. Zu den Versäumnissen in seiner Amtszeit gehört auch, dass es nach der Revolution noch acht Monate dauerte, bis die nach dem Dreiklassenwahlrecht gebildeten Kreis- und Gemeindeparlamente abgelöst wurden. Außerdem tat er wenig, um die gegenrevolutionären Aktivitäten von Freikorps, etwa in Pommern, im Sommer 1919 zu bekämpfen. Bezeichnend ist, dass die Verschwörer des Kapp-Putsches im Vorfeld ernsthaft erwogen, Heine, Gustav Noske und anderen führenden Persönlichkeiten des rechten Flügels der SPD Ämter in einer zukünftigen „nationalen“ Regierung anzubieten. Bei Beginn des Putsches zeigte sich, wie fahrlässig Noske und Heine bei der Abwehr der Gegenrevolution von Rechts gehandelt hatten, als klar wurde, dass Militär und Verwaltung von republikfeindlichen Kräften durchsetzt waren. Eine Bedingung der Gewerkschaften zur Beendigung ihres Generalstreiks nach dem Ende des Putsches war dann auch die Entlassung von Noske und Heine. Dem kamen die beiden Minister durch ihre Rücktrittsgesuche zuvor. Der Nachfolger Heines als preußischer Innenminister wurde Carl Severing, der die Demokratisierung der öffentlichen Verwaltung und insbesondere der Polizei vorantrieb. Auch wegen des Versagens der Behörden musste er nach dem Kapp-Putsch zurücktreten. Von 1923 bis 1925 war er Mitglied des mit dem Republikschutzgesetz eingerichteten Staatsgerichtshofs zum Schutz der Republik. Zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft floh Heine in die Schweiz.
Neben seiner politischen und juristischen Tätigkeit war Heine Autor zahlreicher juristischer und politischer Artikel. So war er Mitarbeiter der Sozialistischen Monatshefte, des Berliner Tageblatts und des Archivs für soziale Gesetzgebung und Statistik.
Privates
Zumindest zwei Söhne, Walther Heine und ein jüngerer. Mit seinem Studiengefährten Hermann Bahr verbrachte er viel Zeit in den literarischen Zirkeln Berlins, wo er auch Arno Holz und Johannes Schlaf kennenlernte. Sein ältester Sohn (*1890) besuchte die Freie Schulgemeinde Wickersdorf, an deren Gründung W. Heine beteiligt war.[3]
Veröffentlichungen
Das Leipziger Autodafé. Unjuristische Glossen eines Juristen. In: Moderne Dichtung, 2 (1890) #3, 565–568. (1. September 1890)
Der Kampf um den Reigen. Vollständiger Bericht über die sechstägige Verhandlung gegen Direktion und Darsteller des Kleinen Schauspielhauses Berlin. Herausgegeben und mit einer Einleitung von Wolfgang Heine, Rechtsanwalt, Staatsminister a.D. Berlin: Ernst Rowohlt Verlag 1922.
Nachweise
Austritt 1885: Erich Hermann Bahr, Karl Beurle, Richard Fellner, Wilhelm Heine, Wolfgang Heine und Theodor Jaensch: Erklärung. Unverfälschte deutsche Worte, 3 (1885) #3, VIII. (1. Februar 1885)
Hermann Bahr: Selbstbildnis. S. Fischer, Berlin, S. 177.
Brief an Hermann Bahr, 7. Januar 1909, Nachlass Bahr, Österreichisches Theatermuseum
Siehe auch
Kabinett Heine (Anhalt) – Rat der Volksbeauftragten (Preußen) – Kabinett Hirsch (Preußen)
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