Karl von Holtei
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Karl von Holtei
Karl Eduard von Holtei (* 24. Januar 1798 [1] in Breslau; † 12. Februar 1880 ebenda) war ein deutscher Schriftsteller, Schauspieler, Rezitator, Theaterregisseur und Theaterleiter.
Karl von Holtei; Lithographie von Joseph Kriehuber 1856
Leben
Kindheit und Jugend
Karl von Holtei entstammte einer evangelischen Offiziersfamilie von kurländischem Adel. Seine Eltern waren der Husarenoffizier Karl von Holtei und Wilhelmine, geb. von Kessel. Da die Mutter kurz nach seiner Geburt starb, wurde er von seiner Tante, der Freifrau von Arnold versorgt. Er besuchte zuerst das Friedrichs-, dann das Maria-Magdalenen-Gymnasium in Breslau und nahm 1815 als Freiwilliger am Feldzug gegen Napoleon teil. Nach der Rückkehr holte er das Abitur nach und begann anschließend ein Studium der Rechte an der Universität Breslau. Bereits in seiner Jugend war Holtei als Schauspieler, Dramaturg, Regisseur und Bühnendichter tätig.
Grafenort
Zusammen mit Karl Seydelmann begann er 1816 seine Schauspielerlaufbahn am Schlosstheater des Grafen Johann Hieronymus von Herberstein in Grafenort in der Grafschaft Glatz. Dort lernte er die Sängerin Louise Rogée (1800–1825) kennen, die 1821 seine Frau wurde und nach nur vier Ehejahren verstarb. Der Witwer hatte nun eine Tochter und einen Sohn zu versorgen. Der Sohn verstarb 16-jährig in Grafenort, die Tochter heiratete in jungen Jahren den Advokaten Dr. Josef Potpeschnigg und verzog nach Graz in der Steiermark.
In Grafenort war Holtei in 12 Spielsaisons Leiter des Schlosstheaters. Dort schrieb er auch seine ersten Gedichte in schlesischer Mundart und machte Bekanntschaft mit dem originellen Kaplan Georg Seipel, dem er als „Pater Jörgel“ in dem Roman „Christian Lammfell“ ein literarisches Denkmal setzte. 1826–1827 begleitete er den Grafen Herberstein nach Paris. Seine Bühnenwerke 33 Minuten in Grünberg, Die Majoratsherren und Der Russe in Deutschland wurden in Grafenort uraufgeführt.
Wanderschaft
1824 war Holtei Direktions-Sekretär und Dramaturg am Königsstädtischen Theater am Alexanderplatz in Berlin, wo viele seiner Stücke aufgeführt wurden. In Berlin heiratete er 1830 die Schauspielerin und Sängerin Julie Holzbecher (1809–1839), mit der er mehrere Gastspielreisen unternahm. Vom 30. Mai bis 4. Oktober 1835 leitete er, vom Wiener Theater in der Josefstadt kommend, das Theater in Baden bei Wien[2]. Von 1837 bis 1841 war er Direktor des damals deutschsprachigen Theaters in Riga, für das er Richard Wagner als Kapellmeister engagierte. Als dort 1839 seine zweite Frau verstarb, reiste er ab und kehrte nicht zurück. 1842 übernahm er die künstlerische Leitung des Breslauer Stadttheaters, die er jedoch wegen Unstimmigkeiten mit der Intendanz bald aufgab. Auf Einladung des Fürsten Hatzfeld verbrachte er einige Zeit auf dessen Schloss Trachenberg. Gastspiel- und Vorlesungsreisen führten ihn nach Wien, Prag, Dresden, Hamburg und Weimar.
1849 zog er zu seiner Tochter nach Graz, widmete sich der Herausgabe seiner Theaterstücke und versuchte sich auch als Romanautor. Seine Erzählung Ein Mord in Riga war einer der ersten deutschen Kriminalromane. 1860–1861 unternahm er eine Vorlesungsreise durch Schlesien und wurde von seinen Landsleuten begeistert gefeiert. Die Heimatgedichte Derheeme und Heem will ihch stammen aus dieser Zeit. 1863 übersiedelte er zurück in seine Heimatstadt Breslau, wohnte in einer Mansardenwohnung und dichtete wieder Mundartgedichte. Sein achtzigster Geburtstag wurde festlich begangen. Schon vorher fand er Aufnahme und Pflege im Kloster der Barmherzigen Brüder, wo er auch verstarb.
Gesellschaftsleben
Karl von Holtei war ein Autor, der das Gesellschaftliche als wichtige Komponente seines Wirkens verstand und sich ein internationales Kontaktnetz schaffte. In den Jahren 1827, 1829, 1830 und 1831 besuchte er Goethe in Weimar, der seine Mundartgedichte lobte, und freundete sich mit Johanna Schopenhauer an. Er war mit Joseph von Eichendorff und Gustav Freytag befreundet.
Holtei zog sich vom Theater zurück, weil er moderne Tendenzen wie den aufkommenden Naturalismus im Theater oder die endgültige Trennung zwischen Schauspiel und Oper ablehnte. Der deutschsprachige Raum war für ihn stets noch ein loses Gebinde kleiner Staaten und Städte, sodass er der zunehmenden Urbanisierung und Internationalisierung mit Unverständnis begegnete. Er präsentierte sich gerne als Relikt aus einer längst vergangenen Zeit. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehörte er zu den populärsten Gestalten der deutschsprachigen Literatur. – Ein deutscher Nationalismus versuchte Holtei im 20. Jahrhundert als Heimatdichter zu etikettieren, etwa wie Adam Müller-Guttenbrunn. Heute finden die sozialgeschichtlichen Details seiner Romane wieder Beachtung, etwa die Geschichte der Schausteller und Schauspieler, wie sie sich in den Romanen Die Vagabunden (1851) und Der letzte Komödiant (1863) spiegelt.
Ruhestätte
Er starb am 12. Februar 1880 in Breslau und ist auf dem Bernhardinkirchhof in Rotkretscham beigesetzt. Sein Grabstein trägt die Inschrift: ”Suste nischt ock heem !“ (frei übersetzt: Sonst nichts als daheim)
Während der Polonisierung Anfang der 1950er Jahre in Breslau wurde der Friedhof zerstört und abgeräumt, die Grabplatten wurden zerbrochen oder ihre deutschen Inschriften entfernt.[3][4][5]
Schaffen
Holtei versuchte, die deutsche Sprache gegenüber dem Französischen (aus dem damals noch die meisten deutschen Literatur- und Theaterprodukte übersetzt waren), aufzuwerten, indem er verschiedenste Dialekte verwendete. Dieses Stilmittel gab es im Französischen nicht. Die Aufwertung des Dialekts gegenüber der Hochsprache verstand er nicht zuletzt als Aufwertung des Bürgerlichen gegenüber dem Aristokratischen. Obwohl er selbst ein Angehöriger des niederen Adels war, bemühte er sich, zwischen Adel und Bürgertum zu vermitteln, statt die Konflikte zu betonen, die in den Revolutionsjahren 1830 und 1848 zum Ausbruch kamen. Daher sind seine Stücke eher unpolitisch, höchstens patriotisch wie Der alte Feldherr. Sie befassen sich im biedermeierlichen Sinn hauptsächlich mit dem Privatleben und behandeln aktuelle gesellschaftliche Fragen wie die Freiheit der Partnerwahl für die Ehe. Dabei appellieren sie an die Toleranz des Publikums. Bekannt wurden Holteis Possen Die Berliner in Wien und Die Wiener in Berlin, in denen er mit Sprachunterschieden operierte. Seine melodramatische Oper Des Adlers Horst blieb einige Zeit im Repertoire.
Ebenso beherrschte er die Umsetzung eines Mediums in ein anderes: Die berühmte Ballade Lenore von Gottfried August Bürger gestaltete er als ein Bühnenmelodram. In seinem Roman Der letzte Komödiant gab er Theateraufführungen eine erzählerische Form.
Liederspiel
Holtei propagierte das Liederspiel als deutschsprachige, sentimentalere Variante des französischen Vaudevilles (Flüchtige Bemerkungen über Vaudeville und Liederspiel, 1827). In seine Stücke waren Lieder zu bekannten Melodien eingestreut, die er selbst auf der Gitarre begleitete. Allbekannt ist das „Mantellied“ aus „Lenore“ (1828 uraufgeführt).[6] – Bissige Parodien auf zwei seiner Rührstücke waren Johann Nestroys Weder Lorbeerbaum noch Bettelstab (1835) und Die verhängnisvolle Faschingsnacht (1839).
Gedichtprobe
Die Schlusszeile dieses Heimwehgedichtes ist unter Schlesiern redensartlich geworden.
Heem will ihch
Mihch han se ooch schund manchmal da und durten
gar sihr traktiert und han mer Gutt’s getan,
bei Fürschten und Herzogen und bei Grawen,
scheene Frauvölker und gelehrte Herrn,
in grußen Städten und uf hochen Schlössern,
in fremden Landen aber suste wu, dass ihch eegen schaamzen, weil
ihch’s ihm nich wert bihn! – Nu’s gefiel mir schund, o ja! –
Im besten Freu’n, im allergrüßten Teebse,
liß sihch doch immerzu de Sehnsucht spieren.
Nach wahs? – Nu globt mersch, ader globt mersch nich:
nach meinem kleenen Haus in Obernigk samt seinem Schindeldächel
und a Tannen,
die vur der Türe stihn, däm bissel Gaarten,
däm Taubenschlage und där grünen Laube!
Wie schilgemol, – du weeßt’s mei lieber Gott –
hab ihch geseufzt und seufz’ ich hinte noch:
Heem will ihch, suste weiter nischt, ock heem!
Und eine weitere Reminiszenz an seine geliebte schlesische Heimat:
Lieber Got,
luss' de schläsingsche Treue nich vergiehn,
Ack su lange wie ünse Gebirgel stiehn!
Werke
Festspiele, Prologe und Theaterreden (1823)
Schlesische Gedichte (1830)
Ein Trauerspiel in Berlin (1832)
Lorbeerbaum und Bettelstab (1833)
Deutsche Lieder (1834)
Vierzig Jahre Lorbeerkranz und Wanderstab. Lebenserinnerungen (8 Bände, 1843–50)
Theater (Theaterstücke, 1845)
Die Vagabunden (Roman in 4 Bänden, 1852)
Christian Lammfell (Roman in 4 Bänden, 1853)
Gedichte, 4. Auflage, Verlag von Victor Lohse, Hannover 1856
Erzählende Schriften (41 Bände, 1861–66)
Preußische Kriegs- und Siegeslieder (1867)
Theater (6 Bände, 1876)
Nachlese. Erzählungen und Plaudereien (1870)
Dreihundert Briefe aus zwei Jahrhunderten (2 Bände, 1872; Nachdruck: Bern 1971)
Goethe und sein Sohn. Weimarer Erlebnisse in den Jahren 1827–1831 (postum, Hamburg 1924)
Der letzte Komödiant. Roman in 3 Theilen. Breslau 1863
Neuere Ausgaben
Mit dem Thespiskarren durch die Lande (bearbeitet von Norbert Hopster). Heidenheimer Verlagsanstalt, Heidenheim 1971
Jugend in Breslau (hrsg. v. Helmut Koopmann). Nicolai, Berlin 1988, ISBN 3-87584-227-8
Mord in Riga. Neuthor, Michelstadt 1992, ISBN 3-88758-048-6
Ausgewählte Werke, Teil 1: Gedichte, Lieder, Stücke, Schriften zu Literatur und Theater. Bergstadtverlag Korn, Würzburg 1992, ISBN 3-87057-162-4
Schwarzwaldau (hrsg. v. Dieter Paul Rudolph). Books on Demand, Norderstedt 2006, ISBN 3-8334-4343-X
Ausgewählte Werke, Teil 2: Vierzig Jahre (Auswahl), Erzähl- und andere Prosa. Bergstadtverlag Korn, Würzburg 2009, ISBN 978-3-87057-315-7
Ehrungen
Auf der Holteihöhe in Breslau errichteten Freunde und Verehrer Holteis im Jahre 1882 ein Denkmal, dessen Büste von dem Breslauer Bildhauer Albert Rachner geschaffen worden war.
Im Jahr 1902 wurde in Berlin-Friedrichshain die Holteistraße nach ihm benannt.
Im Jahr 1936 wurde in Wien Floridsdorf (21. Bezirk) die Holteigasse nach ihm benannt.
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Karl von Holtei; Lithographie von Joseph Kriehuber 1856
Leben
Kindheit und Jugend
Karl von Holtei entstammte einer evangelischen Offiziersfamilie von kurländischem Adel. Seine Eltern waren der Husarenoffizier Karl von Holtei und Wilhelmine, geb. von Kessel. Da die Mutter kurz nach seiner Geburt starb, wurde er von seiner Tante, der Freifrau von Arnold versorgt. Er besuchte zuerst das Friedrichs-, dann das Maria-Magdalenen-Gymnasium in Breslau und nahm 1815 als Freiwilliger am Feldzug gegen Napoleon teil. Nach der Rückkehr holte er das Abitur nach und begann anschließend ein Studium der Rechte an der Universität Breslau. Bereits in seiner Jugend war Holtei als Schauspieler, Dramaturg, Regisseur und Bühnendichter tätig.
Grafenort
Zusammen mit Karl Seydelmann begann er 1816 seine Schauspielerlaufbahn am Schlosstheater des Grafen Johann Hieronymus von Herberstein in Grafenort in der Grafschaft Glatz. Dort lernte er die Sängerin Louise Rogée (1800–1825) kennen, die 1821 seine Frau wurde und nach nur vier Ehejahren verstarb. Der Witwer hatte nun eine Tochter und einen Sohn zu versorgen. Der Sohn verstarb 16-jährig in Grafenort, die Tochter heiratete in jungen Jahren den Advokaten Dr. Josef Potpeschnigg und verzog nach Graz in der Steiermark.
In Grafenort war Holtei in 12 Spielsaisons Leiter des Schlosstheaters. Dort schrieb er auch seine ersten Gedichte in schlesischer Mundart und machte Bekanntschaft mit dem originellen Kaplan Georg Seipel, dem er als „Pater Jörgel“ in dem Roman „Christian Lammfell“ ein literarisches Denkmal setzte. 1826–1827 begleitete er den Grafen Herberstein nach Paris. Seine Bühnenwerke 33 Minuten in Grünberg, Die Majoratsherren und Der Russe in Deutschland wurden in Grafenort uraufgeführt.
Wanderschaft
1824 war Holtei Direktions-Sekretär und Dramaturg am Königsstädtischen Theater am Alexanderplatz in Berlin, wo viele seiner Stücke aufgeführt wurden. In Berlin heiratete er 1830 die Schauspielerin und Sängerin Julie Holzbecher (1809–1839), mit der er mehrere Gastspielreisen unternahm. Vom 30. Mai bis 4. Oktober 1835 leitete er, vom Wiener Theater in der Josefstadt kommend, das Theater in Baden bei Wien[2]. Von 1837 bis 1841 war er Direktor des damals deutschsprachigen Theaters in Riga, für das er Richard Wagner als Kapellmeister engagierte. Als dort 1839 seine zweite Frau verstarb, reiste er ab und kehrte nicht zurück. 1842 übernahm er die künstlerische Leitung des Breslauer Stadttheaters, die er jedoch wegen Unstimmigkeiten mit der Intendanz bald aufgab. Auf Einladung des Fürsten Hatzfeld verbrachte er einige Zeit auf dessen Schloss Trachenberg. Gastspiel- und Vorlesungsreisen führten ihn nach Wien, Prag, Dresden, Hamburg und Weimar.
1849 zog er zu seiner Tochter nach Graz, widmete sich der Herausgabe seiner Theaterstücke und versuchte sich auch als Romanautor. Seine Erzählung Ein Mord in Riga war einer der ersten deutschen Kriminalromane. 1860–1861 unternahm er eine Vorlesungsreise durch Schlesien und wurde von seinen Landsleuten begeistert gefeiert. Die Heimatgedichte Derheeme und Heem will ihch stammen aus dieser Zeit. 1863 übersiedelte er zurück in seine Heimatstadt Breslau, wohnte in einer Mansardenwohnung und dichtete wieder Mundartgedichte. Sein achtzigster Geburtstag wurde festlich begangen. Schon vorher fand er Aufnahme und Pflege im Kloster der Barmherzigen Brüder, wo er auch verstarb.
Gesellschaftsleben
Karl von Holtei war ein Autor, der das Gesellschaftliche als wichtige Komponente seines Wirkens verstand und sich ein internationales Kontaktnetz schaffte. In den Jahren 1827, 1829, 1830 und 1831 besuchte er Goethe in Weimar, der seine Mundartgedichte lobte, und freundete sich mit Johanna Schopenhauer an. Er war mit Joseph von Eichendorff und Gustav Freytag befreundet.
Holtei zog sich vom Theater zurück, weil er moderne Tendenzen wie den aufkommenden Naturalismus im Theater oder die endgültige Trennung zwischen Schauspiel und Oper ablehnte. Der deutschsprachige Raum war für ihn stets noch ein loses Gebinde kleiner Staaten und Städte, sodass er der zunehmenden Urbanisierung und Internationalisierung mit Unverständnis begegnete. Er präsentierte sich gerne als Relikt aus einer längst vergangenen Zeit. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gehörte er zu den populärsten Gestalten der deutschsprachigen Literatur. – Ein deutscher Nationalismus versuchte Holtei im 20. Jahrhundert als Heimatdichter zu etikettieren, etwa wie Adam Müller-Guttenbrunn. Heute finden die sozialgeschichtlichen Details seiner Romane wieder Beachtung, etwa die Geschichte der Schausteller und Schauspieler, wie sie sich in den Romanen Die Vagabunden (1851) und Der letzte Komödiant (1863) spiegelt.
Ruhestätte
Er starb am 12. Februar 1880 in Breslau und ist auf dem Bernhardinkirchhof in Rotkretscham beigesetzt. Sein Grabstein trägt die Inschrift: ”Suste nischt ock heem !“ (frei übersetzt: Sonst nichts als daheim)
Während der Polonisierung Anfang der 1950er Jahre in Breslau wurde der Friedhof zerstört und abgeräumt, die Grabplatten wurden zerbrochen oder ihre deutschen Inschriften entfernt.[3][4][5]
Schaffen
Holtei versuchte, die deutsche Sprache gegenüber dem Französischen (aus dem damals noch die meisten deutschen Literatur- und Theaterprodukte übersetzt waren), aufzuwerten, indem er verschiedenste Dialekte verwendete. Dieses Stilmittel gab es im Französischen nicht. Die Aufwertung des Dialekts gegenüber der Hochsprache verstand er nicht zuletzt als Aufwertung des Bürgerlichen gegenüber dem Aristokratischen. Obwohl er selbst ein Angehöriger des niederen Adels war, bemühte er sich, zwischen Adel und Bürgertum zu vermitteln, statt die Konflikte zu betonen, die in den Revolutionsjahren 1830 und 1848 zum Ausbruch kamen. Daher sind seine Stücke eher unpolitisch, höchstens patriotisch wie Der alte Feldherr. Sie befassen sich im biedermeierlichen Sinn hauptsächlich mit dem Privatleben und behandeln aktuelle gesellschaftliche Fragen wie die Freiheit der Partnerwahl für die Ehe. Dabei appellieren sie an die Toleranz des Publikums. Bekannt wurden Holteis Possen Die Berliner in Wien und Die Wiener in Berlin, in denen er mit Sprachunterschieden operierte. Seine melodramatische Oper Des Adlers Horst blieb einige Zeit im Repertoire.
Ebenso beherrschte er die Umsetzung eines Mediums in ein anderes: Die berühmte Ballade Lenore von Gottfried August Bürger gestaltete er als ein Bühnenmelodram. In seinem Roman Der letzte Komödiant gab er Theateraufführungen eine erzählerische Form.
Liederspiel
Holtei propagierte das Liederspiel als deutschsprachige, sentimentalere Variante des französischen Vaudevilles (Flüchtige Bemerkungen über Vaudeville und Liederspiel, 1827). In seine Stücke waren Lieder zu bekannten Melodien eingestreut, die er selbst auf der Gitarre begleitete. Allbekannt ist das „Mantellied“ aus „Lenore“ (1828 uraufgeführt).[6] – Bissige Parodien auf zwei seiner Rührstücke waren Johann Nestroys Weder Lorbeerbaum noch Bettelstab (1835) und Die verhängnisvolle Faschingsnacht (1839).
Gedichtprobe
Die Schlusszeile dieses Heimwehgedichtes ist unter Schlesiern redensartlich geworden.
Heem will ihch
Mihch han se ooch schund manchmal da und durten
gar sihr traktiert und han mer Gutt’s getan,
bei Fürschten und Herzogen und bei Grawen,
scheene Frauvölker und gelehrte Herrn,
in grußen Städten und uf hochen Schlössern,
in fremden Landen aber suste wu, dass ihch eegen schaamzen, weil
ihch’s ihm nich wert bihn! – Nu’s gefiel mir schund, o ja! –
Im besten Freu’n, im allergrüßten Teebse,
liß sihch doch immerzu de Sehnsucht spieren.
Nach wahs? – Nu globt mersch, ader globt mersch nich:
nach meinem kleenen Haus in Obernigk samt seinem Schindeldächel
und a Tannen,
die vur der Türe stihn, däm bissel Gaarten,
däm Taubenschlage und där grünen Laube!
Wie schilgemol, – du weeßt’s mei lieber Gott –
hab ihch geseufzt und seufz’ ich hinte noch:
Heem will ihch, suste weiter nischt, ock heem!
Und eine weitere Reminiszenz an seine geliebte schlesische Heimat:
Lieber Got,
luss' de schläsingsche Treue nich vergiehn,
Ack su lange wie ünse Gebirgel stiehn!
Werke
Festspiele, Prologe und Theaterreden (1823)
Schlesische Gedichte (1830)
Ein Trauerspiel in Berlin (1832)
Lorbeerbaum und Bettelstab (1833)
Deutsche Lieder (1834)
Vierzig Jahre Lorbeerkranz und Wanderstab. Lebenserinnerungen (8 Bände, 1843–50)
Theater (Theaterstücke, 1845)
Die Vagabunden (Roman in 4 Bänden, 1852)
Christian Lammfell (Roman in 4 Bänden, 1853)
Gedichte, 4. Auflage, Verlag von Victor Lohse, Hannover 1856
Erzählende Schriften (41 Bände, 1861–66)
Preußische Kriegs- und Siegeslieder (1867)
Theater (6 Bände, 1876)
Nachlese. Erzählungen und Plaudereien (1870)
Dreihundert Briefe aus zwei Jahrhunderten (2 Bände, 1872; Nachdruck: Bern 1971)
Goethe und sein Sohn. Weimarer Erlebnisse in den Jahren 1827–1831 (postum, Hamburg 1924)
Der letzte Komödiant. Roman in 3 Theilen. Breslau 1863
Neuere Ausgaben
Mit dem Thespiskarren durch die Lande (bearbeitet von Norbert Hopster). Heidenheimer Verlagsanstalt, Heidenheim 1971
Jugend in Breslau (hrsg. v. Helmut Koopmann). Nicolai, Berlin 1988, ISBN 3-87584-227-8
Mord in Riga. Neuthor, Michelstadt 1992, ISBN 3-88758-048-6
Ausgewählte Werke, Teil 1: Gedichte, Lieder, Stücke, Schriften zu Literatur und Theater. Bergstadtverlag Korn, Würzburg 1992, ISBN 3-87057-162-4
Schwarzwaldau (hrsg. v. Dieter Paul Rudolph). Books on Demand, Norderstedt 2006, ISBN 3-8334-4343-X
Ausgewählte Werke, Teil 2: Vierzig Jahre (Auswahl), Erzähl- und andere Prosa. Bergstadtverlag Korn, Würzburg 2009, ISBN 978-3-87057-315-7
Ehrungen
Auf der Holteihöhe in Breslau errichteten Freunde und Verehrer Holteis im Jahre 1882 ein Denkmal, dessen Büste von dem Breslauer Bildhauer Albert Rachner geschaffen worden war.
Im Jahr 1902 wurde in Berlin-Friedrichshain die Holteistraße nach ihm benannt.
Im Jahr 1936 wurde in Wien Floridsdorf (21. Bezirk) die Holteigasse nach ihm benannt.
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