Karl von Reichenbach
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Karl von Reichenbach
Karl (Carl) Ludwig Friedrich von Reichenbach (* 12. Februar 1788 in Stuttgart; † 19. Januar 1869 in Leipzig) war ein Industrieller, Chemiker, Naturforscher, Philosoph und Freiherr.
Karl von Reichenbach, Lithographie von Josef Kriehuber, 1832
Carl Ludwig von Reichenbach
Karl Reichenbach
Leben und Werk
Reichenbachs Vater war Carl Ludwig Reichenbach (1757–1837), herzoglich württembergischer Bibliothekar und Archivar; die Familie hatte insgesamt vier Kinder. Der Großvater Jeremias Friedrich Reichenbach (1725–1810) entstammte der in Cannstatt ansässigen Chirurgenfamilie. Eine Tante von Karl Ludwig von Reichenbach war die Malerin Ludovike Simanowiz und ein Onkel von ihm war Wilhelm Heinrich (1763–1843), Leib- und Regimentsmedikus des Herzogs Friedrich Eugen von Württemberg in Mömpelgard.
Während seiner Studienzeit gründete Carl Ludwig Reichenbach 1806 in Tübingen eine Geheimgesellschaft zur Errichtung einer Kolonie auf Tahiti (Otaheiti) in der Südsee (Otaheiti-Gesellschaft). Ende 1808 wurde die Gesellschaft von der Polizei entdeckt und die meisten ihrer Mitglieder wegen des Verdachts auf Hochverrat verhaftet. Reichenbach wurde für einige Zeit auf dem Hohenasperg inhaftiert.
Nach dem Studium der Naturwissenschaften in Tübingen arbeitete er für die Eisenhammerwerke im badischen Hausach. Dort entwickelte und vermarktete er neuartige Öfen für die Holzverkohlung. Nach seiner Promotion siedelte er ins mährische Blansko über, um für den Grafen Salm in dessen Eisenhüttenwerken zu arbeiten. Während dieser Tätigkeit wurden große Teerfabriken zur Destillation von Steinkohlenteer errichtet, und von Reichenbach beschäftigte sich intensiv mit den Bestandteilen des Holzteers. Dabei entdeckte er 1830 das Paraffin und 1832 das Kreosot, ein antiseptisches Phenolgemisch. Diese Entdeckungen brachten ihm bald ein beachtliches Vermögen ein und führten 1839 zu seiner Adelung als Freiherren.
Am 15. November 1833 ging in Blansko ein Meteorit nieder. Dieses Ereignis faszinierte von Reichenbach derart, dass er seine Arbeiter tagelang suchen ließ, bis der Meteorit gefunden wurde. In der Folgezeit nutzte er sein Vermögen auch dazu, eine bedeutende Meteoritensammlung anzulegen. Die Begriffe Kamacit, Taenit und Plessit für Bestandteile von Eisenmeteoriten gehen auf ihn zurück. 1869 schenkte er seine Sammlung der mineralogischen Schau- und Lehrsammlung in Tübingen, wo sie heute noch zu besichtigen ist.
1835 erwarb Reichenbach das Schloss Cobenzl bei Wien. Wegen seiner im Schloss durchgeführten Experimente erhielt er von den Wienern den Beinamen „Zauberer vom Cobenzl“. In dieser Zeit gewann auf Veranlassung Liebigs der Chemiker Ernst Sell wichtige Erkenntnisse zu Gründung und Betrieb der Sellschen Teerfabriken in Offenbach am Main.
Für seine Frau Friederike Louise geb. Erhard kaufte Reichenbach die um 1831 entstandene Liebesvase des Bildhauers Friedrich Distelbarth. Nach deren Tod 1835 schenkte er die Monumentalvase der Stadt Stuttgart, die ihn daraufhin 1836 zum Ehrenbürger ernannte.[1] In der Ehe wurden fünf Kinder geboren, von welchen ein Sohn und eine Tochter überlebten, die sich später überwiegend in Wien aufhielten.
Ab 1841 widmete sich von Reichenbach der Untersuchung wissenschaftlicher Grenzgebiete. Im Zentrum dieser Untersuchungen stand die von ihm postulierte Lebenskraft Od (von Odin). Od ist nach ihm eine dem Magnetismus ähnliche Kraft. In seinen Studien behauptete von Reichenbach, dass besonders begabte Menschen, er nannte sie Sensitive, in dunklen Räumen schwache Lichterscheinungen bei Magneten wahrnehmen könnten. Die Nähe zum Mesmerismus und die Tatsache, dass andere Forscher (unter ihnen Jöns Jakob Berzelius und Gustav Theodor Fechner) Reichenbachs Experimente nicht wiederholen konnten, brachte ihm herbe Kritik ein und ließ ihn in seinen letzten Jahren zunehmend verbittern.
1911 wurde die Reichenbachgasse in Wien-Favoriten nach ihm benannt.
Familie
Er heiratete 1810 in Stuttgart Friederike Louise Erhard († 1835), eine Tochter des Verlagsbuchhändlers Christoph Heinrich Erhard. Das Paar hatte mehrere Kinder, darunter:
Reinhold (* 7. August 1812; † 1887) ⚭ Antonia von Hauer (* 1817)
Nachlass
Angeblich aus seinem Nachlass stammend wurden 1880 anonym die Schrift Caroline v. Linsingen, die Gattin eines englischen Prinzen. Ungedruckte Briefe und Abhandlungen (...)[2] veröffentlicht.
Mitgliedschaften
Seit 1854 war er Mitglied der Leopoldina.[3]
Werke
Karl von Reichenbach: Das Kreosot: ein neuentdeckter Bestandtheil des gemeinen Rauches, des Holzessigs und aller Arten von Theer 1833
Karl von Reichenbach: Geologische Mitteilungen aus Mähren Wien, 1834
Karl von Reichenbach: Physikalisch-physiologische Untersuchungen über die Dynamide des Magnetismus, der Elektrizität, der Wärme, des Lichtes, der Krystallisation, des Chemismus in ihren Beziehungen zur Lebenskraft (Band 1 + Band 2) Braunschweig, 1850
Karl von Reichenbach: Odisch-magnetische Briefe Stuttgart 1852, 1856; Ulm 1955
Karl von Reichenbach: Der sensitive Mensch und sein Verhalten zum Ode Stuttgart und Tübingen (Band 1 1854 + Band 2 1855)
Karl von Reichenbach: Köhlerglaube und Afterweisheit: Dem Herrn C. Vogt in Genf zur Antwort Wien, 1855
Freiherr von Reichenbach: Wer ist sensitiv, wer nicht Wien, 1856
Freiherr von Reichenbach: Odische Erwiederungen an die Herren Professoren Fortlage, Schleiden, Fechner und Hofrath Carus Wien, 1856
Karl von Reichenbach: Die Pflanzenwelt in ihren Beziehungen zur Sensitivität und zum Ode Wien, 1858
Karl von Reichenbach: Odische Begebenheiten zu Berlin in den Jahren 1861 und 1862 (PDF; 4,5 MB) Berlin, 1862
Karl von Reichenbach: Aphorismen über Sensitivität und Od Wien, 1866
Karl von Reichenbach: Die odische Lohe und einige Bewegungserscheinungen als neuentdeckte Formen des odischen Princips in der Natur Wien, 1867
Quelle
Karl von Reichenbach, Lithographie von Josef Kriehuber, 1832
Carl Ludwig von Reichenbach
Karl Reichenbach
Leben und Werk
Reichenbachs Vater war Carl Ludwig Reichenbach (1757–1837), herzoglich württembergischer Bibliothekar und Archivar; die Familie hatte insgesamt vier Kinder. Der Großvater Jeremias Friedrich Reichenbach (1725–1810) entstammte der in Cannstatt ansässigen Chirurgenfamilie. Eine Tante von Karl Ludwig von Reichenbach war die Malerin Ludovike Simanowiz und ein Onkel von ihm war Wilhelm Heinrich (1763–1843), Leib- und Regimentsmedikus des Herzogs Friedrich Eugen von Württemberg in Mömpelgard.
Während seiner Studienzeit gründete Carl Ludwig Reichenbach 1806 in Tübingen eine Geheimgesellschaft zur Errichtung einer Kolonie auf Tahiti (Otaheiti) in der Südsee (Otaheiti-Gesellschaft). Ende 1808 wurde die Gesellschaft von der Polizei entdeckt und die meisten ihrer Mitglieder wegen des Verdachts auf Hochverrat verhaftet. Reichenbach wurde für einige Zeit auf dem Hohenasperg inhaftiert.
Nach dem Studium der Naturwissenschaften in Tübingen arbeitete er für die Eisenhammerwerke im badischen Hausach. Dort entwickelte und vermarktete er neuartige Öfen für die Holzverkohlung. Nach seiner Promotion siedelte er ins mährische Blansko über, um für den Grafen Salm in dessen Eisenhüttenwerken zu arbeiten. Während dieser Tätigkeit wurden große Teerfabriken zur Destillation von Steinkohlenteer errichtet, und von Reichenbach beschäftigte sich intensiv mit den Bestandteilen des Holzteers. Dabei entdeckte er 1830 das Paraffin und 1832 das Kreosot, ein antiseptisches Phenolgemisch. Diese Entdeckungen brachten ihm bald ein beachtliches Vermögen ein und führten 1839 zu seiner Adelung als Freiherren.
Am 15. November 1833 ging in Blansko ein Meteorit nieder. Dieses Ereignis faszinierte von Reichenbach derart, dass er seine Arbeiter tagelang suchen ließ, bis der Meteorit gefunden wurde. In der Folgezeit nutzte er sein Vermögen auch dazu, eine bedeutende Meteoritensammlung anzulegen. Die Begriffe Kamacit, Taenit und Plessit für Bestandteile von Eisenmeteoriten gehen auf ihn zurück. 1869 schenkte er seine Sammlung der mineralogischen Schau- und Lehrsammlung in Tübingen, wo sie heute noch zu besichtigen ist.
1835 erwarb Reichenbach das Schloss Cobenzl bei Wien. Wegen seiner im Schloss durchgeführten Experimente erhielt er von den Wienern den Beinamen „Zauberer vom Cobenzl“. In dieser Zeit gewann auf Veranlassung Liebigs der Chemiker Ernst Sell wichtige Erkenntnisse zu Gründung und Betrieb der Sellschen Teerfabriken in Offenbach am Main.
Für seine Frau Friederike Louise geb. Erhard kaufte Reichenbach die um 1831 entstandene Liebesvase des Bildhauers Friedrich Distelbarth. Nach deren Tod 1835 schenkte er die Monumentalvase der Stadt Stuttgart, die ihn daraufhin 1836 zum Ehrenbürger ernannte.[1] In der Ehe wurden fünf Kinder geboren, von welchen ein Sohn und eine Tochter überlebten, die sich später überwiegend in Wien aufhielten.
Ab 1841 widmete sich von Reichenbach der Untersuchung wissenschaftlicher Grenzgebiete. Im Zentrum dieser Untersuchungen stand die von ihm postulierte Lebenskraft Od (von Odin). Od ist nach ihm eine dem Magnetismus ähnliche Kraft. In seinen Studien behauptete von Reichenbach, dass besonders begabte Menschen, er nannte sie Sensitive, in dunklen Räumen schwache Lichterscheinungen bei Magneten wahrnehmen könnten. Die Nähe zum Mesmerismus und die Tatsache, dass andere Forscher (unter ihnen Jöns Jakob Berzelius und Gustav Theodor Fechner) Reichenbachs Experimente nicht wiederholen konnten, brachte ihm herbe Kritik ein und ließ ihn in seinen letzten Jahren zunehmend verbittern.
1911 wurde die Reichenbachgasse in Wien-Favoriten nach ihm benannt.
Familie
Er heiratete 1810 in Stuttgart Friederike Louise Erhard († 1835), eine Tochter des Verlagsbuchhändlers Christoph Heinrich Erhard. Das Paar hatte mehrere Kinder, darunter:
Reinhold (* 7. August 1812; † 1887) ⚭ Antonia von Hauer (* 1817)
Nachlass
Angeblich aus seinem Nachlass stammend wurden 1880 anonym die Schrift Caroline v. Linsingen, die Gattin eines englischen Prinzen. Ungedruckte Briefe und Abhandlungen (...)[2] veröffentlicht.
Mitgliedschaften
Seit 1854 war er Mitglied der Leopoldina.[3]
Werke
Karl von Reichenbach: Das Kreosot: ein neuentdeckter Bestandtheil des gemeinen Rauches, des Holzessigs und aller Arten von Theer 1833
Karl von Reichenbach: Geologische Mitteilungen aus Mähren Wien, 1834
Karl von Reichenbach: Physikalisch-physiologische Untersuchungen über die Dynamide des Magnetismus, der Elektrizität, der Wärme, des Lichtes, der Krystallisation, des Chemismus in ihren Beziehungen zur Lebenskraft (Band 1 + Band 2) Braunschweig, 1850
Karl von Reichenbach: Odisch-magnetische Briefe Stuttgart 1852, 1856; Ulm 1955
Karl von Reichenbach: Der sensitive Mensch und sein Verhalten zum Ode Stuttgart und Tübingen (Band 1 1854 + Band 2 1855)
Karl von Reichenbach: Köhlerglaube und Afterweisheit: Dem Herrn C. Vogt in Genf zur Antwort Wien, 1855
Freiherr von Reichenbach: Wer ist sensitiv, wer nicht Wien, 1856
Freiherr von Reichenbach: Odische Erwiederungen an die Herren Professoren Fortlage, Schleiden, Fechner und Hofrath Carus Wien, 1856
Karl von Reichenbach: Die Pflanzenwelt in ihren Beziehungen zur Sensitivität und zum Ode Wien, 1858
Karl von Reichenbach: Odische Begebenheiten zu Berlin in den Jahren 1861 und 1862 (PDF; 4,5 MB) Berlin, 1862
Karl von Reichenbach: Aphorismen über Sensitivität und Od Wien, 1866
Karl von Reichenbach: Die odische Lohe und einige Bewegungserscheinungen als neuentdeckte Formen des odischen Princips in der Natur Wien, 1867
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