Der Mauthausen-Hauptprozess
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Der Mauthausen-Hauptprozess
Der Mauthausen-Hauptprozess war ein Kriegsverbrecherprozess der United States Army in der amerikanischen Besatzungszone am Militärgericht in Dachau. Dieser Prozess fand vom 29. März 1946 bis zum 13. Mai 1946 im Internierungslager Dachau statt, wo sich bis Ende April 1945 das Konzentrationslager Dachau befunden hatte. In diesem Prozess waren 61 Personen angeklagt, denen Kriegsverbrechen im Zusammenhang mit dem KZ Mauthausen und dessen Nebenlagern zur Last gelegt wurden. Das Verfahren endete mit 61 Schuldsprüchen. Offiziell wurde der Fall als United States of America vs Hans Altfuldisch et al. – Case 000-50-5 bezeichnet. Dem Mauthausen-Hauptverfahren schlossen sich 61 Nebenverfahren mit 238 Angeklagten an, die ebenfalls im Rahmen der Dachauer Prozesse stattfanden.[1]
Der ehemalige Mauthausenhäftling Francisco Boix bei seiner Zeugenaussage im Mauthausen-Hauptprozess
Vorgeschichte
Als amerikanische Truppen Anfang Mai 1945 das KZ Mauthausen und die Nebenlager erreichten, fanden sie kranke, sterbende oder bereits verstorbene Häftlinge vor. Unter den insgesamt etwa 100.000 Opfern, die infolge inhumaner Arbeits- und Lebensbedingungen, Krankheiten, Misshandlungen und Tötungen im KZ Mauthausen und den Nebenlagern verstarben, waren auch über 8.000 Häftlinge, die zwischen dem 27. April 1945 und dem 6. Mai 1945 umkamen. Auch nach Kriegsende verstarben noch mehr als 2.200 Häftlinge an den Folgen der Konzentrationslagerhaft.[2]
Vor diesem Hintergrund begannen amerikanische Ermittler im Rahmen des War Crimes Program, eines US-amerikanischen Programms zur Schaffung von Rechtsnormen und eines Justizapparates zur Verfolgung deutscher Kriegsverbrechen, zügig mit den Untersuchungen zur Feststellung der Verantwortlichen für diese Verbrechen. Die Täter wurden bald gefasst und interniert. Es wurden Zeugenaussagen aufgenommen und Beweismittel gesichert, darunter auch die Totenbücher. Zudem wurden Fotografien sowie Filmaufnahmen der Verbrechen erstellt. Die daraus resultierenden Untersuchungsergebnisse schufen die Basis für die Anklageerhebung und damit das Mauthausen-Hauptverfahren.[3]
Die Hauptverantwortlichen für diese Verbrechen entzogen sich jedoch durch Flucht und Selbstmord der Verantwortung. Der ehemalige Lagerkommandant Franz Ziereis wurde nach seiner Entdeckung durch Angehörige der US-Army bei einem Fluchtversuch am 23. Mai 1945 angeschossen und erlag, nachdem er noch am 24. Mai 1945 eine Aussage machen konnte, am 25. Mai 1945 seinen Verletzungen. Der erste Schutzhaftlagerführer Georg Bachmayer hatte am 8. Mai 1945 zunächst seine Frau und Kinder getötet und danach Selbstmord begangen. Karl Schulz, Leiter der Politischen Abteilung, floh bei Kriegsende und tauchte unter.[4]
Rechtsgrundlagen, Anklage und Prozessdurchführung
Die rechtliche Basis des Verfahrens bildeten die „Rules of Military Gouverment Courts“ ausgehend von den Erlassen des Military Government.[5]
Inhalt der Klageschrift waren die „Verletzung der Kriegsgebräuche und –gesetze“, die während des Zeitraums vom 1. Januar 1942 bis zum 8. Mai 1945 in Mauthausen und den Außenlagern an nicht-deutschen Zivilisten und Kriegsgefangenen verübt worden waren. Verbrechen von deutschen Tätern an deutschen Opfern blieben lange ungesühnt und wurden in der Regel erst später vor deutschen Gerichten verhandelt. Die Angeklagten wurden zudem beschuldigt, im Rahmen eines gemeinsamen Vorgehens (Common Design) an Misshandlungen und Tötungen nicht-deutscher Zivilisten und Kriegsgefangener rechtswidrig und vorsätzlich teilgenommen zu haben.[6]
Der Prozess wurde am 29. März 1946 vor dem Militärgericht in Dachau durch den Vorsitzenden Major General Fay Brink Prickett eröffnet. Die Anklagevertretung unter dem Hauptankläger William D. Denson bestand aus mehreren amerikanischen Offizieren. Den Angeklagten wurden Rechtsbeistände gestellt. Da die Gerichtssprache Englisch war, mussten Dolmetscher auf Englisch und Deutsch zwischen dem Gericht und den Angeklagten übersetzen. Nach Verlesung der Anklageschrift plädierten die Angeklagten sämtlich auf „nicht schuldig“, bis auf den ehemaligen Gauleiter August Eigruber, der die Anklage nicht verstanden hatte.[7]
Angeklagt waren 55 SS-Angehörige, ein Mitarbeiter des SD, drei Funktionshäftlinge sowie zwei Zivilisten. Neben 42 Deutschen waren zwölf Österreicher, drei Tschechoslowaken, zwei Jugoslawen sowie je ein Rumäne und Ungar beschuldigt. Die Angeklagten waren der Vernachlässigung, Misshandlung und Tötung der Häftlinge angeklagt.[8] August Eigruber, Gauleiter in Oberösterreich, hatte keine Funktion im KZ Mauthausen. Als zuständiger Gauleiter und Leiter des Ernährungsamtes in Oberösterreich war er jedoch für die Ernährungslage der Häftlinge verantwortlich. Zudem nahm er an Exekutionen von Häftlingen teil und stellte das Schloss Hartheim zur Verfügung, in dem Häftlinge im Rahmen der Aktion 14f13 vergast wurden. Unter den angeklagten Zivilisten befand sich Vinzenz Nohel, der als „(Leichen-)Brenner“ in der NS-Tötungsanstalt Hartheim tätig war. Vier Beschuldigte, darunter ein Zivilist, waren Angestellte der Deutschen Erd- und Steinwerke GmbH und wurden der Misshandlung von Häftlingen beschuldigt. Des Weiteren saßen vier Mitarbeiter der Politischen Abteilung auf der Anklagebank, denen verschärfte Vernehmungsmethoden, Misshandlungen und die Teilnahme an Exekutionen vorgeworfen wurden. Das Kommandanturpersonal war beschuldigt, für die katastrophalen Zustände im Lager hauptverantwortlich gewesen zu sein und dadurch das System von Tötungen, Misshandlungen und inhumaner Vernachlässigung erst geschaffen zu haben. Zudem saßen noch der zweite Schutzhaftlagerführer, ein Lagerleiter, Mitglieder der Wachmannschaften, ein Wachkompanieführer, Block- und Kommandoführer sowie drei Funktionshäftlinge auf der Anklagebank. Neben Misshandlungen und Tötungen waren einige dieser Angeklagten auch der Teilnahme an Exekutionen, Erschießungen bei Fluchtversuchen oder Verbrechen bei Evakuierungen von Nebenlagern beschuldigt. Den Standort- und Lagerärzten und dem medizinischen Personal wurde die Misshandlung, Vernachlässigung, Selektion und teilweise auch Tötung von Häftlingen zur Last gelegt. Die Angeklagten verharmlosten die Taten, beriefen sich auf einen Befehlsnotstand, schwiegen oder bestritten, zur Tatzeit am Tatort gewesen zu sein.[9]
Am 13. Mai 1946 wurden durch den Vorsitzenden des Militärgerichts die Urteile verkündet. Neben 58 Todesurteilen wurden drei lebenslange Haftstrafen verhängt. Nach Überprüfungsverfahren wurden neun der Todesurteile in lebenslange Haftstrafen umgewandelt und die anderen Urteile bestätigt. Die Verurteilten wurden in das Kriegsverbrechergefängnis Landsberg überführt. Bis auf eine Ausnahme (Otto Striegel am 20. Juni) wurden die Todesurteile am 27. (23 Hinrichtungen) und 28. Mai 1947 (25 Hinrichtungen) durch den Strang in Landsberg vollstreckt.[10]
Die 61 Urteile im Einzelnen
Angeklagter Rang Funktion Urteil
Johann Altfuldisch SS-Obersturmführer zweiter Schutzhaftlagerführer Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
August Eigruber SS-Obergruppenführer Gauleiter Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Julius Ludolf SS-Untersturmführer Lagerleiter von Nebenlagern Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Adolf Zutter SS-Hauptsturmführer Adjutant Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Viktor Zoller SS-Hauptsturmführer Adjutant Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Erich Wasicky SS-Hauptsturmführer Lagerapotheker Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Wilhelm Jobst SS-Hauptsturmführer Lagerarzt Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Friedrich Entress SS-Hauptsturmführer Lagerarzt Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Waldemar Wolter SS-Sturmbannführer Standortarzt Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Eduard Krebsbach SS-Sturmbannführer Standortarzt Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Wilhelm Henkel SS-Hauptsturmführer Leitender Zahnarzt Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Stefan Barczay SS-Sturmmann Wachmannschaft in Nebenlagern Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Willy Brünning SS-Rottenführer Wachmannschaft Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
August Blei SS-Obersturmführer Kommandeur der Wachkompanie Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Otto Drabek SS-Unterscharführer Quartiermeister Wiener Graben Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Hans Diehl SS-Unterscharführer Politische Abteilung Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Hans Eisenhöfer SS-Untersturmführer Leiter der Effektenkammer, stellvertretender Verwaltungsführer Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Willy Eckert SS-Hauptscharführer Leiter Kleidungskammer, Kommandoführer Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Heinrich Fitschok SS-Sturmmann Wachmann in Nebenlagern Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Willy Frey Funktionshäftling Blockältester, Kapo Lagerfeuerwehr Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Rudolf Fiegl Funktionshäftling Kapo Steinbruch- und Desinfektionskommando im KZ Gusen Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Johannes Grimm SS-Obersturmführer Manager Wiener Graben Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Georg Gössl Funktionshäftling Kapo im Häftlingskrankenbau Hinterbrühl Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Werner Grahn SD-Mitarbeiter Politische Abteilung Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Heinrich Häger SS-Hauptscharführer Kommandoführer Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Franz Huber SS-Rottenführer Blockführer Hinterbrühl Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Hans Hegenscheidt SS-Unterscharführer Leiter Küchenmagazin Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Gustav Kreindl SS-Unterscharführer SS-Sanitätsdienstgrad Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Kaspar Klimowitsch SS-Rottenführer Wachmann Gusen 1 und 2, KZ Ebensee Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Franz Kautny SS-Oberscharführer Wachmannschaft Nebenlager Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Kurt Keilwitz SS-Unterscharführer Wachmannschaft Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Anton Kaufmann SS-Unterscharführer Leitung Warenlager in Gusen Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Paul Kaiser SS-Unterscharführer Bauleiter in Gusen und Nebenlagern Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Josef Leeb SS-Unterscharführer Politische Abteilung Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Erich Miessner SS-Rottenführer Blockführer Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Emil Müller SS-Hauptscharführer Block- und Kommandoführer Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Wilhelm Müller SS-Unterscharführer Politische Abteilung Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Rudolf Mynzak SS-Rottenführer Kommandoführer Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Josef Niedermayer SS-Unterscharführer Rapportführer, Kommandoführer Bunker Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Vinzenz Nohel Zivilist „(Leichen-)Brenner“ in Hartheim Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Hermann Pribyll SS-Oberscharführer Arbeitsdienstführer Ebensee Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Theophil Priebel SS-Rottenführer Wachmannschaft Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Josef Riegler SS-Unterscharführer Rapportführer Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Thomas Sigmund SS-Rang unbekannt Wachmannschaft Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Karl Struller SS-Stabsscharführer Leiter der Schreibstube in der Lagerkommandantur Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Otto Striegel SS-Hauptscharführer Leiter Vorratsmagazin und Küche in Melk Todesstrafe, am 20. Juni 1947 hingerichtet
Andreas Trum SS-Oberscharführer Rapport- und Arbeitseinsatzführer Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Leopold Trauner Zivilist „Deutsche Erd und Steinwerke GmbH“ Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Hans Spatzenegger SS-Hauptscharführer Kommandoführer im Wiener Graben Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Walter Höhler SS-Hauptsturmführer Leitender Zahnarzt Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Heinrich Giese SS-Rang unbekannt Wachmannschaft, Finanzbuchhaltung Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Herbert Grzybowski SS-Rottenführer Wachmannschaft Gusen Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Karl Billmann SS-Rottenführer Wachmannschaft Gusen II Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Ludwig Dörr SS-Rottenführer Wachmannschaft in Gusen Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Viktor Korger SS-Rottenführer Wachmannschaft in Gusen Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Ferdinand Lappert SS-Sturmmann Wachmannschaft Gusen 1 und 2 Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Wilhelm Mack SS-Unterscharführer Kommandoführer Baukommando Gusen Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Adolf Rutka SS-Rang unbekannt Hundeführer Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Josef Mayer SS-Rang unbekannt Wachmannschaft lebenslange Haftstrafe
Michael Cserny SS-Rang unbekannt Wachmannschaft Ebensee lebenslange Haftstrafe
Paul Gützlaff SS-Rottenführer Wachmannschaft Gusen lebenslange Haftstrafe
Nebenprozesse
Auf dem Mauthausen-Hauptverfahren basierten weitere 61 Nebenprozesse, in denen sich weitere 238 Beschuldigte wegen Kriegsverbrechen im KZ Mauthausen und dessen Nebenlagern zu verantworte hatten. Diese Nebenprozesse mit bis zu zwölf Beschuldigten fanden von Ende März 1947 bis Ende Oktober 1947 ebenfalls im Internierungslager Dachau statt. Neben 21 Freisprüchen wurden Haftstrafen und 58 Todesurteile ausgesprochen, von denen 48 vollstreckt wurden.[11]
Hervorzuheben ist dabei das Verfahren United States of America v. Lauriano Navas et al. – Case No. 50-5-25, das gegen vier spanische Kapos vom 14. Juli 1947 bis 21. Juli 1947 geführt wurde. Interessant ist dieses Verfahren, weil es gegen Staatsangehörige eines im Zweiten Weltkriegs neutralen Staates geführt wurde und weil es das einzige Nebenverfahren war, in dem kein deutscher oder österreichischer Staatsangehöriger vor Gericht stand. Die spanischen Kapos, die auf der Seite der Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg gegen die Errichtung einer Diktatur unter Franco gekämpft hatten, flüchteten am Ende des Bürgerkriegs nach Frankreich. Dort wurden sie interniert und nach der Besetzung Frankreichs durch das Deutsche Reich als politische Häftlinge in das KZ Mauthausen überstellt. Wegen Misshandlung von Häftlingen, teilweise mit Todesfolge, wurden alle vier Kapos für schuldig befunden. Indalecio Gonzalez wurde zum Tode verurteilt und am 2. Februar 1949 durch den Strang hingerichtet. Lauriano Navas wurde zu lebenslänglicher Haft, Moises Fernandez zu zwanzig Jahren Haft und Felix Domingo zu zwei Jahren Haft verurteilt.[12]
Wertungen und Wirkungen
Der Mauthausen-Hauptprozess, auch zweiter Dachauer Prozess genannt, war mit 61 Angeklagten der umfangreichste Konzentrationslagerprozess im Rahmen der Dachauer Prozesse. Aufgrund des geringen zeitlichen Abstands zum Kriegsende wurden in diesem Prozess neben dem Dachau-Hauptprozess die härtesten Urteile gesprochen.[13] Die zu Haftstrafen verurteilten Gefangenen wurden jedoch sämtlich bis zum November 1951 aus dem Kriegsverbrechergefängnis in Landsberg entlassen, zumindest auf Bewährung.[14]
Neben der rechtsstaatlichen Ahndung der KZ-Verbrechen sollte auch die Bevölkerung über diese NS-Verbrechen aufgeklärt und der verbrecherische Charakter der Gewalttaten verdeutlicht werden. Weiterhin sollten diese Prozesse einen kollektiven Reflexionsprozess in der österreichischen und deutschen Bevölkerung in Gang setzen, um eine rechtsstaatliche und demokratische Kultur in diesen Ländern zu etablieren.[15]
Die Verhandlung des Mauthausen-Hauptverfahrens an dem symbolträchtigen Prozessort Dachau – und nicht in Österreich – verstärkte laut Bertrand Perz die in der österreichischen Bevölkerung kursierende Opferthese, nach der Österreich das erste Opfer der nationalsozialistischen Machtpolitik gewesen sei. Vielfach wurde die Verantwortung für die Konzentrationslagerverbrechen als ausschließlich deutsches Problem wahrgenommen.[16]
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Der ehemalige Mauthausenhäftling Francisco Boix bei seiner Zeugenaussage im Mauthausen-Hauptprozess
Vorgeschichte
Als amerikanische Truppen Anfang Mai 1945 das KZ Mauthausen und die Nebenlager erreichten, fanden sie kranke, sterbende oder bereits verstorbene Häftlinge vor. Unter den insgesamt etwa 100.000 Opfern, die infolge inhumaner Arbeits- und Lebensbedingungen, Krankheiten, Misshandlungen und Tötungen im KZ Mauthausen und den Nebenlagern verstarben, waren auch über 8.000 Häftlinge, die zwischen dem 27. April 1945 und dem 6. Mai 1945 umkamen. Auch nach Kriegsende verstarben noch mehr als 2.200 Häftlinge an den Folgen der Konzentrationslagerhaft.[2]
Vor diesem Hintergrund begannen amerikanische Ermittler im Rahmen des War Crimes Program, eines US-amerikanischen Programms zur Schaffung von Rechtsnormen und eines Justizapparates zur Verfolgung deutscher Kriegsverbrechen, zügig mit den Untersuchungen zur Feststellung der Verantwortlichen für diese Verbrechen. Die Täter wurden bald gefasst und interniert. Es wurden Zeugenaussagen aufgenommen und Beweismittel gesichert, darunter auch die Totenbücher. Zudem wurden Fotografien sowie Filmaufnahmen der Verbrechen erstellt. Die daraus resultierenden Untersuchungsergebnisse schufen die Basis für die Anklageerhebung und damit das Mauthausen-Hauptverfahren.[3]
Die Hauptverantwortlichen für diese Verbrechen entzogen sich jedoch durch Flucht und Selbstmord der Verantwortung. Der ehemalige Lagerkommandant Franz Ziereis wurde nach seiner Entdeckung durch Angehörige der US-Army bei einem Fluchtversuch am 23. Mai 1945 angeschossen und erlag, nachdem er noch am 24. Mai 1945 eine Aussage machen konnte, am 25. Mai 1945 seinen Verletzungen. Der erste Schutzhaftlagerführer Georg Bachmayer hatte am 8. Mai 1945 zunächst seine Frau und Kinder getötet und danach Selbstmord begangen. Karl Schulz, Leiter der Politischen Abteilung, floh bei Kriegsende und tauchte unter.[4]
Rechtsgrundlagen, Anklage und Prozessdurchführung
Die rechtliche Basis des Verfahrens bildeten die „Rules of Military Gouverment Courts“ ausgehend von den Erlassen des Military Government.[5]
Inhalt der Klageschrift waren die „Verletzung der Kriegsgebräuche und –gesetze“, die während des Zeitraums vom 1. Januar 1942 bis zum 8. Mai 1945 in Mauthausen und den Außenlagern an nicht-deutschen Zivilisten und Kriegsgefangenen verübt worden waren. Verbrechen von deutschen Tätern an deutschen Opfern blieben lange ungesühnt und wurden in der Regel erst später vor deutschen Gerichten verhandelt. Die Angeklagten wurden zudem beschuldigt, im Rahmen eines gemeinsamen Vorgehens (Common Design) an Misshandlungen und Tötungen nicht-deutscher Zivilisten und Kriegsgefangener rechtswidrig und vorsätzlich teilgenommen zu haben.[6]
Der Prozess wurde am 29. März 1946 vor dem Militärgericht in Dachau durch den Vorsitzenden Major General Fay Brink Prickett eröffnet. Die Anklagevertretung unter dem Hauptankläger William D. Denson bestand aus mehreren amerikanischen Offizieren. Den Angeklagten wurden Rechtsbeistände gestellt. Da die Gerichtssprache Englisch war, mussten Dolmetscher auf Englisch und Deutsch zwischen dem Gericht und den Angeklagten übersetzen. Nach Verlesung der Anklageschrift plädierten die Angeklagten sämtlich auf „nicht schuldig“, bis auf den ehemaligen Gauleiter August Eigruber, der die Anklage nicht verstanden hatte.[7]
Angeklagt waren 55 SS-Angehörige, ein Mitarbeiter des SD, drei Funktionshäftlinge sowie zwei Zivilisten. Neben 42 Deutschen waren zwölf Österreicher, drei Tschechoslowaken, zwei Jugoslawen sowie je ein Rumäne und Ungar beschuldigt. Die Angeklagten waren der Vernachlässigung, Misshandlung und Tötung der Häftlinge angeklagt.[8] August Eigruber, Gauleiter in Oberösterreich, hatte keine Funktion im KZ Mauthausen. Als zuständiger Gauleiter und Leiter des Ernährungsamtes in Oberösterreich war er jedoch für die Ernährungslage der Häftlinge verantwortlich. Zudem nahm er an Exekutionen von Häftlingen teil und stellte das Schloss Hartheim zur Verfügung, in dem Häftlinge im Rahmen der Aktion 14f13 vergast wurden. Unter den angeklagten Zivilisten befand sich Vinzenz Nohel, der als „(Leichen-)Brenner“ in der NS-Tötungsanstalt Hartheim tätig war. Vier Beschuldigte, darunter ein Zivilist, waren Angestellte der Deutschen Erd- und Steinwerke GmbH und wurden der Misshandlung von Häftlingen beschuldigt. Des Weiteren saßen vier Mitarbeiter der Politischen Abteilung auf der Anklagebank, denen verschärfte Vernehmungsmethoden, Misshandlungen und die Teilnahme an Exekutionen vorgeworfen wurden. Das Kommandanturpersonal war beschuldigt, für die katastrophalen Zustände im Lager hauptverantwortlich gewesen zu sein und dadurch das System von Tötungen, Misshandlungen und inhumaner Vernachlässigung erst geschaffen zu haben. Zudem saßen noch der zweite Schutzhaftlagerführer, ein Lagerleiter, Mitglieder der Wachmannschaften, ein Wachkompanieführer, Block- und Kommandoführer sowie drei Funktionshäftlinge auf der Anklagebank. Neben Misshandlungen und Tötungen waren einige dieser Angeklagten auch der Teilnahme an Exekutionen, Erschießungen bei Fluchtversuchen oder Verbrechen bei Evakuierungen von Nebenlagern beschuldigt. Den Standort- und Lagerärzten und dem medizinischen Personal wurde die Misshandlung, Vernachlässigung, Selektion und teilweise auch Tötung von Häftlingen zur Last gelegt. Die Angeklagten verharmlosten die Taten, beriefen sich auf einen Befehlsnotstand, schwiegen oder bestritten, zur Tatzeit am Tatort gewesen zu sein.[9]
Am 13. Mai 1946 wurden durch den Vorsitzenden des Militärgerichts die Urteile verkündet. Neben 58 Todesurteilen wurden drei lebenslange Haftstrafen verhängt. Nach Überprüfungsverfahren wurden neun der Todesurteile in lebenslange Haftstrafen umgewandelt und die anderen Urteile bestätigt. Die Verurteilten wurden in das Kriegsverbrechergefängnis Landsberg überführt. Bis auf eine Ausnahme (Otto Striegel am 20. Juni) wurden die Todesurteile am 27. (23 Hinrichtungen) und 28. Mai 1947 (25 Hinrichtungen) durch den Strang in Landsberg vollstreckt.[10]
Die 61 Urteile im Einzelnen
Angeklagter Rang Funktion Urteil
Johann Altfuldisch SS-Obersturmführer zweiter Schutzhaftlagerführer Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
August Eigruber SS-Obergruppenführer Gauleiter Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Julius Ludolf SS-Untersturmführer Lagerleiter von Nebenlagern Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Adolf Zutter SS-Hauptsturmführer Adjutant Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Viktor Zoller SS-Hauptsturmführer Adjutant Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Erich Wasicky SS-Hauptsturmführer Lagerapotheker Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Wilhelm Jobst SS-Hauptsturmführer Lagerarzt Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Friedrich Entress SS-Hauptsturmführer Lagerarzt Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Waldemar Wolter SS-Sturmbannführer Standortarzt Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Eduard Krebsbach SS-Sturmbannführer Standortarzt Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Wilhelm Henkel SS-Hauptsturmführer Leitender Zahnarzt Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Stefan Barczay SS-Sturmmann Wachmannschaft in Nebenlagern Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Willy Brünning SS-Rottenführer Wachmannschaft Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
August Blei SS-Obersturmführer Kommandeur der Wachkompanie Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Otto Drabek SS-Unterscharführer Quartiermeister Wiener Graben Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Hans Diehl SS-Unterscharführer Politische Abteilung Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Hans Eisenhöfer SS-Untersturmführer Leiter der Effektenkammer, stellvertretender Verwaltungsführer Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Willy Eckert SS-Hauptscharführer Leiter Kleidungskammer, Kommandoführer Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Heinrich Fitschok SS-Sturmmann Wachmann in Nebenlagern Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Willy Frey Funktionshäftling Blockältester, Kapo Lagerfeuerwehr Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Rudolf Fiegl Funktionshäftling Kapo Steinbruch- und Desinfektionskommando im KZ Gusen Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Johannes Grimm SS-Obersturmführer Manager Wiener Graben Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Georg Gössl Funktionshäftling Kapo im Häftlingskrankenbau Hinterbrühl Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Werner Grahn SD-Mitarbeiter Politische Abteilung Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Heinrich Häger SS-Hauptscharführer Kommandoführer Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Franz Huber SS-Rottenführer Blockführer Hinterbrühl Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Hans Hegenscheidt SS-Unterscharführer Leiter Küchenmagazin Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Gustav Kreindl SS-Unterscharführer SS-Sanitätsdienstgrad Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Kaspar Klimowitsch SS-Rottenführer Wachmann Gusen 1 und 2, KZ Ebensee Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Franz Kautny SS-Oberscharführer Wachmannschaft Nebenlager Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Kurt Keilwitz SS-Unterscharführer Wachmannschaft Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Anton Kaufmann SS-Unterscharführer Leitung Warenlager in Gusen Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Paul Kaiser SS-Unterscharführer Bauleiter in Gusen und Nebenlagern Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Josef Leeb SS-Unterscharführer Politische Abteilung Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Erich Miessner SS-Rottenführer Blockführer Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Emil Müller SS-Hauptscharführer Block- und Kommandoführer Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Wilhelm Müller SS-Unterscharführer Politische Abteilung Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Rudolf Mynzak SS-Rottenführer Kommandoführer Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Josef Niedermayer SS-Unterscharführer Rapportführer, Kommandoführer Bunker Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Vinzenz Nohel Zivilist „(Leichen-)Brenner“ in Hartheim Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Hermann Pribyll SS-Oberscharführer Arbeitsdienstführer Ebensee Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Theophil Priebel SS-Rottenführer Wachmannschaft Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Josef Riegler SS-Unterscharführer Rapportführer Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Thomas Sigmund SS-Rang unbekannt Wachmannschaft Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Karl Struller SS-Stabsscharführer Leiter der Schreibstube in der Lagerkommandantur Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Otto Striegel SS-Hauptscharführer Leiter Vorratsmagazin und Küche in Melk Todesstrafe, am 20. Juni 1947 hingerichtet
Andreas Trum SS-Oberscharführer Rapport- und Arbeitseinsatzführer Todesstrafe, am 28. Mai 1947 hingerichtet
Leopold Trauner Zivilist „Deutsche Erd und Steinwerke GmbH“ Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Hans Spatzenegger SS-Hauptscharführer Kommandoführer im Wiener Graben Todesstrafe, am 27. Mai 1947 hingerichtet
Walter Höhler SS-Hauptsturmführer Leitender Zahnarzt Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Heinrich Giese SS-Rang unbekannt Wachmannschaft, Finanzbuchhaltung Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Herbert Grzybowski SS-Rottenführer Wachmannschaft Gusen Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Karl Billmann SS-Rottenführer Wachmannschaft Gusen II Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Ludwig Dörr SS-Rottenführer Wachmannschaft in Gusen Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Viktor Korger SS-Rottenführer Wachmannschaft in Gusen Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Ferdinand Lappert SS-Sturmmann Wachmannschaft Gusen 1 und 2 Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Wilhelm Mack SS-Unterscharführer Kommandoführer Baukommando Gusen Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Adolf Rutka SS-Rang unbekannt Hundeführer Todesstrafe, später in lebenslange Haftstrafe umgewandelt
Josef Mayer SS-Rang unbekannt Wachmannschaft lebenslange Haftstrafe
Michael Cserny SS-Rang unbekannt Wachmannschaft Ebensee lebenslange Haftstrafe
Paul Gützlaff SS-Rottenführer Wachmannschaft Gusen lebenslange Haftstrafe
Nebenprozesse
Auf dem Mauthausen-Hauptverfahren basierten weitere 61 Nebenprozesse, in denen sich weitere 238 Beschuldigte wegen Kriegsverbrechen im KZ Mauthausen und dessen Nebenlagern zu verantworte hatten. Diese Nebenprozesse mit bis zu zwölf Beschuldigten fanden von Ende März 1947 bis Ende Oktober 1947 ebenfalls im Internierungslager Dachau statt. Neben 21 Freisprüchen wurden Haftstrafen und 58 Todesurteile ausgesprochen, von denen 48 vollstreckt wurden.[11]
Hervorzuheben ist dabei das Verfahren United States of America v. Lauriano Navas et al. – Case No. 50-5-25, das gegen vier spanische Kapos vom 14. Juli 1947 bis 21. Juli 1947 geführt wurde. Interessant ist dieses Verfahren, weil es gegen Staatsangehörige eines im Zweiten Weltkriegs neutralen Staates geführt wurde und weil es das einzige Nebenverfahren war, in dem kein deutscher oder österreichischer Staatsangehöriger vor Gericht stand. Die spanischen Kapos, die auf der Seite der Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg gegen die Errichtung einer Diktatur unter Franco gekämpft hatten, flüchteten am Ende des Bürgerkriegs nach Frankreich. Dort wurden sie interniert und nach der Besetzung Frankreichs durch das Deutsche Reich als politische Häftlinge in das KZ Mauthausen überstellt. Wegen Misshandlung von Häftlingen, teilweise mit Todesfolge, wurden alle vier Kapos für schuldig befunden. Indalecio Gonzalez wurde zum Tode verurteilt und am 2. Februar 1949 durch den Strang hingerichtet. Lauriano Navas wurde zu lebenslänglicher Haft, Moises Fernandez zu zwanzig Jahren Haft und Felix Domingo zu zwei Jahren Haft verurteilt.[12]
Wertungen und Wirkungen
Der Mauthausen-Hauptprozess, auch zweiter Dachauer Prozess genannt, war mit 61 Angeklagten der umfangreichste Konzentrationslagerprozess im Rahmen der Dachauer Prozesse. Aufgrund des geringen zeitlichen Abstands zum Kriegsende wurden in diesem Prozess neben dem Dachau-Hauptprozess die härtesten Urteile gesprochen.[13] Die zu Haftstrafen verurteilten Gefangenen wurden jedoch sämtlich bis zum November 1951 aus dem Kriegsverbrechergefängnis in Landsberg entlassen, zumindest auf Bewährung.[14]
Neben der rechtsstaatlichen Ahndung der KZ-Verbrechen sollte auch die Bevölkerung über diese NS-Verbrechen aufgeklärt und der verbrecherische Charakter der Gewalttaten verdeutlicht werden. Weiterhin sollten diese Prozesse einen kollektiven Reflexionsprozess in der österreichischen und deutschen Bevölkerung in Gang setzen, um eine rechtsstaatliche und demokratische Kultur in diesen Ländern zu etablieren.[15]
Die Verhandlung des Mauthausen-Hauptverfahrens an dem symbolträchtigen Prozessort Dachau – und nicht in Österreich – verstärkte laut Bertrand Perz die in der österreichischen Bevölkerung kursierende Opferthese, nach der Österreich das erste Opfer der nationalsozialistischen Machtpolitik gewesen sei. Vielfach wurde die Verantwortung für die Konzentrationslagerverbrechen als ausschließlich deutsches Problem wahrgenommen.[16]
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
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