Der kommunistische Anarchismus
Seite 1 von 1
Der kommunistische Anarchismus
Der kommunistische Anarchismus (auch Anarchokommunismus, Anarchistischer Kommunismus, freiheitlicher Kommunismus oder libertärer Kommunismus genannt) ist ein politisches Konzept des Anarchismus, dem zufolge der Staat und der Kapitalismus überwunden werden und durch Netzwerke von freiwilligen Vereinigungen, Arbeiterräten und gemeinschaftliche Kommunen ersetzt werden sollen.
Pjotr Alexejewitsch Kropotkin, zentraler Theoretiker des kommunistischen Anarchismus
Historische Entwicklung
Aus Sicht des anarchistischen Historikers Max Nettlau war die Arbeiterbewegung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr stark autoritär geprägt. Erst eine Arbeitergruppe, die eine Zeitschrift mit dem Titel L’Humanitaire herausgab, fasste ihre politischen Ideen als möglichst freiheitlich, also antiautoritär, auf. Schon nach zwei Ausgaben der Zeitung wurden die Mitglieder der Gruppe verhaftet und verurteilt. Das bedeutete das Ende für ihr Wirken.[1]
Nach dem kurzen Wirken der Gruppe der L’Humanitaire im Jahr 1841 traten seit Anfang 1876 wieder die ersten Äußerungen des kommunistischen Anarchismus an den Tag, von einer Gruppe namens „L’Avenir“, zu der u. a. Adrien Perrare, Francois Dumartheray und T. Colonna gehören. Zu den französischen Wahlen 1876 gab die Gruppe vier Broschüren heraus, in denen sie die Grundzüge eines „communisme anarchiste“ veröffentlichen.[2]
Zentraler Vordenker dieser Strömung war der russische Anarchist Pjotr Kropotkin. Er vertrat die Auffassung, dass Anarchismus und Kommunismus nur zusammen funktionieren könnten, da sie sich gegenseitig bedingen würden. Kropotkin und andere kommunistische Anarchisten kritisierten während der russischen Revolution das von Lenin propagierte Konzept des Kommunismus, das sie als „Staatssozialismus“ bezeichneten und als totalitär und elitär ablehnten.[3]
Der ideologische und politische Konflikt zwischen Marxisten und Anarchisten geht zurück auf die Auseinandersetzung zwischen Michail Bakunin auf der antiautoritären und Karl Marx auf der wissenschaftlich-sozialistischen Seite, die sich bereits zu Beginn der Arbeiterbewegung ideologisch gegenüberstanden. Während die Marxisten die Diktatur des Proletariats anstrebten, in deren Verlauf der Staat irgendwann überflüssig werde und absterbe, wollten die Anarchisten den Staat sofort abschaffen. Zudem lehnten sie jede Parteiorganisation als Bevormundung der Massen durch eine Avantgarde ab.
Konzept
Anarchokommunistische Vorstellungen sind konzeptionell mit Ideen der anarchosyndikalistischen Bewegung verwandt, die in Deutschland im Verlauf der Rätebewegung von 1918/19 eine gewisse Anhängerschaft fand, die heute noch größtenteils in der FAU und international in der IAA organisiert ist.
Die Vertreter des kommunistischen Anarchismus stellen das Konzept einer Selbstverwaltung der Arbeiter in den Betrieben gegen das Konzept der Führung durch eine revolutionäre Klassenpartei oder parlamentarische „Vertretung“ der Arbeiterinteressen, um die Entstehung neuer Herrschaftsformen nach einer sozialen Revolution zu verhindern. Damit grenzen sie sich sowohl gegen den bürgerlichen Reformismus etwa in der Weimarer Republik als auch gegen den Marxismus ab. In Deutschland vertrat Erich Mühsam ähnliche Gedanken.
Der kommunistische Anarchismus propagiert eine herrschaftsfreie, egalitäre und selbstverwaltete Gesellschaftsordnung ohne hierarchische Strukturen und Gesetze, in der durch die freiwillige und solidarische Form des Wirtschaftens eine gerechte Aneignung des gesellschaftlichen Reichtums bestehen soll. Das Privateigentum soll abgeschafft werden. Nur das Bedürfnis eines Jeden soll maßgebend sein, weil jede Berechnung des Werts der Einzelarbeit unmöglich, und daher ein willkürlicher, autoritärer Akt ist. In dieser Gesellschaft soll die freie Entfaltung des Einzelnen genauso vorhanden sein wie die gemeinsame freie Entfaltung Aller. Die Freiheit des Einzelnen endet nur dort, wo sie die Freiheit anderer stört.[2]
Aktuelle Entwicklung
Wie die meisten revolutionären Strömungen innerhalb der politischen Linken ist auch der Anarchokommunismus gegenwärtig nur eine Minderheitenposition und findet sich vor allem in kleinen politischen Gruppen wieder. Relativ verbreitet ist er im Spektrum der Autonomen, die oft als Schwarzer Block bei Demonstrationen mit anarchokommunistischen Parolen auftreten. In der anarchistischen Bewegung wird er insbesondere von plattformistischen Organisierungen, aber auch von anarchistischen Föderationen wie der NEFAC und AF Britain[4] unterstützt.
Mit dem Class-Struggle-Anarchism (deutsch etwa: Klassenkampfanarchismus) wurde im späten 20. Jahrhundert innerhalb anarchistischer Organisationen eine in der Tradition von Anarchokommunismus und Anarchosyndikalismus stehende Strömung entwickelt, die sich an die marxistische Klassenkampf-Idee anlehnt[5] und mit rätekommunistischen und libertären Ideen wie dem Situationismus überlappt.[6]
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Pjotr Alexejewitsch Kropotkin, zentraler Theoretiker des kommunistischen Anarchismus
Historische Entwicklung
Aus Sicht des anarchistischen Historikers Max Nettlau war die Arbeiterbewegung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts sehr stark autoritär geprägt. Erst eine Arbeitergruppe, die eine Zeitschrift mit dem Titel L’Humanitaire herausgab, fasste ihre politischen Ideen als möglichst freiheitlich, also antiautoritär, auf. Schon nach zwei Ausgaben der Zeitung wurden die Mitglieder der Gruppe verhaftet und verurteilt. Das bedeutete das Ende für ihr Wirken.[1]
Nach dem kurzen Wirken der Gruppe der L’Humanitaire im Jahr 1841 traten seit Anfang 1876 wieder die ersten Äußerungen des kommunistischen Anarchismus an den Tag, von einer Gruppe namens „L’Avenir“, zu der u. a. Adrien Perrare, Francois Dumartheray und T. Colonna gehören. Zu den französischen Wahlen 1876 gab die Gruppe vier Broschüren heraus, in denen sie die Grundzüge eines „communisme anarchiste“ veröffentlichen.[2]
Zentraler Vordenker dieser Strömung war der russische Anarchist Pjotr Kropotkin. Er vertrat die Auffassung, dass Anarchismus und Kommunismus nur zusammen funktionieren könnten, da sie sich gegenseitig bedingen würden. Kropotkin und andere kommunistische Anarchisten kritisierten während der russischen Revolution das von Lenin propagierte Konzept des Kommunismus, das sie als „Staatssozialismus“ bezeichneten und als totalitär und elitär ablehnten.[3]
Der ideologische und politische Konflikt zwischen Marxisten und Anarchisten geht zurück auf die Auseinandersetzung zwischen Michail Bakunin auf der antiautoritären und Karl Marx auf der wissenschaftlich-sozialistischen Seite, die sich bereits zu Beginn der Arbeiterbewegung ideologisch gegenüberstanden. Während die Marxisten die Diktatur des Proletariats anstrebten, in deren Verlauf der Staat irgendwann überflüssig werde und absterbe, wollten die Anarchisten den Staat sofort abschaffen. Zudem lehnten sie jede Parteiorganisation als Bevormundung der Massen durch eine Avantgarde ab.
Konzept
Anarchokommunistische Vorstellungen sind konzeptionell mit Ideen der anarchosyndikalistischen Bewegung verwandt, die in Deutschland im Verlauf der Rätebewegung von 1918/19 eine gewisse Anhängerschaft fand, die heute noch größtenteils in der FAU und international in der IAA organisiert ist.
Die Vertreter des kommunistischen Anarchismus stellen das Konzept einer Selbstverwaltung der Arbeiter in den Betrieben gegen das Konzept der Führung durch eine revolutionäre Klassenpartei oder parlamentarische „Vertretung“ der Arbeiterinteressen, um die Entstehung neuer Herrschaftsformen nach einer sozialen Revolution zu verhindern. Damit grenzen sie sich sowohl gegen den bürgerlichen Reformismus etwa in der Weimarer Republik als auch gegen den Marxismus ab. In Deutschland vertrat Erich Mühsam ähnliche Gedanken.
Der kommunistische Anarchismus propagiert eine herrschaftsfreie, egalitäre und selbstverwaltete Gesellschaftsordnung ohne hierarchische Strukturen und Gesetze, in der durch die freiwillige und solidarische Form des Wirtschaftens eine gerechte Aneignung des gesellschaftlichen Reichtums bestehen soll. Das Privateigentum soll abgeschafft werden. Nur das Bedürfnis eines Jeden soll maßgebend sein, weil jede Berechnung des Werts der Einzelarbeit unmöglich, und daher ein willkürlicher, autoritärer Akt ist. In dieser Gesellschaft soll die freie Entfaltung des Einzelnen genauso vorhanden sein wie die gemeinsame freie Entfaltung Aller. Die Freiheit des Einzelnen endet nur dort, wo sie die Freiheit anderer stört.[2]
Aktuelle Entwicklung
Wie die meisten revolutionären Strömungen innerhalb der politischen Linken ist auch der Anarchokommunismus gegenwärtig nur eine Minderheitenposition und findet sich vor allem in kleinen politischen Gruppen wieder. Relativ verbreitet ist er im Spektrum der Autonomen, die oft als Schwarzer Block bei Demonstrationen mit anarchokommunistischen Parolen auftreten. In der anarchistischen Bewegung wird er insbesondere von plattformistischen Organisierungen, aber auch von anarchistischen Föderationen wie der NEFAC und AF Britain[4] unterstützt.
Mit dem Class-Struggle-Anarchism (deutsch etwa: Klassenkampfanarchismus) wurde im späten 20. Jahrhundert innerhalb anarchistischer Organisationen eine in der Tradition von Anarchokommunismus und Anarchosyndikalismus stehende Strömung entwickelt, die sich an die marxistische Klassenkampf-Idee anlehnt[5] und mit rätekommunistischen und libertären Ideen wie dem Situationismus überlappt.[6]
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Andy- Admin
- Anzahl der Beiträge : 36159
Anmeldedatum : 03.04.11
Seite 1 von 1
Befugnisse in diesem Forum
Sie können in diesem Forum nicht antworten
Gestern um 6:18 am von Andy
» ## Helloween ##
Gestern um 1:16 am von checker
» Heavy Metal Hamsters
Gestern um 1:13 am von checker
» Superium
Gestern um 1:09 am von checker
» Aram Bedrosian
Gestern um 1:04 am von checker
» KSHMR & OTIOT
Gestern um 1:00 am von checker
» The Gasoline Gypsies
Gestern um 12:57 am von checker
» zozyblue
Gestern um 12:54 am von checker
» PIRY-Just a Dream
Gestern um 12:51 am von checker