Die Antirassistische Erziehung
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Die Antirassistische Erziehung
Unter antirassistischer Erziehung versteht man alle Erziehungsanstrengungen gegen Rassismus. Dabei umfasst diese Definition sehr unterschiedliche und auch teilweise gegensätzliche Erziehungsanstrengungen.
Ziele
Antirassistische Erziehung kann unterschiedliche Ziele verfolgen. Neben dem Abbau von Vorurteilen und der Prävention rassistischer Gewalt geht es auch um die Überwindung struktureller Ungerechtigkeiten, die Minderheitenangehörige benachteiligen. Konkrete Ziele können zum Beispiel sein:
Vermittlung von Werten wie Toleranz
Erarbeiten von Handlungsweisen, um u.a. Zivilcourage zu unterstützen
Fördern interkultureller Kontakte
rassistische Propaganda aufdecken
Bewusstmachen von eigenen rassistischen Anteilen
Stärken von Minderheiten
Förderung von Minderheiten durch Strukturmaßnahmen analog zum Gender Mainstreaming
Erziehungsansätze
Entsprechend den unterschiedlichen Zielsetzungen wurden seit den 1990er Jahren in Deutschland unterschiedliche Ansätze für eine antirassistische Erziehung entwickelt:
Vermitteln von Informationen über Minderheiten, aber auch über Rassismus und Rechtsextremismus soll Vorurteile abbauen
Erziehung zur Zivilcourage, wie es z.B. mit der Civic Education angestrebt wird, soll Menschen befähigen, aktiv gegen Rassismus einzuschreiten
Anti-Rassismus-Training gibt es in unterschiedlichen Formen, in der Regel geht es hier um die Sensibilisierung der meist jugendlichen oder erwachsenen Teilnehmer für Fragen des Rassismus, aber auch um das Erarbeiten von Handlungsalternativen oder das Heilen von psychischen Traumata
interkulturelle Ansätze versuchen, das gemeinsame Lernen von Kindern unterschiedlicher Herkunft zu fördern und durch den Kontakt gegenseitiges Verständnis zu fördern
die Einführung von Schutzmaßnahmen gegen rassistische Diskriminierung und Gewalt soll zumindest Erziehungseinrichtungen für alle zu einem sicheren Ort zum Lernen machen
dazu gehört auch die Sensibilisierung von Lehrern für die Probleme von Kindern aus Minderheiten
In der internationalen Diskussion über antirassistische Erziehung kommen noch andere Ansätze hinzu wie zum Beispiel:
Die Shoa-Education versucht, Kindern Wissen über den Holocaust zu vermitteln
das Mainstreaming, also das gezielte Fördern von Minderheiten, wird z.B. mit dem Ansatz der affirmative action in den USA verfolgt
Empowerment-Ansätze sollen Minderheitsangehörigen befähigen, ihre Interessen zu artikulieren und über verstärkte Partizipation auch zu erreichen
Hemmnisse
Der Durchsetzung einer antirassistischen Erziehung steht vor allem die bislang bestehende rechtliche Ungleichbehandlung von einigen Schülern aus Minderheiten entgegen. Hinzu kommt das Fehlen von Chancengleichheit; das bedeutet, dass Kinder aus diskriminierten Gruppen schon früh erfahren, dass sie kaum die Möglichkeiten zum sozialen Aufstieg haben. Weiterhin stößt antirassistische Erziehung auf Probleme durch die Verschlechterungen im Bildungs- und Sozialbereich, die allgemein Innovationen behindern.
Geschichte
Im Vergleich zu anderen westlichen Industrienationen ist die Diskussion über antirassistische Erziehung in Deutschland noch relativ jung. Trotz Widersprüche stand Erziehung im Nationalsozialismus weitgehend im Dienst der Vermittlung herrschender Rassentheorien. Die Ausgrenzung besonders jüdischer Lehrer und Schüler und ihre Deportation geschahen in aller Öffentlichkeit und auch ihre Ermordung wurde in der Erziehung des NS ideologisch mit vorbereitet. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wurden von den Alliierten Möglichkeiten der Erziehung, die dem Rassismus und vor allem der Judenfeindlichkeit entgegenstehen, diskutiert, genauso wie Möglichkeiten einer demokratischen Erziehung. Die ersten Ansätze bezogen sich vor allem auf die Verminderung von Vorurteilen durch Information oder Schüleraustausch-Programme.
Theodor W. Adornos Radiobeitrag "Erziehung nach Auschwitz" (1966) beflügelte die akademische Diskussion und gleichzeitig auch die Ansätze antiautoritärer Erziehung. 1970 war das Internationale Jahr der Erziehung der Vereinten Nationen, und in diesem Rahmen gab es erste Anstrengungen der Bundesregierung, die Beschulung der vermehrt nachziehenden Kinder von Arbeitsmigranten zu verbessern. Diese Ausländerpädagogik geschah auf freiwilliger Basis mit dem Ziel, die als Defizite verstandenen Unterschiede auszugleichen, bzw. ausländische Kinder an die Bedürfnisse der Schulen anzupassen (z. B. durch Hausaufgabenhilfe).
Aus der Kritik an dieser Defizitansicht entwickelte sich Anfang der 1980er Jahre die interkulturelle Erziehung. Ihr geht es um Fragen des gemeinsamen Lernens von Kindern unterschiedlicher Herkunft und die Entwicklung von Erziehungsansätzen, die Kindern mit verschiedenen kulturellen Hintergründen angemessen begegnen könne. Gleichzeitig kommt es aber in den Gebieten mit einem besonders hohen Anteil migranter Wohnbevölkerung zur Absonderung von Schülern u.a. in sogenannten "Ausländer-Regelklassen".
Die Diskussion um Formen antirassistischer Erziehung wurde besonders durch die rechtsextreme und rassistische Gewalt nach der deutschen Wiedervereinigung aktuell. Dabei wurde deutlich, dass in anderen Ländern entsprechende Ansätze schon seit 30 Jahren und mehr bestehen und einige Ansätze wurden für die deutschen Verhältnisse angepasst. Andere Erziehungsformen wurden speziell hier entwickelt.
Kritik
Antirassistische Ansätze kritisieren an der interkulturellen Erziehung häufig einen ungenauen Kulturbegriff, der teilweise als eine einfache Ersetzung des Wortes Rasse gesehen wird (vgl. Kultureller Rassismus). Gleichzeitig fällt es der antirassistischen Erziehung schwer, eine eigenständige Theorie zu entwickeln, in der einerseits der gesellschaftliche Konstruktionscharakter des Rassismus berücksichtigt und andererseits eine pädagogische Haltung dazu entwickelt wird.
Häufig tendieren konkrete Erziehungsansätze dazu, das gesellschaftliche Problem Rassismus zu individualisieren, das heißt, einzelnen Individuen zuzuschreiben. Gerade die Verurteilung von Kindern als Rassisten kann aber nicht Ziel einer theoretisch fundierten Pädagogik sein. Zugleich stellt sich die Frage, welche Form der Autorität und Repression legitim ist, um die individuellen Formen des Rassismus zu bekämpfen.
Einige Vertreter der antirassistischen Erziehung plädieren deshalb in erster Linie für eine demokratische Erziehung, die auf der strukturellen Umgestaltung der Gesellschaft fußt. Dazu sei auf politischen Ebenen unter anderem die Abschaffung der Sondergesetze notwendig, die nur Nicht-Deutsche betreffen. Zudem seien im pädagogischen Bereich vor allem neue Unterrichtsformen und -materialien wichtig, die allen Schülern in zunehmend heterogener werdenden Klassen gerecht werden.
Siehe auch
Politische Bildung
Transkulturelle Erziehung
Institutioneller Rassismus
Quelle -ö lteratur & Einzelnachweise
Ziele
Antirassistische Erziehung kann unterschiedliche Ziele verfolgen. Neben dem Abbau von Vorurteilen und der Prävention rassistischer Gewalt geht es auch um die Überwindung struktureller Ungerechtigkeiten, die Minderheitenangehörige benachteiligen. Konkrete Ziele können zum Beispiel sein:
Vermittlung von Werten wie Toleranz
Erarbeiten von Handlungsweisen, um u.a. Zivilcourage zu unterstützen
Fördern interkultureller Kontakte
rassistische Propaganda aufdecken
Bewusstmachen von eigenen rassistischen Anteilen
Stärken von Minderheiten
Förderung von Minderheiten durch Strukturmaßnahmen analog zum Gender Mainstreaming
Erziehungsansätze
Entsprechend den unterschiedlichen Zielsetzungen wurden seit den 1990er Jahren in Deutschland unterschiedliche Ansätze für eine antirassistische Erziehung entwickelt:
Vermitteln von Informationen über Minderheiten, aber auch über Rassismus und Rechtsextremismus soll Vorurteile abbauen
Erziehung zur Zivilcourage, wie es z.B. mit der Civic Education angestrebt wird, soll Menschen befähigen, aktiv gegen Rassismus einzuschreiten
Anti-Rassismus-Training gibt es in unterschiedlichen Formen, in der Regel geht es hier um die Sensibilisierung der meist jugendlichen oder erwachsenen Teilnehmer für Fragen des Rassismus, aber auch um das Erarbeiten von Handlungsalternativen oder das Heilen von psychischen Traumata
interkulturelle Ansätze versuchen, das gemeinsame Lernen von Kindern unterschiedlicher Herkunft zu fördern und durch den Kontakt gegenseitiges Verständnis zu fördern
die Einführung von Schutzmaßnahmen gegen rassistische Diskriminierung und Gewalt soll zumindest Erziehungseinrichtungen für alle zu einem sicheren Ort zum Lernen machen
dazu gehört auch die Sensibilisierung von Lehrern für die Probleme von Kindern aus Minderheiten
In der internationalen Diskussion über antirassistische Erziehung kommen noch andere Ansätze hinzu wie zum Beispiel:
Die Shoa-Education versucht, Kindern Wissen über den Holocaust zu vermitteln
das Mainstreaming, also das gezielte Fördern von Minderheiten, wird z.B. mit dem Ansatz der affirmative action in den USA verfolgt
Empowerment-Ansätze sollen Minderheitsangehörigen befähigen, ihre Interessen zu artikulieren und über verstärkte Partizipation auch zu erreichen
Hemmnisse
Der Durchsetzung einer antirassistischen Erziehung steht vor allem die bislang bestehende rechtliche Ungleichbehandlung von einigen Schülern aus Minderheiten entgegen. Hinzu kommt das Fehlen von Chancengleichheit; das bedeutet, dass Kinder aus diskriminierten Gruppen schon früh erfahren, dass sie kaum die Möglichkeiten zum sozialen Aufstieg haben. Weiterhin stößt antirassistische Erziehung auf Probleme durch die Verschlechterungen im Bildungs- und Sozialbereich, die allgemein Innovationen behindern.
Geschichte
Im Vergleich zu anderen westlichen Industrienationen ist die Diskussion über antirassistische Erziehung in Deutschland noch relativ jung. Trotz Widersprüche stand Erziehung im Nationalsozialismus weitgehend im Dienst der Vermittlung herrschender Rassentheorien. Die Ausgrenzung besonders jüdischer Lehrer und Schüler und ihre Deportation geschahen in aller Öffentlichkeit und auch ihre Ermordung wurde in der Erziehung des NS ideologisch mit vorbereitet. Nach der Befreiung vom Nationalsozialismus wurden von den Alliierten Möglichkeiten der Erziehung, die dem Rassismus und vor allem der Judenfeindlichkeit entgegenstehen, diskutiert, genauso wie Möglichkeiten einer demokratischen Erziehung. Die ersten Ansätze bezogen sich vor allem auf die Verminderung von Vorurteilen durch Information oder Schüleraustausch-Programme.
Theodor W. Adornos Radiobeitrag "Erziehung nach Auschwitz" (1966) beflügelte die akademische Diskussion und gleichzeitig auch die Ansätze antiautoritärer Erziehung. 1970 war das Internationale Jahr der Erziehung der Vereinten Nationen, und in diesem Rahmen gab es erste Anstrengungen der Bundesregierung, die Beschulung der vermehrt nachziehenden Kinder von Arbeitsmigranten zu verbessern. Diese Ausländerpädagogik geschah auf freiwilliger Basis mit dem Ziel, die als Defizite verstandenen Unterschiede auszugleichen, bzw. ausländische Kinder an die Bedürfnisse der Schulen anzupassen (z. B. durch Hausaufgabenhilfe).
Aus der Kritik an dieser Defizitansicht entwickelte sich Anfang der 1980er Jahre die interkulturelle Erziehung. Ihr geht es um Fragen des gemeinsamen Lernens von Kindern unterschiedlicher Herkunft und die Entwicklung von Erziehungsansätzen, die Kindern mit verschiedenen kulturellen Hintergründen angemessen begegnen könne. Gleichzeitig kommt es aber in den Gebieten mit einem besonders hohen Anteil migranter Wohnbevölkerung zur Absonderung von Schülern u.a. in sogenannten "Ausländer-Regelklassen".
Die Diskussion um Formen antirassistischer Erziehung wurde besonders durch die rechtsextreme und rassistische Gewalt nach der deutschen Wiedervereinigung aktuell. Dabei wurde deutlich, dass in anderen Ländern entsprechende Ansätze schon seit 30 Jahren und mehr bestehen und einige Ansätze wurden für die deutschen Verhältnisse angepasst. Andere Erziehungsformen wurden speziell hier entwickelt.
Kritik
Antirassistische Ansätze kritisieren an der interkulturellen Erziehung häufig einen ungenauen Kulturbegriff, der teilweise als eine einfache Ersetzung des Wortes Rasse gesehen wird (vgl. Kultureller Rassismus). Gleichzeitig fällt es der antirassistischen Erziehung schwer, eine eigenständige Theorie zu entwickeln, in der einerseits der gesellschaftliche Konstruktionscharakter des Rassismus berücksichtigt und andererseits eine pädagogische Haltung dazu entwickelt wird.
Häufig tendieren konkrete Erziehungsansätze dazu, das gesellschaftliche Problem Rassismus zu individualisieren, das heißt, einzelnen Individuen zuzuschreiben. Gerade die Verurteilung von Kindern als Rassisten kann aber nicht Ziel einer theoretisch fundierten Pädagogik sein. Zugleich stellt sich die Frage, welche Form der Autorität und Repression legitim ist, um die individuellen Formen des Rassismus zu bekämpfen.
Einige Vertreter der antirassistischen Erziehung plädieren deshalb in erster Linie für eine demokratische Erziehung, die auf der strukturellen Umgestaltung der Gesellschaft fußt. Dazu sei auf politischen Ebenen unter anderem die Abschaffung der Sondergesetze notwendig, die nur Nicht-Deutsche betreffen. Zudem seien im pädagogischen Bereich vor allem neue Unterrichtsformen und -materialien wichtig, die allen Schülern in zunehmend heterogener werdenden Klassen gerecht werden.
Siehe auch
Politische Bildung
Transkulturelle Erziehung
Institutioneller Rassismus
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