Carl Bosch
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Carl Bosch
Carl Bosch (* 27. August 1874 in Köln; † 26. April 1940 in Heidelberg) war ein deutscher Chemiker, Techniker, Industrieller und Vorstandsvorsitzender des Chemiekonzerns I.G. Farben. In der Zeit des Nationalsozialismus war er Wehrwirtschaftsführer.[1] Bosch erhielt 1931 zusammen mit Friedrich Bergius den Nobelpreis für Chemie für seine „Verdienste um die Entdeckung und Entwicklung der chemischen Hochdruckverfahren“.
Familie
Carl Bosch war der erste Sohn von Carl Bosch senior (1843–1904), Mitinhaber der Installationsfirma Bosch & Haag[2] in Köln, und seiner Ehefrau Paula (1851–1930), Tochter des Julius Emil Liebst und der Maria Adolph. Carl Bosch ist ein Neffe des Industriellen Robert Bosch. 1902 heiratete Carl Bosch Else Schilbach. Der Ehe entstammten ein Sohn (Carl Jr.) und eine Tochter (Ingeborg).[3]
Ausbildung und Studium
Am 16. März 1893 erhielt Carl Bosch seinen Abschluss an der Oberrealschule in Köln. Nach dem Schulabschluss begann er ein praktisches Jahr in der Marienhütte im schlesischen Kotzenau, um seine Kenntnisse im Hüttenfach zu verbessern. Im Jahr 1894 hatte Carl Bosch ein Studium des Maschinenbaus und Hüttenwesens an der Technischen Hochschule Charlottenburg begonnen, das er 1896 abschloss. Während dieser Zeit besuchte er jedoch stets auch Vorlesungen über Chemie. In den Hochschulferien arbeitete Carl zwei Monate lang im Hochofenwerk der Kruppschen Hermannshütte bei Neuwied, um Arbeitserfahrung zu sammeln.
Nach seiner Zeit in Charlottenburg begann er ein Chemiestudium an der Universität Leipzig, wo er 1898 bei Johannes Wislicenus mit einer Dissertation "über die Kondensation von Dinatriumacetondicarbonsäurediethylester mit Bromacetophenon" promoviert wurde. Seine Disputation bestand er am 24. Mai 1898 mit summa cum laude. Bis Ostern 1899 war Carl Bosch noch als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Wislicenus tätig.[4] Während seiner Studienzeit trat Bosch der Burschenschaft „Cimbria zu Berlin“ als Mitglied bei.
Karriere bei BASF und I.G. Farben
Boschs Eintritt in das Unternehmen BASF im Jahr 1899, auf Empfehlung seines Doktorvaters, war der Anfang einer steilen Karriere. 1909 beauftragte die BASF Bosch damit, die zuvor von Fritz Haber entdeckte Ammoniaksynthese auf das Niveau einer Industriefertigung zu bringen. Bosch entwickelte daraufhin zusammen mit Haber das 1910 patentierte Haber-Bosch-Verfahren zur Ammoniak-Gewinnung. Ammoniak ist unter anderem auch Ausgangsstoff für die großtechnische Synthese von Nitraten, umgangssprachlich als „Salpeter“ bekannt. 1910 produzierte der erste Versuchsreaktor Ammoniak, die Hochdruck-Technik löste die bisherige chemische Technologie ab.
Die Arbeit Boschs bildete die Grundlage für ein äußerst gewinnträchtiges Monopol der BASF bei der Herstellung von Ammoniak zur Produktion von Dünger und Sprengstoffen. 1912 wurde mit dem Bau der zweiten Ammoniakfabrik in Ludwigshafen begonnen, die 1913 als erste Haber-Bosch-Anlage ihre Produktion aufnahm. 1914 wurde die Landwirtschaftliche Versuchsanstalt Limburgerhof gegründet; im gleichen Jahr wurde das „Salpeterversprechen“ abgeschlossen und die Produktion auf Salpeter umgestellt. 1915 konnte die Salpeterfabrik Ludwigshafen in Betrieb genommen werden. Infolge der durch die englische Blockade fehlenden Chilesalpeters, sowie der unzureichenden Kapazität des Werkes in Ludwigshafen-Oppau, zur Herstellung von Ammoniak für die Kriegsführung im Ersten Weltkrieg, wurde auf Vorschlag Boschs am 1. Mai 1916 bei Leuna mit dem Neubau des Ammoniakwerkes Merseburg begonnen. Unter Carl Boschs Leitung konnten die Leunawerke in nur neun Monaten fertiggestellt werden. Dort wurden bis zum Kriegsende ausreichende Mengen an Ammoniak produziert.
Bosch machte sich über mehrere Stationen rasch einen Namen, als Unternehmensvorstand der BASF 1916, als Wirtschaftsberater bei den Waffenstillstandsverhandlungen in Spa und Versailles 1918, als Vorstandsvorsitzender der BASF 1919 und als Vorstandsvorsitzender bei der 1925 neu gegründeten I.G. Farben. Von 1920 bis 1937 war Bosch Senator der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, deren Präsident er nach 1937 wurde.
In den 1920er Jahren wurde in Leuna eine Anlage zur Kohleverflüssigung nach dem Bergius-Pier-Verfahren errichtet. Das durch Hochdruckhydrierung von Braunkohle gewonnene „Leuna-Benzin“ wurde auch „Deutsches Benzin“ genannt. Bosch übersiedelte 1923 in die von der BASF für ihn eigens erbaute Villa Bosch im Schloss-Wolfsbrunnenweg in Heidelberg, in deren Umgebung auch weitere führende Mitarbeiter der BASF ihren Wohnsitz hatten.
Wegen seiner Weigerung, die Franzosen im Rahmen der Ruhrbesetzung beim Abtransport des in Oppau lagernden Stickstoffdüngers zu unterstützen, wurde er zusammen mit sieben weiteren BASF-Direktoren und -Mitarbeitern vom französischen Kriegsgericht in Landau im Sommer 1923 zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. – 1926 begann die großtechnische Kautschuk-Synthese im I.G.-Werk Buna in Schkopau.
Die I.G. Farben, die Bosch als Vorstandsvorsitzender leitete, unterstützte 1933 die NSDAP im Wahlkampf mit 400.000 Reichsmark – die höchste Einzelspende der deutschen Wirtschaft für diese Partei in diesem Jahr –, um damit dem später geschlossenen Vertrag über eine Lieferung von 350.000 Tonnen Hydrierbenzin den Weg zu bereiten. Die Autarkiebestrebungen der Nationalsozialisten für ein von Rohstoffen unabhängiges Deutschland sowie der Beginn der Rüstungswirtschaft förderten bzw. retteten Boschs Lieblingsprojekte: die Herstellung von synthetischem Kautschuk (Buna) und synthetischem Benzin. Der I.G. Farben drohte aufgrund fehlender Rentabilität 300 Millionen Reichsmark Verlust.
Im Kontrast zu den Arrangements mit den Nationalsozialisten stehen Carl Boschs zahlreiche (vergebliche) Versuche, der nationalsozialistischen Judenpolitik entgegenzutreten und sich für einzelne jüdische Bürger einzusetzen. Dazu zählten insbesondere Kollegen Boschs, Chemiker und Mitarbeiter der I.G. Farben, darunter etwa auch der Nobelpreisträger Fritz Haber, der 1933 alle seine Funktionen in der deutschen Wissenschaft verlor und 1934 im Exil starb. Im März 1933 kam es sogar zu einem persönlichen Treffen Boschs mit Adolf Hitler, in dem Bosch Hitler vor der Vertreibung der jüdischen Wissenschaftler warnte. Diese werfe, so Bosch, die deutsche Chemie und Physik um 100 Jahre zurück. Doch Hitler duldete keinen Widerspruch und ließ Bosch hinauskomplimentieren.[5]
1935 gab Bosch auf Druck des NS-Regimes seinen Chefposten im Vorstand der I.G. Farben[6] an das NSDAP-Mitglied und den Wehrwirtschaftsführer Hermann Schmitz [7] ab. Er übernahm als Nachfolger des verstorbenen Carl Duisberg den Vorsitz des Aufsichtsrats, womit er gleichzeitig das Amt des Verwaltungsratsvorsitzenden des I.G.-Konzerns innehatte. 1939 begann in Zusammenarbeit mit DuPont die Entwicklung von Nylon und Perlon.
Bosch war, nicht zuletzt aufgrund des Verlustes seines Chefpostens und der politischen Entwicklung in Deutschland, schwer depressiv und unternahm 1939 einen Suizidversuch. Er verstarb ein Jahr später, am 26. April 1940, in Heidelberg. Die Grabanlage der Familie befindet sich auf dem Bergfriedhof Heidelberg in der Waldabteilung B, hoch über der Stadt auf einer Kanzel, mit freiem Blick in die Rheinebene.[8]
1998 eröffnete am Schloss-Wolfsbrunnenweg in Heidelberg das Carl Bosch Museum Heidelberg.
Der ehemalige Wohnsitz von Carl Bosch, die Villa Bosch, beherbergt heute die Klaus Tschira Stiftung.
Carl Bosch und der Nationalsozialismus
Bosch hatte eine sehr zwiespältige Einstellung zum Nationalsozialismus. Anfänglich sagte er über Hitler: „Den braucht man ja nur anzusehen, um Bescheid zu wissen“ und drückte so seine Ablehnung gegen Hitler aus. Später lobte er Hitler wiederum als „den Mann, der als erster die Arbeitslosigkeit als Kardinalproblem der Wirtschaftsnot klar erkannt habe und als einziger Maßnahmen zur Überwindung durchführte“. 1926 herrschte in den Leuna-Werken das Problem, dass die Herstellung des Benzins teurer war als die Einführung von normalem Benzin. Adolf Hitler gewährte daraufhin Schutzzölle, um das deutsche Benzin konkurrenzfähig zu halten. Hitlers Feststellung „Der synthetische Treibstoff sei für ein politisch unabhängiges Deutschland zwingend notwendig“ kommentierte Bosch mit: „Der Mann ist ja vernünftiger, als ich dachte.“[9]
Teilweise gab Bosch der Politik auch eine Chance. Beispielsweise schrieb in einem Aufsatz in der Frankfurter Zeitung mit dem Titel Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg: „Den Grund dafür sehe ich darin, dass zum ersten Male seit dem Kriege eine deutsche Regierung nicht nur Versprechungen macht, sondern auch handelt.“ Was Bosch an der Regierung besonders befürwortete, waren die Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung und die Entlastung der Steuern. Selbstverständlich profitierte sein Unternehmen nicht unmaßgeblich von den Autarkiebestrebungen des Deutschen Reiches. Um nicht von der Regierung niedergemacht zu werden, musste er immer häufiger öffentlich verkünden, wie sehr er das Regime schätze. So kann man also sagen, Bosch unterstützte Hitler, um seine Forschungen finanziell abzusichern und seine persönlichen Interessen voranzutreiben.
Jedoch hatte Carl Bosch eine sehr ablehnende Meinung zur antisemitischen Gesetzgebung und setzte sich für den Verbleib jüdischer Wissenschaftler in Deutschland ein. Aus diesem Grund hatte er kein besonders gutes Verhältnis zu Hitler. Ein Beispiel für Boschs negative Einstellung zum Nationalsozialismus kann man darin erkennen, dass er erst sehr spät zuließ, alle nicht-arischen Mitarbeiter aus der I.G. Farben zu entlassen. Dies geschah nur auf Druck von NS-Gesetzen, durch Denunziationen (Anschwärzungen) aus den eigenen Betrieben und aus Angst vor Enteignung als jüdisches Unternehmen. 1934 wurde der Pressechef der I.G. Farben, Heinrich Gattineau, im Zuge einer „Säuberungsaktion“ anlässlich des Röhm-Putsches verhaftet. Nach seiner Entlassung fuhr Gattineau zu Bosch, welcher dessen Entlassung mit den Worten „Natürlich bleiben Sie auf Ihrem Posten!“ vom Tisch kehrte. Des Weiteren bot Carl Bosch seinem Kollegen Fritz Haber Hilfe an, als dieser vertrieben wurde und viele Fachkollegen sich von ihm abwandten. Es ist Bosch zu verdanken, dass trotz Verbot eine Gedächtnisfeier zum Tode von Haber durchgeführt werden konnte.
Bosch sah in der Unterdrückung und Entlassung jüdischer Wissenschaftler ein großes Problem und kritisierte deshalb die wissenschaftsfeindliche NS-Politik auf das Schärfste. Er forderte wiederholt die Förderung der Wissenschaft und Bildung durch Staat und Industrie. Nur sein internationales Ansehen bewahrte ihn vor politischen Sanktionen. Bosch vertrat die Meinung, wenn schon parteipolitische führende Positionen in Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft besetzt werden müssen, dann mit seinen Leuten statt mit NS-Politikern, die von der Sache nichts verstehen. Dass die damit verbundene Hoffnung, das Schlimmste verhindern zu können, falsch war und Bosch dadurch mitschuldig wurde an den Verbrechen der NS-Regimes, bemerkte er leider zu spät.[10]
Es wird berichtet, dass Bosch bei einem Treffen mit Hitler seine Judenpolitik angegriffen habe. Er warnte Hitler, dass die Vertreibung jüdischer Wissenschaftler die deutsche Physik und Chemie um hundert Jahre zurückwerfen werde. Da begann Hitler zu schreien: „Dann werden wir hundert Jahre lang ohne Physik und Chemie arbeiten!“ Dann klingelte er nach seinem Adjutanten und erklärte mit übertriebener Höflichkeit, dass der Geheimrat (Carl Bosch) zu gehen wünscht.[11]
Auch Boschs Beteiligungen an der finanziellen Unterstützung der Nazis können teilweise widerlegt werden. Ende Februar 1933 lud Hermann Göring Bosch persönlich zu einer Besprechung ein, zu welcher er jedoch nicht hin ging. Ein Vertreter der I.G., welcher an seiner Stelle zu der Besprechung gegangen war, berichtete Bosch anschließend. Unerwartet war Hitler bei dem Treffen aufgetaucht und hielt eine lange Rede. Anschließend überraschte Hjalmar Schacht die Versammlung mit der Aufforderung, einen Wahlfonds von drei Millionen Mark für Hitler zu zeichnen, bei dem sich der Vertreter der I.G. nicht als einziger davon ausschließen konnte. Als Carl Bosch davon erfuhr, schwieg er und zuckte nur mit der Schulter, was stets ein Zeichen war, dass ihm etwas sehr missfiel. Bosch hat hinterher kein Hehl daraus gemacht, wie wütend er über diese Sache war und für wie falsch er diese Unterstützung hielt. Er stand aber vor einer vollkommenen Tatsache und konnte nichts mehr ändern.[12]
Beide Verhaltensmuster, Ablehnung des NS-Regimes bei persönlicher Betroffenheit und Engagement mit dem Regime, wenn es um wirtschaftliche Dinge ging – auch mit der Erklärung, nur so „das Schlimmste“ verhüten zu können –, zeichnen Boschs zwiespältige Haltung aus.[10] Jedoch hatte Bosch in Sachen Judenpolitik eine klare ablehnende Meinung.
Private Interessen
In seiner Freizeit hat sich Carl Bosch in ganz besonderer Weise mit Entomologie beschäftigt. Er sammelte und präparierte selbst Schmetterlinge und Käfer.
Bosch besaß auch eine umfangreiche botanische Sammlung. Sein Herbarium, das er überwiegend aus käuflichem Erwerb und durch Tauschgeschäfte zusammengetragen hatte, umfasst 12.000 Belege. Die Sammlung gelangte 1950 in den Besitz des Naturmuseum Senckenberg der Stadt Frankfurt am Main. In der Sammlung Bosch finden sich vor allem Laubmoose Deutschlands und Europas, daneben Lebermoose und Flechten, darüber hinaus eine Spezialsammlung der Moosgattung Sphagnum.[13]
Darüber hinaus beschäftigte sich Bosch auch mit Mineralogie und Astronomie.
Er nahm immer wieder die Rolle eines Förderers und Stifters ein. So unterstützte er ab 1930 über die Imprimatur GmbH die liberale Frankfurter Zeitung mit erheblichen finanziellen Mitteln.
Ehrungen
Auszeichnungen zu Lebzeiten:
1926 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina[14]
1931 Nobelpreis für Chemie zusammen mit Friedrich Bergius
1935 ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
1936 Ehrenmitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften
1937 Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (Nachfolger von Max Planck)
1939 Goethepreis der Stadt Frankfurt
Nach Carl Bosch wurden benannt:
der Mondkrater Bosch[15]
der Hauptgürtelasteroid (7414) Bosch
die Carl-Bosch-Straße und das Carl-Bosch-Haus in der Maxdorfer BASF-Siedlung
das Carl-Bosch-Haus in Frankfurt, u. a. Sitz der Gesellschaft Deutscher Chemiker
das Carl-Bosch-Gymnasium in Ludwigshafen
die Carl-Bosch-Schule in Heidelberg, eine berufsbildende Schule
der Carl-Bosch-Saal im cCe Kulturhaus Leuna[16]
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Familie
Carl Bosch war der erste Sohn von Carl Bosch senior (1843–1904), Mitinhaber der Installationsfirma Bosch & Haag[2] in Köln, und seiner Ehefrau Paula (1851–1930), Tochter des Julius Emil Liebst und der Maria Adolph. Carl Bosch ist ein Neffe des Industriellen Robert Bosch. 1902 heiratete Carl Bosch Else Schilbach. Der Ehe entstammten ein Sohn (Carl Jr.) und eine Tochter (Ingeborg).[3]
Ausbildung und Studium
Am 16. März 1893 erhielt Carl Bosch seinen Abschluss an der Oberrealschule in Köln. Nach dem Schulabschluss begann er ein praktisches Jahr in der Marienhütte im schlesischen Kotzenau, um seine Kenntnisse im Hüttenfach zu verbessern. Im Jahr 1894 hatte Carl Bosch ein Studium des Maschinenbaus und Hüttenwesens an der Technischen Hochschule Charlottenburg begonnen, das er 1896 abschloss. Während dieser Zeit besuchte er jedoch stets auch Vorlesungen über Chemie. In den Hochschulferien arbeitete Carl zwei Monate lang im Hochofenwerk der Kruppschen Hermannshütte bei Neuwied, um Arbeitserfahrung zu sammeln.
Nach seiner Zeit in Charlottenburg begann er ein Chemiestudium an der Universität Leipzig, wo er 1898 bei Johannes Wislicenus mit einer Dissertation "über die Kondensation von Dinatriumacetondicarbonsäurediethylester mit Bromacetophenon" promoviert wurde. Seine Disputation bestand er am 24. Mai 1898 mit summa cum laude. Bis Ostern 1899 war Carl Bosch noch als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Wislicenus tätig.[4] Während seiner Studienzeit trat Bosch der Burschenschaft „Cimbria zu Berlin“ als Mitglied bei.
Karriere bei BASF und I.G. Farben
Boschs Eintritt in das Unternehmen BASF im Jahr 1899, auf Empfehlung seines Doktorvaters, war der Anfang einer steilen Karriere. 1909 beauftragte die BASF Bosch damit, die zuvor von Fritz Haber entdeckte Ammoniaksynthese auf das Niveau einer Industriefertigung zu bringen. Bosch entwickelte daraufhin zusammen mit Haber das 1910 patentierte Haber-Bosch-Verfahren zur Ammoniak-Gewinnung. Ammoniak ist unter anderem auch Ausgangsstoff für die großtechnische Synthese von Nitraten, umgangssprachlich als „Salpeter“ bekannt. 1910 produzierte der erste Versuchsreaktor Ammoniak, die Hochdruck-Technik löste die bisherige chemische Technologie ab.
Die Arbeit Boschs bildete die Grundlage für ein äußerst gewinnträchtiges Monopol der BASF bei der Herstellung von Ammoniak zur Produktion von Dünger und Sprengstoffen. 1912 wurde mit dem Bau der zweiten Ammoniakfabrik in Ludwigshafen begonnen, die 1913 als erste Haber-Bosch-Anlage ihre Produktion aufnahm. 1914 wurde die Landwirtschaftliche Versuchsanstalt Limburgerhof gegründet; im gleichen Jahr wurde das „Salpeterversprechen“ abgeschlossen und die Produktion auf Salpeter umgestellt. 1915 konnte die Salpeterfabrik Ludwigshafen in Betrieb genommen werden. Infolge der durch die englische Blockade fehlenden Chilesalpeters, sowie der unzureichenden Kapazität des Werkes in Ludwigshafen-Oppau, zur Herstellung von Ammoniak für die Kriegsführung im Ersten Weltkrieg, wurde auf Vorschlag Boschs am 1. Mai 1916 bei Leuna mit dem Neubau des Ammoniakwerkes Merseburg begonnen. Unter Carl Boschs Leitung konnten die Leunawerke in nur neun Monaten fertiggestellt werden. Dort wurden bis zum Kriegsende ausreichende Mengen an Ammoniak produziert.
Bosch machte sich über mehrere Stationen rasch einen Namen, als Unternehmensvorstand der BASF 1916, als Wirtschaftsberater bei den Waffenstillstandsverhandlungen in Spa und Versailles 1918, als Vorstandsvorsitzender der BASF 1919 und als Vorstandsvorsitzender bei der 1925 neu gegründeten I.G. Farben. Von 1920 bis 1937 war Bosch Senator der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, deren Präsident er nach 1937 wurde.
In den 1920er Jahren wurde in Leuna eine Anlage zur Kohleverflüssigung nach dem Bergius-Pier-Verfahren errichtet. Das durch Hochdruckhydrierung von Braunkohle gewonnene „Leuna-Benzin“ wurde auch „Deutsches Benzin“ genannt. Bosch übersiedelte 1923 in die von der BASF für ihn eigens erbaute Villa Bosch im Schloss-Wolfsbrunnenweg in Heidelberg, in deren Umgebung auch weitere führende Mitarbeiter der BASF ihren Wohnsitz hatten.
Wegen seiner Weigerung, die Franzosen im Rahmen der Ruhrbesetzung beim Abtransport des in Oppau lagernden Stickstoffdüngers zu unterstützen, wurde er zusammen mit sieben weiteren BASF-Direktoren und -Mitarbeitern vom französischen Kriegsgericht in Landau im Sommer 1923 zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. – 1926 begann die großtechnische Kautschuk-Synthese im I.G.-Werk Buna in Schkopau.
Die I.G. Farben, die Bosch als Vorstandsvorsitzender leitete, unterstützte 1933 die NSDAP im Wahlkampf mit 400.000 Reichsmark – die höchste Einzelspende der deutschen Wirtschaft für diese Partei in diesem Jahr –, um damit dem später geschlossenen Vertrag über eine Lieferung von 350.000 Tonnen Hydrierbenzin den Weg zu bereiten. Die Autarkiebestrebungen der Nationalsozialisten für ein von Rohstoffen unabhängiges Deutschland sowie der Beginn der Rüstungswirtschaft förderten bzw. retteten Boschs Lieblingsprojekte: die Herstellung von synthetischem Kautschuk (Buna) und synthetischem Benzin. Der I.G. Farben drohte aufgrund fehlender Rentabilität 300 Millionen Reichsmark Verlust.
Im Kontrast zu den Arrangements mit den Nationalsozialisten stehen Carl Boschs zahlreiche (vergebliche) Versuche, der nationalsozialistischen Judenpolitik entgegenzutreten und sich für einzelne jüdische Bürger einzusetzen. Dazu zählten insbesondere Kollegen Boschs, Chemiker und Mitarbeiter der I.G. Farben, darunter etwa auch der Nobelpreisträger Fritz Haber, der 1933 alle seine Funktionen in der deutschen Wissenschaft verlor und 1934 im Exil starb. Im März 1933 kam es sogar zu einem persönlichen Treffen Boschs mit Adolf Hitler, in dem Bosch Hitler vor der Vertreibung der jüdischen Wissenschaftler warnte. Diese werfe, so Bosch, die deutsche Chemie und Physik um 100 Jahre zurück. Doch Hitler duldete keinen Widerspruch und ließ Bosch hinauskomplimentieren.[5]
1935 gab Bosch auf Druck des NS-Regimes seinen Chefposten im Vorstand der I.G. Farben[6] an das NSDAP-Mitglied und den Wehrwirtschaftsführer Hermann Schmitz [7] ab. Er übernahm als Nachfolger des verstorbenen Carl Duisberg den Vorsitz des Aufsichtsrats, womit er gleichzeitig das Amt des Verwaltungsratsvorsitzenden des I.G.-Konzerns innehatte. 1939 begann in Zusammenarbeit mit DuPont die Entwicklung von Nylon und Perlon.
Bosch war, nicht zuletzt aufgrund des Verlustes seines Chefpostens und der politischen Entwicklung in Deutschland, schwer depressiv und unternahm 1939 einen Suizidversuch. Er verstarb ein Jahr später, am 26. April 1940, in Heidelberg. Die Grabanlage der Familie befindet sich auf dem Bergfriedhof Heidelberg in der Waldabteilung B, hoch über der Stadt auf einer Kanzel, mit freiem Blick in die Rheinebene.[8]
1998 eröffnete am Schloss-Wolfsbrunnenweg in Heidelberg das Carl Bosch Museum Heidelberg.
Der ehemalige Wohnsitz von Carl Bosch, die Villa Bosch, beherbergt heute die Klaus Tschira Stiftung.
Carl Bosch und der Nationalsozialismus
Bosch hatte eine sehr zwiespältige Einstellung zum Nationalsozialismus. Anfänglich sagte er über Hitler: „Den braucht man ja nur anzusehen, um Bescheid zu wissen“ und drückte so seine Ablehnung gegen Hitler aus. Später lobte er Hitler wiederum als „den Mann, der als erster die Arbeitslosigkeit als Kardinalproblem der Wirtschaftsnot klar erkannt habe und als einziger Maßnahmen zur Überwindung durchführte“. 1926 herrschte in den Leuna-Werken das Problem, dass die Herstellung des Benzins teurer war als die Einführung von normalem Benzin. Adolf Hitler gewährte daraufhin Schutzzölle, um das deutsche Benzin konkurrenzfähig zu halten. Hitlers Feststellung „Der synthetische Treibstoff sei für ein politisch unabhängiges Deutschland zwingend notwendig“ kommentierte Bosch mit: „Der Mann ist ja vernünftiger, als ich dachte.“[9]
Teilweise gab Bosch der Politik auch eine Chance. Beispielsweise schrieb in einem Aufsatz in der Frankfurter Zeitung mit dem Titel Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg: „Den Grund dafür sehe ich darin, dass zum ersten Male seit dem Kriege eine deutsche Regierung nicht nur Versprechungen macht, sondern auch handelt.“ Was Bosch an der Regierung besonders befürwortete, waren die Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung und die Entlastung der Steuern. Selbstverständlich profitierte sein Unternehmen nicht unmaßgeblich von den Autarkiebestrebungen des Deutschen Reiches. Um nicht von der Regierung niedergemacht zu werden, musste er immer häufiger öffentlich verkünden, wie sehr er das Regime schätze. So kann man also sagen, Bosch unterstützte Hitler, um seine Forschungen finanziell abzusichern und seine persönlichen Interessen voranzutreiben.
Jedoch hatte Carl Bosch eine sehr ablehnende Meinung zur antisemitischen Gesetzgebung und setzte sich für den Verbleib jüdischer Wissenschaftler in Deutschland ein. Aus diesem Grund hatte er kein besonders gutes Verhältnis zu Hitler. Ein Beispiel für Boschs negative Einstellung zum Nationalsozialismus kann man darin erkennen, dass er erst sehr spät zuließ, alle nicht-arischen Mitarbeiter aus der I.G. Farben zu entlassen. Dies geschah nur auf Druck von NS-Gesetzen, durch Denunziationen (Anschwärzungen) aus den eigenen Betrieben und aus Angst vor Enteignung als jüdisches Unternehmen. 1934 wurde der Pressechef der I.G. Farben, Heinrich Gattineau, im Zuge einer „Säuberungsaktion“ anlässlich des Röhm-Putsches verhaftet. Nach seiner Entlassung fuhr Gattineau zu Bosch, welcher dessen Entlassung mit den Worten „Natürlich bleiben Sie auf Ihrem Posten!“ vom Tisch kehrte. Des Weiteren bot Carl Bosch seinem Kollegen Fritz Haber Hilfe an, als dieser vertrieben wurde und viele Fachkollegen sich von ihm abwandten. Es ist Bosch zu verdanken, dass trotz Verbot eine Gedächtnisfeier zum Tode von Haber durchgeführt werden konnte.
Bosch sah in der Unterdrückung und Entlassung jüdischer Wissenschaftler ein großes Problem und kritisierte deshalb die wissenschaftsfeindliche NS-Politik auf das Schärfste. Er forderte wiederholt die Förderung der Wissenschaft und Bildung durch Staat und Industrie. Nur sein internationales Ansehen bewahrte ihn vor politischen Sanktionen. Bosch vertrat die Meinung, wenn schon parteipolitische führende Positionen in Industrie, Wirtschaft und Wissenschaft besetzt werden müssen, dann mit seinen Leuten statt mit NS-Politikern, die von der Sache nichts verstehen. Dass die damit verbundene Hoffnung, das Schlimmste verhindern zu können, falsch war und Bosch dadurch mitschuldig wurde an den Verbrechen der NS-Regimes, bemerkte er leider zu spät.[10]
Es wird berichtet, dass Bosch bei einem Treffen mit Hitler seine Judenpolitik angegriffen habe. Er warnte Hitler, dass die Vertreibung jüdischer Wissenschaftler die deutsche Physik und Chemie um hundert Jahre zurückwerfen werde. Da begann Hitler zu schreien: „Dann werden wir hundert Jahre lang ohne Physik und Chemie arbeiten!“ Dann klingelte er nach seinem Adjutanten und erklärte mit übertriebener Höflichkeit, dass der Geheimrat (Carl Bosch) zu gehen wünscht.[11]
Auch Boschs Beteiligungen an der finanziellen Unterstützung der Nazis können teilweise widerlegt werden. Ende Februar 1933 lud Hermann Göring Bosch persönlich zu einer Besprechung ein, zu welcher er jedoch nicht hin ging. Ein Vertreter der I.G., welcher an seiner Stelle zu der Besprechung gegangen war, berichtete Bosch anschließend. Unerwartet war Hitler bei dem Treffen aufgetaucht und hielt eine lange Rede. Anschließend überraschte Hjalmar Schacht die Versammlung mit der Aufforderung, einen Wahlfonds von drei Millionen Mark für Hitler zu zeichnen, bei dem sich der Vertreter der I.G. nicht als einziger davon ausschließen konnte. Als Carl Bosch davon erfuhr, schwieg er und zuckte nur mit der Schulter, was stets ein Zeichen war, dass ihm etwas sehr missfiel. Bosch hat hinterher kein Hehl daraus gemacht, wie wütend er über diese Sache war und für wie falsch er diese Unterstützung hielt. Er stand aber vor einer vollkommenen Tatsache und konnte nichts mehr ändern.[12]
Beide Verhaltensmuster, Ablehnung des NS-Regimes bei persönlicher Betroffenheit und Engagement mit dem Regime, wenn es um wirtschaftliche Dinge ging – auch mit der Erklärung, nur so „das Schlimmste“ verhüten zu können –, zeichnen Boschs zwiespältige Haltung aus.[10] Jedoch hatte Bosch in Sachen Judenpolitik eine klare ablehnende Meinung.
Private Interessen
In seiner Freizeit hat sich Carl Bosch in ganz besonderer Weise mit Entomologie beschäftigt. Er sammelte und präparierte selbst Schmetterlinge und Käfer.
Bosch besaß auch eine umfangreiche botanische Sammlung. Sein Herbarium, das er überwiegend aus käuflichem Erwerb und durch Tauschgeschäfte zusammengetragen hatte, umfasst 12.000 Belege. Die Sammlung gelangte 1950 in den Besitz des Naturmuseum Senckenberg der Stadt Frankfurt am Main. In der Sammlung Bosch finden sich vor allem Laubmoose Deutschlands und Europas, daneben Lebermoose und Flechten, darüber hinaus eine Spezialsammlung der Moosgattung Sphagnum.[13]
Darüber hinaus beschäftigte sich Bosch auch mit Mineralogie und Astronomie.
Er nahm immer wieder die Rolle eines Förderers und Stifters ein. So unterstützte er ab 1930 über die Imprimatur GmbH die liberale Frankfurter Zeitung mit erheblichen finanziellen Mitteln.
Ehrungen
Auszeichnungen zu Lebzeiten:
1926 Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina[14]
1931 Nobelpreis für Chemie zusammen mit Friedrich Bergius
1935 ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften
1936 Ehrenmitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften
1937 Präsident der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft (Nachfolger von Max Planck)
1939 Goethepreis der Stadt Frankfurt
Nach Carl Bosch wurden benannt:
der Mondkrater Bosch[15]
der Hauptgürtelasteroid (7414) Bosch
die Carl-Bosch-Straße und das Carl-Bosch-Haus in der Maxdorfer BASF-Siedlung
das Carl-Bosch-Haus in Frankfurt, u. a. Sitz der Gesellschaft Deutscher Chemiker
das Carl-Bosch-Gymnasium in Ludwigshafen
die Carl-Bosch-Schule in Heidelberg, eine berufsbildende Schule
der Carl-Bosch-Saal im cCe Kulturhaus Leuna[16]
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