Die semitischen Sprachen
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Die semitischen Sprachen
Die semitischen Sprachen sind ein Zweig der afroasiatischen Sprachfamilie. Sie werden heute von ca. 260 Millionen Menschen im Nahen Osten, in Nordafrika und am Horn von Afrika gesprochen. Wichtige semitische Sprachen sind Hebräisch, Arabisch, die neuaramäischen Sprachen, eine Reihe von in Äthiopien und Eritrea gesprochenen Sprachen wie Amharisch und Tigrinya sowie zahlreiche ausgestorbene Sprachen des Alten Orients wie Akkadisch.
Semitisch (Orange) innerhalb der afroasiatischen Sprachen
Die Bezeichnung „semitisch“ wurde 1781 von dem Göttinger Philologen August Ludwig von Schlözer geschaffen. Sie lehnt sich an die biblische Person Sem an, die als Stammvater der Aramäer, Assyrer, Elamiter, Chaldäer und Lyder gilt.[1]
Forschungsgeschichte
Ähnlichkeiten zwischen Hebräisch, Aramäisch und Arabisch fielen jüdischen Grammatikern bereits im Mittelalter auf.[2] Als in der Renaissance auch in Europa die Beschäftigung mit orientalischen Sprachen einsetzte, verfassten christliche Hebraisten erste Ansätze zu einer vergleichenden Grammatik des Semitischen, wobei sie jedoch die unzutreffende Schlussfolgerung zogen, dass Aramäisch und Arabisch entartete Mischsprachen seien, die aus dem Hebräischen, der vermeintlichen Sprache des Paradieses, entstanden sind. Erst im 18. Jahrhundert begann sich eine neuere Betrachtungsweise durchzusetzen, als man erkennen musste, dass das Arabische, obwohl wesentlich jünger als das Hebräische und Aramäische, besonders archaische Züge aufweist.
Während das Altäthiopische bereits seit dem 16. Jahrhundert in Europa bekannt war, wurden seit dem 18. Jahrhundert weitere Sprachen entdeckt, die als semitisch identifiziert werden konnten: die modernen äthiosemitischen Sprachen, das Akkadische, das Altsüdarabische, epigraphische Zeugnisse antiker Sprachen in Syrien und Palästina und schließlich auch die modernen arabischen, aramäischen und neusüdarabischen Dialekte sowie erst 1928 das Ugaritische. Besonders die Entdeckung und Erschließung des Akkadischen hatte für die Semitistik nachhaltige Folgen, da es trotz seines hohen Alters von den damaligen Ansichten über das Protosemitische stark abweicht. Als letzte semitische Sprache wurde 1975 das Eblaitische entdeckt.
Im 19. Jahrhundert wurden auch die Beziehungen zu anderen Sprachfamilien in Afrika und damit die afroasiatische Sprachfamilie entdeckt, wodurch sich für das Verständnis des Semitischen neue Perspektiven ergaben.
Geschichte und geographische Verbreitung
Im Altertum waren die semitischen Sprachen noch im Wesentlichen auf das Gebiet des Vorderen Orients beschränkt. Seit dem 1. Jahrtausend v. Chr. erlebten sie dann eine räumliche Verbreitung auf den afrikanischen Kontinent, als in Äthiopien semitische Sprachen auftauchten − falls dies nicht schon viel früher geschehen war − und sich das Arabische durch die Islamische Expansion im 7. Jahrhundert über ganz Nordafrika verbreitete. Heute umfasst das semitische Sprachgebiet den Nahen Osten, das Horn von Afrika, Nordafrika und mit der Insel Malta sogar einen kleinen Teil Europas.
Altertum
Im Mesopotamien ist ab dem 3. Jahrtausend v. Chr. das Akkadische überliefert. Als Sprache der internationalen Korrespondenz wurde es bis nach Ägypten benutzt. Ein Dialekt des Akkadischen war das in Syrien gesprochene Eblaitische. Im Laufe des 1. Jahrtausends v. Chr. wurde das Akkadische als gesprochene Sprache vom Aramäischen verdrängt, konnte sich aber noch bis in die ersten Jahrhunderte n. Chr. als Schriftsprache halten.
Nur sehr fragmentarisch ist das Amurritische überliefert, das nur durch die Personennamen der Amurriter aus der Zeit zwischen 2000 und 1500 v. Chr. bekannt ist. Aus dem Norden der Levante ist das Ugaritische durch umfangreiche Inschriftenfunde aus der Zeit zwischen 1400 und 1190 v. Chr., die man in der Stadt Ugarit fand, überliefert. In Kanaan sprach man im Altertum die kanaanäischen Sprachen. Hierzu gehörte das Hebräische, die Sprache der israelitischen Stämme, in der das Alte Testament verfasst ist. Als gesprochene Sprache starb es wohl in der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. (vielleicht aber auch erst im 2. Jahrhundert n. Chr.) aus. Es diente jedoch weiterhin als Sakralsprache des Judentums sowie zur Verständigung zwischen jüdischen Gemeinden in aller Welt. Im Mittelalter diente es teilweise als Zwischenstufe für Übersetzungen aus dem Arabischen in das Lateinische. Das Phönizische wurde ursprünglich im heutigen Libanon (Tyros, Byblos, Sidon) von den Phöniziern gesprochen. Durch die phönizische Kolonisation verbreitete sich ihre Sprache in Form des Punischen nach Nordafrika, vor allem Karthago und weiter bis in das heutige Spanien. Dort blieb es bis in das 6. Jahrhundert n. Chr. in Gebrauch. Kleinere, nur durch wenige Inschriften belegte kanaanäische Sprachen waren das Moabitische, Ammonitische und Edomitische.
Das seit dem 10./9. Jahrhundert v. Chr. belegte Aramäisch war ursprünglich nur in einigen Stadtkönigreichen in Syrien verbreitet. Die Sprachform jener Zeit bezeichnet man als Altaramäisch. Nachdem die aramäischen Königreiche im 8. Jahrhundert v. Chr. von den Assyrern erobert worden waren, wurde das Aramäische in Form des Reichsaramäischen zur Verwaltungssprache zunächst im Neuassyrischen Reich sowie später im Neubabylonischen Reich (610–539 v. Chr.) und im Achämenidenreich (539–333 v. Chr.). Dadurch verbreitete es sich im gesamten Vorderen Orient als Lingua franca. Durch die islamische Expansion wurde das Aramäische zurückgedrängt, doch blieb es sowohl für das Judentum (durch die Targum-Tradition und vor allem den Palästinischen und den Babylonischen Talmud) als auch für das Christentum (durch die Peschitta der Orientalischen Kirchen) bedeutsam.
Die Stämme der Arabischen Halbinsel gehörten im Altertum unterschiedlichen Sprachgruppen an.[3] Im Norden war das Frühnordarabische mit mehreren Dialektgruppen verbreitet. Es ist seit etwa dem 8. Jahrhundert v. Chr. schriftlich überliefert und starb während der Ausbreitung des Islam aus. Die antike Sprache Zentralarabiens war eine frühe Form des heutigen Arabischen. Als Sprache des Korans gewann sie mit der Ausbreitung des Islam schnell an Bedeutung und verdrängte auch die antiken Sprachen im heutigen Jemen, darunter das Altsüdarabische und möglicherweise andere, kaum bekannte Sprachen wie das Himjarische.
Spätestens seit dem 1. Jahrtausend v. Chr. wurden auch im Bereich der heutigen Staaten Äthiopien und Eritrea semitische Sprachen gesprochen. Bereits in der Antike spalteten sie sich in einen nördlichen und einen südlichen Zweig. Der nördliche Zweig weist in Form des Altäthiopischen unter den äthiopischen Sprachen die längste Schrifttradition auf. Altäthiopisch war die Sprache des aksumitischen Reiches (etwa 1. bis 7. Jahrhundert n. Chr.) und später die Sakralsprache der äthiopischen Christen.
Gegenwart
Heute ist das Arabische mit ca. 230 Millionen Sprechern mit Abstand die größte aller semitischen Sprachen und eine der größten Sprachen der Welt. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Mauretanien bis nach Oman. In insgesamt 25 Staaten der Arabischen Welt dient es als Amtssprache. Die arabischsprachigen Länder befinden sich in einer ausgeprägten Diglossie-Situation: Während die arabische Schriftsprache auf dem klassischen Arabisch des 8. Jahrhunderts beruht, dienen als Umgangssprache die regional unterschiedlichen arabischen Dialekte (auch: Neuarabisch). Auch das Maltesische, die einzige in Europa beheimatete semitische Sprache, geht auf einen arabischen Dialekt zurück; aufgrund der katholisch-europäischen Tradition Maltas wird es in lateinischen Buchstaben geschrieben und unterliegt keinen hocharabischen Einflüssen mehr. Als Sprache des Korans hat das Arabische auch in nicht arabischsprachigen Ländern der islamischen Welt Verbreitung erfahren. Heute gibt es migrationsbedingt in zahlreichen Staaten Europas arabischsprachige Minderheiten, vor allem in Frankreich.
Trotz seiner weitaus kleineren Sprecherzahl nimmt das Hebräische durch die Bedeutung, die ihm als Jahrtausende verwendete jüdische Kultur- und Literatursprache zukommt, eine bemerkenswerte Position ein. Auch in christlichen Kreisen wurde es als Sprache des Alten Testaments seit dem Mittelalter erforscht und studiert. Seit dem 19. Jahrhundert, insbesondere im Zuge des Zionismus, belebten jüdische Intellektuelle das Hebräische zu einer alltagstauglichen Umgangssprache (Ivrit), die 1948 Amtssprache des Staates Israel wurde und schon zuvor eine der offiziellen Sprachen des britischen Mandatsgebiets Palästina war. Heute wird Hebräisch in Israel von etwa sieben Millionen Menschen als Erstsprache oder weitere Sprache (nach Arabisch, Russisch, Äthiopisch o. a.) verwendet; nur schätzungsweise die Hälfte der Hebräischsprecher in Israel sind Muttersprachler. Auch nach der Räumung palästinensischer Gebiete durch Israel ist das Hebräische dort als Verkehrssprache gebräuchlich, wenigstens im Kontakt mit Israel. In der jüdischen Diaspora (besonders in Westeuropa, Nord- und Südamerika) wird es als Religionssprache und Sprache des jüdischen Volkes gepflegt, sodass außerhalb Israels von mehreren zehn- oder sogar hunderttausend Personen ausgegangen werden kann, die über kommunikative Kompetenz in dieser Sprache verfügen.
Obwohl das Aramäische viel von seiner einstigen Bedeutung verloren hat, hat es als gesprochene Sprache bis heute überlebt, etwa in der Osttürkei, dem Irak und dem Iran (Aserbaidschan). Insgesamt gibt es über den Nahen Osten verstreut ca. 500.000 Aramäisch-Sprecher. Ihre Zahl dürfte durch den von Repression, Krieg und Emigration geprägten demografischen Wandel im 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts (nach dem Ersten Weltkrieg Christenverfolgungen unter türkischer Herrschaft, der Irakkrieg und seine Folgen etc.) stark rückläufig sein. Hingegen sind Exilgemeinden in Westeuropa und Nordamerika gewachsen, in denen die aramäischen Mundarten als Haus- und Familiensprache bisher überleben. Das Neuwestaramäische wird noch von ca. 10.000 Menschen in drei Dörfern in Syrien gesprochen. Zu den neuostaramäischen Sprachen gehören unter anderem Turoyo (schätzungsweise 50.000 Sprecher im Nahen Osten) und Neumandäisch. In der Regel gehören die Aramäisch-Sprecher christlichen Kirchen an, in denen ältere Sprachformen des Aramäischen als Sakralsprache verwendet werden oder wurden. Da kein eigenes Bildungssystem besteht, das Aramäisch als moderne Hochsprache etablieren und ausbauen könnte, sind die meisten modernen Varietäten des Aramäischen schriftlos; in Syrien gab es um 2010 eine staatliche Initiative, die Mundart des Aramäerdorfes Maalula mit hebräischen Buchstaben zu verschriftlichen. Die Quadratschrift, die heutige hebräische Schrift, basiert auf einem reichsaramäischen Alphabet, das die althebräische Schrift ersetzte. Auch jüdische Minderheiten, etwa aus Kurdistan, haben lokale Formen des Aramäischen als Muttersprache. Infolge der Emigration nach Israel in den 1950er und 1960er Jahren und durch die Umstellung auf das Hebräische muss angenommen werden, dass es nur noch wenige jüngere Sprecher jüdisch-aramäischer Dialekte gibt.[4]
Im Süden der Arabischen Halbinsel, im Jemen und in Oman spricht man die neusüdarabischen Sprachen. Diese sind trotz ihres Namens weder mit dem Altsüdarabischen noch dem (Nord-)Arabischen näher verwandt, sondern bilden einen eigenständigen Zweig der semitischen Sprachen. Die sechs neusüdarabischen Sprachen Mehri, Dschibbali, Harsusi, Bathari, Hobyot und Soqotri haben insgesamt ca. 200.000 Sprecher, die größte Sprache ist Mehri mit 100.000 Sprechern.
In Äthiopien und in Eritrea ist eine größere Zahl semitischer Sprachen vom Zweig der äthiosemitischen Sprachen verbreitet, die insgesamt von ca. 29 Millionen Menschen gesprochen werden. Die größte äthiosemitische Sprache und die zweitgrößte semitische Sprache überhaupt ist Amharisch, die Nationalsprache Äthiopiens, die ca. 20 Millionen Menschen sprechen. Das Tigrinya ist neben Arabisch Amtssprache in Eritrea und hat etwa sieben Millionen Sprecher. Neben diesen werden die verschiedenen Gurage-Sprachen im südlichen Zentraläthiopien von ungefähr 1,9 Millionen Menschen gesprochen. Ebenfalls in Eritrea verbreitet ist Tigre (0,8 Millionen Sprecher). Auch in Israel lebt seit der Massenemigration äthiopischer Juden in den 1980er Jahren eine äthiopischsprachige Minderheit. Als aus der jüdischen Diaspora importierte Sprache ist sie dort durch die Verwaltungs- und Bildungssprache Hebräisch ähnlich bedroht wie Jiddisch, Juden-Spanisch, Jüdisch-Aramäisch, Russisch, Französisch u. a.
Weiteres dazu im Link:
https://de.wikipedia.org/wiki/Semitische_Sprachen
Semitisch (Orange) innerhalb der afroasiatischen Sprachen
Die Bezeichnung „semitisch“ wurde 1781 von dem Göttinger Philologen August Ludwig von Schlözer geschaffen. Sie lehnt sich an die biblische Person Sem an, die als Stammvater der Aramäer, Assyrer, Elamiter, Chaldäer und Lyder gilt.[1]
Forschungsgeschichte
Ähnlichkeiten zwischen Hebräisch, Aramäisch und Arabisch fielen jüdischen Grammatikern bereits im Mittelalter auf.[2] Als in der Renaissance auch in Europa die Beschäftigung mit orientalischen Sprachen einsetzte, verfassten christliche Hebraisten erste Ansätze zu einer vergleichenden Grammatik des Semitischen, wobei sie jedoch die unzutreffende Schlussfolgerung zogen, dass Aramäisch und Arabisch entartete Mischsprachen seien, die aus dem Hebräischen, der vermeintlichen Sprache des Paradieses, entstanden sind. Erst im 18. Jahrhundert begann sich eine neuere Betrachtungsweise durchzusetzen, als man erkennen musste, dass das Arabische, obwohl wesentlich jünger als das Hebräische und Aramäische, besonders archaische Züge aufweist.
Während das Altäthiopische bereits seit dem 16. Jahrhundert in Europa bekannt war, wurden seit dem 18. Jahrhundert weitere Sprachen entdeckt, die als semitisch identifiziert werden konnten: die modernen äthiosemitischen Sprachen, das Akkadische, das Altsüdarabische, epigraphische Zeugnisse antiker Sprachen in Syrien und Palästina und schließlich auch die modernen arabischen, aramäischen und neusüdarabischen Dialekte sowie erst 1928 das Ugaritische. Besonders die Entdeckung und Erschließung des Akkadischen hatte für die Semitistik nachhaltige Folgen, da es trotz seines hohen Alters von den damaligen Ansichten über das Protosemitische stark abweicht. Als letzte semitische Sprache wurde 1975 das Eblaitische entdeckt.
Im 19. Jahrhundert wurden auch die Beziehungen zu anderen Sprachfamilien in Afrika und damit die afroasiatische Sprachfamilie entdeckt, wodurch sich für das Verständnis des Semitischen neue Perspektiven ergaben.
Geschichte und geographische Verbreitung
Im Altertum waren die semitischen Sprachen noch im Wesentlichen auf das Gebiet des Vorderen Orients beschränkt. Seit dem 1. Jahrtausend v. Chr. erlebten sie dann eine räumliche Verbreitung auf den afrikanischen Kontinent, als in Äthiopien semitische Sprachen auftauchten − falls dies nicht schon viel früher geschehen war − und sich das Arabische durch die Islamische Expansion im 7. Jahrhundert über ganz Nordafrika verbreitete. Heute umfasst das semitische Sprachgebiet den Nahen Osten, das Horn von Afrika, Nordafrika und mit der Insel Malta sogar einen kleinen Teil Europas.
Altertum
Im Mesopotamien ist ab dem 3. Jahrtausend v. Chr. das Akkadische überliefert. Als Sprache der internationalen Korrespondenz wurde es bis nach Ägypten benutzt. Ein Dialekt des Akkadischen war das in Syrien gesprochene Eblaitische. Im Laufe des 1. Jahrtausends v. Chr. wurde das Akkadische als gesprochene Sprache vom Aramäischen verdrängt, konnte sich aber noch bis in die ersten Jahrhunderte n. Chr. als Schriftsprache halten.
Nur sehr fragmentarisch ist das Amurritische überliefert, das nur durch die Personennamen der Amurriter aus der Zeit zwischen 2000 und 1500 v. Chr. bekannt ist. Aus dem Norden der Levante ist das Ugaritische durch umfangreiche Inschriftenfunde aus der Zeit zwischen 1400 und 1190 v. Chr., die man in der Stadt Ugarit fand, überliefert. In Kanaan sprach man im Altertum die kanaanäischen Sprachen. Hierzu gehörte das Hebräische, die Sprache der israelitischen Stämme, in der das Alte Testament verfasst ist. Als gesprochene Sprache starb es wohl in der zweiten Hälfte des 1. Jahrtausends v. Chr. (vielleicht aber auch erst im 2. Jahrhundert n. Chr.) aus. Es diente jedoch weiterhin als Sakralsprache des Judentums sowie zur Verständigung zwischen jüdischen Gemeinden in aller Welt. Im Mittelalter diente es teilweise als Zwischenstufe für Übersetzungen aus dem Arabischen in das Lateinische. Das Phönizische wurde ursprünglich im heutigen Libanon (Tyros, Byblos, Sidon) von den Phöniziern gesprochen. Durch die phönizische Kolonisation verbreitete sich ihre Sprache in Form des Punischen nach Nordafrika, vor allem Karthago und weiter bis in das heutige Spanien. Dort blieb es bis in das 6. Jahrhundert n. Chr. in Gebrauch. Kleinere, nur durch wenige Inschriften belegte kanaanäische Sprachen waren das Moabitische, Ammonitische und Edomitische.
Das seit dem 10./9. Jahrhundert v. Chr. belegte Aramäisch war ursprünglich nur in einigen Stadtkönigreichen in Syrien verbreitet. Die Sprachform jener Zeit bezeichnet man als Altaramäisch. Nachdem die aramäischen Königreiche im 8. Jahrhundert v. Chr. von den Assyrern erobert worden waren, wurde das Aramäische in Form des Reichsaramäischen zur Verwaltungssprache zunächst im Neuassyrischen Reich sowie später im Neubabylonischen Reich (610–539 v. Chr.) und im Achämenidenreich (539–333 v. Chr.). Dadurch verbreitete es sich im gesamten Vorderen Orient als Lingua franca. Durch die islamische Expansion wurde das Aramäische zurückgedrängt, doch blieb es sowohl für das Judentum (durch die Targum-Tradition und vor allem den Palästinischen und den Babylonischen Talmud) als auch für das Christentum (durch die Peschitta der Orientalischen Kirchen) bedeutsam.
Die Stämme der Arabischen Halbinsel gehörten im Altertum unterschiedlichen Sprachgruppen an.[3] Im Norden war das Frühnordarabische mit mehreren Dialektgruppen verbreitet. Es ist seit etwa dem 8. Jahrhundert v. Chr. schriftlich überliefert und starb während der Ausbreitung des Islam aus. Die antike Sprache Zentralarabiens war eine frühe Form des heutigen Arabischen. Als Sprache des Korans gewann sie mit der Ausbreitung des Islam schnell an Bedeutung und verdrängte auch die antiken Sprachen im heutigen Jemen, darunter das Altsüdarabische und möglicherweise andere, kaum bekannte Sprachen wie das Himjarische.
Spätestens seit dem 1. Jahrtausend v. Chr. wurden auch im Bereich der heutigen Staaten Äthiopien und Eritrea semitische Sprachen gesprochen. Bereits in der Antike spalteten sie sich in einen nördlichen und einen südlichen Zweig. Der nördliche Zweig weist in Form des Altäthiopischen unter den äthiopischen Sprachen die längste Schrifttradition auf. Altäthiopisch war die Sprache des aksumitischen Reiches (etwa 1. bis 7. Jahrhundert n. Chr.) und später die Sakralsprache der äthiopischen Christen.
Gegenwart
Heute ist das Arabische mit ca. 230 Millionen Sprechern mit Abstand die größte aller semitischen Sprachen und eine der größten Sprachen der Welt. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Mauretanien bis nach Oman. In insgesamt 25 Staaten der Arabischen Welt dient es als Amtssprache. Die arabischsprachigen Länder befinden sich in einer ausgeprägten Diglossie-Situation: Während die arabische Schriftsprache auf dem klassischen Arabisch des 8. Jahrhunderts beruht, dienen als Umgangssprache die regional unterschiedlichen arabischen Dialekte (auch: Neuarabisch). Auch das Maltesische, die einzige in Europa beheimatete semitische Sprache, geht auf einen arabischen Dialekt zurück; aufgrund der katholisch-europäischen Tradition Maltas wird es in lateinischen Buchstaben geschrieben und unterliegt keinen hocharabischen Einflüssen mehr. Als Sprache des Korans hat das Arabische auch in nicht arabischsprachigen Ländern der islamischen Welt Verbreitung erfahren. Heute gibt es migrationsbedingt in zahlreichen Staaten Europas arabischsprachige Minderheiten, vor allem in Frankreich.
Trotz seiner weitaus kleineren Sprecherzahl nimmt das Hebräische durch die Bedeutung, die ihm als Jahrtausende verwendete jüdische Kultur- und Literatursprache zukommt, eine bemerkenswerte Position ein. Auch in christlichen Kreisen wurde es als Sprache des Alten Testaments seit dem Mittelalter erforscht und studiert. Seit dem 19. Jahrhundert, insbesondere im Zuge des Zionismus, belebten jüdische Intellektuelle das Hebräische zu einer alltagstauglichen Umgangssprache (Ivrit), die 1948 Amtssprache des Staates Israel wurde und schon zuvor eine der offiziellen Sprachen des britischen Mandatsgebiets Palästina war. Heute wird Hebräisch in Israel von etwa sieben Millionen Menschen als Erstsprache oder weitere Sprache (nach Arabisch, Russisch, Äthiopisch o. a.) verwendet; nur schätzungsweise die Hälfte der Hebräischsprecher in Israel sind Muttersprachler. Auch nach der Räumung palästinensischer Gebiete durch Israel ist das Hebräische dort als Verkehrssprache gebräuchlich, wenigstens im Kontakt mit Israel. In der jüdischen Diaspora (besonders in Westeuropa, Nord- und Südamerika) wird es als Religionssprache und Sprache des jüdischen Volkes gepflegt, sodass außerhalb Israels von mehreren zehn- oder sogar hunderttausend Personen ausgegangen werden kann, die über kommunikative Kompetenz in dieser Sprache verfügen.
Obwohl das Aramäische viel von seiner einstigen Bedeutung verloren hat, hat es als gesprochene Sprache bis heute überlebt, etwa in der Osttürkei, dem Irak und dem Iran (Aserbaidschan). Insgesamt gibt es über den Nahen Osten verstreut ca. 500.000 Aramäisch-Sprecher. Ihre Zahl dürfte durch den von Repression, Krieg und Emigration geprägten demografischen Wandel im 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts (nach dem Ersten Weltkrieg Christenverfolgungen unter türkischer Herrschaft, der Irakkrieg und seine Folgen etc.) stark rückläufig sein. Hingegen sind Exilgemeinden in Westeuropa und Nordamerika gewachsen, in denen die aramäischen Mundarten als Haus- und Familiensprache bisher überleben. Das Neuwestaramäische wird noch von ca. 10.000 Menschen in drei Dörfern in Syrien gesprochen. Zu den neuostaramäischen Sprachen gehören unter anderem Turoyo (schätzungsweise 50.000 Sprecher im Nahen Osten) und Neumandäisch. In der Regel gehören die Aramäisch-Sprecher christlichen Kirchen an, in denen ältere Sprachformen des Aramäischen als Sakralsprache verwendet werden oder wurden. Da kein eigenes Bildungssystem besteht, das Aramäisch als moderne Hochsprache etablieren und ausbauen könnte, sind die meisten modernen Varietäten des Aramäischen schriftlos; in Syrien gab es um 2010 eine staatliche Initiative, die Mundart des Aramäerdorfes Maalula mit hebräischen Buchstaben zu verschriftlichen. Die Quadratschrift, die heutige hebräische Schrift, basiert auf einem reichsaramäischen Alphabet, das die althebräische Schrift ersetzte. Auch jüdische Minderheiten, etwa aus Kurdistan, haben lokale Formen des Aramäischen als Muttersprache. Infolge der Emigration nach Israel in den 1950er und 1960er Jahren und durch die Umstellung auf das Hebräische muss angenommen werden, dass es nur noch wenige jüngere Sprecher jüdisch-aramäischer Dialekte gibt.[4]
Im Süden der Arabischen Halbinsel, im Jemen und in Oman spricht man die neusüdarabischen Sprachen. Diese sind trotz ihres Namens weder mit dem Altsüdarabischen noch dem (Nord-)Arabischen näher verwandt, sondern bilden einen eigenständigen Zweig der semitischen Sprachen. Die sechs neusüdarabischen Sprachen Mehri, Dschibbali, Harsusi, Bathari, Hobyot und Soqotri haben insgesamt ca. 200.000 Sprecher, die größte Sprache ist Mehri mit 100.000 Sprechern.
In Äthiopien und in Eritrea ist eine größere Zahl semitischer Sprachen vom Zweig der äthiosemitischen Sprachen verbreitet, die insgesamt von ca. 29 Millionen Menschen gesprochen werden. Die größte äthiosemitische Sprache und die zweitgrößte semitische Sprache überhaupt ist Amharisch, die Nationalsprache Äthiopiens, die ca. 20 Millionen Menschen sprechen. Das Tigrinya ist neben Arabisch Amtssprache in Eritrea und hat etwa sieben Millionen Sprecher. Neben diesen werden die verschiedenen Gurage-Sprachen im südlichen Zentraläthiopien von ungefähr 1,9 Millionen Menschen gesprochen. Ebenfalls in Eritrea verbreitet ist Tigre (0,8 Millionen Sprecher). Auch in Israel lebt seit der Massenemigration äthiopischer Juden in den 1980er Jahren eine äthiopischsprachige Minderheit. Als aus der jüdischen Diaspora importierte Sprache ist sie dort durch die Verwaltungs- und Bildungssprache Hebräisch ähnlich bedroht wie Jiddisch, Juden-Spanisch, Jüdisch-Aramäisch, Russisch, Französisch u. a.
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