Der Hamburger Aufstand
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Der Hamburger Aufstand
Der Hamburger Aufstand von 1923 war ein von Teilen der KPD in Hamburg am 23. Oktober 1923 begonnene Revolte. Ziel war der bewaffnete Umsturz in Deutschland nach dem Vorbild der russischen Oktoberrevolution 1917. Nach den Vorstellungen des Deutschen Oktobers sollte die Erhebung das Aufbruchssignal für eine Revolution in ganz Mitteleuropa sein und die kommunistische Weltrevolution einleiten.
Der Versuch war unter militärischen Gesichtspunkten aussichtslos und endete bereits in der Nacht vom 23. auf den 24. Oktober. Es wurden 24 Polizeireviere gestürmt (17 in Hamburg, sieben in der preußischen Provinz Schleswig-Holstein). Während des Aufstandes starben über 100 Menschen. Die genauen Details sowie die Einschätzung der Auswirkungen des Aufstandes sind bis heute umstritten.
Hintergrund
Hintergrund des Aufstands war die Krise der Weimarer Republik. In dieser Zeit kam es zu zahlreichen militanten Auseinandersetzungen. Während sich 1923 die wirtschaftliche Lage rapide verschlechterte, unter anderem durch die ihrem Höhepunkt entgegenstrebende Hyperinflation, gewann die KPD an Zulauf. Die Ruhrbesetzung hatte die politischen Auseinandersetzungen weiter radikalisiert. Im August fand ein deutschlandweiter Streik gegen den amtierenden Reichskanzler Wilhelm Cuno statt. Ende September verhängte die Reichsregierung den Ausnahmezustand über die Republik. Am 1. Oktober kam es zum Küstriner Putsch der Schwarzen Reichswehr. Am 13. Oktober verabschiedete der Reichstag ein Ermächtigungsgesetz, das laut Initiator Gustav Stresemann eine legale Diktatur ermöglichen sollte. In Hamburg stürmte eine Demonstration mehrerer tausend Arbeitsloser die Bannmeile um das Rathaus, was zu dieser Zeit noch mit akuter Lebensgefahr verbunden war. In Sachsen und Thüringen bildeten sich Mitte Oktober Koalitionsregierungen unter Einschluss der KPD, was diese als Möglichkeit zur Machtübernahme ansah.
Die Haltung zu einem bewaffneten Aufstandsversuch in Deutschland war innerhalb der kommunistischen Bewegung umstritten. Während einflussreiche Mitglieder der Komintern mit dem Gedanken liebäugelten, war die KPD-Führung gegen einen Aufstand. Die genauen Beweggründe der kleinen Hamburger Gruppe unter Hugo Urbahns und Hans Kippenberger, die den Aufstand plante, ist bis heute nicht vollkommen geklärt. Es wird angenommen, dass die eigene Parteileitung durch den Beginn des Aufstandes zur Aktion gezwungen werden sollte.
Ablauf
In der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober erhielten die militärischen Leiter der KPD-Sektion „Wasserkante“ Einsatzbefehle durch die regionale Führung. Um 5 Uhr morgens begann der Sturm auf die Polizeireviere, um den eklatanten Mangel der Aufständischen an Waffen zu beheben. Obwohl die KPD in Hamburg zu dieser Zeit etwa 14.000 Mitglieder hatte, nahmen nur etwa 300 aktiv am Aufstand teil. Es gelang ihnen, insgesamt etwa 250 Gewehre zu erbeuten.
Neben Hamburg waren Altona und der Kreis Stormarn Schauplatz des Umsturzversuches. So wurden die Polizeidienststellen in den stormanischen Gemeinden Bramfeld und Schiffbek überfallen und die Dienstwaffen erbeutet. In Bad Oldesloe, Ahrensburg und Rahlstedt wurden Eisenbahn- und Straßenblockaden durchgeführt. In Bargteheide wurde der Gemeindevorsteher von den Aufständischen festgenommen und eine „Sowjetrepublik Stormarn“ ausgerufen.
Bis auf Barmbek, Eimsbüttel und den stormanischen Ort Schiffbek waren die Aufstandsversuche innerhalb weniger Stunden niedergeschlagen. Einzig in Barmbek, wo bei der vorigen Wahl etwa 20 Prozent der Wähler für die KPD gestimmt hatten, erhielten die Aufständischen Unterstützung aus der Bevölkerung, die sich beim Barrikadenbau beteiligte und die Aufständischen mit Lebensmitteln versorgte. Hier konnten diese sich unter dauerndem Gewehrfeuer den Tag über halten. In der Nacht verließen sie, von der Aussichtslosigkeit der Lage überzeugt, heimlich ihre Stellungen, so dass der Großangriff der Hamburger Polizei am nächsten Tag ins Leere lief.
Folgen
Der Aufstand forderte insgesamt mindestens 100 Todesopfer und mehr als 300 Verwundete. 17 der Toten waren Polizisten, 24 Aufständische und 61 unbeteiligte Zivilisten. 1400 Personen wurden festgenommen. Der größte Prozess gegen insgesamt 191 Aufrührer fand ab Februar 1925 im Landgericht Altona wegen der Schiffbeker Unruhen statt.
Langfristig trug der Aufstand maßgeblich dazu bei, das Klima zwischen den beiden Arbeiterparteien zu vergiften. Die Sozialdemokraten weigerten sich in der Folge, mit der KPD zusammenzuarbeiten. Zudem verstärkten sie, sofern in Regierungspositionen, die Repressionen gegen die KPD, was wiederum die Ablehnung von Republik und SPD durch die KPD verstärkte.
Innerhalb der KPD selbst wurde, besonders nach der Wahl des Aufstandsführers Ernst Thälmann zum Vorsitzenden der Partei, ein Heldenmythos um den Aufstand entwickelt, der besonders auf die kleine Zahl, den aussichtslosen Kampf und den Heldenmut der Aufständischen setzte. Die innerhalb der Partei vorherrschende Bewertung deutete die Niederlage vor allem als Folge der zu wenig zentralisierten und zu wenig auf Parteigehorsam ausgerichteten Parteistrukturen, die folgerichtig gestärkt werden mussten. So Thälmann im Parteiorgan Die Rote Fahne:
„Unsere Partei als Ganzes war noch viel zu unreif, um diese Fehler der Führung zu verhindern. So scheiterte im Herbst 1923 die Revolution am Fehlen einer ihrer wichtigsten Voraussetzungen: dem Bestehen einer bolschewistischen Partei.“[1]
Teile des bürgerlichen Lagers sahen ihre Ängste vor Bolschewismus und Revolution bestätigt und setzten stärker auf eine antidemokratische Reaktionspolitik. Infolgedessen konnte die Deutschnationale Volkspartei ihren Stimmenanteil bei den Reichstagswahlen 1924 in Hamburg von zwölf auf etwa 20 Prozent steigern, fiel jedoch 1928 wieder auf etwa zwölf Prozent zurück.[2]
Der Aufstand wurde unter anderem in dem 1954 in der DDR gedrehten Spielfilm Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse thematisiert. Für das Scheitern wird die KPD-Führung um Heinrich Brandler verantwortlich gemacht. Diese habe verhindert, dass auch in anderen Städten Kämpfe stattfanden.
Quelle - Literatur & Einzelnachweise
Der Versuch war unter militärischen Gesichtspunkten aussichtslos und endete bereits in der Nacht vom 23. auf den 24. Oktober. Es wurden 24 Polizeireviere gestürmt (17 in Hamburg, sieben in der preußischen Provinz Schleswig-Holstein). Während des Aufstandes starben über 100 Menschen. Die genauen Details sowie die Einschätzung der Auswirkungen des Aufstandes sind bis heute umstritten.
Hintergrund
Hintergrund des Aufstands war die Krise der Weimarer Republik. In dieser Zeit kam es zu zahlreichen militanten Auseinandersetzungen. Während sich 1923 die wirtschaftliche Lage rapide verschlechterte, unter anderem durch die ihrem Höhepunkt entgegenstrebende Hyperinflation, gewann die KPD an Zulauf. Die Ruhrbesetzung hatte die politischen Auseinandersetzungen weiter radikalisiert. Im August fand ein deutschlandweiter Streik gegen den amtierenden Reichskanzler Wilhelm Cuno statt. Ende September verhängte die Reichsregierung den Ausnahmezustand über die Republik. Am 1. Oktober kam es zum Küstriner Putsch der Schwarzen Reichswehr. Am 13. Oktober verabschiedete der Reichstag ein Ermächtigungsgesetz, das laut Initiator Gustav Stresemann eine legale Diktatur ermöglichen sollte. In Hamburg stürmte eine Demonstration mehrerer tausend Arbeitsloser die Bannmeile um das Rathaus, was zu dieser Zeit noch mit akuter Lebensgefahr verbunden war. In Sachsen und Thüringen bildeten sich Mitte Oktober Koalitionsregierungen unter Einschluss der KPD, was diese als Möglichkeit zur Machtübernahme ansah.
Die Haltung zu einem bewaffneten Aufstandsversuch in Deutschland war innerhalb der kommunistischen Bewegung umstritten. Während einflussreiche Mitglieder der Komintern mit dem Gedanken liebäugelten, war die KPD-Führung gegen einen Aufstand. Die genauen Beweggründe der kleinen Hamburger Gruppe unter Hugo Urbahns und Hans Kippenberger, die den Aufstand plante, ist bis heute nicht vollkommen geklärt. Es wird angenommen, dass die eigene Parteileitung durch den Beginn des Aufstandes zur Aktion gezwungen werden sollte.
Ablauf
In der Nacht vom 22. auf den 23. Oktober erhielten die militärischen Leiter der KPD-Sektion „Wasserkante“ Einsatzbefehle durch die regionale Führung. Um 5 Uhr morgens begann der Sturm auf die Polizeireviere, um den eklatanten Mangel der Aufständischen an Waffen zu beheben. Obwohl die KPD in Hamburg zu dieser Zeit etwa 14.000 Mitglieder hatte, nahmen nur etwa 300 aktiv am Aufstand teil. Es gelang ihnen, insgesamt etwa 250 Gewehre zu erbeuten.
Neben Hamburg waren Altona und der Kreis Stormarn Schauplatz des Umsturzversuches. So wurden die Polizeidienststellen in den stormanischen Gemeinden Bramfeld und Schiffbek überfallen und die Dienstwaffen erbeutet. In Bad Oldesloe, Ahrensburg und Rahlstedt wurden Eisenbahn- und Straßenblockaden durchgeführt. In Bargteheide wurde der Gemeindevorsteher von den Aufständischen festgenommen und eine „Sowjetrepublik Stormarn“ ausgerufen.
Bis auf Barmbek, Eimsbüttel und den stormanischen Ort Schiffbek waren die Aufstandsversuche innerhalb weniger Stunden niedergeschlagen. Einzig in Barmbek, wo bei der vorigen Wahl etwa 20 Prozent der Wähler für die KPD gestimmt hatten, erhielten die Aufständischen Unterstützung aus der Bevölkerung, die sich beim Barrikadenbau beteiligte und die Aufständischen mit Lebensmitteln versorgte. Hier konnten diese sich unter dauerndem Gewehrfeuer den Tag über halten. In der Nacht verließen sie, von der Aussichtslosigkeit der Lage überzeugt, heimlich ihre Stellungen, so dass der Großangriff der Hamburger Polizei am nächsten Tag ins Leere lief.
Folgen
Der Aufstand forderte insgesamt mindestens 100 Todesopfer und mehr als 300 Verwundete. 17 der Toten waren Polizisten, 24 Aufständische und 61 unbeteiligte Zivilisten. 1400 Personen wurden festgenommen. Der größte Prozess gegen insgesamt 191 Aufrührer fand ab Februar 1925 im Landgericht Altona wegen der Schiffbeker Unruhen statt.
Langfristig trug der Aufstand maßgeblich dazu bei, das Klima zwischen den beiden Arbeiterparteien zu vergiften. Die Sozialdemokraten weigerten sich in der Folge, mit der KPD zusammenzuarbeiten. Zudem verstärkten sie, sofern in Regierungspositionen, die Repressionen gegen die KPD, was wiederum die Ablehnung von Republik und SPD durch die KPD verstärkte.
Innerhalb der KPD selbst wurde, besonders nach der Wahl des Aufstandsführers Ernst Thälmann zum Vorsitzenden der Partei, ein Heldenmythos um den Aufstand entwickelt, der besonders auf die kleine Zahl, den aussichtslosen Kampf und den Heldenmut der Aufständischen setzte. Die innerhalb der Partei vorherrschende Bewertung deutete die Niederlage vor allem als Folge der zu wenig zentralisierten und zu wenig auf Parteigehorsam ausgerichteten Parteistrukturen, die folgerichtig gestärkt werden mussten. So Thälmann im Parteiorgan Die Rote Fahne:
„Unsere Partei als Ganzes war noch viel zu unreif, um diese Fehler der Führung zu verhindern. So scheiterte im Herbst 1923 die Revolution am Fehlen einer ihrer wichtigsten Voraussetzungen: dem Bestehen einer bolschewistischen Partei.“[1]
Teile des bürgerlichen Lagers sahen ihre Ängste vor Bolschewismus und Revolution bestätigt und setzten stärker auf eine antidemokratische Reaktionspolitik. Infolgedessen konnte die Deutschnationale Volkspartei ihren Stimmenanteil bei den Reichstagswahlen 1924 in Hamburg von zwölf auf etwa 20 Prozent steigern, fiel jedoch 1928 wieder auf etwa zwölf Prozent zurück.[2]
Der Aufstand wurde unter anderem in dem 1954 in der DDR gedrehten Spielfilm Ernst Thälmann – Sohn seiner Klasse thematisiert. Für das Scheitern wird die KPD-Führung um Heinrich Brandler verantwortlich gemacht. Diese habe verhindert, dass auch in anderen Städten Kämpfe stattfanden.
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