Dr. August Oetker KG
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Dr. August Oetker KG
Die Dr. August Oetker KG mit dem Stammsitz in der ostwestfälischen Stadt Bielefeld ist einer der größten international tätigen deutschen Familienkonzerne. Dabei ist die Dr. August Oetker KG die Holding der Oetker-Gruppe. Unter diesem Namen tritt der Konzern in der Öffentlichkeit auf.
Rechtsform Kommanditgesellschaft
Gründung 1891
Sitz Bielefeld, Deutschland
Mitarbeiter 28.354 (2014)[1]
Umsatz 10.934 Mio. EUR (2014)[1]
Branche Nahrungsmittel, Getränke, Schifffahrt, Finanzwesen, Hotelgewerbe und Verlagswesen
Website www.oetker-gruppe.de
Zur Oetker-Gruppe gehören an die 400 Firmen aus verschiedenen Branchen. Der Umsatz der konsolidierten Unternehmen beträgt für das Geschäftsjahr 2013 knapp 11 Mrd. Euro. Die Oetker-Gruppe beschäftigt dabei weltweit rund 27.000 Mitarbeiter.
Im Ranking der 500 größten Familienunternehmen in Deutschland der Zeitschrift Wirtschaftsblatt aus dem Jahr 2013 nimmt das Unternehmen den 13. Platz ein.[2]
Geschichte
Gründungsphase
Patent Backpulver
Im Januar des Jahres 1891 übernahm August Oetker in der ostwestfälischen Stadt Bielefeld die Aschoff’sche Apotheke. Sie war eine von vier Apotheken in der Stadt. Zuvor war er mit seiner kleinen Familie in Berlin nach Abschluss seiner Ausbildung mit ersten Geschäftstätigkeiten aufgefallen. Sie hatten jedoch nicht funktioniert. In Bielefeld angekommen baute er in der alten Apotheke zunächst das Laboratorium aus und kündigte die Übernahme der Apotheke in einer Annonce an: „Mein Bestreben wird es sein, einen jeden, welcher mein Offizin mit seinem Vertrauen beehrt, auf das beste zu bedienen.“[RJ 1]
Hier wollte er experimentieren und neue Ideen umsetzen. Zu den ersten Erzeugnissen gehörten ein Gesundheitskakao, eine Fußcreme und eine Warzentinktur. Die Umsätze stiegen, nicht zuletzt weil es Oetker gelang, neben den Waren auch immer sein Wissen mit zu verkaufen.[RJ 2] Im Laboratorium der Apotheke sowie im Haus Müller der gleichnamigen Bäckerei führte er erste Experimente zur Herstellung von Backpulver durch. Er kannte die Backvorgänge aus der Backstube seines Vaters, der in Obernkirchen Bäcker gewesen war. Ziel war es, den Brotteig aufzulockern, bis dato hatte man dazu Sauerteig oder Hefe genommen, das war allerdings etwas umständlich. In England war man schon Mitte des 19. Jahrhunderts darauf gekommen, dem Teig Substanzen beizumischen, die Kohlendioxid entwickelten. In Deutschland hatte der Chemiker Justus Liebig in diese Richtung experimentiert, seine Stoffe waren jedoch nicht sehr lange haltbar.[RJ 3] Einer seiner Schüler hatte die Idee nach Amerika mitgenommen und dort industriell mit Natron und Weinsäure umgesetzt. Davon berichtete, so Rüdiger Jungbluth in seinem Buch, ein Verwandter von Oetker nach Bielefeld. War das die Idee, die Oetker nun umsetzte? Unstrittig ist jedenfalls, dass Oetker das Backpulver nicht erfunden hat.[RJ 3] 1891 zeigte Oetker sein Backpulver an und verkaufte es in kleinen Tüten à 10 Pfennige, passend für ein Pfund Mehl. Ein Preis, der äußerst geschickt gewählt war, die kleine Menge kostete ihn fast nichts. Zudem setzte er sein Renommee auf seinen Titel als Doktor. Dieser Doktor, so stellt er es der Öffentlichkeit dar, vertreibt einen neuen, garantiert funktionierenden Hilfsstoff für die Bäckerei. Oetker setzte damit auf sein Renommee, auf Gesundheit und Qualität. Diese Werbestrategie war die eigentliche Erfindung von Oetker, die sein Produkt so erfolgreich machte.
10g-Backin-Packung (1902)
Zudem unterstützte er den Wissenstransport an die Kunden, indem er schon bald ein eigenes Backbuch herausgab, in dem Rezepte mit seinem Backpulver verbreitet wurden. Ebenfalls fanden sich Rezeptvorschläge auf den Backin-Packungen. Dies ist einer der ersten erfolgreichen Anwendungsfälle von Content Marketing überhaupt. Gleichzeitig war er auf den Messen vertreten, so gewann er auf einer Kochkunstausstellung in Hamburg eine Goldmedaille, über die er dann in seinen Zeitungsanzeigen berichtete.[RJ 4]
Oetker war sich der Wirkung der Werbung sehr bewusst: „Wie kann die Welt wissen, dass du etwas Gutes tust, wenn du es ihr nicht anzeigst?“[RJ 5] 1908 wurde die erste Werbeabteilung eingerichtet. Diese formuliert das Ziel, dass in jeder Zeitung in einem Ort mit mehr als 3000 Einwohnern Annoncen geschaltet wurden.[RJ 6]
Nachdem die Idee des portionierten Backpulvers beim Kunden ankam, gründete Oetker 1900 eine Fabrik in der Lutterstraße in Bielefeld, dem heutigen Stammhaus. Von hier aus belieferte er bald das gesamte Deutsche Reich mit Backpulver. Es folgte die Entwicklung weiterer Produkte wie Puddingpulver, Aromen und Speisestärke. Bis zu 100.000 Päckchen wurden hier täglich ausgeliefert.
Oetkers Arbeitsdisziplin war berüchtigt. Seine Regeln formulierte er 1908 und hängte sie im Betrieb auf:
Arbeite, arbeite unter Anspannung aller Kräfte.
Sei sparsam!
Die Zeit ist dein Kapital, jede Minute muss dir Zinsen bringen!
Er schuf bessere Arbeitsbedingungen für seine Arbeiter und ließ in seinem Betrieb eine Lehrküche einrichten, die der Ausbildung der Arbeiterinnen diente, um sie auf die Ehe vorzubereiten.[RJ 7]
Schon nach einem Jahr entstand ein zweites Fabrikgebäude. Seine Vertreter bekamen die Anweisung, dass Oetkers Produkte ab 1907 in jedem Geschäft vertreten sein müssten.[RJ 8]
Sein Unternehmen wuchs. 1904 stellte August seinen jüngeren Bruder Eduard Oetker, einen Naturwissenschaftler, als Leiter des Labors ein. 1906 folgte sein Bruder Louis Oetker, der den Außendienst und die Werbeabteilung übernahm. 1913 starb Eduard im Alter von 38 Jahren an Krebs, Louis hatte ein Jahr vorher Bielefeld verlassen und in Hameln den Betriebsteil Resse übernommen.
Erster Weltkrieg und die Folgen
Werbung für Dr. Oetker's Produkte von 1903
Das Ehepaar August und Karoline Oetker hatte einen Sohn, den am 17. November 1889 noch in Berlin geborenen Rudolf Oetker. Er wuchs auf in dem Bewusstsein, dass er das Unternehmen eines Tages übernehmen sollte. Die Arbeiter und Angestellten schätzten den Nachfolger. Er hatte das Ratsgymnasium in Bielefeld besucht und dann studiert. Am 4. März 1914 war er promoviert worden, der Titel seiner Doktorarbeit lautete: „Über neue Ester einiger Monosaccharide mit Essigsäure, Benzoesäure, Zimtsäure und Kaffeesäure.“[RJ 9] Danach trat er in das Unternehmen des Vaters ein. Doch bald schon brach der Erste Weltkrieg aus. Rudolf Oetker wurde zu den Ulanen eingezogen, bei denen er schon vorher gedient hatte. Doch schon nach einer Woche war er wieder zu Hause, musste jedoch mit seiner frisch angetrauten Frau Ida, geborene Meyer, nach Hannover, um dort Soldaten auszubilden. Nach viereinhalb Monaten musste er wieder an die Front nach Frankreich. Seit dem Jahreswechsel 1914/15 kämpfte er in der Gegend von Verdun, Oetker war dazu von den Ulanen zur Infanterie versetzt worden und führte eine Kompanie von 200 Soldaten. Bald bekam er das Eiserne Kreuz. Im Januar 1916 war er nochmal für kurze Zeit in Bielefeld. Am 8. März 1916 starb er in Verdun durch eine Kugel.
Damit hatte die Familie keinen direkten Nachfolger mehr, der die Fabrik weiterführen konnte, und musste sich neu strukturieren. Der gefallene Sohn hatte zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn. Beide waren noch klein und konnten die Fabrik nicht übernehmen. August Oetker verlor darüber seine Kraft und den Lebensmut. Der Tod des einzigen Sohns lastete auf ihm. Er regelte seine Nachfolge, indem er den Mitarbeiter Fritz Behringer zum Teilhaber und Geschäftsführer machte. Er sollte das Unternehmen für den Enkel weiterführen und dieses dann an ihn übergeben. Am 10. Januar 1918 starb August Oetker im Alter von 56 Jahren. Sein Enkel war da erst zwei Jahre alt.
Die Firma Oetker konnte durch die Kriegswirtschaft profitieren, indem sie Heeresaufträge bekam. Zudem wuchs die Nachfrage nach Backpulver, als die Behörden Ende 1915 verboten hatten, Hefe für Backwaren einzusetzen. 1918 lag der Umsatz doppelt so hoch wie 1914. Zudem hatte August die nationale Karte gespielt: „Deutsche Hausfrauen! Kauft von jetzt an nur noch das deutsche Gustin statt des englischen Mondamin.“[RJ 10]
Nach dem Ersten Weltkrieg
Ida Oetker überließ die Führung des Betriebs dem als Geschäftsführer eingesetzten Fritz Behringer. Sie heiratete 1919 Richard Kaselowsky, einen alten Jugendfreund von Oetker, der aus einer Bielefelder Industriellenfamilie kam.
Die Firma Dr. Oetker erzielte einen spektakulären Absatzerfolg, Folgen der durch den Krieg aufgestauten Nachfrage. Dies konnte nicht so bleiben, doch der 1920 einsetzende Einbruch in den Absatzzahlen war gewaltig, die Bestellungen fielen um 75 %. Oetker blieb auf seiner Ware sitzen und konnte die Rechnungen der Lieferanten nicht bezahlen. Die Schulden nahmen zu. Sein Lieferant für das biologische Säuerungsmittel Weinstein war die Chemische Fabrik vorm. Goldenberg, Geromont und Cie. aus Winkel im Rheingau, die in Deutschland das Alleinvertretungsrecht des amerikanischen Herstellers hatte. Beide Firmen waren voneinander abhängig und hatten ab 1916 kreuzweise Beteiligungen ausgehandelt. Aufgrund der Schulden von Oetker versuchte Goldenberg die Dr. Oetker zu übernehmen, indem man drohte, den Kredit fällig zu stellen. Dadurch wäre die Firma Dr. Oetker vom Markt verschwunden. Am 9. Februar 1921 starb der Geschäftsführer von Oetker, Behringer. Seine Nachfolger wurden Richard Kaselowsky neben Louis Oetker, einem Bruder des Firmengründers. Beide wurden am 1. März 1921 Teilhaber bei Dr. Oetker. Kaselowsky führte die Firma als Sachwalter für den minderjährigen Erben Rudolf-August Oetker, nicht als Eigentümer. Er führte einen neuen, harten Ton in den Verhandlungen mit Goldenberg ein: Dr. Oetker würde sich nicht übernehmen lassen, die Schulden würden bezahlt, dafür aber eine höhere Menge des Gewinns abgeführt.[RJ 11] Dieser Vertrag war im Umfeld der Kriegsschulden Deutschlands und der einsetzenden Inflation ein gewagtes Unterfangen. Die Ware konnte in den nächsten Jahren bei einer Inflationsrate von 1.300 % (1922) kaum noch mit wertvollem Geld bezahlt werden. In dem Vertrag mit Goldenberg war nicht von solchen Inflationsraten ausgegangen worden. Oetker musste kaum noch etwas für seine von Goldenberg gelieferten Rohstoffe zahlen, da der Preis der Rohstoffe nicht angepasst werden konnte, während der Verkauf der Oetkerwaren sich in immer größere Preisstufen erhöhte. Richard Kaselowsky weigerte sich, den Liefervertrag auf die inflationssichere Goldmark umzustellen. Das anschließende Gerichtsverfahren endete mit einem Vergleich, die Ware wurde zu realen Preisen bezahlt, aber die gegenseitige Beteiligung wurde aufgelöst, Oetker war wieder komplett in Familienhand.[RJ 12]
Nach der Währungsreform
Nach der Währungsreform 1923 ging es wieder aufwärts, Deutschland wurde von seinen Schulden befreit und die Unternehmen konnten wieder Kredite aufnehmen. Richard Kaselowsky entschloss sich 1924, ein Zweigwerk in Hamburg aufzumachen, um von dort aus den norddeutschen Raum zu beliefern. Gleichzeitig eröffnete er eine Produktionsstätte in Hamburg, wo das Familienmitglied Albert Oetker eine Marzipanfabrik betrieb. Ein weiteres Zweigwerk wurde in Danzig gegründet, um den osteuropäischen Raum zu versorgen. In Bielefeld wurde investiert und neue Abfüll- und Verpackungsanlagen in einem neuen Fabrikgebäude an der Steinmetzstraße eingerichtet.
Paul Sackewitz erweiterte die Werbung für Oetker. Dabei wurden neue Strategien umgesetzt. Unter anderem wurden mit Fahrzeugen auch die kleinsten Dörfer angefahren und dort Süßspeisen an die Kinder verteilt. In der anschließenden Dr.-Oetker-Backstunde wurden die Produkte unter das Volk gebracht und neue Kunden gewonnen. In den Großstädten wurden zusammen mit der Firma Henkel sogenannte Oetker- und Persilschulen eingerichtet.
Richard Kaselowsky expandierte und übernahm 1925 die Mehrheit an der renommierten Bielefelder Druck- und Verlagsgesellschaft E. Gundlach AG und übernahm den Vorsitz im Gundlach-Aufsichtsrat. Gundlach stellte neben den Verpackungen und Plakaten die Zeitung Westfälsche Neueste Nachrichten sowie weitere Fachzeitschriften und Bücher her. Hier liess Oetker in hoher Auflage Koch- und Backbücher drucken. Im Jahr 1930 saß Richard Kaselowsky laut Aktienhandbuch in mehreren Aufsichtsräten, und zwar bei der Chemischen Fabrik Budenheim AG in Mainz, bei der E. Gundlach AG, bei der Fleischwarenfabrik Vogt & Wolf Aktiengesellschaft in Gütersloh und bei der Deutschen Bank.
Von der anschließenden Weltwirtschaftskrise war Oetker ebenfalls betroffen und musste Personal entlassen.
NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg
Sitz der Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG in Bielefeld
Im Januar 1933 kam die NSDAP an die Macht; infolgedessen wurde der Geschäftsführer der Oetker-Werke, Richard Kaselowsky, am 1. Mai 1933 NSDAP-Mitglied. Nach der Reichstagswahl am 20. April 1933 prangte auf der von Oetker gestifteten Bielefelder Kunsthalle ein großes, hell leuchtendes Hakenkreuz und an der Fassade der Halle war ein riesiges Porträt Adolf Hitlers angebracht. Der direkt daneben liegende Bürgerpark wurde dann durch die Stadt Bielefeld in Adolf-Hitler-Park umbenannt.[RJ 13][3]
Richard Kaselowsky war seit 1933 der einzige Chef von Oetker, denn im September des Jahres 1933 war Louis Oetker gestorben.
Kaselowsky war auch Mitglied im „Freundeskreis Reichsführer SS“[4][RJ 14] Er spendete mehrmals an die NSDAP; zwei Großspenden von 40.000 Reichsmark aus dem Jahre 1943 und 1944 sind bekannt.[RJ 15] Im Jahr 1935 überließ der Oetker-Konzern seine in der Druckerei Gundlach hergestellte Zeitung „Westfälische Neueste Nachrichten“ der NSDAP, die diese mit der parteieigenen Zeitung „NS-Volksblatt für Westfalen“ vereinigte. Geld floss für diese Transaktion keines, zumal das Eigentum an der Zeitung und damit die Abgabe der wirtschaftlichen Kontrolle erst am 1. April 1940 in das Eigentum der NSDAP überging. Im Gegenzug erhielt Gundlach Druckaufträge der Partei.
Kaselowsky wurde am 9. September 1935 mit 24 weiteren Bielefelder Bürgern vom Beauftragten der NSDAP zum Ratsherren (für die gesetzliche Amtsdauer von sechs Jahren) berufen. Des Weiteren wurde er 1933 Vorstandsmitglied der Industrie- und Handelskammer und vom 18. Juli 1942 bis zum 15. Mai 1943 ihr Präsident.[5]
Seit 1933 ging es dem Unternehmen Oetker zunehmend besser. Das Hamburger Werk fuhr seit 1934 Doppelschichten. 1935/36 wurden die beiden Fabrikhallen in Bielefeld abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Hier wurde ein neuer großer Saal für Versammlungen integriert, bisher hatten diese immer in der Abfüllanlage stattgefunden.
Die Kriegswirtschaft konnte der Firma anfangs nichts anhaben. Puddingpulver gab es für einen separaten Abschnitt der Lebensmittelkarte. Zudem profitierte Oetker zunehmend von Staatsaufträgen: bei Gundlach wurden Lebensmittelmarken und Formulare für die NS-Bürokratie gedruckt. Einer der größten Aufträge von Grundlach in der Zeit war ein Auftrag des Zigarettenherstellers Reemtsma, für den eine Million Alben für Sammelbilder hergestellt wurden.
Im Jahr 1937 bekamen 30 Unternehmen in Deutschland von der Deutschen Arbeitsfront die Auszeichnung Nationalsozialistischer Musterbetrieb. In der Region Ostwestfalen wurde neben dem Kaffeehersteller Melitta auch Oetker ausgezeichnet. Die Musterbetriebe waren in einem Wettbewerb ermittelt worden.[RJ 16] 1938 bekam das Unternehmen ein Leistungsabzeichen für die vorbildliche Förderung der Einrichtung Kraft durch Freude.
Ebenfalls 1938 war Oetker mit einem eigenen Büro in Berlin vertreten, vor allem um in der Briefwirtschaft, wo man nicht mehr frei Rohstoffe einkaufen konnte, gute Kontakte zur dortigen Bürokratie zu haben.
1941 zog der Hamburger Zweigbetrieb in ein neues Gebäude ein, um die Produktion ausweiten zu können.
Am 13. Januar 1941 feierte Oetker sein 50-jähriges Betriebsjubiläum mit einer großen Feier in Bielefeld. In einem Grußwort schrieb Gauleiter Alfred Meyer: „Es gab eine Zeit, da es nicht populär war, sich zur Partei zu bekennen. Damals schon tat es Euer Betriebsführer.“[RJ 17]
Während von der Firma Oetker keine Zwangsarbeiter nachgewiesen werden konnten, waren bei der Oetker-Druckerei Gundlach einige beschäftigt. Ebenfalls wurden dort jüdische Mitarbeiter aus dem Betrieb gedrängt.[6] Ähnlich war es bei den mehrheitlich dem Oetker-Konzern gehörenden Adler Nähmaschinen-Werke, die komplett auf Kriegsrüstungsproduktion umgestellt hatten: Auch hier waren Zwangsarbeiter beschäftigt.[6]
1943 kooperierte die Firma Oetker mit der Waffen-SS und gründete die Hunsa-Forschungs-GmbH in Hamburg. Diese Firma sollte künstliche Nahrungsmittel aus Industrieabfällen herstellen. Laut Eintragung im Handelsregister sollte die Firma „die Förderung der Forschung auf dem gesamten Gebiet des Nahrungsmittelwesens und der Grundstoffe für die Erzeugung von Nahrungsmitteln, insbesondere auf dem Gebiet der Weiterverarbeitung von den in der Industrie sich ergebenden Neben- und Restprodukten“ betreiben.[7]
Richard Kaselowsky starb am 30. September 1944 bei einem Bombenangriff auf Bielefeld. Mit ihm starben seine Frau Ida und die beiden gemeinsamen Töchter. Der Enkel des Firmengründers, Rudolf-August Oetker, übernahm die Leitung der Firma und wurde vom Kriegsdienst freigestellt.[7]
Rudolf-August Oetker war seit Anfang der 1930er Jahre Mitglied der Reiter-SS. 1944 wurde er zur Waffen-SS eingezogen und kämpfte an der Ostfront. Nach dem Krieg wurde er im Internierungslager Staumühle bei Paderborn interniert. Als dort die Tätowierung seiner Blutgruppe unter der linken Achselhöhle entdeckt wurde, die ihn als Angehörigen der SS auszeichnete, wurde er vom Wachpersonal schwer misshandelt. Die gesundheitlichen Schäden hielten lange an, Oetker brauchte nach dem Zweiten Weltkrieg noch lange einen Stock. In dem Internierungslager musste er sich einem Entnazifizierungsverfahren stellen, über dessen Ausgang bis jetzt nichts bekannt geworden ist.[RJ 18]
Die Nähe der Unternehmensleitung zu Machthabern des Dritten Reiches wurde 2009 bis 2013 wissenschaftlich-kritisch aufgearbeitet. Im Oktober 2013 erschien das Buch „Dr. Oetker und der Nationalsozialismus“.[8][9][10]
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Rechtsform Kommanditgesellschaft
Gründung 1891
Sitz Bielefeld, Deutschland
Mitarbeiter 28.354 (2014)[1]
Umsatz 10.934 Mio. EUR (2014)[1]
Branche Nahrungsmittel, Getränke, Schifffahrt, Finanzwesen, Hotelgewerbe und Verlagswesen
Website www.oetker-gruppe.de
Zur Oetker-Gruppe gehören an die 400 Firmen aus verschiedenen Branchen. Der Umsatz der konsolidierten Unternehmen beträgt für das Geschäftsjahr 2013 knapp 11 Mrd. Euro. Die Oetker-Gruppe beschäftigt dabei weltweit rund 27.000 Mitarbeiter.
Im Ranking der 500 größten Familienunternehmen in Deutschland der Zeitschrift Wirtschaftsblatt aus dem Jahr 2013 nimmt das Unternehmen den 13. Platz ein.[2]
Geschichte
Gründungsphase
Patent Backpulver
Im Januar des Jahres 1891 übernahm August Oetker in der ostwestfälischen Stadt Bielefeld die Aschoff’sche Apotheke. Sie war eine von vier Apotheken in der Stadt. Zuvor war er mit seiner kleinen Familie in Berlin nach Abschluss seiner Ausbildung mit ersten Geschäftstätigkeiten aufgefallen. Sie hatten jedoch nicht funktioniert. In Bielefeld angekommen baute er in der alten Apotheke zunächst das Laboratorium aus und kündigte die Übernahme der Apotheke in einer Annonce an: „Mein Bestreben wird es sein, einen jeden, welcher mein Offizin mit seinem Vertrauen beehrt, auf das beste zu bedienen.“[RJ 1]
Hier wollte er experimentieren und neue Ideen umsetzen. Zu den ersten Erzeugnissen gehörten ein Gesundheitskakao, eine Fußcreme und eine Warzentinktur. Die Umsätze stiegen, nicht zuletzt weil es Oetker gelang, neben den Waren auch immer sein Wissen mit zu verkaufen.[RJ 2] Im Laboratorium der Apotheke sowie im Haus Müller der gleichnamigen Bäckerei führte er erste Experimente zur Herstellung von Backpulver durch. Er kannte die Backvorgänge aus der Backstube seines Vaters, der in Obernkirchen Bäcker gewesen war. Ziel war es, den Brotteig aufzulockern, bis dato hatte man dazu Sauerteig oder Hefe genommen, das war allerdings etwas umständlich. In England war man schon Mitte des 19. Jahrhunderts darauf gekommen, dem Teig Substanzen beizumischen, die Kohlendioxid entwickelten. In Deutschland hatte der Chemiker Justus Liebig in diese Richtung experimentiert, seine Stoffe waren jedoch nicht sehr lange haltbar.[RJ 3] Einer seiner Schüler hatte die Idee nach Amerika mitgenommen und dort industriell mit Natron und Weinsäure umgesetzt. Davon berichtete, so Rüdiger Jungbluth in seinem Buch, ein Verwandter von Oetker nach Bielefeld. War das die Idee, die Oetker nun umsetzte? Unstrittig ist jedenfalls, dass Oetker das Backpulver nicht erfunden hat.[RJ 3] 1891 zeigte Oetker sein Backpulver an und verkaufte es in kleinen Tüten à 10 Pfennige, passend für ein Pfund Mehl. Ein Preis, der äußerst geschickt gewählt war, die kleine Menge kostete ihn fast nichts. Zudem setzte er sein Renommee auf seinen Titel als Doktor. Dieser Doktor, so stellt er es der Öffentlichkeit dar, vertreibt einen neuen, garantiert funktionierenden Hilfsstoff für die Bäckerei. Oetker setzte damit auf sein Renommee, auf Gesundheit und Qualität. Diese Werbestrategie war die eigentliche Erfindung von Oetker, die sein Produkt so erfolgreich machte.
10g-Backin-Packung (1902)
Zudem unterstützte er den Wissenstransport an die Kunden, indem er schon bald ein eigenes Backbuch herausgab, in dem Rezepte mit seinem Backpulver verbreitet wurden. Ebenfalls fanden sich Rezeptvorschläge auf den Backin-Packungen. Dies ist einer der ersten erfolgreichen Anwendungsfälle von Content Marketing überhaupt. Gleichzeitig war er auf den Messen vertreten, so gewann er auf einer Kochkunstausstellung in Hamburg eine Goldmedaille, über die er dann in seinen Zeitungsanzeigen berichtete.[RJ 4]
Oetker war sich der Wirkung der Werbung sehr bewusst: „Wie kann die Welt wissen, dass du etwas Gutes tust, wenn du es ihr nicht anzeigst?“[RJ 5] 1908 wurde die erste Werbeabteilung eingerichtet. Diese formuliert das Ziel, dass in jeder Zeitung in einem Ort mit mehr als 3000 Einwohnern Annoncen geschaltet wurden.[RJ 6]
Nachdem die Idee des portionierten Backpulvers beim Kunden ankam, gründete Oetker 1900 eine Fabrik in der Lutterstraße in Bielefeld, dem heutigen Stammhaus. Von hier aus belieferte er bald das gesamte Deutsche Reich mit Backpulver. Es folgte die Entwicklung weiterer Produkte wie Puddingpulver, Aromen und Speisestärke. Bis zu 100.000 Päckchen wurden hier täglich ausgeliefert.
Oetkers Arbeitsdisziplin war berüchtigt. Seine Regeln formulierte er 1908 und hängte sie im Betrieb auf:
Arbeite, arbeite unter Anspannung aller Kräfte.
Sei sparsam!
Die Zeit ist dein Kapital, jede Minute muss dir Zinsen bringen!
Er schuf bessere Arbeitsbedingungen für seine Arbeiter und ließ in seinem Betrieb eine Lehrküche einrichten, die der Ausbildung der Arbeiterinnen diente, um sie auf die Ehe vorzubereiten.[RJ 7]
Schon nach einem Jahr entstand ein zweites Fabrikgebäude. Seine Vertreter bekamen die Anweisung, dass Oetkers Produkte ab 1907 in jedem Geschäft vertreten sein müssten.[RJ 8]
Sein Unternehmen wuchs. 1904 stellte August seinen jüngeren Bruder Eduard Oetker, einen Naturwissenschaftler, als Leiter des Labors ein. 1906 folgte sein Bruder Louis Oetker, der den Außendienst und die Werbeabteilung übernahm. 1913 starb Eduard im Alter von 38 Jahren an Krebs, Louis hatte ein Jahr vorher Bielefeld verlassen und in Hameln den Betriebsteil Resse übernommen.
Erster Weltkrieg und die Folgen
Werbung für Dr. Oetker's Produkte von 1903
Das Ehepaar August und Karoline Oetker hatte einen Sohn, den am 17. November 1889 noch in Berlin geborenen Rudolf Oetker. Er wuchs auf in dem Bewusstsein, dass er das Unternehmen eines Tages übernehmen sollte. Die Arbeiter und Angestellten schätzten den Nachfolger. Er hatte das Ratsgymnasium in Bielefeld besucht und dann studiert. Am 4. März 1914 war er promoviert worden, der Titel seiner Doktorarbeit lautete: „Über neue Ester einiger Monosaccharide mit Essigsäure, Benzoesäure, Zimtsäure und Kaffeesäure.“[RJ 9] Danach trat er in das Unternehmen des Vaters ein. Doch bald schon brach der Erste Weltkrieg aus. Rudolf Oetker wurde zu den Ulanen eingezogen, bei denen er schon vorher gedient hatte. Doch schon nach einer Woche war er wieder zu Hause, musste jedoch mit seiner frisch angetrauten Frau Ida, geborene Meyer, nach Hannover, um dort Soldaten auszubilden. Nach viereinhalb Monaten musste er wieder an die Front nach Frankreich. Seit dem Jahreswechsel 1914/15 kämpfte er in der Gegend von Verdun, Oetker war dazu von den Ulanen zur Infanterie versetzt worden und führte eine Kompanie von 200 Soldaten. Bald bekam er das Eiserne Kreuz. Im Januar 1916 war er nochmal für kurze Zeit in Bielefeld. Am 8. März 1916 starb er in Verdun durch eine Kugel.
Damit hatte die Familie keinen direkten Nachfolger mehr, der die Fabrik weiterführen konnte, und musste sich neu strukturieren. Der gefallene Sohn hatte zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn. Beide waren noch klein und konnten die Fabrik nicht übernehmen. August Oetker verlor darüber seine Kraft und den Lebensmut. Der Tod des einzigen Sohns lastete auf ihm. Er regelte seine Nachfolge, indem er den Mitarbeiter Fritz Behringer zum Teilhaber und Geschäftsführer machte. Er sollte das Unternehmen für den Enkel weiterführen und dieses dann an ihn übergeben. Am 10. Januar 1918 starb August Oetker im Alter von 56 Jahren. Sein Enkel war da erst zwei Jahre alt.
Die Firma Oetker konnte durch die Kriegswirtschaft profitieren, indem sie Heeresaufträge bekam. Zudem wuchs die Nachfrage nach Backpulver, als die Behörden Ende 1915 verboten hatten, Hefe für Backwaren einzusetzen. 1918 lag der Umsatz doppelt so hoch wie 1914. Zudem hatte August die nationale Karte gespielt: „Deutsche Hausfrauen! Kauft von jetzt an nur noch das deutsche Gustin statt des englischen Mondamin.“[RJ 10]
Nach dem Ersten Weltkrieg
Ida Oetker überließ die Führung des Betriebs dem als Geschäftsführer eingesetzten Fritz Behringer. Sie heiratete 1919 Richard Kaselowsky, einen alten Jugendfreund von Oetker, der aus einer Bielefelder Industriellenfamilie kam.
Die Firma Dr. Oetker erzielte einen spektakulären Absatzerfolg, Folgen der durch den Krieg aufgestauten Nachfrage. Dies konnte nicht so bleiben, doch der 1920 einsetzende Einbruch in den Absatzzahlen war gewaltig, die Bestellungen fielen um 75 %. Oetker blieb auf seiner Ware sitzen und konnte die Rechnungen der Lieferanten nicht bezahlen. Die Schulden nahmen zu. Sein Lieferant für das biologische Säuerungsmittel Weinstein war die Chemische Fabrik vorm. Goldenberg, Geromont und Cie. aus Winkel im Rheingau, die in Deutschland das Alleinvertretungsrecht des amerikanischen Herstellers hatte. Beide Firmen waren voneinander abhängig und hatten ab 1916 kreuzweise Beteiligungen ausgehandelt. Aufgrund der Schulden von Oetker versuchte Goldenberg die Dr. Oetker zu übernehmen, indem man drohte, den Kredit fällig zu stellen. Dadurch wäre die Firma Dr. Oetker vom Markt verschwunden. Am 9. Februar 1921 starb der Geschäftsführer von Oetker, Behringer. Seine Nachfolger wurden Richard Kaselowsky neben Louis Oetker, einem Bruder des Firmengründers. Beide wurden am 1. März 1921 Teilhaber bei Dr. Oetker. Kaselowsky führte die Firma als Sachwalter für den minderjährigen Erben Rudolf-August Oetker, nicht als Eigentümer. Er führte einen neuen, harten Ton in den Verhandlungen mit Goldenberg ein: Dr. Oetker würde sich nicht übernehmen lassen, die Schulden würden bezahlt, dafür aber eine höhere Menge des Gewinns abgeführt.[RJ 11] Dieser Vertrag war im Umfeld der Kriegsschulden Deutschlands und der einsetzenden Inflation ein gewagtes Unterfangen. Die Ware konnte in den nächsten Jahren bei einer Inflationsrate von 1.300 % (1922) kaum noch mit wertvollem Geld bezahlt werden. In dem Vertrag mit Goldenberg war nicht von solchen Inflationsraten ausgegangen worden. Oetker musste kaum noch etwas für seine von Goldenberg gelieferten Rohstoffe zahlen, da der Preis der Rohstoffe nicht angepasst werden konnte, während der Verkauf der Oetkerwaren sich in immer größere Preisstufen erhöhte. Richard Kaselowsky weigerte sich, den Liefervertrag auf die inflationssichere Goldmark umzustellen. Das anschließende Gerichtsverfahren endete mit einem Vergleich, die Ware wurde zu realen Preisen bezahlt, aber die gegenseitige Beteiligung wurde aufgelöst, Oetker war wieder komplett in Familienhand.[RJ 12]
Nach der Währungsreform
Nach der Währungsreform 1923 ging es wieder aufwärts, Deutschland wurde von seinen Schulden befreit und die Unternehmen konnten wieder Kredite aufnehmen. Richard Kaselowsky entschloss sich 1924, ein Zweigwerk in Hamburg aufzumachen, um von dort aus den norddeutschen Raum zu beliefern. Gleichzeitig eröffnete er eine Produktionsstätte in Hamburg, wo das Familienmitglied Albert Oetker eine Marzipanfabrik betrieb. Ein weiteres Zweigwerk wurde in Danzig gegründet, um den osteuropäischen Raum zu versorgen. In Bielefeld wurde investiert und neue Abfüll- und Verpackungsanlagen in einem neuen Fabrikgebäude an der Steinmetzstraße eingerichtet.
Paul Sackewitz erweiterte die Werbung für Oetker. Dabei wurden neue Strategien umgesetzt. Unter anderem wurden mit Fahrzeugen auch die kleinsten Dörfer angefahren und dort Süßspeisen an die Kinder verteilt. In der anschließenden Dr.-Oetker-Backstunde wurden die Produkte unter das Volk gebracht und neue Kunden gewonnen. In den Großstädten wurden zusammen mit der Firma Henkel sogenannte Oetker- und Persilschulen eingerichtet.
Richard Kaselowsky expandierte und übernahm 1925 die Mehrheit an der renommierten Bielefelder Druck- und Verlagsgesellschaft E. Gundlach AG und übernahm den Vorsitz im Gundlach-Aufsichtsrat. Gundlach stellte neben den Verpackungen und Plakaten die Zeitung Westfälsche Neueste Nachrichten sowie weitere Fachzeitschriften und Bücher her. Hier liess Oetker in hoher Auflage Koch- und Backbücher drucken. Im Jahr 1930 saß Richard Kaselowsky laut Aktienhandbuch in mehreren Aufsichtsräten, und zwar bei der Chemischen Fabrik Budenheim AG in Mainz, bei der E. Gundlach AG, bei der Fleischwarenfabrik Vogt & Wolf Aktiengesellschaft in Gütersloh und bei der Deutschen Bank.
Von der anschließenden Weltwirtschaftskrise war Oetker ebenfalls betroffen und musste Personal entlassen.
NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg
Sitz der Dr. August Oetker Nahrungsmittel KG in Bielefeld
Im Januar 1933 kam die NSDAP an die Macht; infolgedessen wurde der Geschäftsführer der Oetker-Werke, Richard Kaselowsky, am 1. Mai 1933 NSDAP-Mitglied. Nach der Reichstagswahl am 20. April 1933 prangte auf der von Oetker gestifteten Bielefelder Kunsthalle ein großes, hell leuchtendes Hakenkreuz und an der Fassade der Halle war ein riesiges Porträt Adolf Hitlers angebracht. Der direkt daneben liegende Bürgerpark wurde dann durch die Stadt Bielefeld in Adolf-Hitler-Park umbenannt.[RJ 13][3]
Richard Kaselowsky war seit 1933 der einzige Chef von Oetker, denn im September des Jahres 1933 war Louis Oetker gestorben.
Kaselowsky war auch Mitglied im „Freundeskreis Reichsführer SS“[4][RJ 14] Er spendete mehrmals an die NSDAP; zwei Großspenden von 40.000 Reichsmark aus dem Jahre 1943 und 1944 sind bekannt.[RJ 15] Im Jahr 1935 überließ der Oetker-Konzern seine in der Druckerei Gundlach hergestellte Zeitung „Westfälische Neueste Nachrichten“ der NSDAP, die diese mit der parteieigenen Zeitung „NS-Volksblatt für Westfalen“ vereinigte. Geld floss für diese Transaktion keines, zumal das Eigentum an der Zeitung und damit die Abgabe der wirtschaftlichen Kontrolle erst am 1. April 1940 in das Eigentum der NSDAP überging. Im Gegenzug erhielt Gundlach Druckaufträge der Partei.
Kaselowsky wurde am 9. September 1935 mit 24 weiteren Bielefelder Bürgern vom Beauftragten der NSDAP zum Ratsherren (für die gesetzliche Amtsdauer von sechs Jahren) berufen. Des Weiteren wurde er 1933 Vorstandsmitglied der Industrie- und Handelskammer und vom 18. Juli 1942 bis zum 15. Mai 1943 ihr Präsident.[5]
Seit 1933 ging es dem Unternehmen Oetker zunehmend besser. Das Hamburger Werk fuhr seit 1934 Doppelschichten. 1935/36 wurden die beiden Fabrikhallen in Bielefeld abgerissen und durch Neubauten ersetzt. Hier wurde ein neuer großer Saal für Versammlungen integriert, bisher hatten diese immer in der Abfüllanlage stattgefunden.
Die Kriegswirtschaft konnte der Firma anfangs nichts anhaben. Puddingpulver gab es für einen separaten Abschnitt der Lebensmittelkarte. Zudem profitierte Oetker zunehmend von Staatsaufträgen: bei Gundlach wurden Lebensmittelmarken und Formulare für die NS-Bürokratie gedruckt. Einer der größten Aufträge von Grundlach in der Zeit war ein Auftrag des Zigarettenherstellers Reemtsma, für den eine Million Alben für Sammelbilder hergestellt wurden.
Im Jahr 1937 bekamen 30 Unternehmen in Deutschland von der Deutschen Arbeitsfront die Auszeichnung Nationalsozialistischer Musterbetrieb. In der Region Ostwestfalen wurde neben dem Kaffeehersteller Melitta auch Oetker ausgezeichnet. Die Musterbetriebe waren in einem Wettbewerb ermittelt worden.[RJ 16] 1938 bekam das Unternehmen ein Leistungsabzeichen für die vorbildliche Förderung der Einrichtung Kraft durch Freude.
Ebenfalls 1938 war Oetker mit einem eigenen Büro in Berlin vertreten, vor allem um in der Briefwirtschaft, wo man nicht mehr frei Rohstoffe einkaufen konnte, gute Kontakte zur dortigen Bürokratie zu haben.
1941 zog der Hamburger Zweigbetrieb in ein neues Gebäude ein, um die Produktion ausweiten zu können.
Am 13. Januar 1941 feierte Oetker sein 50-jähriges Betriebsjubiläum mit einer großen Feier in Bielefeld. In einem Grußwort schrieb Gauleiter Alfred Meyer: „Es gab eine Zeit, da es nicht populär war, sich zur Partei zu bekennen. Damals schon tat es Euer Betriebsführer.“[RJ 17]
Während von der Firma Oetker keine Zwangsarbeiter nachgewiesen werden konnten, waren bei der Oetker-Druckerei Gundlach einige beschäftigt. Ebenfalls wurden dort jüdische Mitarbeiter aus dem Betrieb gedrängt.[6] Ähnlich war es bei den mehrheitlich dem Oetker-Konzern gehörenden Adler Nähmaschinen-Werke, die komplett auf Kriegsrüstungsproduktion umgestellt hatten: Auch hier waren Zwangsarbeiter beschäftigt.[6]
1943 kooperierte die Firma Oetker mit der Waffen-SS und gründete die Hunsa-Forschungs-GmbH in Hamburg. Diese Firma sollte künstliche Nahrungsmittel aus Industrieabfällen herstellen. Laut Eintragung im Handelsregister sollte die Firma „die Förderung der Forschung auf dem gesamten Gebiet des Nahrungsmittelwesens und der Grundstoffe für die Erzeugung von Nahrungsmitteln, insbesondere auf dem Gebiet der Weiterverarbeitung von den in der Industrie sich ergebenden Neben- und Restprodukten“ betreiben.[7]
Richard Kaselowsky starb am 30. September 1944 bei einem Bombenangriff auf Bielefeld. Mit ihm starben seine Frau Ida und die beiden gemeinsamen Töchter. Der Enkel des Firmengründers, Rudolf-August Oetker, übernahm die Leitung der Firma und wurde vom Kriegsdienst freigestellt.[7]
Rudolf-August Oetker war seit Anfang der 1930er Jahre Mitglied der Reiter-SS. 1944 wurde er zur Waffen-SS eingezogen und kämpfte an der Ostfront. Nach dem Krieg wurde er im Internierungslager Staumühle bei Paderborn interniert. Als dort die Tätowierung seiner Blutgruppe unter der linken Achselhöhle entdeckt wurde, die ihn als Angehörigen der SS auszeichnete, wurde er vom Wachpersonal schwer misshandelt. Die gesundheitlichen Schäden hielten lange an, Oetker brauchte nach dem Zweiten Weltkrieg noch lange einen Stock. In dem Internierungslager musste er sich einem Entnazifizierungsverfahren stellen, über dessen Ausgang bis jetzt nichts bekannt geworden ist.[RJ 18]
Die Nähe der Unternehmensleitung zu Machthabern des Dritten Reiches wurde 2009 bis 2013 wissenschaftlich-kritisch aufgearbeitet. Im Oktober 2013 erschien das Buch „Dr. Oetker und der Nationalsozialismus“.[8][9][10]
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Teil 2
Wiederaufbau in der Nachkriegszeit
Blick auf das heutige Firmengelände
Das Unternehmen Oetker hatte den Krieg verhältnismäßig gut überstanden. An Gebäuden waren rund 40 % zerstört, die nötigen Rohstoffe fehlten. Oetker versuchte die Fabriken auszulasten indem sie die Produktion erweiterten und auch Gewürz- und Teetabletten sowie Mottenpulver produzierten. Als die Kunden wieder genug Angebot in den Läden fanden, wollten sie wieder Dr. Oetker haben. Es zahlte sich jetzt aus, dass Oetker in die Werbung investiert hatte und die Marke bei den Kunden bekannt war. In der Druckerei Gundlach konnten bald wieder ein paar Maschinen anlaufen und man druckte dort wieder Lebensmittelmarken.
Rudolf-August Oetker übernahm im September 1947 den Betrieb in Bielefeld, nach dem er aus dem Internierungslager entlassen worden war und wieder der Unternehmensleitung zur Verfügung stand.
Am 20. Juli 1948 erfolgte in der Bundesrepublik Deutschland die Währungsreform, um den Geldüberhang der alten Währung abzuschöpfen. Das neue Geld brachte der Wirtschaft in den Westzonen einen neuen Antrieb. Am Jahresende 1948 produzierte die Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland fast 80 % vom Vorkriegsniveau in dieser Region. Die neue Kaufkraft ermöglicht es Dr. Oetker seine Produkte wieder abzusetzen. Die Lebensmittelsparte sprang wieder an. Dr. Oetker kam mit der Produktion nicht nach. 1950 verkaufte Oetker 400 Millionen Päckchen Backpulver und 350 Millionen Päckchen Puddingpulver.
Diversifikation und Internationalisierung der Unternehmensgruppe
Das Verwaltungsgebäude der Hamburg Süd
Rudolf-August Oetker engagierte sich neben dem Nahrungsmittelgeschäft auch in anderen Branchen. Diese Diversifikation sollte Risiken ausgleichen. Sein Stiefvater Kaselowsky hatte schon in die Reederei Hamburg-Südamerikanische Dampfschifffahrtsgesellschaft investiert, 1936 kauft er ein Viertel der Aktien dieser Reederei und investierte damit erstmals außerhalb des Kerngeschäfts.[RJ 19] Diese Beteiligung wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ausgebaut, zunächst bis 49 % des Kapitals der Reederei im Jahr 1949. Dann wandelte Oetker die Reederei in eine Kommanditgesellschaft um und nutzte von 1950 bis 1954 die Steuergesetze der Bundesrepublik Deutschland, hier vor allem den § 7d des Einkommensteuergesetzes, wonach er die Kredite für den Neubau von Schiffen direkt von der Steuer absetzen konnte. Damit brauchte Oetker die hohen Gewinne aus der Herstellung von Nahrungsmitteln nicht zu versteuern und konnte sie direkt in die Reedereien investieren. Als Mitte der 1950er Jahre bei den haftenden Eigentümern der Generationswechsel anstand, ließ Oetker sich eintragen, sodass ihm dann die Reederei zur Gänze gehörte.[RJ 20]
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Oetker ein Aktienpaket am renommierten Hotel Brenner in Baden-Baden angeboten, das anschließend übernommen wurde. Dies bedeutete neben einer Geschäftsausweitung für die Oetkers einen Aufstieg zu den bedeutendsten Industriefamilien.[RJ 21] In den 1960er Jahren erwarb Oetker Beteiligungen an der Dortmunder Actien-Brauerei, der Binding-Brauerei und Berliner Kindl.[11]
Während Rudolf-August Oetker für die Diversifikation der Unternehmensgruppe stand, steht sein Sohn August Oetker d. J. (* 1944) heute für die Internationalisierung der Geschäfte der Oetker-Gruppe. Haupttätigkeitsfeld ist dabei, mit Ausnahme der Schifffahrt, Europa. Im November 2014 gab die Unternehmensgruppe ihre Absicht zum Markteintritt in Mexiko durch Übernahme von D’Gari, dem dort führenden Hersteller von Gelatineprodukten wie Götterspeise, bekannt.[12]
Verantwortlich für Strategie und Ausrichtung der Gruppe ist die fünfköpfige Gruppenleitung, deren Mitglieder zugleich für je einen der Geschäftsbereiche Verantwortung tragen.
Standort Hamburg
Bielefeld war traditionell der Hauptstandort von Dr. Oetker in Deutschland. Doch schon in den 1930er Jahren wurden in Hamburg, Danzig und bei Wien Fabrikationsanlagen gebaut, in Berlin entstand ein Büro. Der Hamburger Standort wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ausgebaut, der zusätzliche Geschäftszweig Reederei stärkte diesen Standort. Um dem gerecht zu werden kaufte Dr. Oetker 1953 die repräsentative Stadtvilla „In de Bost“ in Hamburg. Ausgebaut wurde diese Immobilie von Cäsar Pinnau, einem der wichtigsten Auftragnehmer von Albert Speer, der nach dem Krieg viel für Dr. Oetker gebaut hat. Zeitweise wurde der Konzern von Hamburg aus geleitet. Im Streit um die Kunsthalle Bielefeld drohte August Oetker den Sitz nach Hamburg zu verlegen.
Diskussion um die Bielefelder Kunsthalle
Bielefelder Kunsthalle
Seiner Vaterstadt Bielefeld blieb der Konzernlenker Oetker immer verbunden. Seine Mutter Karoline hatte der Stadt eine Eisbahn vermacht. Er kam in den 1960er Jahren auf die Idee der Stadt Bielefeld eine Kunsthalle zu schenken. Dazu gelang es Oetker den amerikanischen Architekten Philip Johnson zu gewinnen. Im Herbst 1968 sollte die Kunsthalle unter dem Namen „Richard-Kaselowsky-Haus – Kunsthalle der Stadt Bielefeld“ eingeweiht werden. Doch es regte sich Widerstand. Bielefelds außerparlamentarische Opposition protestierte gegen die Namensgebung nach einem Mann, der Mitglied im Freundeskreis Himmlers gewesen war. Infolge dieser breit gestreuten Informationen formierte sich der Protest und als auch die kirchliche Jugend, die Sportvereine und die Pfadfinder sich anschlossen, überließ Dr. Oetker es dem Rat der Stadt die Namensgebung zu korrigieren. Der rückte jedoch von seiner Idee nicht ab. Im Vorfeld der Einweihung der Kunsthalle, zu der 1200 Gäste und Politiker geladen waren, kam es zu vielen Absagen, darunter der Präses der evangelischen Kirche Ernst Wilm und der Ministerpräsident Heinz Kühn nebst seinen Ministern. Kühn schrieb in einem Brief, dass er es nicht für richtig halte jemanden zu ehren, „der immerhin dabei mitgemacht hat solche, die verbrecherisch an unserem Volk gewirkt haben, zu unterstützen.“ Oetker sagte die Eröffnungsfeier ab und schrieb einen offenen Brief an die Stadt in dem er nochmals die Wahl des Namens begründete. Dort heißt es unter anderem: „dass trotz des politischen Irrtums, den mein Vater begangen hat, seine Verdienste in Bielefeld schwerer wogen“[RJ 22] Der Komponist Hans Werner Henze, der die Eröffnungsmusik komponiert hatte und dann ob der Diskussion zurückzog schrieb in der Zeitung Die Zeit, der Ausgang im Namensstreit illustriere „fast klischeehaft den Einfluss der Industrieherrschaft auf öffentliche Belange der von ihr abhängigen Massen.“[RJ 23]
Entführung von Richard Oetker
Richard Oetker, der Sohn des Konzernlenkers, wurde im Dezember 1976 auf dem Heimweg aus der Technischen Universität München-Weihenstephan in Freising durch den Automobilmechaniker Dieter Zlof entführt. Er wurde in eine Kiste gesperrt und beim Transport durch einen Stromschlag schwer verletzt, der laut Zlofs Aussage irrtümlich ausgelöst worden war. Gegen die Bereitstellung von einem Lösegeld in Höhe von 21 Millionen DM, einer Summe die zu jener Zeit die höchste Lösegeldforderung in der Geschichte Deutschlands war, wurde Richard Oetker freigelassen. Zlof wurde gefasst und anschließend, da er leugnete und seine Unschuld beteuerte, in einem Indizienprozess am 9. Juni 1980 zu einer Höchststrafe von 15 Jahren verurteilt. Das Lösegeld tauchte nicht auf. Erst nach Verbüßen der Strafe versuchte Zlof 1997 das beschädigte Geld umzutauschen und wurde dabei erneut festgenommen. Richard Oetker hatte lange unter den Folgen der Entführung zu leiden, blieb aber überraschend gelassen. Der Spiegel schrieb zu seinem Verhalten im Prozess gegen Zlof:
„Richard Oetkers Aussagen sind makellos. So schwer er gezeichnet wurde, so inständig ist er bemüht, nichts Leichtfertiges zu sagen. Man kann sich als Opfer einer Tat nicht fairer, nicht menschlicher verhalten.“[RJ 24]
Die Entführung, der Prozess und nach der 15-jährigen Haft auch das endgültige Geständnis Zlofs, das er mit einer Veröffentlichung in einem Buch inszenierte,[13] waren äußerst öffentlichkeitswirksam und prägten die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Richard Oetker sah sich in einer Weise mit der Öffentlichkeit konfrontiert, die anschließend eine Begründung lieferte, sich mit der Familie aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen.
Entwicklung unter Richard Oetker
Am 1. Januar 2010 hat August Oetker den Vorsitz im Beirat des Unternehmens übernommen und die Geschäftsführung der Dr. Oetker GmbH an seinen Bruder Richard übergeben. Damit verbunden war die Übertragung der Funktion des persönlich haftenden Gesellschafters der Unternehmensgruppe als Kommanditgesellschaft.[14]
Personen der Firmengeschichte
August Oetker (1862–1918)
Richard Kaselowsky (1888–1944)
Rudolf-August Oetker (1916–2007)
August Oetker (* 1944)
Richard Oetker (* 1951)
Struktur der Oetker-Gruppe
Unternehmensstruktur
Zur Oetker Gruppe gehören heute mehr als 400 Firmen in unterschiedlichen Branchen. Sie werden in sechs Geschäftsbereiche unterteilt.[15]
Organigramm der Oetker-Gruppe Oetker-Gruppe
Nahrungsmittel Bier und alkoholfreie Getränke Sekt, Wein und Spirituosen Schifffahrt Bank Weitere Interessen
Dr. Oetker GmbH Radeberger Gruppe KG Henkell & Co. Sektkellerei KG Hamburg Südamerikanische Dampfschifffahrts-Gesellschaft KG Bankhaus Lampe Dr. August Oetker Finanzierungs- und Beteiligungs-GmbH
Nahrungsmittel
Zum Geschäftsbereich Nahrungsmittel zählen sowohl die Marke Dr. Oetker als auch mehrere im Großverbrauchergeschäft arbeitende Firmen: Dr. Oetker Food-Service, Martin Braun, Agrano und Eto. 1995 übernahm Oetker die Opekta, 2004 dann Onken. Der Jahresumsatz des Geschäftsbereichs Nahrungsmittel betrug 2012 insgesamt über 2,5 Mrd. Euro. Umsatzstärkstes Produkt im Nahrungsmittelbereich ist heute allerdings nicht mehr das Backpulver, sondern die Tiefkühlpizza.
Bier und alkoholfreie Getränke
Der Geschäftsbereich Bier und alkoholfreie Getränke wird durch die Radeberger Gruppe gesteuert. Unter diesem Dach werden bekannte Marken geführt wie Radeberger Pilsner, Urkrostitzer, Jever, Freiberger, Sternburg (Braustätte: Leipzig), Allgäuer Brauhaus (Braustätte: Leuterschach bei Marktoberdorf, Verwaltung: Kempten), Schöfferhofer Weizen, Tucher Bräu, Brinkhoff’s und weitere Dortmunder Biere, Wicküler, Schlösser, Binding, Gilden, Küppers, Kurfürsten, Sion, Sester, Berliner Pilsner, Bionade und Selters, welches aber nicht mit dem Selterswasser aus Niederselters zu verwechseln ist, dessen Name ein Synonym für Mineralwasser ist. Der Umsatz dieses Geschäftsbereichs betrug 2012 insgesamt über 1,8 Mrd. Euro. Anfang 2008 übernahm die Radeberger Gruppe den Getränkegroßhändler Essmann-Getränke aus Lingen (Ems).
Sekt, Wein und Spirituosen
Im Geschäftsbereich Sekt, Wein und Spirituosen ist die Henkell & Co. Sektkellerei das Leitunternehmen. Die Sektmarken Henkell Trocken, Fürst von Metternich, Deinhard und die Spirituosen-Marken Wodka Gorbatschow, Kuemmerling und Pott Rum sind nur einige Marken dieses Geschäftsbereichs, dessen Umsatz sich auf über 670 Mio. Euro beläuft (2012).
Schifffahrt
Die größte Sparte der Oetker-Gruppe ist der Geschäftsbereich Schifffahrt, er umfasst vor allem die Reedereigruppe Hamburg Süd. Die brasilianische Reederei Aliança gehört ebenfalls zum Geschäftsbereich und ist mit 30 % am neuen Tecon Santa Catarina Containerterminal in Itapoá im Bundesstaat Santa Catarina beteiligt. Der Geschäftsbereich erzielte 2012 einen Umsatz von über 5,4 Mrd. Euro. Zu 80 % wird der Umsatz in Containerdiensten im Nord-Süd- und Süd-Nord-Verkehr erzielt, zu 20 % in der Trampschifffahrt.
Bank
Im Geschäftsbereich Bank ist das Bankhaus Lampe tätig, dessen Geschäftsvolumen 2012 bei rund 3,1 Mrd. Euro lag. Bis September 2008 gehörte die Versicherung Condor, deren verdiente Beiträge sich auf deutlich über 300 Mio. Euro beliefen, zur Oetker-Gruppe. Diese wurde an die R+V Versicherung verkauft.
Weitere Interessen
Der Geschäftsbereich Weitere Interessen schließt Chemische Fabrik Budenheim, Dr. Oetker Verlag sowie die Oetker Collection mit einigen Hotels des oberen Preissegments wie zum Beispiel das Brenners Park-Hotel & Spa in Baden-Baden und das Le Bristol in Paris ein. Weiterhin werden hier unter dem Namen Dr. August Oetker Finanzierungs- und Beteiligungs-GmbH unter anderem die Douglas Holding AG geführt. Der Geschäftsbereich erzielte 2012 einen Gesamtumsatz von 454 Mio. Euro.
Unternehmensführung
Die Oetker-Gruppe wird zentral gesteuert, aber dezentral geführt: Verantwortlich für Strategie und Ausrichtung der Gruppe ist die fünfköpfige Gruppenleitung.[16]
Ottmar Gast (Schifffahrt; Sprecher der Geschäftsführung der Hamburg Südamerikanischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft KG (Hamburg Süd))
Richard Oetker (Bier und alkoholfreie Getränke, Nahrungsmittel; Vorsitzender der Geschäftsführung der Dr. Oetker GmbH)
Ernst F. Schröder (Bank; weitere Interessen: Finanzen, Controlling, Recht, Chemie, Hotels)
Albert Christmann (Bank; weitere Interessen: Finanzen, Controlling, Recht, Chemie, Hotels ab 1. Januar 2014)
Erlfried Baatz(Sekt, Wein und Spirituosen; Sprecher Geschäftsführung der Henkell & Co. Sektkellerei KG)
Alle Mitglieder der Gruppenleitung sind persönlich haftende Gesellschafter.
Kontrolliert wird diese Gruppenleitung durch den siebenköpfigen Beirat, der die Beratungs-, Kontroll- und Vetofunktion ausübt.
August Oetker (Vorsitzender des Beirats und Gesellschafter der Dr. August Oetker KG)
Alfred Oetker (Gesellschafter der Dr. August Oetker KG)
Rudolf Louis Schweizer (Schweizer Group KG und Gesellschafter der Dr. August Oetker KG)
Ulrich Lehner (Ehem. Vorsitzender der Geschäftsführung und persönlich haftender Gesellschafter der Henkel KGaA)
Christoph v. Grolman (Managing Director TBG. Ltd.)
Carsten Spohr (Vorsitzender des Vorstandes der Deutsche Lufthansa AG)
W. Andreas Jacobs (Verwaltungsratspräsident der Barry Callebaut AG und Mitglied des Vorstandes der Jacobs Holding AG)
Anteilseigner
Die Oetker Gruppe ist ein Familienunternehmen. Der vorletzte Vorsitzende der Geschäftsführung Rudolf-August Oetker hat den Konzern im Generationswechsel an seine Kinder und Enkel aufgeteilt:[17]
Gräfin Bergit Douglas, Frankfurt am Main, 14,286 % Anteil
Alfred Oetker, Bielefeld, 14,286 % Anteil
Carl Ferdinand Oetker, Bielefeld, 14,286 % Anteil
Richard Oetker, Bielefeld, 14,286 % Anteil
Rosely Schweizer, Murrhardt, 14,286 % Anteil
Christian Oetker, Bielefeld, 14,285 % Anteil
Julia Johanna Oetker, Bielefeld, 14,285 % Anteil
Standorte
Oetker produziert unter eigenem Namen weltweit an folgenden Standorten:[18]
Deutschland
Am Gründungsort Bielefeld entstanden vor der Jahrhundertwende die ersten Fabriken, doch schon in den 1930er Jahren expandierte Oetker und eröffnete im nahegelegenen Oerlinghausen einen weiteren Standort. Weitere Standorte sind heute: Wittenburg in Mecklenburg-Vorpommern, Wittlich in Rheinland-Pfalz, Moers in Nordrhein-Westfalen und Ettlingen in Baden-Württemberg. Seit Ende 2010 sind alle inländischen Werke umwelttechnisch zertifiziert.
International
In Frankreich gibt es die Standorte Schirmeck und Straßburg.
Das italienische Werk liegt in Desenzano.
In Polen wurde schon in den 1930er Jahren ein Werk in Danzig aufgebaut. Dort ist Oetker heute neben dem Standort Lebc und dem Werk in Płock vertreten.
In Ungarn findet sich Oetker in Jannossomorja, in Tschechien in Kladno.
In Österreich findet sich Oetker in Villach.
Weitere Werke gibt es in Rumänien und Brasilien.
Öffentliche Wahrnehmung
Logo des Konzerns Dr. Oetker
Als um die Jahrhundertwende, acht Jahre nach dem ersten Verkauf von Backin-Backpulver, die ersten Konkurrenten auftraten, setzte Oetker ein Unternehmenslogo ein, das den populären Slogan „Ein heller Kopf verwendet nur Dr. Oetker’s Backpulver“ mit aufnahm. Der rot-weiße Hellkopf, Silhouette der Tochter eines Grafikers, signalisiert Qualität und Markentreue gegenüber den unbekannten Konkurrenten.[19]
Umweltschutz
Das Unternehmen gibt an, es wolle die in Deutschland erreichten Umweltstandards grundsätzlich auch in den ausländischen Standorten realisieren. 1995 wurde August Oetker zum „Ökomanager des Jahres“ gewählt.[20] Seit 1994 gibt das Unternehmen regelmäßig einen Umweltbericht heraus, 2004 folgte eine Nachhaltigkeitsberichterstattung. 2010 waren alle inländischen Werke nach den Umwelttechnischen Kriterien zertifiziert.
Dr. Oetker Welt
2005 entstand auf dem Firmengelände in Bielefeld im alten Puddingpulverturm die Dr. Oetker Welt. Hier wurde noch bis 2001 produziert, jetzt ist das Gebäude unter dem Gesichtspunkt dass die alte Bausubstanz zu nutzen sei, umgebaut worden.[21] Dabei ist das Gebäude unter museumspädagogischen Gesichtspunkten eingerichtet worden. Dargestellt wird die Entstehung, Produktion und Produkte des Familienunternehmens. Weitere Themen sind die Marke und die Werbung.[22]
Soziales und kulturelles Engagement
Die Familie Oetker und das Unternehmen stifteten die 1930 erbaute Rudolf-Oetker-Halle und finanzierten den Bau der 1968 eröffneten Bielefelder Kunsthalle. Rudolf-August Oetker, Enkel des Firmengründers, verfügte, dass das Haus nach seinem Stiefvater Richard Kaselowsky benannt wird. Als sich angesichts von Kaselowskys Vergangenheit der Bielefelder Stadtrat 1998 endgültig dagegen entschied, kündigte Oetker seine finanzielle Unterstützung auf und zog seine Leihgaben zurück.
Ebenfalls auf die Familie Oetker geht die in Bielefeld gelegene Oetker-Eisbahn zurück. Die Rudolf-August Oetker-Stiftung unterstützt Projekte in Kultur, Kunst, Wissenschaft und Umwelt. Die Ida und Richard Kaselowsky Stiftung ist auf soziale bzw. wohltätige Zwecke ausgerichtet. Mit den SOS Kinderdörfern ist Oetker eine langfristige Zusammenarbeit eingegangen.[23]
Film
Die Oetkers. Dokumentarfilm, Deutschland, 2010, 45 Min., Buch und Regie: Manfred Oldenburg, Produktion: WDR, Reihe: Deutsche Dynastien, Erstausstrahlung: ARD, 15. November 2010, Online-Video, Inhaltsangabe (Memento vom 20. Januar 2011 im Internet Archive) der ARD.
Quelle - literatur & einzelnachweise
Blick auf das heutige Firmengelände
Das Unternehmen Oetker hatte den Krieg verhältnismäßig gut überstanden. An Gebäuden waren rund 40 % zerstört, die nötigen Rohstoffe fehlten. Oetker versuchte die Fabriken auszulasten indem sie die Produktion erweiterten und auch Gewürz- und Teetabletten sowie Mottenpulver produzierten. Als die Kunden wieder genug Angebot in den Läden fanden, wollten sie wieder Dr. Oetker haben. Es zahlte sich jetzt aus, dass Oetker in die Werbung investiert hatte und die Marke bei den Kunden bekannt war. In der Druckerei Gundlach konnten bald wieder ein paar Maschinen anlaufen und man druckte dort wieder Lebensmittelmarken.
Rudolf-August Oetker übernahm im September 1947 den Betrieb in Bielefeld, nach dem er aus dem Internierungslager entlassen worden war und wieder der Unternehmensleitung zur Verfügung stand.
Am 20. Juli 1948 erfolgte in der Bundesrepublik Deutschland die Währungsreform, um den Geldüberhang der alten Währung abzuschöpfen. Das neue Geld brachte der Wirtschaft in den Westzonen einen neuen Antrieb. Am Jahresende 1948 produzierte die Wirtschaft in der Bundesrepublik Deutschland fast 80 % vom Vorkriegsniveau in dieser Region. Die neue Kaufkraft ermöglicht es Dr. Oetker seine Produkte wieder abzusetzen. Die Lebensmittelsparte sprang wieder an. Dr. Oetker kam mit der Produktion nicht nach. 1950 verkaufte Oetker 400 Millionen Päckchen Backpulver und 350 Millionen Päckchen Puddingpulver.
Diversifikation und Internationalisierung der Unternehmensgruppe
Das Verwaltungsgebäude der Hamburg Süd
Rudolf-August Oetker engagierte sich neben dem Nahrungsmittelgeschäft auch in anderen Branchen. Diese Diversifikation sollte Risiken ausgleichen. Sein Stiefvater Kaselowsky hatte schon in die Reederei Hamburg-Südamerikanische Dampfschifffahrtsgesellschaft investiert, 1936 kauft er ein Viertel der Aktien dieser Reederei und investierte damit erstmals außerhalb des Kerngeschäfts.[RJ 19] Diese Beteiligung wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ausgebaut, zunächst bis 49 % des Kapitals der Reederei im Jahr 1949. Dann wandelte Oetker die Reederei in eine Kommanditgesellschaft um und nutzte von 1950 bis 1954 die Steuergesetze der Bundesrepublik Deutschland, hier vor allem den § 7d des Einkommensteuergesetzes, wonach er die Kredite für den Neubau von Schiffen direkt von der Steuer absetzen konnte. Damit brauchte Oetker die hohen Gewinne aus der Herstellung von Nahrungsmitteln nicht zu versteuern und konnte sie direkt in die Reedereien investieren. Als Mitte der 1950er Jahre bei den haftenden Eigentümern der Generationswechsel anstand, ließ Oetker sich eintragen, sodass ihm dann die Reederei zur Gänze gehörte.[RJ 20]
Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde Oetker ein Aktienpaket am renommierten Hotel Brenner in Baden-Baden angeboten, das anschließend übernommen wurde. Dies bedeutete neben einer Geschäftsausweitung für die Oetkers einen Aufstieg zu den bedeutendsten Industriefamilien.[RJ 21] In den 1960er Jahren erwarb Oetker Beteiligungen an der Dortmunder Actien-Brauerei, der Binding-Brauerei und Berliner Kindl.[11]
Während Rudolf-August Oetker für die Diversifikation der Unternehmensgruppe stand, steht sein Sohn August Oetker d. J. (* 1944) heute für die Internationalisierung der Geschäfte der Oetker-Gruppe. Haupttätigkeitsfeld ist dabei, mit Ausnahme der Schifffahrt, Europa. Im November 2014 gab die Unternehmensgruppe ihre Absicht zum Markteintritt in Mexiko durch Übernahme von D’Gari, dem dort führenden Hersteller von Gelatineprodukten wie Götterspeise, bekannt.[12]
Verantwortlich für Strategie und Ausrichtung der Gruppe ist die fünfköpfige Gruppenleitung, deren Mitglieder zugleich für je einen der Geschäftsbereiche Verantwortung tragen.
Standort Hamburg
Bielefeld war traditionell der Hauptstandort von Dr. Oetker in Deutschland. Doch schon in den 1930er Jahren wurden in Hamburg, Danzig und bei Wien Fabrikationsanlagen gebaut, in Berlin entstand ein Büro. Der Hamburger Standort wurde nach dem Zweiten Weltkrieg ausgebaut, der zusätzliche Geschäftszweig Reederei stärkte diesen Standort. Um dem gerecht zu werden kaufte Dr. Oetker 1953 die repräsentative Stadtvilla „In de Bost“ in Hamburg. Ausgebaut wurde diese Immobilie von Cäsar Pinnau, einem der wichtigsten Auftragnehmer von Albert Speer, der nach dem Krieg viel für Dr. Oetker gebaut hat. Zeitweise wurde der Konzern von Hamburg aus geleitet. Im Streit um die Kunsthalle Bielefeld drohte August Oetker den Sitz nach Hamburg zu verlegen.
Diskussion um die Bielefelder Kunsthalle
Bielefelder Kunsthalle
Seiner Vaterstadt Bielefeld blieb der Konzernlenker Oetker immer verbunden. Seine Mutter Karoline hatte der Stadt eine Eisbahn vermacht. Er kam in den 1960er Jahren auf die Idee der Stadt Bielefeld eine Kunsthalle zu schenken. Dazu gelang es Oetker den amerikanischen Architekten Philip Johnson zu gewinnen. Im Herbst 1968 sollte die Kunsthalle unter dem Namen „Richard-Kaselowsky-Haus – Kunsthalle der Stadt Bielefeld“ eingeweiht werden. Doch es regte sich Widerstand. Bielefelds außerparlamentarische Opposition protestierte gegen die Namensgebung nach einem Mann, der Mitglied im Freundeskreis Himmlers gewesen war. Infolge dieser breit gestreuten Informationen formierte sich der Protest und als auch die kirchliche Jugend, die Sportvereine und die Pfadfinder sich anschlossen, überließ Dr. Oetker es dem Rat der Stadt die Namensgebung zu korrigieren. Der rückte jedoch von seiner Idee nicht ab. Im Vorfeld der Einweihung der Kunsthalle, zu der 1200 Gäste und Politiker geladen waren, kam es zu vielen Absagen, darunter der Präses der evangelischen Kirche Ernst Wilm und der Ministerpräsident Heinz Kühn nebst seinen Ministern. Kühn schrieb in einem Brief, dass er es nicht für richtig halte jemanden zu ehren, „der immerhin dabei mitgemacht hat solche, die verbrecherisch an unserem Volk gewirkt haben, zu unterstützen.“ Oetker sagte die Eröffnungsfeier ab und schrieb einen offenen Brief an die Stadt in dem er nochmals die Wahl des Namens begründete. Dort heißt es unter anderem: „dass trotz des politischen Irrtums, den mein Vater begangen hat, seine Verdienste in Bielefeld schwerer wogen“[RJ 22] Der Komponist Hans Werner Henze, der die Eröffnungsmusik komponiert hatte und dann ob der Diskussion zurückzog schrieb in der Zeitung Die Zeit, der Ausgang im Namensstreit illustriere „fast klischeehaft den Einfluss der Industrieherrschaft auf öffentliche Belange der von ihr abhängigen Massen.“[RJ 23]
Entführung von Richard Oetker
Richard Oetker, der Sohn des Konzernlenkers, wurde im Dezember 1976 auf dem Heimweg aus der Technischen Universität München-Weihenstephan in Freising durch den Automobilmechaniker Dieter Zlof entführt. Er wurde in eine Kiste gesperrt und beim Transport durch einen Stromschlag schwer verletzt, der laut Zlofs Aussage irrtümlich ausgelöst worden war. Gegen die Bereitstellung von einem Lösegeld in Höhe von 21 Millionen DM, einer Summe die zu jener Zeit die höchste Lösegeldforderung in der Geschichte Deutschlands war, wurde Richard Oetker freigelassen. Zlof wurde gefasst und anschließend, da er leugnete und seine Unschuld beteuerte, in einem Indizienprozess am 9. Juni 1980 zu einer Höchststrafe von 15 Jahren verurteilt. Das Lösegeld tauchte nicht auf. Erst nach Verbüßen der Strafe versuchte Zlof 1997 das beschädigte Geld umzutauschen und wurde dabei erneut festgenommen. Richard Oetker hatte lange unter den Folgen der Entführung zu leiden, blieb aber überraschend gelassen. Der Spiegel schrieb zu seinem Verhalten im Prozess gegen Zlof:
„Richard Oetkers Aussagen sind makellos. So schwer er gezeichnet wurde, so inständig ist er bemüht, nichts Leichtfertiges zu sagen. Man kann sich als Opfer einer Tat nicht fairer, nicht menschlicher verhalten.“[RJ 24]
Die Entführung, der Prozess und nach der 15-jährigen Haft auch das endgültige Geständnis Zlofs, das er mit einer Veröffentlichung in einem Buch inszenierte,[13] waren äußerst öffentlichkeitswirksam und prägten die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Richard Oetker sah sich in einer Weise mit der Öffentlichkeit konfrontiert, die anschließend eine Begründung lieferte, sich mit der Familie aus der Öffentlichkeit zurückzuziehen.
Entwicklung unter Richard Oetker
Am 1. Januar 2010 hat August Oetker den Vorsitz im Beirat des Unternehmens übernommen und die Geschäftsführung der Dr. Oetker GmbH an seinen Bruder Richard übergeben. Damit verbunden war die Übertragung der Funktion des persönlich haftenden Gesellschafters der Unternehmensgruppe als Kommanditgesellschaft.[14]
Personen der Firmengeschichte
August Oetker (1862–1918)
Richard Kaselowsky (1888–1944)
Rudolf-August Oetker (1916–2007)
August Oetker (* 1944)
Richard Oetker (* 1951)
Struktur der Oetker-Gruppe
Unternehmensstruktur
Zur Oetker Gruppe gehören heute mehr als 400 Firmen in unterschiedlichen Branchen. Sie werden in sechs Geschäftsbereiche unterteilt.[15]
Organigramm der Oetker-Gruppe Oetker-Gruppe
Nahrungsmittel Bier und alkoholfreie Getränke Sekt, Wein und Spirituosen Schifffahrt Bank Weitere Interessen
Dr. Oetker GmbH Radeberger Gruppe KG Henkell & Co. Sektkellerei KG Hamburg Südamerikanische Dampfschifffahrts-Gesellschaft KG Bankhaus Lampe Dr. August Oetker Finanzierungs- und Beteiligungs-GmbH
Nahrungsmittel
Zum Geschäftsbereich Nahrungsmittel zählen sowohl die Marke Dr. Oetker als auch mehrere im Großverbrauchergeschäft arbeitende Firmen: Dr. Oetker Food-Service, Martin Braun, Agrano und Eto. 1995 übernahm Oetker die Opekta, 2004 dann Onken. Der Jahresumsatz des Geschäftsbereichs Nahrungsmittel betrug 2012 insgesamt über 2,5 Mrd. Euro. Umsatzstärkstes Produkt im Nahrungsmittelbereich ist heute allerdings nicht mehr das Backpulver, sondern die Tiefkühlpizza.
Bier und alkoholfreie Getränke
Der Geschäftsbereich Bier und alkoholfreie Getränke wird durch die Radeberger Gruppe gesteuert. Unter diesem Dach werden bekannte Marken geführt wie Radeberger Pilsner, Urkrostitzer, Jever, Freiberger, Sternburg (Braustätte: Leipzig), Allgäuer Brauhaus (Braustätte: Leuterschach bei Marktoberdorf, Verwaltung: Kempten), Schöfferhofer Weizen, Tucher Bräu, Brinkhoff’s und weitere Dortmunder Biere, Wicküler, Schlösser, Binding, Gilden, Küppers, Kurfürsten, Sion, Sester, Berliner Pilsner, Bionade und Selters, welches aber nicht mit dem Selterswasser aus Niederselters zu verwechseln ist, dessen Name ein Synonym für Mineralwasser ist. Der Umsatz dieses Geschäftsbereichs betrug 2012 insgesamt über 1,8 Mrd. Euro. Anfang 2008 übernahm die Radeberger Gruppe den Getränkegroßhändler Essmann-Getränke aus Lingen (Ems).
Sekt, Wein und Spirituosen
Im Geschäftsbereich Sekt, Wein und Spirituosen ist die Henkell & Co. Sektkellerei das Leitunternehmen. Die Sektmarken Henkell Trocken, Fürst von Metternich, Deinhard und die Spirituosen-Marken Wodka Gorbatschow, Kuemmerling und Pott Rum sind nur einige Marken dieses Geschäftsbereichs, dessen Umsatz sich auf über 670 Mio. Euro beläuft (2012).
Schifffahrt
Die größte Sparte der Oetker-Gruppe ist der Geschäftsbereich Schifffahrt, er umfasst vor allem die Reedereigruppe Hamburg Süd. Die brasilianische Reederei Aliança gehört ebenfalls zum Geschäftsbereich und ist mit 30 % am neuen Tecon Santa Catarina Containerterminal in Itapoá im Bundesstaat Santa Catarina beteiligt. Der Geschäftsbereich erzielte 2012 einen Umsatz von über 5,4 Mrd. Euro. Zu 80 % wird der Umsatz in Containerdiensten im Nord-Süd- und Süd-Nord-Verkehr erzielt, zu 20 % in der Trampschifffahrt.
Bank
Im Geschäftsbereich Bank ist das Bankhaus Lampe tätig, dessen Geschäftsvolumen 2012 bei rund 3,1 Mrd. Euro lag. Bis September 2008 gehörte die Versicherung Condor, deren verdiente Beiträge sich auf deutlich über 300 Mio. Euro beliefen, zur Oetker-Gruppe. Diese wurde an die R+V Versicherung verkauft.
Weitere Interessen
Der Geschäftsbereich Weitere Interessen schließt Chemische Fabrik Budenheim, Dr. Oetker Verlag sowie die Oetker Collection mit einigen Hotels des oberen Preissegments wie zum Beispiel das Brenners Park-Hotel & Spa in Baden-Baden und das Le Bristol in Paris ein. Weiterhin werden hier unter dem Namen Dr. August Oetker Finanzierungs- und Beteiligungs-GmbH unter anderem die Douglas Holding AG geführt. Der Geschäftsbereich erzielte 2012 einen Gesamtumsatz von 454 Mio. Euro.
Unternehmensführung
Die Oetker-Gruppe wird zentral gesteuert, aber dezentral geführt: Verantwortlich für Strategie und Ausrichtung der Gruppe ist die fünfköpfige Gruppenleitung.[16]
Ottmar Gast (Schifffahrt; Sprecher der Geschäftsführung der Hamburg Südamerikanischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft KG (Hamburg Süd))
Richard Oetker (Bier und alkoholfreie Getränke, Nahrungsmittel; Vorsitzender der Geschäftsführung der Dr. Oetker GmbH)
Ernst F. Schröder (Bank; weitere Interessen: Finanzen, Controlling, Recht, Chemie, Hotels)
Albert Christmann (Bank; weitere Interessen: Finanzen, Controlling, Recht, Chemie, Hotels ab 1. Januar 2014)
Erlfried Baatz(Sekt, Wein und Spirituosen; Sprecher Geschäftsführung der Henkell & Co. Sektkellerei KG)
Alle Mitglieder der Gruppenleitung sind persönlich haftende Gesellschafter.
Kontrolliert wird diese Gruppenleitung durch den siebenköpfigen Beirat, der die Beratungs-, Kontroll- und Vetofunktion ausübt.
August Oetker (Vorsitzender des Beirats und Gesellschafter der Dr. August Oetker KG)
Alfred Oetker (Gesellschafter der Dr. August Oetker KG)
Rudolf Louis Schweizer (Schweizer Group KG und Gesellschafter der Dr. August Oetker KG)
Ulrich Lehner (Ehem. Vorsitzender der Geschäftsführung und persönlich haftender Gesellschafter der Henkel KGaA)
Christoph v. Grolman (Managing Director TBG. Ltd.)
Carsten Spohr (Vorsitzender des Vorstandes der Deutsche Lufthansa AG)
W. Andreas Jacobs (Verwaltungsratspräsident der Barry Callebaut AG und Mitglied des Vorstandes der Jacobs Holding AG)
Anteilseigner
Die Oetker Gruppe ist ein Familienunternehmen. Der vorletzte Vorsitzende der Geschäftsführung Rudolf-August Oetker hat den Konzern im Generationswechsel an seine Kinder und Enkel aufgeteilt:[17]
Gräfin Bergit Douglas, Frankfurt am Main, 14,286 % Anteil
Alfred Oetker, Bielefeld, 14,286 % Anteil
Carl Ferdinand Oetker, Bielefeld, 14,286 % Anteil
Richard Oetker, Bielefeld, 14,286 % Anteil
Rosely Schweizer, Murrhardt, 14,286 % Anteil
Christian Oetker, Bielefeld, 14,285 % Anteil
Julia Johanna Oetker, Bielefeld, 14,285 % Anteil
Standorte
Oetker produziert unter eigenem Namen weltweit an folgenden Standorten:[18]
Deutschland
Am Gründungsort Bielefeld entstanden vor der Jahrhundertwende die ersten Fabriken, doch schon in den 1930er Jahren expandierte Oetker und eröffnete im nahegelegenen Oerlinghausen einen weiteren Standort. Weitere Standorte sind heute: Wittenburg in Mecklenburg-Vorpommern, Wittlich in Rheinland-Pfalz, Moers in Nordrhein-Westfalen und Ettlingen in Baden-Württemberg. Seit Ende 2010 sind alle inländischen Werke umwelttechnisch zertifiziert.
International
In Frankreich gibt es die Standorte Schirmeck und Straßburg.
Das italienische Werk liegt in Desenzano.
In Polen wurde schon in den 1930er Jahren ein Werk in Danzig aufgebaut. Dort ist Oetker heute neben dem Standort Lebc und dem Werk in Płock vertreten.
In Ungarn findet sich Oetker in Jannossomorja, in Tschechien in Kladno.
In Österreich findet sich Oetker in Villach.
Weitere Werke gibt es in Rumänien und Brasilien.
Öffentliche Wahrnehmung
Logo des Konzerns Dr. Oetker
Als um die Jahrhundertwende, acht Jahre nach dem ersten Verkauf von Backin-Backpulver, die ersten Konkurrenten auftraten, setzte Oetker ein Unternehmenslogo ein, das den populären Slogan „Ein heller Kopf verwendet nur Dr. Oetker’s Backpulver“ mit aufnahm. Der rot-weiße Hellkopf, Silhouette der Tochter eines Grafikers, signalisiert Qualität und Markentreue gegenüber den unbekannten Konkurrenten.[19]
Umweltschutz
Das Unternehmen gibt an, es wolle die in Deutschland erreichten Umweltstandards grundsätzlich auch in den ausländischen Standorten realisieren. 1995 wurde August Oetker zum „Ökomanager des Jahres“ gewählt.[20] Seit 1994 gibt das Unternehmen regelmäßig einen Umweltbericht heraus, 2004 folgte eine Nachhaltigkeitsberichterstattung. 2010 waren alle inländischen Werke nach den Umwelttechnischen Kriterien zertifiziert.
Dr. Oetker Welt
2005 entstand auf dem Firmengelände in Bielefeld im alten Puddingpulverturm die Dr. Oetker Welt. Hier wurde noch bis 2001 produziert, jetzt ist das Gebäude unter dem Gesichtspunkt dass die alte Bausubstanz zu nutzen sei, umgebaut worden.[21] Dabei ist das Gebäude unter museumspädagogischen Gesichtspunkten eingerichtet worden. Dargestellt wird die Entstehung, Produktion und Produkte des Familienunternehmens. Weitere Themen sind die Marke und die Werbung.[22]
Soziales und kulturelles Engagement
Die Familie Oetker und das Unternehmen stifteten die 1930 erbaute Rudolf-Oetker-Halle und finanzierten den Bau der 1968 eröffneten Bielefelder Kunsthalle. Rudolf-August Oetker, Enkel des Firmengründers, verfügte, dass das Haus nach seinem Stiefvater Richard Kaselowsky benannt wird. Als sich angesichts von Kaselowskys Vergangenheit der Bielefelder Stadtrat 1998 endgültig dagegen entschied, kündigte Oetker seine finanzielle Unterstützung auf und zog seine Leihgaben zurück.
Ebenfalls auf die Familie Oetker geht die in Bielefeld gelegene Oetker-Eisbahn zurück. Die Rudolf-August Oetker-Stiftung unterstützt Projekte in Kultur, Kunst, Wissenschaft und Umwelt. Die Ida und Richard Kaselowsky Stiftung ist auf soziale bzw. wohltätige Zwecke ausgerichtet. Mit den SOS Kinderdörfern ist Oetker eine langfristige Zusammenarbeit eingegangen.[23]
Film
Die Oetkers. Dokumentarfilm, Deutschland, 2010, 45 Min., Buch und Regie: Manfred Oldenburg, Produktion: WDR, Reihe: Deutsche Dynastien, Erstausstrahlung: ARD, 15. November 2010, Online-Video, Inhaltsangabe (Memento vom 20. Januar 2011 im Internet Archive) der ARD.
Quelle - literatur & einzelnachweise
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