Der Segelwagen (auch Windwagen oder Landsegler)
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Der Segelwagen (auch Windwagen oder Landsegler)
Nun einige dürften dieses Gerät vielleicht schon mal gesehen haben.
Heute eher Funsport, nur die Geschichte dahinter ist auch sehr interressant.
Ein Segelwagen (auch Windwagen oder Landsegler) ist ein mittels eines Segels windangetriebener Wagen, der – von äußerer Kraft angetrieben – nicht zu den Automobilen (selbstbewegter Wagen) gerechnet wird. Das Prinzip findet beim heutigen Strandsegeln Anwendung.
Segelwagen von Simon Stevin für Prinz Moritz von Oranien im Jahr 1600
China
Chinesische Segelwagen, Ausschnitt aus der Karte von Abraham Ortelius (1584)
Die Chinesen, deren windreiche Ebenen im Norden günstige Voraussetzungen boten, bauten die ersten Landsegler.
Die Erfindung soll der Ersterwähnung im Buch vom Meister der goldenen Halle zufolge, das dem Gelehrtenkaiser Liang (Regierungszeit 552–554 n. Chr.) zugeordnet wird, von dem Philosophen Kao-ts'ang gemacht worden sein. Der Wagen konnte gemäß der Beschreibung 30 Personen befördern und viele hundert Kilometer am Tag zurücklegen.[1]
Auf der berühmten Chinakarte des flämischen Kartographen Abraham Ortelius aus dem Jahre 1584 sind mehrere Segelwagen dargestellt. Die Karte stammt aus dem Atlas Theatrum Orbis Terrarum und ist die erste in Europa erschienene Detailkarte von China.
Literarisches
Die Berichte europäischer Reisender von den chinesischen Windwagen wirkten anregend auf die Phantasie der Europäer und wurden auch von Dichtern aufgegriffen.
1589 schrieb Jan Huygen van Linschoten in seinem Buch Itinerario: „Die Chinesen sind großartige und einfallsreiche Handwerker, was schon das Kunsthandwerk aus diesem Land zeigt. Sie bauen und benutzen Karren mit Segeln und Rädern, die so geschickt gefertigt sind, dass sie auf dem Felde vom Wind vorangetrieben werden – gerade so als führen sie auf dem Wasser.“[2]
In John Miltons Versepos Paradise Lost 1665 heißt es z. B.: „Auf Sericanas unfruchtbaren Flächen (…), wo unter Wind und Segeln Chinesen ihre Bambuswagen lenken.“[1]
Europa um 1600: Simon Stevin
Simon Stevin
In Europa baute um 1600 der Mathematiker, Physiker und Wasserbauingenieur Simon Stevin (1548–1620), angeregt von den Berichten über die Landsegler in China, für Prinz Moritz von Oranien den ersten Segelwagen.[3] Stevin fuhr ungefähr im Jahr 1600 mit Prinz Moritz von Oranje und 26 anderen Personen an der Küste von Scheveningen und Petten. Teilnehmer einer der Fahrten war auch der Gelehrte Grotius. Das Fahrzeug legte in weniger als zwei Stunden eine Strecke von etwa 95 km zurück.
Der Schriftsteller Laurence Sterne behandelt in seinem ab 1759 erschienenen, mehrbändigen Roman Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman auch Stevin, den er Stevinus nennt, und den von Stevin(us) gebauten Landsegler.[4]
Ein Modell des Wagens wurde bis 1802 aufbewahrt.
Die damals vor allem in Holland gebauten Landsegler erreichten Geschwindigkeiten von 50 km/h.
Bildwerke
1640 verwendete ein Künstler, vermutlich Hendrik Gerritz Pot, das Bild eines Segelwagens für sein satirisches Ölgemälde Floras Narrenwagen (Floras Mallewagen) in Anspielung auf den spekulativen Tulpenhandel, der 1637 zusammenstürzte. Das Bild hängt heute im Frans Hals Museum in Haarlem.[5]
Dieses Bild folgt weitgehend dem Kupferstich Der Narrenwagen oder der Abschied der Blumenliebhaber[6] aus 1637 von Crispyn van der Passe d.J., darstellend die Blumenkönigin Flora und 5 Personen am Segelwagen mit vom Windstrahl geblähtem Rahsegel.
19. Jahrhundert
In den Vereinigten Staaten erweckten die Great Plains die Hoffnung mehrere unabhängiger Erfinder, durch Segel angetriebene Wagen als Verkehrsmittel nutzen zu können. Zur Realisierung gelangte das Projekt eines Erfinders namens Thomas, der in den 1850er Jahren in Westport, Missouri mit einem Segelwagen aufbrach, und innerhalb von sechs Tagen Kalifornien erreichen wollte. Er kam immerhin rund 100 km bis Council Grove, wo sein Wagen bei einem Sturz schwer beschädigt wurde. Walt Disney produzierte 1961 den Zeichentrick-Kurzfilm Saga of Windwagon Smith in Anlehnung an den historischen Erfinder Thomas und seinen Planwagen mit Segelantrieb.
Schon in den 1820ern experimentierte der englische Lehrer George Pocock mit einer lenkdrachengetriebenen Kutsche um der Pferdesteuer auszuweichen.
Gegenwart
Strandsegler
Strandsegeln an den breiten Stränden der Picardie
Heute werden vereinzelt Segelwagen als sogenannte Strandsegler zum Freizeitvergnügen und zu sportlichen Zwecken gebaut.[7] In der Regel gleicht ein moderner Strandsegler einem Kajak auf drei Rädern mit einem Segel. Einfachere Modelle bestehen auch nur aus einem unverkleideten Rohrrahmen. Der Strandsegler wird von einem Fahrer über ein lenkbares Vorderrad gesteuert. Bei einigen Modellen lassen sich die Räder im Winter gegen Kufen austauschen, siehe Eissegeln.
Eine besondere Form des Strandsegelns stellt das Kitebuggyfahren dar, bei dem nicht ein Segel, sondern ein Lenkdrachen Zugkraft liefert.
Racing AEOLUS
Windautos beim Aeolus Race 2008: Erster Platz InVentus Ventomobile (Uni Stuttgart, im Vordergrund), zweiter Platz ECN-impulse (im Hintergrund)
Die Dutch Association of Technology Transfer (ATO, Niederländische Gesellschaft für Technologietransfer) und das Energy research Centre of the Netherlands (ECN, Zentrum für Energieforschung der Niederlande) veranstalteten am 20.–23. August 2008 in Den Helder im Nordwesten von Holland einen Wettbewerb, bei dem ausschließlich durch Windkraft angetriebene Fahrzeuge gegeneinander antraten. Die Fahrzeuge mussten imstande sein, direkt – das heißt ohne zu kreuzen – gegen den Wind zu fahren.[8] Wegen dieser Anforderung konnten keine Segel verwendet werden. Stattdessen muss die Windkraft mittels kleiner Windkraftanlagen eingefangen werden, ein Konzept, das sich erstmals Guido da Vigevano im Jahre 1335 für einen Streitwagen für Philipp VI. ausgedacht hatte.
Am ersten Rennen beteiligen sich: Universität Stuttgart (InVentus Ventomobil), ECN Windenergie (ECN-impulse), Fachhochschule Flensburg (Windbike), TU Denmark (WinD TUrbine racer), Universität Kiel/ Fachhochschule Kiel (Baltic Thunder), CRES (Zephyros).
Schneller als der Wind – vor ihm und gegen ihn
Blackbird hat mit Propellerwirkung im Juli 2010 demonstriert, dass ein windgetriebenes Fahrzeug direkt vor dem Wind schneller als der Wind fahren kann.[9] Im Gegensatz zu den Fahrzeugen beim Aeolus Race, deren Windturbinen die Räder antreiben, nutzte der Blackbird für den Rekord VOR dem Wind einen Propeller, dessen Rotation von den Rädern angetrieben wird.
Die Propellerflügel des Blackbird schrauben sich in diesem Fall dank positivem Anstellwinkel und Profilierung in der mit Windgeschwindigkeit bewegten Luftmasse des Windes dank Flügelauftrieb nach vorn. In Wind- gleich Fahrrichtung betrachtet wirkt die Rotationsebene des Propellers als quer im Wind stehendes Segel, das durch seine erzeugte Luftwiderstandskraft den Wagen voranschiebt. Weil dieses „Segel“ in seiner eigenen Fläche mittels Propellerflügeldrehung quasi Luft auf die angeströmte Seite, also dem Wind entgegenpumpt, kann das Segel und mit ihm der Wagen schneller als der Wind angeschoben werden. Von außen betrachtet bremst der Wagen mit seinem Propeller-Segel lokal die Windgeschwindigkeit, daraus wird jener Impuls (oder die Energie) gewonnen, der (die) den Wagen antreibt.
Der Pilot im Fahrzeug erlebt am Stand Rückenwind, mit Beschleunigung des Fahrzeugs nimmt seine Windwahrnehmung bis auf Null ab, wenn der Wagen genau Windgeschwindigkeit erreicht. Wird der Wagen schneller als der Wind, ist Fahrtwind von vorne zu spüren, wird der Wagen schneller als die doppelte Windgeschwindigkeit, erreicht der Fahrtwind von vorne höheres Tempo als der Wind (über Grund, in der Gegenrichtung).
Im Juni 2012 fuhr eine Turbinen-Version des Blackbird auch direkt GEGEN den Wind schneller als der Wind. Ebenfalls mehr als zweimal so schnell – gegenüber dem Boden. Subjektiv merkt der Pilot dann Fahrtwind mit gut dreifacher Windgeschwindigkeit.[9]
Wind Wagon Astrakan
Eine Gruppe von sechs bis sieben Schweden – Bootsbauer, Tischler, Künstler – baute bis Juni 2012 einen vierrädrigen Segelwagen (12,2 m lang, 10,7 m hoch und etwa 4 m breit: angeblich der größte Segelwagen) mit vier Rahsegeln auf zwei rund 10 m hohen Masten, mit dem sie Sommer 2012 in Nevada 500 km (?) durch die Black Rock Desert rollten und auch Burning Man besuchten. Mit 74,3 m² Segelfläche werden 44,4 km/h Geschwindigkeit erreicht.[10]
Laut Konstrukteur Jens Langert basiert die Projektidee auf der Geschichte von Wind Wagon Thomas, der 1853 ein Unternehmen gründen wollte, um Siedler in Nordamerika windgetrieben in den Westen zu transportieren, jedoch an technischen Problemen scheiterte.
Nach dem historischen Vorbild Prarieclipper wurde der Replikat-Wagen an Deck und Takelage aus Holz und Hanfseilen aufgebaut, die Segel ebenfalls aus Naturfaser. Die Räder mit sechs Speichen und Felgen aus Metall tragen allerdings schmale Luftreifen – die jedoch erst in den 1880ern erfunden wurden – mit starkem Traktorprofil, das bei Bedarf guten Griff mit den Händen erlaubt. Astrakan wurde nach dem Apfelbaum benannt, den im Roman von Vilhelm Moberg die schwedische Emigrantin Kristina im 19. Jhdt. in Amerika gesät hat. Der Wagen wurde in Schweden gebaut und zerlegt im 40-Fuß-Container in die USA transportiert. Der Gefahr in einen Tornado zu kommen, will man mit raschem Segeleinholen begegnen. Sommer 2013 sollte ein Film über die Fahrt erscheinen.[11][12][13][14][15][16]
Segelfahrräder
Schon 1971 fuhr George Patterson, Erfinder des „Wing Mast“ (sowie sein Sohn Todd) das von ihm designte Aerocycle, mit am Grossbaum über dem Kopf handgeführten etwa 3 m hohen und 3 m² großen Dreieckssegel. Der Fahrer sitzt weit hinten fast über dem Hinterrad, der Lenker ist mit einer viertelkreisförmigen Reling (eine bogenförmige Pinne) nach hinten ergänzt. Wendig lässt sich das Zweirad, die Beine auf Fussrasten gestemmt, mit dem Mast über dem Steuerkopf auf Strand und Asfalt sogar freihändig fahren. Es soll bei starkem Wind eine Geschwindigkeit von 80 km/h erreicht haben.[17]
Für behelfsmässiges nicht ungefährliches zweirädriges Sail Biking vor dem Wind reichen schon 2 m² Polyethenfolie zwischen 2 waagrechten Rohren, das obere handgehalten, vor dem Oberkörper.[18]
Windbike ist ein Rennrad, das hinter dem Sattel um einen 2 m hoch aufragenden Mast ergänzt wurde der übereinander zwei rautenförmige mit Stäben aufgespreizte und nach unten abgespannte Segel (AireLibre.com, Madrid, wohl Lenkdrachen) trägt. Seitenwind erzeugt Vortrieb, Kipp- und Giermoment halten sich dank insgesamt nur 1 m² Segelfläche in Grenzen.[19]
Pterosail setzt ein Vorsegel zwischen Bugspriet und mittigem einfachen oder A-förmigem Großmast am Liegedreirad und soll laut Hersteller in ganz USA strassenzulässig sein.[20] Whike basiert auf einem hinten zweirädrigen Dreirad, das in der Mitte einen schrägen Mast erhält an dem ein Segel mit angepasster Kontur nach hinten abgespreizt wird und so 50 km/h erreicht.[21]
Segeln auf Schienen
Das französische Künstlerduo HeHe mit Heiko Hansen stellte ab 6. Dezember 2013 in der Grazer Galerie rotor Radeau de sauvetage (Rettungsfloss) aus, das auf 6 kleinen Kunststoffrädern auf Normalspur-Eisenbahnschienen fährt.[22][23][24]
Drachenfähre
Um eine Kamera oder eine Vorrichtung, die etwa Flugzettel von oben verstreuen soll, eine Leine eines schon am Himmel stehenden Drachens hinauffahren, also -segeln zu lassen, braucht es eine Drachenfähre. Der Hauptdrachen kann auf diese Weise um die Nutzlast erleichtert gestartet werden und diese ist dem Beschädigungsrisiko beim Start nicht ausgesetzt. Erst die Drachenfähre – geführt durch Gleitösen oder Seilrollen, angetrieben durch Wind – hebt die Nutzlast, kann oben einklinken und verbleiben, durch die Ankunft oben ausgelöst, auf Abwärtsfahrt umgeschaltet oder an ihrer Zugleine wieder heruntergezogen werden.
Quelle
Heute eher Funsport, nur die Geschichte dahinter ist auch sehr interressant.
Ein Segelwagen (auch Windwagen oder Landsegler) ist ein mittels eines Segels windangetriebener Wagen, der – von äußerer Kraft angetrieben – nicht zu den Automobilen (selbstbewegter Wagen) gerechnet wird. Das Prinzip findet beim heutigen Strandsegeln Anwendung.
Segelwagen von Simon Stevin für Prinz Moritz von Oranien im Jahr 1600
China
Chinesische Segelwagen, Ausschnitt aus der Karte von Abraham Ortelius (1584)
Die Chinesen, deren windreiche Ebenen im Norden günstige Voraussetzungen boten, bauten die ersten Landsegler.
Die Erfindung soll der Ersterwähnung im Buch vom Meister der goldenen Halle zufolge, das dem Gelehrtenkaiser Liang (Regierungszeit 552–554 n. Chr.) zugeordnet wird, von dem Philosophen Kao-ts'ang gemacht worden sein. Der Wagen konnte gemäß der Beschreibung 30 Personen befördern und viele hundert Kilometer am Tag zurücklegen.[1]
Auf der berühmten Chinakarte des flämischen Kartographen Abraham Ortelius aus dem Jahre 1584 sind mehrere Segelwagen dargestellt. Die Karte stammt aus dem Atlas Theatrum Orbis Terrarum und ist die erste in Europa erschienene Detailkarte von China.
Literarisches
Die Berichte europäischer Reisender von den chinesischen Windwagen wirkten anregend auf die Phantasie der Europäer und wurden auch von Dichtern aufgegriffen.
1589 schrieb Jan Huygen van Linschoten in seinem Buch Itinerario: „Die Chinesen sind großartige und einfallsreiche Handwerker, was schon das Kunsthandwerk aus diesem Land zeigt. Sie bauen und benutzen Karren mit Segeln und Rädern, die so geschickt gefertigt sind, dass sie auf dem Felde vom Wind vorangetrieben werden – gerade so als führen sie auf dem Wasser.“[2]
In John Miltons Versepos Paradise Lost 1665 heißt es z. B.: „Auf Sericanas unfruchtbaren Flächen (…), wo unter Wind und Segeln Chinesen ihre Bambuswagen lenken.“[1]
Europa um 1600: Simon Stevin
Simon Stevin
In Europa baute um 1600 der Mathematiker, Physiker und Wasserbauingenieur Simon Stevin (1548–1620), angeregt von den Berichten über die Landsegler in China, für Prinz Moritz von Oranien den ersten Segelwagen.[3] Stevin fuhr ungefähr im Jahr 1600 mit Prinz Moritz von Oranje und 26 anderen Personen an der Küste von Scheveningen und Petten. Teilnehmer einer der Fahrten war auch der Gelehrte Grotius. Das Fahrzeug legte in weniger als zwei Stunden eine Strecke von etwa 95 km zurück.
Der Schriftsteller Laurence Sterne behandelt in seinem ab 1759 erschienenen, mehrbändigen Roman Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman auch Stevin, den er Stevinus nennt, und den von Stevin(us) gebauten Landsegler.[4]
Ein Modell des Wagens wurde bis 1802 aufbewahrt.
Die damals vor allem in Holland gebauten Landsegler erreichten Geschwindigkeiten von 50 km/h.
Bildwerke
1640 verwendete ein Künstler, vermutlich Hendrik Gerritz Pot, das Bild eines Segelwagens für sein satirisches Ölgemälde Floras Narrenwagen (Floras Mallewagen) in Anspielung auf den spekulativen Tulpenhandel, der 1637 zusammenstürzte. Das Bild hängt heute im Frans Hals Museum in Haarlem.[5]
Dieses Bild folgt weitgehend dem Kupferstich Der Narrenwagen oder der Abschied der Blumenliebhaber[6] aus 1637 von Crispyn van der Passe d.J., darstellend die Blumenkönigin Flora und 5 Personen am Segelwagen mit vom Windstrahl geblähtem Rahsegel.
19. Jahrhundert
In den Vereinigten Staaten erweckten die Great Plains die Hoffnung mehrere unabhängiger Erfinder, durch Segel angetriebene Wagen als Verkehrsmittel nutzen zu können. Zur Realisierung gelangte das Projekt eines Erfinders namens Thomas, der in den 1850er Jahren in Westport, Missouri mit einem Segelwagen aufbrach, und innerhalb von sechs Tagen Kalifornien erreichen wollte. Er kam immerhin rund 100 km bis Council Grove, wo sein Wagen bei einem Sturz schwer beschädigt wurde. Walt Disney produzierte 1961 den Zeichentrick-Kurzfilm Saga of Windwagon Smith in Anlehnung an den historischen Erfinder Thomas und seinen Planwagen mit Segelantrieb.
Schon in den 1820ern experimentierte der englische Lehrer George Pocock mit einer lenkdrachengetriebenen Kutsche um der Pferdesteuer auszuweichen.
Gegenwart
Strandsegler
Strandsegeln an den breiten Stränden der Picardie
Heute werden vereinzelt Segelwagen als sogenannte Strandsegler zum Freizeitvergnügen und zu sportlichen Zwecken gebaut.[7] In der Regel gleicht ein moderner Strandsegler einem Kajak auf drei Rädern mit einem Segel. Einfachere Modelle bestehen auch nur aus einem unverkleideten Rohrrahmen. Der Strandsegler wird von einem Fahrer über ein lenkbares Vorderrad gesteuert. Bei einigen Modellen lassen sich die Räder im Winter gegen Kufen austauschen, siehe Eissegeln.
Eine besondere Form des Strandsegelns stellt das Kitebuggyfahren dar, bei dem nicht ein Segel, sondern ein Lenkdrachen Zugkraft liefert.
Racing AEOLUS
Windautos beim Aeolus Race 2008: Erster Platz InVentus Ventomobile (Uni Stuttgart, im Vordergrund), zweiter Platz ECN-impulse (im Hintergrund)
Die Dutch Association of Technology Transfer (ATO, Niederländische Gesellschaft für Technologietransfer) und das Energy research Centre of the Netherlands (ECN, Zentrum für Energieforschung der Niederlande) veranstalteten am 20.–23. August 2008 in Den Helder im Nordwesten von Holland einen Wettbewerb, bei dem ausschließlich durch Windkraft angetriebene Fahrzeuge gegeneinander antraten. Die Fahrzeuge mussten imstande sein, direkt – das heißt ohne zu kreuzen – gegen den Wind zu fahren.[8] Wegen dieser Anforderung konnten keine Segel verwendet werden. Stattdessen muss die Windkraft mittels kleiner Windkraftanlagen eingefangen werden, ein Konzept, das sich erstmals Guido da Vigevano im Jahre 1335 für einen Streitwagen für Philipp VI. ausgedacht hatte.
Am ersten Rennen beteiligen sich: Universität Stuttgart (InVentus Ventomobil), ECN Windenergie (ECN-impulse), Fachhochschule Flensburg (Windbike), TU Denmark (WinD TUrbine racer), Universität Kiel/ Fachhochschule Kiel (Baltic Thunder), CRES (Zephyros).
Schneller als der Wind – vor ihm und gegen ihn
Blackbird hat mit Propellerwirkung im Juli 2010 demonstriert, dass ein windgetriebenes Fahrzeug direkt vor dem Wind schneller als der Wind fahren kann.[9] Im Gegensatz zu den Fahrzeugen beim Aeolus Race, deren Windturbinen die Räder antreiben, nutzte der Blackbird für den Rekord VOR dem Wind einen Propeller, dessen Rotation von den Rädern angetrieben wird.
Die Propellerflügel des Blackbird schrauben sich in diesem Fall dank positivem Anstellwinkel und Profilierung in der mit Windgeschwindigkeit bewegten Luftmasse des Windes dank Flügelauftrieb nach vorn. In Wind- gleich Fahrrichtung betrachtet wirkt die Rotationsebene des Propellers als quer im Wind stehendes Segel, das durch seine erzeugte Luftwiderstandskraft den Wagen voranschiebt. Weil dieses „Segel“ in seiner eigenen Fläche mittels Propellerflügeldrehung quasi Luft auf die angeströmte Seite, also dem Wind entgegenpumpt, kann das Segel und mit ihm der Wagen schneller als der Wind angeschoben werden. Von außen betrachtet bremst der Wagen mit seinem Propeller-Segel lokal die Windgeschwindigkeit, daraus wird jener Impuls (oder die Energie) gewonnen, der (die) den Wagen antreibt.
Der Pilot im Fahrzeug erlebt am Stand Rückenwind, mit Beschleunigung des Fahrzeugs nimmt seine Windwahrnehmung bis auf Null ab, wenn der Wagen genau Windgeschwindigkeit erreicht. Wird der Wagen schneller als der Wind, ist Fahrtwind von vorne zu spüren, wird der Wagen schneller als die doppelte Windgeschwindigkeit, erreicht der Fahrtwind von vorne höheres Tempo als der Wind (über Grund, in der Gegenrichtung).
Im Juni 2012 fuhr eine Turbinen-Version des Blackbird auch direkt GEGEN den Wind schneller als der Wind. Ebenfalls mehr als zweimal so schnell – gegenüber dem Boden. Subjektiv merkt der Pilot dann Fahrtwind mit gut dreifacher Windgeschwindigkeit.[9]
Wind Wagon Astrakan
Eine Gruppe von sechs bis sieben Schweden – Bootsbauer, Tischler, Künstler – baute bis Juni 2012 einen vierrädrigen Segelwagen (12,2 m lang, 10,7 m hoch und etwa 4 m breit: angeblich der größte Segelwagen) mit vier Rahsegeln auf zwei rund 10 m hohen Masten, mit dem sie Sommer 2012 in Nevada 500 km (?) durch die Black Rock Desert rollten und auch Burning Man besuchten. Mit 74,3 m² Segelfläche werden 44,4 km/h Geschwindigkeit erreicht.[10]
Laut Konstrukteur Jens Langert basiert die Projektidee auf der Geschichte von Wind Wagon Thomas, der 1853 ein Unternehmen gründen wollte, um Siedler in Nordamerika windgetrieben in den Westen zu transportieren, jedoch an technischen Problemen scheiterte.
Nach dem historischen Vorbild Prarieclipper wurde der Replikat-Wagen an Deck und Takelage aus Holz und Hanfseilen aufgebaut, die Segel ebenfalls aus Naturfaser. Die Räder mit sechs Speichen und Felgen aus Metall tragen allerdings schmale Luftreifen – die jedoch erst in den 1880ern erfunden wurden – mit starkem Traktorprofil, das bei Bedarf guten Griff mit den Händen erlaubt. Astrakan wurde nach dem Apfelbaum benannt, den im Roman von Vilhelm Moberg die schwedische Emigrantin Kristina im 19. Jhdt. in Amerika gesät hat. Der Wagen wurde in Schweden gebaut und zerlegt im 40-Fuß-Container in die USA transportiert. Der Gefahr in einen Tornado zu kommen, will man mit raschem Segeleinholen begegnen. Sommer 2013 sollte ein Film über die Fahrt erscheinen.[11][12][13][14][15][16]
Segelfahrräder
Schon 1971 fuhr George Patterson, Erfinder des „Wing Mast“ (sowie sein Sohn Todd) das von ihm designte Aerocycle, mit am Grossbaum über dem Kopf handgeführten etwa 3 m hohen und 3 m² großen Dreieckssegel. Der Fahrer sitzt weit hinten fast über dem Hinterrad, der Lenker ist mit einer viertelkreisförmigen Reling (eine bogenförmige Pinne) nach hinten ergänzt. Wendig lässt sich das Zweirad, die Beine auf Fussrasten gestemmt, mit dem Mast über dem Steuerkopf auf Strand und Asfalt sogar freihändig fahren. Es soll bei starkem Wind eine Geschwindigkeit von 80 km/h erreicht haben.[17]
Für behelfsmässiges nicht ungefährliches zweirädriges Sail Biking vor dem Wind reichen schon 2 m² Polyethenfolie zwischen 2 waagrechten Rohren, das obere handgehalten, vor dem Oberkörper.[18]
Windbike ist ein Rennrad, das hinter dem Sattel um einen 2 m hoch aufragenden Mast ergänzt wurde der übereinander zwei rautenförmige mit Stäben aufgespreizte und nach unten abgespannte Segel (AireLibre.com, Madrid, wohl Lenkdrachen) trägt. Seitenwind erzeugt Vortrieb, Kipp- und Giermoment halten sich dank insgesamt nur 1 m² Segelfläche in Grenzen.[19]
Pterosail setzt ein Vorsegel zwischen Bugspriet und mittigem einfachen oder A-förmigem Großmast am Liegedreirad und soll laut Hersteller in ganz USA strassenzulässig sein.[20] Whike basiert auf einem hinten zweirädrigen Dreirad, das in der Mitte einen schrägen Mast erhält an dem ein Segel mit angepasster Kontur nach hinten abgespreizt wird und so 50 km/h erreicht.[21]
Segeln auf Schienen
Das französische Künstlerduo HeHe mit Heiko Hansen stellte ab 6. Dezember 2013 in der Grazer Galerie rotor Radeau de sauvetage (Rettungsfloss) aus, das auf 6 kleinen Kunststoffrädern auf Normalspur-Eisenbahnschienen fährt.[22][23][24]
Drachenfähre
Um eine Kamera oder eine Vorrichtung, die etwa Flugzettel von oben verstreuen soll, eine Leine eines schon am Himmel stehenden Drachens hinauffahren, also -segeln zu lassen, braucht es eine Drachenfähre. Der Hauptdrachen kann auf diese Weise um die Nutzlast erleichtert gestartet werden und diese ist dem Beschädigungsrisiko beim Start nicht ausgesetzt. Erst die Drachenfähre – geführt durch Gleitösen oder Seilrollen, angetrieben durch Wind – hebt die Nutzlast, kann oben einklinken und verbleiben, durch die Ankunft oben ausgelöst, auf Abwärtsfahrt umgeschaltet oder an ihrer Zugleine wieder heruntergezogen werden.
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