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Die Limbach-Kommission

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Die Limbach-Kommission Empty Die Limbach-Kommission

Beitrag  checker Mi Nov 16, 2016 6:12 am

Die Limbach-Kommission, offiziell die Beratende Kommission im Zusammenhang mit der Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, insbesondere aus jüdischem Besitz, wurde am 14. Juli 2003 eingerichtet und kann von Betroffenen zu Fragen der Restitution von Raubkunst angerufen werden. Die Kommission erhielt ihren umgangssprachlichen Namen nach der gewählten Vorsitzenden Jutta Limbach.

Geschichte

Die Kommission wurde als Reaktion auf die Washingtoner Erklärung[1] auf Initiative des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien Michael Naumann (SPD), der Kultusministerkonferenz der Länder und der kommunalen Spitzenverbänden ins Leben gerufen. Sie trat erstmals am 14. Juli 2003 zu ihrer Gründungssitzung in Berlin zusammen und wählte Jutta Limbach zu ihrer Vorsitzenden. Die Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste betreibt die Geschäftsstelle der Kommission[2] und sorgt für Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Sitzungen. Die Koordinierungsstelle fungiert gleichzeitig als Ansprechpartnerin für die Antragsteller in den Verfahren.
Rechtlicher Status der Kommission

Nach Auffassung der Kommission handelt es sich bei ihr nicht um eine Behörde, sondern ein "vollkommen unabhängig" agierendes "reines Beratungsgremium", das Verwaltungsentscheidungen weder selbst treffe noch vorbereite.[3] Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Magdeburg "dürfte" es sich bei der Kommission um ein "Mischgebilde" handeln, das weder seiner Organisation noch seiner Funktion nach dem Bund, den Ländern oder den Kommunen eindeutig zugeordnet werden kann. Jedenfalls sei die Kommission keine "Bundeseinrichtung (...), die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben" wahrnehme. Insbesondere übe die Beratende Kommission keine Beratungsfunktion gegenüber der Verwaltung aus.[4]
Funktionsweise

Die Kommission trifft ihre unter Berücksichtigung der Washingtoner Erklärung von 1998, mit der sich die Bundesrepublik verpflichtet hatte, Fälle von NS-Raubkunst ausfindig zu machen, die rechtmäßigen Eigentümer oder deren Erben zu finden und die notwendigen Schritte zu unternehmen, um zu „fairen und gerechten Lösungen“ zu kommen. Sie übernimmt dabei eine Rolle als Mediatorin zwischen den betroffenen öffentlichen Sammlungen und den ehemaligen Eigentümern der Kulturgüter bzw. deren Erben und kann Empfehlungen für oder gegen eine Rückgabe aussprechen. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Magdeburg beruht ihre Tätigkeit nicht auf Rechtssätzen des öffentlichen Rechts und bemisst sich auch nicht daran; die Abwägungsentscheidungen seien der Funktion dieses Gremiums entsprechend nicht rechtlich gebunden.[5] Die Beratungen der Kommission sind vertraulich. Nach Auffassung des Bundes und der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zeichnet sich Tätigkeit der Kommission durch ihre "moralische Autorität" aus.[1] Voraussetzung für ein Verfahren ist, dass beide Seiten der Anrufung der Limbach-Kommission zustimmen.[6]
Rechtsstreit über Akteneinsicht

Im Jahr 2013 verlangte ein früherer, nicht erfolgreicher Antragsteller nach Abschluss des Verfahrens Einsicht in die sein Verfahren betreffenden Akten der Kommission. Er behauptete, die Geschäftsstelle der Kommission habe dem Antragsgegner, der Stiftung Deutsches Historisches Museum weitreichende Empfehlungen erteilt und ein gemeinsames Vorgehen vorbereitet.[7] In diesem Zusammenhang nahm im September 2013 die Geschäftsstelle der Kommission im Namen ihrer Vorsitzenden Stellung zur Arbeitsweise und zu den Maßstäben Stellung, an denen sich die Kommission orientiert und begründete damit, dass die Beratungen der Kommission vertraulich bleiben müssten. Das Verwaltungsgericht Magdeburg fasste diese Stellungnahme so zusammen:

„Bei der Beratenden Kommission handele es sich um ein reines Beratungsgremium von ehrenamtlich tätigen hochrangigen Personen aus der Wissenschaft und dem öffentlichen Leben, die unverbindliche Empfehlungen gegenüber Einrichtungen und Personen aussprächen. Diese Empfehlungen basierten auf ethischen Abwägungsentscheidungen, denen ein moralisches Raisonnement zu Grunde liege. In diesem Zusammenhang erstatteten die Berichterstatter der Kommission nur mündliche Berichte aus den von den Verfahrensbeteiligten eingereichten Akten, die jeweils auch der Gegenseite zugestellt würden. Die dabei hin und wieder schriftlich vorliegenden Berichte beschränkten sich zumeist auf eine summarische Wiedergabe des Akteninhalts und gäben keine Auskunft über die - spätere - moralische Reflektion (sic!) der Kommission hinsichtlich deren Empfehlung. Selbst in den Protokollen der Kommissionssitzungen fänden sich keine Auskünfte hierzu. Die Kommission habe sich bereits anlässlich ihrer Gründung im Jahr 2003 darauf verständigt, zu ihren Sitzungen ausschließlich Verlaufsprotokolle durch die Geschäftsstelle fertigen zu lassen. Überdies bestehe auch das hohe persönliche Interesse aller Kommissionsmitglieder, dass deren Unabhängigkeit in den Beratungen nicht dadurch beeinträchtigt werde, dass Unterlagen der Beratenden Kommission - gleich welcher Art - öffentlich zugänglich gemacht werden. Die Arbeit der Beratenden Kommission sei nur möglich, wenn deren Tätigkeit vertraulich bleibe.“[8]

Reformvorschläge Parzinger

Auf einer Tagung des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste (DZK) am 28. November 2015 forderte der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz Hermann Parzinger weitreichende Reformen. So regte er an, dass die Kommission künftig auch tätig werden solle, wenn nur eine Seite das wünsche. Er meinte, die Geschäftsstelle der Kommission müsse vom DZK unabhängig sein. Außerdem solle sie sich eine Prozessordnung geben. In seiner Rede betonte Parzinger, dass Transparenz einen hohen Stellenwert für die Tätigkeit aller mit Provenienzfragen befassten Institututionen haben müsse und dass für staatliche Kulturinstitutionen die Beweislastregeln der Handreichung von 2001[9] gälten, die von einem Beginn der NS-Verfolgung 1933 ausgingen. Mit Recht liege die Beweislast nicht beim Antragssteller, sondern bei der jeweiligen Kultureinrichtung, die vor allem nachzuweisen habe, dass der Kaufpreis eines Werkes angemessen war und der Käufer darüber frei verfügen konnte. Schließlich sprach sich Parzinger dafür aus, dass demnächst ein Vertreter einer jüdischen Organisation in die Kommission berufen werde.[10] Im März 2016 sagte die Kulturstaatsministerin des Bundes Monika Grütters dazu, sie werde der Kommission empfehlen, jemanden mit jüdischem Hintergrund in "in die Arbeit einzubeziehen". Man könne auch „nach 13 Jahren guter Arbeit über einzelne Aspekte der Arbeitsordnung nachdenken“.[11]
Streit um Notwendigkeit der Vollständigkeit der Kommission bei Anhörung Flechtheim

Bei der Anhörung der Erben des früheren Kunsthändlers Alfred Flechtheim am 12. Februar 2016 war die Kommission nicht vollständig anwesend.[12] Die Erben sahen u.a. darin einen Verfahrensmangel und baten einige Tage nach der Anhörung darum, dass zunächst keine Empfehlung abgegeben werde.[13] Diesen Standpunkt wies die Kommission zurück. Die Erben hätten sich nach der Verhandlung schriftlich „für die ausgezeichnete Verhandlungsleitung der gut vorbereiteten Sitzung“ bedankt. In der Sitzung hätten sie keine Einwendung dagegen erhoben, dass sie ohne die krankheitsbedingt abwesende Vorsitzende angehört werden würden. Sie hätten auch keine Einwendungen dagegen erhoben, als ihnen angekündigt worden sei, ein Mitglied werde während der Verhandlungen wegen anderweitiger Verpflichtungen gehen. Die Kommission ergänzte, sie sei auch hinsichtlich ihres Verfahrens unabhängig. Das Verfahren sei mit der Beratung und Beschlussfassung "ordnungsgemäß abgeschlossen" worden.[14]
Berufung jüdischer Mitglieder und Reformpläne Grütters

Der Kommission haben bisher nur deutsche ehemalige Staatsdiener angehört. Auf Forderungen angesprochen, ein jüdisches Mitglied für die Kommission zu benennen, meinte die Kulturstaatsministerin Monika Grütters im März 2016, man habe das aus guten Gründen nicht vor. Ein jüdisches Mitglied könne schließlich befangen sein.[15] Kurz darauf änderte sie ihre Auffassung und teilte mit, sie befürworte die Berufung eines jüdischen Vertreters in die Kommission.[16] Nachdem neben der Kritik an der Flechtheim-Empfehlung auch noch Kritik an der Entscheidung in der Sache L. Behrens & Söhne lautgeworden war,[17] kündigte Grütters die Einsetzung einer Kommission mit Vertretern von Bund, Ländern und Gemeinden an, die über die mögliche Reform beraten sollte.[18] Die Reform soll nach Grütters' Vorstellungen im Herbst 2016 erfolgen. Es könnten auch zwei jüdische Mitglieder berufen werden. Sie ließ erkennen, nach ihrer Vorstellung sollten die Mitglieder der Kommission nicht mehr auf Lebenszeit, sondern für eine bestimmte Amtszeit gewählt werden. Für die Kommission solle eine Geschäfts- und Arbeitsordnung gelten und ihr könne Geld bereitgestellt werden. [19] Die Linksfraktion im Deutschen Bundestag hat unter dem 20. September 2015 eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung zur Reform der Kommission gestellt.[20] Darin fragt sie unter anderem danach, ob künftig auch andere als langjährige deutsche Staatsdiener in die Kommission aufgenommen werden sollen, mit Blick auf das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Magdeburg (6 A 81/15) ob die Kommission dem Informationsfreiheitsgesetz unterliegen soll und ob die Maßstäbe, anhand derer die Kommission entscheiden soll, festgelegt werden sollen. Sie fragt auch danach, ob die Kommission künftig einseitig angerufen und für die öffentliche Hand bindend entscheiden können soll und wie sichergestellt werden soll, dass die Kommission unabhängig ist, obwohl das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste einerseits Geschäftsstelle der Kommission und andererseits Berater öffentlicher Museen bei Raubkunstfragen ist.
Mitglieder

Der Kommission gehören bis zu acht geeignete Persönlichkeiten an. Sie sind ehrenamtlich tätig und werden von der Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien im Einvernehmen mit der Kultusministerkonferenz und den kommunalen Spitzenverbänden ernannt. Laut Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 5. Dezember 2002[21] waren dies zunächst: Thomas Gaehtgens, Jutta Limbach, Günther Patzig, Dietmar von der Pfordten, Reinhard Rürup, Rita Süssmuth, Richard von Weizsäcker und Ursula Wolf. Derzeit sind Mitglieder:[22]

Hans-Otto Bräutigam (parteilos) (Jurist und Diplomat)
Hans-Jürgen Papier (CSU) (ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts)
Dietmar von der Pfordten (Professor für Rechtsphilosophie)
Reinhard Rürup (SPD) (Professor für Geschichte)
Rita Süssmuth (CDU) (ehemalige Präsidentin des Deutschen Bundestages)
Wolf Tegethoff (Professor für Kunstgeschichte, Direktor des Zentralinstituts für Kunstgeschichte in München)
Ursula Wolf (Professorin für Philosophie)

Ehemalige Mitglieder

Thomas W. Gaehtgens (Professor für Kunstgeschichte)
Jutta Limbach (SPD) (ehemalige Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts)
Günther Patzig (Professor für Philosophie)
Richard von Weizsäcker (CDU) (Bundespräsident a.D.)

Bisherige Empfehlungen

Bisher verabschiedete die Kommission folgende Empfehlungen:[23]

Julius Freund, 2005, Stattgabe
Hans Sachs, 2007, Ablehnung
Baumann, 2008, Vergleich
Lewin, 2009, Stattgabe
Robert Graetz, 2011, Stattgabe
Westheim, 2013, Vergleich
Alfred Flechtheim, 2013, Stattgabe
Hackenbroch u.a. Welfenschatz, 2014, Ablehnung
Clara Levy, 2014, Ablehnung
Behrens, 2015, Ablehnung
Erben nach Ludwig Traube, 2015, Vergleich
Erben nach Alfred Flechtheim, 2016, Ablehnung

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